Bis das der Tod uns scheidet

  • „Schön hier nicht wahr?“ fragte Ben. „So richtig etwas für Alte und Behinderte.“ hängte er an. Semir sagte nichts und schob den Rollstuhl an eine Bank und setzte sich. Ben sah ihn an. „Denkst du wirklich, dass ich irgendwann wieder laufen kann? Das alles wie früher sein wird?“ wollte er wissen. Semir nickte. „Ja, das glaube ich. Eben hast du doch noch gesagt, dass du kämpfen willst. Dann tu es bitte! Wir werden dir helfen und du wirst wieder laufen.“ versuchte Semir erneut. Ben lächelte bitter. „Wenn ich doch nur so optimistisch sein könnte wie du. Dann würde sicher nicht so finster in die Zukunft sehen. Semir….wenn….wenn es nicht so sein wird. Ich meine, wenn ich nie wieder laufen könnte,…was soll ich dann tun? Ich kann nicht mehr Musik machen, ich kann kein Sport machen, ich bin auf fremde Hilfe angewiesen… Und Frauen….das kann ich dann auch vergessen. Wer will mich denn so wollen.“ kam traurig von Ben. Semir griff seine Hand. „Das ist absoluter Blödsinn. Auch im Rollstuhl kannst du Musik machen. Hey….überleg doch mal….Ray Charles….der Sänger…er war blind und er hatte dennoch Erfolg. Du bist doch nicht querschnittgelähmt. Du bist nur…außer Gefecht gesetzt worden. Ben, wenn du daran glaubst, dann wirst du wieder laufen. Du bist noch …“ versuchte Semir. „Jung…ich weiß…aber mein Leben geht den Bach runter und ich kann nichts dagegen tun. Gar nichts…“ Ben griff nach den Rädern und wollte wieder ins Haus, doch Semir hielt ihn fest. „Wo willst du hin?“ fragte er. Ben sah ihn an. „Ich werde mich jetzt wieder im Zimmer ins Bett legen. Vergiss mich nicht ganz, wenn du mit diesem Alex auf Tour bist okay….und grüß mir deine Kinder und Andrea. Ich werde euch sicher sehr vermissen.“ gab Ben leise von sich. „Denkst du wirklich, dass du so davon kommst? Was ist mit unserer Freundschaft? Denkst du wirklich, dass sie wegen so etwas kaputt geht? Wir sind immer für dich da. In guten wie in schlechten Tagen. Es ist noch gar nichts verloren also gib nicht auf!“ wiederholte Semir erneut. Ben sah auf die grüne Wiese die vor ihm lag. „Semir, selbst wenn ich wieder laufen könnte, woran ich große Zweifel habe, werde ich sicher nicht mehr als Polizist arbeiten können.“ erklärte er. „Das ist doch Blödsinn! Ben, damals als Tanja ins Koma fiel hat sie auch gekämpft und sie ist gesund geworden. Gut, sie sitzt jetzt wegen Mordes, aber sie hätte auch als Polizistin weiter arbeiten können. Nach sieben Jahren! Du brauchst nicht so lange.“ widersprach Semir sofort.


    Ein Pfleger trat auf Ben und Semir zu. „Herr Jäger?“ fragte dieser. Ben nickte. „Wir bringen Sie jetzt ins „Römer Wall“. Kommen Sie doch bitte rein und nehmen Ihre persönlichen Sachen.“ bat er. Ben sah Semir an. „Ich werde mitkommen! Und deine Sachen hinbringen. Brauchst du noch irgendwas?“ wollte er wissen. Ben schüttelte den Kopf. „Ich brauche nichts….außer Freunde die zu mir halten und mir beistehen.“ lächelte Ben. „Wir sehen uns später. Ich rufe dich an und bitte…geh ans Handy!“ forderte Semir auf. Ben sah ihn an. „Handy? Ich …ich weiß gar nicht wo es ist. vielleicht noch bei Nadine in der Wohnung?“ kam erstaunt von ihm. „Oder in deinem Wagen. Ich werde nachsehen und es dir mitbringen.“ versprach Semir. Gemeinsam mit Ben ging er in sein Zimmer und packte die spärlichen Sachen zusammen, die Ben dort hatte. Bevor Semir jedoch in den Transportwagen für Rollstuhlfahrer geschoben wurde sah er Semir noch an. „Bringst du mir die Gitarre mit?“ wollte er wissen. Semir nickte und lächelte. „Klar doch….und ein paar Anziehsachen.“ versprach er. Ben hob die Hand zum Abschied. Nur wenig später ging die Fahrt los und Ben wurde in die Klinik nach Köln gebracht. Während der Fahrt sah er sich in diesem Transporter um. Das war also seine Zukunft. Mit so einem Wagen gefahren zu werden. Es hatte einen Vorteil, er würde kein Fahrzeug mehr zu Schrott fahren. Er lachte leise auf. Auch eine positive Entwicklung. Nun sah er aus dem Fenster. Sie waren auf der Autobahn. Sehnsüchtig sah er auf die Straße und wünschte sich selbst am Steuer zu sitzen und Gas zu geben. Semir hatte Recht…er musste an sich arbeiten. Er durfte sich nicht gehen lassen. Nicht aufgeben! Schon allein wegen seinem Vater, dem er zeigen wollte, was in ihm steckte und wegen Alex, der nicht schon wieder gewinnen sollte. Er würde kämpfen. Er würde wieder laufen lernen und er würde auch seinen Job wieder machen. Entschlossen ballte er die Faust. Er würde kämpfen. Ab sofort würde er für sich kämpfen. Für sich, für Semir und für seinen Job. Die Fahrt endete nach einer guten dreiviertel Stunde und er staunte nicht schlecht, welch eine schöne Einrichtung dieses „Römer Wall“ doch war. Von außen her machte es nicht einmal den Eindruck eines Krankenhauses. Der Wagen hielt auf dem Parkplatz und eine junge Frau öffnete die Türen. Sie war ungefähr in Bens Alter. „Guten Tag Herr Jäger. Ich bin Kristin Trautmann…Ihre Physiotherapeutin und persönliche Betreuung.. Willkommen im „Römer Wall“.“ lächelte sie ihn an.

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    Beethoven wurde taub
    und ich fühle mich auch nicht gut. :D:D

  • Semir fuhr zu Bens Wohnung und packte dort ein paar Sachen für seinen Freund ein. Auch die Gitarre fand ihren Platz und nach wenigen Minuten war er wieder auf den Weg. Ihm fiel ein, dass er Bens Handy noch nicht hatte und fuhr zur PAST wo Bens Wagen seit einigen Tagen stand. Tatsächlich fand er dort das Handy wo natürlich der Akku leer war. Semir ging erneut in Bens Wohnung und suchte nach dem Ladegerät welches er nach einiger Zeit endlich fand. Er schüttelte leicht den Kopf, denn Bens Hausordnung war schon sehr gewöhnungsbedürftig. Aber er nahm sich vor, ihn zu fragen warum das Ladegerät nicht wie bei ihm direkt am PC zuhause lag, sondern in der Lade wo die Unterhosen waren. Nun konnte er endlich auch zum „Römer Wall“ fahren und Ben seine Sachen bringen. Nach knappen 15 Minuten kam Semir an und fragte sich nach Ben durch. „Sie werden warten müssen, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind.“ Erklärte die Krankenschwester. Semir nickte. „Kann ich die Sachen schon mal auf sein Zimmer bringen?“ wollte Semir wissen. „Selbstverständlich. Herr Jäger wird auf Zimmer 17 untergebracht. Das ist den Gang runter und die letzte Tür auf der linken Seite. Es ist offen.“ lächelte die Frau. Semir bedankte sich freundlich und folgte der Weisung. Ihm fiel auf, das die Türen extrem breit waren und als er sie öffnete sah er in einen freundlich eingerichteten Raum. Alles hier war auf Rollstuhlfahrer eingerichtet. Der Tisch war niedrig und auch die Betten waren entsprechend eingerichtet. Es gab keine Barrieren für Rollstuhlfahrer und man konnte hier ohne Behinderung auf den Balkon fahren. Semir stellte die Sachen ab und ging auf den Balkon. Von hier aus sah man nur Grün. Der Park setzte sich hier hinten fort und als Semir seinen Blick schweifen ließ bemerkte er den großen See zu seiner linken Seite. Hier konnte man sich sehr wohl fühlen und vielleicht regte sie auch an, dass Ben an sich arbeitete.


    Dr. Frank-Peter Trautmann sah sich die Bilder aus dem CT an. Ben Jäger saß in seinem Rollstuhl daneben und wartete auf das Ergebnis. „Das sieht eigentlich doch gar nicht schlecht aus.“ Meinte Trautmann dann nach einer Weile. „Was genau heißt das?“ hakte Ben nach. „Nun, was der Kollege Willemsen-Neukirch sagte ist voll und ganz richtig. Sie können die Beine nicht bewegen, die Gefühle sind aber da, das haben uns die Tests ja gezeigt. Was Sie brauchen ist vor allem Geduld. Und Sie sollten mitmachen. Mit Ihrer Physiotherapeutin, die Beste übrigens die ich habe, werden Sie sehr bald wieder laufen lernen können. Erst jetzt fiel Ben auch auf, das der Arzt und die junge Frau die ihn so nett begrüßt hatte den gleichen Namen trugen. Den Arzt schätzte er auf Anfang 60 also konnte sie eigentlich nur die Tochter oder aber die Schwiegertochter sein. „Sie ist mit Ihnen verwandt oder?“ hakte er nach. Der Arzt nickte. „Ja, sie ist meine Tochter.“ bestätigte der Arzt. „Wie lange wird es dauern, bis ich wieder laufen kann? Ich meine wie vorher?“ wollte Ben wissen. „Nun, wenn Sie mitarbeiten wird es zwei bis zweieinhalb Jahren wieder möglich sein. Vorher werden Sie mit Gehhilfen sicher einiges leisten können, aber meistens werden Sie im Rollstuhl sitzen, denn die Übungen, die Sie machen müssen, werden sehr anstrengend sein, aber das kann Ihnen meine Tochter besser erklären. Sie werden vieles lernen und Sie werden sicher auch Rückschläge erleben, aber alles das werden Sie überstehen und stärker werden.“ kam von dem Arzt. Sonderbarer Weise erklärte dieser Arzt genau die gleichen Dinge wie Willemsen-Neukirch. Ben atmete tief durch. „Okay…ich bin bereit. Was muss ich tun?“ fragte er und entschloss sich mitzumachen. Dr. Trautmann sah ihn lächelnd an. „Heute werden Sie sich einfach nur an die Umgebung gewöhnen. Machen Sie sich mit dem Haus vertraut. Meine Tochter wird Ihnen gleich alles zeigen und dann können Sie sich persönlich einrichten.“ gab der Mann von sich. Ben nickte und reichte dem Mann die Hand.

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  • Kristin Trautmann betrat den Raum. „So Kristin….zeig Herrn Jäger doch bitte unser Haus, damit er ein wenig unabhängiger wird und vor allem das er alles kennen lernt.“ bat Dr. Trautmann. Kristin nickte. „Dann wollen wir mal…“ lächelte die junge Frau. Sie nahm die Griffe des Rollstuhls und schob Ben aus dem Raum. „Wir fangen am besten mit Ihrem Zimmer an, denn dort wartet auch Ihr Freund.“ erklärte Kristin. Sie schob Ben über den langen Gang und erklärte während dessen welche Räume in welcher Etage lagen. „Sie haben übrigens das schönste Zimmer. Die Nr. 17 ist von mir eingerichtet worden.“ erklärte Kristin und öffnete die Tür. Ben staunte nicht schlecht. Das Zimmer war wirklich sehr schön. Semir saß auf dem Bett und las gerade in einem Magazin. „Hey….“ begrüßte er seinen Freund. „Hallo Semir….“ gab dieser zurück. „Was ist bei den Untersuchungen herausgekommen?“ wollte Semir wissen. „Er sagt das gleiche wie Willemsen-Neukirch. Es wird wieder und so langsam glaube ich selbst daran.“ lächelte Ben. „Herr Jäger, ich komme später wieder und zeige Ihnen dann das Haus. Machen Sie sich erst einmal hier mit dem Zimmer vertraut.“ verabschiedete sich Kristin. Ben nickte und sah ihr nach. Als die Tür zuging sah er Semir an. „Nett oder?“ fragte er. Semir nickte. „Wie willst du nun weitermachen? Gibst du dich auf oder arbeitest du mit?“ kam dieser wieder auf das eigentliche Thema. Ben stöhnte leise auf. „Semir…. Ich habe von zwei Ärzten gehört, dass es wieder heilen kann, aber der Zweifel ist groß. Ich frage mich, was ich tun würde, wenn es doch nicht mehr zurück kommt. Verstehst du? Ich weiß es nicht. Auf der einen Seite würde ich nur zu gern alles tun, was ich kann um mein Leben zurück zu bekommen. Mein Leben, so wie ich es kenne…aber auf der anderen Seite…ist da die Realität. Und die sagt mir, das Lähmungen nicht mehr rückgängig zu machen sind.“ erklärte er leise. „Ich werde für dich da sein. Ich werde dich jeden Tag besuchen kommen und auch Andrea…und die Kinder…Du wirst sehen, du brauchst keine zwei Jahre. Bis dahin werde ich mit Alex Brandt zurechtkommen müssen. Ben…ich will dich als Partner zurück haben…“ Semir schlug seinem Partner auf die Schulter. „Du wirst nicht allein sein. Ich komme morgen wieder okay…“ Ben nickte und zog Semir an sich heran. „Danke….“ sagte er leise. „Schon gut….“ Semir schluckte schwer. Dann ging er zur Tür. „Semir…ich habe noch eine Bitte. Lass die Kinder noch zuhause. Ich muss erst einmal selbst mit der Situation klar kommen….“ bat Ben. „Geht klar…“ nickte Semir und verschwand. Auf dem Flur traf er auf die junge Frau, die Ben willkommen gehießen hatte. „Hören Sie….ähm….Sie sagten ja, dass Sie die Betreuerin von Herrn Jäger sind. Wenn etwas ist…wenn er Hilfe braucht... rufen Sie mich bitte an?“ bat er sie noch und schrieb ihr seine Telefonnummer und Namen auf. Sie nickte und steckte den Zettel ein.


    Semir fuhr nach seinem Besuch bei Ben nach Hause wo er eigentlich viel zu früh ankam. Andrea sah ihn erstaunt an. „Was machst du denn schon hier?“ fragte sie. „Ich habe mir heute frei genommen und war den ganzen Tag bei Ben.“ erklärte er. „Und wie geht es ihm?“ wollte sie nun wissen. „Soweit ist er gefasst. Zumindest hat er sich gefangen.“ gab er von sich. „Aber?“ hakte Andrea nach. Semir lächelte leicht. „Nun ja, er hat große Zweifel, aber er ist jetzt in Köln. Er ist im „Römer Wall“ untergebracht. Ein sehr schönes Krankenhaus. Ich hoffe nur, dass er da mehr aufgemuntert werden kann.“ meinte Semir nur und ließ sich auf den Stuhl sinken. „Da ist doch noch mehr….raus damit!“ forderte Andrea. Semir nahm sich das Bier, was Andrea ihm hingestellt hatte und setzte die Flasche an. „Ich habe einen neuen Partner…“ sagte er. „Bitte was?“ stieß Andrea aus und auch sie setzte sich. „Ich habe einen neuen Partner ab dem 1. Des nächsten Monats.“ kam leise von Semir. „Aber das kann Krüger doch nicht machen! Das geht doch nicht…“ gab Andrea entsetzt von sich. „Natürlich kann sie das machen. Sie ist die Vorgesetzte. Sie muss ja dafür sorgen, dass die Station optimal besetzt ist und ich darf natürlich nicht allein auf Streife gehen.“ erklärte Semir. Andrea nickte. „Weiß Ben das schon?“ wollte sie wissen. Semir nickte. „Ich war wie gesagt heute bei ihm. Er hat wieder einen Durchhänger gehabt und das war ja auch klar. Sein Vater hat ihn nieder gemacht und das hat nicht gerade eine positive Reaktion bei Ben herbei geführt.“ fing Semir an. Den Angriff auf Ben durch Daniel Römer ließ er weg. „Und dann?“ hakte Andrea nach. „Er hat sich als Pflegefall und Krüppel bezeichnet und da ist es mir rausgerutscht…“ gab Semir nun zu. Andrea nahm ihn in den Arm. Wie hat er es aufgenommen?“ fragte sie sanft. „Eigentlich ganz gut. Mich hat es sogar gewundert, dass er Alex Brandt bereits kennt. Allerdings hat er nicht gerade einen positiven Eindruck von ihm.“ Andrea sah ihn verwundert an. „Woher denn?“ wollte sie nun wissen. „Von der Polizeischule. Sie waren wohl Konkurrenten was die Frauen angeht. Eifersucht inbegriffen.“ stellte Semir klar.

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  • Ben sah Semir nach und dann schaltete er den Fernseher ein. Nun war er also hier in dieser Klinik wo er wieder gesund werden sollte. Was konnte man hier für ihn tun, was man in der anderen Klinik nicht hätte tun können? Sicher er wollte verlegt werden, damit er nicht ständig die Leute sah, die ihm das angetan hatten oder aber mittelbar dabei waren. Hier sollte er Ruhe finden und sich erholen. Als ob es so einfach war sich von einer solchen Operation zu erholen. Er war zu einem Krüppel geworden und würde es vermutlich ein Leben lang bleiben. Sein Job war er erst einmal los. Ausgerechnet an Alex Brandt. Ausgerechnet er…Semir war wirklich zu bedauern, denn Alex war damals extrem unkooperativ und hatte seinen eigenen Kopf, den er auch durchsetzen konnte und zwar mit allen Mitteln die dazu Recht waren. Auch Lügen wenn es sein musste. Er, Ben würde Semir auf jeden Fall vorwarnen und ihm die Augen über seinen neuen Partner öffnen. Es klopfte. „Ja?“ fragte er und sah zur Tür. Die junge Frau die ihm das Haus gezeigt hatte trat ein. „So, nun habe ich wieder etwas Zeit für Sie…Haben Sie Fragen?“ wollte die junge Frau wissen. „Ähm….ja….wie heißen Sie noch mal? Ich habe den Namen vergessen.“ gab Ben verlegen zu. „Ich bin Kristin….“ stellte sie sich erneut vor. „Ah….okay Kristin…ich bin Ben. Kristin..ein sehr schöner Name …“ lobte er. „Danke. Mir gefällt er auch. Herr Jäger…“ fing sie an. „Nein, Ben….wenn wir schon bei den Vornamen sind, dann beide. Was haben Sie mit mir vor?“ fragte er neugierig. „Also gut, Ben….nun ich denke Sie haben sich Ihr Zimmer angesehen und festgestellt, dass es sehr komfortabel ist. Alle Türen sind breit genug für den Rollstuhl, der Ihr Begleiter sein wird, wenn Sie sich bewegen wollen. Aber das Ziel ist es ganz ohne ihn auszukommen. Natürlich wird das nicht von heute auf Morgen passieren. Es ist sehr viel Geduld und Zeit nötig um das wieder zu schaffen. Sind Sie bereit dafür?“ fragte sie. Ben sah sie an. „Wenn es wirklich wieder kommen sollte, dann ja….aber ich glaube nicht daran.“ gab er zurück. Kristin sah ihn erstaunt an. „Ich dachte, Sie wissen, dass es nur auf Zeit ist. Warum glauben Sie nicht daran? Es kann wieder heilen!“ erklärte sie. „Das sagen mir meine Freunde, meine Ärzte, alle sagen das, aber irgendwie kann ich nicht daran glauben. Ich habe noch nie gehört, dass ein Querschnittgelähmter wieder laufen konnte.“ ließ er von sich hören. „Ein Querschnittgelähmter nicht, aber Sie sind ja nicht querschnittgelähmt.“ lächelte sie. „Aber es ist nichts da! Ich sehe meine Beine und sie wollen sich nicht bewegen. Ich befehle es aber sie gehorchen nicht. Es ist, als würden sie nicht zu mir gehören.“ maulte Ben. Wieder kam die Verzweiflung auf. „Ben, es ist erst wenige Tage her, dass die Operation durchgeführt wurde. Es wird wiederkommen. Geben Sie sich die Zeit….und arbeiten Sie mit mir…“ bat sie leise. Sie griff nach seinen Händen und hielt sie fest. Doch er löste sich mit einer harschen Bewegung von ihr. Dann rollte er mit dem Stuhl zum Fenster und sah hinaus. Kristin sah ihm traurig nach. Hier musste erst einmal ein Psychologe ran und sie wusste auch genau wer. Paul Gerner, war ein sehr guter Freund von ihr und wenn er es nicht schaffte Ben wieder aufzumuntern, dann schaffte es keiner. Kristin verließ das Zimmer und rief Gerner an. „Hallo Paul, hier ist Kristin. Ich habe da einen sehr schweren Fall….Hoffnungslos…..zumindest sieht er es so…hilf mir bitte. Er ist in einer sehr schweren Lage, aber seine Situation kann geändert werden. Es wird nur Zeit brauchen…“ erklärte sie in kurzen Zügen. Paul Gerner versprach sofort zu kommen.


    Paul Gerner legte nachdenklich auf als Kristin ihm die Krankengeschichte von Ben Jäger erzählt hatte. Eine Lobotomie kannte er zwar aus den Büchern, aber nach seinem Wissenstand wurde so eine Operation wirklich nur in ausweglosen Fällen von Epilepsie angewendet und dann auch nur, wenn es wirklich katastrophal war. Das nun ein Kollege, der nicht einmal zugelassen war, solche Operationen ohne Wissen der Klinikleitung durchführte war ihm ein Rätsel. Das konnte gar nicht sein. Jeder Klinikchef erhält Einblick in Krankenakten oder aber auch der Verbrauch von Material musste doch festgehalten werden. Und Equipment für eine solche Operation war nicht mal eben so in der Apotheke zu kaufen. Doch darum sollte sich die Polizei kümmern. Er musste versuchen einen jungen Mann aufzubauen. Ihm wieder Lebensfreude zu geben. Nur wie sollte er anfangen. Kristin sagte dass er Musiker und Polizist war. Sicher war es für ihn ein einschneidendes Ereignis, aber es war ja heilbar. Paul dachte nicht weiter nach und setzte sich in seinen Wagen. Bis zum „Römer Wall“ benötigte er ungefähr zehn Minuten. Bis dahin sollte das Abendessen durch sein. Und dann konnte er sich ein Bild von diesem hoffnungslosen Fall machen. Ben Jäger…..irgendwie kam ihm dieser Name doch sehr bekannt vor. Aber woher nur? Kristin sagte er war Polizist….vielleicht daher? Ja, ja doch…da war doch dieser eine Fall wo er …natürlich…der Sohn vom alten Jäger….von dem Baulöwen, der fast pleite war. Da stand doch der Senior unter Mordverdacht und sein Sohn hatte seine Unschuld bewiesen…ja, jetzt fiel es ihm wieder ein. Er schnappte sich seine Autoschlüssel und fuhr nach Köln zur Klinik. Dort angekommen ließ er sich von Kristin genau über Ben Jägers Zustand und über die Krankheitsgeschichte aufklären. Während er die Akte las, nickte er immer wieder und schlug sie dann zu. „Dann wollen wir mal…“ meinte er und machte sich auf den Weg ins Zimmer. Als er klopfte sagte niemand herein aber das hielt Paul nicht davon ab das Zimmer zu betreten. Im Bad lief das Wasser, also war der Patient dort zu finden, doch Paul wollte auf ihn warten und setzte sich auf den Balkon in die Ecke in einen Liegestuhl.

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  • Ben fuhr nach dem Abendessen ins Bad und wusch sich, putzte die Zähne und kehrte ins Zimmer zurück. Die Sonne ging unter und so er rollte auf den Balkon. Der Blick war wundervoll, denn er konnte sehen wie der Fixstern im See versank. Das Farbenspiel war prächtig, und die Bäume standen mit ihrem satten Grün in einem hellorangeleuchtenden Hintergrund. „Schön nicht wahr?“ riss ihn eine Stimme aus den Gedanken. Ben sah in die Richtung und in das Gesicht eines älteren Mannes. Er hatte nicht gehört, dass jemand ins Zimmer gekommen war. „Wer sind Sie?“ fragte er unsicher nach. „Ich bin Paul Gerner. Meines Zeichen Psychologe…“ stellte sich der Mann vor. „Ist man der Ansicht dass ich einen brauche?“ fragte Ben. „Davon möchte ich mir gern ein Bild machen.“ lächelte der Mann. „Man hat mir gesagt, dass Sie in ein tiefes seelisches Loch gefallen sind und ohne Hilfe nicht heraus kommen. Ich möchte Ihnen die helfende Hand reichen. Die Leiter sein, wenn Sie so wollen…“ stellte sich der Mann vor. Ben schätzte ihn auf knappe 50 Jahre. „Ich brauche keinen Psychologen…“ stieß er aus und seine Gedanken gingen zu einem Fall, der noch nicht lange her war. Da war ein Psychologe der Übeltäter und hatte ihn und seinen Freund in eine Falle gelockt, tagelang gequält und gedemütigt um einen Professorentitel zu erlangen. Das einzige was er geschafft hatte, ist in den Knast zu wandern und sich dort das Leben zu nehmen. „Nun dann frage ich mich, warum Kristin Trautmann es anders sieht. Aber gut, dann sehen Sie nicht den Psychologen in mir, sondern einen Anderen, einen Freund, dem Sie erzählen, was Ihnen passiert ist.“ schlug Paul vor. „Sie wissen doch genau, was passiert ist.“ knurrte Ben, der gar keine Lust hatte mit dem Mann über seine Krankheitsgeschichte zu reden. „Natürlich weiß ich das. Aber Sie kennen doch die Ärzte…sie übertreiben immer so maßlos in ihren Berichten.“ lächelte er. Ben sah ihn an. Irgendwie gefiel ihm dieser Mann, der so tat, als wäre er ein enger Freund. Vielleicht war es wirklich hilfreich wenn er mit ihm sprach. „Was hat ihnen der Doktor erzählt?“ fragte Ben neugierig. Paul lächelte. „Nun, er hat mir erzählt, dass ein Pfuscher ein Desaster angerichtet hat. Kristin allerdings sagte mir, dass Sie keine Chance sehen obwohl alle anderen positiv eingestellt sind.“ erklärte er.


    Ben sah den Mann an. „Soweit richtig. Meine Beine sind zerstört. Sie gehören nicht mehr zu mir. Ich sehe sie, ich fühle alles, was man macht, aber ich kann sie nicht bewegen.“ gab Ben verzweifelt von sich. Verächtlich sah er auf seine Gehwerkzeuge. Er sah wieder auf den Psychologen und beobachtete ihn sehr genau. Es entging ihm nicht, dass dieser eine kleine Schachtel aus der Tasche zog. Dann hob er eine kleine feine Nadel hoch, die länger war, als eine Stecknadel. Ben erkannte dass es eine Akkupunktionsnadel war. „Sie fühlen nichts in Ihren Beinen?“ fragte er erneut. „Doch, Gefühle sind da, aber irgendwie ist das Befehlszentrum für die Beine lahmgelegt. Sie können die Nadel wieder einstecken.“ lächelte Ben. „Ah, sehr gut. Sie scheinen sehr aufmerksam zu sein. Gut, dann erzählen Sie mir doch bitte was Sie nun gedenken zu tun. Wie stellen Sie sich Ihr künftiges Leben vor?“ fragte Paul. Ben stieß einen verächtlichen Ton aus. „Was soll ich schon machen? Ich werde mit dem Rollstuhl den ganzen Tag durch den Park fahren und darauf hoffen, dass es irgendwann wieder funktioniert. Auch wenn ich weiß das es nie wieder so sein wird wie früher. Wissen Sie, vor nicht allzu langer Zeit bin ich mit meinem Freund und Kollegen, seinen Kindern und seiner Frau im Schwimmbad gewesen. Ich bin gerannt, geschwommen, habe mit den Kindern gespielt. Und jetzt? Nicht einmal das werde ich mehr tun können.“ kam leise von Ben. „Sie geben sich auf?“ hakte Paul nach. Ben lachte leise. „Ich gebe nie auf, aber ich weiß wann es Sinn macht zu kämpfen und wann nicht.“ gab er zu. „Ah ich verstehe. Sie sehen sich als ein hoffnungsloser Fall. Sie sagten doch eben, dass Sie spüren würden wenn ich in Ihr Bein stechen würde, wenn ich Sie kneife oder wenn ich auf das Bein schlage. Es ist ja auch richtig, denn die Muskulatur und auch die eigentlichen Nerven im Bein sind erhalten. Nur funktioniert die Befehlszentrale, wie Sie es nennen nicht. Aber denken Sie nicht auch, dass diese Befehlszentrale mobilisiert werden könnte? Was würden Sie dafür tun, wenn ich sage, es ist möglich!“ fragte Paul. Ben sah ihn an. „Ich würde alles dafür tun wieder laufen zu können. Aber es geht nun mal nicht.“ knurrte Ben wütend. Er hasste es, dass man ihm hier einreden wollte, dass er wieder laufen könnte. Es ist zerstört! Warum konnten die Ärzte es nicht einfach dabei belassen, fragte er sich. „Haben Sie Freunde?“ kam die nächste Frage, die ihn aus den Gedanken riss. Ben nickte. „Ja sicher….“ gab er empört zurück. „Und was sagen die?“ wollte Paul weiter wissen. „Sie sagen das gleiche wie Sie. Gib nicht auf….du wirst es wieder lernen. Aber mein Dienstpartner hat demnächst einen neuen Partner und wird mit ihm auf die Straße gehen. Er wird mich vergessen und ich werde allein sein.“ Die Worte klangen bitter. „Hat er das gesagt?“ fragte Paul ungerührt weiter. Ben schüttelte den Kopf. „Nein, er sagte dass wir Freunde bleiben. Freunde…bis das der Tod uns scheidet…“ gab er leise zurück.

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  • Paul Gerner sah den jungen Mann an. „Aber Sie glauben ihm nicht. Wie oft waren Sie als Polizist schon in Gefahr? Wie oft waren Sie verletzt?“ fragte er. Ben sah ihn an. „Schon einige Male, aber das ist etwas Anderes. Verletzungen können heilen.“ gab er gleichgültig von sich. „Sie meinen Verletzungen, die Sie sehen können?“ hakte Gerner nach. Ben nickte. „Ja das stimmt. Viele Verletzungen können heilen und wenn Sie sie sehen, dann können Sie erkennen, wie weit die Heilung fortgeschritten ist. Verletzungen am oder im Hirn, können Sie nicht sehen und deshalb geben Sie auf. Das ist ganz normal, denn was man nicht sieht, kann man nicht beurteilen.“ sinnierte Paul. Ben nickte ihm zustimmend zu. „Aber…..wie kommen Sie darauf, dass es zerstört ist? Wodurch sollte es zerstört worden sein und warum?“ Ben sah ihn noch verächtlicher an, als vorher. Schon wieder so ein Quacksalber, der alles besser wissen wollte. In Gedanken fragte er sich, wer in diesem kaputten Körper steckte. Er oder der Psychologe? Doch Paul ließ nicht locker und forderte Ben heraus, so wie er es in seiner Praxis in der Verhaltenstherapie oft gemacht hatte. Er wusste genau, dass er nur zu Ben Jäger durchdringen konnte wenn er eine Herausforderung aufstellte. Auf der einen Seite hatte Ben Jäger schon Vertrauen gefasst, doch das Misstrauen war größer. Paul merkte dass Ben in einer bestimmten Art von Verhalten feststeckte und ein Trauma erlitten hatte. Das war ja auch kein Wunder, denn er kannte die Vergangenheit aus den Akten und von Dr. Trautmann. Nur wusste er genau, dass er hier nicht mit Gewalt vordringen konnte. Er musste zunächst geschont werden, damit das Trauma abklingen konnte. Er sah Ben Jäger fest an. „Sagen Sie, Ben…wenn ich Sie so nennen darf, was würde sein, wenn Sie von heute auf morgen wieder laufen könnten? Was würden Sie als Erstes tun?“ fragte er herausfordernd. Ben überlegte ein wenig und seine Augen fingen an zu strahlen. „Ich würde sofort wieder Dienst machen! Ich würde mit den Kindern meines Kollegen spielen, laufen, toben…“ gab er zu verstehen. „Okay, eine sehr gute Einstellung….dann würde ich sagen, wir werden gemeinsam dafür kämpfen, dass es wieder funktioniert. Arbeiten Sie an sich…machen Sie alles mit, was Kristin auch vorhat. Sie ist eine wundervolle Person mit sehr besonderen Fähigkeiten…“ lächelte Paul ihn an. Ben nickte. Die Sonne war nun vollständig versunken. Ben sah auf den See. „Wollen Sie kämpfen?“ riss Paul ihn aus den Gedanken. Ben sah ihn an. „Ich werde es versuchen. Aber ich sehe da wirklich keine Chance mehr.“ nickte Ben. „Wenn Sie keine Chance mehr sehen, warum kämpfen Sie dann?“ stellte Paul die Frage und Ben sah ihn erstaunt an. „Ich sage es Ihnen…weil Sie eigentlich genauso wenig aufgeben wollen. Sie sagen zwar, dass Sie nichts mehr machen können, aber Sie hoffen und genau das sollten Sie nicht aufgeben. Kämpfen Sie…zeigen Sie es dem Arzt, der Sie hierzu gebracht hat, dass er nicht gewonnen hat. Ich werde versuchen Sie zu begleiten. Nicht als Psychologe…sondern als Ihr Freund. Lassen Sie es zu….“ bat Paul und verabschiedete sich. Ben sah ihm nachdenklich nach. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, der Mann hatte Recht. Allein zum Trotz gegen Prottengeier und auch seinem Vater, der ihn als Krüppel bezeichnet hatte, wollte er sich nicht aufgeben. Ab sofort würde er kämpfen.


    Kristin sah Paul Gerner an. „Und, konntest du etwas erreichen?“ fragte sie ihn. „Kristin…das da drin, ist ein sehr schwerer Fall. Selbstmitleid, Verzweiflung, Angst….er hat alles was ihn zu einem sehr interessanten Fall macht. Ich werde ihm psychologisch unterstützen so gut ich es kann. Aber allein werde ich es nicht schaffen. Hat er Freunde? Ich meine richtige Freunde, die die zu ihm halten?“ wollte Paul wissen. Kristin zog die Schultern hoch. „Als er hier her gebracht wurde war ein Kollege bei ihm. Und ich hatte wirklich das Gefühl, dass es echte Freunde sind. Warte… ich habe sogar den Namen hier….“ gab Kristin zurück und suchte in ihre Tasche. „Da….Semir Gerkan. Telefonnummer ist auch vorhanden.“ lächelte sie. Paul nahm den Zettel. „Nun, dann setzte all deine Kraft ein um Ben Jäger zu helfen. Er ist es wert.“ gab er zurück. Kristin nickte. „Und er sieht verdammt gut aus.“ meinte sie nachdenklich. Paul lächelte. „Er gefällt dir?“ hakte er nach. „Nun ja, er ist doch ein richtig netter Mensch…okay….im Augenblick etwas ….unfreundlich, aber das liegt nur daran, dass er keine Zukunft sieht. Er fühlt sich verloren und er hat Angst. Das ist doch ganz normal. Nach all was mit ihm passiert ist? Ich meine er muss doch das Vertrauen in medizinischem Personal völlig verloren haben. Denkst du dass wir es schaffen ihn wieder aufzubauen?“ Kristin sah ihren alten Freund an. Paul nickte. „Wenn wir gemeinsam mit den Freunden ihn bestärken, dann wird er sehr bald nicht mehr so einsam sein. Aber wir können nichts allein. Wenn er blockt, dann wird es nicht einfach werden. Vielleicht solltest du ihn bevorzugt behandeln. Ich meine, wenn er wirklich mitmacht.“ schlug er vor. Kristin sah ihn an. Ein schelmischer Glanz war in den Augen zu sehen. „Paul! Du denkst wieder viel zu weit!“ lachte sie. „Ich muss. Also ich werde am Montag wieder kommen und mit ihm sprechen. Er braucht auch eine psychologische Behandlung und die werde ich übernehmen.“ legte er fest. Kristin drückte ihn kurz an sich. „Danke dass du gekommen bist….gemeinsam werden wir ihn aufbauen...und alles andere zeigt die Zukunft.“ nickte sie.

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  • Semir sah erstaunt auf sein Handy. Es war schon neun am Abend und eigentlich rechnete er mit keinem Anruf. Andrea sah ihn strafend an. „Du hast Feierabend! Vergiss es nicht!“ mahnte sie ihn. Semir nickte und meldete sich. „Gerkan!“ „Guten Abend Herr Gerkan, hier spricht Paul Gerner. Ich bin der zuständige Psychologe von Herrn Jäger und wollte Sie bitten sich kurz mit mir zu unterhalten.“ erklärte der unbekannte Anrufer. „Ah…okay…..wie kann ich helfen?“ wollte Semir wissen. Andrea sah ihn böse an. „Das ist der Psychologe von Ben…“ raunte er ihr zu. „Nun es ist ganz einfach. Ich muss alles über Herrn Jäger erfahren. Wie ist er so im Dienst gewesen, wie eng stehen Sie sich…welche Freunde hat er außer Ihnen, ist er manisch depressiv oder hatte er schon mal depressive Verstimmungen?“ kamen die Fragen. „Nun, Ben hat zweimal seine Freundin verloren. Beide wurden erschossen. Das hat ihn natürlich schon mitgenommen, aber er hat sich immer wieder gefangen. Ich bin, denke ich ein sehr enger Freund. Wir haben viel durchgemacht und wir halten zusammen. Er hat mir das Leben gerettet und umgekehrt. Unser Dienst war immer sehr gut gewesen.“ erzählte Semir. „War er depressiv nach dem Verlust? Hat er an Selbstmord gedacht?“ hakte Gerner nach. „Nein, zumindest habe ich nie etwas mitbekommen. Er hat nie darüber gesprochen. Er hat getrauert wie es jeder machen würde, aber er wollte nie Selbstmord begehen. Ben ist ein harter Kerl. Er lässt sich nicht so einfach hängen. Aber diesmal ist es anders. Diesmal ist es schwer für ihn. Er ist ein fanatischer Sportler. Er will sich bewegen. Er braucht die Bewegungen. Er läuft, er schwimmt, er spielt Tennis und Badminton…“ erzählte Semir weiter. „Okay, das kann mir schon mal helfen. Wir werden ihm zeigen müssen, dass er auch im Rollstuhl Sport betreiben kann. Sicher wird es nicht so sein, als wenn man seine Beine bewegt, aber es ist Sport. Der Körper braucht Bewegung und die wird er bekommen. Was ist mit seiner Familie?“ fragte Gerner weiter. „Zu seinem Vater hat er keinen so guten Draht. Herr Jäger Sen. hat ihn erst kürzlich als Krüppel bezeichnet und das hat Ben sehr verletzt, auch wenn er es nicht zugeben kann. Seine Schwester und sein Schwager hat er seit ihrer Hochzeit nicht mehr gesehen. Da kann ich nicht viel zu sagen. Seine Mutter ist schon lange tot.“ zählte Semir auf. Paul Gerner schwieg am anderen Ende. „Sagen Sie, Herr Gerkan…würden Sie sich falls es notwendig ist auch einmal in einen Rollstuhl setzen? Ich meine wenn es erforderlich ist um Herrn Jäger zu helfen?“ wollte er wissen. Semir atmete tief ein. „Ich würde alles tun, wenn es Ben hilft wieder laufen zu lernen.“ gab er zu. „vielen Dank Herr Gerkan. Das hilft mir schon ein wenig. Wenn es ihnen nichts ausmacht, werde ich mich noch mal bei Ihnen melden, wenn ich Ihre Hilfe benötige.“ verabschiedete sich der Psychologe von Semir. „Klar, kein Problem…“ gab Semir zurück und beendete das Gespräch.


    Andrea sah Semir an. „Und? Was ist denn mit Ben? Ist etwas passiert?“ schoss sie die Fragen ab. „Nein….er ist in psychologischer Behandlung und der Psychologe wollte eben von mir wissen wie ich zu Ben stehen, welche Freunde er hat, für was er sich interessiert. Ich glaube Ben ist ziemlich fertig…und ich kann es nachvollziehen. Vermutlich hat ihn die Tatsache, dass ich einen neuen Partner habe auch noch in ein Loch gestoßen. Gott das ist so eine Scheiße!“ stieß Semir aus und stand auf. Er ging ans Fenster und sah raus. Andrea stellte sich neben ihn und strich ihm über den Arm. „Du kannst doch nichts dafür. Semir, die Krüger hat dir den Partner zugeteilt. Du kannst es nicht ändern. Du kannst nur das Beste daraus machen. Und Ben….er wird damit leben müssen. Er wird sicher bald erkennen, dass das Leben auch so schön sein kann und wenn er wieder laufen kann, dann wird er sicher auch seine Freude wieder finden. Wir dürfen ihn einfach nicht allein lassen.“ beschwor sie ihren Mann. Semir sah ihn an. „Ich weiß…aber ich mache mir dennoch Vorwürfe. Ich hätte ihn nicht allein zu Nadine gehen lassen. Wenn wir alles zusammen gemacht hätten, dann wäre er jetzt kein….“ Semir stockte. Andrea drehte ihn sanft zu sich um. „Semir! Du bist nicht schuld! Wenn ihr zusammen gewesen wäret dann hätte es auch passieren können! Das ist doch keine Garantie dass nichts passiert wäre. Vielleicht wäre er dann jetzt tot, oder du. Sieh es doch mal aus der Sicht.“ Schlug sie vor. Semir nahm seine Frau in den Arm. „Ich weiß es doch…aber ich bin so hilflos…ich fühle mich schuldig und ich kann nichts für Ben tun. Es tut so ungemein weh, wenn man nicht weiß was man tun soll.“ beklagte er sich. „Du kannst doch was tun. Sei für ihn da. Genau wie ich und die Kinder. Wenn wir zu ihm halten, dann können wir ihn auch bestärken. Komm…lass uns schlafen gehen, du hast morgen wieder Frühdienst.“ Schlug Andrea vor. Semir nickte und küsste sie. „Du bist die beste Frau, die ich jemals bekommen konnte. Ich bin ein sehr glücklicher Mensch.“ schmeichelte er ihr. Andrea küsste ihn. „Und ich, dass ich so ein Mann bekommen habe. Gefühlvoll, umsichtig…ein wundervoller Vater…“ konterte sie. Gemeinsam gingen sie zu Bett.

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  • Gegen elf am Abend ging Kristin zu Ben ins Zimmer, der immer noch auf dem Balkon war. „Wollen Sie denn nicht schlafen gehen?“ fragte sie sanft. Ben sah sie an. „Ja gern…aber …ich meine, ich weiß wie ich ins Bett komme aber irgendwie ist der Abend einfach herrlich. Man sieht nach oben, die Sterne leuchten und geben einem irgendwie Hoffnung. Ich habe eben eine Sternschnuppe gesehen und obwohl ich eigentlich nicht daran glaube, habe ich mir etwas gewünscht. „ sagte Ben leise. Kristin setzte sich auf den Stuhl. „Ich hoffe sehr, dass sich Ihr Wunsch erfüllt. Ich glaube daran. Wollen wir Sie nun fürs Bett fertig machen? Möchten Sie vorher noch baden?“ hakte sie nach. Ben sah sie an. „Ich würde sehr gern baden. Aber wie? Ich kann ja nicht in die Badewanne steigen.“ gab er von sich. Kristin lächelte. „Haben Sie es denn versucht?“ hakte sie nach. Ben staunte leicht. „Meine Beine machen nicht das, was sie sollen!“ behauptete er leicht mürrisch. „Ja, das weiß ich. Aber Sie sind hier im „Römer Wall“ und wir schaffen es auch Personen, die im Rollstuhl sitzen zu baden. Aber schauen Sie selbst….“ bot sie freundlich an und schob ihn ins Bad. In der Ecke stand eine Badewanne und Kristin öffnete einfach die Seite die nach vorn zeigte. Ein Sitz zeigte sich. Bens Augen strahlten. „So und nun fahren Sie den Rollstuhl dicht an die Badewanne!“ forderte Kristin ihn auf. Ben nickte und tat was sie wollte. „Jetzt stellen Sie die Lehne zur linken Seite nach oben!“ kam der nächste Befehl den Ben prompt ausführte. „Und nun greifen Sie die Halterung an der Seite. So ist es gut….und nun rüber rutschen!“ forderte sie auf. Ben saß in der Badewanne. „Fein…aber vielleicht hätte ich mich ausziehen sollen…“ grinste er nun. Kristin nickte. „Ja schon richtig, aber das können wir gleich machen.“ bot sie an. Ben schluckte. „Sie wollen mich ausziehen?“ hakte er nach. Kristin lachte auf. „Warum denn nicht? Nur keine Sorge, Sie sind nicht der erste Patient den ich versorge.“ gab sie zurück. „Aber wenn Sie lieber männliche Pfleger haben möchten, dann akzeptiere ich das natürlich auch.“ hängte sie an. „Nein! Nein….ist in Ordnung….“ gab er sofort zurück.


    Kristin zog Ben aus und ließ dann die Tür einschnappen. Skeptisch sah er an der Seite herunter. „Und da läuft kein Wasser raus?“ hakte er nach. Kristin schüttelte den Kopf. „Nein, es ist alles dicht. Wie warm möchten Sie das Wasser haben?“ stellte sie nun die Frage. „Angenehm warm….ein wenig heiß…obwohl ich spüre es ja eh nicht..“ kam leise von Ben. Kristin lächelte. „Sie spüren doch alles. Sie können es nur nicht bewegen, Ben…ich meine Herr Jäger…“ korrigierte sie sich sofort. „Ben ist schon okay…ist ja mein Name. Geben Sie mir das Shampoo?“ bat er. „Ja sicher, soll ich ihnen helfen wegen dem Waschen?“ bot Kristin sich nun an. „Ich denke das schaffe ich schon…vielleicht machen Sie schon mal das Bett, dann kann ich nach dem Bad schlafen.“ schlug er vor. Kristin lächelte. „Alles klar…“ nickte sie und verschwand. „Aber Sei bleiben bitte in der Nähe, falls ich Sie brauche…“ rief er ihr noch nach. Kristin lächelte. Wie gern würde sie in seiner Nähe bleiben. Irgendwie pochte ihr Herz wenn sie bei ihm war. Er war so….faszinierend…traumhaft…. „Ja ich bin hier…wenn etwas ist, dann rufen Sie ganz laut.“ bestätigte sie und machte das Bett ihres Patienten. Die Zeit verging und als sie gerade wieder zu ihm ins Bad wollte, hörte sie ihn singen. Whow…dachte sie nur. Diese Stimme….sie war wundervoll. Ben Jäger konnte sehr gut singen. „Ich bin fertig!“ riss sie aus ihren Gedanken. „Ja, ich komme…“ gab sie zurück und betrat das Bad.

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  • „Wie komme ich jetzt raus?“ fragte Ben. „Genauso wie Sie reingekommen sind, aber dazu lassen wir jetzt das Wasser ab. Dann bekommen Sie von mir ein Handtuch, wir trocknen Sie ab und dann werden Sie wieder angezogen. Danach werden Sie sich wieder abstützen und sich in Ihren Rollstuhl setzen. Genau wie wir es vorher gemacht haben nur umgekehrt.“ lächelte Kristin. „So…können Sie sich allein abtrocknen oder soll ich?“ Fragte Kristin. Ben wurde leicht rot. „Ähm…also ich glaube…ich brauche Hilfe…“ gab er zu. Kristin nickte. „Okay…dann wollen wir mal… oder soll ich einen Pfleger rufen?“ Kristin sah ihn an. Ben überlegte kurz. „Ja ich glaube es wäre besser….oder trauen Sie sich das zu? Ich meine…also wenn es Ihnen nicht ausmacht, dann…dann könnte ich mich auch mit Ihnen zufrieden geben.“ ließ Ben von sich hören. Kristin musterte ihn. „Ich denke das bekommen ich hin…mit Ihrer Hilfe…“ lächelte sie. Sie legte ein Handtuch in den Rollstuhl und dann eines um Bens Blöße zu bedecken. „So der Rest später…nun in den Rollstuhl!“ forderte sie ihn auf und erklärte wieder jeden einzelnen Schritt. Ben hatte es sehr schnell raus. Er saß wieder in seinem Rollstuhl und fuhr ins Zimmer. „Das tat gut…“ stöhnte er. „So und nun ins Bett!“ forderte Kristin ihn auf. Ben nickte. „Okay… den Trick habe ich ja schon gelernt.“ meinte er und ließ das Bett runterfahren. Dann griff er die Triangel und zog sich ins Bett. „Whow….das machen Sie sehr gut.“ lobte Kristin ihn. „Was bleibt mir anderes übrig. Ich habe einen Pyjama im Schrank. Würden Sie ihn rausholen und ihn mir anziehen?“ bat er sie. Kristin nickte. Ben saß am Bettrand und sah Kristin an. „So..dann erst einmal die Hose..“ lächelte sie und zog ihn an. Ben wollte wie er es bisher gewohnt war aufstehen und verlor das Gleichgewicht. Kristin griff beherzt zu. Sie umarmte Ben an den Hüften und als sie so dicht aneinander waren schien ein Funke überzuspringen. Ben spürte wie sein Herz sprang. Er hielt sich krampfhaft an der Triangel fest, damit Kristin nicht zusammenbrach. „Setzen Sie sich!“ forderte sie auf. „Ja,….sorry…“ gab er zurück. Dann endlich war es soweit. Er saß wieder am Bettrand. „So….und nun drückten Sie sich mit Ihren Armen nach hinten. Dann nehmen Sie Ihre Beine und legen sie auf das Bett.“ ging es weiter. Ben tat es und lag endlich. „Können wir das noch einmal machen?“ bat er und ein leichtes Aufleuchten in den Augen war zu sehen. „Was denn?“ kam irritiert von Kristin. „Dass Sie mich so festhalten…“ lachte Ben. Diese Frau…..sie hatte es ihm angetan.


    Zwei Wochen später kam Paul Gerner das zweite Mal zu einem Gespräch und war erstaunt wie gut Ben aussah. „Ich habe das Gefühl, dass sich hier etwas getan hat.“ lobte er den Polizisten. „Ja, ich weiß ich bin beim ersten Mal sehr abweisend gewesen, aber….“ erklärte Ben. „Was ist denn passiert, dass Sie es anders sehen? Ich habe das Gefühl, dass Sie nicht mehr aufgeben wollen. Das wäre wirklich eine sehr kurze Therapie für mich gewesen. Eigentlich sogar die kürzeste…“ gab Paul zu. Ben sah ihn an. „Ich will leben. Ich will wieder leben wie früher. Ich will laufen, mit den Kindern spielen, ich will meinen Job wieder!“ legte Ben fest. Paul nickte. „Das hört sich zwar gut an, aber ich höre noch immer ein kleines Aber in der Stimme. Was ist los?“ hakte er nach. Ben sah aus dem Fenster. „Auf der einen Seite sehe ich alles jetzt positiver als vorher, aber immer noch sind da Zweifel. Ich meine, was mache ich wenn ich nicht mehr laufen kann? Was kann ich machen? Ich wäre für den Rest meines Lebens an diesem Stuhl gebunden. Könnte keinen Schritt mehr ohne ihn machen.“ erklärte Ben. „Aber eben sagten Sie doch, dass Sie wieder laufen wollen! Halten Sie nur diesen Gedanken fest! Nur diesen einen Gedanken. Das ist Ihr Ziel! Das müssen Sie sich immer wieder sagen. Sie wollen wieder laufen!! Ich will es!! Ich will es!! Sagen Sie es… und legen Sie alle Entschlossenheit in diese drei Worte!“ forderte Paul ihn auf. Ben sah ihn an. „Ich will es…“ gab er zaghaft zurück. „Nein, nein…mehr Ehrgeiz! Brüllen Sie es raus!! ICH WILL ES!!“ machte Paul es vor. Ben lachte leise auf, doch dann überwand er sich. „ICH WILL ES!!! ICH WILL ES!! ICH WILL ES!!“ schrie er laut. Erstaunt stellte er fest, dass es ihm gut tat. Er drehte den Rollstuhl um und fuhr auf den Balkon. „ICH WILL ES!!!“ schrie er laut. Paul Gerner lächelte und nickte. „So ist es gut….und wie fühlen Sie sich?“ hakte er nach. Ben sah ihn an. „Frei….ich fühle mich frei…..es tut gut…“ gab er zu.

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  • Der 1. September war da. Semir sah aus dem Fenster und bemerkte das trübe Wetter. Der Himmel war wolkenverhangen und es tröpfelte hin und wieder. Genauso wie sein Gemütszustand war. Heute war es also soweit. Er musste mit Alex Brandt auskommen. Alex Brandt war in Bens Alter und kam von der Drogenfahndung. Die Gespräche die Semir bisher mit Alex Brandt geführt hatte, waren sehr aufschlussreich und zeigten einen jungen, freundlichen und auch entschlossenen jungen Mann der genau wusste, dass er bei der Autobahnpolizei nur auf Zeit seinen Dienst tun würde. Gestern hatte er Ben in der Klinik besucht und war erfreut, dass sein Freund nicht mehr so tief in Gedanken versunken war. Er konnte sogar wieder lachen. Semir hatte allerdings den Verdacht, dass dies nicht an seinen Besuchen lag, sondern eher an der jungen Physiotherapeutin die Ben betreute. Aber er freute sich für seinen Freund, denn das Schicksal was Ben ereilt hatte war hart. Ben war immer jemand, der sich sportlich betätigte und ständig unter Strom stand. Er musste sich bewegen und er musste auch Anerkennung darin finden. Neben der Musik war Sport Bens großes Hobby. Doch dank eines wahnsinnigen Arztes, war dies zerstört worden. Wenn auch nur auf Zeit. „Morgen…“ riss ihn die Stimme von Alex aus den Gedanken. „Morgen…“ gab Semir zurück. Alex setzte sich wie selbstverständlich auf Bens Stuhl. Semir sah ihn wütend an, doch er schluckte jede Bemerkung runter. Alex hatte das Recht dort zu sitzen. Es war jetzt sein Platz. „Alles okay?“ fragte der junge Mann. „Ja sicher…“ nickte Semir und dachte sich sein Teil. Susanne klopfte an die Tür. „Ihr sollt bitte zur Chefin kommen.“ Bat sie freundlich. Semir stöhnte auf. „Dann auf geht’s….mal sehen was sie will. Vermutlich wird sie Sie jetzt offiziell einführen und dann die Aufgaben für heute vergeben.“ mutmaßte er und sah Alex an.


    Bei Ben kam bereits das Mittagessen und er aß alles auf. Der Appetit war zurück gekehrt. Die Portionen die er bekam, waren zwar klein, aber es reichte aus. Obst und Nachtisch behielt Ben immer für den späten Nachmittag falls der kleine Hunger kam. Endlich kam auch Kristin wieder zu ihm. „So…Nachmittagsgymnastik ist angesagt!“ meinte sie und fing an Bens Beine zu bewegen. Sie drückte sie in Richtung Hüfte und zog sie wieder lang. Dann drehte sie den Fuß und bewegte ihn auf und ab. Ben sah ihr dabei zu. „Sie sollen mitmachen!“ lachte sie. „Aber warum denn? Sie machen das doch ganz gut…“ gab Ben keck zurück. „Aber das bringt nichts. Wenn Sie es nicht wollen, dann kann ich nichts machen.“ erklärte sie und musste sich das Lachen verkneifen. Ben nickte. „Gut…dann mache ich mit…“ meinte er und packte seinen Fuß. Er zog ihn hoch und sah Kristin dann an. „Gut so?“ wollte er wissen. Kristin lachte. „Das wissen Sie doch ganz genau. Sie sind sehr gelenkig…das ist schon mal sehr gut. Was halten Sie davon, wenn wir heute schwimmen gehen?“ schlug sie vor. Ben sah sie an. „Schwimmen? Wie?“hakte er nach. „Im Wasser, da geht es am besten…“ konterte Kristin. „ha, ha…sehr witzig. Aber ja…sehr gern.“ gab Ben von sich. „Wir haben hier in der Klinik ein eigenes Schwimmbad und dort werden wir jetzt unsere Gymnastikstunde hin verlegen. Sie werden sich befreit vorkommen, wenn Sie auf dem Wasser treiben.“ erklärte Kristin. Ben nickte. Das klingt gut….das klingt sehr gut…“ lobte er sie. Nur wenig später waren sie im Bad und Ben sah die Größe des Beckens, dann kamen ihm Zweifel an den weiteren Verlauf. „Wie soll ich denn da reinkommen?“ wollte er wissen. „Nun mit Muskelkraft…und zwar mit denen der Arme. Ich werde vorgehen und Sie auffangen. Sie können sich dort an dem Rand mit dem Rollstuhl ans Becken fahren und von dort aus mit den Stangen ins Wasser hangeln. Dann lassen Sie sich einfach fallen und ich fange Sie auf.“ erklärte Kristin. Ben schluckte schwer. Konnte er sich auf Kristin verlassen? Was wenn sie….“Na kommen Sie schon Ben…das Wasser ist wunderbar…“ riss sie ihn aus den Gedanken. Ben nickte und machte alles wie Kristin es sagte. Nur wenig später war er im kühlen Nass und Kristin stützte ihn zu Anfang. „Machen Sie sich lang!“ forderte sie auf. Ben versuchte es, doch es klappte nicht. „Die Bauchmuskeln anspannen! Dann kommen die Beine auch hoch!“ lachte sie. Ben versuchte es, doch es ging nicht. „Okay…..an den Rand. Ich werde Sie an den Rand ziehen und dann werden wir erst einmal übel.“ bestimmte Kristin nun und zog Ben an den Beckenrand.

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  • Ben trieb auf dem Wasser und genoss es das Kristin dicht bei ihm war. Sie hatte ihre Arme unter seinem Hals und hielt ihn regelrecht über Wasser. „So ist es sehr gut. Entspannen Sie sich. Vertrauen Sie mir…“ forderte sie. Ben nickte. Er schloss die Augen und ließ sich einfach treiben. „Woran denken Sie?“ wollte Kristin nach einer Weile wissen. „ich weiß nicht…an nichts Bestimmtes. Das Laufen ist so selbstverständlich und man vermisst es erst, wenn man es nicht mehr kann.“ gab er leise von sich. „Ja das stimmt…Ben…aber Sie werden es wieder schaffen. Sie sind stark genug und Sie werden es tun, wenn Sie mitarbeiten. Ich werde Ihnen nun eine Schwimmnudel unter die Beine legen und auch eine unter dem Kopf, dann werden Sie sich nur mit Ihren Armen fortbewegen. Machen Sie Kreise und schwimmen Sie auf dem Rücken. Das stärk die Muskulatur im Rücken.“ bat sie. Ben sah sie kurz an. „Nicht dass ich jetzt untergehe…“ grinste er. Kristin lachte auf. „Ganz sicher nicht….erst werde ich den Kopf stützen…“ erklärte sie. Ben spürte wie sich die Unterlage direkt an seinem hals positioniert wurde. „und nun die Beine…..ich lasse Sie los. Spannen Sie die Rücken- und Bauchmuskulatur an, dann bleiben Sie in der Waagerechten.“ forderte Kristin. Ben spürte das es plötzlich schwer wurde und spannte die Muskeln an. Nur wenig später lagen auch seine Beine sicher auf der Schwimmhilfe. „Und nun….los geht es. Wir werden jetzt mindestens vier Bahnen hin und auch zurück schwimmen.“ befahl sie. Ben führte es aus. Zügig schwamm er durch das Becken. Doch am Rand bekam er etwas Probleme sich zu drehen und es dauerte bis er den Trick heraus hatte, doch dann ließ er sich nicht mehr aufhalten. Wie gut es doch tat den Körper zu fordern. Nach einer guten Stunde lag er einfach nur auf den Nudeln. „Müssen wir das Bad nicht wieder frei machen? Ich meine, ich bin sicher nicht der einzige Patient oder?“ wollte Ben wissen. Kristin schwamm auf ihn zu. „Ich verrate Ihnen etwas….das Bad ist nur für uns beide. Heute ist eigentlich Clubschwimmen, aber die Damen, die das machen sind im Urlaub und daher fällt der Kurs aus. Außerdem bin ich die Tochter vom Chef und da kann ich auch bestimmen, wann ich das Bad nehme und wie lange. Nur keine Sorge….wir haben keinen Engpass. Oder möchten Sie raus?“ hakte Kristin nun nach. Ben lachte auf. „Nein, von mir aus könnte es noch Stunden so weiter gehen. Einfach mal die Seele baumeln lassen. Und wenn dann noch eine so schöne Frau einen begleitet, ist es einfach nur genial…“ gab Ben zurück.


    Nach guten zwei Stunden wurde Ben wieder in sein Zimmer gebracht. „Können wir nicht raus in den Park?“ fragte er Kristin. „Ja sicher, aber erst werden Sie sich ein wenig ausruhen. Nicht das der Körper überfordert wird.“ meinte sie fürsorglich. „Haben Sie eigentlich einen Freund?“ wollte Ben plötzlich wissen. Kristin schluckte. „Nein….nicht mehr.“ gab sie dann zurück. „ich auch nicht…also ich meine eine Freundin…ich hab auch keine….mehr.“ setzte er fort. Kristin lächelte verlegen. „Dann sind wir beide solo….“ stellte sie fest. „Ja….schlimm nicht wahr?“ lachte Ben. „Sie sollten sich ein wenig hinlegen und schlafen. Wenn Sie wollen, können Sie das auf dem Balkon. Es ist sehr schön draußen und eigentlich zu schade um im Bett zu liegen.“ bot Kristin an. „Sehr gern. Leisten Sie mir Gesellschaft?“ fragte Ben. Kristin senkte ihren Blick. „Das geht leider nicht. Ich muss mich noch um einen anderen Patienten kümmern. Aber danach komme ich wieder.“ versprach sie. Sie legte Ben die Hand auf die Schulter und er griff nach ihr. „Danke…“ sagte er leise. „Wofür?“ hakte sie irritiert nach. „Für das Schwimmen, für das Baden, für die Betreuung. Einfach für alles.“ erklärte er. „Das ist doch mein Job…“ antwortete sie und versuchte sich zu lösen. Doch Ben hielt sie fest. „Wenn ich laufen könnte, würde ich Sie zum Essen einladen…“ ging es bei ihm weiter. Kristin lächelte. „Wir können auch im Rollstuhl essen gehen. Ich kenne da ein sehr schönes Restaurant.“ bot sie an. „Würden Sie….mit mir dort hingehen?“ wollte er nun wissen. „Ja, sehr gern Ben….wirklich sehr gern…“ hauchte sie. Er ließ sie los und sie verließ ihn. Ben sah ihr nach. Diese Frau…..sie hatte etwas an sich, doch erst musste er herausfinden ob er sie liebte oder ob er sie nur im Augenblick einfach verehrte, weil sie ihn behandelte als wäre er normal.

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  • Während Ben weiter aufgebaut und doch auf das Leben im Rollstuhl vorbereitet wurde, bekamen Semir und Alex den Befehl Präsenz auf den Rast- und Parkplätzen entlang der Autobahn zu zeigen, da vermehrt Drogen an diesen Orten aufgetaucht waren. So fuhren sie einen Platz nach dem Anderen an und sahen sich um. Bisher konnte kein Dealer festgenommen werden, aber der Polizeipräsident hoffte wohl, dass diese dann keinen Stoff mehr verkauften. Die Ideen eines Schreibtischtäters, hatte Alex es genannt und das machte ihn wieder sympathisch. Sie fuhren bereits seit drei Stunden die Autobahnen ab doch auf keinem war auch nur die Spur eines Deals zu sehen. „Tja, das war dann wohl nichts. Noch einen und wir machen Pause.“ stöhnte Semir. „Wäre ja auch mal zu schön, wenn wir einen großen Schlag gegen die Drogenhändler machen könnten.“ meinte Alex nur. Semir sah ihn kurz an. „Da haben Sie Recht…“ stimmte er zu. Er musste sich an diesen ruhigen jungen Mann gewöhnen. Das einzige was ihn wirklich ein wenig ängstigte waren diese Augen. Sie waren blau und fast glasklar. Irgendwie erinnerten sie Semir an Eis und jedes Mal wenn Alex ihn ansah fühlte er einen kalten Schauer über den Rücken laufen. „Sie mögen mich nicht oder?“ fragte der junge Mann plötzlich. „Was? Ähm….nein…also ich würde es nicht so ausdrücken..“ stammelte Semir, der über diese direkte Frage sehr erstaunt war. „Ich meine, ja…Ben fehlt mir, aber…es ist nichts persönliches. Also wissen Sie, ich weiß wie Ben reagieren würde, wenn jetzt etwas Unerwartetes passiert. Ich weiß seine Vorgehensweise. Bei Ihnen weiß ich es einfach nicht. Ich weiß nicht wie es ist, wenn wir in Gefahr geraten. Wie Sie reagieren. Das macht mich halt etwas unsicher.“ erklärte er ausführlicher. „Sie haben doch sicher meine Akte gelesen. Ich bin bisher mit meinem Partner ausgekommen.“ gab Alex zurück. Semir nickte erneut. „Ja, das stimmt. Ihre Akte ist tadellos und lässt sich sehr gut lesen. Das Sie mit Ihren Partnern ausgekommen sind ist wirklich klasse, nur war Ihre letzte Partnerin eine Hündin mit dem Namen „Lira“ und ist bei einem Einsatz erschossen worden. Das haben Sie mir verschwiegen.“ bestätigte Semir. „Nein, das habe ich nicht. Ich sagte ja, dass ich eine Partnerin verloren habe. Ob nun vier oder zwei Beine ist völlig egal. Lira war ein Drogensuchhund und wenn sie nicht gewesen wäre, dann wäre ich vermutlich jetzt nicht Ihr Partner.“ stieß Alex aus. Semir merkte sofort, dass er eine wunde Stelle getroffen hatte.


    Alex verschränkte die Arme vor seiner Brust und sah zum Seitenfenster hinaus. „Entschuldigung….natürlich ist es egal ob eine Partnerin nun zwei- oder vierbeinig ist. Aber ich bin von einer Frau ausgegangen, die erschossen wurde.“ kam von seinem neuen Partner. „Herr Gerkan…Lira war auch eine Polizistin. Eine sehr gute. Sie hat mir das Leben gerettet und ihres dafür gegeben. Ich habe sie immer als vollwertige Partnerin gesehen. Ich bin Polizist durch und durch und ich werde auch reagieren, wenn mein Partner in Gefahr ist und ich hoffe es ist umgekehrt genauso!“ fauchte er Semir Gerkan an. Dieser sah ihn kurz an. „Ich habe mich doch entschuldigt!“ knurrte er und zog auf den nächsten Rastplatz. „Hier waren wir schon!“ gab Alex bekannt. „ich weiß, aber ich muss mal!“ gab Gerkan zurück. Alex nickte nur. Sollte dieser Typ doch tun was er wollte. Seine Gefühle für Lira, die einige Jahre bei ihm war und mit der er auch Abende zuhause verbracht hatte, waren nach wie vor da. Aber von einer Tierliebe hatte dieser Türke wohl noch nie was gehört. Vermutlich hatte er nur eine türkische Frau und sechs oder sieben Kinder, die alle Kopftuch tragen mussten, sofern sie weiblich waren. So sind Türken halt, dachte er. Der Wagen hielt an und Gerkan stieg aus. „Ich bin gleich zurück. Wollen Sie sich auch die Beine vertreten?“ fragte er. Alex nickte. „Ich gehe ein paar Schritte.“ bestätigte er und stieg ebenfalls aus. Er schlug die Tür zu und ging zu dem kleinen Waldweg, der sich direkt hinter dem Häuschen erstreckte. Mit langsamen Schritten ging er den Weg entlang und setzte sich als er den Wald erreicht hatte auf die Bank. Er stützte seinen Kopf in seine Arme und sah einfach nur den Waldboden an. Was hatte er sich da angetan? Autobahnpolizei. Es war extrem langweilig und nervig. Man saß nur im Auto und wartete darauf, dass etwas passierte. Wie konnte man das gut finden? Wo blieb die Action? Er legte seinen Kopf in den Nacken. Er dachte wieder an Lira und sah wie sei aufsprang und ihn zur Seite warf. Er sah wie die Kugel ihren Körper durchschlug und sie zu Boden fiel. Alles war wieder da. Eine Träne lief ihm über das Gesicht. Es schmerzte immer noch wenn er an diese treue Seele dachte.

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  • Semir kam nach guten fünf Minuten wieder aus der Toilette und wusch sich die Hände. Dann trat er aus dem Häuschen und sah zwei Männer, die sich stark gestikulierend unterhielten. Semir dachte sich nichts dabei und ging zu seinem Wagen. Als er jedoch näher an die Männer herankam und diese ihn bemerkten wurden sie hektisch, was Semir nun doch aufmerksam machte. Er trat an die Männer ran und zog seinen Ausweis. „Gerkan, Kripo Autobahn. Kann ich Ihnen behilflich sein?“ wollte er freundlich wissen. Bevor er sich versah zog einer der Männer aus dem Hosenbund eine Waffe und richtete sie auf ihn. „Hey….hey…ganz ruhig….“ kam sofort von Semir und er hob die Hände. „Was machen wir jetzt? Der Bulle wird doch seine Kollegen rufen!“ fauchte der eine Mann. „Ich weiß….aber er scheint allein…los darüber!“ befahl der andere Mann. Semir nickte und tat was der Mann sagte. Nur wenig später musste er sich in Schräglage bringen und wurde entwaffnet. „Was machen wir jetzt?“ wiederholte der Mann. „Wir werden ihn hier festbinden, dann haben wir Zeit abzuhauen!“ überlegte der Zweite. „Hören Sie…“ versuchte Semir und hoffte, dass Alex auftauchen würde, bevor die Männer sich aus dem Staub machen konnten. „Schnauze!!“ blaffte ihn der Mann an, der ihn mit der Waffe bedrohte. „Knall ihn ab und lass uns abhauen!“ forderte der erste Mann. Diese Idee gefiel Semir überhaupt nicht, doch was sollte er tun. Gegen zwei Waffen zog er auf jeden Fall den Kürzeren. „Du hast Recht….einer weniger…“ stimmte der Zweite zu und spannte seinen Waffe. Semir drehte sich langsam um. Wenn man ihn erschießen wollte, dann sollte der Täter ihm in die Augen sehen. Manchmal würde das ein Kippen der Situation bewirken und das hoffte Semir. Scheinbar war Alex weiter weg, als er es vermutet hatte und so musste er allein damit fertig werden. „Good Bye, Bulle!“ grinste der Schütze und richtete die Waffe auf Semirs Kopf. Kurz darauf hallte ein Schuss.


    Ben verbrachte den Nachmittag auf dem Balkon und war tatsächlich eingeschlafen. Eine kalte Hand, die sich auf seine Schulter legte weckte ihn und ließ ihn zusammenzucken. „Entschuldigung…ich wollte Sie nicht erschrecken.“ kam von Kristin. „nein…schon gut…ich war nur in Gedanken…“ gab Ben zurück. „Sie haben geschlafen…“ lächelte Kristin. „Nein….ich habe nur entspannt…..“ widersprach Ben. „Sie haben geschlafen. Ich habe es gehört…“ lachte Kristin. „aber es ist auch gut so. Der Körper wird gefordert und das braucht er. Sie werden sehen, bald sind Sie nicht mehr so in trüben Gedanken.“ versprach sie. „Das wäre wunderschön. Ich meine…es wäre wirklich toll, wenn wir….also Sie und ich…so ganz ohne diesen Hintergrund…“ stammelte Ben. Kristin nickte. „Wie wäre es mit morgen Abend? Ich meine… morgen habe ich eh etwas Besonders mit Ihnen vor, Ben. Es wird ihnen sicher gefallen…“ kam von ihr. Ben horchte auf. „Was denn?“ hakte er nach. Kristin lachte. „Nein…das verrate ich erst morgen!“ legte sie fest. Ben verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Warum?“ hakte er nach. „Was warum?“ wollte Kristin wissen. „Warum Sie es mir erst morgen sagen wollen?“ fragte Ben. „Weil es eine Überraschung ist und noch weiß ich nicht, ob es überhaupt klappt. Deshalb. Und nun schlafen Sie gut…Sie sind sicher sehr müde.“ schlug sie vor. Ben nickte. Kristin hatte Recht. Ihm fielen die Augen vor Müdigkeit fast zu auch wenn es erst später Nachmittag wäre, doch wie sagte man so schön…wer schläft sündigt nicht.

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  • Alex kam gerade aus dem Wald und wollte zum Wagen gehen, als er die Situation von Semir am Toilettenhäuschen bemerkte. Schnell zog er seine Waffe und schlich zum Häuschen. Er kam gerade rechtzeitig als der eine Männer auf Semir anlegte. Er selbst legte die Waffe an, zielte und drückte ab. Die Waffe des Mannes flog in einem hohen Bogen davon und der Zweite hob sofort die Hände. „Okay, Freunde…ihr hattet euren Spaß. Hände nach oben!“ forderte Alex mit harter Stimme. Auch der zweite Mann kam dem nach. Semir ließ die Hände sinken und nahm dem Gegner seine Waffe ab. „Das war in letzter Sekunde!“ wandte er sich an Alex. „Tja, Timing…“ gab dieser zurück ohne die Männer aus den Augen zu lassen. „Ich rufe mal eine Streife!“ gab Semir von sich. „Leg denen erst die Handschellen an!“ setzte Alex fest. Semir nickte. Alex reichte ihm seine Handschellen und schon trugen die beiden Männer einen wunderschönen Schmuck. Semir ging zum BMW und informierte die Kollegen, die nur wenig später auf dem Rastplatz auftauchten und die beiden Männer abführten. Semir und Alex nahmen sich den Wagen der Männer vor und wurden fündig. Mehrere Tüten mit leicht rötlichen Tabletten wurden sichergestellt. „Damit ist uns heute doch noch ein großer Fang ins Netz gegangen.“ strahlte Semir. „Übrigens…danke Partner“ hängte er an und reichte Alex die Hand. „Nichts zu danken.“ gab dieser zurück. Semir sah ihn an. „Doch….das war verdammt knapp. Wenn du nur eine Minute später da gewesen wärst, dann läge ich jetzt da…“ ließ Semir leise von sich hören. Alex nickte. „Ja, das ist wohl wahr. Ich wollte eigentlich längst zurück sein, aber eine junge Frau hat mich aufgehalten. Die hatte ein Fahrgestell…whow….“ grinste Alex. Auch Semir musste auflachen. Irgendwie war Alex doch nicht so falsch. Und als guter Partner hatte er sich eben bewiesen.


    Ben wachte am nächsten Morgen schon um sieben Uhr auf und sah stöhnend auf die Uhr. Er spürte den Muskelkater in den Armen und war sogar erfreut darüber. Er spürte seinen Körper. Aber in den letzten Tagen war es sehr ruhig und er konnte sich ausruhen. Ausruhen und erholen von der OP, die sein Leben zerstört hatte. Die ihn den Job kostete. Jetzt hatte er ein sehr gutes Frühstück gehabt und wartete auf Kristin. Sie war seine Therapeutin und hatte ihm schon vieles beigebracht. Sie hatte seine Beine bewegt und ihm gezeigt wie er selbst etwas machen konnte. Auch wenn es lächerlich aussah wenn er sich verbog so freute er sich über jede Bewegung die er machen konnte. Heute, so hatte Kristin versprochen sollte etwas Besonderes passieren. Es klopfte und Kristin kam herein. „Guten Morgen Ben…bereit zu neuen Schandtaten?“ begrüßte sie ihn herzlich. Er sah sie an. „Kristin! Ich warte schon seit einer Stunde auf dich! Was steht heute an? Du hast gesagt, wir machen was Besonderes!“ wollte er von ihr wissen und zog sich in die Sitzposition. „Na, heute wirst du einen weiteren Schritt in die Unabhängigkeit machen. Bisher waren wir damit beschäftigt deine Beine zu bewegen und dich zu mobilisieren. Du hast gelernt wie du dich vom Rollstuhl ins Bett heben kannst und umgekehrt. Du hast gelernt wie du dich in die Wanne bringen kannst, wie du schwimmen kannst und heute werden wir vom Rollstuhl in ein Auto steigen.“ gab sie bekannt. „Ins Auto?“ fragte Ben erstaunt und legte seinen Kopf schief. Kristin nickte. „klingt gut, aber wie soll das gehen?“ hakte er nach. „Das zeige ich dir. Auf geht’s…“ lachte sie und schob den Rollstuhl aus dem Zimmer. Nur wenig später standen sie auf dem Parkplatz. Kristin lenkte Bens Rollstuhl auf der Fahrerseite. Er sah skeptisch auf das Auto und dann zu Kristin. „Ähm…ich soll fahren?“ fragte er. „Ja, ich denke du hast doch einen Führerschein oder?“ lachte sie. „Ja sicher…aber….wie? Ich meine….ich brauche dazu meine Beine…“ stammelte er. „Nun bei einem normalen Auto ja, aber dieses Auto ist speziell für Gelähmte hergestellt. Gut, es ist noch immer kein Serienwagen, aber es ist bezahlbar.“ erklärte sie weiter. Ben strahlte immer mehr. Endlich konnte er wieder auf die Straße. In einem Auto auf die Autobahn. So dachte er jedenfalls.

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  • Kristin sah ihren Patienten an. „So….du stellst die Lehne hoch und ein Stück zurück, damit du die Tür aufmachen kannst.“ forderte sie auf. Ben nickte und tat was sie wollte. „So….und nun greif mal unter den Fahrersitz!“ befahl sie. Ben sah sie an. „Du wirst dort einen Knopf finden. Drück ihn!“ ging es weiter. Ben nickte und suchte danach. Als er ihn gefunden hatte drückte er und zuckte leicht zusammen, denn der Fahrersitz kam ihm entgegen. „Jetzt greifst du nach dem Haltegriff und ziehst dich hoch.“ bat sie ihn. Auch das tat Ben. Und es klappte auf Anhieb. Ben stieß ein zufriedenes „YEAH!!!“ aus und sah Kristin an. „Das war sehr gut….wirklich…das war verdammt gut…“ lobte sie ihn. „Jetzt drücke den Knopf noch einmal!“ ging es bei ihr weiter. Ben tat es und der Sitz schob sich wieder in den Wagen. Als die Endposition erreicht war griff Ben nach seinen Beinen um diese in eine angenehme Position zu bringen. Dann griff er nach dem Steuer und streichelte es regelrecht. Er hatte wirklich gedacht, dass er dies nie wieder machen würde. Kristin schlug die Tür zu und ging zur Beifahrerseite. „und jetzt?“ wollte Ben wissen. „Jetzt werden wir eine Runde auf dem Parkplatz drehen.“ gab sie bekannt und Ben den Schlüssel. „ja aber wie? Ich kann kein Pedal benutzen.“ beklagte er sich. „Das ist klar….dieses Fahrzeug ist ein Automatikfahrzeug. Damit ist klar, dass du nicht schalten musst und genau deshalb kannst du es fahren. Siehst du die beiden Knöpfe die links und rechts im Lenkrad sind?“ wollte sie wissen. Ben suchte das Lenkrad ab und nickte dann. „rechts ist Gas und links ist die Bremse. Versuch es mal!“ forderte sie ihn auf. Ben steckte den Schlüssel ins Schloss und schaltete auf Fahrt. Das erste Mal sprang das Fahrzeug kurz vor. „Uops!“ stieß Ben aus und Kristin lachte auf. „Nur keine Angst….das passiert jedem.“ erklärte sie. „Wie gut das Semir nicht da ist..“ gluckste er plötzlich. Ben versuchte es ein zweites Mal. Diesmal schaffte er es und der Wagen rollte. Etwas ungewohnt durch die Bedienung fuhr Ben sehr langsam, aber für ihn war es ein großer Schritt in die Unabhängigkeit. Er konnte sich mit einem Auto fortbewegen. „Können wir auf die Autobahn?“ bat er. Kristin lachte auf. „Nein….noch nicht. Du musst dich an das Anto gewöhnen! Das dauert seine Zeit und die Auflagen sind streng. Du musst mindestens zehn Stunden in diesem Wagen geschult sein. Dann vier Stunden Autobahn und Landstraße. Und wenn du das geschafft hast, dann kannst du fahren wohin du willst. Und nun parke wieder neben deinen Rollstuhl.“ bat sie ihn nach zwei Runden. Ben tat es und war unglaublich stolz auf sich. „Ich werde dich heute Abend um acht abholen und dann fahren wir in die Stadt.“ erklärte sie. Ben nickte.


    Kristin holte ihren Patienten pünktlich ab und war erstaunt, dass dieser schon fertig angezogen im Rollstuhl saß. „Whow…Du bist ja schon fertig.“ lobte sie ihn. „Nun ja, ich wollte einfach mal wieder mehr selbst machen. Wo geht es hin?“ wollte Ben wissen. Kristin lächelte. „Sehr schön…und wohin es geht, warte es einfach ab..“ gab sie zur Antwort. „Okay… Kristin, ich begebe mich in deine Hände.“ grinste er und lachte. „Lass uns gehen. Ich brenne darauf in die Stadt zu kommen. Darf ich fahren?“ hängte er fragend an. Kristin sah ihn an. „Nein, das ist noch zu früh. Du hast erst eine Stunde im Auto gehabt. Da solltest du noch etwas warten.“ lehnte sie ab. Leicht schmollend ließ Ben sich aus dem Zimmer schieben und saß wenig später im Auto. „Wohin geht es jetzt?“ fragte er neugierig. „Wir fahren am besten zu Enrico… er macht die besten Pizzen der Welt.“ erklärte sie und lenkte den Wagen durch die Stadt. Dann stoppte sie vor einem Restaurant. „Whow…sieht gut aus…“meinte Ben. „Ja und es ist auch sehr gemütlich.“ meinte sie, stieg aus und half Ben aus dem Wagen. Kristin schob den Rollstuhl durch die Tür und an einen niedrigen Tisch. „Whow..die sind hier wohl auf Rollstuhlfahrer eingestellt was…“ meinte Ben nachdenklich, denn alle Tische waren hier auf einer gleichen Höhe. „Nun, das hat seinen Grund.“ erklärte Kristin und setzte sich. Nur wenig später kam ein Kellner und Ben staunte nicht schlecht, als dieser im Rollstuhl vorfuhr. Erstaunt sah er Kristin an. „Das ist Enrico…er ist Koch, Chef, und er bedient seine Kunden.“ lächelte sie. „Whow….“ staunte Ben nur und langsam begriff er warum Kristin mit ihm in dieses Restaurant ging. „Du siehst wie immer blenden aus, Kristin…“ lobte sie der Kellner. „Was kann ich euch bringen?“ hängte er fragend an. „Wir nehmen das Spezialprogramm…“ legte Kristin fest und Ben sah sie nur erstaunt an. Enrico nickte und verschwand. „Was willst du mir damit zeigen?“ wandte Ben sich an sie. „Ich? Nichts….wirklich…Enrico ist seit über zwölf Jahren im Rollstuhl. Nur wird bei ihm nie wieder etwas funktionieren. Im Gegenteil zu dir.“ gab Kristin zurück. „Was ist der Grund dafür?“ wollte Ben wissen. „Er hatte einen Unfall. Enrico war Bergsteiger und ist abgestürzt. Das Rückenmark ist durchtrennt worden und er ist ab der Hüfte an gelähmt. Aber Enrico hat nicht aufgegeben und dieses Restaurant aufgemacht. Es floriert wie du siehst. Egal ob nun gelähmt oder nicht. Und du wirst wieder laufen. Du hast doch sicher auch mehr Biss oder?“ hakte sie nach. Ben sah sie an. „Oh ja…ganz sicher…“ grinste er.

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  • Weit nach Mitternacht brachte Kristin Ben wieder ins Krankenhaus und auf sein Zimmer. „Danke…“ sagte er. „Für was?“ wollte sie wissen. „Weil du mir alles gezeigt hast. Ich weiß jetzt dass ich kämpfen muss. Enrico ist wirklich ein starker Mensch. Was er alles geschafft hat, obwohl er im Rollstuhl sitzt.“ Ließ Ben den Abend Revue passieren. „Ja, er ist ein toller Mensch. Und er war nach seinem Unfall auch genauso deprimiert wie du. Aber er hat es geschafft und du wirst es auch. Du wirst sogar mehr schaffen als er. Du wirst wieder laufen lernen. Du wirst eines Tages wieder laufen. Enrico nicht. Bei ihm kann man nichts machen, aber bei dir. Aber es werden noch viele Gespräche stattfinden. Gespräche mit Paul Gerner. Er wird dir helfen, das weiß ich. Gemeinsam werden wir es schaffen diesen langen Weg der Genesung zu gehen und wir werden dich unterstützen.“ versprach Kristin. Sie sah Ben tief in die Augen. Am liebsten hätte sie ihn geküsst, doch wie würde er reagieren. Doch Ben Jäger schien ihre Gedanken zu erraten. Er kam immer näher an ihr Gesicht und drückte es hoch. Dann küsste er sie. „Ich glaube ich liebe dich.“ sagte er leise. Kristin sah ihn an. „Ich auch….ich meine..ich liebe dich.“ Hauchte sie ihm zu. Nur wenig später küssten sie sich erneut. Kristin löste sich nach einer Weile von ihm. „Ich muss gehen. Ich muss noch ein wenig schlafen...“ lächelte sie ihn an. „Mein Bett ist doch groß genug. Warum bleibst du nicht bei mir?“ fragte er. Kristin erhob sich. „Nein….nicht hier im Krankenhaus. Das Nachtpersonal macht seine Runden und dann ist es keine so gute Idee.“ Lächelte sie. „Aber ich bin um zehn wieder bei dir..schlaf gut..“ verabschiedete sie sich. Ben sah ihr nach bis sie aus dem Zimmer war. Dann zog er sich aus und ging zu Bett. Nur wenig später war er mit dem Gedanken eingeschlafen, das das Leben nicht schlecht war und er das Beste daraus machen werde, auch wenn er nie wieder laufen könnte. Und wenn doch, dann würde es noch einmal härter werden, aber diesen Kampf würde er gemeinsam mit Kristin durchstehen.


    „Wie wäre es wenn du mit zu mir kommst? Ich lad dich auf ein Bier ein.“ bot Semir seinem Lebensretter Alex an. Dieser lächelte. „Sehr gern…“ stimmte er zu. „Okay..fahr mir einfach hinterher.“ meinte Semir und setzte sich in seinen BMW. Er wartete bis Alex im Mercedes saß und fuhr los. Alex hängte sich an. Nur zwanzig Minuten später waren sie vor Semirs Haus und während Semir seinen Wagen in die Garage fuhr, wartete Alex bis die Auffahrt frei war und stellte sich dann dort hin. Andrea hatte bereits per Telefon erfahren, das Alex heute zu ihnen kam und extra etwas gekocht. Freundlich begrüßte sie den neuen Partner und führte ihn in die Küche. „Wo sind denn die Kinder?“ fragte Alex. „Hast du schon mal auf die Uhr geschaut? Es ist nach zehn! Die Kinder schlafen schon.“ gab Semir gespielt empört von sich. „Oh.. ähm….ja entschuldige. Ich bin kein Vater…“ antwortete Alex verlegen. „Schon gut… Das Essen ist bereits fertig. Ich habe Rouladen gemacht und ich hoffe sehr, dass sie schmecken.“ meinte Andrea und tischte auf. Alex und Semir stürzten sich regelrecht auf die Köstlichkeit. „Whow….die sind echt gut…“ lobte Alex Andrea. „Danke…“ strahlte sie und setzte sich zu den Männern. Als das Bier allerdings dran war verabschiedete sie sich ins Bett und zwinkerte Semir zu. „Mach nicht zu lange…“ mahnte sie ihn und gab ihm einen Kuss. „Gute Nacht Herr Brandt…“ sagte sie zu Alex und verschwand. „Das ist echt ne klasse Frau…“ gab Alex zu als sie allein waren. „Ja…und sie ist meine!“ Semir hatte einen sonderbaren Unterton in die Stimme gelegt was Alex sofort registrierte. Er lachte auf. „Ben hat also erzählt, was los war. Aber nur keine Sorge. Ich bin vergeben. Nur ist meine Sonja noch in Kiel, aber schon sehr bald auch bei mir…“ versprach er.


    Ende
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    Danke fürs Lesen…und natürlich ein großes Danke an die, die regelmäßig gefeedet haben. Und die die diese Story nicht gut fanden…ist eh nicht zu helfen :D
    Die Ära Ben Jäger ist zwar in der Serie bald vorbei, aber in den Geschichten kann es ruhig weiter gehen. Also an alle die Ben-Fictions schreiben wollen…nur zu….

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