1. Forum
  2. 25-jähriges Jubiläum
    1. Einleitung
    2. Entstehungsgeschichte
    3. Interviews 1996
    4. Drehorte
    5. Titelmusik
    6. Faktencheck
  3. Episodenguide
    1. Staffel 01 (Frühjahr 1996)
      1. 001 Bomben bei Kilometer 92
      2. 002 Rote Rosen, schwarzer Tod
      3. 003 Der neue Partner
      4. 004 Mord und Totschlag
      5. 005 Tod bei Tempo 100
      6. 006 Der Alte und der Junge
      7. 007 Falsches Blaulicht
      8. 008 Der Samurai
      9. 009 Endstation für alle
    2. Staffel 02 (Frühjahr 1997)
      1. 010 Ausgesetzt
      2. 011 Kaltblütig
      3. 012 Shotgun
      4. 013 Notlandung
      5. 014 Das Attentat
      6. 015 Die verlorene Tochter
    3. Staffel 03 (Herbst 1997)
      1. 016 Crash
      2. 017 Generalprobe
      3. 018 Kindersorgen
      4. 019 Bremsversagen
      5. 020 Rache ist süß
      6. 021 Raubritter
    4. Staffel 04 (Frühjahr 1998)
      1. 022 Sonnenkinder
      2. 023 Tödlicher Ruhm
      3. 024 Volley Stop
      4. 025 Kurze Rast
      5. 026 Leichenwagen
      6. 027 Gift
      7. 028 Zwischen den Fronten
      8. 029 Schnäppchenjäger
      9. 030 Faule Äpfel
      10. 031 Schlag zu!
    5. Staffel 05 (Herbst 1998)
      1. 032 Ein Leopard läuft Amok
      2. 033 Die letzte Chance
      3. 034 Tödlicher Sand
      4. 035 Im Fadenkreuz
      5. 036 Im Nebel verschwunden
      6. 037 Die Anhalterin
      7. 038 Der tote Zeuge
      8. 039 Der Joker
    6. Staffel 06 (Frühjahr 1999)
      1. 040 Treibstoff
      2. 041 Tödliche Ladung
      3. 042 Brennender Ehrgeiz
      4. 043 Schattenkrieger
      5. 044 Taxi 541
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    • Yon
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  • 1. März 2015 um 08:27
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    Kriminaloberkommissarin
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    • 21. März 2015 um 07:39
    • #21

    Ausschnitte

    »Ihr habt WAS?«, fragte Semir ungläubig, »13.000 Bilder? Dann bring mir doch auch einen Stapel her, da kann ich euch doch helfen.« – »Hältst du das für so eine gute Idee?«, zweifelte Alex. »Ach komm, mir ist doch jetzt schon langweilig, und es sind doch keine bewegten Bilder.« Alex willigte schließlich ein, sie konnten jede Hilfe gebrauchen. Er rief in der PAST an und bat einen der dortigen Beamten, den mittlerweile eingetroffenen Stapel auf die Anwesenden aufzuteilen und ihm seinen und Semirs Anteil ins Krankenhaus zu bringen. Es war bereits 20:00 Uhr geworden, aber da Semir keinen Mitpatienten in seinem Zimmer hatte, sah man das mit den Besuchszeiten nicht ganz so genau.

    Sie überflogen jede Seite der ausgedruckten Fotos, wanderten mit den Zeigefingern von Bild zu Bild, machten Kreuze, wenn sie etwas entdeckten, was sie sich gerne näher anschauen wollten. Genauso verfuhren Kim Krüger und mehrere Streifenbeamte in der PAST. Die Seiten mit den Kreuzen legten sie auf die Seite, die würden sie später Hartmut zurückgeben, damit dieser die Filme zusammenzuschneiden konnte. Sie kamen gut voran und gegen 22:00 verabschiedete sich Alex von Semir und fuhr zurück in die PAST, um die dortigen Ergebnisse gemeinsam mit ihren eigenen in die KTU zu bringen. Dem Kriminaltechniker stand eine lange Nachtschicht bevor, denn es waren nicht wenige Filmsequenzen, die den Polizeibeamten verdächtig vorkamen.

    Alex dagegen machte Feierabend und fuhr zu seiner Freundin, von der er sich am Morgen des Vortags verabschiedet hatte, kein ganzer Tag war vergangen, und doch hatte sich in der Zeit das Leben von Sascha und Claudia maßgeblich verändert. War es wirklich erst vierundzwanzig Stunden her, dass sie seinen Geburtstag vergnügt gefeiert hatten?

    Insgesamt war der Transporter in den letzten vier Wochen neunzehn Mal auf dem Parkplatz hinter Saschas Werkstatt aufgetaucht und hatte dort jeweils zwischen zehn Minuten und drei Stunden gestanden, die Verweildauer richtete sich nach keinem System, sondern war rein zufällig. Aber in jedem Fall waren andere Fahrzeuge zu dem Transporter gefahren, manchmal sah man auch den Fahrer aus dem Transporter steigen. Erst vor ein paar Tagen war auch eine Gruppe Motorräder von der Kamera erfasst worden.

    Am Sonntagmorgen um 7:00 Uhr legte Hartmut Alex das Ergebnis auf den leeren Schreibtisch und machte endlich Feierabend. Dort fand sie der Hauptkommissar, als er um halb neun sein Büro betrat. Hartmut hatte ganze Arbeit geleistet, jede Szene war unterlegt mit Datum und Uhrzeit und zeigte die Zeit vom Eintreffen des Transporters bis zum Wegfahren desselben. Er nahm sich vor, dem Kriminaltechniker später für seinen Wochenendeinsatz zu danken.

    Von Neugier getrieben begann Alex bei den letzten Tagen, als die Motorräder sich dem Transporter näherten, und fühlte sich in seiner Ahnung bestätigt: Ein Motorrad hatte die von Claudia beschriebene auffällige Lackierung auf der Verkleidung. Der Transporter stand auf dem vorletzten Stellplatz des Parkplatzes. Drei Motorräder erschienen, hielten an, und – jetzt stutzte Alex erneut – der Fahrer, der von dem Bike stieg, trug einen blau-weißen Helm und ging zum Transporter. Deutlich auf der Aufzeichnung zu sehen war, dass er vom Fahrer des Transporters einen Briefumschlag entgegennahm. Vom Fahrer konnte Alex ein recht gutes Standbild ausdrucken, welches sicher für eine Fahndung ausreichend war. Der Motorradfahrer nahm seinen Helm leider nicht ab. Was war in dem Umschlag? Geld? Und wenn ja, wofür? Wurde Alex hier Zeuge der Beauftragung der Schläger oder ihrer Bezahlung?

    Alex vergrößerte ein Standbild, auf dem sogar das Kennzeichen zu erkennen war: D-AE 53. Der dazu gehörende Halter war schnell ermittelt, es handelte sich um einen Andreas Eberhain, wohnhaft in Düsseldorf. Leider ergab die Abfrage im Polizeicomputer auch, dass dieser die Maschine vor acht Wochen als gestohlen gemeldet hatte. Der Halter war auch aktenkundig, allerdings lagen seine Taten - es handelte sich um Sachbeschädigung, Ruhestörung, Widerstands gegen die Staatsgewalt - über zehn Jahre zurück, seitdem galt er als unbescholtener Bürger, der bei Ford als Schichtleiter arbeitete.

    Jetzt startete Alex die gesamte Aufnahme von vorne, beobachtete, wie unterschiedliche Fahrzeuge zu dem geparkten Transporter fuhren, mit dessen Fahrer etwas verhandelten und mit einer oder auch mal mehreren Personen den Parkplatz wieder verließen. Was lief da ab? Handelte es sich um eine Form von Leiharbeit, und die Arbeitskräfte wurden hier von ihren Arbeitsgebern in Empfang genommen oder wurden sie hier Zeuge eines Menschenhandels? Sie hatten Sascha Unrecht getan, so viel war sicher. Er sah nicht zu viele Krimis, hier lief einer direkt vor seinen Augen bzw. seiner Kamera ab.

    Und bei den Aufnahmen vom letzten Dienstag stockte auch ihm der Atem. Er sah Sascha selbst. Was hatte er vor? Der wollte doch nicht etwa …doch! Der Werkstattbesitzer ging zielstrebig auf den Transporter zu und unterhielt sich mit dessen Fahrer. Das sah nicht nach einem harmlosen Plausch aus. Stellte er den Fahrer zur Rede? Fragte, was dieser dort trieb? Die Handzeichen konnten durchaus in diese Richtung gedeutet werden. Er wies den Fahrer auf den vorhandenen, großen und öffentlichen Parkplatz hin. Oh Sascha, hättest du dich da bloß herausgehalten. Aber er griff sich auch selbst an den Kopf. Hatten er und Semir ihm denn Glauben geschenkt am Freitag? Sind sie seinem Verdacht nachgegangen? Wären sie überhaupt seinem Verdacht nachgegangen, wenn Sascha nicht am selben Tag überfallen worden wäre? Nein. Sie hatten es als harmlos hingestellt, den Zettel mit dem Kennzeichen eingesteckt. Nur wenige Tage nach dem Gespräch mit dem Fahrer des Transporters lag Sascha mit lebensbedrohlichen Verletzungen in der Uni-Klinik, nachdem die Schläger allem Anschein nach von dem Fahrer des Transporters dazu beauftragt worden waren.

    Alex schüttelte den Kopf und widmete sich der Liste aller festgestellten Kennzeichen und den Ausdrucken von Standbildern der beteiligten Personen. Versehen mit einer kleinen Notiz legte er den Zettel Susanne auf den Schreibtisch. Die Sekretärin der PAST würde sich am Montag an die Arbeit machen, die Halter der Fahrzeuge festzustellen und die Gesichter durch die Gesichtserkennung laufen zu lassen, vielleicht war ja ein Kunde von ihnen darunter.

    Dann verließ Alex die PAST, um Andreas Eberhain zu besuchen, den Halter des an dem Überfall beteiligten Motorrades mit der auffälligen Lackierung. Sonntagnachmittag war ein guter Zeitpunkt, einen berufstätigen Mann zuhause anzutreffen. Und anschließend würde Alex endlich mal wieder etwas Zeit mit Lena verbringen, um selbst mal auf andere Gedanken zu kommen.

    "Ich will mit Alex arbeiten - oder gar nicht!"

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    • 22. März 2015 um 06:41
    • #22

    Auf nach Düsseldorf

    Auf dem Weg nach Düsseldorf fuhr Alex bei Saschas Firma vorbei, aber der Transporter stand nicht auf dem Parkplatz. Er wusste auch nicht, was genau er getan hätte, wenn er dort abgestellt gewesen wäre. Eine Aktion gegen den Transporter bedarf einer intensiven Vorbereitung und vor allem der Rückendeckung durch Frau Krüger. Außerdem hätte Alex dazu gerne seinen Partner an seiner Seite, aber Semir würde noch einige Tage ausfallen und bestimmt auch in der nächsten Woche nicht voll einsatzfähig sein. Höchstens eine Beobachtung könnte er durchführen und versuchen, ihm zu folgen, um herauszufinden, woher er gekommen war oder wohin er fahren würde. Aber auch dazu müsste er sich auf die Lauer legen und bräuchte ein Team. Vielleicht hatten die sich auch nach dem Überfall auf Sascha einen anderen Platz gesucht? Dann könnte er dort lange warten. Aber da der Transporter nicht auf dem Parkplatz abgestellt war, war es eh müßig, darüber nachzudenken. Er würde es vertagen und mit Frau Krüger besprechen. Alex lenkte den BMW zurück auf die Autobahn, hörte leise Musik und ließ seinen Gedanken freien Lauf.

    Semir lag nun schon eineinhalb Tage im Krankenhaus, hatte schon mehrere Versuche unternommen, auch längere Zeit das Bett zu verlassen, fühlte sich aber immer noch am Wohlsten in der Horizontalen mit leicht erhöhtem Oberkörper. Er konnte sich kaum erinnern, wann er das letzte Mal so angezählt gewesen war. Aber durch die Ruhezeit hatte er an diesem Sonntag endlich Gelegenheit gefunden, Andrea von den Plänen des Vermieters zu berichten. Andrea konnte sich ebenfalls wie Semir gut vorstellen, in der Innenstadt wohnen zu bleiben und freute sich auf die zusätzlichen zwei Zimmer, die ihnen durch die Umbaumaßnahme in Aussicht gestellt wurden und die erweiterte Küche. Sobald Semir das Krankenhaus verlassen hätte, würden sie dem Vermieter ihr Einverständnis erteilen. Sie würden während der bevorstehenden Bauarbeiten in Urlaub fahren, um so dem größten Baulärm und –schmutz zu entgehen. Aber bis dahin waren ja noch einige Monate Zeit.

    Claudia pendelte das Wochenende über zwischen ihrer Wohnung und der Uni-Klinik hin und her. Ihre Mutter würde noch länger bei ihr bleiben, um sie mit den Kindern zu unterstützen, ihr Vater musste ab Montag leider wieder arbeiten, versprach aber am nächsten Wochenende wieder zu kommen. Auch Saschas Eltern und seine Schwester waren mittlerweile bei Sascha gewesen. Pjotr Mirnov, selbst Mediziner, konnte sich von der optimalen Versorgung seines Sohnes auf der Intensivstation überzeugen, er ließ sich vom behandelnden Arzt die Diagnose und geplanten Behandlungsschritte genau erklären und bat auch weiterhin über alle Untersuchungsergebnisse auf dem Laufenden gehalten zu werden. Er selbst arbeitete auf der Kinderstation, hatte aber gerade Urlaub, konnte sich daher längere Zeit auf der Intensivstation aufhalten. So wechselten sich sämtliche Familienangehörige an Saschas Bett ab, so dass einerseits ständig jemand in der Nähe war und andererseits auch jeder mal rausgehen und durchschnaufen konnte. Sie hofften alle, dass sich der Gesundheitszustand bald zum Guten wenden würde.

    Das Wohnhaus von Andreas Eberhain entpuppte sich als schmuckes Einfamilienhaus in einem ruhigen Neubaugebiet, Spielstraße vor dem Haus, gepflegter Garten dahinter, roter Backstein, weiße Kunststofffenster, der gepflasterte Weg, der sich durch den Vorgarten zur weißen Eingangstür schlängelte, gesäumt von Buchsbäumen und anderen kleineren Büschen, die Alex pauschal als »Friedhofsgewächs« beschrieben hätte. Neben dem Haus befand sich eine Garage, davor ein Carport, unter dem zwei Autos abgestellt waren, ein Ford B-Max und ein Ford Fiesta, sowie vier Fahrräder, zwei davon Kinderräder.

    Ein Keramiktürschild verriet dem Besucher einiges über die Bewohner des Hauses, so lebten hier Andreas und Sonja Eberhain, sowie Paul und Emma. Der Name »Emma« war nachträglich angebracht, somit schien es sich bei ihr um die kleine Schwester von Paul zu handeln.

    Alex war gespannt, was ihn hier erwartete, dieses Haus und die Umgebung passte so gar nicht zu einem Mann, dessen Motorrad mit einem Airbrush-Flammenmotiv versehen war. Aus dem Haus drang Radiomusik. Es war also jemand zuhause. Alex klingelte.

    "Ich will mit Alex arbeiten - oder gar nicht!"

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    • 23. März 2015 um 07:29
    • #23

    Andreas Eberhain

    Die Tür wurde von einem hoch gewachsenen, schlanken Mann mit kurzen, blonden Stoppelhaaren und gepflegtem Dreitagebart, einer Brille mit kleinen, runden Gläsern und schmalem schwarzen Rand geöffnet. Er trug ein weißes Hemd locker über der blauen Jeans, die Ärmel zur Hälfte hochgekrempelt, was ein großes Tattoo auf dem Unterarm entblößte. »Ja? Sie wünschen?«, fragte er Alex in freundlichem Ton. »Entschuldigen Sie die Störung am Sonntagnachmittag. Mein Name ist Brandt, Kripo Autobahn.« Alex zeigte ihm seinen Dienstausweis, »Sind Sie Andreas Eberhain?« – »Ja, das bin ich. Polizei? Haben Sie mein Moped gefunden?« – »Deswegen bin ich hier. Gefunden haben wir es nicht, aber es ist aufgetaucht.« Andreas Eberhain zog fragend die Augenbrauen in die Höhe, »Und zwar auf einem Überwachungsvideo.« – »Wie meinen Sie das? Oh, entschuldigen Sie, kommen Sie doch rein.« – »Wann hatten Sie die Maschine gestohlen gemeldet?« – »Vor acht Wochen etwa.« Eberhain ging voraus durch den Flur in die Küche des Hauses. Ein Junge und ein Mädchen saßen am Tisch und spielten mit Lego. »Paul, Emma, geht doch bitte raus in den Garten zu Mama.« Die Kinder erhoben sich und verließen die Küche. »Möchten Sie etwas trinken?«, fragte er nun Alex, der aber ablehnte. »Können Sie mir den Diebstahl noch mal erläutern?« – »Ich mache etwa drei Mal im Jahr eine Ausfahrt mit meinen Kumpels, zuletzt eben vor zwei Monaten, auf dem Rückweg musste ich tanken und wir fuhren bei Leverkusen auf eine Tankstelle. Meine Freunde hielten am Kaffeestand, ich fuhr zur Zapfsäule, tankte, und als ich zum Bezahlen drinnen war, hat jemand meine Maschine geklaut. Sie ist alles, was mir geblieben ist, von meiner »wilden Zeit««, er zeichnete die Anführungsstriche in der Luft mit seinen Zeigefingern nach, »na ja, und das natürlich«, er wies auf die Tätowierung auf seinem linken Unterarm, »aber sonst hat mich meine Frau recht gut erzogen, oder – wie sie sagen würde – sozialisiert. Sonst wäre ich bestimmt längst im Gefängnis gelandet, wir hatten damals reichlich Blödsinn gemacht. Aber das wissen Sie bestimmt alles.« Alex nickte. »Warum sind Sie dann gekommen?«

    Da der erste Eindruck, den Andreas Eberhain auf ihn machte, ihn als vernünftigen Familienvater zeichnete und seine Menschenkenntnis Alex eigentlich nie im Stich ließ, strich er ihn von seiner Liste der möglichen Verdächtigten und beschloss, ihm zu erzählen, was Freitagnacht vorgefallen war. »Ihr Motorrad ist im Zusammenhang mit einer Straftat aufgetaucht, der Fahrer hat mit einigen anderen gemeinsam zwei Personen krankenhausreif geschlagen. Bei der einen Person wissen wir noch nicht, ob er durchkommt, die zweite Person ist ein Kollege von mir. Das Bike konnten wir aber noch nicht sicherstellen. Sie haben keine Ahnung, wer der Dieb gewesen sein könnte, es war auf keinen Fall ein Bekannter von Ihnen?« – »Nein, ich habe mir auch schon den Kopf zerbrochen, bin aber zu keinem Ergebnis gekommen. Ich war ein paar Minuten nicht da und schwupp war sie weg.« – »Der Fahrer trug einen blau-weißen Helm, ist der mitgestohlen worden, oder trug der Dieb einen solchen?« – »Blau-weiß? Wie krank ist das denn? Wer trägt denn einen blau-weißen Helm?« – »Sie kennen niemanden?« – »Bestimmt nicht!«, Andreas Eberhain war sichtlich entrüstet, »Das wüsste ich wohl!«

    »Also, ich bin zwar davon überzeugt, dass Ihnen die Maschine tatsächlich entwendet wurde, darf ich mich trotzdem mal auf Ihrem Grundstück umsehen? Zeigen Sie mir mal den Platz, wo das Bike normalerweise steht? Und haben Sie ein Foto für mich? Die Aufnahmen, die wir haben, sind alle schwarz-weiß.« – »Ja klar«, erklärte Eberhain sich einverstanden, »da nehmen wir doch gleich eines von der Pinnwand.«

    Alex trat hinter dem Hausherrn durch die Terrassentür in den gepflegten Garten. In einem Liegestuhl lag eine Frau und schlief, wachte auch nicht auf, als Andreas und Alex nun durch eine schmale Tür die Garage betraten. Der Platz war deutlich als Abstellplatz für ein Zweirad zu erkennen. An der Wand hingen Werkzeuge und Zubehörteile. Alex nickte zufrieden und ließ sich durch die große Garagentür in das Carport, an den beiden Familienautos vorbei auf die Straße führen, wo die beiden Männer sich an Semirs Dienstwagen voneinander verabschiedeten. "Blau-weißer Helm. ich kann es immer noch nicht fassen", war das Letzte, was Andreas Eberhain sagte.

    Alex freute sich auf den restlichen Sonntag mit Lena. Er nahm sich vor, mit ihr irgendwo hinzufahren, draußen zu sitzen und die Abendsonne zu genießen. Gemeinsame Abende waren selten, ihre unterschiedlichen Dienstpläne waren selten miteinander in Einklang zu bringen, dazu kamen Alex‘ unregelmäßigen Einsätze und Bereitschaften. Aber irgendwann würde sich das schon einspielen. Wenn Lena erst einmal ihre Probezeit abgeschlossen hätte und hoffentlich vom Hotel in eine Festanstellung übernommen sein würde, könnten sie ihre Dienstpläne besser aufeinander abstimmen. Zurzeit mussten sie halt jede Möglichkeit nutzen, die seltene gemeinsame Freizeit miteinander zu verbringen. Er rief sie vom Auto aus an und kündigte an, sie in einer Stunde etwa von zuhause abholen zu wollen.

    Aber vorher wollte er erneut einen Umweg über Saschas Werkstattgelände unternehmen. Und diesmal sah er ihn bereits von weitem: Auf dem Parkplatz stand ein silberfarbener Transporter.

    "Ich will mit Alex arbeiten - oder gar nicht!"

    Einmal editiert, zuletzt von Yon (23. März 2015 um 17:17)

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    • 24. März 2015 um 06:42
    • #24

    Erste Sorgen

    Lena wartete die angekündigte Stunde. Sie wartete auch zwei Stunden. Aber Alex kam nicht. Schließlich rief sie ihn an und hinterließ eine kurze Nachricht auf seiner Mobilbox, als er sich nicht meldete. Alex wollte doch nur von Düsseldorf aus zu ihr nach Köln fahren, dazu waren doch keine zwei Stunden erforderlich. Und im Stau würde er an einem Sonntagnachmittag auch nicht stehen. Was war ihm nun wieder in die Quere gekommen? Und warum hatte er sich nicht bei ihr gemeldet und seine Verspätung angekündigt? Ihr kam eine Unterhaltung mit Andrea, der Frau von Alex' Partner Semir, in den Sinn, deren Beziehung unter anderem an diesen Unverlässlichkeiten beinahe zerbrochen wäre und die sich erst kürzlich wieder zusammengerauft hatten. Andrea hatte ihr erzählt, sie würde nun die Unverlässlichkeit von Semirs Job nicht mehr als Fehler sondern als Normalität und die geringe gemeinsame Zeit als Geschenk betrachten. Und Lena fand, dieses sei eine passable Art, mit dem Beruf ihres Mannes umzugehen.

    Andrea hatte die Erfahrung gemacht, dass ihr das Gras auf Nachbars Grundstück zwar saftig grün und verlockend erschienen war, jedoch aber einen äußerst faden und bitteren Beigeschmack hatte.

    Aber Verlässlichkeit hin oder her, anrufen hätte Alex wenigstens können. Das hatte er bislang zumindest immer getan. Sie kannten sich zwar erst seit ein paar Monaten, aber Lena war sich sicher, dass in dieser Hinsicht auf ihren neuen Lebenspartner Verlass war. Und wenn - sie fürchtete sich vor diesem Gedanken - ihm etwas zugestoßen war? Vielleicht war er nicht in der Lage zu telefonieren, weil er ... Nein, diesen Gedanken wollte sie nicht zuende denken. Aber sie wollte Gewissheit haben und wissen, woran sie war. Der einzige, der ihr zu fragen einfiel, war Alex' Partner Semir, aber der lag im Krankenhaus. Ob Andrea ihr weiterhelfen konnte?

    Andrea saß mit Ayda und Lilly am kleinen Tisch in Semirs Krankenzimmer. Die beiden Kinder waren aufgekratzt. Sie hatten gerade erfahren, dass sie nach den Herbstferien wieder jeder ihr eigenes Zimmer bekommen sollten. Jetzt malten sie es sich in den schönsten Farben aus, als ob sie gar nicht erwarten konnten, sich voneinander zu trennen. Andrea und Semir mussten schmunzeln, als sie dem Gespräch ihrer Töchter lauschten. Sie wussten, dass auch getrennte Zimmer sie nicht davon würde abhalten können, auch weiterhin gemeinsam desöfteren in einem Bett zu schlafen.

    Semir lag angezogen auf dem Bett, eben hatte er sogar einen Spaziergang mit seiner Familie durch den kleinen Park des Krankenhauses unternommen, ihm ging es jetzt wesentlich besser, als noch am Morgen desselben Tages. Auch die Ärzte sahen einer Fortsetzung der Erholung in den eigenen Wänden bald nichts mehr im Wege stehen. Andrea und er überlegten gerade, wohin sie denn während der Umbaumaßnahmen in ihrer Wohnung »auswandern« könnten, als Andreas Handy klingelte. Sie zog es aus ihrer Handtasche, wunderte sich ein wenig, dass der Anruf von »Unbekannt« kam und nahm den Anruf entgegen. »Gerkan, mit wem spreche ich? ... Lena, du? ... vor zwei Stunden? Das ist in der Tat ungewöhnlich. ... Ja, ich werde mal sehen, was ich machen kann, es wird sich sicher alles aufklären. Mach dir keine zu großen Sorgen.« Sie schaute in Semirs fragendes Gesicht. »Alex hatte Lena zugesagt, sie in einer Stunde abzuholen, das ist jetzt über zwei Stunden her. Zwei Stunden fährt man doch nicht von Düsseldorf nach Köln, oder? Und sie kann ihn auch nicht erreichen.« Semir verdrehte die Augen. »Dunkle Wolken am Beziehungshimmel? Wo ist mein Telefon?« - »In deinem Nachttisch.« Semir beugte sich zur Seite, zog die Schublade auf und das Handy daraus hervor. Er probierte zunächst seinen Partner zu erreichen, hatte aber genau den gleichen negativen Erfolg wie Lena und hinterließ ebenfalls einen kurzen Spruch auf Alex' Mailbox. Das war in der Tat ungewöhnlich, denn sie waren eigentlich, sofern sie dienstlich unterwegs waren, stets mobil zu erreichen.

    Semir rief in der PAST an. Nachdem nun das Innenstadtrevier die Überwachung in der Uni-Klinik übernommen hatte, traf er Bonrath im Büro an. »Hallo Bonrath, ich hab ... Danke, besser ... wahrscheinlich morgen ... aber weshalb ich anrufe, ich suche Alex, er ist heute nach Düsseldorf gefahren und sollte längst wieder hier sein ... was? Mit meinem Auto? Mensch Dieter, das könnt ihr doch orten. Stell doch bitte mal fest, wo es sich gerade befindet ... Ja, ich warte ... Bitte? Bei Saschas Werkstatt? Bist du dir ganz sicher? Dann tu mir doch bitte den Gefallen und fahr dort hin. Und ruf mich dann wieder an, danke. Ciao Ciao«

    Semir blickte Andrea an. Sie sah ihm die innere Unruhe an, es hätte nicht viel gefehlt und er hätte sich aus seinem Bett geschwungen und wäre der Sache persönlich nachgegangen. »Wenn das man kein Alleingang von Alex ist! Kann man hier nicht mal in Ruhe krank sein?«

    "Ich will mit Alex arbeiten - oder gar nicht!"

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    • 25. März 2015 um 06:45
    • #25

    Beobachtung

    Noch während Alex von Düsseldorf aus mit Lena telefonierte, machte sich sein Handy mit dem allzu bekannten Piepen bemerkbar, das die schwindende Akku-Leistung ankündigte. Er kramte aus dem Handschuhfach ein Ladekabel hervor und schloss sein Mobiltelefon an den Zigarettenanzünder zum Aufladen an.

    Die Fahrt in Richtung Köln verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle. Es war relativ wenig Verkehr auf der Autobahn. In wenigen Stunden würde sich das ändern, zuerst würden die Wochenendpendler nach einem bei ihren Familien verbrachten Wochenende über die Autobahn zurück an die Orte ihrer Arbeitsstätten strömen, ab 22:00 Uhr kämen dann noch die durch das Sonntagsfahrverbot ausgebremsten LKWs hinzu, die momentan noch auf den Parkplätzen am Rande der Autobahnen ausharrten.

    Erst als der Rastplatz ausgeschildert wurde, auf dem sich Saschas Werkstatt befand, entschied sich Alex für den kleinen Umweg. Die Werkstatt lag zwar auf der gegenüberliegenden Seite, da hier aber eine Abfahrt in der Nähe war, war sie auch aus der Fahrtrichtung Nord-Süd über die dort befindliche Brücke gut erreichbar. ‚Gucken kostet ja nichts‘, dachte sich Alex und lenkte den BMW auf die Ausfahrt. Im Grunde wusste er nicht, wie er reagieren sollte, würde er tatsächlich etwas bemerken, aber er rechnete eigentlich auch nicht mit dem, was er erblickte, als er auf den Parkplatz fuhr:

    Da wo vor wenigen Stunden noch gähnende Leere herrschte, stand jetzt der von Sascha beschriebene Transporter. Es handelte sich um einen älteren Ford Transit. Daneben stand ein schwarzer Mercedes der E-Klasse mit getönten Scheiben.

    Alex fuhr weiter auf den belebten Parkplatz und stellte den Dienstwagen zwischen den LKWs ab, dann schlich er sich auf der dem Transporter abgewandten Seite des Werkstattgebäudes zurück. Seine Neugierde war geweckt. Vergessen war der Vorsatz, mit Kim Krüger zu sprechen und mit einem ganzen Team die Beobachtung vorzunehmen. Er wollte jetzt sehen, was hier abging. Alex betrat die Werkstatt durch die große Schiebetür. Georg, der ihm am Vortag die DVDs ausgehändigt hatte, legte gerade letzte Hand an Alex‘ Mercedes. »Alex! Kannst du hellsehen? Ich bin gerade fertig geworden, er sieht jetzt aus wie neu. Willst du ihn gleich mitnehmen?« – »Das wäre super, geht aber nicht, ich bin alleine und kann schlecht mit zwei Dienstwagen zurückfahren. Stell ihn mir doch vor die Halle, ich lass mich dann wieder herfahren. Du kannst mir ja schon die Schlüssel und die Papiere geben. Du, ich muss kurz ins Büro, geht doch in Ordnung?« Georg stand das Fragezeichen auf der Stirn geschrieben, und Alex fügte eine Erklärung an. »Der Transporter ist da, und ich will kurz sehen, ob ich mehr erkennen kann, als eure Überwachungskamera.« Georg nickte. »Nur zu. Ich bring dir gleich den Schlüssel.« Er wischte noch mit einem Lappen einen Fettfleck vom Lack des Dienstwagens, fuhr ihn dann aus der Halle und ging mit dem Schlüssel zurück in Richtung Büro.

    Dort hatte Alex Position am Fenster bezogen. Das Kennzeichen des Mercedes‘ hatte er sich schon notiert. Zunächst tat sich nichts, kein Mensch war zu sehen. Georg brachte ihm zwischenzeitlich seinen Wagenschlüssel und die Papiere, Alex unterschrieb die Übergabe, die Rechnung würde direkt an die Dienststelle geschickt werden. Dann wurde Alex‘ Aufmerksamkeit wieder von den beiden Autos auf dem Parkplatz in Anspruch genommen, denn es öffnete sich die Schiebetür des Transit und vier Personen betraten den Asphalt, zwei ältere Männer, offensichtlich die Fahrer beider Wagen und zwei junge Frauen, beide schwarzhaarig, etwa 20 Jahre alt. Einer der Männer machte auf Alex einen sehr gepflegten Eindruck, frisch rasiert und frisiert, schwarze Anzugshose mit weißem Hemd und einer dezent gestreiften Krawatte. Er verabschiedete sich von dem anderen Mann, der eine blaue Jeans und eine braune Lederjacke über seinem Rollkragenpullover trug, die längeren braunen Haare waren zu einem kleinen Zopf gebunden. Die Frauen trugen bunte Kleider und jeweils eine kleinere Reisetasche in ihren Händen, sie gingen mit dem ersten Mann zum Mercedes, stiegen ein und fuhren ab.

    Dann setzte sich auch der Andere im Transporter hinter das Lenkrad und startete den Motor. Das wäre jetzt der Moment, in dem Alex noch hätte Feierabend machen können, aber es interessierte ihn einfach zu sehr, wo dieser Transporter wohl jetzt hinfahren würde. Er verließ seinen Posten hinter dem Fenster des Werkstattbüros und ging zurück durch die Werkstatt, wo er Georg noch einen Abschiedsgruß zurief. Der Mercedes-Schlüssel brannte in seiner Hand, der Wagen stand direkt vor ihm. Und eigentlich wäre es doch egal, welchen Wagen sie hier später abholten. Er setzte sich in seinen gewohnten Dienstwagen und fuhr dem Transporter nach. Erst ein paar Hundert Meter weiter fiel ihm ein, dass sein Handy im BMW lag. Aber gut, es musste halt auch mal ohne gehen, vielleicht war die Fahrt ja auch gar nicht so weit.

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    • 26. März 2015 um 07:59
    • #26

    Ihm nach!

    Die Fahrt ging über die Autobahn Richtung Süden. Alex hatte das Funkgerät nicht eingeschaltet, es war ja keine Einsatzfahrt. Er wollte lediglich aus reiner Neugier und etwas beruflichem Interesse wissen, wohin der Transporter wohl fahren würde. Das Kennzeichen des Mercedes würde ihnen Susanne am nächsten Tag gemeinsam mit den anderen Kennzeichen, die sie auf den Überwachungsvideos festgestellt hatten, den jeweiligen Haltern zuordnen. Aber der Transporter war der große Unbekannte, das Kennzeichen war gefälscht, und jetzt hatte Alex die einmalige Gelegenheit, etwas über den Halter und dessen Adresse herauszufinden.

    Nach etwa einer Stunde Fahrt bog der Transit von der Autobahn auf die Landstraße ab. Alex war dankbar, als sich andere Autos zwischen den Transporter und seinen Dienstwagen setzten, so fiel seine Verfolgung nicht weiter auf. Er wusste nicht, ob der Fahrer des Transporters zu seiner Heimatadresse hin unterwegs war oder zu einem anderen Auftrag, vielleicht war er sogar unterwegs nach Südfrankreich? Wie lang sollte er ihm hinterher fahren? Alex setzte sich 21:00 Uhr als Limit, dann würde er den Kollegen aus der Region Bescheid geben und ihn in eine Routine-Polizeikontrolle lotsen, bei der dann das Kennzeichen auffliegen würde. Aber dann hätten sie nur diesen einen Fahrer und nicht dessen Komplizen. Sascha war von sechs Männern überfallen worden, Alex wollte jeden einzelnen dieser sechs Männer hinter Gittern oder zumindest vor dem Richter sehen.

    Allmählich meldete sich dann aber doch bei ihm das schlechte Gewissen, er hätte sich gerne bei Lena gemeldet, die er nun erneut versetzte, und das nur, weil er sein Handy im BMW gelassen hatte. Kurz überlegte er, sich über Funk zu melden, verwarf diesen Gedanken dann aber wieder, weil ansonsten sein Alleingang aufgeflogen wäre.

    Kurz vor neun, die Dämmerung hatte sich schon über das Land gelegt, bog der Transporter auf einen sandigen Feldweg ab und entfernte sich, eine dichte Staubwolke hinter sich herziehend. Alex lenkte den Mercedes etwa 100m hinter der Abzweigung auf eine einsame Bushaltestelle für Schulbusse. Er verfolgte die Staubwolke noch eine ganze Weile und suchte in seinem Navigationsgerät nach möglichen Fahrtzielen. Der Sandweg führte zu einem größeren Gutshof, bestehend aus mehreren Gebäuden, die um einen Hofplatz herum angeordnet waren. Felder, Knicks und kleinere Baumbestände umgaben das Anwesen. Der Sandweg war die einzige Zufahrt zu dem Gehöft, dort musste das Ziel des Transporters liegen.

    Alex ließ sich seine Möglichkeiten durch den Kopf gehen, überlegte hin und her. Es war absolut unvernünftig, hier alleine ohne Rückendeckung weiter ermitteln oder beobachten zu wollen. Wenn der Fahrer des Transportes, wovon er fest ausging, in eine Straftat verwickelt war und er und seine Komplizen auch vor Mord nicht zurückschreckten, dann war es in höchstem Ausmaß gefährlich, was er hier tat. Aber meldete er sich über Funk, wäre hier gleich ein großes Polizeiaufgebot und würde die Gangster aufschrecken. Was war denn dabei, nur kurz zu schauen, ob der Transporter wirklich auf den Hof gefahren war, dort stand und vielleicht der Fahrer noch durch ein Fenster zu sehen war? Vielleicht könnte er ein Namensschild erkennen und mehr über den oder die Bewohner in Erfahrung bringen?

    Dann würde er auch gleich wieder nach Köln zurückfahren. Sie würden am nächsten Tag dem Hof einen offiziellen Besuch abstatten. Dazu war es jetzt schon zu spät. Mittlerweile war es dunkel geworden, die Tage jetzt im Frühsommer waren doch noch recht kurz. Alex startete den Motor seines Dienstwagens und ließ den Mercedes langsam und unbeleuchtet den Sandweg bis zum Anwesen hinabrollen, wo er im Schutze eines Gebüschs anhielt. Er kramte ein Fernglas hervor und begann, die Umgebung vom Fahrersitz aus zu beobachten.

    Das Haupthaus war hell erleuchtet. Alex konnte gut durch die nicht verhangenen Scheiben der großen Fenster blicken, er zählte neben dem Fahrer des Transporters weitere sieben Männer und drei Frauen in dem großen Saal. Im Obergeschoss hielten sich weitere Personen auf, hier war der Blickwinkel aber so ungünstig, dass Alex nur hier und da mal einen Haarschopf erspähen konnte. Er war sich bald sicher, dass der Fahrer hier beheimatet und nicht nur zu Besuch war.

    Suche nach Alex

    Gegen 20:00 Uhr kam der Anruf von Dieter Bonrath, den Semir gleich nach dem ersten Klingeln entgegen nahm. Alex war mittlerweile drei Stunden überfällig.

    Andrea hatte sich mit den Kindern eine halbe Stunde früher verabschiedet. Am nächsten Tag war wieder ein normaler Schul- und Kindergartentag, und Ayda und Lilly sollten nicht aus ihrem gewohnten Rhythmus gerissen werden.

    »Ja, Semir.« – »Hier Bonrath, also Semir, dein BMW steht hier auf dem Parkplatz zwischen den LKWs, ein ganzes Stück von der Werkstatt entfernt.« – »Und von Alex keine Spur?«, vermutete Semir. »Nein, er ist nicht im Auto.« – »Und sonst auf dem Parkplatz?« – »Ich habe mich noch nicht umgeschaut.« Semir atmete hörbar ein und aus. »Tust du das denn bitte? Auch auf der Raststätte und bei Saschas Werkstatt? Und melde dich, wenn du fertig bist.« ‚Muss ich wirklich alles selber machen?‘, dachte er noch, da fiel ihm plötzlich etwas ein und er rief Bonrath wieder an. »Dieter? Prüf doch bitte zu allererst, ob Alex‘ Mercedes noch bei Sascha steht.« – »Aber Sascha ist doch in der Klinik.« – »Dieter! In der Werkstatt natürlich! Der Wagen ist am Freitag von Sascha abgeholt worden, vielleicht ist er schon fertig geworden, und Alex ist mit ihm weiter gefahren.«

    Dieter schritt zügig in Richtung Werkstatt, wo Georg gerade Feierabend machte und das Feld der Nacht-Bereitschaft des Pannendienstes überließ. »Alex? Ja, der war hier«, gab er Auskunft, »der Mercedes war gerade fertig geworden, ich hatte ihn schon vor das Tor gefahren und ihm Schüssel und Papiere übergeben. Er muss dann mit ihm weggefahren sein, denn«, er wies auf den für Kunden reservierten Parkplatz, »da steht er nicht mehr.«

    Als Bonrath Semir die Nachricht durchgegeben hatte, gab dieser ihm sofort den Auftrag, Alex über Funk zu erreichen. Der Versuch war leider nicht von Erfolg gekrönt. So schickte Semir den Uniformierten zurück in die PAST. Was hatte Alex nur vor? Hatte er bei Saschas Werkstatt den Transporter wieder gesehen und war ihm gefolgt? Das jedenfalls hätte Semir getan. Irgendwas war da faul, das sagte ihm sein Bauchgefühl. Der Mercedes könnte von ihnen geortet werden, kurz fiel ihm ein, Bonrath und Jenny zu schicken oder mit Kim Krüger zu sprechen, diese Gedanken verwarf er aber schnell wieder. Dann kam ihm eine Idee. Er würde selber nachsehen, es war gerade kurz nach acht, bis zum Wecken würde keiner mehr in sein Zimmer kommen, wenn er selber keinen Alarm auslöste, und bis dahin wäre er längst wieder da. Und er wusste auch schon, wer ihn zu Alex bringen würde.

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    • 27. März 2015 um 08:03
    • #27

    Urlaub bis zum Wecken

    Ben war in seinem Übungsraum, zupfte ein wenig an seinen Gitarrensaiten herum, ihm ging eine bestimmte Sequenz seit längerem durch den Kopf, die er nun in ein ganzes Musikstück verwandeln wollte. Er trug sich schon mit dem Gedanken, den Anruf abzulehnen, dann sah er aber Semirs Namen auf dem Display und ging sofort ran. »Semir! Was verschafft mir die Ehre am Sonntagabend?« – »Ben, lass das Flachsen. Wir müssen Alex vor einer großen Dummheit bewahren.« – »Wir? Du ja wohl nicht. Du hast doch noch bis Mittwoch im Krankenhaus zu bleiben!« – »Ach, hat Andrea dir das auch erzählt? Unsinn Ben, kein Mensch bleibt mit einer Gehirnerschütterung länger als zwei Tage im Krankenhaus.« Ben dachte an den Trick, den Andrea bei Semir anzubringen versucht hatte und schmunzelte. Sein Partner ließ sich von seiner Frau doch nicht so leicht hinters Licht führen. »Ich komme hier morgen raus, da macht es doch nichts, wenn wir beide heute Abend einen kleinen Ausflug unternehmen.« – »Semir, hast du auch nur einen kurzen Moment daran gedacht, dass ich keine Zeit haben könnte?« – »Nein«, antwortete Semir kurz, »in zwanzig Minuten?« – »Aber …Semir … Semir?« Aber Semir hatte bereits aufgelegt. »Das wird teuer, Partner!«, sprach Ben in den leeren Raum und legte dabei einen deutlich ironischen Unterton auf das Wort »Partner«, stellte seine Gitarre zur Seite und fuhr nur eine viertel Stunde später auf den Parkplatz des Marienkrankenhauses.

    Semir hatte sich schon fertig angezogen. Um diese Zeit war nur noch eine Schwester vorne auf der Station, zwei weitere hielten sich gerade im Aufenthaltsraum auf, bereit, bei einem Klingeln sofort auf den Flur zu kommen. Als Semir seine Tür öffnete und auf den Flur seiner Station trat, sah er gerade, wie die Schwester ein anderes Patientenzimmer betrat. In seinem Zimmer hatte er das Licht gelöscht, das Bettzeug etwas zusammengerollt. Ein flüchtiger Blick in den dunklen Raum würde ihn noch nicht der nächtlichen Bettflucht überführen und zum Wecken wäre er lange wieder da. Zumindest hoffte Semir, sein Plan würde aufgehen. Dass eine der Schwestern, Schwester Eva, aber gerade den Aufenthaltsraum verlassen hatte, um in einer Patientenakte etwas nachzuschlagen, bemerkte Semir nicht. Die sah ihm verwundert nach und schüttelte den Kopf. Dann sah sie aber in Semirs Zimmer, dass noch alle seine Sachen da waren und dachte, er wäre wohl nur kurz zum Kiosk oder eine Runde frische Luft schnappen. Auch als Semir Stunden später noch nicht wieder da war, entschied sie sich, das noch nicht an die große Glocke zu hängen, schließlich war der Patient quasi schon entlassen. Der würde schon wieder zurückkommen.

    Semir spazierte durch das Treppenhaus des Krankenhauses und ging langsam inmitten einiger Spätbesucher durch die Eingangstür auf den Vorplatz, wo ihm Bens geliehener Touareg nicht gleich auffiel. Aber als Ben kurz aufblendete, fiel ihm wieder ein, dass Bens Auto ja bei Sascha zur Inspektion stand.

    »Bist du jetzt total verrückt geworden, Semir?« – »Ich freue mich auch, dich zu sehen, Ben!« – »Wo müssen wir hin?«, fragte Ben und steuerte die Ausfahrt des Parkplatzes an. »Erst mal zur Dienststelle.« – »In die PAST?« – »Ja, ich fahre nicht ohne Waffe, außerdem müssen wir Alex‘ Mercedes orten.«

    Semir fiel gleich sein BMW auf, der vor der Tür des Dienstgebäudes stand. »Na, da hat ja wenigstens einer mitgedacht«, bemerkte er. Immerhin stand der Wagen einige Stunden vorher noch auf dem Parkplatz hinter Saschas Werkstatt. »Willst du mit mir rein?«, fragte Semir. – »Ich stell mein Auto dort hinten ab und komme dann nach.« Ben ließ Semir aussteigen und parkte den Leihwagen auf einem freien Stellplatz.

    Bonrath und Jenny machten große Augen, als sie Semir erblickten. »Semir? Was…?«, doch der winkte ab, »ich bin gar nicht hier, Dieter. Stell mal bitte fest, wo Alex‘ Wagen ist. Ich habe das Gefühl, der begeht gerade eine große Dummheit.« Semir durchquerte das Büro zu den Schließfächern und entnahm ihm seine Waffe. Dann holte er von seinem Schreibtisch noch den Schlüssel seines Dienstwagens. Zurück im Dienstraum, sah er Ben eintreten und ergriff gleich wieder das Wort. »Und Ben ist auch nie hier gewesen, okay? Das ist heute alles ganz privat, hört ihr? Gebt mir die Position über Funk durch.« Bonrath und Jenny nickten sprachlos, und ehe sie etwas erwidern konnten, war Semir mit seinem ehemaligen Dienstpartner schon wieder draußen. Jenny machte sich gleich an die Arbeit und ortete den Mercedes von Alex.

    Semir reichte Ben den Autoschlüssel. »Fahr du lieber!« Ben hatte gerade den Motor gestartet, da kam schon die Stimme von Jenny über Funk. »Cobra 11 für Zentrale.« – »Cobra 11 hört« – »Alex fährt auf der Landstraße westlich von Mayen.« – »Danke, Jenny.« Damit hatten sie eine grobe Richtung.

    Während der Fahrt sah Ben ab und zu verstohlen zu Semir rüber, der seine Rückenlehne nach hinten gedreht hatte und seinen Kopf anlehnte. »Meinst du, dass das eine gute Idee ist? Du siehst nicht so aus, als ginge es dir gut genug.« – »Bitte, Ben. Fahr einfach.«

    Sie waren noch auf der Autobahn, als sie über Funk von Jenny erfuhren, dass Alex‘ Auto wohl zum Stehen gekommen war. Sie gab ihnen die Koordinaten durch. »Das ist ein Anwesen auf dem Land«, fügte sie noch hinzu. Nach einer guten Stunde Fahrt erreichten sie die Bushaltestelle, auf der vorher auch Alex seinen Wagen abgestellt hatte, bevor er den Sandweg hinuntergefahren war.

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    • 28. März 2015 um 10:49
    • #28

    Gefahr

    »Bleib hier stehen, Ben«, sagte Semir leise zu seinem Freund, »da unten steht der Mercedes, ich gehe mal runter und sehe nach, ob Alex drin sitzt. Ich rufe dich an, dann kommst du mit dem Wagen nach, oder ich komme mit ihm zurück.« Er schloss die Beifahrertür leise und machte sich auf den Weg, während ihm Ben kopfschüttelnd nachblickte. Das Handy hielt er sicherheitshalber in der Hand bereit.

    Semir ging langsam den Weg hinunter, hielt sich dabei im Schatten des Knicks auf und als dieser sich etwas vom Weg entfernte, setzte er seinen Gang auf der dem Weg abgewandten Seite fort. So gelangte er unbemerkt bis zu Alex‘ Dienstwagen und konnte bereits den Hinterkopf seines Partners über der Kopfstütze des Fahrersitzes erkennen. Aus dem Schatten heraus griff er zum Griff der Beifahrertür und glitt lautlos in das Innere des Fahrzeugs.

    Alex konzentrierte sich weiterhin auf das große beleuchtete Zimmerfenster, hinter dem er durch sein Fernglas den Fahrer des Transits gut beobachten konnte. Zwei weitere Männer waren in dem Raum auszumachen. Das Licht im Obergeschoss war mittlerweile erloschen, es war nach 22:00 Uhr. Alex schaute so angestrengt auf das Objekt seines Interesses, dass er regelrecht aufschreckte, als er Semir wahrnahm. »Semir!«, entfuhr es ihm, »was machst du denn hier?« – »Alex, das frage ich dich, Lena geht ein vor Sorge, macht uns alle verrückt, wir können dich telefonisch nicht erreichen, dein Funk ist aus, und wir mussten den Wagen erst orten, um dich zu finden. Was fällt dir eigentlich ein?« Semir war mächtig in Fahrt und machte seinem Ärger ordentlich Luft. Alex war noch immer so perplex, dass er gar nicht auf die Vorwürfe seines älteren Kollegen einging. »Aber solltest du nicht noch im Krankenhaus sein? Warum bist du hergekommen?« – »Weil du Bonrath wohl schon gesehen hättest, wenn er oben aus seinem Wagen gestiegen wäre.« – »Ach, und du konntest dich im hohen Gras unbemerkt herschleichen?«, dabei deutete sich ein leises Grinsen auf seinem Gesicht an. »Jetzt werde man nicht frech! Du hast mich zumindest nicht kommen gesehen. Hast du wenigstens was entdeckt, hat sich dein Alleingang gelohnt?« – »Ich denke schon. Du bist aber nicht Auto gefahren?«, die Frage klang jetzt doch etwas besorgt. »Nein, Ben hat mich gefahren. Was hast du gesehen?« Semir rief kurz bei Ben an. »Ben? Alles in Ordnung, Alex ist hier, wir kommen gleich zu dir an die Straße. Bleib auf jeden Fall oben, der Weg ist für zwei Autos zu schmal, das Rangieren könnte auffallen. … Ja, bis gleich«, setzte er ihn über die aktuelle Situation in Kenntnis. »Nun los, erzähl, ich habe nicht ewig Zeit. Ich muss wieder zurück, bevor mein Fehlen auffällt.« – »Wie? Bist du aus dem Krankenhaus abgehauen?« – »Jetzt weich nicht vom Thema ab. Wieso bist du hier?«

    Und Alex erzählte ihm, dass er dem Transporter von Saschas Werkstatt aus gefolgt sei, um eventuell eine Adresse herauszufinden. Sein Handy läge in Semirs BMW am Ladekabel, der Mercedes sei gerade fertig geworden und stand viel dichter dran, als der BMW. So hätte er dann seinen Dienstwagen genommen. Jetzt stünde er bereits seit zwei Stunden auf dieser Position und war sich sicher, dass er das Quartier des Transporterfahrers gefunden hatte. Und er setzte Semir darüber in Kenntnis, dass in dem Haus anscheinend sehr viele Menschen lebten. Die Vermutung, dass das Ganze eine Art von Menschenhandel sei, schien sich zu bestätigen. »Wie ist dein Plan?«, wollte Semir von seinem Partner wissen. Der zuckte mit seinen Schultern. »Wie, kein Plan?« Alex wog seinen Kopf von einer Schulter auf die andere. »Willst du mir damit sagen, dass du keinen Plan hast? Alex, das sind zu viele, wir sind nur zu zweit, mit Ben zu dritt, wir werden jetzt ganz langsam hier wieder wegfahren und uns einen gottverdammten Plan ausdenken.« – »Du hast ja Recht. Aber ich muss noch mal pinkeln.«

    Alex öffnete die Fahrertür und trat hinter dem Wagen an den Knick. Er hatte dem Wagen gerade seinen Rücken zugekehrt, da spürte er die kalte Mündung einer Waffe in seinem Nacken, gleichzeitig schlang sich ein Arm um seinen Hals. »Was treiben Sie hier? Haben Sie eine Waffe, dann runter damit auf den Boden!«, sprach eine dunkle Stimme in sein Ohr. Alex, der seine Hände zur Seite gestreckt hatte, führte jetzt seine rechte in Zeitlupe zu seiner Dienstwaffe, zog sie mit zwei Fingern aus ihrem Holster und ließ sie auf den Grasboden fallen, von wo sie vom seinem Angreifer ins Gebüsch gekickt wurde. Der Griff um seinen Hals versteifte sich.

    Im selben Augenblick, in dem sich der Kerl seines Partners bemächtigte, wurde die Beifahrertür neben Semir aufgerissen. Semirs Hand ging instinktiv in Richtung seiner Waffe, hielt aber angesichts der direkt auf sein Gesicht gerichteten Pistole inne. »Daran würde ich an Ihrer Stelle nicht einmal denken.« Ihm wurde die Waffe aus seinem Holster gezogen und unters Auto geschleudert. »Jetzt ganz langsam aussteigen und rüber zu ihrem Freund.« Semir tat wie ihm geheißen und drei Minuten später stand er neben Alex, der immer noch im Klammergriff seines Angreifers hing und nur mit Mühe Luft bekam.

    Entwaffnet, von zwei bewaffneten Verbrechern bedroht, konnten sie eigentlich nur versuchen, sich aus der Situation herauszureden oder auf ein Wunder hoffen. »Hören Sie, wir können alles erklären …«, begann Semir. »Das werden Sie auch müssen, und zwar nicht nur uns. Im Haus sind bestimmt einige Ohren auf ihre Erklärung gespannt.« Jetzt betrachtete der Kerl, der Alex im Würgegriff hielt, eingehend Semir, dann blickte er zu seinem Kumpel, dann sagte er etwas, das Semirs Hoffnung auf eine gewaltfreie, schnelle Lösung der Situation schwinden ließ. »Du, Theo?«, er wies mit einer Kopfbewegung auf den Hauptkommissar und zurück, »den Kleinen kennen wir, der hat uns vorgestern gestört, als wir den Schrauber erledigten.« – »Jetzt, wo du das sagst…«

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    • 29. März 2015 um 15:08
    • #29

    Ben

    Ben trommelte nervös mit seinen Fingern auf sein Lenkrad. Der Anruf von Semir lag knapp zwanzig Minuten zurück. Wo blieben die denn? Er konnte überhaupt keine Bewegung auf dem Sandweg ausmachen, durch das Fenster auch kein Motorengeräusch oder das Knirschen von Autoreifen auf dem unbefestigten Weg wahrnehmen. Waren sie womöglich doch noch entdeckt worden?

    Ben hielt es nicht länger aus und verließ den BMW. Er schlich sich den Weg hinunter und konnte schließlich den Mercedes zwischen den Büschen geparkt sehen, die Beifahrertür stand offen. Das alleine reichte aus, ihn in Alarmbereitschaft zu versetzen. Ein leeres Auto mit offenen Türen, das verhieß nichts Gutes. Er tastete sich weiter vorwärts, vorsichtig darauf bedacht, auf keinen Zweig zu treten, kein Geräusch zu verursachen. Dann hörte er Stimmen, nicht Semirs und auch nicht Alex‘, sondern fremde, männliche Stimmen, und die klangen alles andere als freundlich. Noch ein Stück näher, und Ben konnte die Situation überblicken.

    Eine Person hielt Alex fest umklammert, so dass dieser kaum noch Luft bekam, gleichzeitig hielt er ihm den Lauf seines Revolvers unters Kinn, ein anderer Kerl bedrohte Semir, der auf dem Boden kniete und seine Hände hinter den Kopf gelegt hatte, mit seiner Waffe. Dieser Typ kehrte Ben seinen Rücken zu.

    Wenn es ihm irgendwie gelänge, mit Alex Blickkontakt aufzunehmen, könnten sie gleichzeitig einen Überraschungsangriff starten und die Angreifer überwinden, aber der Mann, der Alex festhielt, blickte ebenfalls genau in seine Richtung. Noch hatte er Ben nicht entdeckt, aber das war eine Gefahr, die er im Auge behalten musste. Es musste ihm ein Trick einfallen. Ben grübelte. Ob er hier einen Stein finden konnte? Den könnte er dann zur Ablenkung in eine Ecke werfen, wenn dann Alex und Semir schnell reagierten, könnten sie die beiden Agreifer vielleicht überwältigen und sich befreien. Er tastete den Boden mit seinen Füßen nach Steinen ab. Statt eines Steins fand er etwas viel besseres: Alex Waffe!

    Nur ein Busch trennte ihn von dem Typen, der Semir in Schach hielt. Dieser bewegte sich nicht, wie konnte Ben ihn bloß erreichen? Ganz langsam bückte sich Ben und hob die Waffe vom Boden auf, er strich über das ihm sehr wohl vertraute Metall, reinigte es so vom Sand, überprüfte, ob sie entsichert war und schloss seine Hand um den Griff, wie er es schon so oft getan hatte, als er noch im aktiven Polizeidienst war. Was sollte er tun?

    Erschoss er den Typen, der Semir bedrohte, bedeutete das das sichere Todesurteil für Alex und brächte Semir wieder in Gefahr, schoss er auf den Typen, der Alex im Griff hielt, war die Gefahr zu groß, Alex zu treffen, und außerdem würde der andere Zeit und Gelegenheit haben, Semir anzugreifen. Wie er es auch drehte und wendete, es war schlicht nicht möglich, ohne Gefährdung seiner Freunde die beiden Angreifer auszuschalten. Dann kam ihm der Zufall zu Hilfe und die Entscheidung der beiden Typen, die starre Situation aufzuheben. »Los, zum Haus! Du gehst vor«, er gab Semir einen aufmunternden Tritt in die Seite. Der rappelte sich auf seine Füße und tat wie ihm geheißen, mit der Revolvermündung in seinem Rücken, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich in Richtung des Anwesens zu wenden und langsam voraus zu gehen. Jetzt löste sich auch der Griff um Alex‘ Hals, und dieses Paar setzte sich ebenfalls in Bewegung.

    Ben schlich hinter dem Knick zur Hälfte an der kleinen Karawane vorbei, bis er etwa auf Höhe von Alex angekommen war, dem genau wie Semir eine Waffe in den Rücken gebohrt wurde. Dann musste es schnell gehen, Ben vertraute einfach auf die schnelle Reaktion von Alex und trat aus dem Knick auf den Weg und riss die Wache hinter Semir um. Alex reagierte blitzschnell, sprang gebückt zur Seite und ergriff den Arm mit der Waffe seines Verfolgers. In wenigen Augenblicken hatte er ihn zu Boden gebracht und auf dem Sandboden mit seinem Knie im Rücken festgenagelt. Die Waffe nahm er an sich. Semir, vom Geschehen hinter seinem Rücken völlig überrascht warf sich ebenfalls zu Boden und fand sich plötzlich in der Rolle des Zuschauers wieder, denn sein Kopf vertrug eine solche ruckartige Bewegung noch nicht, ihm wurde wieder schwindelig, und so sehr er sich bemühte, einen klaren Kopf zu bekommen und die Situation klar zu erfassen, blieb er doch regungslos am Boden. Ben versuchte, in den Besitz der Waffe seines Gegners zu kommen, mit der dieser vorher Semir bedroht hatte. Doch er stellte sich als stärker heraus als gedacht und landete manch empfindlichen Schlag in Bens Magengrube, so dass dieser rückwärts wankte und mit dem Rücken an einem Baum zu Boden glitt. Dann hob er die Waffe, zielte auf Ben und drückte ab.

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    • 30. März 2015 um 08:57
    • #30

    Glück

    Ben spürte, wie das Projektil knapp über seinem Kopf in den Baumstamm einschlug. Er hatte seine Augen geschlossen, konnte das kleine »o«, welches die Mündung der Waffe beschrieb, nicht ertragen. Er war seinem Gegner wehrlos ausgeliefert, jede Bewegung war sinnlos, er würde hier und jetzt sterben. Sein letzter Blick war an dem Schützen vorbei auf Semir gerichtet, der sich bemühte, auf die Füße zu kommen. Ein letztes Mal trafen sich ihre Blicke, dann schloss Ben die Augen und wartete auf den Schuss. Diese letzten Gedanken spielten sich innerhalb von wenigen Sekunden ab.

    Der Schuss fiel, aber Ben lebte noch, er öffnete verwundert die Augen und sah, wie der Schütze leblos auf den Weg stürzte und dabei eine kleine Staubwolke aufwirbelte. Er blickte auf Semir, der wie erstarrt immer noch auf dem Boden hockte und dem gerade bewusst wurde, dass sein Freund nicht getroffen worden war. Gleichzeitig schickten beide zum Dank ein Stoßgebet gen Himmel. Ebenso synchron wanderten ihre Blicke zur Seite, wo Alex, ein Knie auf dem niedergerungenen Gangster, der andere Fuß vor sich auf dem Boden aufgestellt, immer noch die Waffe in der Hand hielt und seinen Arm jetzt langsam sinken ließ. Es dauerte mehrere Sekunden, bis der erste seine Fassung wieder erlangte. Es war Ben. »Puh, das war knapp. Alex, Danke.« – »Seid ihr in Ordnung?«, fragte dieser, »Semir?« Der nickte. »Ich glaube schon.« Ben reichte ihm die Hand und zog seinen Freund in die Höhe, der leicht schwankend stehen blieb und sich einen Moment an Bens Arm abstützte. Alex hielt den Komplizen des Toten fest im Griff und stand mit diesem auf. »Was machen wir? Der Schuss war bestimmt im Haus zu hören.« – »Erst mal weg hier«, bestimmte Semir, dessen Schwindel sich endlich wieder verzogen hatte, »wir denken auf dem Rückweg nach.«

    Semir warf noch einen letzten Blick auf die Leiche, ihm gefiel nicht, ihn hier so liegen zu lassen, aber sie konnten sich jetzt wirklich nicht damit beschäftigen. Und er war an dem Überfall auf Sascha beteiligt gewesen, und damit kein Unschuldiger, außerdem hatte er Ben fast getötet. Und sie hatten jetzt wirklich keine Zeit, einen Bestatter zu rufen. Die beiden würden sicher bald im Haus vermisst werden, man würde sie suchen gehen. Sie würden den anderen mitnehmen, dann würde es nach einem Streit unter den Komplizen und der Flucht des einen aussehen. Und der Fall des Transporters könnte von ihnen weiter verfolgt werden, weil die Drahtzieher noch nicht den Verdacht hegen würden, sie wären von der Polizei beobachtet worden. Wie sie das ihrer Chefin erklären sollten, das müsste sich Alex überlegen, denn Semir war ja eigentlich gar nicht da.

    Sie verfrachteten ihren Festgenommenen auf die Rücksitzbank des Mercedes und stiegen selbst ein. Alex rollte langsam, nahezu lautlos, den Sandweg zurück, ohne die Scheinwerfer einzuschalten. An einer kleinen Verbreiterung wendete er seinen Dienstwagen und fuhr weiter bis zur Straße und auf dieser zur Bushaltestelle, auf der Semirs BMW stand, den Ben zurück zur PAST bringen sollte. Semir wäre gerne mit Ben mitgefahren, aber er musste sich mit Alex einen Plan überlegen, wie sie die Krüger einweihen sollten. Außerdem war es sicherer, einen Gefangenen nicht alleine zu transportieren.

    An der PAST überließ Semir Alex das Verbringen des Mannes in eine Zelle und ließ sich von Ben in dessen Auto zurück zum Krankenhaus fahren. Ben sah ihn von der Seite an »Der Ausflug hat dir nicht gut getan, du siehst echt scheiße aus, wenn ich das mal so sagen darf.« – »Darfst du«, lautete dessen Reaktion. Ben hatte ja auch Recht. Er war nicht nur staubig von Kopf bis Fuß, sondern spürte auch, dass sich an seiner Schläfe eine neue Beule bildete. Hoffentlich würde er die morgendliche Visite gut überstehen, denn er wollte danach das Krankenhaus verlassen.

    Zunächst aber musste er unbemerkt zurück auf seine Station und in sein Zimmer kommen.

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    • 31. März 2015 um 09:22
    • #31

    Alex

    Alex betrat mit dem einen Bewacher des Landguts, den sie überwältigen konnten und mitgenommen hatten, die PAST, hatte sich aber nicht nehmen lassen, dem Audi mit Ben und Semir beim Verlassen des Hofs der PAST hinterher zu blicken. Wie wäre der Abend wohl verlaufen, wenn Semir sich nicht entschieden hätte, sein Verschwinden und Lenas Sorge um ihn ernst zu nehmen und sich auf den Weg zu begeben, ihn zu suchen? Es war nicht das erste Mal, dass er sein Leben oder seine Gesundheit seinem Partner zu verdanken hatte. Nur hatte diesmal sein Tatendrang nicht nur Semir, sondern auch dessen besten Freund Ben in akute Lebensgefahr gebracht. Er schob den Gedanken beiseite und betrat mit dem Festgenommenen die Dienststelle der Autobahnpolizei.

    Bonrath blickte von seinem Monitor auf und, als Alex mit einem Erklärungsversuch begann, winkte er ab. »Ich weiß, das findet hier alles gar nicht statt. Ich habe gar nichts gesehen und du bist gar nicht hier.« Dieter tat Alex ein wenig Leid, und so trat er, nachdem er den »Gast« in sein »Einzelzimmer« gebracht hatte, an den Schreibtisch des langen Polizisten. »Dieter, ich erzähle dir alles, wenn die Chefin da ist. Der Kerl ist einer der Schläger, die Sascha und Semir am Freitag ins Krankenhaus befördert hatten. Wir konnten ihn heute Nacht festnehmen?« – »Wir?« Alex nickte nur. »Und jetzt brauche ich einen Kaffee, ist noch welcher da?«

    »Brandt!« Erst als Kim Krüger ihre Stimme deutlich hob, drang der Ruf seiner Chefin in Alex‘ Bewusstsein und er blickte auf. Er war an seinem Schreibtisch eingenickt. »Brandt, wer ist der Typ in der Zelle? Würden Sie mich eben mal über die aktuellen Geschehnisse in meiner Dienststelle in Kenntnis setzen?« Die Leiterin der Autobahnpolizei stand in der Tür und schaute auf ihren Hauptkommissar hinab. »Oh Frau Krüger, ist es schon …?«, Alex blickte auf seine Uhr, »ich muss kurz eingenickt sein.« - »Der Typ in der Zelle«? – »Ja, Frau Krüger, seinen Namen hat er mir noch nicht nennen wollen, aber er ist einer der Schläger vom Freitag, sie wissen, die Sache mit Sascha und Semir.« – »Ich kann mich sehr gut erinnern. Und wie kommt er in unsere Zelle? Sagen Sie jetzt nicht, er wäre uns zugelaufen.« – »Das nicht gerade. Es ist eine etwas längere Geschichte.« Frau Krüger schloss die Bürotür in ihrem Rücken, zog sich Semirs Drehstuhl heran und setzte sich. »Ich habe gerade nichts anderes vor. Fangen Sie an.«

    »Also, ich war gestern in Düsseldorf und habe den Besitzer des Motorrads befragt. Aber Andreas Eberhain, so heißt er, ist nichts vorzuwerfen, er hat die Maschine vor etwa acht Wochen als gestohlen gemeldet, und ich sehe keinen Anlass, ihm nicht zu glauben. Auf dem Rückweg nach Köln fuhr ich dann bei Saschas Werkstatt vorbei, und da stand der Transporter, von dem Sascha gesprochen hatte. Ich habe ihn eine Zeitlang beobachtet und bin ihm dann hinterher gefahren. Und auf dem Rückweg hatte ich dann Begleitung von dem da.« Alex wies mit seinem Finger durch seine Bürowand in Richtung der Zellen. »Herr Brandt, ich möchte auch den Teil erfahren, den Sie ausgelassen haben. Ist das nun der Fahrer des Transporters?« – »Nein, ist er nicht, ich weiß nicht recht, wie ich es Ihnen sagen soll,«, druckste Alex herum, aber Kim blieb hartnäckig. »Fahren Sie doch einfach fort. Sie sind ihm hinterher gefahren. Und weiter?« Alex kam aus der Sache nicht raus, so erzählte er seiner Chefin, wie er den Transporter bis zu dem Landgut bei Mayen verfolgte und dort das Geschehen weiter beobachtete, bis plötzlich Semir neben ihm saß.

    »Gerkan? Der sollte doch im Krankenhaus sein?« – »Ja, ich wurde vermisst, ich hatte versäumt, meiner Freundin Bescheid zu sagen, dass ich nicht zur verabredeten Zeit bei ihr sein konnte und hatte damit wohl eine kleine Suchaktion ausgelöst. Semir und ich haben dann das Haus weiter beobachtet und sind von zwei Wachen dabei erwischt worden.« – »Bitte?« – »Ja, die konnten uns überwältigen und entwaffnen. Wenn Ben nicht rechtzeitig erschienen wäre, wäre ich jetzt wohl nicht hier.«

    »Ben? Doch nicht etwa …« – »Doch«, gab Alex kleinlaut zu, »Ben Jäger. Er hat uns da rausgehauen. Einer der Wachen hat den anschließenden Kampf nicht überlebt, er wollte Ben erschießen, aber ich kam ihm zuvor. Die andere Wache sitzt in unserer Zelle.«Kim Krüger fuhr sich mit einer Hand über die Augen. »Ich werde bald wahnsinnig. Gerkan ist krank und Jäger nicht mehr im Dienst. Ich bin gespannt auf ihren Bericht, den ich bis Mittag vorliegen haben möchte. Und vernehmen Sie endlich unseren Gast. Ich will wissen, wie er heißt und um was es eigentlich geht. Und dass der Name Jäger in Ihrem Bericht besser nicht auftaucht, ist Ihnen hoffentlich klar.«Kim Krüger erhob sich und wollte Alex‘ Büro schon verlassen, als ihr noch etwas einfiel. Sie schaute sich noch einmal um: »Und woran arbeitet Susanne eigentlich so fieberhaft?«

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    • 1. April 2015 um 09:18
    • #32

    Albträume

    Ben blickte Semir hinterher, als dieser durch den Haupteingang das Krankenhaus betrat. Was war das heute nur? Dass er Semir geholfen hatte, als er ihn anrief, das war für ihn eine klare Sache gewesen. Dafür waren Freunde da, aber dass jemand seine Waffe auf ihn richtete und er ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein würde, das war ihm zu viel. Wenn Alex nicht so blitzschnell reagiert hätte, wäre er jetzt tot. Und nicht nur er müsste sich jetzt mit dem Teufel auseinander setzen, auch Semir und Alex hätten dann ein Riesenproblem. Er war gespannt, wie sie seine Anwesenheit ihrer Chefin erklärten.

    Ben lenkte den Touareg auf die Straße und fuhr zu seiner Wohnung. Was für eine Nacht. Mit seinen Gedanken war er wieder auf diesem Feldweg, sah sich selbst mit dem Rücken an den Baum gelehnt, Semir bewegungsunfähig gegenüber und der Kerl mit der Waffe zwischen sich. Er hörte wieder das Klicken der Waffe und dann den Schuss, fühlte sich wieder dem Tod näher als dem Leben. Im letzten Moment trat er an einer roten Ampel auf die Bremse, kam gerade noch rechtzeitig zum Stehen. Mensch, er musste sich zusammenreißen, sonst käme er nicht gesund nach Hause. Endlich kam er in der Tiefgarage an, stellte den Leihwagen auf seinen Stellplatz. Minutenlang saß er noch reglos auf dem Fahrersitz, dann gab er sich einen Ruck und stieg aus. Wie in Trance schritt er durch das Treppenhaus zu seiner Wohnung.

    Eigentlich wollte er ein paar Stunden Schlaf nachholen, doch sobald er seine Augen schloss, starrte er wieder in diese stählerne Mündung der Waffe, wieder hörte der den Knall, roch den Schuss förmlich, nahm die zeitgleich abgefeuerte Waffe von Alex wahr und schreckte auf. Es war alles so real. Er brauchte lange Sekunden, um festzustellen, dass er in seinem Bett in seinem Schlafzimmer lag und alles nur ein schrecklicher Traum war. Als auch der nächste Einschlafversuch an derselben Stelle endete, gab er auf. Ben stellte sich lange unter die heiße Dusche, stellte sie abschließend auf Kalt und stieg dann aus der Duschkabine. Hatte er früher auch diese Todesangst gehabt? Wie oft waren Semir und er in ähnlicher Gefahr gewesen? Damals hatte er doch immer gut schlafen können, hatte er sich in den letzten Monaten denn so verändert?

    Nachdem er sich abgetrocknet und angezogen hatte, fuhr er in seinen Probenraum, um sich mit Musik abzulenken. Am späten Montagnachmittag endlich, entschied er sich, Semir anzurufen und über die Sache zu sprechen.

    Träume?

    Semir gelang es tatsächlich, sich zu seinem Zimmer zu schleichen. Als sich die Tür hinter ihm schloss, schaute Schwester Eva kurz von ihrem Schreibtisch auf und musste schmunzeln. Der Nachtwanderer war also wieder eingetroffen. Bis zum Wecken blieben Semir noch etwa drei Stunden. Obwohl er sich sicher war, nach den Erlebnissen der Nacht - immerhin meinte er dort draußen seinen besten Freund sterben zu sehen - kein Auge würde zumachen können, fiel er schon bald in einen kurzen, traumlosen Schlaf.

    Um 6:30 Uhr betrat Schwester Eva sein Zimmer und schaltete das Licht an. »Guten Morgen, Herr Gerkan. Wie geht es Ihnen heute? Heute dürfen Sie nach Hause.« Semir hatte Mühe, seine Augen zu öffnen und den fröhlichen Gruß zu erwidern. Nachdem sie das Frühstückstablett auf den Tisch abgestellt hatte, konnte sich Eva eine Bemerkung nicht verkneifen. »Sie sehen aus, als hätten Sie maximal drei Stunden geschlafen!« – »Hm. Ich habe nur schlecht geträumt.« – »Ja? Für mich sehen Sie aus, als wären Sie auf einem nächtlichen Ausflug gewesen, dort hingefallen, hätten sich den Kopf gestoßen und sich zudem in Dreck gewälzt?« Dabei zwinkerte sie ihm verschwörerisch zu. Semir verstand. »Es war ein sehr realistischer Traum«, antwortete er mit einem entschuldigenden Lächeln. »Die Visite wird in etwa drei Stunden hier sein, sehen Sie zu, bis dahin wieder halbwegs menschlich auszusehen, zumindest so, als hätten sie hier gut zwei Tage das Bett gehütet, okay? Ich hole inzwischen einen Handfeger und wische die Spuren weg.«

    Semir stand auf und sah dann, was die Krankenschwester meinte. Wo er sich vor wenigen Stunden entkleidet hatte, war der Boden mit Sand bedeckt, unter den sich auch einige Blätter mischten, die sich wohl in seiner Jeans oder seinem Hemd festgesetzt hatten. Und im Badezimmer blickte ihm ein schmutziges Gesicht, versehen mit einer frischen, leicht blutverschmierten Schramme, aus dem Spiegel an.

    Andrea brachte Lilly in den Kindergarten und Ayda zur Schule, die Wege waren zwar jetzt etwas weiter, aber sie wollte ihnen keinen Wechsel in nähere Einrichtungen zumuten. Sollte Ayda dann auf die fortführende Schule kommen und Lilly eingeschult werden, würden sie und Semir sich nach näher gelegenen Schulen umsehen. Nachdem sie ihre Töchter abgesetzt hatte, fuhr sie in die Uni-Klinik, wo sie Claudia bei Sascha fand. Eine Schwester sagte auf der Intensivstation kurz Bescheid und nur Augenblicke später konnte Andrea die blonde, blasse Frau mit einer innigen Umarmung begrüßen. Dann blickte sie ihr ins Gesicht. »Wie geht es Sascha? Besser?« Claudia schüttelte ihren Kopf. »Unverändert. Aber stabil.« - »Und dir? Du siehst nicht gut aus, Claudia. Isst du genug? Es ist wichtig, dass du jetzt nicht schlapp machst.« Claudia sah Andrea mit leerem Blick an. »Weißt du, dass du seit Freitagnacht die erste bist, die sich nach meinem Befinden erkundigt? Wie soll es mir schon gehen? Meine Eltern und Saschas Familie unterstützen mich, wo sie können, das ist eine große Hilfe. Im Laufe der Woche muss ich in die Firma, es muss ja dort auch weiter gehen.« Andrea nickte. »Melde dich, ich begleite dich, und dann gehen wir ein Stück an die frische Luft.« – »Danke Andrea, und wie geht es Semir?« – »Ich hole ihn gleich ab, dann bleibt er noch eine Woche zuhause. Ich hoffe zumindest, ich kann ihn von der Arbeit abhalten.« – »Das freut mich zu hören. Weißt du, ob man die Schläger schon geschnappt hat?« – »Soweit ich weiß nicht. Die Polizei wird also auch weiterhin hier auf der Station sitzen. Sobald ich etwas anderes erfahre, sage ich es dir. Warst du die ganze Nacht hier?« – »Nein, Andrea, seit 7:00 Uhr etwa. Ich gehe aber auch gleich, ich habe noch einen Arzttermin, auf den ich so lange warten musste, dann komme ich heute Nachmittag wieder.« – »Dann geh man wieder zu Sascha. Wir sind alle mit unseren Gedanken bei euch, das solltest du wissen. Ruf an, wenn du etwas brauchst, egal was es ist.« Andrea verabschiedete sich von Saschas Frau und verließ die Klinik, um anschließend Semir aus dem Marienkrankenhaus abzuholen.

    Semir hatte die Visite gut überstanden. Der nächtliche Ausflug war ihm zwar noch anzusehen, aber er hatte Glück. Heute erschien ein anderer Arzt als am Wochenende, der die Schramme an der Schläfe wohl dem nächtlichen Vorfall vor zwei Tagen zuschrieb oder sich – was wahrscheinlicher ist – sein Erstaunen über die frische Wunde nicht anmerken ließ. So wurde Semir mit ernst gemeinten Verhaltenshinweisen nach Hause entlassen und wartete auf Andrea. Seine Tasche lag schon gepackt auf dem Stuhl. Andrea begrüßte ihn mit einem Kuss und sah ihm dann prüfend ins Gesicht. »Bist du aus dem Bett gefallen? Hast du dich gestoßen?« Mist. Seiner Frau entging auch nichts. »Erzähle ich dir im Auto. Komm, ich möchte hier raus.« Er griff seine Tasche, blickte sich noch einmal im Zimmer um und trat dann auf den Flur der Station. Als er sich von Schwester Eva, die gerade mit der Übergabe beschäftigt war, verabschiedete, lächelte diese augenzwinkernd. Sie wusste von seinem nächtlichen Ausflug und hatte ihn nicht verraten. In diesem Sinne waren beide jetzt so etwas wie Komplizen. Würde sie auch so lächeln, wenn sie wüsste, was dieser Ausflug in die ländliche Provinz tatsächlich beinhaltete? »Tschüss Herr Gerkan, ich hoffe, sie haben zuhause angenehmere Träume. Machen Sie’s gut!« - »Danke für alles.« Er gab ihr die Hand und spürte Andreas Blick auf seinem Gesicht ruhen.

    Das war ein Moment, in dem sie, wäre sie Brillenträgerin, diese mit einem Finger ihrer rechten Hand auf dem Nasenrücken nach vorne gezogen hätte, um stirnrunzelnd mit gesenktem Blick über den Brillenrand hinweg eine Frage zu stellen, die allerdings auch ohne Brille ihre Wirkung nicht verfehlte: »Träume?«

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    • 2. April 2015 um 07:40
    • #33

    Familienglück

    »So Semir, nun raus mit der Sprache, was für Träume meinte die Schwester? Du warst heute Nacht nicht in deinem Krankenzimmer, vermute ich?« – »Ach Andrea, ich …« – »Versuch es gar nicht erst! Gleich die Wahrheit, ich bekomme es sowieso heraus.« – »Ich weiß.« Semir sah betreten nach unten, während Andrea den Wagen vom Krankenhausparkplatz steuerte. Da er Andrea sowieso nichts vorzumachen vermochte, entschied er sich, ihr die ganze Geschichte zu erzählen.

    »Alex wurde gestern von Lena vermisst. Er war mit meinem Wagen in Düsseldorf und hatte sich mit ihr verabredet. Er wäre in etwa einer Stunde bei ihr. Er ist aber nicht gekommen. Und irgendwann hat sie begonnen, nach ihm zu fragen. Du weißt doch, zwischen Düsseldorf und Lenas Wohnung hier in Köln liegt Saschas Werkstatt. Ich habe dann Bonrath gebeten, sich dort einmal nach ihm umzuschauen, aber er fand dort nur meinen BMW. Alex war wohl auf seinen Mercedes umgestiegen, der gerade die Werkstatt verlassen hatte. Den haben wir dann im Süden der Eifel geortet.« – »Und dir ist natürlich nichts anderes eingefallen, als dich gleich auf den Weg dorthin zu machen?« – »Natürlich, genau, ja.« – »Moment! Du bist doch nicht etwa selbst gefahren?« Andrea war ehrlich geschockt. »Nein, Ben hat mich gefahren«, gab Semir zu. »Du hast Ben in die Sache mit reingezogen?« – »Ja, was hätte ich denn tun sollen? Bonrath hinschicken?«

    Es traten einige Sekunden Stille ein. Semir blickte immer noch fragend auf seine Ehefrau, die schließlich antwortete. »Das wäre allerdings korrekt gewesen«, sprach sie, ohne den Blick vom Straßenverlauf vor sich abzuwenden. Dann musste sie an einer roten Ampel anhalten und drehte sich zu Semir. »Aber nicht richtig.« Semir zog seine Augenbrauen in die Höhe. Jetzt war es an ihm, seine Frau verwundert anzusehen. »Ja, Semir, Bonrath ist ein guter Polizist, keine Frage. Das wissen wir beide. Aber nur dann, wenn er sich auch als Polizist ausgeben kann, in Uniform und mit vorgezeigtem Dienstausweis. Doch für verdeckte Aktionen ist er nicht zu gebrauchen. Dann tritt er wieder auf wie Colombo, und jeder sieht ihm den Polizisten auf hundert Metern Entfernung an.« Semir war erstaunt. Andrea hatte Bonrath genau so beschrieben, wie auch er ihn sah. Dieter war ein guter Freund und ein guter Polizist, aber ohne seine Uniform im Einsatz nicht zu gebrauchen. Er nickte anerkennend. Zu seiner Verblüffung kam keine Frage zu den weiteren Vorfällen der Nacht und er entschloss sich, ihr zu diesem Zeitpunkt auch nichts weiter zu erzählen.

    Zuhause legte sich Semir, dem allmählich die Augenlider schwer wurden, zu Bett, und er hoffte, ein wenig des in der Nacht verpassten Schlafs aufholen zu können. Da Andrea die Kinder erst in etwa zwei Stunden abholen würde, gelang ihm das Einschlafen in der ruhigen Wohnung auch sehr gut. Erst etwa drei Stunden später wurde er durch das Knarzen der Schlafzimmertür geweckt, und wenig später drang Aydas Stimme an sein Ohr: »Du, Papaaa? Dürfen wir das Trampolin auf den Balkon stellen?« – »Hmmm« – »Heißt das Ja?« – »Hmmm. Wie?« Semir war plötzlich hellwach. »Nein! Seid ihr wahnsinnig? Das Trampolin bleibt im Zimmer!« Er stellte sich gerade seine Kinder auf der Dachterrasse mit Anlauf auf das kleine, im letzten Jahr von Ben zu Weihnachten geschenkte Trampolin springend vor und sah gleichzeitig das niedrige Geländer vor sich. »Aber im Zimmer ist die Decke zu niedrig, da stoßen wir uns den Kopf«, versuchte die Achtjährige zu argumentieren. »Auf dem Balkon ist der Boden zu tief«, hielt Semir dagegen, »da stößt ihr euch … Ayda, das geht nicht.« Er schaute seine beiden Töchter an, die herausfordernd nebeneinander in der Tür standen. »Wir nehmen es in den Ferien mit zu Oma und Opa, dann könnt ihr dort im Garten springen, so hoch ihr wollt, okay?« – »Na gut.« Doch so ganz zufrieden schien Ayda mit seiner Antwort nicht zu sein. Sie schob ihre Unterlippe vor und rührte sich nicht vom Fleck, doch Semir war sich sicher, dass das Trampolin im Zimmer bleiben würde. Er legte sich wieder zurück ins Kissen und schloss die Augen, aber er spürte die fortwährende Anwesenheit seiner Töchter. »Wo ist Mama denn?«, versuchte er das Thema zu wechseln. »Die ist einkaufen«, antwortete Ayda. Lilly kam auf eine neue Idee: »Dürfen wir dann zu dir ins Bett?« Statt eine Antwort zu geben, hob Semir nur kurz die Bettdecke, hörte die schnellen Schritte auf dem Parkett und spürte sogleich die Matratze auf das Gewicht der beiden Mädchen reagieren. »Schuhe aus!«, murmelte er noch und nahm tatsächlich viermal ein leises »Plopp« wahr, das fallende Kinderschuhe auf dem Holzboden verursachten, dann folgte noch kuschelnd-raschelndes Kichern, bis jede ihre Position gefunden hatte, und bald trat Ruhe ein im Gerkan’schen Schlafzimmer.

    Andrea kam die Wohnung nach ihrer Rückkehr verdächtig ruhig vor. Diese Stille konnte bei ihren Kindern nur dreierlei bedeuten: entweder sie heckten etwas aus, sie waren nicht zuhause oder – und Andrea hoffte auf diese Alternative – sie schliefen. Als sie im Kinderzimmer niemanden vorfand, öffnete sie leise die Tür zum Schlafzimmer und blieb einige Sekunden reglos und gerührt stehen. Dort lag ihre gesamte Familie im tiefen Schlaf, die Kinder im Arm ihres Vaters. Sie schloss kurz ihre Augen und zog die Tür leise ins Schloss. Noch vor nicht allzu langer Zeit war sie drauf und dran gewesen, dieses Glück aufs Spiel zu setzen. Heute konnte sie ihr damaliges Verhalten selber nicht verstehen.

    Jetzt nutzte Andrea die Gelegenheit, sich ungestört auf die Couch zu legen und in ihrem neuen Buch zu schmökern. So war es nicht verwunderlich, dass sie und nicht Semir es war, die den Anruf von Ben entgegen nahm.

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    • 3. April 2015 um 10:09
    • #34

    Ben bei Semir und Andrea

    »Gerkan«, meldete sie sich. »Hier ist Ben. Andrea, kann ich Semir mal sprechen?« – »Hallo Ben, du, Semir schläft gerade tief und fest, warum kommst du nicht vorbei, dann geben wir ihm noch eine Stunde.« – »Es ist wirklich wichtig, wegen letzter Nacht. Aber okay, ich komme rüber.« – »Ich weiß Bescheid, dass du mit Semir unterwegs warst. Geht es dir nicht gut?« – »Nicht wirklich. Ich bin auf dem Weg zu euch.«Kurze Zeit später klingelte Ben an der Tür seines Freundes. Dass Semir schlafen konnte, nachdem sie gerade dem Tod knapp von der Schippe gesprungen waren, das konnte er nicht verstehen. Ob er selbst dazu vor einem Jahr auch noch in der Lage gewesen wäre? War diese ständige Gefahr bei Semir schon so zur Normalität geworden, dass er diese Nacht einfach so abhaken konnte? Oder war es seiner abklingenden Kopfverletzung geschuldet, dass sich der Körper den nötigen Schlaf holte, den er brauchte? Und diesmal war er es, der in die Mündung einer schussbereiten Waffe und seinem unausweichlichen Ende entgegen geblickt hatte.

    Andrea öffnete und ließ Ben eintreten. »Komm, setz dich, du siehst echt nicht gut aus. Hast du denn gar nicht geschlafen?« – »Ich habe es versucht, aber bin immer wieder hochgeschreckt. Dass Semir überhaupt schlafen kann ..." Andrea lächelte. »Der hat auch nette Gesellschaft. Es ist lange her, dass die Kinder so einen ausgiebigen Mittagsschlaf machten.« Ben lehnte sich auf der Couch zurück. »Der hat es gut«, lächelte er. »Ich setze mal Kaffee auf und sag ihm Bescheid, dass du da bist.« Andrea erhob sich, lauschte im Vorbeigehen an der Schlafzimmertür, hinter der sich aber noch nichts regte und beschäftigte sich in der Küche mit der Kaffeemaschine. Dann schritt sie leise ins Schlafzimmer und weckte Semir.

    »Schatz, Ben ist da. Ich glaube, er braucht dich jetzt.« – »Hmm, gleich«, kam gemurmelt zurück. »Aber nicht wieder einschlafen. Warum sind die Kinder hier?« – »Du möchtest nicht wissen, wie ihr Alternativvorschlag zu diesem gemeinsamen Nickerchen lautete.« Semir zog vorsichtig seinen Arm unter Aydas Kopf hervor – Lilly hatte sich schon im Schlaf von alleine auf eine Seite des Bettes zusammen gerollt – und setzte sich langsam auf die Bettkante. »Wie lange habe ich geschlafen?« – »Etwa fünf bis sechs Stunden.« Andrea ging zurück ins Wohnzimmer. »Semir ist wach und der Kaffee läuft.« Sie stellte drei Kaffeebecher auf den Tisch und holte den Kaffee ins Wohnzimmer, als auch schon Semir noch etwas verschlafen in Sporthose und Sweatshirt eintrat und sich in den Sessel warf.

    Er blickte Ben prüfend an, bevor er bemerkte: »Ben, dass es gestern so enden würde, habe ich wirklich nicht geahnt. Es tut mir leid, dich da mit reingezogen zu haben.« Ben nickte. Er machte Semir ja auch keinen Vorwurf. »Semir, es war für mich selbstverständlich, mit dir dorthin zu fahren. Schließlich hattest du dir Sorgen um Alex gemacht. Und dass ich dann nicht länger oben im Wagen warten konnte, okay, letztendlich habe ich mich dadurch selbst in Gefahr gebracht. Aber dieser Moment, als ich in diese Waffe starrte und nichts tun konnte, außer auf den Schuss zu warten, der dann zum Glück aus Alex‘ Waffe kam, hat mich bisher nicht schlafen lassen. Jedes Mal wenn ich meine Augen schließe, sehe ich die Szene wieder vor mir. Ich habe Angst, die Augen zuzumachen. Es hat mich die letzten zwölf Stunden verfolgt.« Andrea blickte stumm von ihrem Mann zu Ben und zurück. Das hatte Semir ihr noch nicht erzählt. Ein nächtlicher Ausflug, damit konnte sie leben, aber dass anscheinend Ben in akuter Lebensgefahr geschwebt hatte und womöglich Alex und Semir auch, das ließ sie nicht ruhig.

    »Was…?«, doch Semir unterbrach sie. »Andrea, es war nicht nur ein einfacher Ausflug. Ich hatte dir heute Morgen im Auto nicht die ganze Geschichte erzählt.« – »Tust du es jetzt?« – »Lasst mich erst noch weiter reden, bitte«, übernahm nun Ben wieder die Gesprächsführung. »Dass es mich um den Schlaf bringt, beinahe erschossen zu werden, ist nur das eine, das wird sich mit der Zeit wieder legen, da bin ich mir sicher. Aber was wäre geschehen, wenn ich nicht nach euch gesehen hätte? Wenn ich im Auto sitzen geblieben wäre?« Semir schwieg. Das hatte er sich auch schon gefragt. »Nur Augenblicke später wärt ihr in den Händen dieser Gangster gewesen und in dem Haus verschwunden. Spätestens beim Untersuchen des Mercedes‘ hätten sie euch als Polizisten enttarnt. Und die hätten sicher nicht lange gefackelt.«

    Andrea konnte sich zwar allmählich die Geschichte zusammenreimen, doch wollte sie die näheren Umstände erfahren. Und so umschrieb Semir ihr in kurzen Worten, was in der Nacht an dem Landgut vorgefallen war. Nicht nur hatte Alex durch seine schnelle Reaktion Ben das Leben gerettet, er und Semir hatten ihr Leben der Entscheidung Bens zu verdanken, nicht im Wagen auf Semirs Rückkehr zu warten, sondern einzugreifen. »Und wenn Alex jetzt nicht den einen Angreifer hätte ausschalten können, dann hättet ihr noch ein größeres Problem. Wie hättet ihr meinen Tod oder auch nur meine Anwesenheit der Chefin erklärt, vorausgesetzt, ihr wärt überhaupt lebend dort rausgekommen?« – »Ben, wenn Alex es nicht geschafft hätte, dann wärst du jetzt tot, und das möchte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Dann wäre alles andere, auch die Chefin und unser Job, absolut nebensächlich. Ich wünschte, ich hätte dich gar nicht erst in diese Lage gebracht. Es tut mir leid. Aber jetzt zählt nur, dass alles gut gegangen ist.«

    Einen Augenblick lang hing jeder seinen Gedanken nach. Semir sprach als erster wieder: »Ben, ich werde versuchen, deinen Namen rauszuhalten, es wird unter uns bleiben. Ich werde mit Alex sprechen, wir müssen es so drehen, dass du gar nicht vor Ort warst.« – »Das wäre wohl das Beste.« – »Ich rufe ihn gleich an. Wir sollten die Sache mit ihm besprechen.«

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    • 4. April 2015 um 07:52
    • #35

    Im Landhaus (Sonntagnacht)

    Nur zwei Stunden, nachdem Semir, Alex und Ben mit der festgenommenen Wache das Landhaus und den auf dem Sandweg liegenden Toten zurück gelassen hatten, schaute sich Oliver Glaser in seinem Wohnzimmer im ersten Stock des Landhauses um, sein Blick blieb auf dem im Sessel schlafenden Peter Albrecht hängen. Dann blickte er auf seine Armbanduhr und weckte seinen Komplizen. »Peter! Aufwachen! Piet!« Der Angesprochene regte sich. »Was?«, murmelte er verschlafen. »Schnapp dir Alexander und lös Theo und Emil bei der Wache ab. Sie sind jetzt lange genug draußen.« – »Geht klar, Boss.« Peter erhob und streckte sich. Dann ging er in den Nachbarraum, und kurze Zeit später fiel die Tür des Landhauses ins Schloss.

    Peter Albrecht und Alexander Hahn gingen rund ums Haus und den Weg entlang. Sie wunderten sich, dass ihnen Theo Lenz und Emil Ott noch nicht entgegen kamen, denn sie müssten doch auch wissen, dass es Zeit zur Wachablösung war. »Wo sind sie denn?«, flüsterte Peter seinem Freund zu, »gucken die nicht auf die Uhr?« – »Ich verstehe das auch nicht«, erwiderte Alexander, »komm, wir gehen hier über den Weg und dann in einem weiteren Bogen um das Haus.«

    So wandten sie sich nach links auf den Sandweg. Einige Meter später blieb Peter plötzlich stehen, so dass Alexander ihn beinahe anrempelte. Er folgte mit seinem Blick dem ausgestreckten Arm seines Kumpels. »Was liegt da vorne? Das sieht aus, wie …«, damit hatte sich Peter schon in Trab gesetzt und lief zu dem auf dem Sandweg liegenden Körper. Er knipste seine Taschenlampe an. »Das ist Theo!«, er blickte Alexander ins Gesicht, »er ist tot!« – »Mein Gott!« – »Aber wo ist Emil? Liegt er auch hier irgendwo? Wer war das?« -»Wir suchen ihn! Obwohl … ich glaube fast, wir werden ihn nicht finden.«

    Alexander und Peter suchten die nähere Umgebung ab, fanden aber lediglich Emils Revolver, brachen dann die Suche ab und gingen zu Oliver ins Haus.

    »Erschossen? Seid ihr sicher«, entrüstete sich der Boss. »Ja«, antwortete Alexander, »das T-Shirt war blutgetränkt, und wir haben Emils Waffe gefunden.« Er legte die Pistole auf den Tisch. »Aber von Emil keine Spur.« – »Mist! Okay, Peter, trommle die Jungs zusammen, wir müssen die nächsten Schritte planen. Wir können nicht hier im Haus bleiben, falls Emil der Polizei in die Hände fällt oder selbst zur Polizei geht.«

    Keine fünf Minuten später waren sie alle im Wohnzimmer des Landhauses versammelt:

    Oliver Glaser, der Kopf der Bande, Alexander Hahn und Peter Albrecht, die den toten Theo Lenz gefunden hatten, Jonas Berg, Martin Sandmann und Lukas Urban, mit zwanzig Jahren der Jüngste im Bunde. Oliver ergriff das Wort und organisierte den Abzug.

    »Jonas, du und Lukas, ihr schafft Theo weg, legt ihn an einen Ort, an dem er nicht gleich gefunden wird. Peter, du schaffst mit Alexander die Jungs und Mädchen runter auf den Hof. Ich weiß da ein leerstehendes Haus in Rodenkirchen, da gehen wir hin. Und du Martin, wirst mit mir hier alle Spuren verwischen. Bis zum Tageslicht sollten wir hier weg sein. Los Jungs, Bewegung!« Es gab keine Widerworte. Das Landhaus war seit dem Verschwinden von Emil nicht mehr sicher und etwa zwei Stunden später war es komplett geräumt.

    Nachdem Kim Krüger sich die Geschichte von Alex Brandt angehört hatte, entschied sie sich dafür, die örtlich zuständige Polizei mit einem SEK zum Landhaus zu schicken, um die dortigen Bewohner zum Verhör zu bringen und die von ihren Hauptkommissaren hinterlassene Leiche zu bergen. Doch die Einsatzkräfte kamen zu spät. Das Landhaus war bereits leer und verlassen. Die Spurensicherung ging ihrer Arbeit nach und versuchte, Fingerabdrücke und DNA-Spuren zu sichern.

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    • 5. April 2015 um 08:24
    • #36

    Die Liste

    »Hi Alex, Semir hier. Wie sieht es aus?« – »Er schweigt sich aus, will nicht einmal seinen Namen nennen. Einen Anwalt lehnt er auch ab. Aber einen Haftbefehl werden wir wohl bekommen, ich denke der Richter wird sich dafür aussprechen.« – »Mit welcher Begründung, er war doch lediglich vor Ort?«, fragte Semir und beugte sich konzentriert nach vorn, die Ellenbogen auf seine Oberschenkel gestützt. »Naja«, fuhr Alex fort, »ich werfe ihm den Mord an seinem Kumpel vor, zwei Polizisten als Zeugen, das sollte doch genügen.« – »Bitte was? Das stimmt doch gar nicht!« – »Ja Semir, das weiß ich, das wissen Ben und du, aber wem wird der Richter glauben? Einem bislang schweigenden Gangster oder einem Polizisten? Und du kannst ihn als einen der Schläger von Freitag identifizieren, ich bin sehr sicher, Claudia auch, das langt für den Haftbefehl allemal, der Kerl bleibt bis auf weiteres von der Straße. Und weißt du, Semir, was das Gute daran ist?« – »Ich bin ganz Ohr, Alex.« – »Die Typen in diesem Landgut haben bislang keine Ahnung, dass letzte Nacht Polizei in ihrem Garten war, der Kerl, den wir tot zurück gelassen haben, kann nicht mehr reden und der zweite sitzt in der Zelle. Unsere Lage ist also vorzüglich.«

    Vorzüglich, das wäre jetzt nicht gerade der Begriff, den Semir zur Umschreibung ihrer Situation herangezogen hätte. Er wunderte sich, dass Alex die Sache so kalt ließ, oder war das alles nur Fassade? Aber zum Teil hatte er recht, das musste Semir zugeben. Sie hatten zwei von den sechs Schlägern ausgeschaltet, blieben vier plus dem Fahrer des Transporters und vermutlich mindestens einem Chef der Bande, denn es war davon auszugehen, dass der Chef nicht selbst den Transporter fahren oder Menschen auf der Straße zusammenschlagen würde. »Und«, unterbrach Alex Semirs Gedanken, »sie werden sicher nicht den Leichenfund der Polizei melden, sondern sich des Toten irgendwo entledigen. Dafür spricht auch, dass sie das Landhaus mittlerweile verlassen haben. Ach, und noch etwas. Susanne hat uns eine schöne Liste zusammengestellt, ausgehend von den Kennzeichen, die wir auf den Videos festgestellt hatten, Namen, Adressen, alles dabei. Wenn wir mit dem Verdacht des Menschenhandels richtig liegen, wissen wir jetzt also, von wo die Händler agieren und wer ihre Kunden sind.« – »Was hast du der Krüger erzählt?« – »Alles. Semir, Lügen bekommt die Krüger doch raus, und so haben wir sie jetzt auf unserer Seite.« – »Wie hat sie reagiert?« – »Wir sollen Ben aus dem Bericht raushalten. Und sie hat das SEK zum Landhaus geschickt, aber unsere Freunde sind ausgeflogen, und der Tote war nicht mehr aufzufinden.«

    Semir lächelte. Ben aus dem Bericht herauszuhalten, wäre ja auch sein Vorschlag gewesen. Dann kam er aber wieder auf die Liste zu sprechen. »Und die Liste kann uns helfen? Irgendwelche bekannten Namen?« – »Susanne ermittelt noch die Hintergründe, aber immerhin haben wir 43 Kennzeichen und die entsprechenden Halter dazu, soll ich dir die Liste zuschicken? Vielleicht klingelt es bei einem der Namen bei dir?« – »Ja, mach das, ich zeig sie auch Ben, vielleicht kennen wir jemanden.« – »Okay, die Liste sollte gleich bei dir sein«, verabschiedete sich Alex von seinem Partner. Dass Semir an dem Fall weiterarbeiten will, obwohl er noch eine Woche krankgeschrieben war, wunderte ihn nicht. Er würde an seiner Stelle genauso handeln. Da brauchte es schon mehr als eine Gehirnerschütterung, ihn vom Dienst fernzuhalten.

    Die Liste erwies sich als detaillierte Zusammenstellung aller Fahrzeuge, die auf dem Videomaterial zu sehen waren, Datum der Beobachtung, Kennzeichen, Typ des Fahrzeugs, Name und Anschrift des Halters sowie Anzahl und Beschreibung der Personen, die von den Fahrern in Empfang genommen worden waren. Fast alle Wohnorte waren rund um Köln angesiedelt, Düsseldorf und Bonn waren mehrfach, Aachen und Dortmund je einmal vertreten. Beim Überfliegen der Namen fiel Semir nichts Besonderes auf. Hier und da zögerte er ein wenig, weil der Name ihm seltsam vertraut vorkam, er konnte ihn aber nicht unterbringen und war sich sicher, niemanden auf der Liste persönlich zu kennen oder einem von ihnen jemals begegnet zu sein. Er war auf die Recherche-Ergebnisse von Susanne angewiesen. Semir schüttelte seinen Kopf und reichte die Liste, die er zuvor an seinem Rechner ausgedruckt hatte, an Ben weiter.

    Ben stutzte insbesondere bei einem Namen, und er machte seinen Freund sogleich darauf aufmerksam. »Hier! Michael Werner, das ist ein Nachbar von meinem Vater, da könnte ich mich mal unauffällig umschauen.« – »Du?«, kam prompt eine Zwischenfrage von Semir. »Ja, er kennt mich. Er weiß zwar, dass ich bei der Polizei war, aber schließlich ist er Papas Nachbar. Sollte er bewusst in illegale Geschäfte verwickelt sein, wirst du oder Alex dort auf eine Mauer des Schweigens stoßen, aber unter Nachbarn könnte schon mal was auffallen.« Semir überlegte hin und her. Ben hatte recht, er könnte mit dem Nachbarn auf einer ganz anderen Ebene kommunizieren, als er als Polizist. »Was macht dieser Michael Werner beruflich?«, fragte er Ben. »Er besitzt mehrere Ladengeschäfte mit exklusiven Kindermoden, das Hauptgeschäft an der Königsallee in Düsseldorf, Filialen am Neuen Wall in Hamburg und in der Mittelstraße in Köln, außerdem in München. Allesamt in Gegenden, in denen unsereins höchstens zum Window Shopping gehen, aber sicherlich nicht zum Einkaufen.« – »Window Shopping?«, fragte Semir. »Schaufensterbummel, na ja, du vielleicht nicht, aber Andrea weiß bestimmt, was das ist. Semir sah seine Frau an, die nickte. »Ich kenne die Werner-Moden. T-Shirts für Kinder ab 120€, und Smokings für Dreijährige. Praktisch und kindgerecht geht anders, aber wer sich mit seinen Kindern schmücken will, kauft dort ein. Und nebenan gibt es dann noch ein diamantbestecktes Halsband für den Hund«, führte Andrea aus und schüttelte sich innerlich.

    Semir schaute sich die Zeile in Susannes Tabelle genauer an. »Hier steht, er hätte zu Beginn der letzten Woche zwei Personen in Empfang genommen, eine Frau und einen Mann. Die könnten bei ihm auf dem Grundstück sein«, vermutete der Hauptkommissar, »ich schlage vor, dein Vater geht einfach mal unter einem Vorwand rüber zu ihm und schaut sich unauffällig um. Vielleicht könnte er sich den Rasenmäher ausleihen …«, er stoppte abrupt, als er Bens Blick sah, der ihn so erstaunt ansah, als hätte er soeben vorgeschlagen, einer Kuh das Trompetenspielen beibringen zu wollen, und fügte kleinlaut hinzu: »Nicht? Dann vielleicht einen Golfschläger?«

    »Ich werde mal mit ihm reden und auch selbst die Augen offen halten«, versprach Ben, »irgendeinen Vorwand werden wir schon finden«, und leise, kaum hörbar für die Anwesenden fügte er kopfschüttelnd hinzu: »Konrad Jäger und Rasen mähen…«

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    • 6. April 2015 um 08:37
    • #37

    Der Fund

    Alex‘ Vorahnung, die Leiche des von ihm in der Nacht zum Montag erschossenen Mannes würde von seinen Komplizen irgendwo weit ab vom Landgut bei Mayen entsorgt werden, sollte bereits am selben Tag eintreten.

    Udo und Christine Meifort waren endlich mal wieder mit ihren Fahrrädern unterwegs. Der Tag neigte sich seinem Ende entgegen, es lag eine lange Tour hinter ihnen, sie beeilten sich nach Hause zu kommen. Als sie vom geteerten Radweg an einer vielbefahrenen Hauptstraße auf den schmalen unbefestigten Weg in Richtung Feldmark abbogen, machte sich bei Christine ein menschliches Bedürfnis bemerkbar. »Udo! Warte doch mal!« Udo verdrehte genervt die Augen, ließ sich aber nichts anmerken. Überhaupt wäre er viel lieber mit seinen Kumpels unterwegs und hätte neue Mountainbike-Tracks ausprobiert, statt hier mit seiner Frau eine gemütliche Fahrradtour zu unternehmen. Aber heute hatte Christine Geburtstag, und da war alleine der Gedanke an eine Kumpeltour ein Tabu. »Was ist denn, Schatz?« – »Ich muss mal. Ich gehe hier kurz hinter die Büsche.« – »Na gut, aber beeil dich!«, rief Udo zurück und fügte, für Christine unhörbar hinzu: »Frauen …«.

    Christine legte ihr Fahrrad vorsichtig auf die Seite und huschte schnell hinter einen aufgeschichteten Holzstapel. Immer wieder drehte sie sich um, um sich zu vergewissern, dass sie auch wirklich vom Weg aus nicht mehr zu sehen war. Als sie bereits vollständig vom Unterholz und einer Brombeerhecke verdeckt wurde, ärgerte Udo sie noch mit dem Kommentar: »Ich sehe dich noch!« Er holte sein Zigarettenpäckchen und Feuerzeug aus seiner Weste hervor, schüttelte sich eine Zigarette aus der Schachtel und hatte sie gerade angesteckt, als der Schrei seiner Frau an sein Ohr drang. »Udo! Uuudddoooo! Komm her! Hier liegt jemand.« Der Ton in Christines Stimme ließ ihn aufhorchen. Das klang nicht nach Anstellerei, sondern ernst. Er lehnte sein Fahrrad an einen Baum und machte sich auf den Weg in den Spuren, die seine Frau in dem hohen Gras hinterlassen hatte. »Was ist denn, Christine?«, fragte er, als er sie erreicht hatte.

    »Hier«, sie zeigte mit ihrer Hand in eine Senke vor ihr, »dort liegt jemand!« Udo verfolgte ihren ausgestreckten Arm. »Wo?«, fragte er, als er nicht gleich etwas entdecken konnte. »Na dort, neben dem Busch, das sind doch Schuhe und eine Hose.« Tatsächlich. Jetzt sah Udo es auch. »Bestimmt ein Betrunkener. Ich schau mal nach. Bleib du hier.« Christine hatte auch gar nicht das Bedürfnis, ihrem Mann zu folgen und sich der im Unterholz liegenden Gestalt zu nähern. Das war ihr nicht geheuer. Sie wollte weder eine Leiche, noch einen Betrunkenen finden. Udo war da entschlossener. Auch einem Betrunkenen müsse geholfen werden, vielleicht hatte sich der Mann verletzt? Drei Schritte später beugte er sich über die Gestalt und fuhr zurück, diese lag halb auf dem Bauch, das Gesicht war nicht zu erkennen, weil es in Sie einer Pfütze lag, die helle Jacke war rot verfärbt. Auch ohne Fachkenntnisse konnte Udo erkennen, dass diesem Mann nicht mehr zu helfen war. Er war tot. Udo musste schlucken. Er hatte in seinem Leben noch keinen Toten gesehen und war auf diesen Anblick nicht vorbereitet. »Christine!«, rief er mit einem Zittern in der Stimme, »ruf die Polizei, das ist ein Toter!«

    Christine kramte mit zitternden Händen ihr Handy hervor und wählte den Notruf. Sie beantwortete geduldig die Fragen nach ihrem Namen und dem Fundort und versicherte der Polizei, dort auf die Einsatzkräfte zu warten. Zu Udo gewandt meinte sie: »Sie sind unterwegs, wir sollen warten.« Ihr Mann nickte. Er nahm seine Frau in den Arm. »Ich hätte mir für deinen Geburtstag einen schöneren Ausklang gewünscht.« – »Das ist doch jetzt egal. Was wohl mit ihm passiert ist? Ob er hier einen Unfall hatte?« Udo verschwieg ihr seine Vermutung. Er glaubte, dass es Blut war, das die Jacke verfärbt hatte und eine solche Verletzung zog man sich normalerweise im Gelände nicht zu. »Wer weiß«, antwortete er stattdessen, »die Polizei wird es schon herausfinden. Lass uns zur Hauptstraße zurückgehen und auf den Streifenwagen warten.

    Die Polizei kam etwa zehn Minuten später, im Schlepptau der Gerichtsmediziner und die Spurensicherung. Die Leiche wurde abtransportiert. Irgendwelche Dokumente, die zur Identifizierung des Toten beigetragen hätten, trug er nicht bei sich. Das Ehepaar Meifort wurde noch zu ihren Personalien und den Umständen befragt, die zum Auffinden der Person geführt hatten, und konnte dann ihre Fahrt nach Hause fortsetzen. Die Polizei gab den Leichenfund am Abend in den Polizeicomputer ein. Die Beschreibung passte zu keiner aktuell vermissten Person. So wurde sie erst einmal in der Liste der unbekannten Toten abgelegt.

    Und dort fand sie am nächsten Morgen Susanne König von der Autobahnpolizei und unterrichtete Alex und Semir.

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    • 7. April 2015 um 07:02
    • #38

    Hartmut

    Der Gerichtsmediziner hatte noch am Montagabend die aufgefundene Leiche untersucht und die Ergebnisse sowie das entfernte Projektil der KTU übergeben, neben dem Material für die DNA-Analysen und Fingerabdrücke, mit dessen Auswertung Hartmuts Team sogleich begonnen hatte und Übereinstimmungen mit Teilen der im verlassenen Landhaus sichergestellten Spuren fand. Hartmut machte sich gleich am Vormittag auf den Weg in die PAST und ins Büro von Alex.

    »Hi, Alex! Wie geht es Semir?«, begrüßte er den dunkelblonden Hauptkommissar. »Immer besser, er wird wohl nur noch heute zuhause bleiben, und das auch nur, weil Andrea sich frei genommen hat, um ihn auf der Couch festzubinden. Hast du etwas rausgefunden, Einstein?«

    »Das kann man wohl so sagen, Alex. Ich habe Namen für euch, Susanne ist schon dran, Näheres über die Männer herauszufinden. Also:
    Im Landhaus konnten wir Spuren und Fingerabdrücke von acht Männern sicherstellen. Das Stockwerk unter dem Dach barg noch wesentlich mehr Spuren, die haben wir erst einmal außer Acht gelassen, weil wir davon ausgehen müssen, dass es bei den Personen um die illegalen Einwanderer handelt. Daher haben wir uns auf die Wohnräume im Erdgeschoss konzentriert. Die gestern gefundene Leiche war einer dieser acht Bewohner, er hieß Theo Lenz, vorbestraft wegen Einbruch, Diebstahl, Körperverletzung, die verhängten Strafen summierten sich zuletzt auf sieben Jahre. Die Waffe, mit der er von dir in der Nacht zum Montag erschossen wurde, ist auch schon früher aufgefallen, sie ist zugelassen auf einen Emil Ott, dessen Fingerabdrücke wir auch im Landhaus vorgefunden haben. In der Tasche des Toten haben wir übrigens Sand gefunden, der von der Struktur her identisch ist mit dem Sand auf dem Weg zum Landhaus. Und Emil Ott sitzt hier bei euch in der Zelle. Zu den anderen sechs Personen wird sicher Susanne bald - «

    Wie aufs Stichwort betrat Susanne mit einigen Zetteln in der Hand Alex‘ Büro und wurde gleich von Hartmut zum Reden aufgefordert. »Theo Lenz und Emil Ott kennt Alex jetzt schon, was hast du zu den anderen sechs Männern herausgefunden?«

    »Die anderen sechs heißen Oliver Glaser, Peter Albrecht, Alexander Hahn, Martin Sandmann, Jonas Berg und Lukas Urban.

    Der dickste Fisch wird wohl Oliver Glaser sein. Er schmuggelt alles, was nicht legal über die Grenze nach Deutschland gebracht werden kann, Zigaretten, Alkohol, Diamanten, Drogen und«, hier legte sie eine kurze Pause ein, »und Menschen. Er saß schon öfters jeweils für einige Zeit im Gefängnis.
    Peter Albrecht war auch schon unser Gast gewesen und trat mehrfach als Komplize von Oliver Glaser in Erscheinung. Die beiden sind wohl Freunde, aber anders als dieser, scheut Peter Albrecht auch nicht davor zurück, sich die Finger schmutzig zu machen und ist auch schon wegen schwerer Körperverletzung, u.a. mit Todesfolge vorbestraft.
    Alexander Hahn und Martin Sandmann sind auch befreundet, hatten sich auch schon mal eine Wohnung geteilt. Sie machen für Geld eigentlich alles, eigene kriminelle Ideen haben sie aber nicht, sie sind wohl klassische Befehlsempfänger. Das gilt auch für Lukas Urban und Jonas Berg, beide noch sehr jung, erst knapp über zwanzig, kennen aber auch schon die JVA von innen.
    Hier habe ich Fotos und die letzten bekannten Adressen zusammengestellt. Wenn ich mir die Gesichter so anschaue, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass sie zu einer Tat wie dem Überfall am Freitag in der Lage sind. Apropos: Gibt es etwas Neues von Sascha und Semir?«

    Alex nahm die Ausdrucke von ihr entgegen. »Semir ist schon fast wieder im Büro, ich denke morgen werden wir ihn wieder hier haben. Von Sascha habe ich nichts Neues gehört, was vielleicht in der jetzigen Situation nicht unbedingt als negativ gewertet werden muss. Ich frage bei Gelegenheit mal Andrea, die steht in Kontakt zu Claudia. Danke Susanne, für deine Arbeit. Sechs Adressen, das ist doch schon mal etwas. Aber jetzt werde ich mir erst mal unseren Zellengast vorknöpfen.«

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    • 8. April 2015 um 07:15
    • #39

    Vernehmung

    Mit den bisherigen Ergebnissen ging Alex in das Vernehmungszimmer und ließ sich Emil Ott vorführen.

    »So«, begann er, »Sie wissen, weshalb Sie hier sind, Herr Ott?« Emil Ott, ein leicht untersetzter, schmächtiger Mann mit schütterndem Haar, zuckte mit seinen nur sehr schwach ausgeprägten Schultern und schwieg.

    »Waren Sie auch an dem Überfall am Freitag beteiligt, bei dem zwei Männer ins Krankenhaus geschlagen wurden? Oder haben Sie nur Schmiere gestanden?« Emil Ott zog es vor, auch auf diese Frage zu schweigen. In Alex‘ Augen stellte er alleine keinen ernst zu nehmenden Gegner bei einer Schlägerei dar, zumindest Semir hätte kein Problem gehabt, ihn abzuwehren, und auch Sascha traute er mehr zu, als diesem Häufchen Mensch, das ihm hier gegenüber saß und dessen größte Stärke darin zu bestehen schien, beharrlich nichts zu sagen.

    »Vor wem haben Sie Angst? Vor Oliver Glaser? Oder vor Peter Albrecht?« Alex glaubte, ein gewisses Flackern in Emil Otts Augen zu erkennen. Wurde ihm jetzt vielleicht klar, dass die Polizei bereits mehr Informationen in den Händen hielt, als er zu verbergen versuchte? Aber zum Reden fühlte er sich noch nicht bemüßigt.

    »Sie haben gemeinsam mit ihren Freunden, Komplizen, Kollegen, wie auch immer Sie diese Personen nennen wollen, hinter der Werkstatt von Sascha Mirnov mit Menschen gehandelt, sind von ihm darauf angesprochen worden und haben ihm dann am Freitag aufgelauert und ihn zusammengeschlagen. Als mein Kollege Sie überraschte, haben Sie auch ihn niedergeschlagen und sind dann abgehauen. Sie haben den Tod von zwei Menschen billigend in Kauf genommen, wenn nicht sogar geplant. Wenn Sie jetzt nicht bald reden, hängen wir Ihnen das alles alleine an. Überlegen Sie es sich gut, ob es nicht doch besser wäre, hier nicht nur die Luft zu filtern, sondern mit der Sprache rauszurücken!« Alex‘ Stimme hatte sich zum Schluss erhoben, aber seine Rede hatte noch immer keinen Erfolg. Emil Ott schwieg weiterhin hartnäckig.

    Dann spielte Alex seinen letzten Trumpf aus. »Und gestern Nacht haben Sie Ihren Komplizen beim Landhaus in der Eifel erschossen!« – »Das war ich nicht! Sie waren es, der Theo abgeknallt hat!«

    »Na bitte, wer sagt’s denn! Es spricht!« Alex stand auf und machte Anstalten, das Vernehmungszimmer zu verlassen. »Das war ich nicht! Das wollen Sie mir anhängen!« Jetzt war es an Alex zu schweigen. »Und am Freitag war ich auch nicht dabei, da habe ich im Landhaus gewartet! Da können Sie jeden fragen, den Sie wollen.« – »Das tue ich gerade – ich frage Sie!« Jetzt begann Emil Ott endlich zu reden, während der Hauptkommissar wieder am Tisch Platz nahm.

    Später fasste Alex das Gespräch für Semir zusammen:»Unser Zellengast ist ein Emil Ott, nicht gerade das hellste Licht am Kronenleuchter, wenn du mich fragst. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass der bei Tetris sogar ein Quadrat dreht. Als ich ihm den Mord an seinem Komplizen in die Schuhe schieben wollte, wurde er plötzlich redselig und hat geplaudert. Oliver Glaser holt die Menschen nach Deutschland, zumeist in heimkehrenden Hilfs-Konvois oder anderen leeren LKWs, mit denen vorher legal Dinge in diese Länder exportiert worden waren. Die zahlen dafür und müssen hier ihre Schulden abarbeiten. Das ist ein recht einträgliches Geschäft. Ihre Kunden finden sie zumeist über Mund-zu-Mund-Propaganda, alles Leute mit viel Geld, die sich diese Arbeiter leisten können. Auch ein paar Bordelle sind dabei. Wollen wir diesen Kunden ab morgen mal auf den Zahn fühlen?« – »Gerne, Alex, morgen wollte ich zumindest wieder ins Büro kommen. Habt ihr sonst noch etwas herausgefunden heute?« – »Ja, Susanne hat uns die Adressen der Bewohner des Landhauses zusammengestellt, ich fürchte nur, die werden nicht zuhause sitzen und auf ihre Festnahme warten.«

    Da musste Semir seinem Partner zustimmen. Aber trotzdem verabredeten die Polizisten sich, sich dort an den nächsten Tagen einmal umzuschauen.

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    • 9. April 2015 um 05:48
    • #40

    Kontakt

    Konrad Jäger hörte seinem Sohn aufmerksam zu, als dieser am Mittwochvormittag zu ihm ins Büro kam und von der Möglichkeit erzählte, sein Nachbar Michael Werner könnte eventuell in kriminelle Machenschaften verwickelt sein. »Semir niedergeschlagen?«, fragte er ungläubig. »Ja, und Sascha, ein Freund von uns, liegt auf der Intensivstation der Uni-Klinik.« – »Das ist schlimm, und zu diesen Typen hatte Michael Werner Kontakt? Was vermutet die Polizei?« Konrad vermied, seinen Sohn in diese Frage mit einzubeziehen, denn Ben war für ihn kein Polizist mehr, sonst hätte er sicher anders gefragt. »Also, Semir und Alex haben noch keine stichhaltigen Beweise, aber so wie sie es sich zusammenreimen, geht es wohl um Menschenhandel oder zumindest eine Form der illegalen Beschäftigung im größeren Stil. Der Umschlagplatz liegt hinter Saschas Werkstatt, das oder zumindest ein Lager bei Mayen auf dem Land.« – »Lager? Menschenlager?« – »Klingt nicht gut, oder? Zumindest befindet sich dort ein größeres Landgut, in dem viele Menschen untergebracht sind und anscheinend nur darauf warten, vermittelt zu werden. Die Kunden, darunter auch dein Nachbar, kommen zu Saschas Werkstatt, treffen dort auf einen der Händler und übernehmen die Ware, also Menschen und fahren mit ihnen weg.« – »Du meinst, Michael hat einen „Menschen“ gekauft?« Ben nickte. »Einen? Zwei, Papa! Und wenn das stimmt, könnte dieser noch bei deinem Nachbarn sein. Jetzt würden wir gerne Gewissheit haben.« – »Wir? Ben, du mischt dich doch nicht etwa wieder in Semirs Ermittlungen ein?« – »Ich versuche es ja zu vermeiden, ehrlich. Aber bei deinem Nachbarn vorbei zu schauen, ist nicht wirklich eine Einmischung, oder?«

    »Und wie willst du das anstellen? Ich habe kaum Kontakt zu Michael, da wäre es doch komisch, ausgerechnet jetzt vorbeizuschauen und sich umzusehen.« Ben musste zugeben, dass sein Vater in diesem Punkt recht hatte. Er musste auch schmunzeln, als ihm Semirs Vorschlag mit dem Rasenmäher wieder einfiel, aber vermied, diesen seinem Vater zu unterbreiten. Stattdessen gefiel ihm die Sache mit dem Golfschläger immer besser. »Spielt dieser Werner eigentlich auch Golf? Kannst du nicht mal eine Partie …?« – »Ben, wir spielen nicht im selben Club, das würde ihm genauso komisch vorkommen.« - »Stimmt, Papa. Fällt dir sonst etwas ein?« Es entstand eine Redepause, aber Konrad Jäger schüttelte langsam seinen Kopf. Doch dann hatte Ben eine Idee.

    »Hast du noch Julias alten Opel im Schuppen stehen, den sie schon länger verkaufen wollte?« – »Ja, aber … worauf willst du hinaus?« – »Lass mich mal machen. Ich komme heute Abend mal vorbei zu einer Probefahrt.«

    Der Opel Astra, den Julia schon seit längerer Zeit bei ihrem Vater untergestellt hatte, und nur bislang nicht dazu gekommen war, sich um den Verkauf zu kümmern, stand abgemeldet in einer von Konrads Garagen. Nun kam der Wagen Ben sehr gelegen, um in Kontakt mit dem Nachbarn seines Vaters zu treten.

    Er holte sich die Schlüssel zum Schuppen und zum Auto aus dem Haus von Konrad Jäger, öffnete die Schuppentür und betrachtete den eingestaubten, etwa zwanzig Jahre alten Wagen. Dass er über keine Nummernschilder verfügte, war Ben für sein Vorhaben egal. Er hoffte nur, dass er nach der langen Standzeit anspringen würde und hatte Glück. Er lief nicht besonders rund, aber auch das spielte keine Rolle, er würde schon die paar Hundert Meter durchhalten. Ben setzte ihn rückwärts aus dem Schuppen auf den Hof und verließ langsam das Grundstück seines Vaters.

    Der hellbraune Holzzaun des Werner’schen Anwesens leuchtete in der Abendsonne. Fast tat er ihm ein wenig leid. Aber Ben sagte sich, dass es schließlich für einen guten Zweck wäre. Er vergewisserte sich, dass kein Mensch und kein Tier in der Nähe war, die in Gefahr geraten könnten, dann gab er Gas, bretterte über den Bürgersteig, mähte den Zaun auf einer Länge von gut zehn Metern nieder und pflügte die Beete im Vorgarten um. Dann blieb er im Wagen sitzen. Es dauerte gar nicht lange, dann flog die Haustür auf und Michael Werner, ein großgewachsener Mann um die Sechzig stürmte in seinen Vorgarten und sah die Bescherung. Er polterte los:« Was fällt Ihnen ein, meinen Zaun und den Garten zu ruinieren!« Er hatte den Opel erreicht und riss die Fahrertür auf. »Sind Sie betrunken, oder was?«, dann hielt er inne und seine Wut paarte sich mit Fassungslosigkeit, » …Ben? Du?«Der


    Kontakt war hergestellt.

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