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N´est-ce pas de deux! - Tanz auf dem Drahtseil!

    • Fertig gestellt
    • Susan
  • susan
  • 3. Dezember 2012 um 05:43
  • susan
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    • 4. Februar 2013 um 04:18
    • #61

    Auch Semir war ein wenig eingenickt.Er war immer noch ein wenig kurzatmig und als er erwachte,weil neben ihm jemand rumorte,wusste er erst gar nicht,was los war.Als er nun seinen Blick zu dem Geräusch wandte,sah er Ben,der mit zusammengekniffenen Augen versuchte,sich von den Fesseln zu befreien.Er war anscheinend schon eine ganze Weile am Werke,denn er war am ganzen Körper schweissgebadet.Irgendwie hatte er es geschafft,sich einen Teil der Verbände abzumachen und so war das ganze Bett blutverschmiert.Semir drückte gleichzeitig auf den Klingelknopf und sprach seinen Freund an: „Ben,das ist doch nur zu deinem Besten,dass du angebunden bist.Du sollst dir die Schläuche nicht herausreissen,weil du dir selber schadest.“

    Leider blieb Ben von dem was er sagte,völlig unbeeindruckt und zerrte weiter mit zusammengekniffenen Augen an den Fesseln.Als die Schwester kam und die Bescherung sah,seufzte sie auf. „Herr Jäger,das bringt doch nichts!“ versuchte sie ihn erfolglos in die Realität zurückzuholen und als sie eine Schürze anzog,eine Waschschüssel und Waschzeug holte und ihn begann von oben nach unten sauberzumachen,probierte sie ihn dazu zu bringen,die Augen aufzumachen.Irgendwann öffnete er sie tatsächlich,nur um sie dann entsetzt wieder zusammenzukneifen.Das fremde Gesicht vor ihm war verschwommen und glich einer Teufelsfratze.Oh Gott,die wollten ihn umbringen.
    Mit der erneuten Kraft der Verzweiflung begann er zu kämpfen und weil eine Hand zum Waschen gerade losgemacht war,riss er den Beatmungsaufsatz von der Trachealkanüle,woraufhin erstens die Beatmung und die Monitoralarme laut zu pfeifen begannen und zweitens Ben massive Luftnot bekam,weil er noch lange nicht soweit war,ohne Maschine selbst zu atmen.Ben war nun vor Angst zu ersticken dermassen panisch,dass er mit letzter Kraft nach der Schwester schlug und die zurücksprang und nur mit Mühe ohne Verletzung davonkam.Obwohl sie laut um Hilfe schrie und einige Kollegen angerannt kamen,um ihren Patienten zu bändigen,musste ihm über den Perfusor ein Narkosemittelbolus verabreicht werden,um niemanden zu gefährden und langsam begannen nun seine Abwehrbewegungen schwächer zu werden und dann völlig zu erlahmen.Ben war nun tiefblau im Gesicht,denn er war eine ganze Weile fast ganz ohne Sauerstoffversorgung gewesen.Sobald es für sie gefahrlos möglich war,steckten die Pflegekräfte den Beatmungsschlauch wieder auf die Trachealkanüle und stellten die Maschine,die schon bei 50% angelangt war,wieder auf 100% Sauerstoff,um ihren Patienten aufzusättigen.Der war nun völlig schlaff und wurde wieder komplett kontrolliert beatmet,während die Pflegekräfte ihn in Windeseile fertigwuschen und die Verbände erneuerten.Das Bett wurde noch frisch überzogen und dann wurde Ben gelagert und ausser an den Händen nun auch noch an den Füssen angebunden.

    Semir,der völlig entsetzt das Treiben von seinem Bett aus beobachtet hatte und kurz davor gewesen war,hinauszuhüpfen und selber einzugreifen,legte nun aufatmend seinen Kopf aufs Kissen zurück.Mein Gott,was war nur in seinem Freund vorgegangen? Der war doch sonst nicht aggressiv und jetzt schlug er auf einmal wild um sich und gefährdete sich und andere?

    Die Schwester,die inzwischen Ben wieder zudeckte und gleich ein Blutgas bei ihm entnahm,um den Stand der Dinge zu prüfen,sah ihm anscheinend sein Entsetzen an. „Herr Gerkan,was gerade geschehen ist,ist nichts Ungewöhnliches.Ihr Kollege ist momentan nicht Herr seiner Sinne und auch in diesem psychotischen Zustand für seine Taten nicht verantwortlich.Er wird davon sicher keine bleibenden Schäden davongetragen haben,denn ein wenig hat er ja durch die Trachealkanüle in seinem Hals geschnauft und er war ja auch bald wieder an der Maschine.Ich hätte nur nicht damit gerechnet,dass er schon wieder so viel Kraft hat,sonst hätte ich mir von Anfang an einen Kollegen zu Hilfe geholt.Leider müssen wir ihn nun halt noch straffer fixieren,was ihm sicher nicht gefallen wird,wenn er wieder wach wird.Aber auch diese Phase wird vorübergehen und bald können sie sich wieder mit ihrem Freund unterhalten!“ sagte sie aufmunternd und verliess dann mit ihrer Blutprobe den Raum.
    Semir der nun selber ganz erschöpft und fertig war,murmelte in seinen Bart: „Wer´s glaubt?“,denn für ihn war das fast genauso schrecklich gewesen,wie für Ben.Als wenig später Andrea vor seinem Bett stand,hatte die alle Hände voll zu tun,ihren Mann wieder aufzumuntern.

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  • susan
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    • 5. Februar 2013 um 04:46
    • #62

    Karl nahm in der Psychiatrie nicht an den Gruppentherapien teil.Er schottete sich ab und auch in den Einzelgesprächen öffnete er sich nicht,sondern hielt einfach den Mund und hörte gar nicht richtig zu.Sein einziger Lichtblick waren die Besuche Frau Neumanns,die sich für ihren Schützling trotzdem verantwortlich fühlte.
    Auch sie versuchte,ihn in die Realität zurückzuholen und erzählte ihm auch,dass Gott sei Dank Ayda Gerkan weiter in ihrem Studio Unterricht nahm,obwohl er doch ihren Vater beinahe getötet hätte.Nun kam Leben in Karl. „Warum beinahe?“ wollte er wissen. „Karl,Gott sei Dank konnten die beiden Polizisten gerettet werden,es genügen schon die anderen Opfer,die sie auf dem Gewissen haben.Seien sie froh darüber und versuchen sie ihre Taten zu verstehen und zu bereuen,dann können sie auch wieder leichter mit sich selber ins Reine kommen!“ beschwor ihn seine Muse.
    „Karl nickte nachdenklich und sagte: „Danke,Frau Neumann,dass sie mir das gesagt haben,das erleichtert mich sehr!“ und sie lächelte ihn zum Abschied herzlich an. „Karl,sie wissen ja,ich stehe zu ihnen,egal was passiert.Ein wenig sind sie der Sohn den mein Mann und ich nie haben durften und ich fühle mich auch schuldig,weil ich sie bezüglich meiner weiteren Pläne so im Dunkeln gelassen habe.Das wäre alles nicht nötig gewesen,wenn ich mit offenen Karten gespielt hätte,aber ich wollte sie doch überraschen mit den Kreuzfahrten und dem Ganzen.Dass das so enden würde,hätte sich doch niemand träumen lassen!“ sagte sie noch unglücklich,als sie sich verabschiedete.Karl nickte und bedankte sich für ihren Besuch und die mitgebrachten Süssigkeiten.Eines war klar,er musste hier raus und vollenden,was er nicht geschafft hatte.Wenn er beschlossen hatte,jemand würde sterben,dann würde er das durchziehen.Erst kamen dieser Gerkan und Jäger dran und dann würde er sich den anderen Mitarbeitern der Autobahnpolizei widmen.Er brauchte jetzt nur einen Plan um hier rauszukommen!

    Andrea war heute vom seelischen und körperlichen Zustand ihres Mannes überhaupt nicht begeistert.Obwohl sie ihm liebe Grüsse von allen möglichen Freunden,Nachbarn,Kollegen und Bekannten ausrichtete,nahm er sie gar nicht so richtig wahr,sondern sah immer wieder sorgenvoll zu Ben hinüber.Der lag wieder ganz ruhig in seinem Bett und Andrea fiel auf,dass er nun auch noch an den Beinen gefesselt war.Du liebe Güte,was war denn da losgewesen? Ben war doch kein Schwerverbrecher,der dermassen fest fixiert werden musste? Als sie Semir deswegen befragte,wich der ein wenig aus.Er wollte Andrea nicht auch noch mit Bens Entzugsgeschichten beunruhigen.Als die nun aber zu ihrem gemeinsamen Freund ans Bett trat und ihn anfassen wollte,schrie er fast: „Andrea,sei vorsichtig,er ist nicht Herr seiner Sinne!“ so dass sie erschrocken zurückzuckte.Ben riss die Augen auf,als er den fast panischen Ton in Semirs Stimme wahrnahm und plötzlich aus seinem Halbdämmer wieder in der rauen Realität angekommen war.Er brauchte ein wenig,um sich zu orientieren,aber als er Andrea mit furchtsamem Gesicht vor sich stehen sah,die sich anscheinend aus irgendwelchen Gründen nicht näher an ihn herantraute,begann eine kleine Träne langsam aus seinem Augenwinkel zu fliessen.

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    • 6. Februar 2013 um 07:43
    • #63

    Der Zufall spielte Karl in die Hände.Wie in der Psychiatrie üblich legte man sehr viel Wert auf Bewegung an der frischen Luft und deshalb stand den Patienten ein grosser Garten zur Verfügung,der mit einer hohen Mauer umgeben war.Der tägliche bewachte Spaziergang noch vor dem Frühstück am nächsten Morgen wurde von zwei Mitarbeitern geführt,die mit einer Gruppe Patienten zügig über die Wege wanderte.Karl unterhielt sich mit niemandem,aber er genoss die Bewegung und dann sah er schon aus der Ferne,dass ein Gärtnerfahrzeug nahe der Mauer abgestellt war und ein grüngekleideter Mann gerade dabei war,einige Büsche zurückzuschneiden.Als sie gemeinsam in der Nähe vorbeiliefen,drehte Karl sich um und bevor jemand reagieren konnte,sprang er wie eine Katze erst auf das Dach des Kombis und von da über die Mauer.So durchtrainiert wie er war,bereitete ihm das überhaupt keine Mühe und bevor einer der Mitarbeiter oder der überraschte Gärtner eingreifen konnten,war er verschwunden.Der Psychiatriepfleger zückte sofort sein Handy und alarmierte seinen Chef und wenig später wurde auch die Fahndung an die Polizei herausgegeben.

    Susanne,die kurz nach Dienstbeginn gerade damit beschäftigt war,einige Daten herauszusuchen bekam die Meldung als Erste auf den Schirm. „Ach du liebe Güte!“ rief sie aus,als sie das Fahndungsbild des entlaufenen Patienten aus der psychiatrischen Anstalt sah.Sie sprang entsetzt auf und alle anwesenden Mitarbeiter waren in höchster Aufregung,als sie ebenfalls auf den grossen Schirm an der Wand sahen,von denen ihnen ein wohlbekanntes Gesicht hochmütig entgegensah.Sogar auf den Polizeifotos,die nach seiner Verhaftung angefertigt worden waren,sah Wiesmüller arrogant aus,er war einfach völlig von sich überzeugt und in seinem Wahn sehr gefährlich.Als Susanne die Tür zum Büro der Chefin ohne anzuklopfen aufriss,hob die ihren Blick von einer Akte,die sie gerade bearbeitet hatte. „Susanne,was ist los?“ fragte sie überrascht,als sie den verstörten Gesichtsausdruck ihrer Mitarbeiterin sah.Die wies wortlos auf den Wandschirm hinter sich und als Frau Krüger sich erhob und ihr nach draussen folgte,wurde ihr beinahe schlecht,als sie das Gesicht erkannte,das sie seit Tagen in ihre Träume verfolgte.

    Alle Mitarbeiter der PASt liessen ihre momentane Arbeit liegen und warteten,welche Anordnungen ihre Chefin traf. „Wo sind Bonrath und Dorn?“ wollte die nun wissen. „Die sind auf Streife auf der A3,da wurden einige Auffahrunfälle gemeldet!“ erklärte ein Mitarbeiter. „Die sollen sofort hier aufs Revier kommen und sich nicht von der Stelle rühren,bis ich wieder da bin,eine andere Wagenbesatzung übernimmt bitte deren Arbeit,die sind sicher im Fokus dieses Verrückten und hier in der PASt sind sie am Sichersten.Gut,vielleicht ist er auch gar nicht an irgendwelchen Racheakten interessiert,sondern wollte nur abhauen,aber ich glaube eher,der will seine Rache vollenden.Ich fahre sofort in die Uniklinik und sehe nach Ben und Semir.Als zwei weitere Mitarbeiter sich erhoben,um sie zu begleiten,schüttelte die Chefin den Kopf. „Ihr bleibt hier,Susanne,bitte verständigen sie einen Wagen des Innenstadtreviers,die sind wesentlich schneller an der Uniklinik als wir,die sollen erst mal Personenschutz für die beiden übernehmen und ich schaue selber dort nach dem Rechten.
    Sie steckte ihre Waffe,die sie in ihrer abgeschlossenen Schreibtischschublade aufbewahrt hatte,während sie Papierkram erledigte,in ihr Holster und machte sich auf den Weg zum Krankenhaus.Obwohl sie nicht wusste,ob man Karl überhaupt gesagt hatte,dass seine Opfer den Mordanschlag überlebt hatten,hatte sie ein dermassen ungutes Gefühl in der Magengegend,dass sie sich sofort persönlich von der Sicherheit ihrer beiden verletzten Mitarbeiter überzeugen musste.

    Während Susanne im Innenstadtrevier einen Wagen anforderte und zur Uniklinik beorderte,sprang die Chefin in ihren kleinen Mercedes und fuhr zügig zum Krankenhaus.Die beiden Polizisten die den Einsatzbefehl bekommen hatten,zwei Kripobeamte auf der Intensivstation zu beschützen,beendeten erst mal gemütlich ihre Pause,bevor sie sich auf den Weg machten. „Was das wohl wieder soll?“ wunderte sich der eine der beiden.Leider waren den beiden Streifenbeamten die Zusammenhänge völlig unklar und nachdem man so langweilige,meist sinnlose Einsätze ja nicht besonders schätzte,liessen sie sich alle Zeit der Welt,um ihrer Aufgabe nachzukommen.

    Semir war am Vortag nach der Besuchszeit regelrecht froh gewesen,als Andrea weg war.Mann,was für ein Dilemma! Einerseits tat ihm Ben furchtbar leid und er wollte ihm ja auch helfen,andererseits hatte er dermassen Angst um Andrea gehabt,als die nähergetreten war,dass ihr Ben etwas tun würde,in seinem momentanen Zustand,dass er ganz ausser sich gewesen war.Ausserdem fühlte er sich heute extrem erschöpft.Auch zu Abend wollte er nichts essen und Ben,der inzwischen wieder ein wenig klarer war,drehte immer wieder den Kopf zu seinem Freund und hätte gerne irgendwie mit ihm kommuniziert,aber der hatte die Augen geschlossen und dämmerte vor sich hin.Ben hatte inzwischen begriffen,dass er auch noch an den Füssen angebunden war und deshalb nur minimalen Bewegungsspielraum hatte.Immer wieder versuchte er sich zu befreien und als er beim nächsten Durchgang von zwei kräftigen Pflegern gebettet und frisch gemacht wurde,sahen die,dass seine Hand und Fussgelenke unter den Fesseln stark gerötet waren.Ben sah sie verzweifelt an,jetzt erkannte er gerade,dass da keine Teufel am Werk waren,sondern irgendwelche Pflegekräfte,aber die drehten ihn nur ein wenig zur Seite,nachdem sie seine Unterlage erneuert hatten,stopften ihm eine zusammengerollte Decke unter den Rücken und liessen ihn wieder alleine,nachdem er erneut festgebunden war.Ben fühlte sich schrecklich,er hatte Ganzkörperschmerzen,ihm war abwechselnd heiss und kalt und in seinem Kopf war alles ganz wirr. Auch das Atmen strengte ihn unheimlich an.Als beim abendlichen Durchgang der Stationsarzt sah,wie erschöpft Ben war,ordnete er ein starkes Schlafmittel für ihn an und auch Semir bekam das selbe verpasst,denn auch der hatte Blutdruckanstiege zu verzeichnen,die für seine Herzverletzung nicht gut waren.Bens Beatmung wurde wieder umgestellt,damit er sich erholen konnte und so schliefen die beiden Helden von starker Chemie benebelt,einen mehr oder weniger erholsamen Schlaf.

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    • 7. Februar 2013 um 06:28
    • #64

    Am nächsten Morgen waren Semir und Ben beide gleich morgens gewaschen worden.Semir war völlig kraftlos und wurde ebenso wie Ben heute im Bett frisch gemacht und verbunden.Bei jeder Bewegung hatte er Atemnot und so wurden für den Vormittag einige weitere Untersuchungen bei ihm angeordnet,die die Ursache dafür erklären konnten.Er hatte auch auf dem EKG immer wieder Extrasystolen und so liess man ihn liegen und gab ihm erneut ein Beruhigungsmittel,weil er sich schon wieder begann aufzuregen.
    Ben war heute wacher,er erkannte deutlich,dass er im Krankenhaus war,aber in seinem Kopf war immer noch ein wirres Durcheinander von Eindrücken,die ihm unbedingt jemand helfen musste,zu ordnen.Zusätzlich zu den Schweissausbrüchen und Ganzkörperschmerzen taten ihm seine Leiste und Oberschenkelinnenseite furchtbar weh.Er merkte,dass dort alles geschwollen war und es puckerte die ganze Zeit vor sich hin.Sein Fieber war wieder gestiegen und die Schwestern,die ihn gewaschen hatten,bemerkten: „Sobald der Stationsarzt die wichtigsten Arbeiten erledigt hat,müssen wir gemeinsam mit ihm die Incisionswunden spülen,aber ein wenig müssen sie jetzt noch warten,Herr Jäger!“ Ben nickte leicht,zum Zeichen,dass er verstanden hatte und die Schwestern,die auch keinerlei aggressives Verhalten mehr feststellen konnten,beabsichtigten auch,ihm später zumindest die Beine wieder loszubinden.Vorerst blieb er aber wieder mit seinen Schmerzen und Ängsten liegen und starrte die Decke an.

    Karl war so schnell er konnte,erst mal von der Klinik weggerannt.Plötzlich sah er einen Monteur,anscheinend einen Fahrstuhltechniker,aus seinem Wagen aussteigen und einen Werkzeugkasten aus dem Fahrzeug nehmen.Der hatte etwa seine Statur und Karl tat so,als wenn er gerade seine morgendliche Joggingtour beenden würde.Er blieb bei dem Mann stehen und bevor der wusste,wie ihm geschah,hatte ihn Karl bewusstlos geschlagen und in den Kastenwagen gezogen.Er setzte sich hinters Steuer und gab erst mal Gas.Während die ersten Streifenwagen zur psychiatrischen Klinik mit Blaulicht einbogen,war Karl schon eine ganze Ecke weg.An einem stillen Ort entkleidete er den Monteur,zog dessen graue Dienstkleidung an und liess ihn in der Seitenstrasse hinter einem Gebüsch liegen.
    Er fuhr als Erstes zur Uniklinik-zuerst würde er diese Beiden erledigen und dann wollte er sich die anderen vornehmen,die dafür verantwortlich waren,dass er nicht mehr tanzen durfte.

    Frech stellte Karl sein Fahrzeug direkt hinter einem Polizeifahrzeug im Eingangsbereich ab,packte seinen Werkzeugkasten und ging entschlossen zum Fahrstuhl.Die beiden Streifenbeamten versuchten gerade über den Pförtner herauszubekommen,auf welcher Station sich die beiden Kripobeamten,die sie bewachen sollten,befanden.Karl hatte sich die Schildmütze mit dem Emblem der Fahrstuhlfirma tief ins Gesicht gezogen und so fiel es niemand auf,dass da jemand in den Aufzug trat,der hier absolut nichts verloren hatte.Er fuhr in das passende Stockwerk und frohlockte innerlich.Gut,dass er ortskundig war und wenn man in passender Kleidung selbstbewusst auftrat,dann wurde eigentlich niemand misstrauisch.Er betätigte den Türöffner und wieder hatte er das Glück,dass kein Mensch auf dem Intensivflur war und er so leise in das Zimmer huschen konnte,in dem Semir und Ben lagen.Er frohlockte,als er seine beiden Opfer vor sich sah.Mann gut sahen die beiden wirklich nicht aus,aber auch wenn sie das vielleicht sowieso nicht überleben würden, er wollte sein Werk persönlich vollenden.Er checkte die Lage und sah,dass Gerkan anscheinend tief schlief.Dieser Jäger war merkwürdigerweise an Händen und Füssen gefesselt und aus seinem Hals kam ein Beatmungsschlauch.Diese blutgefüllten Schläuche waren zwar verschwunden,aber er konnte doch sicher nicht schreien,wenn da so ein Ding in seinem Hals steckte? Nun schlug Ben auch schon die Augen auf und sah ihn entsetzt an.Nein,der konnte wirklich nicht schreien,aber Schmerzen würde er spüren.Das würde sich Karl nicht entgehen lassen! Ein gefesseltes,hilfloses Opfer,das die Frechheit besessen hatte,zu überleben,obwohl er,der Herr der Welt,doch seinen Tod beschlossen hatte! Er würde dafür büssen,auch dafür dass er in der Ballettschule bei den Kunden so gut angekommen war.Er sah ausserdem noch gut aus und beherrschte die modernen Tanzstile.Ein weiterer Grund,warum Karl sich an ihm rächen würde.Das ging nicht an,dass irgend jemand etwas besser konnte,als er!

    Er stellte den Monteurskasten hin,öffnete ihn und schaute mal,was man da verwenden konnte.Für den finalen Stoss würde er einen langen,stabilen Kreuzschlitzschraubenzieher nehmen,aber zuvor stach ihm ein Teppichmesser in die Augen.In der einen Hand den Schraubenzieher und in der anderen das Teppichmesser näherte er sich langsam mit einem diabolischen Grinsen seinem Feind,der verzweifelt und schweissgebadet an seinen Fesseln zerrte.Mit einer fliessenden Bewegung zog er die Decke weg und betrachtete entzückt den nackten Körper,der nun vor ihm lag.Nun hob er das Messer und begann sein Werk.

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  • susan
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    • 8. Februar 2013 um 03:48
    • #65

    Ben war wie erstarrt vor Schreck,als er Wiesmüller mit einem todverheissenden Gesichtsausdruck auf sich zukommen sah.Wie eine Maus die Schlange starrte er seinen Widersacher an und versuchte,irgendwie seine wirren Gedanken zu ordnen und rational zu überlegen.Immer noch benebelt von den Medikamenten gelang ihm das aber nicht,nun ergriff die pure Panik von ihm Besitz.Er versuchte zu schreien und etwas zu sagen,aber noch bevor die Geräte anschlagen konnten,hatte Karl sowohl am Monitor,als auch an der Beatmungsmaschine den Alarm-Aus-Knopf gedrückt.Ben brach der kalte Schweiss aus,das Adrenalin schoss in seine Adern,er versuchte wieder vergeblich um Hilfe zu rufen,aber kein Laut kam aus seiner Kehle.Da er nur minimalen Bewegungsspielraum hatte,kam er keinen Zentimeter von seinem Peiniger weg und sah nur entsetzt,wie sich die Spitze des Teppichmessers auf seine Brust senkte.Obwohl er zuvor ja schon starke Ganzkörperschmerzen gehabt hatte,fuhr nun ein scharfer neuer Schmerz durch ihn hindurch und er verzog schmerzvoll das Gesicht.Die Klinge bohrte sich in seine Haut und zog eine blutige Spur.

    Karl schnitt nicht so tief,dass er Ben gleich umgebracht hätte,sondern verpasste ihm eine blutige Signatur,die sich über Bens komplette Brust und seinen Bauch erstreckte.Je länger es dauerte,desto schlimmer empfand es Ben.Langsam begann er sich zu wünschen,dass Karl sein Werk nun endlich vollenden würde und ihn von seinen Schmerzen erlöste.Es war klar,dieser Verrückte,dem der Wahnsinn aus den Augen stach,würde ihn umbringen.Wahrscheinlich Semir auch,der immer noch von Medikamenten benebelt im Nebenbett einen unruhigen Schlaf schlief.Vielleicht war auch irgendetwas oder irgendwer so gnädig und würde ihn in die Bewusstlosigkeit abtauchen lassen,in der er keine Schmerzen mehr spürte,aber leider geschah das nicht.Karl wischte zwischendrin immer wieder mit dem Leintuch,mit dem Ben zugedeckt gewesen war,das hellrote Blut weg,das aus den Wunden strömte und betrachtete wohlgefällig sein Werk.Ach war das herrlich,diese Macht! Endlich hatte er die völlige Kontrolle.Er war der Herr über Leben und Tod und er genoss es aus vollen Zügen.Schon als Jugendlicher hatte es ihm gefallen,Tiere zu fangen und zu Tode zu quälen,genau diesen Blick hatte nun auch sein Opfer im Gesicht,das ihn mit weitaufgerissenen Augen völlig geschockt anstarrte.

    „Na,Jäger,das hättest du wohl nicht erwartet,dass wir uns so wiedersehen!“ sagte er im Flüsterton zu dem inzwischen totenblassen Ben,der langsam schockig wurde vor lauter Schmerzen.Der versuchte wieder irgendetwas zu sagen,aber mehr als ein stummer Schrei kam nicht aus seiner Kehle.Inzwischen hatte völlige Verzweiflung von Ben Besitz ergriffen.Warum tat Karl das? Er hatte ihm doch überhaupt nichts gemacht? Sie waren in der Ballettschule kollegial miteinander umgegangen und waren sogar gemeinsam in der Sauna gewesen.Aber anscheinend hatte der doch etwas mit den Todesfällen zu tun und nun war er ihm im Weg,oder er hatte einfach Spass daran,anderen Menschen Schmerzen zuzufügen.Es gab ja solche Sadisten,die sich an solchen Dingen aufgeilten.Wenn er nur irgendetwas zu seiner Verteidigung sagen könnte,aber sein Hals war von diesem Schlauch verschlossen,der ihm sowieso schon Angst machte.
    Nach einem letzten scharfen Schnitt legte Karl das Teppichmesser weg,wischte noch ein letztes Mal mit dem inzwischen blutgetränkten Leintuch über Brust und Bauch seines Opfers und las die Inschrift,die seinen Feind ins Jenseits begleiten sollte.Ben hatte inzwischen die Augen und die Lippen fest zusammengepresst und erschauerte,als er wieder schmerzhaft abgewischt wurde.

    Als er die Augen wieder öffnete,wünschte er sich,er hätte es lieber nicht gemacht.Nun hatte Karl den Arm erhoben und zeigte ihm einen stabilen Kreuzschlitzschraubenzieher. „Benniboy,dieses Ding wird dir den Tod bringen,schau´s dir nur gut an,es wird das Letzte sein,was du auf dieser Welt wahrnimmst!“ sagte er mit glücklichem Gesichtsausdruck und dann holte er aus.

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  • susan
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    • 9. Februar 2013 um 04:55
    • #66

    Die Chefin hatte ein total ungutes Gefühl.Sie drückte noch ein wenig stärker aufs Gaspedal,soweit es der Verkehr zuliess.Rechtfertigte ihre innere Unruhe eine Einsatzfahrt? Ach egal,wenn das hinterher gerügt wurde,würde sie sich eben dafür verantworten,beschloss sie,und schaltete das Blaulicht zu.Schon wurden Gassen gebildet und sie kam zügig durch den vormittäglichen Kölner Verkehr zur Uniklinik.Erleichtert registrierte sie,dass ein Streifenwagen direkt vor dem Haupteingang stand und schalt sich fast,wegen ihrer Ungeduld.Die Kollegen waren schon vor Ort und würden auf ihr Dreamteam achten.Obwohl sie es nie laut zugegeben hätte,war sie stolz darauf,zwei so fähige Ermittler mit einer dermassen hohen Aufklärungsquote in ihrem Team zu haben.Natürlich durfte sie es ihnen nicht merken lassen,denn die geschrotteten Fahrzeuge genügten so schon und ihre manchmal unkonventionellen Methoden waren auch in keinem Lehrbuch zu finden.Deshalb regierte sie mit Strenge,aber wenn sie daran dachte,mit welchem Dackelblick die beiden aufwarten konnten,wenn sie etwas von ihr wollten,musste sie schmunzeln.Hoffentlich würden die zwei bald wieder fit werden und der Alltag in der PASt wieder einkehren.

    Während sie so ihren Gedanken nachhing,parkte sie ihren Wagen direkt hinter einem Servicefahrzeug einer Aufzugsfirma.Hier stellte auch jeder sein Fahrzeug ab,wie er wollte,der Mechaniker würde aber eine gute Ausrede brauchen,wenn die uniformierten Kollegen ihm nachher einen Strafzettel für unbefugtes Parken verpassten! Als sie durch die Eingangstüre trat,sah sie,wie gerade zwei uniformierte Polizisten Richtung Aufzug gingen.Waren die etwa noch gar nicht auf der Intensivstation? Wo hatten die sich so lange herumgetrieben? Mit wenigen Schritten stand sie hinter ihnen,zückte ihren Dienstausweis und fragte mit schneidender Stimme: „Sind sie die Kollegen,die auf die beiden Hauptkommissare Gerkan und Jäger achtgeben sollen?“ Erschrocken drehten die beiden sich um.Vor ihnen stand eine schlanke,dunkelhaarige,normalerweise sicher gutaussehende Frau in einem eleganten,leichten Hosenanzug,aus deren Augen zornige Blitze schossen.Wenn Blicke töten könnten,dann wären die beiden Streifenpolizisten auf der Stelle tot umgefallen,aber so nickten sie nur schuldbewusst und der eine der beiden stellte sie mit einem Kloss im Hals vor: „PM Mayer und POM Schrell,ja wir sind gerade unterwegs zur Intensivstation,der Pförtner hat uns eben erklärt,wie wir da hinkommen!“ „Und wo waren sie so lange? Wenn meine Leute so arbeiten würden,könnte ich meine Abteilung schon lange zusperren!“ sagte die Krüger zornbebend,sprang aber dann in den eben ankommenden Aufzug. „Das wird für sie Konsequenzen haben,aber das klären wir später,jetzt kommen sie mit und Gnade ihnen Gott,dass wir noch nicht zu spät kommen!“ herrschte sie die Beiden an,die nun mit eingezogenen Köpfen im Fahrstuhl standen.

    Ungeduldig sah sie die Stockwerke vorbeiziehen,bis sie endlich im Richtigen anhielten.Kim war von einer inneren Unruhe getrieben,sie wusste einfach,dass Gerkan und Jäger in höchster Gefahr schwebten.Dieser skrupellose Irre würde vor nichts zurückschrecken und die beiden waren so schwer verletzt,dass sie sich alleine gegen den nicht wehren konnten.Ohne auf den Klingelknopf zu drücken,betätigte sie den Türöffner der Intensivstation und trat,gefolgt von den zwei uniformierten Schatten,den Intensivflur.Entschlossenen Schrittes ging sie auf die Box zu,in der ihre Kollegen lagen.Eine Schwester kam gerade um die Ecke und wollte sie zur Rede stellen,was sie hier wollte,als sie allerdings die beiden Polizisten sah,hielt sie lieber den Mund,sondern folgte der kleinen Karawane.

    Als Kim Krüger mit ein paar Schritten Vorsprung an der halboffenen Schiebetür ankam,meinte sie ihren Augen nicht zu trauen.Ihr wurde von dem Anblick,der sich ihr bot,beinahe schlecht.Oh mein Gott,das durfte doch alles nicht wahr sein? Nach einer kurzen Schrecksekunde kam allerdings Leben in sie und sie reagierte wie ein Roboter und spulte die oft geübten Handgriffe ab.

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    • 10. Februar 2013 um 04:34
    • #67

    Semir schlief.Allerdings nicht so wie sonst,da war er nämlich einfach weg und erwachte nach einigen Stunden erfrischt und konnte sich meistens an Träume nicht erinnern,aber jetzt war das ganz anders.Er war zwar nie wach,aber auch nicht völlig weg.Ein wenig hörte er immer irgendwelche Geräusche,wie sie auf einer Intensivstation eben vorkommen.Die Geräte arbeiteten zwar wesentlich leiser als früher,aber trotzdem hörte er Bens Beatmungsmaschine die Luft pumpen,immer wieder waren Schritte von draussen durch die halbgeöffnete Schiebetüre zu hören,Stimmen unterhielten sich gedämpft,Patienten riefen verwirrt und dazwischen piepten Infusomaten und Perfusoren.
    Wenn er so etwas dauerhaft hören müsste,würde er verrückt werden und weil er selber merkte,dass es ihm noch nicht gut ging,machte er sich auch Sorgen.Wie sollte das werden,wenn er nicht mehr ganz gesund werden würde? Andrea würde alleine das Haus nie halten können und für ihn war es auch beängstigend,wenn sein Herz immer wieder so Zwischenschläge machte,die er wie eine Art Stolpern wahrnahm.Würde das plötzlich aufhören zu schlagen und was wäre dann? Ihm war ja gesagt worden,dass er schon hatte defibrilliert werden müssen,nach Karls Attacke,aber daran konnte er sich Gott sei Dank nicht mehr erinnern.Das Letzte was er da noch wusste,war der kurze,scharfe Schmerz,als etwas Spitzes zwischen seinen Rippen verschwunden war und dann war er weggewesen.

    Gut,er hatte eine Risikolebensversicherung,die schlimmsten finanziellen Spitzen wären erst mal abgedeckt,aber er wollte doch seine Kinder aufwachsen sehen.Diese Herzgeschichte machte ihm Angst,auch wenn die Ärzte und Pfleger das anscheinend gar nicht schlimm fanden,wenn sein Monitor da anschlug und irgendwelche Auffälligkeiten zeigte.Das wäre nach so einer Operation normal,das könne man behandeln und man würde weitere Untersuchungen machen,was die Ursache dafür war,sagten sie.Dabei hatte er sich doch schon so gut gefühlt und seine ersten Gehwagenausflüge genossen.Jetzt allerdings bekam er bei jeder kleinen Anstrengung Atemnot und das machte ihm fürchterliche Angst.Er war am Vorabend fast froh gewesen,als er anscheinend ein starkes Schlafmittel gespritzt bekommen hatte und deswegen nicht mehr nachdenken konnte,sondern vor der Macht der chemischen Keule die Waffen gestreckt hatte und eingeschlafen war.
    Auch Bens Ängste und Schmerzen,die Verwirrtheit und generell die ganze Situation machten ihm mehr zu schaffen,als er zugeben wollte.Auch dass er nun für seinen Freund plötzlich Entscheidungen treffen musste,wie für oder gegen die Operation zum Beispiel,die weitreichende Folgen nach sich ziehen konnten,war ihm fast zuviel.Er hätte sich da Unterstützung von Bens Familie gewünscht,aber von Konrad konnte man da nichts erwarten,ausser dass er Ben sofort irgendwo in eine teure Privatklinik verlegen lassen würde.Dabei wäre es so gut gewesen,wenn sie gemeinsam beratschlagen könnten,was für seinen Freund wohl das Beste wäre.Aber er sah schon,mit seinen Überlegungen und Entscheidungen stand er ganz alleine da,da war niemand,der ihn unterstützte.

    Nach der vergangenen Nacht war er fast entsetzt gewesen,als er morgens so schwach gewesen war,dass er von fremden Leuten im Bett hatte gewaschen werden müssen.Oh Gott,würde es sich so anfühlen,ein Pflegefall zu sein? Er hatte sich masslos darüber aufgeregt,sein Herz hatte wieder vermehrt zu stolpern begonnen und deswegen hatte er immer noch mehr Angst gekriegt.Irgendwann hatte wieder jemand den Inhalt einer kleinen Spritze in seinen ZVK entleert und dann war ihm plötzlich so ziemlich alles egal.Er hatte die Augen erst noch aufgehabt,aber dann hatte er sie geschlossen und einfach so vor sich hingedämmert.Immer wieder hörte er etwas,aber er war völlig unfähig,auch nur den kleinen Finger krumm zu machen,so stand er neben sich.
    Er träumte,oder träumte er doch nicht?-er wäre wieder in der Ballettschule und würde sich mit Karl prügeln.Dann zogen wirre Eindrücke wie eine Art Flashbacks durch sein benebeltes Gehirn.Jenni,wie er sie mithochrotem Kopf und glühendheiss aus der Infrarotkabine gezogen hatte,die Klinke,die sich langsam nach unten bewegte und er meinte sogar,Karls Stimme zu hören.Ein Rest seines Bewusstseins beruhigte ihn aber.Der war verhaftet worden und sass hinter Schloss und Riegel,vermutlich in Ossendorf und könnte da mit seinen Mitgefangenen ein Tänzchen wagen.

    Ihm lief es kalt den Rücken hinunter.Dieser kaltblütige Mörder hatte seine Ayda unterrichtet und nach aussen hin den Gutmenschen gespielt,während er in seinem Inneren finstere Mordpläne geschmiedet und durchgeführt hatte.Hätte Pavel damals,bevor er starb,nur gleich den Namen Karls gesagt,hätten sie ihm vielleicht viel früher das Handwerk legen können und Ben würde jetzt nicht so daliegen,von ihm mal ganz abgesehen! Wieder hörte er ein Flüstern und meinte Karl wäre da.So ein Mistmedikament,das gaukelte einem Sachen vor,die einem Angst machten und dabei wollte er sich doch nur erholen.Trotzdem drehte er mühsam den Kopf zu Ben und machte langsam die Augen auf und dann gleich wieder zu.Das war ein böser Traum,was er da für ein Schauspiel verschwommen vor sich sah.Als er die Augen wieder öffnete,sah er ein wenig klarer Karl in einer Monteursuniform über Ben gebeugt und gerade mit einem blutgetränkten Leintuch etwas abwischen.Ben hatte das Gesicht schmerzvoll verzogen und die Lippen eng zusammengepresst.
    Nun ging Karl einen Schritt zurück und betrachtete wohlgefällig sein Werk,bevor er mit einer Hand einen grossen,spitzen Kreuzschlitzschraubenzieher hob,etwas zu Ben sagte,der daraufhin die Augen öffnete und mit einem entsetzten Blick,wie ein waidwundes Reh seinen Mörder ansah.Bevor Semir nur in irgendeiner Weise reagieren konnte,geschahen fast gleichzeitig zwei Dinge und dann musste Semir vor Entsetzen seine Augen wieder schliessen.

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    • 11. Februar 2013 um 04:59
    • #68

    Kim hatte,wie sie es beim Schiesstraining regelmässig übte,die vertrauten Handgriffe abgespult.Sie hatte zu ihrer Waffe gegriffen,sie mit einer fliessenden Bewegung aus dem Holster geholt und entsichert.Unbewusst stellte sie sich breitbeinig hin,zielte von hinten auf das Herz Karls,als wenn er auf dem Rücken Kreise wie im Schiessstand aufgemalt hätte und während er die Bewegung begann,mit der er Ben das Lebenslicht ausblasen wollte,nämlich kraftvoll und mit Schwung zustechen,drückte sie ab.Der Rückstoss schlug ihr in die Hand und dann fiel Karl wie im Zeitlupentempo nach vorne auf Ben.Der Schraubenzieher war immer noch fest umklammert,aber er verfehlte sein Ziel,denn Karl war schon tot,bevor er mit seinem Körper auf Ben aufprallte.Von hinten war nur ein kleines Einschussloch zu sehen,aber die Austrittswunde vorne war wesentlich grösser und so vermischte sich Karls Blut mit dem seines Opfers,das immer noch wie paralysiert auf seinen Peiniger blickte.Auch Semir hatte die Augen geöffnet und sah völlig entsetzt auf die Szene,ohne auch nur den kleinen Finger rühren zu können.

    Als der Knall ertönte,liessen so ziemlich alle Intensivmitarbeiter alles stehen und liegen,um nachzusehen,woher der Schuss gekommen war.Die Schwester,die beiden uniformierten Polizisten und nach und nach mehrere Ärzte und Pflegekräfte stürmten in das Zimmer und zogen Karl herunter,der mit vollem Gewicht auf Ben lag,der nun völlig geschockt und totenbleich dalag.Sie legten Karl auf den Boden und versuchten noch Lebenszeichen festzustellen.Als ein Arzt allerdings die riesige Austrittswunde sah,die die Kugel hinterlassen hatte,hob er die Hand und stoppte die Reanimationsbemühungen. „Es hat keinen Sinn,Zeitpunkt des Todes zehn Uhr zehn“,sagte er nach einem Blick auf die Uhr und jemand legte ein Leintuch über Karl,der mit gebrochenen Augen zur Decke starrte.

    Frau Krüger war mit wenigen Schritten bei dem völlig geschockten Ben angelangt,der nun von seiner schrecklichen Last befreit,unkontrolliert zu zittern begonnen hatte.Er war immer noch nackt und Frau Krüger,die sich dachte,dass ihm das sicher peinlich wäre,zog mit einer schnellen Bewegung ihr elegantes Jäckchen aus und deckte es über Bens Scham.Als ob das in dieser Situation irgendwas ausmachen würde,schalt sie sich gleichzeitig,aber sie konnte nicht anders,auch wenn Bens und Karls Blut jetzt ihre Jacke besudelte,die man danach sicher nur noch wegwerfen konnte.
    Dabei sah sie,dass irgendwas auf seiner Brust und seinem Bauch eingeritzt war,wovon das Blut in alle Richtungen dahinströmte.Eine Schwester hatte ein grosses steriles Tuch gebracht,um es auf die Wunden zu drücken,bis man die versorgen konnte,aber zuvor wischte sie noch kurz darüber und nun konnte man die Inschrift lesen,die Karl da eingeschnitten hatte. „Pas de deux“ stand da,ja es wäre der letzte Tanz zu zweit gewesen,den Karl mit Ben da vorgehabt hatte.Nochmal lief es Frau Krüger kalt über den Rücken. Ben war inzwischen von seinen Hand-und Fussfesseln befreit worden und als Kim zart seine eiskalte Hand in die Ihre nahm,sah er sie immer noch völlig geschockt an. „Es ist vorbei Ben,es ist vorbei!“ sagte sie,während nun auch sie zu weinen begann.

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    • 12. Februar 2013 um 07:03
    • #69

    Die Uniformierten hatten inzwischen den Polizeiapparat angeworfen und als jemand Karl noch ein wenig zur Seite ziehen wollte,sagte einer der Polizisten scharf: „Liegen lassen,das ist ein Tatort,an dem nichts mehr bewegt werden darf,bis die Spuren gesichert sind!“ Die Spusi war sofort unterwegs und auch eine andere Kripoabteilung kam,denn da Frau Krüger ja den finalen Rettungsschuss angebracht hatte,musste das von neutraler Seite aus untersucht werden.

    Ben zitterte weiter und sah immer noch ängstlich und verständnislos von einem zum anderen.Irgendwie konnte er in seinem Entsetzen noch nicht richtig begreifen,was eigentlich passiert war.Sein Kreislauf begann wieder zu schwächeln und ihm wurde leicht schwindlig,bis eine Schwester sein Bett in Kopftieflage brachte und eine der Infusionen so schnell stellte,dass die im Schuss in ihn lief und den Volumenmangel ausglich.Ein Blutgas wurde aus seiner Arterie entnommen,um den momentanen Zustand abzuschätzen und dann wurde auch schon der Eingriffswagen hereingerollt,um die Wunden an seiner Brust und am Bauch zu versorgen.

    Semir lag immer noch völlig fassungslos in seinem Bett und starrte auf die schreckliche Szenerie.Er war ja schon oft an Tatorten gewesen,aber so als Augenzeuge des Beinahe-Mordes an seinem Freund hatte er selber einen Schock erlitten.Es war so schnell gegangen und so sehr er sich Vorwürfe machte,dass er nicht eher aufgewacht war und wenigstens auf den Klingelknopf gedrückt hatte,oder Karl abgelenkt hatte,so sehr war ihm bewusst,dass er in seinem momentanen Gesundheitszustand gegen diesen Verrückten keine Chance gehabt hätte.Der war vom Wahn getrieben und wäre deshalb keinen Argumenten zugänglich gewesen.Daher hätte er sich den Mund fusslig reden können,er hätte ihn wenn,dann nur mit körperlicher Gewalt von seinem Vorhaben abbringen können.Aber damit war es bei ihm im Augenblick nicht so weit her! Als er sich aufrichten wollte,um irgendwie seinem Freund nahe zu sein und dabei die Hand in seine Richtung streckte,begann sein Herz plötzlich wie verrückt zu schlagen und der Monitor gab roten Alarm.Semir wurde ebenfalls schwindlig und er bekam fast keine Luft,während sein Herz mit fast 200 Schlägen in der Minute vor sich hinjagte.

    Die Aufmerksamkeit der Schwestern und Ärzte,die bisher Ben gegolten hatte,richtete sich nun auf Semir,der nun auch schon die Augen verdrehte. „Den Defi,schnell!“-sagte der Intensivarzt,als er die Kammertachykardie auf dem Monitor sah und schon wurde er Notfallwagen hereingerollt und an Semirs drübere Bettseite gerollt.Um ihrem Patienten zu helfen mussten die Mitarbeiter über Karls Leiche steigen und das Blut auf dem Fussboden wurde in alle Richtungen verteilt.Schon wieder sah das Zimmer aus wie ein Schlachtfeld und die vielen Leute,die sich nun im Raum drängten,machten die Sache nicht besser.Während man Semirs Brust freilegte,der nur mit einem allerletzten Rest Bewusstsein ums Überleben kämpfte,hatte Ben verzweifelt den Kopf zu seinem Freund gedreht und seine Angst stieg ins Unermessliche.Auch Frau Krüger hatte entsetzt beobachtet,wie Semir plötzlich die Augen verdrehte und wollte eigentlich das Zimmer verlassen,als der Intensivarzt mit scharfer Stimme sagte; „Erst mal hier alle raus,die nicht direkt mit der Patientenversorgung befasst sind!“ aber Ben klammerte sich mit aller Kraft an ihrer Hand fest,wie an einem Rettungsanker.Er war ja immer noch von den Medikamenten benebelt und konnte verstandesmässig gar nicht so richtig begreifen,was gerade geschah,aber er machte sich auf jeden Fall furchtbare Sorgen um seinen Freund.

    Die Schwester die bis jetzt das grosse sterile Tuch fest auf Bens Wunden gedrückt hatte,wurde am Nachbarbett gebraucht,um die Intubation vorzubereiten und bat nun Frau Krüger das Drücken zu übernehmen.Die hielt mit der einen Hand Ben´s in der ihren und mit der anderen Hand presste sie das Tuch fest auf Bens Brust,das sich schon wieder rot färbte.Voller Panik beobachtete auch sie,was am Nachbarbett so vor sich ging.Auf Semirs Oberkörper wurden nun,nachdem man den Verband abgerissen hatte, zwei grosse,rote Kleberechtecke befestigt,damit der Strom optimal durchgeleitet wurde.Jemand hatte eine Sauerstoffmaske auf Semirs Gesicht gedrückt,wobei der schon noch selber atmete.Als die Kammertachykardie in Kammerflimmern überging,sagte der Intensivarzt ruhig: „Laden auf 160 !“ und dann legte er seine Defipaddels auf die roten Kleber an. „Weg vom Bett!“ kam das Kommando und alle schauten,dass sie einen Sicherheitsabstand einhielten,als der Doktor den Strom auslöste.Semirs Körper wurde ein Stück in die Höhe geworfen,als sich alle Muskeln verkrampften und dann war auf dem Monitor erst mal gar nichts zu sehen,als eine durchgehende Linie.Gerade als der Erste mit der Herzdruckmassage beginnen wollte,zeigten sich vereinzelte Ausschläge auf dem EKG und der Doktor hob die Hand und sagte: „Warten sie noch!“ Immer mehr wurden die regelmässigen Schläge und als die Frequenz sich bei 80 Schlägen einpendelte und das Herz wieder gut pumpte,wurde auch Semirs Gehirn wieder mit Sauerstoff versorgt und der begann die Augen aufzuschlagen und verwirrt um sich zu blicken.Aua,ihm tat so ziemlich alles weh und als er den Arzt mit den zwei Defipaddels in der Hand über sich gebeugt sah,erschrak er.Die wollten ihn doch nicht bei vollem Bewusstsein einen Stromstoss versetzen? Mit rauer Stimme sagte er: „Mir geht’s gut,kümmern sie sich lieber um Ben!“ und die Umstehenden begannen nun zu grinsen. „Da haben sie nochmal Glück gehabt!“ sagte der Arzt zu ihm,während er seine Paddels wieder in die Halterungen am Defibrillator steckte.Er ordnete noch eine Ampulle Amiodaron an,da das Herz immer noch etwas zu schnell schlug und bat dann,einen Internisten zu holen,der der Ursache auf den Grund gehen sollte.

    Nun atmete auch Frau Krüger erleichtert aus,die unbewusst die Luft angehalten hatte und richtete ihre Konzentration wieder auf Ben,der genau wie sie das Schauspiel beobachtet hatte.Mann,sie sah ja ganz gerne Emergency Room und solche Krankenhausserien,aber mit einer Glasscheibe dazwischen und dem Wissen,dass da nur Schauspieler agierten,war das wesentlich einfacher zu ertragen,als hier,wo man zu den Opfern auch noch ein persönliches Verhältnis hatte.

    Während sich der Arzt die Hände desinfizierte,um sich seinem anderen Patienten zu widmen,stand schon die Spurensicherung in weissen Schutzanzügen in der Tür und begann Fotos vom Tatort zu machen.

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    • 13. Februar 2013 um 07:20
    • #70

    Der Anästhesist sah sich erst mal Bens Vitalparameter auf dem Monitor an.Der Blutdruck war immer noch nicht gut und auch der Schock liess Bens Herz schneller als normal schlagen.Er ordnete noch einen Plasmaexpander an,den eine Intensivschwester sofort vom Notfallwagen nahm,der immer noch neben Semir bereitstand,und hängte ihn zügig an Bens Infusionsbaum.

    Nun zog der Arzt erst mal sterile Handschuhe an,nahm das Tuch weg,mit dem Frau Krüger immer noch fest zugedrückt hatte und sah sich die blutenden Wunden aus der Nähe an.Nachdem man das Tatwerkzeug,das Teppichmesser,neben Karl auf dem Boden liegen sah,war anzunehmen,dass die Verletzungen nicht allzu tief sein konnten.An der Brust war das klar,aber am Bauch tastete der Arzt mit den Fingern in die Tiefe einiger Wunden,um zu prüfen,ob sie nicht doch den Bauchraum eröffnet hatten.Weil aber Bens Muskulatur sehr gut ausgeprägt war,endeten die Schnitte immer in der Muskelschicht und hatten das Bauchfell nicht eröffnet.
    Ben verzog schmerzvoll das Gesicht,wenn es gehen würde,hätte er laut losgebrüllt,so weh tat die Untersuchung.Obwohl schon noch eine geringe Menge Opiat in Bens Venen floss,half das durch die Gewöhnung eigentlich gar nicht gegen den Schmerz.Während der Arzt noch bat,das Jäckchen wegzunehmen und Ben ,der ja nicht sagen konnte,wo es weh tat,noch oberflächlich nach weiteren Verletzungen,wie Schlägen oder Tritten untersuchte,deckte eine Schwester ihn gleich mit einem warmen grünen Tuch aus dem Wärmeschrank zu.Frau Krüger wollte sich eigentlich dezent entfernen,um den Arzt nicht zu stören und sah auch demonstrativ weg,als ihre Jacke beiseitegelegt wurde,aber Ben liess einfach ihre Hand nicht los.
    „Wir müssen keine Narkose machen,das sind oberflächliche Verletzungen,die wir hier vor Ort in örtlicher Betäubung versorgen können.Die Blutungen kriegen wir so zum Stehen“erklärte der Arzt und als ihm eine Schwester die Werte aus dem Kleinlabor zeigte,setzte er noch nach: „Der Blutverlust hält sich auch in Grenzen,im Augenblick brauchen wir keine Transfusion,bitte ruft einen Chirurgen,damit wir eine schöne Naht hinbekommen!“

    Während er die Handschuhe auszog und in einem Abwurf deponierte,bat ein Kripobeamter der Spurensicherung,der inzwischen aus allen Winkeln,soweit möglich, Fotos gemacht hatte,alle zur Seite zu treten,damit er die Leiche aus der Nähe fotografieren konnte.Als er das Leintuch wegnahm,sahen sowohl Semir als auch Ben wieder entsetzt auf Karl,der immer noch blicklos zur Decke starrte.Es war für beide fast nicht auszuhalten,noch länger mit ihrem Peiniger in einem Raum zu sein.Bei Ben begannen die Tränen zu fliessen und Kim versuchte ihn unbeholfen zu beruhigen,denn ausser ihr waren alle zur Seite getreten.Ben liess sie aber einfach nicht los.
    Als die Fotos der Leiche fertig waren,wurden auch Ben´s Verletzungen noch fotografiert und als der inzwischen eingetroffene Gerichtsmediziner noch eine grobe Leichenschau bei Karl durchgeführt hatte,konnte endlich der Leichnam aus dem Zimmer geschafft werden.Draussen entnahm der Pathologe auf Bitten des Intensivarztes noch einige Blutproben aus Karls Leistenarterie,solange das Blut in ihm noch einigermassen flüssig war.Der Arzt schickte eine davon sofort ins Labor,um eine Untersuchung auf HIV und Hepatitis durchzuführen.Falls da irgendein positiver Befund herauskommen würde,würde man bei Ben sofort mit der HIV-Prophylaxe anfangen.

    Nun durfte eine Putzfrau schnell die gröbsten Verunreinigungen vom Boden entfernen und dann stand auch schon ein junger Chirurg parat,der Ben´s Verletzungen,assistiert vom Intensivarzt,fachgerecht versorgen würde.
    Der Internist war inzwischen ebenfalls eingetroffen und wurde noch über die kardialen Komplikationen bei Semir ins Bild gesetzt.Er ordnete ein 12-Kanal-EKG an,das auch gleich geschrieben wurde und liess sich das Sonographiegerät ins Zimmer bringen,um einen Herzultraschall durchzuführen.
    Ben´s und Semir´s Blicke trafen sich und beide erwarteten nun voller Angst den folgenden Diagnose-und Behandlungsmarathon.

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    • 14. Februar 2013 um 07:30
    • #71

    Eine Schwester fuhr einen kleinen Instrumententisch herein und Ben beobachtete argwöhnisch,was nun gemacht wurde.Der Chirurg und der Intensivarzt hatten Haube und Mundschutz angezogen,desinfizierten sich dreimal die Hände bis zu den Ellbogen und schlüpften dann in sterile grüne Kittel.Die wurden hinten von der Schwester geschlossen und dann öffnete sie noch die Handschuhpäckchen in den passenden Grössen und reichte sie an.Die beiden Ärzte schlüpften hinein und nun wurde ein sogenanntes Abdeckset geöffnet.Kim war unschlüssig,was sie nun machen sollte,aber da Ben sich immer noch krampfhaft an ihrer Hand festhielt und sichtlich Angst hatte,trafen sich ihre Blicke mit denen des Intensivarztes. „Bleiben sie ruhig bei ihm,es tut ihm gut,wenn jemand dabei ist,den er kennt!“ ermunterte sie der Arzt und Kim nickte ergeben.Gott sei Dank war sie nicht so zart besaitet und sie konnte auch Blut sehen,darum war es für sie nicht besonders schlimm,jetzt Händchen zu halten.

    Man positionierte sie ein wenig oben,beinahe neben Bens Kopf,der Beatmungsschlauch wurde so nach oben gehängt,dass das OP-Feld frei war und die Hand,die sie nicht festhalten konnte,wurde wieder mit einem Fixie festgemacht,damit Ben nicht hochfassen konnte,wenn es wehtat.Der eine Arzt hatte inzwischen das Abdeckset geöffnet und die Schwester goss farbiges Desinfektionsmittel in eine Plastikschale,die mit einer kleinen Zange in dem Set war.Mit mehreren Tupfern,die er satt tränkte,strich der junge Chirurg die Brust und den Bauch seines Patienten ab.Obwohl man Schleimhautdesinfektionsmittel verwendete,das deutlich milder,wie das Normale war,verzog Ben das Gesicht.Mann,wie das brannte.Jede Manipulation an seinen Wunden tat schweineweh! Nach dem dritten Anstrich deckten die beiden Ärzte ein grosses,steriles Abdecktuch mit einem Fenster vorne über ihren Patienten und hatten nun ein annähernd keimfreies Operationsfeld.
    Die Schwester hatte inzwischen mehrere Instrumente,Kompressen,Scheren,Pinzetten und Nadelhalter angereicht.Ein paar spezielle,einmalverpackte atraumatische Fäden,das bedeutete Fäden mit angeschweisster Nadel, vervollständigten die Ausrüstung.Beide Ärzte zogen nun in mehrere Einmalspritzen jeweils 10ml Lidocain,ein Lokalanästhetikum,das ihnen die Schwester in Plastikampullen anreichte auf und liessen sich dünne Nadeln geben.

    „Herr Jäger!“ sagte der Chirurg zu Ben und fixierte ihn mit den Augen. „Wir machen ihnen jetzt eine grossflächige Lokalanästhesie an Brust und Bauch,das piekt jetzt mehrmals,aber danach dürfte es eigentlich nicht mehr weh tun.“ Ben nickte leicht,zum Zeichen,dass er verstanden hatte und dann ging die Tortur schon los.Einen Nadelstich nach dem anderen musste Ben ertragen.Der Schweiss brach ihm aus und er zerquetschte beinahe Frau Krügers Hand,die versuchte,ihm gut zuzureden.Nun wurde ihr doch beinahe übel,als die Nadeln wieder und wieder neben und in den Wunden verschwanden und das Medikament eingespritzt wurde.Ben hätte wie am Spiess geschrieen,wenn er gekonnt hätte,aber so ging nur sein Blutdruck in die Höhe und er versuchte sich wie ein Aal zu winden. „Bitte ruhig liegenbleiben,sie haben es bald geschafft!“ sagte der Intensivarzt tröstend,als er sah,wie Ben die Tränen in die Augen schossen.

    Semir sah ganz verzweifelt zu seinem Freund hinüber,dessen ganze Welt im Augenblick nur aus Angst und Schmerz bestand.Wie gerne wäre er bei ihm gesessen und hätte statt der Chefin Ben´s Hand gehalten,aber ihm ging es selber noch zu schlecht.Irgendwann war aber das ganze Op-Feld betäubt und Ben´s Atem,der ein paarmal die Maschine zum Alarmieren gebracht hatte,beruhigte sich wieder.Die Schwester hatte Frau Krüger einen kühlen,feuchten Lappen gereicht,mit dem sie wieder und wieder das Gesicht ihres Polizisten abwischte.Der hatte nun die Augen geschlossen und bekam nur noch am Rande mit,wie die beiden Ärzte sich jetzt daranmachten,mit einer speziellen Nahttechnik,nämlich intracutan,die Wundränder zusammenzuziehen.Die Wunden,die in die Tiefe gingen,mussten teilweise in mehreren Schichten genäht werden,aber Frau Krüger staunte,wie sich Bens Brust und auch der Bauch mehr und mehr schlossen und nur ein feiner roter Strich übrig blieb.Immer wieder tupften die beiden Ärzte,schnitten ihre Fäden ab und verlangten neue.Nach etwa einer halben Stunde war es vollbracht.Nach einem letzten Stich desinfizierten sie nochmals die Wunden und dann wurden noch Strips aufgeklebt,die die Wundränder noch zusätzlich etwas stabilisieren sollten. „Wenn sich jetzt nichts entzündet,dürfte in ein paar Wochen kaum mehr was zu sehen sein!“ bemerkte der Arzt,während er nun das Abdecktuch abnahm.Ein gepolsterter Verband wurde noch auf Bens Brust und Bauch geklebt und dann hatte er es geschafft.

    „Wir machen sie später frisch,erholen sie sich erstmal!“ sagte die Schwester,die sah,wie fertig ihr Patient nun war.Der schloss die Augen und war nach kurzer Zeit eingeschlafen.Seine Hand erschlaffte und Frau Krüger legte sie vorsichtig ab,um zu den draussen wartenden Kripobeamten zu gehen,die ihre Aussage noch aufnehmen mussten.Die Pflegerin machte die Hand ganz leicht fest,damit Ben nicht beim Aufwachen seine Schläuche versehentlich entfernen konnte und dann liess man ihn erst mal in Ruhe.

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    • 15. Februar 2013 um 06:06
    • #72

    Der Internist hatte inzwischen sein Ultraschallgerät zu Semir gefahren,aber da man für Ben´s Op helles Licht brauchte,ging er noch solange weg,bis man das Zimmer verdunkeln konnte.Semir lag inzwischen voller Sorgen um Ben da und sah zu,wie der verarztet wurde.Obwohl dessen Verhältnis zur Chefin ja nicht immer,wie wollte er sagen:“ungetrübt“ war,war er dennoch froh,dass Ben wenigstens Ablenkung und seelischen Beistand hatte.Auch als die Chefin Bens Gesicht wieder und wieder mit dem feuchten Lappen abwusch,war er fast ein wenig gerührt.Das hätte er ihr wirklich nicht zugetraut,dass die sich so fürsorglich und mütterlich verhalten konnte,obwohl sie sonst ja eher die Karrierefrau raushängen liess und ihnen fast täglich einen Anpfiff verpasste.Semir wusste-ihr Verhältnis zueinander würde nach diesem Tag besser werden.Jeder hatte am anderen Seiten gesehen,die zuvor verborgen geblieben waren.Ausserdem würde er ihr ewig dankbar sein,denn dass Ben noch lebte,war nur ihrer schnellen Reaktion und dem finalen Rettungsschuss zu verdanken.Nur ein paar Sekunden später und es wäre vorbei gewesen,mit seinem Freund!
    Als der Verband auf Bens Brust und Bauch geklebt wurde,war er erleichtert,dass er anscheinend das Schlimmste überstanden hatte.Als der nun auch noch die Augen schloss und die scharfen Stirnfalten sich glätteten,die die ganze Zeit den Stress den er ausgehalten hatte,signalisiert hatten,war Semir unendlich erleichtert.Nun konnte er sich auf das konzentrieren,was man mit ihm selbst vorhatte,denn Ben ging es anscheinend besser.

    Der Internist,der sich inzwischen Semirs Laborwerte angesehen hatte und das EKG gründlich ausgemessen und befundet hatte,trat nun wieder an sein Bett und fuhr das bereitstehende Ultraschallgerät hoch.Das Zimmer wurde verdunkelt,damit man auf dem Bildschirm etwas erkennen konnte und dann trug der Arzt,der zuvor Semirs Hemd nach oben geschoben hatte,flächig Ultraschallgel auf seinen Brustkorb auf.Er schallte das Herz und kaum hatte er das Organ richtig eingestellt,pfiff er zwischen den Zähnen.Der Intensivarzt,der inzwischen noch den Eingriff und die Behandlung bei Ben im Licht einer Leselampe dokumentiert hatte,trat nun ebenfalls näher und sah gebannt auf den Schirm. „Gut,jetzt ist klar,woher die Atemnot und die Herzrythmusstörungen kommen!“ sagte der Intensivarzt und der Internist nickte.Er mass noch die Strömungswerte des Blutes,indem er einen Lautsprecher zuschaltete,der über die Geräuschwellen den arteriellen und venösen Blutstrom unterschied und in rote und blaue Farben umwandelte. „Die Auswurfleistung beträgt im Moment nur 40%,kein Wunder,dass er Dyspnoe hat!“ fachsimpelte er mit seinem Kollegen.

    Semir sah hilflos und etwas ängstlich von einem zum anderen.Könnten die vielleicht deutsch mit ihm reden,damit er auch irgendetwas verstand? Anscheinend ging es ja um etwas,was bei der Untersuchung zu sehen war und ihn betraf.Als der Internist Semirs Blick bemerkte,entschuldigte er sich: „Tut mir leid,wenn ich jetzt über ihren Kopf hinweg erst mit meinem Kollegen gesprochen habe,aber der muss das auch wissen,was bei ihnen für Besonderheiten vorliegen.Also wie dieser Ultraschall zeigt,hat sich ihr Herzbeutel wieder teilweise mit Flüssigkeit gefüllt.Ob das Blut ist,oder eher serös,also klare Wundflüssigkeit,kann ich von aussen mit dieser Untersuchung nicht beurteilen.Fakt ist,dass das Herz,wie direkt nach der Verletzung,auf jeden Fall massiv in seiner Leistung von dem Erguss beeinträchtigt wird.Er nahm einen anderen,kleineren Schallkopf zur Hand,bat Semir sich ein wenig zur Seite zu drehen und besah sich das Ganze noch aus einem anderen Winkel.Dann mass er mit einem Computerprogramm,das aus angebrachten Markierungen Mengen errechnen konnte,den Inhalt des Ergusses aus. „Es sind mindestens 150ml,das ist viel zuviel und muss dringend entlastet werden!“ sagte er und der Intensivarzt nickte.
    Der Internist schob das Gerät ein wenig zur Seite und bat darum,das Licht wieder anzumachen. „Herr Gerkan,wir haben mit diesem sogenannten Perikarderguss die Ursache dafür gefunden,warum es ihnen wieder schlechter geht.Das Herz kann dadurch nicht richtig pumpen und ist in seiner Leistung deshalb massiv beeinträchtigt.Um diesen Zustand zu ändern,müssen wir die Flüssigkeit abpunktieren und vielleicht sogar eine Drainage in den Herzbeutel legen.Wir werden das sofort hier und jetzt erledigen.Ich muss sie allerdings aufklären,dass damit auch gewisse Gefahren verbunden sind.Es kann im Rahmen dieses Eingriffs wieder zu massiven Herzrythmustörungen kommen,die entweder medikamentös,oder auch elektrisch,wie vorhin,behandelt werden müssen.Der Herzmuskel könnte theoretisch verletzt werden,was zu eine sofortigen Notoperation führen würde und ausserdem besteht eben auch die Gefahr von Nachblutungen und Infektionen.Sollen wir den Eingriff,der in dem Einführen einer dicken Nadel durch die Brust in örtlicher Betäubung besteht,trotzdem durchführen?“ wollte er nun wissen.
    „Was bleibt mir sonst für eine Wahl?“ fragte Semir heiser. „Wir könnten natürlich mit ausschwemmenden Medikamenten versuchen,den Erguss zu verkleinern und hoffen,dass er sich von selber resorbiert,aber das ist eher riskanter als der Eingriff und würde einen langen Zeitraum in Anspruch nehmen.“ erklärte der Doktor. „Gut,dann machen sie es!“ stimmte Semir zu,lehnte sich zurück und schloss ein wenig die Augen.

    Die Schwester,die von Semirs Zustimmung gehört hatte,fuhr den Eingriffswagen,der gerade eben wieder aufgefüllt worden war,erneut zur Tür herein und bereitete alles vor,während der Internist noch auf einem Vordruck seine Patientenaufklärung dokumentierte und Semir unterschreiben liess.
    Während geschäftiges Treiben um ihn herum ausbrach,hatte Semir vor lauter Muffensausen einen total trockenen Mund.Mann,wenn er das bloss schon hinter sich hätte.Als er dann aber zu Ben hinübersah und den friedlich schlafen sah,glitt ein kleines Lächeln über sein Gesicht.Wenn der sowas ausgehalten hatte,würde er das auch schaffen und dann ging´s auch schon los.

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    • 16. Februar 2013 um 07:10
    • #73

    Der Internist desinfizierte seine Hände und währenddessen wischte die Schwester die Reste des Ultraschallgels von Semirs Brust.Das Zimmer war momentan wieder hell erleuchtet,aber die Verdunklungsvorhänge waren noch zugezogen,so dass man nur das Licht löschen musste,um wieder ein Halbdämmerlicht herzustellen.Nachdem der Arzt mit seiner chirurgischen Händedesinfektion fertig war,bereitete er erst einmal seine benötigten Utensilien vor.
    Wieder wurde ihm erst ein steriler Kittel gereicht und hinten geschlossen,seine Handschuhverpackung wurde geöffnet und er zog sie an.Haube und Mundschutz hatte er selbstverständlich vorher angezogen,denn die mussten ja nicht steril sein.Er öffnete ein Abdeckset und schlug es auf dem Instrumententisch auseinander.Wie vorher bei Ben goss die Schwester Desinfektionslösung in die beiliegende Schale und der Internist strich nun Semirs Brustkorb,entlang der Naht,ein Stück weit dreimal ab.Puh,das brannte in der in Heilung begriffenen Wunde,aber nachdem Semir einmal kurz die Luft angehalten hatte,hörte es Gott sei Dank wieder auf.

    Auch über ihn wurde ein Abdecktuch mit Fenster in der Mitte gebreitet,allerdings betrug der Ausschnitt nur ein kleines Stück von wenigen Zentimetern.Die Schwester reichte das Lokalanästhetikum an,allerdings genügte eine Ampulle,die in eine 10ml Spritze aufgezogen wurde.Das Perikarddrainagenset wurde aufgerissen und steril angereicht und der Arzt verlangte noch eine spezielle lange Nadel und einen sogenannten Seldingerdraht.Dann bekam er noch einen sterilen Überzug für den Schallkopf des Ultraschallgeräts und nachdem die Schwester einen Klecks Gel auf eben diesen schmalen Schallkopf gegeben hatte,wurde der in seiner langen Hülle eingetütet.
    Als der Arzt nun an sein Bett trat,wurde Semir vor lauter Angst ganz anders.Mann,wenn es doch schon vorbei wäre! Er drehte seinen Kopf zu Ben,der immer noch schlief und schloss dann selber die Augen,lieber nicht hinsehen,seine Angst genügte auch so schon. „Ich mache jetzt erst einen Ultraschall und markiere dann,wo ich eingehen werde!“ erklärte der Arzt und schon wurde das Zimmer dunkel und der Schallkopf drückte auf Semirs Brust.Dessen Herzschlag hatte sich beschleunigt,war aber trotzdem noch ziemlich regelmässig.Als der Arzt das Herz wieder gut auf dem Schirm hatte,liess er sich einen sterilen Filzstift anreichen und machte einen Punkt auf die Stelle,wo er eingehen wollte.Dann wurde das Licht wieder angemacht und der Schallkopf auf dem Steriltisch seitlich abgelegt.Der Arzt setzte eine mittellange Nadel auf die Spritze mit dem Lidocain und sagte dann zu Semir: „Achtung,sticht!“ und begann dann das Gebiet rund um den schwarzen Punkt zu infiltrieren.

    Semir keuchte einmal kurz auf,das tat schon weh,vor allem war die Gegend rund um die ja noch frische Operationswunde sehr empfindlich,aber es war schnell vorbei.Das hatte bei Ben schon wesentlich länger gedauert,weil da ja ganz andere Flächen betäubt werden mussten.Semir dachte nach.Was würde passieren,wenn sein Herz plötzlich aufhören würde zu schlagen und nie mehr anfangen würde? Wäre man da noch lange bei Bewusstsein,oder sofort weg-und was käme dann? Wäre dann sofort alles finster,aus und vorbei,oder stimmten diese ganzen Nahtoderfahrungen,von denen er gelesen hatte,doch? Würde man seine verstorbenen Freunde und Verwandten wiedersehen und wie sah es mit den Verbrechern aus,die man im Einsatz getötet hatte? Würden die einem einen eher ungemütlichen Empfang bereiten,oder wie war das wohl? Die letzte Beerdigung eines engen Freundes war die von Hotte gewesen,der würde seine Fragen sicher genau beantworten können.Semir dachte ganz fest an seinen verstorbenen Kollegen,den er immer noch fast jeden Tag vermisste.Das Loch,das in ihrem Team entstanden war,konnte irgendwie nie gestopft werden,Hotte fehlte einfach.

    Nun holte ihn die Stimme des Internisten aus seinen Gedanken zurück. „Herr Gerkan,ich möchte sie bitten,jetzt ganz ruhig liegenzubleiben,denn wenn sie sich bewegen,besteht die Gefahr,dass ich zu tief komme und das Herz selber verletze.Ich fange jetzt an.Es wird gleich kurz wehtun,wenn ich durch den Zwischenrippenraum muss,denn da wirkt die Betäubung nicht,aber das Herz selber hat keine schmerzleitenden Nerven!“ erklärte er und Semir nickte leicht.Er spannte seine Muskeln leicht an,in Erwartung des Schmerzes,und presste seine Augenlider noch ein wenig fester aufeinander.Er bemerkte einen kurzen Druck,unmittelbar neben der Operationswunde im unteren Bereich und dann durchzog ihn ein scharfer Schmerz,der ihn aufstöhnen liess.Die Schwester hatte kurz seine Hand genommen und drückte sie beruhigend.

    Der Arzt hatte senkrecht mit einer sehr langen,dicken Nadel,aufgesetzt auf eine leere Spritze,gerade in Semirs Brustkorb gestochen.Als er kurz vor dem Herzen,aber schon zwischen den Rippen durch war,nahm er den Ultraschallkopf wieder mit der anderen Hand und kontrollierte,wo er mit der Nadelspitze war.Im Zeitlupentempo schob er das scharfe Instrument vorwärts und die Schwester lobte Semir: „Sie machen das sehr gut!“ Als der Internist unter den Blicken einiger Zuschauer das Perikard punktierte und dann an der Spritze anzog,kam sofort eine gelbe Flüssigkeit,durchzogen von kleinen Blutfäden zurück. „Ich lege auf jeden Fall eine Drainage,jetzt ganz stillliegen!“ befahl der Arzt und es war gut,dass er das gesagt hatte,denn in diesem Moment gingen bei Ben einige Alarme los.

    Der war aus seinem kurzen Erschöpfungsschlaf erwacht und hatte nun langsam die Augen geöffnet und sich versucht zu orientieren.Wo war er und was war geschehen? Er drehte den Kopf,ja er war im Krankenhaus,angeschlossen an Geräte,aber soweit er sich erinnern konnte,war Semir neben ihm.Als er zum Nebenbett sah,lag da sein Freund,vor ihm stand ein grün vermummter Mann und aus Semir´s Brust ragte wie ein Uhrzeiger eine dicke Nadel,die sich senkrecht in sein Herz bohrte!

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    • 17. Februar 2013 um 07:30
    • #74

    Wenn Ben gekonnt hätte,hätte er laut um Hilfe geschrieen! Er wollte sich sofort befreien und seinem Freund,der gerade umgebracht wurde,zu Hilfe eilen,aber so sehr er auch an seinen Fesseln zerrte,er kam nicht weg.In seinem Verstand war immer noch alles ganz wirr.Das war sicher Karl,der nur scheintot gewesen war,sich jetzt aufgerappelt und umgezogen hatte und jetzt dabei war,sein düsteres Werk zu vollenden.Semir,Hilfe Semir! Was sollte er nur tun? Er musste seinem besten Freund helfen und begann sich deswegen wie ein Wahnsinniger zu gebärden,um sich zu treten,und versuchen loszukommen.Vielleicht konnte er Karl wenigstens ablenken,damit er sich wieder ihm zuwandte,wenn es nicht sowieso schon zu spät war! Semir hatte die Augen geschlossen und war blass,sicher war er schon tot,oder zumindest bewusstlos.Vor Verzweiflung und weil er so gar nichts tun konnte,um seinem Freund zu helfen,schossen ihm heisse Tränen der Verzweiflung,des Zorns und der Angst in die Augen.Wenn er schluchzen könnte,würde er das tun,aber nicht einmal das war möglich mit diesem blöden Schlauch im Hals.

    Mit zwei Schritten war die Schwester bei ihm und versuchte ihn zu beruhigen. „Herr Jäger,regen sie sich nicht auf,es ist alles in Ordnung! Bei ihrem Freund wird gerade ein Eingriff vorgenommen und sie haben geschlafen.Bitte beruhigen sie sich wieder!“ versuchte sie zu ihm durchzudringen.Leider völlig erfolglos-Ben tobte eher noch mehr und versuchte verzweifelt,aus seinen Handfixies herauszukommen.Der Internist hatte sich zu ihm umgedreht und versuchte auch noch,auf ihn einzuwirken,aber Ben hatte sich in seinen Wahn so hineingesteigert,dass er überhaupt nicht mehr zugänglich war.Beinahe hätte er es geschafft,aus einem der locker geschlossenen Fixies herauszuschlüpfen,deshalb ordnete der Intensivarzt 2mg Tavor,ein angstlösendes Beruhigungsmittel,an.Schnell holte es jemand aus dem Kühlschrank und kaum hatte man es in Bens ZVK entleert,wurden dessen Abwehrbewegungen schwächer und schwächer,bis er irgendwann verständnislos zur Decke sah.Warum war er nur plötzlich so schrecklich müde.Er meinte noch Semirs Stimme zu hören,aber dann zog ihn die Müdigkeit wie ein Strudel mit sich und er schloss die Augen und streckte die Waffen vor dem Beruhigungsmittel.

    Semir hatte erschrocken die Augen aufgerissen,als er Ben neben sich toben hörte.Das Erste was er allerdings sah,war die dicke Nadel,die kurz vor seinen Augen aus seiner Brust ragte.Mist,hätte er sie nur zugelassen,es hatte sich nicht so schlimm angefühlt,wie es aussah.Er blieb allerdings nach Arztanweisung ganz still liegen und traute sich nicht einmal den Kopf zu Ben zu drehen,nicht dass da irgendwas verrutschte! Jemand brachte ein Medikament für Ben und er versuchte mit heiserer Stimme etwas zu seinem Freund zu sagen,allerdings hatte er nicht das Gefühl,dass der ihm zuhörte.Erst nachdem er absediert war,erlahmten Bens Befreiungsversuche und die Konzentration der Anwesenden richtete sich wieder auf Semir.Der wollte eigentlich die Augen wieder schliessen,aber irgendwie musste er jetzt diese Nadel im Auge behalten,die sich bei jedem seiner Atemzüge ein klein wenig hin und herbewegte.

    Der Internist nahm nochmals das Ultraschallgerät zur Hand und prüfte die Lage der Nadelspitze.Gott sei Dank lag die noch am richtigen Platz und so machte der Internist zügig mit seiner Arbeit weiter.Er schob einen langen,halbbeweglichen Draht,einen sogenannten Seldingerdraht,der mehrere Markierungen aufwies,durch die dicke Nadel hindurch in den Herzbeutel.Immer wieder beantwortete das Organ diese Manipulationen mit einer Abfolge schneller Schläge,die sich aber immer selber limitierten.Nur Semir hatte da immer ein ganz merkwürdiges Gefühl,wenn ihm sozusagen das Herz bis zum Hals schlug.Seine Luftnot war immer noch vorhanden und Semir war auch sehr besorgt wegen Ben.Als der Draht so weit war,dass er kurz nach der Nadelspitze lag,was man an den Markierungen erkennen konnte,zog der Arzt die Nadel heraus und fädelte ein dünnes Drainageschläuchlein aus Silikon,das im Bereich der Spitze viele kleine Löchlein aufwies,über den Führungsdraht in den Herzbeutel.Schnell zog er den Draht heraus und nahm sich einen Ablaufschlauch aus seinem Drainageset,den er an der eigentlichen Perikarddrainage befestigte.Als er daran nun mit einer 50ml-Spritze anzog,entleerte sich sofort eine Menge gelber Erguss in die Spritze.Nachdem er die ersten 50ml abgezogen hatte und mittels eines Dreiwegehahns in einen Ablaufbeutel gespritzt hatte,bekam Semir plötzlich schon viel leichter Luft.Der Internist liess sich noch einen Nadelhalter und einen festen Hautfaden anreichen,mit der er die Drainage an Semirs Brusthaut gut festnähte.Dann machte er mit seiner Absaugaktion weiter und entleerte noch knapp drei weitere Spritzen nach dem selben Prinzip in den Beutel.Nachdem er 190ml abgezogen hatte,versiegte der Strom und als er nochmals einen Kontrollultraschall machte,war im Herzbeutel nichts mehr Massgebliches zu finden.Die Spritze wurde vom Luer-Lockverschluss abgedreht,der Anschluss mit einem Stopfen verschlossen und ein Pflaster über die Einstichstelle geklebt.Semir fühlte sich wie befreit! Er bekam gut Luft,sein Herz schlug normal und regelmässig und er fühlte sich einfach wohler,als vor dem Eingriff.

    „Die Drainage bleibt nun ein paar Tage liegen,aber sie wird sie wenig stören.Sie dürfen ab sofort wieder aufstehen und normal essen und trinken.“ informierte ihn der Internist noch. „Falls sich nochmals ein Erguss nachbilden sollte,was nach so einer Verletzung keine Seltenheit ist,kann der nun in diesen kleinen Beutel ablaufen.Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag!“ verabschiedete er sich und entsorgte erst noch die spitzen Teile auf seinem Instrumententisch in den Spritzenabwurf.Dann riss er sich den Kittel,die Handschuhe,die Haube und den Mundschutz vom Leibe und ging zum Waschbecken,um sich die verschwitzten Hände zu waschen.Mann war er froh gewesen,dass sein Patient so ruhig liegengeblieben war,als dessen Freund im Nachbarbett randaliert hatte.Er hatte schon das Schlimmste befürchtet,aber es war ja nochmals gutgegangen!

    Während der Internist den Raum verliess und die Schwester noch aufräumte,drehte Semir seinen Kopf zu Ben.Der lag aber wieder tief schlafend in seinem Bett und rührte sich nicht.Als Semir nun mit ihm alleine im Zimmer zurückblieb,fielen auch ihm die Augen zu und er gönnte sich ein kleines Erholungsschläfchen.

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    • 18. Februar 2013 um 07:07
    • #75

    Andrea war von Susanne darüber informiert worden,was geschehen war.In der PASt waren alle wie gebannt am Funk gehangen,um die neuesten Entwicklungen mitzukriegen.Als die Codeworte für einen finalen Rettungsschuss kamen und kurz darauf bestätigt wurde,dass das Opfer Karl war und dann eine andere Kripoabteilung angefordert wurde,machte sich ein wenig Erleichterung breit.Allerdings wusste man deswegen ja noch lange nicht,was genau geschehen war und so machten sich Bonrath und Jenni auf den Weg in die Uniklinik,um die Lage zu peilen.

    Als sie ankamen,waren schon eine Menge Streifenwagen vor dem Krankenhaus und zwei Kollegen durchsuchten gerade den Wagen einer Aufzugsfirma,der mitten vor dem Haupteingang stand.Als sie sich durchfragten,kamen sie auf die Intensivstation,wo sie eine blasse Frau Krüger in Empfang nehmen konnten,die die Arme um ihren Körper geschlungen hatte und unkontrolliert zitterte.Sie hatte bei den Kollegen ihre Aussage abgegeben,aber jetzt war sie mit den Nerven völlig am Ende.Sie erzählte ihren beiden Beamten,was vorgefallen war und Jenni sah die Blutspritzer auf ihrer Kleidung und ihre blutigen Hände.Oh Gott,was hatte die Arme da hinter sich! Dieter zog seine Lederjacke aus und legte sie um die Schultern der Chefin. „Wie geht’s Ben und Semir?“ wollte er dann wissen.Die Chefin zuckte mit den Schultern. „Sie leben,aber Ben hat einen Schock und nen ziemlichen Blutverlust und Semir hatte massive Herzprobleme und musste sogar defibrilliert werden.Bei ihm wird gerade irgendein gefährlicher Eingriff am Herzen durchgeführt!“ sagte sie tonlos und musste fast ein wenig schluchzen.Jenni hielt eine Schwester auf,die gerade vorbeilief. „Können sie uns vielleicht sagen,wie es unserem Kollegen,Herrn Gerkan geht? Er hat Familie,wir müssen wissen,ob wir die verständigen müssen.“ Die Schwester blieb kurz stehen. „Ich werde mal nachschauen!“ versprach sie und warf einen Blick in das Patientenzimmer. „Der Eingriff verläuft zufriedenstellend,ist aber natürlich gefährlich.“ berichtete sie.Wenn sie die Ehefrau verständigen wollen,dann tun sie das,sonst soll ich sie anrufen!“ richtete sie aus,was ihr der Intensivarzt aufgetragen hatte.

    Dieter und Jenni nickten und führten dann Frau Krüger zu ihrem Streifenwagen.Sie teilten Susanne mit,was ihnen die Schwester gesagt hatte und Susanne griff gleich zum Telefon,um Andrea erneut anzurufen.Die war natürlich schon in höchster Aufregung und bat eine Nachbarin,Ayda in Empfang zu nehmen,wenn die in Kürze von der Schule kam.Im Kindergarten sagte sie ebenfalls Bescheid,dass Lilly heute ausnahmsweise über Mittag dortbleiben sollte und dann setzte sie sich ins Auto,um schnellstmöglich zum Krankenhaus zu fahren.
    Jenni fuhr Frau Krügers Mercedes zu ihr nach Hause und die blieb ohne Widerworte bei Dieter im Streifenwagen sitzen und liess sich heimbringen.Sie wäre wirklich im Augenblick nicht dienstfähig gewesen und war heilfroh,als die beiden sie noch in ihre Wohnung brachten. „Halten sie mich bitte auf dem Laufenden und sagen mir Bescheid,wenn sie etwas Näheres wissen!“ bat sie ihre Beamten noch,die verständnisvoll nickten.Kaum war sie alleine in ihrer Wohnung,schmiss Kim ihre Kleidung vom Leib und verschwand erst mal für eine längere Zeit unter der heissen Dusche.

    Dieter und Jenni fuhren nochmals zum Krankenhaus zurück,wo inzwischen gerade Andrea eintraf.Sie stellte ihren Wagen einfach direkt hinter die Streifenwagen und rannte,so schnell sie konnte,zur Intensivstation.Jenni und Dieter hatten Mühe ihr zu folgen.Bei Semir war der Eingriff inzwischen beendet und als Andrea draussen läutete,kam ein Arzt heraus,der Andrea erklärte,dass der Eingriff gut verlaufen war und es Semir den Umständen entsprechend gut ging. „Er darf später schon aufstehen und herumlaufen,aber im Moment muss er sich ein wenig erholen!“ teilte er ihr mit. „Kann ich ihn sehen?“ fragte Andrea mit zitternder Stimme und nach kurzer Überlegung bat der Arzt sie herein und führte sie in das Patientenzimmer,wo Semir und Ben friedlich vor sich hinschlummerten.Andrea setzte sich leise auf einen Stuhl vor Semirs Bett und betrachtete die entspannten Gesichtszüge ihres Mannes.Sie hätte es nicht ertragen,ihn zu verlieren und als ihre Anspannung nachliess,begannen die Tränen wie von selber zu kullern.So sass sie noch da,als Semir 20 Minuten später die Augen aufschlug und seinen Mittagsschlaf für beendet erklärte.

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  • susan
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    • 19. Februar 2013 um 07:53
    • #76

    „Schatz,was ist los?“ wollte er erschrocken wissen,als er Andrea weinend vor seinem Bett sitzen sah. „Ich habe mir so grosse Sorgen um dich gemacht!“ antwortete Andrea und stand auf,um Semir fest zu umarmen,soweit es die Kabel und Schläuche zuliessen.Einen Augenblick verharrten sie so und dann löste sich Andrea langsam wieder von ihrem Mann.Semir schwieg einen Augenblick. „Ich hatte auch Angst,als mein Herz so verrückt gespielt hat.Das ist etwas,was man einfach nicht beeinflussen kann,da muss man auf die Ärzte vertrauen und hoffen,dass die schon wissen,was sie tun!“ sagte er leise. „Aber jetzt fühle ich mich wieder wohl und soll ich dir was sagen? Ich habe Hunger!“ setzte er noch nach.Andrea musste lächeln und warf einen Blick auf den immer noch schlafenden Ben. „Wenn er das endlich auch mal wieder sagen würde,dann könnten wir sicher sein,dass er bald wieder gesund ist!“ bemerkte sie.Nachdem sie über die genauen Geschehnisse ja noch gar keine Informationen hatte,denn um sie zu schonen,hatte man ihr nur Teile der Wahrheit mitgeteilt,erzählte ihr Semir von Karls Ende und den ganzen Umständen davor. „Armer Ben!“ bemerkte Andrea,stand auf und trat an dessen Bett.Mitleidig strich sie ihm eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht.

    Obwohl Ben immer noch verdammt müde war,öffnete er verwirrt die Augen und versuchte sich zu orientieren.Undeutlich konnte er sich daran erinnern,dass etwas mit Semir gewesen war.Nun stand aber Andrea vor ihm.Er bewegte die Lippen in dem Versuch etwas zu sagen und begann sich trotz Beruhigungsmittel wieder aufzuregen.Da hörte er auf einmal die Stimme seines Freundes,die etwas zu ihm sagte,was er nicht genau verstehen konnte,aber auf jeden Fall war der Tonfall ruhig.Mühsam drehte er den Kopf in die Richtung,aus der er die Stimme hörte und da lag kaum eineinhalb Meter von ihm entfernt Semir und lächelte ihn aufmunternd an.Ben bemühte sich zwar sehr,zu verstehen,was der ihm sagen wollte,aber dann gewann das Tavor noch einmal die Oberhand.Bevor er sich versah,waren seine Augen wieder zugefallen und er schlief weiter.Diesmal aber wesentlich befreiter,denn der letzte Eindruck war im Gegensatz zu vorhin ein guter gewesen.

    Wenig später kam eine Schwester herein und bat Andra jetzt zu gehen,da sie Ben versorgen müsste.Andrea nickte,küsste ihren Mann zum Abschied,der ihr noch auftrug: „Grüss die Mädels schön von mir und sag ihnen,dass ich sie vermisse!“ und Andrea winkte ihm im Hinausgehen noch einmal zu.
    Bei Ben war das Fieber wieder leicht gestiegen und er bekam deswegen gleich einen schmerzlindernden,fiebersenkenden Cocktail als Kurzinfusion angehängt.Die Schwester saugte ihn erst durch die Trachealkanüle ab,was sofort einige kräftige Hustenstösse zur Folge hatte.Sie veränderte ein paar Beatmungseinstellungen und als sie die Decke zurückschlug,sah sie schon,dass die Verbände an Leiste und Oberschenkel völlig durchweicht mit Eiter und Wundsekret waren.Sie beugte sich über Ben und sagte: „Herr Jäger,wir werden jetzt die Wunden spülen,das wird leider etwas wehtun,aber Ben reagierte nicht gezielt,sondern starrte sie nur verständnislos an.Während die Schwester ein paar Utensilien und den Stationsarzt holte,versuchte Semir nochmals mit Ben Kontakt aufzunehmen,aber der gab nicht an,als er etwas zu ihm sagte.
    Kurz darauf kamen der Arzt und die Schwester herein, zogen Plastikschürzen an und begannen die Verbände zu lösen.Ben wehrte sich und hatte sichtlich Angst.Semir fragte kurzentschlossen: „Sie haben doch gesagt,dass ich wieder aufstehen darf! Kann ich nicht an Bens Bett sitzen und ihn beruhigen?“ Der Arzt und die Schwester wechselten einen Blick. „Warum eigentlich nicht?“ überlegte der Doktor und schon lockerte die Schwester Semirs Kabel und den Drainagebeutel nahmen sie einfach mit.An Bens Kopfende wurde ein Stuhl gestellt,auf den man ein Safetex legte und Semir durfte sich daraufsetzen.Es klappte gut,völlig ohne Herzstolpern und Atemnot.Semir nahm Bens Hand in die seine und sofort entspannte der sich,obwohl die Spülung sicher unangenehm und schmerzhaft war.Er fixierte fest Semirs Augen und verzog nur manchmal ein wenig das Gesicht.Allerdings brach ihm der Schweiss aus und so wurde er hinterher-der Arzt hatte schon lange das Zimmer verlassen-gleich noch gewaschen und Semir hielt dabei seine Hände fest.Eine zweite Schwester half noch beim Rückenwaschen und Bettbeziehen und wenig später lag Ben wieder frisch und sauber in seinen Kissen.

    „Ben,Karl ist tot,jetzt können wir wieder nach vorne sehen!“ sagte Semir und Ben,der langsam immer wacher wurde,nickte zögernd.Als nach einer Weile Semir auch wieder in sein Bett gebracht wurde und eine Suppe und Brot bekam,waren beide zuversichtlich,dass dieser Alptraum bald ein Ende haben würde.

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  • susan
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    • 20. Februar 2013 um 07:41
    • #77

    Nachdem Ben untertags schon überwiegend an der Beatmungsmaschine selbst geatmet hatte und nur immer Druckunterstützung bekam,war er am Abend fix und fertig.Er fühlte sich,als hätte er einen Marathon hinter sich und war physisch und psychisch völlig erschöpft.Semir hatte sich abends am Waschbecken im Zimmer die Zähne geputzt und war mit dem Gehwagen schon wieder ein paar Schritte herumgelaufen-sehnsüchtig betrachtet von seinem Freund.Dem machte es die allergrösste Mühe nur die Hand zu heben,oder mitzuhelfen,wenn er umgedreht und gelagert wurde.
    Er war zwar noch nicht völlig klar im Kopf und musste auch vermehrt schwitzen und immer wieder zittern,was eine Folge des Opiatentzuges war,aber er konnte wieder verstehen,was man zu ihm sagte und weniger komplexe Zusammenhänge erfassen.
    Ein letztes Mal vor der Nacht wurde er frischgemacht,sein Rücken mit Franzbranntwein abgerieben und dann stellte die Schwester den Modus der Beatmungsmaschine wieder um,so dass er zwar dazuatmen konnte,aber nicht musste.Bens Herzfrequenz und der Blutdruck,die beide ziemlich angestiegen ware,beruhigten sich und bis er sich versah,war er in einen seligen Erschöpfungsschlaf gefallen.Semir,der noch in einer mitgebrachten Autozeitschrift las,sah mit einem Lächeln hinüber zu seinem Freund und als er eine Stunde später auch müde wurde,löschte er seine Leselampe und schloss die Augen,um ebenfalls friedlich einzuschlafen.

    In der Nacht wurde er plötzlich wach,weil Ben im Bett neben ihm plötzlich begann unruhig herumzugraben.Als Semir seine Leselampe anschaltete,sah Ben ihn an,als wäre er das Grauen in Person.Sein Herz jagte wieder,der Blutdruck war hochgegangen und bevor Semir reagieren konnte,stand auch schon die Nachtschwester,die von draussen die Veränderungen am Monitor gesehen hatte,vor ihnen. „Was ist los,Herr Jäger?“ fragte sie und sah ihren Patienten prüfend an.Der war am ganzen Körper völlig verschwitzt und wusste anscheinend überhaupt nicht,wo er war und was los war.Als die Schwester ihm mit der Taschenlampe in die Augen leuchtete,bekam er plötzlich einen Krampfanfall.Semir sah völlig entsetzt,wie Ben die Augen verdrehte und sich sein Rückgrat plötzlich extrem durchbog.Seine Muskeln zogen sich zusammen und seine zu Fäusten geballten Hände sprengten beinahe die Handfesseln.Die Sauerstoffsättigung rauschte in den Keller und die Nachtschwester sprang schnell,um eine Ampulle Diazepam zu holen.Semir beobachtete voller Panik das Geschehen.Bens Gesicht war völlig verzerrt,seine Muskeln zuckten und man sah,wie schlimm das wohl auch für ihn war.
    Schnell wurde die Ampulle Valium in seinen ZVK gespritzt und wenig später löste sich der Krampf.Ein völlig erschöpfter Ben lag nun teilnahmslos im Bett und der hinzugerufene Stationsarzt lies sich die Symptome des Grand Mal-Anfalls schildern.Er öffnete mit einem Spatel Bens Mund und sah,dass das Blut darin stand.Man saugte es gründlich ab und sah auch gleich den Grund dafür-ein Zungenbiss,ein deutlicher Hinweis auf einen grossen Krampfanfall.Der Arzt checkte noch die Reflexe und die anderen Vitalparameter und ordnete für den nächsten Morgen ein Schädel-CT an.

    Als Semir mit Bangen nachfragte,was da jetzt losgewesen war,antwortete der Arzt: „Ihr Freund hatte gerade einen generalisierten Krampfanfall,dessen genaue Ursache wir noch nicht kennen.Wir müssen auch abwarten,ob sich das wiederholt,dann müssten wir eventuell eine antiepileptische Therapie einleiten.Die Gründe für diesen Anfall können sein-erstens eine Epilepsieneigung,die jetzt durch den Stress zum Ausbruch gebracht wurde,eine Hirnschädigung durch die lange Beatmung mit nicht immer guten Versorgungswerten,ein Hirntumor,oder am Wahrscheinlichsten ein Entzugskrampf durch den Opiatentzug.Morgen früh werden wir einen Neurologen zuziehen und dann sehen wir weiter.Das Diazepam hat gut gewirkt,ihr Freund wird jetzt noch eine Weile schlafen.Und übrigens,machen sie sich keine Sorgen-die Betroffenen bekommen von diesen Krämpfen selbst gar nichts mit,höchstens vorher eine Aura und typisch ist ein tiefer Nachschlaf,nicht nur wegen dem Medikament.Lassen sie ihn ausschlafen und morgen sehen wir ,was Sache ist.“
    Während Ben friedlich vor sich hinschlummerte,traute sich Semir aus Angst vor der nächsten Attacke gar nicht mehr einschlafen.Stunden später wurde es hell und ein völlig geräderter Semir sah voller Sorgen dem nächsten Tag entgegen.

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    • 21. Februar 2013 um 07:18
    • #78

    Als die morgendliche Übergabe am Bett stattfand,schlug Ben schon wieder unternehmungslustig die Augen auf.Er hatte keinerlei Erinnerung an die Geschehnisse der Nacht und hörte staunend zu,was die beiden Pflegekräfte sich über ihn zu erzählen hatten.Der Pfleger,der heute Vormittag die beiden Polizisten betreuen würde,kam frisch aus dem Urlaub und so kannte er die näheren Umstände nicht.Zuerst wurden auf der Intensivstation immer die Patienten komplett an die nächste Schicht übergeben.Jeder erfuhr grob die Diagnosen und allgemeinen Therapien aller Patienten.Danach erfolgte,nachdem ausgemacht worden war,wer welche Zimmer übernehmen würde,die genaue Übergabe am Bett.Da ging man nach einem gewissen Schema sehr ins Detail und Ben,der deutlich wacher,als an den Vortagen war,lauschte gebannt den Schilderungen der Pflegekräfte.

    So nebenbei erfuhr er die Beschaffenheit seines Trachealsekretes und noch allerlei andere unappetitliche Dinge.Als man zu der Erwähnung des generalisierten Krampfanfalls in dieser Nacht kam,konnte Ben das kaum glauben.Ja,er war wach geworden und irgendwie unruhig gewesen,daran konnte er sich noch erinnern,aber was danach geschehen war,war völlig aus seinem Gedächtnis verschwunden.Der Pfleger hatte sich bei ihm vorgestellt und auch noch die Verbände aus der Nähe betrachtet.Als Ben auf den dicken Verband auf seiner Brust sah,fiel ihm wieder siedendheiss ein,wie Karl ihn gequält hatte.Semir hatte ihm gesagt,dass er definitiv tot sei,aber war das wirklich so? Er hatte doch gedacht,dass er ihn später nochmals gesehen hatte,als er Semir versucht hatte zu töten,aber nachdem der noch neben ihm im Bett lag,wie er nach einem Blick hinüber erfreut feststellte,war das vielleicht doch bloss ein böser Traum gewesen.Mist,er konnte im Augenblick nicht unterscheiden,was Wirklichkeit war und was ihm sein drogenvernebeltes Gehirn vorgaukelte.Wenn er nur etwas sagen könnte,oder wenigstens aufschreiben,aber wie er zu seinem Verdruss feststellte waren seine Hände immer noch festgebunden,als wäre er ein Schwerverbrecher.Gefrustet liess er den Kopf wieder sinken und hörte lieber zu,was die beiden Pflegekräfte über Semir zu berichten wussten.

    Der hatte erst eine Rippenfraktur erlitten,wobei ein Pneumothorax entstanden war.Bei seinem Rettungsversuch,an den sich Ben nun so gar nicht mehr erinnern konnte,hatte er sich die Thoraxdrainage herausgerissen und war dann nach einem Stich ins Herz beinahe gestorben,wie Ben nun entsetzt aus dem Bericht der Pflege entnahm.Man hatte ihn mit einer Notoperation gerettet und gestern hatte ein Erguss in seinem Herzbeutel mit einer Drainage entlastet werden müssen.Ben erfasste nun erst,dass Semir nur deshalb so schlimm drangewesen war,weil er versucht hatte,ihn zu schützen,als Karl ihn attackiert hatte.Mann dann war er wohl daran schuld,dass es Semir so schlecht gegangen war!
    Er sah unverwandt zu seinem Freund,der Bens Blick auf sich ruhen fühlte und nun,nachdem die Pflegekräfte das Zimmer verlassen hatten,ebenfalls zu ihm rübersah. „Geht’s dir besser?“ fragte er Ben,der daraufhin nickte und mit dem Mund versuchte,einige Worte zu formulieren. „Ben,du hast doch einen Schlauch im Hals,das geht noch nicht mit dem Reden,aber gedulde dich,irgendwann kommt das Ding auch wieder raus!“ versuchte Semir ihn zu trösten und nach einer Weile nickte der.

    Wenig später kam der Pfleger wieder ins Zimmer und sagte munter: „So meine Herren,dann werden wir mal die Morgentoilette in Angriff nehmen!“ und schon machte er Semir,soweit als möglich von seinen Infusionen und Kabeln los.Er half ihm zum Waschbecken zu gehen,was heute schon ohne Gehwagen funktionierte und richtete ihm Wasch-und Rasierzeug her. „Machen sie,soweit sie kommen,Herr Gerkan und den Rest übernehme ich!“ sagte er noch und überzog erst mal,wie jeden Tag,dessen Bett frisch.

    Nun wandte er sich Ben zu und machte als erstes gleich die Handfesseln los.Er stellte ihm einige orientierende Fragen und als sein Patient darauf sehr gezielt reagierte und nickte und mit dem Kopf schüttelte,beschloss er,ihn nach dem Waschen nicht mehr festzumachen.Zunächst nahm er den Langhaarschneider in Betrieb und kürzte Bens Dreitagebart so,wie er es bei sich auch immer machte.Dankbar verfolgte Ben sein Tun.Er wollte doch aussehen wie immer und ein paarmal war er schon ganz glatt rasiert worden-daran konnte er sich noch gut erinnern,aber das war einfach nicht er.Ein Mann konnte das irgendwie viel besser verstehen,als diese Schwestern,die immer den reinsten Kahlschlag veranstalteten.
    Von oben bis unten wurde Ben gewaschen und als dann noch die Verbände auf den ganzen Kathetern,der Arterie und auf der Brust erneuert wurden,musste Ben schon noch das Gesicht verziehen.Er sah an sich herunter und meinte,bei der Naht auf seiner Brust so etwas wie Buchstaben erkennen zu können.Hatte Karl da etwa etwas eingeritzt,was einen Sinn ergab und wenn ja,was? Er versuchte das mimisch dem Pfleger mitzuteilen und der verstand auch gleich. „Da steht: Pas de deux!“ sagte er ihm.Ben liess den Kopf aufs Kissen sinken.Na klasse,jetzt hatte Karl ihn für sein Leben gezeichnet,aber trotzdem war er froh,dass er lebte.Er hatte mit seinem Dasein schon abgeschlossen,als der Schraubenzieher drohend über ihm erschienen war.Alles was danach kam,erschien ihm jetzt wie ein böser Traum,aber anscheinend war das doch Realität gewesen!

    „Die Wunden an Leiste und Oberschenkel werden wir später wieder mit dem Arzt spülen!“ teilte ihm der Pfleger noch mit und Ben nickte mit dem Kopf.Da hatte er ja was,worauf er sich freuen konnte,Mist ihm graute jetzt schon.Während Semir wieder zu seinem Bett gebracht wurde und am Bettrand sitzend Frühstück erhielt,blieb Ben unfixiert mit erhöhtem Kopfteil liegen und wunderte sich,warum er überhaupt keinen Hunger hatte.Aber vielleicht hing das mit dem dünnen Silikonschlauch zusammen,der in seine Nase führte und durch den eine bräunliche Flüssigkeit über eine Sondenpumpe kontinuierlich in ihn tropfte?

    Aufs Zähneputzen hatte der Pfleger wegen dem Zungenbiss verzichtet und Ben schmeckte die schmerzende,frische Wunde auf seiner Zunge und wunderte sich,wo die herkam.So sassen und lagen die Freunde nun nebeneinander und Semir machte sogar den Radio an seinem Bett an.Bei den Klängen beschwingter Radiomusik hing jeder seinen Gedanken nach,bis Ben zum CCT abgerufen wurde.

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    • 22. Februar 2013 um 06:08
    • #79

    Der Pfleger und der Intensivarzt begleiteten den Transport.Erst wurde ein transportables Beatmungsgerät am Bett eingehängt,das mit einer grossen Sauerstoffflasche verbunden war.Der Arzt stellte die Beatmungswerte ein und hängte dann die Schläuche um.Der Transportmonitor und einige Infusionen und Perfusoren kamen auch mit und wurden an Halterungen am Bett befestigt.Ben beobachtete einerseits interessiert die Tätigkeiten der Ärzte und Pfleger,andererseits hatte er keine Ahnung,was jetzt bei ihm gemacht wurde.Keiner hatte ihm erklärt,was ein CCT war und wie das ablief.Ob das wohl wehtat und warum machte man diese Untersuchung überhaupt? Als die Bremsen seines Bettes gelöst wurden und die Fahrt in die Röntgenabteilung begann,sah er sich hilfesuchend nach Semir um,dem Bens Blick einen Stich ins Herz gab.Mensch,er hätte mit seinem Freund reden sollen,wenn schon das Personal nichts sagte.Semir hatte schon mal ein CT gekriegt und wusste,dass es überhaupt nicht wehtat.

    Durch mehrere Schiebetüren,durch lange Gänge und einen Fahrstuhl ging die Fahrt.In der Röntgenabteilung angekommen,begrüsste ihn eine junge Radiologieassistentin,der sofort sein unsicherer Gesichtsausdruck auffiel, freundlich. „Guten Morgen Herr Jäger!“ sagte sie. „Sie müssen sich keine Sorgen machen,die Untersuchung ist völlig schmerzfrei und dauert nur wenige Minuten.Wir ziehen sie jetzt mit einem Rollbrett auf den Röntgentisch und der fährt dann von aussen gesteuert in diesen Bogen hinein.Das einzige,was sie machen müssten,ist still liegen,geht das?“ fragte sie und Ben nickte.Na endlich hatte ihn jemand aufgeklärt.Nur weil man einen Schlauch im Hals hatte,war man doch trotzdem ein Mensch aus Fleisch und Blut.Auch wenn er gerade nichts sagen konnte hatte er trotzdem Gefühle und Ängste,er beschloss die junge Frau zu mögen und lächelte ihr zu.
    Wie angekündigt wurde er mit einem Rollbrett auf den Röntgentisch gezogen und die Geräte wurden auf dem Fussende abgelegt.Er wurde mit zwei breiten Gurten über den gesamten Oberkörper festgemacht und hatte fast ein wenig Platzangst deswegen.Wenigstens war das Untersuchungsmedium keine enge Röhre,wie er sich erst vorgestellt hatte,sondern wirklich nur ein etwa 40cm breiter,auf beiden Seiten offener Bogen.Alle Menschen verliessen den Raum und dann setzte sich der Tisch auch schon in Bewegung und fuhr langsam in den Strahlengang des Computertomographen.Für Ben völlig schmerzfrei wurden die schichtweisen Röntgenaufnahmen des Schädels angefertigt und konnten schon während der Untersuchung von aussen am Bildschirm betrachtet werden.Der Röntgenologe,der sich die Bilder später noch ganz genau anschauen und gleich einen Befund diktieren würde,sagte: „Auf den ersten Blick kann ich nichts erkennen,auf jeden Fall keine Blutung und keine Raumforderung.Ich schicke euch den Befund nachher zu,aber ich denke,es liegt keine ernsthafte Ursache für den Krampfanfall vor.

    Erleichtert nickte der Intensivarzt und dann fuhr der Röntgentisch auch schon zurück und das Personal stand wieder im Raum.Ben wurde losgemacht und ins Bett zurückgezogen.Die Fahrt ging zurück und bevor er sich versah,war er wieder bei seinem Freund angelangt. „Alles ok?“ wollte der wissen und Ben nickte.
    Wenig später stand der Neurologe vor ihnen und stellte sich namentlich vor. „Ich soll sie mir kurz anschauen,Herr Jäger,weil die Ursache für ihren nächtlichen Krampfanfall nicht klar ist.Gibt es in ihrer Familie Fälle von Epilepsie?“ wollte er dann wissen.Ben schüttelte entschieden den Kopf und der Neurologe untersuchte ihn gründlich von Kopf bis Fuss.Er leuchtete ihm in die Augen und prüfte die Pupillenreaktion,verfolgte alle Hirnnervenbahnen und löste die Urreflexe aus.Als er über Bens Fussohle mit dem Stiel des Reflexhammers strich,war der kitzlig und zog das Bein zurück.“Babinski negativ!“ murmelte der Neurologe und begann dann seinen Konsiliarschein auszufüllen.

    „Und,haben sie was gefunden?“ fragte nun Semir,der gespannt die Untersuchungen verfolgt hatte. „Nein,es ist alles normal,es ist naheliegend,dass es ein Entzugskrampf war,ich schreibe ein Medikament auf,dass den Opiatentzug erleichtert und empfehle den Perfusor komplett auszuschalten!“ sagte der und verliess kurz darauf das Zimmer.Wenig später kam der zuständige Pfleger herein und schaltete den Sufentaperfusor,der noch mit einer niedrigen Rate gelaufen war,komplett aus. „Herr Jäger,sie haben zwar in der Infusion ein peripheres Schmerzmittel,aber trotzdem kann es sein,dass sie jetzt Schmerzen kriegen,weil der Körper nun gar keine Opiate mehr bekommt.Die Synapsen im Gehirn schreien dann sozusagen nach ihrem Stoff und es könnte sein,dass es ihnen die nächsten Stunden nicht so gut geht!“ kündigte er an. Semir sah mit bangem Blick zu seinem Freund hinüber,der ebenfalls ängstlich zu ihm herrübersah.Oh je,was jetzt wohl wieder auf sie beide zukommen würde-Semir hoffte nur,dass es nicht allzu schlimm werden würde.

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  • susan
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    • 23. Februar 2013 um 06:05
    • #80

    Ben war nun komplett wach.Von keinerlei Opiaten oder sonstigen Beruhigungsmitteln beeinflusst,nahm er seine Umwelt wieder ganz anders wahr.Er checkte erst mal seinen Körper und fühlte sich sozusagen von oben nach unten.Seine Zunge tat weh.Irgendwie hatten die da was von Zungenbiss erwähnt,an den er sich zwar nicht erinnern konnte,der aber naheliegend war,denn genauso fühlte es sich an.Aus seiner Nase führte ein dünnes Schläuchlein zu dieser Sondenpumpe und er fühlte,wie ihm diese Sonde den Rachen hinunterlief.

    An seinem Hals war anscheinend ein Loch,denn der Beatmungsschlauch kam da heraus.Vorsichtig fühlte er mit der Hand nach oben und tastete,wie sich das anfühlte.Semir,der ihn ängstlich beobachtete,sagte zu ihm: „Ben,bitte zieh da nichts raus,oder bau was auseinander.Das letzte Mal als du das getan hast,wärst du beinahe erstickt!“ Ben drehte seinen Kopf zu Semir und zuckte mit den Schultern,zum Zeichen,dass er keine Ahnung hatte,von was der sprach.Obwohl seine Hand ihm nur mühsam gehorchte und sich teigig und schwer anfühlte,konnte er sich ein ungefähres Bild davon machen,wie das an seinem Hals wohl aussah.Der Beatmungsschlauch mit dem geschlossenen Absaugsystem daran war irgendwie aufgeschraubt,oder gesteckt und in seiner Luftröhre selber steckte ein Schlauch,der mit einem gepolsterten Haltebändchen rund um seinen Hals befestigt war.Aha,das war anscheinend so ein Luftröhrenschnitt.Er hatte zwar keine Ahnung,wozu er sowas brauchte,aber gut,das Ding war halt nun mal da und behinderte ihn beim Sprechen.Allerdings konnte er sich noch zu gut an seine Angst zu ersticken erinnern,bevor er intubiert wurde,da war es jetzt besser auszuhalten.Er hatte damals-keine Ahnung wie lange das her war-gedacht,dass er jetzt auf der Stelle sterben würde und lediglich Semirs Hand hatte ihm noch Kraft gegeben,bevor er eingeschlafen war.

    An seiner einen Halsseite kamen ein paar Infusionskabel vom ZVK heraus und in seinem Unterarm steckte diese Arterie-gut da hatten sie ihm beim Legen erklärt,wozu das gut war,da wusste er Bescheid,aber auch da hatte es ihm gutgetan,von Semir unterstützt zu werden.Auf der anderen Halsseite war auch noch ein dicker Verband,aber wozu der diente,konnte er sich nicht vorstellen.
    Er liess seine Hand tiefer gleiten.Auf seiner Brust war ein Verband und er konnte sich von der morgendlichen Waschung her noch an die Nähte erinnern,die den Schriftzug,den Karl ihm verpasst hatte,zusammenzogen.An die Wundversorgung selber konnte er sich gar nicht mehr so gut erinnern,eigentlich nur,dass die Chefin dagewesen war und ihm die Hand gehalten hatte,aber daran,wie Wiesmüller ihn mit dem Teppichmesser traktiert hatte,dessen irren Blick und seine eigene Todesangst,als der den Schraubenzieher gehoben hatte,fielen ihm plötzlich wieder siedendheiss ein.Ein paar Tränen kullerten aus seinen Augen und Semir fragte ganz besorgt: „Ben,tuts so weh,oder kann ich dir irgendwie helfen?“ Er schüttelte vorsichtig den Kopf,soweit es das Tracheostoma schmerzfrei zuliess und tastete dann weiter nach unten.Seine Leiste und die Oberschenkelinnenseite klopften und brannten.Sogar durch den feuchten Verband durch bemerkte er tiefe Schnitte und da waren ein paar dicke Silionschläuche zu spüren,durch die gestern die Wunde gespült worden war.Woher diese Verletzung allerdings kam,war ihm schleierhaft.

    Auch den Blasenkatheter spürte er,allerdings hätte er da jetzt gar nicht mehr drangedacht,das tat nämlich wirklich nicht weh und sogar Semir hatte so ein Ding,anscheinend hatte das jeder Patient auf der Intensivstation.
    Vorsichtig bewegte er seine Füsse.Er war zwar noch kraftlos,aber es ging.Ach wie gerne würde er wieder laufen und rennen,gut aufs Tanzen könnte er verzichten nach diesen Erlebnissen,aber wieder mobil sein,hingehen können,wo man wollte,das war ein Ziel,für das es sich zu arbeiten lohnte.

    In dem Moment kam sein Pfleger wieder zur Tür herein und sagte freundlich: „Herr Jäger,ich würde sie gerne absaugen und ein wenig anders hinlegen.Später kommt der Arzt noch und dann spülen wir die Wunden an ihrer Leiste und dem Oberschenkel!“ Ben nickte und machte dann eine Handbewegung,als wenn er schreiben wollte.Der Pfleger verstand und ging kurz aus dem Zimmer,um ein Klemmbrett mit einem grossen,weissen Papier und einen schwarzen Filzstift zu holen.Er stellte Bens Bett hoch,hielt ihm das Brett vor und nun versuchte Ben mit der Zungenspitze zwischen den Zähnen,etwas zu schreiben.Verdammt,es ging nicht! Auf dem Papier waren irgendwelche schwarzen,unleserlichen Krakel,aber seine Hände folgten ihm nicht gut genug,dass er etwas Leserliches zustandebrachte.Vor Frust stiegen ihm die Tränen wieder in die Augen,warum funktionierte das nicht? Der Pfleger nahm ihm den Stift und das Brett wieder ab und legte beides beiseite. „Keine Aufregung Herr Jäger,das dauert vielleicht einfach noch ein wenig,sie haben nach dieser Beatmungszeit noch nicht soviel Kraft und Koordination,aber das kommt schon wieder,geben sie sich Zeit!“ versuchte er ihn zu trösten und dann saugte er Ben endotracheal ab.Selber konnte er zwar den Schleim hochhusten,aber er konnte ihn ja weder ausspucken,noch abschlucken,also musste der in regelmässigen Abständen mit dem Absauger entfernt werden.Das war ziemlich unangenehm,aber Ben hielt es tapfer aus,irgendwie kannte er das Gefühl inzwischen zu gut und es war ja auch bald vorbei.

    Der Pfleger bat ihn noch den Mund zu öffnen und wischte vorsichtig die Mundhöhle mit einem feuchten Mundpflegestäbchen aus.Das tat zwar weh,wegen der wunden Zunge,aber danach hatte er wieder einen ganz anderen Geschmack im Mund.Ein wenig Creme auf seinen aufgesprungenen Lippen vervollständigten die Mundpflege und als der Pfleger nun das Bett flacher stellte und ihn mit einer speziellen Technik zur Seite drehte,konnte er sich schon mit beiden Händen am Bettgitter festhalten,bis sein Rücken abgerieben und die Unterlage geglättet war.Eine zusammengefaltete Zudecke in seinem Rücken verhinderte,dass er zurückrollte und nachdem er noch mit einem dünnen Laken zugedeckt war,schloss Ben ein wenig die Augen,um sich auszuruhen.
    Semir,der ihn unverwandt angesehen hatte,griff nun auch zu seiner Zeitschrift und begann einigermassen beruhigt zu lesen,bis sein Mittagessen kam.

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