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  3. Episodenguide
    1. Staffel 01 (Frühjahr 1996)
      1. 001 Bomben bei Kilometer 92
      2. 002 Rote Rosen, schwarzer Tod
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Kellerkinder

    • Fertig gestellt
    • Yon
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  • 13. Februar 2014 um 09:32
  • Yon
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    • 5. März 2014 um 08:54
    • #21

    Auf der Flucht

    Maximilian überlegte fieberhaft, wo er mit Tommy hinfahren könnte, sicher hatten die Polizisten das Kennzeichen seines Landrovers erkannt und die Fahndung gestartet. Er musste zusehen, den Wagen loszuwerden. Er fuhr zunächst ziellos über die Landstraßen. „Vati, was hat das alles zu bedeuten? Warum hast du auf die Polizisten geschossen?“ – „Deine Mutter ist tot, Tommy, es war ihr Blut in der Küche. Und Katja ist verschwunden. Die Polizei denkt doch bestimmt, ich habe etwas damit zu tun. Sie werden uns trennen, Tommy. Das willst du doch nicht?“

    Tommy starrte nach vorne auf die Straße. Ihm stiegen die Tränen in die Augen. „Mutti tot? Woher weißt du das?“ – „Da hing ein Zettel von der Polizei an der Tür. Da stand es drauf:“ – „Und wer war das? Etwa Katja?“ Obwohl Maximilian durchaus an eine mögliche Flucht seiner „Tochter“ dachte, wollte er Tommy gegenüber die Fassade wahren. „Das glaube ich nicht.“, antwortete er deshalb, „bestimmt ein Verrückter, der dann vielleicht auch Katja entführt hat. Ach, was weiß denn ich?“ – „Aber Vati, dann müssen wir doch gerade zur Polizei, die wird doch den Fall aufklären. Wir waren doch nicht zuhause.“ – „Tommy, das verstehst du nicht. Ich kann nicht zur Polizei gehen. Frag bitte nicht weiter nach. Wir müssen untertauchen. Am besten ins Ausland.“ – „Nie mehr zurück nach Hause?“ Tommy blickte jetzt Maximilian an.

    Er wurde aus diesem Mann, seinem Vater, nicht mehr schlau. Da stirbt seine Frau, alles ist voll Blut, seine Tochter ist verschwunden, und er will nicht mit der Polizei sprechen? Tommy erinnerte sich an einen Abend im Sommer, als Katja mit ihm redete und ihm erzählte, die Langes seien gar nicht ihre Eltern. Sie wäre entführt worden und musste bei ihnen leben, und auch er hätte ganz andere Eltern. Er hatte es damals ihrer überschwänglichen Phantasie zugeschrieben und als Spinnerei abgetan. Aber jetzt würde es ins Bild passen. Auch dass sie nicht zur Schule gehen durften, den Hof nur in Begleitung und nur sehr selten verlassen durften, passte. Würde sein Vater mit der Polizei sprechen, würde die ganze Geschichte ans Licht kommen. Klar, dass sein Vater dann lieber untertauchen wollte.

    „Jetzt weiß ich, was wir machen!“, unterbrach Maximilian Tommys Gedanken und steuerte sein Firmengelände an.

    "Ich will mit Alex arbeiten - oder gar nicht!"

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    • 6. März 2014 um 09:08
    • #22

    Fahndung

    Nachdem Miriam ihnen nicht weiterhelfen konnte, blieb Alex und Semir nichts anderes übrig, als mit dem geliehenen Wagen der KTU zurück zu Hartmut auf den Hof der Langes zu fahren und ihn nach eventuell gefundenen Hinweisen zu fragen. Alex blickte leicht verstohlen auf seinen älteren Partner. Ihm war nicht entgangen, dass dieser sich bei Einsteigen kurz am Dach des VW Passat festhalten musste, bevor er sich auf den Beifahrersitz gleiten ließ.

    „Alles in Ordnung, Semir?“, fragte er deshalb, als der den Motor startete. „Ja, alles gut. Mir war nur eben etwas schwindelig.“ – „Bist du sicher, dass du dich nicht doch lieber zuhause hinlegen solltest?“ – „Ist jetzt schon besser. Ich mache einfach hier die Augen einen Moment zu.“ Und Semir drehte die Rückenlehne etwas nach hinten und lehnte sich zurück. Alex fuhr langsam vom Krankenhausparkplatz. ‚Wie kann man nur so stur sein?‘, dachte er bei sich.

    Hartmut konnte ihnen noch keine wichtigen Erkenntnisse mitteilen, nur die Anschriften vom Büro und vom City-Büro, in dem die gesamte Buchhaltung abgelegt und bearbeitet wurde, hatte er für die beiden Hauptkommissare parat. Auch dem Kriminaltechniker fiel auf, dass Semir blass aussah und es ihm augenscheinlich nicht gut ging, aber er sagte nichts dazu. Es war Alex, der sich mit dem Rotschopf unterhielt, während Semir neben dem Auto stehen blieb und sich anlehnte.

    „Hartmut, wir fahren in die Büros und schauen uns dort mal um. Wenn du hier etwas Wichtiges findest, kannst du mich anrufen. Und wir melden uns, wenn wir etwas entdecken, okay? Das Auto stellen wir nachher vor der PAST ab, dort könnt ihr es denn heute Abend oder morgen wieder abholen. Mein Auto habt ihr schon abgeschleppt?“ – „Ja, den schaue ich mir nachher an“, antwortete Hartmut und fügte leise hinzu: „Ich an deiner Stelle würde Semir nach Hause fahren, er sieht echt krank aus.“ Alex zuckte daraufhin nur mit seinen Schultern. „Das habe ich auch schon versucht.“

    Sie waren gerade zehn Minuten unterwegs auf der A4 in Richtung Köln, da geschah das Unvermeidliche. Semir klammerte sich an die Beifahrertür, presste ein „Alex“, hervor. „Alex, halt an. Mir wird schlecht!“ Der ließ sich das nicht zweimal sagen, bremste den Wagen ab und hielt auf dem Standstreifen der Autobahn an, wo Semir schnell ausstieg und sich neben dem Auto übergeben musste. Ohne Widerrede ließ er sich jetzt bereitwillig von Alex nach Hause befördern, der dann die Ermittlungsarbeit in den Büros des Geschäfts für Versicherungsschäden antrat.

    Alex meldete Semir für den Rest des Tages krank und hoffte, dass sich dieser bis zum nächsten Tag erholen möge. Ihm fiel wieder ein, dass er sich noch um eine sichere Wohnung für Miriam Schröter bemühen und außerdem eine Bewachung für das Krankenhaus organisieren wollte. Er erledigte die dafür erforderlichen Anrufe und meldete sich auch zusätzlich noch bei der Mordkommission, die den Mord oder Totschlag an Eva Lange untersuchte. Der ermittelnde Oberkommissar würde noch am Nachmittag ins Krankenhaus fahren, um Miriam zum Tathergang zu befragen.

    Von Susanne erfuhr Alex, dass die Fahndung nach dem weißen Landrover bislang erfolglos verlaufen war. Dann lenkte Alex den Wagen auf das Firmengelände Lange & Junkers Versicherungsschäden, An- und Verkauf.

    Semir betrat sein Haus und war jetzt doch froh, den Dienst abgebrochen zu haben. Die Bürodurchsuchung hätte er auf keinen Fall klaren Kopfes durchgestanden. Ebenso froh war er über die Tatsache, dass seine Familie noch nicht daheim war. Andrea arbeitete jetzt donnerstags immer am Nachmittag und Ayda und Lilly waren dann in der Nachmittagsbetreuung. So blieben Semir, wie er zufrieden beim Blick auf seine Uhr feststellte, noch über zwei Stunden Ruhe, und auch die nicht vermeidbare Erklärung seiner neuen Blessur Andrea gegenüber wäre noch so lange aufgeschoben.

    Er legt seine Schlüssel auf die Ablage, zog Stiefel und Jacke aus und ging langsam die Treppe hoch. Wie konnte ihn so ein relativ kleiner Kratzer so aus der Bahn werfen? Schon wieder kündigte sich leichter Schwindel an und kroch ein gewisse Übelkeit in ihm hoch, die runterzuschlucken ihm gerade noch gelang. Froh, im Schlafzimmer angekommen zu sein, zog er die Vorhänge vor, entledigte sich seiner Sachen, schlüpfte unter die Bettdecke und war innerhalb von fünf Minuten eingeschlafen.

    "Ich will mit Alex arbeiten - oder gar nicht!"

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    • 7. März 2014 um 09:20
    • #23

    Semir und Andrea

    „Schau, Mama, Papa ist schon zuhause“, stieß Ayda vor Freude aus, als sie mit Andrea und Lilly gegen 18:00 Uhr nach Hause kamen und Semirs Sachen im Flur sahen. „Ja, er ist schon da“, antwortete Andrea, allerdings wesentlich leiser und nachdenklicher als die Achtjährige, denn das war eine sehr ungewöhnliche Uhrzeit für Semir. Während ihre Töchter es sich auf dem Wohnzimmersofa bequem machten, schlich Andrea die Treppe hinauf und warf einen kurzen Blick ins Schlafzimmer, zog die Tür aber gleich wieder hinter sich zu.

    „Papa schläft“, erklärte sie den Kindern, als sie wieder unten ankam, „kommt, wir machen zusammen Abendessen. Was wollen wir essen?“

    Semir wachte davon auf, dass Andrea sich leise neben ihn legte. Er grummelte ein verschlafenes „…spät…?“ – „Oh, du bist wach. Kurz nach Zehn. Warum hast du schon heute Nachmittag im Bett gelegen? Geht es dir nicht gut?“ Andrea knipste das Licht auf ihrem Nachttisch an. Jetzt sah sie erst das Pflaster an Semirs Schläfe. „Du bist verletzt!“. Sie setzte sich abrupt auf. „Nur ein Kratzer. Mir ist heute Nachmittag plötzlich schlecht geworden, da fand ich es besser, mich etwas hinzulegen.“ – „DU fandst es besser? NUR ein Kratzer?“ – „Ja“, jetzt drehte sich Semir, der seiner Frau bislang den Rücken zuwandte, auf denselbigen und sah sie an, „dieser Maximilian Lange hat uns einen etwas bleihaltigen Empfang bereitet. Mit dem werden wir noch viel Spaß bekommen, bis wir ihn haben.“ Andrea machte große Augen. „Du wurdest in den Kopf geschossen?“ – „An, nicht in“, antwortete Semir kleinlaut, „wir saßen noch im Auto, waren völlig unvorbereitet.“ – „Mensch Semir, pass bloß auf dich auf, solange dieser Verrückte frei rumläuft. Was wäre aus uns geworden, wenn er besser gezielt hätte? Aus den Kindern? Aus mir? Aus...“ – „Andrea …“ . „Nein, Semir, sag nichts, tu es einfach. Nicht für dich, sondern für deine Familie, für unsere Kinder!“

    Darauf wusste Semir nichts zu erwidern. Andrea hatte ja grundsätzlich Recht. Zu oft begab er sich in Gefahr, nur heute traf es sie völlig aus heiterem Himmel. „Versprichst du es mir?“, kam noch eine Frage von Andrea.Semir rollte sich nun auf Andreas Seite und gab ihr einen zärtlichen Kuss. „Ja, Andrea. Ich verspreche dir, dass ich aufpassen werde.“ Andrea knipste das Licht wieder aus und sie schliefen Arm in Arm ein.

    ***

    Gegen 4:30 Uhr vibrierte Semirs Handy auf seinem Nachttisch. Fast vierzehn Stunden Schlaf führten dazu, dass er schon von diesem leisen Geräusch erwachte. Er fühlte sich erfrischt und wesentlich besser als am Vortag, die Kopfschmerzen waren nahezu verflogen. Er stand langsam auf, nahm sein Mobiltelefon und verließ das Schlafzimmer, bevor er das Gespräch annahm. „Ja, Semir?“, meldete er sich leise und schritt, um seine Familie nicht aufzuwecken, die Treppe hinunter. „Ich bin‘s, Alex. Bist du fit?“ - „Du rufst nicht wirklich um diese Uhrzeit an, um mich das zu fragen? Was ist los?“ - „Wir haben eine Spur. Willst du dabei sein?“ Semir brauchte nicht lange überredet zu werden. „Kommst du mich abholen? Hast du mein Auto?“ - „Exakt. Ich bin schon auf dem Weg zu dir. Zieh dich warm an, es könnte kalt werden. 10 Minuten?“

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    • 8. März 2014 um 08:25
    • #24

    Spur am Yachthafen

    Was hatte Alex herausgefunden? Wo sollte es hingehen? Würden sie heute endlich Maximilian Lange festnehmen können? Was meinte Alex damit, es könnte kalt werden? Auf diese Fragen würde er in den nächsten Stunden Antworten haben.Wie sein Partner ihm geraten hatte, zog sich Semir extra einen zweiten warmen Pullover über, bevor er in Winterjacke und -stiefel aus dem Haus trat. Andrea hatte noch fest geschlafen. Semir glaubte kaum, dass sie etwas von seiner Verabschiedung mitbekommen hatte. Nur etwas unverständlich gemurmelt hatte sie, ohne die Augen zu öffnen und sich umgedreht und weitergeschlafen.

    Alex fuhr in Semirs BMW vor und ließ ihn einsteigen. Auf dem Beifahrersitz lagen die Schutzwesten, die Semir gleich auf die Rücksitzbank beförderte. „Brauchen wir die? Wo geht es hin?“ - „Dir auch einen guten Morgen“, sagte der Fahrer, „nach dem Empfang, den uns Maximilian gestern bereitet hat, bin ich heute auf alles gefasst. Hat aber noch Zeit.“ - „Nach der gestrigen Begegnung täte uns ein Helm auch ganz gut stehen.“, gab Semir zu Bedenken, „Erzähl, was habt ihr rausgefunden?“

    Während der BMW durch das immer noch verschneite Köln glitt, erzählte Alex, was Semir am vergangenen Nachmittag versäumt hatte.

    „Nachdem ich dich zuhause abgesetzt hatte, machte ich mich auf den Weg zu der Geschäftsadresse von Maximilian Langes Laden für Versicherungsschäden. Du erinnerst dich, dass Hartmut uns zwei Adressen gab, das Geschäft und das City-Büro?“ - „Ich bin vielleicht etwas angeschlagen, aber nicht senil, Alex“, entrüstete sich der Gefragte. „War ja nur eine Frage. Ich fing im Geschäft an, unterhielt mich mit seinem Geschäftspartner, einem Manfred Junkers und den drei Angestellten. Sie beschrieben Lange als korrekten, etwas verschlossenen Chef, hatten aber nie Probleme mit ihm. Er verhielt sich stets korrekt, die Firma zahlte gut, über dem Branchendurchschnitt, es gab bei besonders gelungenen Geschäften auch schon mal Zusatzleistungen. Dafür erwartete er ab und an - etwa 6 Mal im Jahr kam das vor - Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Privat war er allerdings seinen Kollegen eher unbekannt. Niemand war je auf seinem Hof gewesen, selbst Junkers nicht. Sie sahen sich nur im Büro. Es war bekannt, dass er zwei Kinder hat. Ich habe dann noch ein aktuelles Foto erhalten, von der letzten Betriebsfeier im Spätsommer, und unsere Fahndung damit ergänzt.

    Nur zwei Stunden bevor ich im Geschäft war - da waren wir noch im Krankenhaus - war Lange dort und hat seinen weißen Landrover gegen den Firmenwagen getauscht. Wir suchen also jetzt nach einem Audi A6, schwarze Limousine, Kennzeichen weiß ich jetzt nicht auswendig, steht da auf dem Block.“, Alex wies mit der Hand auf die Ablage in der Mittelkonsole und fuhr dann in seinen Ausführungen fort.

    „Ich habe dann das Büro durchsucht und danach auch das City-Büro. Wir haben die Anschriften von zwei Wohnungen gefunden, die als Aufenthaltsort in Frage kommen könnten. Ein Einzimmer-Appartement, in der Junkers ab und an übernachtet, wenn er keinen Nerv mehr auf seine Heimfahrt hat. Er wohnt sonst in Aachen. Gerade jetzt im Winter verzichtet er öfters auf die Tour, oder wie er sich ausdrückte, Tor'tour'. Und eine kleine Wohnung in Düsseldorf, die oft an Messebesucher oder Aussteller vermietet wird. Beide Wohnungen haben wir noch gestern Abend aufgesucht. Sie waren unbewohnt und leer, es waren keine Hinweise zu finden, die auf den Aufenthalt von Lange schließen ließen.Die Büroakten hatte ich zum großen Teil mit in die PAST genommen und machte mich mit Susanne an die Arbeit. Vor zwei Stunden etwa haben wir den Hinweis auf eine Yacht gefunden, die ihm und Junkers gehört und die jetzt in Zündorf im Winterlager liegt. Ich erinnerte mich, in den Büros Bilder einer Motoryacht gesehen zu haben, hatte da aber noch keine Ahnung, dass sie Junkers selbst gehört. In Zündorf kenne ich jemanden, einen ehemaligen Kollegen, der in der Nähe des Yachthafens wohnt. Den habe ich angerufen und gebeten, mal an dem Winterlager vorbei zu gehen.“ - „Mitten in der Nacht?“ - „Ja, seine Begeisterung hielt sich auch in Grenzen, aber er konnte mir natürlich nichts abschlagen. Du hättest es für mich doch auch gemacht?“ Alex blickte zu Semir rüber, als er an einer roten Ampel anhalten musste. Dieser erwiderte seinen Blick. „Nein“, war dessen klare Antwort, die durchaus ernst gemeint gewesen sein könnte. Dann verzog Semir aber den Mund zu einem Grinsen und nickte. „Franky ging also mit seinem Hund spazieren, einmal am Zaun entlang um das Winterlager herum. Und nun rate mal, was er gesehen hat?“ - „Habe ich einen Telefonjoker? Einen schwarzen Audi A6 vielleicht, mit dem Kennzeichen, welches auf dem Notizblock steht, welches in der Ablage meiner Mittelkonsole liegt?“ - „Genau den. Das Lager war dunkel, aber es war ja auch schon 2:00 Uhr“ - „Ein gutes Versteck.“ - „Wenn die Angaben nicht in den Geschäftsunterlagen gewesen wären, ja. Junkers hat uns gegenüber nur die Wohnungen erwähnt, die der Firma gehören, von einem Boot kein Wort. Ob absichtlich oder nicht, wissen wir noch nicht. So, wir sind gleich da.“

    Alex bog nach rechts Richtung Rhein ab. Sie kamen in ein ruhiges Wohngebiet, die abschüssige Straße führte direkt zum Yachthafen und dem Winterlager. Dort befanden sich Ankerplätze, das Wasser dümpelte schwer an die Kaimauer. Der kleine Sportboothafen war kurz vor dem Zufrieren. Bevor sie den eigentlichen Parkplatz erreichten, stoppte Alex den BMW in einer Parkbucht. „Wir gehen besser zu Fuß weiter. Wir wollen uns ja nicht gleich durch den Motor ankündigen.“

    Beide Kommissare stiegen aus, zogen sich die Schutzwesten über, überprüften ihre Waffen und marschierten leise Richtung Winterlager. Als Semir die riesige Halle sah, stutzte er und hielt Alex am Arm fest. „Wie sollen wir da das richtige Boot finden? Da gehen doch bestimmt 50, 60 Boote rein.“ - „Genau 95 sind zurzeit eingelagert. Die „Agila“ ist das vierte Boot auf der linken Seite. Das Tor quietscht, wir nehmen die kleine Tür daneben. Und ich habe einen Schlüssel dafür, kannst also dein Besteck in der Tasche lassen.“ Semir starrte ihn fassungslos an. „Der Platzwart war sehr kooperativ“, fügte Alex als Erklärung an. „Und Junkers?“ - „Der weiß nichts davon. Wir wissen noch nicht, ob er sich nicht mit Lange abgesprochen hat.“ Semir nickte. Sie hatten die Tür erreicht und Alex schloss auf.

    "Ich will mit Alex arbeiten - oder gar nicht!"

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    • 9. März 2014 um 06:21
    • #25

    Im Winterlager

    Die Tür schwang leise auf und gab den Weg frei zu einem kleinen Flur, der zu einem Aufenthaltsraum führte. Hier war geheizt worden. Es standen Tische mit Stühlen, Schränke und eine Küchenzeile in diesem Raum. Auf der Spüle waren 2 Teller, Gläser und Besteck zum Trocknen abgestellt worden, Reste eines Abendessens für zwei Personen. Eine Stahltür trennte den Aufenthaltsraum vom eigentlichen Bootslager. Hier war es kalt, fast so kalt wie draußen. Der Betonboden war sauber gefegt und es standen mehrere Reihen mit Bootsständern und Trailern hier, 95 Motorboote und Segelyachten, die auf ihre Besitzer und auf den Frühling warteten.

    Semir und Alex schlichen zwischen der Hallenwand und den Hecks der eingelagerten Freizeitschiffe bis zur Nummer Vier. „AGILA“ und „Yachtclub Köln-Süd“ stand auf dem Spiegel. Sie umrundeten vorsichtig das Boot und fanden eine Leiter, die am Bootsständer angelehnt war, über die man an Deck gelangen könnte. Semir sah Alex an, zeigte erst auf sich, dann auf die Leiter, um ihm mitzuteilen, dass er vorhatte, auf das Boot zu klettern. Alex hob die Hand zum stummen Protest, aber Semir hatte bereits die ersten Sprossen erklommen.

    Oben angekommen schwang er sich leise auf das Deck der Motoryacht und wandte sich gleich der Tür zu, die ins Innere des Boots führte. Jetzt erst zog er seine Waffe. Zeit, die Bootsbesatzung zu wecken.

    Alex hatte sich inzwischen unten an der Leiter postiert, bereit die Runterkommenden in Empfang zu nehmen. Ihm war nicht ganz wohl bei der Sache. Maximilian Lange war unberechenbar und machte rücksichtslos von seiner Waffe Gebrauch, das hatte er ihnen am Vortag eindrucksvoll bewiesen. Und jetzt war sein „Sohn“ auch noch bei ihm. Wusste Tommy, dass Maximilian nicht sein Vater war? Wusste er von der Entführung Miriams? Hatten die Geschwister sich darüber unterhalten? Tommy war damals 3 Jahre alt und wird sich kaum bewusst an sein Leben vor Eintreffen der Langes erinnern. Er würde mit Sicherheit zu Maximilian halten, wenn er sich hier zwei Polizisten gegenüber stehen sah. Alex' Gedanken wurden von dem Geräusch unterbrochen, welches Semir an Deck der Motoryacht auslöste. Er wollte den Überraschungseffekt nutzen und Maximilian nicht erst Gelegenheit geben, sich zu bewaffnen und auf ihn los zu gehen. Also hatte er die Tür leise geöffnet, sie war nicht abgeschlossen, dann zündete er eine Rauch-Granate und ließ sie in die Kajüte rollen, welche sich sofort nach der Detonation mit Rauch füllte, und zog seine Waffe. Semir drückte sich von außen an die Kajütenwand. Vor ihm, keinen Meter entfernt, war die aus einem kräftigen Draht bestehende Reling der Yacht. Dahinter ging es geschätzte fünf Meter abwärts bis zum Betonboden der Bootshalle. Ihm wurde etwas schwindelig bei dieser Erkenntnis des geringen Bewegungsspielraums, falls es zu einem Zweikampf käme.

    Nach kurzer Zeit wurde die Kajütentür aufgestoßen und Maximilian und Tommy traten geduckt und hustend ins Freie. Der Ältere blickte sich hektisch um und hielt dabei seine Jagdwaffe in der Hand. Tommy griff mit beiden Händen um die Reling und beugte sich bei Husten nach vorne, nur zwei Meter neben Semir. Dieser reagierte schnell, war mit zwei Schritten hinter ihm und zog ihn zu sich an die Wand. „Aah!“, schrie dieser erschrocken auf, „Vati, hilf mir!“ Der Angesprochene drehte sich in die Richtung seines „Sohnes“. „Tommy, Was ist ...?“, begann er, dann sah er Semir.

    „Lassen Sie meinen Sohn los!“, polterte er. Er hob die Waffe, aber Tommy befand sich in der Schusslinie. Hinter Maximilian tauchte nun Alex' Kopf am Ende der Leiter auf. Semir versuchte, ein Gespräch mit Lange zu beginnen, stets darauf bedacht, hinter Tommy in Deckung zu bleiben. Er hätte Maximilian mit einem gezielten Schuss außer Gefecht setzen können, entschied sich aber dafür, ihn zunächst mit Worten zum Aufgeben zu bewegen. Auch den Jungen als Schutzschild zu missbrauchen, missfiel ihm, er wusste aber keine andere Möglichkeit. Ließ er den Jungen los, stünde er ohne Deckung vor dem schießwütigen Lange. „Herr Lange, es ist vorbei, sehen Sie es ein. Katja ist wieder bei ihren Eltern und Tommys Eltern werden wir auch noch finden.“ - „Was redet er da, Vati?“, mischte sich nun Tommy ein, „Ist das wahr? Dann stimmt es, was Katja gesagt hat, dass ihr nicht unsere Eltern seid? Und ist jetzt tatsächlich weggelaufen?“ - „Nein, Tommy, Katja hat deine Mutter umgebracht und ist deshalb geflohen, sie wird dafür bestraft werden. Wir sind eure Eltern, alles andere ist gelogen. Jetzt lassen Sie meinen Sohn gehen!“, forderte er Semir erneut auf und fuchtelte mit seiner Waffe in Richtung des Polizisten. Dieser hielt Tommy allerdings noch immer im festen Polizeigriff fest.

    Ein Seitenblick nach links zeigte Semir, dass Alex sich mittlerweile auf das Deck gezogen hatte und seine Waffe im Anschlag hielt. Jetzt hatte allerdings auch Tommy den zweiten Polizisten entdeckt und stieß eine Warnung aus. „Da ist noch einer, Vati, hinter dir!“ Bevor Alex und Semir sich versahen und reagieren konnten, warf Maximilian sich herum und trat Alex gegen die Hand, so dass dessen Waffe im hohen Bogen auf den Betonboden unter der Yacht aufprallte. Semir zog schnell seine Handschellen aus seinem Gürtel und fesselte Tommy an die Reling, um seinem Partner zu Hilfe zu eilen, der gerade Maximilien dessen Waffe entreißen und wegwerfen konnte, zum Dank dafür aber mehrere Tritte und Faustschläge erhielt, so dass er für wenige Sekunden das Bewusstsein verlor, sich aber recht schnell wieder berappelte. Sein Gegner nutzte diese Zeitspanne, um zur Seite zu springen und die Flucht zu ergreifen. Semirs Versuch, ihn aufzuhalten, endete fast mit einem Sturz des Polizisten von Bord, ein Unterfangen, auf das man angesichts dieser Höhe auf jeden Fall zu verzichten besser beraten war. Semir konnte sich gerade noch an der Leiter festhalten, während Maximilian bereits den Boden erreicht hatte und durch die Bootshalle rannte und im hinteren Ende derselben verschwand. „So ein Aas!“, stieß Semir aus, sah dann aber zufrieden auf Tommy, „wenigstens haben wir den Jungen. Ich glaube, du solltest ihm die Situation erklären. Ich schnapp mir jetzt Lange.“ Damit machte sich Semir an den Abstieg, um Maximilian zu verfolgen. Gerade als er den Fußboden der Halle betrat, fiel am hinteren Ende eine Tür ins Schloss. Semir rannte in die Richtung und durch die Tür nach draußen. Von Maximilian keine Spur. Auf dieser Seite der Halle war nur ein schmaler Fahrweg zwischen der Halle und dem Hafenbecken. Der Weg war vom Schnee geräumt und nur noch mit einer festgefahrenen und gefrorenen Schicht aus Eis und Schnee bedeckt. Anscheinend ist die Bootshalle auch in der kalten Jahreszeit stark frequentiert. Semir blickte in beide Richtungen, keine Lampe erhellte den Fahrweg, und entschied sich für die linke Seite. Er lief langsam und wachsam an der Halle entlang, wohl darauf bedacht, dem Rand der Kaimauer, der kaum von der übrigen Umgebung zu unterscheiden war, nicht zu nahe zu kommen. Durch das Plätschern des Wassers bemerkte er den von hinten nahenden Wagen erst sehr spät, Kurz bevor er von dem rollenden Metall getroffen werden konnte, brachte er sich durch einen beherzten Sprung zur Seite in Sicherheit, rutschte auf dem glatten Untergrund aus und spürte plötzlich, wie er ins Leere stürzte.

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    "Ich will mit Alex arbeiten - oder gar nicht!"

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    • 10. März 2014 um 09:04
    • #26

    Frühsport?

    Alex hatte sich gänzlich von dem Schlag erholt, setzte sich auf und brachte Tommy auf den aktuellen Stand seiner Situation. Der blonde junge Mann tat sich noch immer schwer mit der Tatsache, dass Maximilian nicht sein richtiger Vater sei, dass er und Eva Katja und ihn quasi geklaut hatten, um ihre eigenen tödlich verunglückten Kinder zu ersetzen. Nur dass Maximilian am Vortag auf die Polizisten geschossen und jetzt wieder auf der Flucht war, ihn dabei auch noch zurückgelassen hatte, wog schwer und ließ ihn an der Version des Polizisten glauben. Er erklärte sich einverstanden, mit den Polizisten zu Miriam zu fahren und mit ihr in eine sichere Wohnung zu ziehen, sobald sie aus dem Krankenhaus entlassen werden konnte, bis Maximilian geschnappt war, wenn Semir nicht jetzt schon seiner habhaft geworden war. Denn es war nicht anzunehmen, dass Lange sich mit der Situation zufrieden geben würde. Er würde bestimmt erst sich in Sicherheit bringen und dann um seine Kinder kämpfen, das hatten die letzten Stunden gezeigt.Dann stand Alex auf, löste die Handschellen, mit denen Tommy noch an der Reling gefesselt war und stieg vor dem Jungen die Leiter hinab. Er hielt ihn am Arm fest, bis sie den BMW erreicht hatten. Alex blickte sich um. Wo war Semir? Hatte er Maximilian noch einholen können?

    Der Sturz erschien ihm endlos, war unkontrolliert und endete nach etwa drei Metern im Hafenbecken, dessen Wassertemperatur um den Gefrierpunkt liegen musste. Als das Wasser über seinem Kopf zusammenschlug, merkte Semir diese Temperatur mit einem Schlag. Das Wasser begann auch sehr bald, seine Kleidungsschichten zu durchdringen. Prustend kam er wieder an die Wasseroberfläche. Nachdem sich sein Atem etwas beruhigt hatte, und er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, blickte er sich um. Drohend baute sich vor ihm die hohe Kaimauer auf, mit drei Schwimmzügen, die ihm in seiner Kleidung und dem kalten Wasser mächtig schwer fielen, erreichte er die vereiste und glatte Mauer. Dann half ihm das Licht eines entfernten Wagens, das sich auf einem metallenen Gegenstand reflektierte. Nicht weit von ihm, vielleicht ein bis zwei Meter, befand sich eine Leiter. Auf die tastete er sich jetzt an der Wand entlang zu und hatte schnell die ersten Sprossen erklommen. Die Jeans hing schwer an seinen Beinen, seine Stiefel wogen gefühlt zehn Kilo. Er klapperte mit den Zähnen und merkte, wie ihm die Kräfte schwanden. Schon viele Menschen sind nur zwei Schwimmzüge vor dem rettenden Ufer ertrunken, jetzt stand er auf der Leiter und jede einzelne Sprosse stellte eine Herausforderung für sich dar.Semir hörte bereits Alex nach ihm rufen, konnte aber nicht antworten, kein Wort kam ihm über die Lippen.

    Alex hatte die Halle mittlerweile einmal ganz umrundet. Von Semir keine Spur. „Semir!“, rief er aufs Geratewohl. Keine Antwort. Er holte sein Handy aus der Jackentasche und rief seinen Partner an. Der gewünschte Gesprächspartner war nicht zu erreichen. Hatte Semir etwa sein Handy ausgeschaltet? Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Plötzlich bemerkte er vor sich eine Gestalt, die sich gerade von der Wasserseite aus auf die Kaimauer zog und auf den Knien sitzen blieb. Semir?„Semir?“, rief er erneut und rannte jetzt auf die Gestalt zu, die er bald als seinen Partner erkannte. „Was machst du? Ich hätte dir sagen müssen, dass es zu kalt zum Baden ist.“ Dann war er bei ihm. „Bleib hier, zieh die nassen Sachen aus, ich hole den Wagen.“ Dann rannte Alex schnell zum BMW und fuhr zurück zu Semir, der mittlerweile seine Sachen ausgezogen hatte und nun von Alex die Wolldecken aus dem Kofferraum gereicht bekam und sich auf die Rücksitzbank seines Dienstwagens setzte. „Du hast hier noch eine Tasche mit Klamotten liegen, die kannst du anziehen“, rief Alex von draußen und reichte ihm die Tasche rein. Es waren Ersatzsachen, denn im Alltag mussten Alex und Semir ständig damit rechnen mit Dreck, Öl, Benzin oder ähnliches in Berührung zu kommen, da war er froh, sich in einem solchen Fall frische Sachen anziehen zu können. So war er innerhalb von 10 Minuten trocken gelegt und begann sich allmählich etwas aufzuwärmen. „Wir fahren zurück zu dir, ich glaube eine warme Dusche und einen heißen Tee könntest du gut gebrauchen, beim Tee würde ich mich sogar anschließen.“ Tommy sagte dazu kein Wort. Hatte sein Ziehvater mit dem unfreiwilligen Bad dieses Polizisten zu tun?

    Als Alex und Semir beim Haus der Gerkans ankamen, saß Andrea gerade mit Ayda und Lilly am Frühstückstisch. „Papa ist wieder da!“, rief Ayda und Lilly lief ihm in die Arme. „Du bist ja ganz kalt“, schrie sie entsetzt auf, als sie seine Haut berührte. Alle Blicke ruhten nun auf Semir, der die nassen Klamotten im Flur hinklatschte und die Küche betrat. „Wo kommst du jetzt her? Frühsport? Warst du schwimmen?“ Er nicke. „Ich brauche eine Dusche“, sagte er nur und ging gleich die Treppe nach oben, und Andrea blickte jetzt Alex fragend an. „Er ist ins Hafenbecken gefallen“, erklärte dieser. „Was? Das ist doch eiskalt. Ist das der Spaß, von dem du gestern Abend gesprochen hast?“, rief sie Semir hinterher, erhielt von diesem aber keine Antwort. - „Ja, Semir hatte Glück, gleich neben ihm war eine Leiter, sonst hätte er wenig Chancen gehabt. Ich hatte ihn gar nicht im Wasser gesucht“, übernahm Alex das Antworten. Jetzt war von oben das Rauschen der Dusche zu hören. „Tee oder Kaffee?“, fragte Andrea und lenkte damit das Thema angenehmeren Dingen zu.

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    • 11. März 2014 um 09:26
    • #27

    Akte „Kellerkinder“

    Nachdem sich Semir und Alex mit Tee und Broten gestärkt hatten – Andrea hatte mittlerweile mit den Kindern das Haus verlassen – und auch Tommy etwas gegessen hatte, machte sich Semir auf die Suche nach seinem Ersatzhandy. Sein Handy, welches den Schusswechsel am Hof noch überstanden hatte, musste bei dem Bad im kalten Hafenbecken kapitulieren und ließ sich nicht mehr anschalten. Er steckte die SIM-Karte in sein altes Gerät und steckte das Ladekabel ein. Anschließend machten sich die Drei auf zur PAST.

    Dort gab ihnen Susanne den Schlüssel zur Schutzwohnung, in die Familie Schröter und Tommy einziehen sollten, solange sich Maximilian Lange noch auf freiem Fuß befand. Nachdem er auf Semir und Alex geschossen hatte und ihnen nun schon wieder durch die Lappen gegangen war, war nicht damit zu rechnen, dass er seine Füße still hielt. Er würde alles daran setzen, seine Kinder wieder zu sich zu holen, und dass er dabei bereit war, auch über Leichen zu gehen, davon war jeder an diesem Fall Beteiligte überzeugt. Die Adresse von Miriams Eltern wird er wahrscheinlich noch wissen, schließlich hatte er das Mädchen in der Nähe seines Elternhauses gekidnappt. Dass sie zurzeit im Krankenhaus war, dürfte ihm eigentlich nicht bekannt sein. Aber dort wird sie nicht mehr lange bleiben. Ihr gebrochener Arm würde heilen, die Prellungen behinderten sie zwar noch beim Laufen, begründeten aber keinen längeren Krankenhausaufenthalt.

    Die Beamten legten eine Akte „Kellerkinder“ an, in der sie alle Unterlagen zum Fall einsortierten. Die Fahndung nach dem Audi, mit dem Maximilian Lange zuletzt unterwegs war, lief, brachte bislang aber kein Ergebnis.

    Tommy wurde in die Obhut zweiter Zivilpolizisten übergeben, die ihn in die Schutzwohnung brachten, wo schon die Eltern und die Schwester von Miriam Schröter einquartiert waren. Das hatte Kim Krüger alles im Laufe des letzten Nachmittags organisiert. Der Hof der Schröters bei Aachen wurde von einem zivilen Streifenwagen überwacht, für den Fall, dass Maximilian dort auftauchen würde, das gleiche geschah mit dem Hof der Langes und den geschäftlichen Adressen. Es war allerdings nicht davon auszugehen, das er auf seinen Hof oder in die Büros zurückkehren würde, aber sicher ist sicher. Bislang hatten sie schließlich keine Spur von ihm.

    Obwohl der ganze Polizeiapparat gut zusammen arbeitete, blieb Maximilian Lange auch die nächsten Tage verschwunden.


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    • 12. März 2014 um 09:03
    • #28

    Weihnachten

    Die Fahndung nach Maximilian Lange lief - bislang ohne Erfolg. Der „Familienvater“ blieb verschollen. Auf dem Hof ließ er sich nicht blicken, auch alle anderen herausgefundenen Adressen konnten nicht mit seiner Anwesenheit aufwarten. Eva Lange war mittlerweile beigesetzt worden, zu ihrer Beerdigung waren lediglich ihre Eltern und ein Bruder erschienen, zu denen sie aber auch kaum noch Kontakt hatte und die förmlich aus allen Wolken fielen, als die hörten, dass ihre Tochter sich eine Ersatzfamilie aufgebaut hatte. Miriam ist zu ihren Eltern und Tommy in die Schutzwohnung gezogen. Die Suche nach seinen Eltern war bislang auch ergebnislos verlaufen, obwohl sie mittlerweile europaweit ausgedehnt worden war und auch alle Medien über den Fall berichteten. Bei Familie Gerkan liefen die Weihnachtsvorbereitungen auf Hochtouren, besonders Andrea beschäftigte sich damit. Sollten sie ihre Eltern einladen, oder würden sie hinfahren? Was sollten sie den Kindern schenken? Viele Fragen mussten noch beantwortet werden, viele Besorgungen getätigt. Semir und Alex waren auch wieder im Alltag angekommen, andere Fälle hatten den Fall der Miriam Schröter abgelöst, an den Streifschuss erinnerte Semir nur noch eine schmale Narbe, und das morgendliche Bad im Yachthafen gesellte sich zu den übrigen Anekdoten seines bewegten Polizistenlebens.

    Weihnachten näherte sich mit großen Schritten. Maximilian Lange blieb verschwunden. Und verschwunden war auch mittlerweile der Schnee. Das herrliche Winterwetter war einem Tauwetter gewichen, welches die Felder zum Überfluten brachte, weil der Boden ein paar Zentimeter unterhalb der Oberfläche noch gefroren war. Alles deutete auf milde, grüne Weihnachten hin.

    Ben verbrachte den Heiligabend bei seiner Schwester und seinem Schwager, auch sein Vater war eingeladen gewesen, dann aber doch kurz vor Weihnachten mit einem Golfpartner in den Urlaub in die Karibik aufgebrochen. ‚Dort wäre ich jetzt auch lieber‘, dachte Ben bei sich, als er auf das Nieselwetter draußen blickte.

    Alex verlebte den Heiligabend bei seinen Eltern und weiterer Verwandtschaft, die zum Teil von weit her zur Feier angereist war und daher bei seinen Eltern übernachtete. Auch er bewohnte, nicht zuletzt weil er zum Essen ein paar Gläser Wein genossen und sich zu späterer Stunde noch mit seinem Cousin Ralf durch die Likör- und Schnapsvorräte seines Vaters gequält hatte, sein ehemaliges Kinderzimmer.

    Semir feierte den Abend mit seiner Familie, baute pinke Lego-Welten auf, spielte mit Playmobil und verlebte harmonische Stunden mit Andrea und seinen Töchtern.

    Miriam erlebte das erste Weihnachtsfest mit ihren Eltern seit 16 Jahren. Sie und Tommy erzählten, wie sie Weihnachten bei den Langes verbracht hatten. Tommy wurde dabei etwas wehmütig, weil er bislang keine andere Familie kennen gelernt hatte. Aber das gemeinsame Schmücken des Baumes am Nachmittag und das Betrachten von Fotos aus Miriams Kinderzeiten, die sie in Begleitung der Polizisten aus ihrem Haus haben holen dürfen, lenkten ihn ab. Er hatte in den letzten Tagen aufgehört, sie Katja zu nennen und freundete sich auch mit ihren Eltern und ihrer Schwester an.

    Heiligabend. Dieser Abend gehörte traditionell der Familie. Das dachte sich auch Maximilian Lange, der alleine in seinem Versteck in Köln saß. Auf der anderen Straßenseite gegenüber sah er einen beleuchteten Tannenbaum. Von irgendwo klangen Weihnachtslieder an sein Ohr. Tränen sammelten sich in seinen Augen. Er weinte um seinen Verlust, seine Eva und um seine Kinder, die ihm weggenommen worden waren. Weggenommen – von zwei Polizisten, die jetzt mit ihren Familien das Fest der Feste begangen und Schuld hatten, dass er hier alleine saß und nichts mehr hatte. Kein Zuhause, keine Familie. Die Tränen der Trauer wandelten sich in Tränen der Wut. Maximilian setzte sich auf seinen Stuhl und begann sein Gewehr zu putzen und zu laden. Morgen würde er auch den zweiten Teil seines Plans in die Tat umsetzen, den er schon seit über einer Woche schmiedete. Den ersten Teil hatte er bereits vorgestern in die Wege geleitet und hoffte, dass dieser nun endlich auch aufging.

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    • 13. März 2014 um 09:22
    • #29

    Feiertag - Feuertag?

    Am ersten Feiertag hatten Andrea und Semir Gäste. Andreas Eltern waren zum Essen eingeladen und auch Ben und seine Schwester Julia erschienen am späten Vormittag. Julias Ehemann verbrachte den Tag bei seinen Eltern, die beide mit einer schweren Grippe das Bett hüten mussten. Zur Feier des Tages hatten sich alle in festliche Kleidung geworfen. Die ganze Gesellschaft hätte so geschlossen in die Oper gehen können und wäre dort nicht als „underdressed“ aufgefallen. Sie nahmen am extra ausgezogenen und von Andrea liebevoll geschmückten Esstisch Platz und genossen, was Andrea in der Küche gezaubert hatte. Die Kinder waren aufgeregt und konnten die Bescherung gar nicht erwarten. Ihre Großeltern und auch Ben waren sich aber einig, dass es die Geschenke erst nach dem Essen geben sollten. Spannung gehörte schließlich zu Weihnachten dazu.

    Aus einer Entfernung von etwa 25 Metern, versteckt in einer Hecke, beobachtete Maximilian Lange die ausgelassene Stimmung bei den Gerkans und schraubte versonnen das Zielfernrohr auf sein Gewehr.

    Etwa zur selben Zeit lieh sich Alex‘ Cousine Sandra den Wagen des Polizisten, um eine Freundin aus ihrer Schulzeit in Düsseldorf zu besuchen, die sie immer nur zu Weihnachten traf, einer Zeit, in der es Erwachsene an den Ort ihrer Kindheit und Jugend trieb, und lenkte den Wagen auf die Autobahn.

    Maximilian schaute durch das Zielfernrohr und lies die Waffe über die Köpfe der Weihnachtsgesellschaft wandern. Auf den Köpfen der kleinen dunkelhaarigen Mädchen verharrte er einen Moment und hielt die Luft an. Nein. Das konnte er nicht, keine Kinder. Die älteren Personen, die ihm den Rücken zuwandten, waren augenscheinlich die Großeltern der Kinder. Auch sie kamen für seine Rache nicht in Frage. Die Frauen, eine davon musste die Mutter der Kinder und die Ehefrau des Polizisten sein, der ihm seine Katja und Tommy genommen hatte.

    Dann hatte er seine Zielperson im Visier und drückte den Abzug zwei Mal durch.

    Sandra lenkte den Wagen ihres Cousins auf die Autobahn in Fahrtrichtung Düsseldorf. Exakt dreißig Minuten nach dem Starten des Motors gab es ein leises, für Sandra nicht festzustellendes, Geräusch und der Motor erstarb. Sie ließ das Auto auf dem Seitenstreifen ausrollen. Leise fluchte sie: „Alex, du Mistkerl! Hättest du mir nicht sagen können, dass der Tank leer ist?“ Dann sah sie auf die Anzeige. Der Tank war noch fast voll. „Das ist ja merkwürdig“, flüsterte sie und drehte den Zündschlüssel herum, atmete tief ein und versuchte erneut, den Motor zu starten. Kein Erfolg. Keine zwei Sekunden später explodierte eine an der Unterseite des Wagens angebrachte Sprengladung und der Ford endete in einem grellen Feuerball.

    Sandra, durch die Wucht der Explosion schon nicht mehr bei Bewusstsein, verbrannte in dem Wrack von Alex‘ Auto.

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    • 14. März 2014 um 09:03
    • #30

    Hektik

    Semir wollte gerade seiner Schwiegermutter die Schüssel mit dem Rotkohl reichen, da klirrte die Scheibe der Terrassentür und der Ärmel seines weißen Hemds verfärbte sich blutrot. Er ließ mit einem Aufschrei die Schüssel fallen. Andrea, die neben ihm gesessen hatte, sprang auf. Auf ihren Händen und in ihrem Gesicht waren Blutspritzer zu sehen. Ebenso auf Tischdecke, Geschirr und Gläsern. Unmittelbar nach dem ersten Schuss fiel der zweite, traf sein Ziel und schickte Semir auf den Fußboden.

    Die ganze Gesellschaft erstarrte für einige Sekunden. Ben fasste sich als erstes, sprang um den Tisch herum, zog dabei die Vorhänge zu und ging neben Semir, der halb auf dem Bauch, halb auf der Seite lag, in die Knie. In Höhe der Schulter drang Blut durch das Hemd und auch auf dem Boden bildete sich bereits eine kleine Pfütze. Ben vermutete einen Durchschuss in Schulterhöhe und drehte seinen Freund vorsichtig um. Dabei kam Semir zu sich und stöhnte vor Schmerzen. Er wollte etwas sagen, bekam aber kein Wort raus. Seine braunen Augen blickten entsetzt auf Ben, dann verharrten sie auf Andrea, die jetzt neben Ben auf den Boden gesunken war. Ben nahm die Situation in die Hand und gab seine Anweisungen: „Julia, schnell Notruf und hol Verbandzeug!“ Bens Schwester lief in den Flur zum Telefon. „Frau Schäfer“, er blickte zu Andreas Mutter, die Ayda und Lilly davon abhielt, zu ihrem Vater zu eilen, „bringen Sie die Kinder nach oben und halten Sie sich von den Fenstern fern. Herr Schäfer, schieben Sie doch bitte hier die Möbel zur Seite, wir brauchen Platz. Andrea, ist Semirs Waffe noch im Schließfach im Flur?“ Ben erhielt keine Antwort. Andreas Mutter kam Bens energischer Aufforderung nach. Andrea selbst liefen die Tränen über das Gesicht. Sie presste eine mittlerweile von Julia gebrachte Kompresse auf die Wunde in Semirs Schulter, während Bens Schwester einen provisorischen Druckverband am linken Oberarm anlegte. „Andrea! Semirs Waffe?“ – „Ja, sie ist da.“ – „Wie ist die Kombination?“ Ben wusste, wo Semir seine Waffe aufbewahrte, und auch, dass er sie gut mit einer Kombination schützte, die er ab und an wechselte. „14863 – das Geburtsdatum von …, ach egal“ Ben blickte Semir ins Gesicht, aus dem mittlerweile jede Farbe verschwunden war. „Halt durch, Partner. Ich schnapp mir das Schwein.“ – „Ben – lass …“, wollte Semir sagen, aber Ben war schon aufgesprungen, hatte im Flur die Kommode geöffnet und gab die Kombination in das Schließsystem des kleinen Tresors ein. Und laut äußern konnte Semir sich auch nicht, sonst hätte er versucht, seinen Freund von der Verfolgung abzuhalten. Dieser nahm Semirs Dienstwaffe und das daneben liegende Magazin und verließ das Haus seines Freundes durch die Haustür. Er rannte außen um das Grundstück herum und befand sich bald hinter Semirs Garten.

    Die Stelle, an der der Schütze gestanden oder gelegen haben musste, war schnell gefunden. Fußabdrücke im durch das Tauwetter der letzten Tage aufgeweichten Boden verrieten sie. Hinzu kamen einige abgebrochene Äste. Von hier aus lag Semirs Wohnzimmer wie auf einem Präsentierteller. Ben hätte die Ersthelfer-Bemühungen von Julia und Andrea genau beobachten können, allerdings versperrte der zugezogene Vorhang jetzt den Blick ins Zimmer. Hätte der Anschlag vielleicht verhindert werden können, wenn sie den Vorhang vorher geschlossen hätten? Aber dann hätte der Attentäter einen anderen Ort und eine andere Zeit gewählt.

    Ben folgte den Fußspuren zur Nebenstraße, konnte aber keinen Menschen mehr sehen. Nur ein dunkelroter Opel Vectra entfernte sich schnell aus der Straße. Das Kennzeichen war leider vor Dreck nicht ganz zu erkennen. Der erste Buchstabe war ein M und die letzten Zahlen eine 71, Ben merkte sich das, denn er wusste, dass das Ergebnis bei Eingabe von Wagentyp und bekannten Kennzeichenteilen bereits eine gewisse, nicht zu unterschätzende Vorauswahl darstellte, die dann mit den Namen aus dem Polizeicomputer abgeglichen werden konnte. „F**k“, fluchte Ben und trabte zum Haus zurück.

    Er nahm neben Andrea und seiner Schwester Platz. „Ben…“, flüsterte Semir, „was …“ – „Schscht, Semir nicht reden. Ich kümmere mich um alles, mach dir keine Sorgen, Konzentrier dich jetzt nur auf dich, hörst du, Partner?“

    Martinshörner kündigten die Ankunft des Rettungswagens an und bereiteten auch in den anliegenden Häusern des ruhigen Wohngebiets der Weihnachtsstimmung ein jähes Ende.

    Ben wurde von hinten an die Schultern gefasst, und die ruhige Stimme des eingetroffenen Rettungssanitäters bewegte ihn zum Aufstehen: „Danke, wir übernehmen jetzt.“

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    • 15. März 2014 um 08:15
    • #31

    Rettung

    Während auch Andrea und Julia von den Sanitätern abgelöst wurden und Andrea sich nun an Semirs Kopfende niederließ, dem allmählich aufgrund der Schmerzen und des Blutverlustes die Sinne schwanden, trat der Notarzt, der dem Rettungswagen nachgefahren war, in das Zimmer. „Was ist passiert?“, fragte er, während er seinen Koffer öffnete und mit der Untersuchung begann. Er reichte Ben Semirs Handy, welches diesem bei dem Sturz wohl aus der Anzugshose gerutscht war und ihm im Weg lag, und seine Armbanduhr, die er ihm abgenommen hatte. „Zwei Schussverletzungen“, gab der eine Sanitäter Auskunft. „Schüsse? Haben Sie schon die Polizei gerufen?“ – „Das mache ich“, erwiderte Ben, nahm Semirs Handy und Uhr entgegen. Im Handy war die Nummer von Alex eingespeichert, dem sein erster Anruf galt. Nachdem Alex sich nicht meldete, sprach Ben auf die Mailbox und bat um Rückruf. Es wäre dringend. Dann wählte er die Nummer von Kim Krüger.

    Kim Krüger genoss gerade den Kaffee nach einem üppigen Weihnachtsessen bei ihrer Schwester, ihrem Schwager und ihrer Nichte. Sie sah Semirs Namen auf dem Display und stand resigniert auf. Anrufe von Kollegen an Feiertagen bedeuteten meistens nichts Gutes. „Krüger“, meldete sie sich. „Frau Krüger? Ben Jäger hier. Ich bin bei Semir zuhause. Auf ihn ist geschossen worden …. Vor etwa zwanzig Minuten … ansprechbar ... der Notarzt ist hier. Wir brauchen die Kollegen und ein Team der Spurensicherung. Können Sie das veranlassen? … Habe ich schon versucht aber nicht erreicht. .. ja, ich probier’s weiter … Und ein Auto habe ich noch gesehen, ein dunkelroter Opel Vectra, Teilkennzeichen vorne ein M und hinten die 71, da sollte jemand alle möglichen Wagen checken .... ja ….Bis dann, Frau Krüger“.

    Inzwischen war Semir transportfähig gemacht sowie mit Schmerzmitteln versorgt worden und lag schon auf der Trage. „Und Sie nehmen wir auch gleich mit, nicht dass sie uns hier noch zusammenklappen“, sagte der Sanitäter, als er Andrea vom Boden auf die Beine half. Die nickte zustimmend. Ben führte Andrea hinter Semir her zum Rettungswagen, wo er ihr half, hinter den Sanitätern einzusteigen und sich in den Sitz neben der Trage zu setzten. „Wo fahren Sie hin?“, wollte Ben von den Sanitätern wissen. „Ins Marien“, bekam er zu Antwort. „Ich komme gleich nach, Andrea. Und Sie passen gut auf die beiden auf?“ – „Sicher, jetzt müssen wir aber los.“

    Ben versuchte es erneut bei Alex und konnte Semirs Partner wieder nicht erreichen. Er hatte jetzt alle Nummern von Alex, die in Semirs Telefonbuch gespeichert waren, ausprobiert. Er ging wieder ins Haus. Andreas Vater empfing ihn dort. „Ist Andrea mitgefahren?“ – „Ja“ – „Kann ich was tun?“, bot er Ben seine Hilfe an. „Das können Sie in der Tat. Helfen Sie Ihrer Frau, ein paar Sachen für Ayda und Lilly zusammenzupacken und auch eine kleine Tasche für Andrea, sie wird sicher über Nacht im Krankenhaus bleiben. Sie sollten nicht hier im Haus bleiben. Können Sie die Kinder ein paar Tage zu sich nehmen?“ – „Keine Frage. Und für Semir?“ – „Hm“, überlegte Ben, „packen Sie ruhig, er wird es nicht sofort brauchen, aber was wir haben, das haben wir.“

    Gemeinsam mit Julia wartete Ben auf die Polizei.

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    • 16. März 2014 um 07:46
    • #32

    Alex' Auto

    Alex hatte seiner Cousine gerne seinen Wagen ausgeliehen. Sandra war aus Österreich, wo sie in einem Hotel arbeitete, extra mit der Bahn zu Weihnachten nach Köln gekommen. Alex war verkatert, ihm war übel und er war nicht in der Lage gewesen, sein Bett noch am Vormittag zu verlassen. Seinem Cousin ging es ähnlich. Zuviel Alkohol und zu wenig Schlaf forderten ihren Tribut. Erst als gegen 15:30 Uhr zwei ihm fremde uniformierte Polizisten in seinem Zimmer standen, setzte er sich mit einem Schlag im Bett auf. „Alex Brandt?“, fragte eine von ihnen. „Ja, was wollen Sie von mir? Ich habe doch Urlaub.“ – „Gehört Ihnen ein schwarzer Ford Focus mit dem Kennzeichen K-AB 128?“, lautete die zweite Frage. „Ja, das ist mein Auto“, Alex war mit einem Mal hellwach, „was ist passiert? Hatte Sandra einen Unfall?“. Hinter den Polizisten drängten jetzt auch Alex‘ Eltern und seine Tante, Sandras Mutter, in Alex‘ Zimmer. „Meine Cousine Sandra Kellermann hat sich meinen Wagen geliehen“, erläuterte Alex. „Ihr Wagen ist auf der Autobahn explodiert. Die Fahrerin ist in dem Auto verbrannt. Es tut mir sehr leid.“ – „NEIN. Das ist nicht wahr! Sagen Sie, dass das nicht wahr ist“, schrie Sandras Mutter auf und vergrub sich dann in den Armen ihrer Schwester. „Es tut mir sehr leid“, bekräftigte der Polizist erneut. Alex starrte regungslos auf den Polizisten. „Was sagen Sie da?“ Er stand jetzt auf, zog sich schnell seine Sachen über und ging mit den Polizisten in den Flur. „Wo ist das Auto jetzt? Ich möchte, dass es zu uns in die KTU kommt“ – „Es soll sich schon auf den Weg dorthin befinden. Es hat einige Zeit gedauert, Sie ausfindig zu machen. Erst eine Nachbarin gab uns den Tipp, dass Sie hier sein könnten.“ – „Ich muss meinen Partner anrufen“, entschied Alex, „nicht dass er jetzt mit seinem Auto losfährt, bevor Hartmut es untersucht hat.“

    Alex griff zu seinem Handy, welches sich mit ausgeschaltetem Rufton in seiner Hosentasche befand. Fünf Anrufe in Abwesenheit, vier von Semir, einer von seiner Chefin, zeigte ihm das Display an. „Shit“, flüsterte er, „das kann jetzt ja Ärger geben“. Semir mochte es nicht übermäßig, wenn sein Partner nicht zu erreichen war oder nicht wenigstens gleich zurückrief. Er betätigte die Rückruftaste, und als abgehoben wurde, wartete er nicht erst, dass sich der Angerufene meldete. „Semir! Es ist was Entsetzliches passiert!“- „Das kann man wohl sagen, Alex. Hier ist Ben.“ Die beiden erzählten sich, was Semir und Sandra zugestoßen war. Ben versprach, auch Semirs Auto von Hartmut untersuchen zu lassen und sie vereinbarten, sich im Marien-Krankenhaus zu treffen.

    Margot und Hans-Hubert Schäfer fuhren mit ihren Enkelkindern zu sich nach Hause. Ayda und Lilly hatten den Vorfall nur am Rande mitbekommen. Sie saßen auf der anderen Seite von Andrea, ließen den Tannenbaum und die immer noch eingepackten Geschenke von Ben, Oma und Opa nicht aus den Augen. Dass Erwachsene immer so lange essen mussten! Wann könnten sie denn endlich auspacken? Dann war ihr Vater plötzlich zu Boden gefallen und Hektik ausgebrochen. Sie wurden von ihrer Oma ins Kinderzimmer gebracht und sollten auf einmal dort spielen. Das verstanden sie nicht, ließen sich aber bald ablenken und beruhigen. Jetzt ging es zu Oma und Opa und Mama war mit Papa ins Krankenhaus gefahren. Warum konnten sie nicht zuhause bleiben? Warum nicht mit zu Papa und Mama? Ayda hatte so viele Fragen, die sie unbedingt ihren Großeltern stellen musste. Und die Geschenke blieben auch unter dem Baum zurück.

    Hartmut, der Bereitschaft hatte, kam mit seinem Team und nahm sich Wohnzimmer und Garten vor, sicherte Spuren und fand auch die Geschosse, die durch Semirs Oberarm und Oberkörper gedrungen waren. Semirs Auto wurde in die KTU geschleppt.

    Ben fuhr Julia nach Hause und machte sich dann auf den Weg ins Krankenhaus.

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    • 16. März 2014 um 15:09
    • #33

    Nachschlag! Weil das folgende Kapitel recht kurz ist, kommt ihr heute in den Genuss eines Nachschlags zur Kaffee-Zeit!

    Gedanken

    Maximilian Lange war zurück in seinem Versteck, jetzt war er nicht mehr alleine in seinem Schmerz und seinem Verlust. Und er war überzeugt davon, die richtigen getroffen zu haben. Im Verkehrsfunk und den Regionalnachrichten brachten sie die Nachricht von einem explodierten und ausgebrannten PKW auf der Autobahn. Das Timing war in seinen Augen perfekt, hätte nicht besser sein können. Just in dem Moment, in dem seine Schüsse Semir Gerkan trafen, machte sich der präparierte PKW auf seine letzte todbringende Fahrt. Er hatte den Sprengsatz schon vor vier Tagen platziert und die Vorrichtung so programmiert, dass exakt nach 30 Minuten Fahrtzeit der Motor erst ausging und beim Neustart der Sprengsatz zündete. Die bisherigen Fahrten waren wohl alle kürzer als 30 Minuten gewesen.

    Maximilian war zufrieden mit seinem Werk. Er hätte auch gerne Alex Brandt mit seiner Waffe aufgelauert, aber die Lage dessen Wohnung im dritten Stock machte diese Aktion unmöglich. Und eine zweite Bombe schien ihm zu unsicher, denn jetzt würde sicher jeder Wagen der Autobahnpolizei untersucht werden. Und an die Dienstwagen kam er nicht ran, die standen zu gut gesichert auf dem Polizeigelände. Also entschied er sich für eine unterschiedliche Vorgehensweise.

    Er hatte die Hecke hinter Gerkans Haus schnell verlassen und war zu seinem in der Nebenstraße abgestellten Wagen gelaufen, einem dunkelroten Opel Vectra, den er sich erst letzte Woche von Privat gekauft und bislang noch nicht umgemeldet hatte. Das würde er jetzt auch nicht mehr tun. Der Mann, der nach der Tat aus dem Haus gestürmt kam, um ihn noch abzupassen, hatte er nur von weitem und dann beim Wegfahren im Rückspiegel gesehen. Glücklicherweise waren die Kennzeichen verdreckt. Sie würden ihm nicht auf die Schliche kommen. Jetzt müsste er nur noch rausfinden, wo sich Katja und Tommy aufhalten, dann würde es bald eine Familienzusammenführung geben. Das schwor er sich.

    Maximilian setzte sich einen Kaffee auf, legte ein Stück Honigkuchen auf einen Teller, schmierte Butter auf eine Scheibe Stollen und trug seinen Imbiss ins Wohnzimmer. Dort nahm er am Tisch Platz, trank einen Schluck Kaffee und zündete sich zufrieden eine Kerze an. Jetzt war auch für ihn Weihnachten.

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    • 17. März 2014 um 05:58
    • #34

    Andrea im Krankenhaus

    Semir kam sofort in die Notaufnahme und von dort in den OP. Andrea wurde auf die Normalstation in ein Einzelzimmer gelegt, wo sie zunächst untersucht und ein leichter Schwächeanfall diagnostiziert wurde. Sie sollte ein oder zwei Nächte im Krankenhaus bleiben, um unter Beobachtung zu sein, weil zu befürchten war, dass sie diese Zeit ansonsten auf dem Gang vor den Operationssälen verbringen würde. Hier konnte sie bis zum Abschluss der Operation bleiben, man würde sie über deren Verlauf informieren.

    Sie hielt es im Bett nicht lange aus, ging auf und ab, sah durch das Fenster auf den Parkplatz, dann setzte sie sich wieder auf die Bettkante. Sie redete sich die Situation schön. Semir war fast die ganze Zeit über ansprechbar gewesen, sein Blick war klar, vielleicht war es gar nicht so schlimm. Dann wieder erinnerte sie sich an das ganze Blut, das blutgetränkte Hemd und ihr kamen Zweifel. Zuversicht und Zweifel wechselten sich ab, schließlich stand sie wieder auf und stellte sich ans Fenster. Es begann zu dämmern. Der erste Weihnachtsfeiertag näherte sich seinem Ende.

    Wie schlimm ist diese Situation erst für ihre Mäuse? Sie musste dringend mit ihren Eltern telefonieren und ging zum Telefon, welches in ihrem Zimmer angeschlossen war. „Mama? Ich bin's“ - „Andrea, wie geht es dir? Und wie ist die Operation verlaufen, weißt du schon was?“, fragte ihre um sie und ihren Schwiegersohn besorgte Mutter. „Nein, ich weiß noch nichts, sie operieren noch. Ich wollte nur kurz hören, wie es euch und den Kindern geht.“ - „Sie beruhigen sich langsam. Wie haben ihnen erzählt, dass Semir einen Unfall hatte und ins Krankenhaus musste und du mitgefahren bist. Ich glaube nicht, dass sie realisiert haben, war wirklich geschehen ist. Aber sie fragen nach euch, ist ja auch zu verstehen. Warte, Ayda kommt gerade, ich gebe sie dir.“ Es trat eine Pause ein, schließlich fragte Andrea: „Ayda? Liebling, hier ist Mama“ - „Mama, warum müssen wir bei Oma und Opa bleiben?“ - „Du Schatz, Papa und ich sind noch ein paar Tage im Krankenhaus, da könnt ihr nicht alleine zuhause bleiben.“ - „Was hat Papa denn? Da war ganz viel Blut und später ist auch die Polizei gekommen.“ - „Pass auf, Ayda. Ich erzähle dir alles, wenn du uns besuchen kommst. Vielleicht könnt ihr schon morgen oder übermorgen herkommen. Versprich mir aber bitte, dass du es nicht Lilly weiter erzählst, ja? Sie versteht es noch nicht.“ Ihrer großen Tochter konnte sie nichts mehr vormachen. Erwachsene Menschen haben keinen Unfall am Esstisch, das wusste auch eine Achtjährige schon. Egal was ihre Großeltern ihnen erzählt haben. Lilly mochte es ja noch glauben, aber sie konnte dieses Spiel der Erwachsenen durchschauen. Ayda wusste auch aus eigener leidvoller Erfahrung, dass ihr Vater einen gefährlichen Beruf hatte und die eigene Familie öfters in Gefahr geriet. „Versprichst du mir das, Liebling?“ - „Ja, Mama, ich erzähle es nicht.“ - „Gut, und jetzt geh wieder spielen, ja? Mach dir bitte keine Gedanken, ja? Es kommt alles in Ordnung, das verspreche ich dir. Gibst du mir Oma noch mal? Ich habe dich lieb!“ - „Andrea?“, hörte sie jetzt wieder die Stimme ihrer Mutter. „Mama, ich rufe wieder an, wenn ich was von Semir weiß und wenn abzusehen ist, wann ihr vorbeikommen könnt, in Ordnung? Auf Wiederhören, Mama. Und Danke, dass ihr euch um Ayda und Lilly kümmert.“

    Andrea wanderte wieder auf und ab. Sie glaubte nicht daran, dass es medizinisch notwendig war, sie hier im Krankenhaus zu halten, aber dass sie sie mitgenommen haben, war wohl schon angemessen, an die letzten Minuten in ihrem Haus erinnerte sie sich nur schemenhaft. Sie stand völlig neben sich, wurde von Bens starken Armen in den Rettungswagen geführt. Sie hatten ihm heute viel zu verdanken. Er hatte die Situation unter Kontrolle gehalten und organisiert. Sie selbst und auch ihre Eltern wären dazu nicht in der Lage gewesen. Ben hatte ihre Eltern und Kinder nach oben geschickt, den Notruf und die Erste Hilfe angeleiert. In ihrer Zimmerwanderung war Andrea wieder einmal am Fenster angekommen und starrte auf den nun von zig Laternen ausgeleuchteten Parkplatz. Da sah sie Ben aus seinem Wagen steigen und auf den Eingang des Krankenhauses zueilen.

    Ben fragte sich durch und stand schließlich in Andreas Zimmer. „Sie sind noch nicht fertig?“, fragte er und ließ keine Zweifel offen, was er meinte. „Nein, sie wollten mir gleich Bescheid geben, wenn sie die Operation beendet haben“, antwortete Andrea tonlos und blickte Ben hilflos in die Augen. Der nahm sie in die Arme. „Andrea“, flüsterte er, „es wird alles gut gehen. Davon bin ich überzeugt. Aber es gibt etwas“, er löste sich etwas von ihr, um sie ansehen zu können, „das ich dir erzählen muss“, er senkte seine Stimme, „es gab heute auch einen Anschlag auf Alex.“ - „Was? Ist ...“ - „Nein, Alex geht es gut. Aber seine Cousine ist ihm zum Opfer gefallen. Es war eine Autobombe.“ - „Oh mein Gott! Nein!“ Andrea sprach leise und musste sich auf die Bettkante setzen. Sie und Ben merkten erst, dass ein Pfleger das Zimmer betreten hatte, als dieser anfing zu sprechen: “Frau Gerkan, wenn Sie möchten, können Sie jetzt mitkommen. Ihr Mann befindet sich im Aufwachraum. Sie dürfen jetzt zu ihm.“ - „Ist denn alles gut gegangen?“ - „Das wird ein Arzt Ihnen gleich alles erklären. Soweit ich es beurteilen kann, ja.“ Andrea atmete auf. „Ben, kommst du bitte mit?“ der ließ sich nicht lange bitten, und so ließen sie sich von dem Pfleger zu dem Raum führen, in dem Semir gerade langsam aus der Narkose erwachte.

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    • 18. März 2014 um 06:33
    • #35

    Alex am Ende

    Da sich die Aufwachphase noch einige Zeit hinziehen würde, nahm der operierende Arzt Andrea und Ben zunächst mit in sein Büro und erläuterte ihnen die Art der Verletzungen und die durchgeführten Operationen. Semir hatte großes Glück gehabt. Eine Kugel hatte den linken Oberarm durchschlagen, die andere das Schulterblatt. Die Heilung würde aufgrund der Knochensplitterung ein langwieriger Prozess werden, erklärte Dr. Jungbauer ihnen, es bestünde aber keine Lebensgefahr. Nach den Ausführungen des Arztes wurden die beiden dann in den Aufwachraum geführt und kurz mit Semir alleine gelassen. Der schlug allerdings nur kurz die Augen auf, sah, dass zwei der wichtigsten Menschen seines Lebens bei ihm waren und versuchte zu lächeln. Andrea nahm die Hand seines gesunden Arms in ihre Hände und redete leise. „Semir, bin ich froh, dass du es geschafft hast.“ Sie beantwortete noch die weiteren unausgesprochenen Fragen, die sie ihrem Mann nach all den Jahren in den Augen ablesen konnte. „Die Mäuse sind bei meinen Eltern. Und Ben ist auch hier.“ Dieser trat jetzt hinter Andrea und nickte seinem Freund aufmunternd zu. Semir schien erleichtert zu sein und schloss seine Augen wieder. „Jetzt schlaf dich erst mal richtig aus. Und wenn du wieder wach bist, bin ich auch wieder da, ja?“ Sie gab ihm noch einen Kuss und verließ dann mit Ben das Zimmer.

    Andrea fiel es nicht leicht, Semir alleine zu lassen, aber sie und Ben waren eben unterbrochen worden, sie wollte Semir jetzt noch nicht mit dem Anschlag auf seinen Partner konfrontieren. Draußen auf dem Flur fragte sie ihren Freund leise: „Autobombe?“ – „Ja, er hatte seiner Cousine seinen Wagen geliehen. Er wollte gleich herkommen.“ Als Andrea und Ben wieder in Andreas Zimmer eintrafen, saß dort Alex am Tisch wie ein Häufchen Elend.

    „Wie fühlst du dich, Alex?“ – „Wie würdest du dich fühlen Ben? Ein Sprengsatz, der für mich bestimmt war, reißt meine Cousine in den Tod, während ich in meinem Kinderzimmer meinen Rausch ausschlafe. Es ist so verdammt ungerecht. Mein Job bringt Unglück über meine Familie, jetzt weiß ich, warum Semir öfters davon redet, wie schwer es für Andrea ist, dass er diesen Job so liebt.“

    Andrea liefen stumm die Tränen übers Gesicht, Alex und Ben konnten ihre auch kaum zurückhalten. Die Anschläge von heute waren von anderem Kaliber als die vielen Blessuren, die sie in ihrem Polizeidienst bereits davongetragen hatten. Hier trachtete ein durchgeknallter Täter nach ihrem Leben, wollte sie persönlich treffen.

    Einige Zeit hing jeder seinen Gedanken nach. Dann klopfte es leise und Hartmut stand in der Tür. „Oh, volles Haus. Wie geht es Semir?“ Andrea lächelte vorsichtig. „Er hat die OP gut überstanden und schläft jetzt. Er hat viel Glück gehabt, meint sein Arzt.“ – „Ich komme eigentlich, um Alex etwas mitzuteilen. Ich habe die Projektile in eurem Haus“, Hartmut blickte zu Andrea, dann zu Alex, „und in deinem Dienstwagen abgeglichen und bin mir zu 100% sicher, dass sie aus derselben Waffe stammen. Das gibt zu der Vermutung Anlass, dass auch der Schütze, der euch neulich auf dem Hof der Langes mit Schüssen empfangen hatte, identisch ist mit dem Schützen von heute Mittag.

    Alex wischte sich die letzten Spuren seiner Tränen aus dem Gesicht. „Maximilian Lange!“ Wütend sprang er auf und eilte zur Tür. „Jetzt schnappe ich mir dieses Schwein!“ Ben war schon aufgestanden, um ihn zurückzuhalten. „Warte Alex, wo willst du denn anfangen?“ Er blickte zu Andrea, zuckte mit den Schultern, erhielt ein aufforderndes Nicken zur Antwort und war auf den Gang verschwunden. „Hoffentlich kann Ben ihn bremsen!“Dann schrak Andrea plötzlich aus ihren Gedanken auf: „Hartmut! Was ist, wenn Lange erfährt, dass er heute mit seinen Anschlägen keinen Erfolg hatte?“

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    • 19. März 2014 um 06:43
    • #36

    Alex und Ben

    Ben musste sich beeilen, um mit Alex Schritt halten zu können. Auf dem Parkplatz hatte er ihn schließlich eingeholt, als dieser vor einem älteren Alfa Romeo stehen blieb und die Fahrertür aufschloss. „Alex, so warte doch. Du weißt doch gar nicht, wo dieser Lange sich aufhält!“ – „Das ist mir egal, und wenn ich bis ans Ende der Welt fahren muss.“ Alex klang verzweifelt. „Komm, ich fahr dich überall hin, wo du hin willst, aber so lasse ich dich nicht selbst ans Steuer.“ Endlich ließ sich Alex hängenden Kopfes auf die Beifahrerseite manövrieren und setzte sich in den Wagen.

    „Was ist das überhaupt für ein Auto?“, fragte Ben, während er sich Sitz und Spiegel einstellte. „Das meiner Eltern“, erhielt er zur Antwort. „So, und wohin nun?“ Ben war bereit. Der Motor lief, er parkte schon rückwärts aus der Parklücke aus. Sein Sitznachbar blieb stumm. „Alex?“, forderte Ben ihn auf, „Wohin?“

    „Ach Ben, das weiß ich doch selber nicht. Ich will nur was tun, nicht einfach rumsitzen. Ich kann doch nicht einfach nach Hause fahren. Meine Cousine ist heute in meinem Auto gestorben. Während ich betrunken im Bett lag. Die Bombe war für mich bestimmt. Wie soll ich denn jemals meinen Eltern und meiner Tante wieder unter die Augen treten?“

    Ben bog auf die Hauptstraße in Richtung Innenstadt und stoppte vor einem Lokal, welches jetzt am Abend des ersten Weihnachtsfeiertages geöffnet hatte. „Komm, ich lad dich ein, dann erzählst du mir von deiner Cousine.“ Tatsächlich ließ Alex sich dazu bewegen, das Auto zu verlassen und mit Ben in die Gaststätte zu gehen.

    „Sandra und Ralf waren wie Geschwister für mich“, begann Alex stockend, „ich habe ja selber keine. Ihre Eltern lebten ganz in der Nähe meines Elternhauses. Da die immer bis 16:00 Uhr arbeiten mussten, verbrachten meine Cousine und mein Cousin oft den Nachmittag bei uns. Wir wuchsen quasi miteinander auf. Mein Onkel starb vor ein paar Jahren, meine Tante ist die Schwester meiner Mutter. Sie machen viel zusammen und da war es klar, dass wir auch Weihnachten gemeinsam verbringen würden, aus Platzgründen bei uns. Ralf wohnt in Münster und Sandra in Saalbach in Österreich. Gestern hatte sie sich mit ihrer Freundin in Düsseldorf für heute verabredet und mich gefragt, ob ich sie hinbringen würde. Ich habe ihr dann meinen Wagen geliehen, denn ich brauchte ihn ja über die Feiertage nicht. Wenn ich doch bloß gefahren wäre!“ – „Dann wärt ihr jetzt beide tot, Alex, damit wäre die Situation kein Deut besser.“ – „Aber ich mache mir solche Vorwürfe. Ich weiß, dass ich nicht jeden Tag meinen Wagen auf irgendwelche Bomben hin untersuchen kann, aber weißt du was ich festgestellt habe? Was mir zu schaffen macht?“ – „Ich bin ganz Ohr?“ – „Der erste Anruf von dir kam gegen 14:00 Uhr, ich hatte das Handy auf lautlos in meiner Jeans und schlief noch um diese Zeit. Wenn ich gleich abgehoben hätte, hätte ich vielleicht meine Cousine noch retten können?“

    Ben versuchte, Alex weiter zu beruhigen. „Was du dann getan hättest, wäre, zu Semir zu fahren, meinst du, du wärst auf die Idee gekommen, dass die Schüsse auf Semir bedeuten könnte, dass unter deinem Auto eine Bombe angebracht ist? Das ist doch sehr weit hergeholt. Nie und nimmer. Außerdem war doch Sandra um die Zeit schon unterwegs. Alex,“, jetzt legte Ben seinem Gegenüber eine Hand auf den Arm und sah ihm in die Augen, „du hättest es nicht verhindern können.“

    Nach weiteren zehn Minuten fragte Ben schließlich: „Und, meinst du, du kannst jetzt den Weg zu deinen Eltern antreten?“ Zur Antwort stand Alex auf, Ben legte einen Zehn-Euro-Schein auf den Tisch unter sein Glas und sie verließen gemeinsam das Lokal. Vor der Tür von Alex‘ Elternhaus, in dem noch gedämpftes Licht brannte, stiegen sie beide aus. „Ben“, sagte Alex leise, als er von diesem den Autoschlüssel entgegen nahm, „Danke, ohne dich weiß ich nicht, wo ich heute geendet wäre.“ – „Keine Ursache. Ich rufe mir ein Taxi, Und jetzt rein mit dir.“

    Bevor Alex mit seinem Schlüssel sein Elternhaus öffnen konnte, wurde die Haustür von innen geöffnet und Frau Brandt nahm ihren Sohn in den Arm. „Bin ich froh, dass du hergekommen bist. Wir hatten schon befürchtet, du würdest dich nicht nach Hause trauen.“

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    • 20. März 2014 um 09:16
    • #37

    Zweiter Feiertag

    Nachdem Ben Alex nach Hause gebracht und beobachtet hatte, wie dieser von seiner Mutter in Empfang genommen wurde, rief er sich ein Taxi und ließ sich zu seiner Wohnung fahren. Er rief Julia an und teilte ihr mit, wie der Tag verlaufen war, dass Semir die Operation gut überstanden hätte und es Andrea auch schon wieder besser ginge, sie den größten Schock wohl überwunden habe und sich nun darauf konzentrieren würde, in der nächsten Zeit für Semir da zu sein.

    Anschließend trank er noch ein Bier und ging dann ins Bett, wo er in einen unruhigen Schlaf fiel. Am zweiten Weihnachtsfeiertag trieb es ihn noch vor dem Frühstück ins Krankenhaus. Er wollte wissen, wie sein Freund die Nacht überstanden hatte. Er fand Andrea bei Semir vor, der noch matt und blass in seinem Bett lag, angeschlossen an einen Monitor. Er hatte die Narkose mittlerweile ausgeschlafen und konnte sich leise mit Andrea unterhalten. Dann erblickte er Ben. „Ben! Hallo!“ Ben musste schlucken, als er ans Bett trat, Semirs Hand ergriff und seinen Freund erblickte. „Semir, es ist schön, dass du es so gut überstanden hast. Hast du noch große Schmerzen?“ – „Nein, ich bekomme Schmerzmittel, bin ständig am Eindösen. Was war mit Alex?“ Ben setzte sich auf einen bereit stehenden Stuhl. „Ich konnte ihn glücklicherweise überreden, sich von mir nach Hause fahren zu lassen. Ich hoffe, er berappelt sich schnell wieder. Ich werde gleich bei ihm vorbei fahren, wollte nur erst zu euch kommen. Das war ein ganz schöner Schreck gestern.“ – „War nicht meine Absicht. Hartmut ist sich sicher, dass Maximilian Lange geschossen hat.“ – „So habe ich ihn gestern auch verstanden. Leider ist er bislang spurlos verschwunden. Aber Susanne sitzt dran und die Krüger hat ihren Urlaub auch abgebrochen. Ich bin mir sicher, sie werden ihn aufspüren.“ – „Kümmerst du dich um Alex? Ich befürchte, er rastet aus, wenn er Maximilian gegenüber steht.“ Ben schmunzelte. „Ich werde mich bemühen.“

    Andrea wechselte nun das Thema. „Heute Nachmittag kommen meine Eltern mit den Kindern. Ich werde dann mit ihnen fahren. Ins Haus können wir noch nicht, sagte Hartmut gestern noch, als du schon weg warst. Die Spurensicherung ist wohl fertig, aber der Teppich wurde rausgerissen, und der Wechsel des Fensters ist wohl auch schon veranlasst. Hättest du gedacht, dass wir innerhalb eines halben Jahres zwei neue Fensterscheiben bräuchten?“, führte sie aus und erinnerte damit an den Einbruch im Sommer letzten Jahres (nachzulesen in der Geschichte „Still ruht der See“). „Wie lange musst du hierbleiben? Haben die Ärzte sich schon geäußert?“, fragte nun Ben. „Nicht genau. Mindestens eine Woche, wahrscheinlich länger.“ – „Das ist gut.“ – „Warum ist das gut?“ – „Na, dann wirst du gerade noch hier sein, wenn ich gleich aus der Cafeteria zurück komme, ich habe nämlich noch nichts gefrühstückt.“Ben erhob sich und schlug mit der Handfläche auf Semirs Bettdecke. „Bis gleich.“ – „Warte Ben, ich komme mit, dann kannst du dich noch etwas erholen, nicht wahr, Schatz?“, fragte Andrea mit Blick auf Semir. Dieser nickte müde. Sie gab ihm einen Kuss auf die Stirn und drückte seine Hand. Dann verließ sie gemeinsam mit Ben das Zimmer.

    Andrea erzählte ihrem Freund beim Frühstücken, was alles passiert war, seit Ben mit Alex das Krankenhaus verlassen hatte. Hartmut teilte Andreas Befürchtungen bezüglich Maximilian und der Erfolglosigkeit seiner Anschläge und beschloss gemeinsam mit der Krüger, sowohl die Explosion von Alex Wagen, als auch die Schüsse auf Semir als Erfolg darzustellen. Ein befreundeter Mitarbeiter bei einer regionalen Nachrichtenagentur schleuste die Nachricht in den verschiedenen, auflagenstärksten Zeitungen und im Nachrichtenportal im Internet ein. So würde sich die Meldung noch am 2. Feiertag verbreiten und am ersten Arbeitstag nach Weihnachten in den Zeitungen zu lesen sein. Um ganz sicher zu gehen, wurden Zivilbeamte in Semirs Haus, welches vorerst unbewohnt bleiben sollte, in Alex Wohnung und im Krankenhaus eingesetzt. Obwohl davon ausgegangen wurde, dass Maximilian vom Erfolg seiner Anschläge ausging – sicher war sicher.

    „Ach Ben, ich bin froh, wenn dieser Alptraum ein Ende hat und werde erst wieder ruhig schlafen, wenn Maximilian gefasst ist“, beschloss Andrea ihre Ausführungen.

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    • 21. März 2014 um 09:07
    • #38

    Auto gefunden

    Semir hatte also noch einmal Glück gehabt, dieses könnte jetzt auch die Polizei gut gebrauchen. Mit den Kennzeichenbruchstücken M? ?? 71 machte sich Susanne noch am Nachmittag des ersten Feiertages auf die Suche nach einem Opel Vectra C, Stufenheck in dunkelrot. Das Kennzeichen kann viel bedeuten. Sie begann mit den Landkreisen, die Köln am nächsten lagen, Mettmann ME, Mönchengladbach MG, Mülheim MH, Märkischer Kreis MK, Wesel MO, Monschau MON. Hier waren noch 235 Wagen zugelassen, die in Frage kamen. Sie schickte alle Halter durch den Computer, fand aber keinen Treffer im Abgleich mit den Personen, die in ihrem Kellerkinder-Fall verwickelt waren. Gemeinsam mit Kim Krüger machte sie sich daran, alle Halter telefonisch anzurufen und hatte am nächsten späten Vormittag Glück. Ein Georg Krüger hatte seinen dunkelroten Vectra gerade in der vergangenen Woche an einen Mann aus der Nähe von Köln verkauft und sich schon darüber geärgert, dass dieser ihn immer noch nicht umgemeldet hatte. Sie notierte sich die Anschrift und bedankte sich bei dem Autohalter.

    Bevor sie Alex rufen konnte, um ihn zu der Adresse in Moers zu schicken, unterbrach sie Bens Anruf. „Autobahnpolizei, König“, meldete Sie sich. „Susanne! Hier ist Ben, du, mir ist noch etwas eingefallen. Der Vectra. Auf der Heckscheibe klebte rechts oben ein unleserlicher weißer Aufkleber, etwa so groß wie die „D“-Schilder früher. Vielleicht kann euch das helfen?“ – „Bestimmt, Ben. Kann das Kennzeichen MO-JK 171 lauten? Das ist unser heißester Kandidat. Ich schicke Alex gleich hin.“ – „Alex? Ist er denn in der PAST? Ich wollte ihn eigentlich gleich zuhause aufsuchen“, wunderte sich Ben. „Doch, der sitzt in seinem Büro. Ich glaube, er braucht die Arbeit.“ – „Das mag sein, du ich soll noch schön von Semir und Andrea grüßen. Er hat die OP gut überstanden.“ – „Oh, das höre ich gerne, ich werde es gleich den Kollegen ausrichten, du Ben, sei nicht böse, aber hier brummt die Arbeit, wir reden ein anderes Mal, ja?“ – „Aber sicher, Susanne. Wenn ich irgendetwas tun kann, lass es mich wissen, okay?“ Susanne verabschiedete sich von ihrem ehemaligen Kollegen, dachte noch einen kurzen Moment an vergangene Zeiten zurück. Dann erinnerte sie sich aber daran, dass sie gerade dabei gewesen war, Alex die Adresse und das Autokennzeichen zu geben und stand auf, um in sein und Semirs gemeinsames Büro zu gehen.

    „Alex. Ich hab was. Hier. Moers, ein Georg Krüger, hier die Adresse. Und Ben konnte sich an einen weißen Aufkleber erinnern rechts oben auf der Heckscheide. Fahr doch gleich hin, dann kannst du ihm das Foto von Maximilian Lange zeigen, vielleicht ist das der Käufer.“ – „Danke, Susanne. Das mache ich doch sofort. Endlich eine Spur!“ Alex hatte dicke Augenränder von einer schlaflosen Nacht. Aber jetzt erhellte sich sein Blick. Eine Spur! Endlich was zu tun. „Und Semir geht es schon besser. Das wird wieder!“ – „Das tut gut zu hören, Susanne. Ich bin dann mal weg!“ Alex griff sich seine Jacke sowie den Schlüssel seines Dienstwagens, der vor der PAST abgestellt war, und verließ die Dienststelle der Autobahnpolizei.

    „Sind Sie ganz sicher?“, fragte Alex den großen, kräftigen Georg Krüger. „Ja, wenn ich es Ihnen sage. Das ist der Kerl. Er meldete sich auf meine Anzeige, gab mir das Geld in bar, wollte noch nicht einmal den Preis verhandeln und fuhr mit dem Auto davon.“ – „Haben Sie einen Kaufvertrag, hat er Ihnen eine Adresse gegeben?“ – „Ja, einen Moment. Hier: Maximilian Lange, Neu-Günzheim.“ Er hatte seine eigene Hofadresse angegeben und seinen echten Namen. Und sie hatten jetzt das vollständige Kennzeichen, um die Fahndung zu konkretisieren. Wenigstens etwas!


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    • 22. März 2014 um 06:52
    • #39

    Hinter dieser Tür?

    Die Fahndung nach dem dunkelroten Opel Vectra mit dem Kennzeichen MO-JK 171 zog sich in die Länge. Alex hatte es sich zu Angewohnheit werden lassen, in seinem Büro wie ein Tiger im Käfig auf und ab zu wandern. Immer wieder verließ er das Zimmer, um nach neuen Erkenntnissen zu fragen, eine Frage, auf die er jedes Mal dieselbe Antwort von Susanne erhielt: „Alex, du wirst der Erste sein, der erfährt, wenn sich etwas tut!“ Und dann am Ende des vierten Tages tat sich wirklich etwas.

    Eine aufmerksame Bewohnerin eines Mehrfamilienhauses in Köln hatte den Wagen auf dem Parkplatz vor dem Haus entdeckt. Da sie auch den Fahrer gut beschreiben konnte, der in einer kleinen Wohnung im selben Haus wie sie wohnte, waren sich Alex und seine Kollegen ihrer Sache sicher. Alex raste sofort zu der angegebenen Adresse. „Sie warten dort aber auf das SEK, Herr Brandt!“, rief ihm Kim Krüger, die Dienststellenleiterin, noch hinterher und alarmierte sogleich das Spezialeinsatzkommando.

    Alex fand den Vectra wie angegeben auf dem Parkplatz stehend vor, Farbe und Kennzeichen stimmten und in der rechten oberen Ecke der Heckscheibe war ein verblichener Aufkleber angebracht, genau so, wie ihn Ben beschrieben hatte. Er wunderte sich, dass er in den letzten Tagen keiner Streife aufgefallen war, denn die hatten den Auftrag, offenen Auges auch durch die Seitenstraßen zu fahren. Oder war Maximilian erst nach vier Tagen leichtsinnig geworden und hatte es an diesem Tag versäumt, den Wagen vor Blicken sicher zu verstecken?

    Die Warnung seiner Chefin hatte er sehr wohl wahrgenommen, aber er konnte sich doch schon mal von der Informantin die fragliche Wohnung zeigen lassen, oder? Alex stieg die Treppen zum vierten Stock hoch. Diese deutete ihren Treppenhausflur hinunter. „Die letzte Wohnung auf der linken Seite ist es.“ – „Danke. Gehen Sie jetzt bitte wieder in ihre Wohnung zurück und schließen die Tür, es könnte hier gleich etwas laut werden. Wir sagen Bescheid, wenn es vorbei ist.“

    Obwohl die Warnung seiner Chefin noch in seinem Ohr laut und deutlich nachklang, übertönte sie seine innere Stimme bei weitem. Er konnte doch schon mal vorfühlen, die Verstärkung müsste doch nun jeden Moment eintreffen. Er zog seine Waffe, entsicherte sie und schritt geräuschlos auf die Wohnungstür zu, hinter der sich Maximilian Lange aufhalten soll. Er versuchte zu lauschen, konnte aber kein Geräusch aus der Wohnung wahrnehmen. Das SEK ließ heute aber auch auf sich warten.

    Jetzt stand er vor der Tür, hinter der sie diesen Fall zu den Akten legen könnten, der Tür, hinter der er den Mann vermutete, der 2 Kindern die Jugend gestohlen, auf Semir und ihn geschossen, Semir schwer verletzt und nicht zuletzt Sandra, seine Cousine, mit einer Autobombe getötet hatte, der Mann, dessen Flucht heute, hier und jetzt ein Ende haben sollte. Alex blickte wiederholt auf seine Uhr. Er hielt es nicht länger aus. Klingeln oder Klopfen? Er entschied sich für die dritte Option, ging ein paar Schritte zurück und trat mit Anlauf die Wohnungstür ein.

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    • 23. März 2014 um 07:34
    • #40

    Showdown

    Es war durchaus nicht ungefährlich, was er hier tat, das war ihm durchaus bewusst, aber Alex konnte nicht länger abwarten, dem Mörder von Sandra gegenüber zu stehen, dem Mann, der für Semirs Verletzung verantwortlich war. Und er persönlich wollte es sein, der diesen Kerl zur Strecke bringt, kein anderer!

    Maximilian saß eingedöst in seinem Sessel, als der Hauptkommissar mit der Tür in seine Wohnung stürmte. Auf dem Wohnzimmertisch lag die Zeitung vom 27. Dezember, aufgeschlagen mit dem Artikel „Anschläge auf Polizisten zu Weihnachten“. Für ihn war die Rache damit erledigt. Er war gerade bei den Planungen der Suche nach Katja und Tommy eingenickt, als plötzlich Alex in seinem Wohnzimmer stand.„Mist“, fluchte er und sprang auf. Seine Waffe stand unerreichbar in der Zimmerecke. Was ihm blieb, war der Balkon. Mit zwei Sätzen war er an der Balkontür und riss diese auf. Alex sah ihn gerade noch so verschwinden und rannte hinter ihm her.

    Vom Balkon aus sprang Maximilian auf eine benachbarte Dachterrasse und kletterte eine Leiter zum flachen Dach empor, Alex jetzt dicht auf seinen Fersen. „Lange!“, schrie dieser, „nun geben Sie doch auf, es hat keinen Sinn mehr, sie kommen hier nicht raus!“ Er hörte, wie unten drei Dienstwagen des SEK vor dem Haus bremsten und mehrere Mann in das Treppenhaus stürmten. „Ich könnte Sie jetzt hier auf der Stelle erschießen!“ Dass Maximilian nicht bewaffnet war, hatte Alex beim Klettern auf der Leiter schon gesehen.

    Auf dem Dach war Endstation. Maximilian blieb zwei Schritte vor der Dachkante stehen und drehte sich zu Alex um. „Sie? … Sie sind doch…“ – „Nein, wie Sie sehen, bin ich nicht in meinem Auto verbrannt, wie Sie es eigentlich wollten. Meine Cousine hatte sich den Wagen geliehen, und…“, Alex geriet ins Stocken, fasste sich dann aber wieder und fuhr fort: „Sie haben sie umgebracht. Aus diesem Grund ist es mir ganz egal, ob Sie sich hier zu Tode stürzen oder nicht. Sehen Sie ein, dass es vorbei ist! Hier, ich lege meine Waffe runter“, Alex legte die Pistole an den Leiteraufgang, „dann können wir zusammen das Dach verlassen. Es muss niemand mehr sterben.“

    „Ich“, stammelte Maximilian, „wollte Ihre Cousine bestimmt nicht töten, ich wollte nur Sie und Ihren Kollegen, Sie haben mir meinen Sohn weggenommen und meine Tochter vorenthalten, dafür sollten Sie büßen.“ Maximilian machte keinerlei Anstalten, auf Alex zuzugehen. Dieser tat jetzt mit ausgestreckten Armen - um Maximilian zu zeigen, dass er keine Waffe in den Händen hielt - einen Schritt nach vorne, blieb aber sofort stehen, als er sah, dass sein Gegenüber eher noch nach hinten auswich. „Es tut mir leid, aber Ihr Plan hat nicht funktioniert. Sowohl ich, als auch mein Partner erfreuen uns bester Gesundheit. Sie hätten besser zielen müssen. Kommen Sie jetzt oder wollen Sie springen, mir wird langsam kalt hier draußen. Es ist Ihre Wahl – und mir egal! Aber sagen Sie mir vor Ihrem Flug noch eines: Wo haben Sie Tommy her? Hier waren Sie clever, wir haben noch keine Hinweise auf seine Herkunft ermitteln können. Und er hat doch ein Recht zu erfahren, wer seine Familie ist.“ Maximilian sah auf seine Füße, in seinem Kopf schien es zu arbeiten. Dann blickte er Alex ins Gesicht: „Tommy? Ich bin seine Familie! Gekauft habe ich ihn. Frau Sanders brauchte Geld, ich den Jungen, es war ein gutes Geschäft. 10.000,00 Mark“ – „Sie haben den Jungen für zehn Riesen gekauft?“, fragte Alex und betonte das Wort „gekauft“ dabei besonders ungläubig.

    Bevor Maximilian, der nun auf Alex wirklich allmählich den Eindruck machte, zum Aufgeben überredet werden zu können, antworten konnte, polterte das SEK hinter Alex auf das Dach, bis an die Zähne gepanzert und mit Maschinenpistolen bewaffnet. Maximilian vergaß für einen fatalen Augenblick, wo er stand, wich einige Schritte zurück, fand keinen Halt mehr für seine Füße und stürzte mit einem lauten Schrei, mit den Armen in der Luft rudernd fünf Stockwerke in die Tiefe. Alex starrte ihm entsetzt hinterher, als er die Dachkante erreichte, und sah seinen Körper auf dem Innenhof liegen.

    Dann drehte er sich langsam um, ging an den wie versteinert dreinblickenden SEK-Beamten vorbei, hob seine Waffe auf und verließ mit einem zynischen „Gute Arbeit, Jungs“ das Dach.

    „Sanders“, wenigstens ein Name war ihm geblieben.

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