Hypnotische Rache

  • Und wieder saß Ben in der kargen Zelle auf der Pritsche und wartete auf die von Kim versprochene Hilfe. Stolberg schien es jedoch zu gefallen, ihn zappeln zu lassen, denn erst zwei Tage nach seiner Verhaftung kam ein älterer, hoch gewachsener Herr in die Zelle und betrachtete Ben durch eine scheinbar sehr starke, dicke Brille. „Herr Jäger?“, fragte er nur und Ben nickte. „Ich bin Oliver Müller, ein Freund von Kim Krüger. Sie hatte mich angerufen und sagte mir, dass sie meine Hilfe brauchen.“, stellte er sich vor und setzte sich auf einen kleinen Hocken Ben gegenüber. „Ich wurde hypnotisiert und scheine in diesem Zustand Verbrechen begangen zu haben... meinen Kollegen scheine ich auch...“, Ben stockte. Er wollte nicht daran denken. „Können sie mir helfen?“, wollte er dann wissen. Der Psychologe nickte nur. „Die Hypnotherapie ist eines meiner Spezialgebiete. Ich denke, dass ich da etwas machen kann. Zuerst werde ich ihnen jedoch einige Fragen stellen und sie beantworten diese bitte wahrheitsgemäß...“, bat der Hirndoktor. Ben nickte nur. „Fehlen ihn aus der letzten Zeit Erinnerungen?“, wollte er wissen und Ben erzählte, dass er sich an einen Abend mit Rosa nicht erinnern konnte. Und dann das Essen auf der Burg, wo ihm schlecht geworden ist. „Noch etwas?“, wollte der Arzt dann wissen. Ben verneinte. „Gut, ich werde sie jetzt kurz in Trance versetzen. Wenn sie wirklich hypnotisiert wurden, finde ich es schon heraus.“ Müller nahm ein kleines Pendel aus seiner Tasche und ließ es vor Bens Augen hin und her schwenken. „Konzentrieren sie sich auf meine Stimme, Ben... alles um sie herum ist nun unwichtig. Konzentrieren sie sich auf meine Stimme.“ Ben schloss die Augen und saß steif auf dem Brett. „Was sehen sie, Ben, wenn sie an die vergangenen Tage zurückdenken?“, fragte der Psychologe und holte schnell einen Block und seinen Kugelschreiber hervor. „Eine Burg... großes Zimmer... Polizei ist hinter mir her.“, kam es von Ben nur und Oliver merkte schon, dass er auf dem richtigen Weg war.


    „Gehen Sie weiter zurück... bis zur ersten Zeit mit Rosa.... wo sind Sie?“, wollte Müller wissen. „Wir sind im Probenraum. Rosa gibt mir eine CD. Sie hat ein Lied für mich aufgenommen. Es ist sehr schön. Ich höre es mir an. Sie singt wunderbar...“, erzählte Ben. „Wie heißt das Lied?“, harkte der Psychologe nach. „Ich weiß nicht...“, gab Ben zu. „Denken Sie nach...haben Sie die CD in der Hand?“, kam die nächste Frage. „Ja... es steht was drauf...“, nickte Ben. „Was steht drauf? Können Sie es lesen?“ „Nein...ich...ich kann es nicht lesen...ich versuche es...ich kann nicht.“, kam angestrengt von Ben. Müller notierte sich alles. „Okay... sie hören das Lied... was passiert dann?“, wollte er wissen. „Ich sehe wie ich in den Kiosk gehe... ich habe eine Maske auf. Er darf mich nicht erkennen. Meine Waffe ist geladen, aber der Mann hat Angst und gibt mir das Geld aus der Kasse...“, erzählte Ben weiter. Er erzählte alles was er getan hatte und auch, wie er sich fühlte.

  • Dann kam er an die Stelle, wo er Semir entführte und zu Anton brachte. „Ich bin im Kerker und hole Semir raus. Er ist verletzt. Blutet an den Handgelenken von den alten rostigen Ketten. Anton befiehlt mir ihn zum Brunnen zu bringen und in festzubinden... dann lässt er ihn runter. Semir ist unter Wasser.“, kam mit einer leiernden Stimme von Ben. „Was tun Sie?“, harkte Müller nach. „Ich sehe zu...ich tue nichts“, meinte Ben nur. „Was passiert weiter?“ „Ich bringe Semir wieder runter... er friert... er hat Angst... vor mir...“, gab er von sich. Müller machte sich ständig Notizen. Nach knappen zehn Minuten holte er Ben zurück. „Und?“, wollte dieser sofort wissen. „Sie haben ziemlich viel angestellt. Aber ein ist ganz klar... Sie standen unter Hypnose. Vermutlich sind die Schlüsselworte auf der CD drauf. Die bräuchte ich, damit ich Sie wirklich befreien kann. Es muss etwas sein, was Sie mit Rosa verbindet oder aber was Rosa mit ihrem Vater verbindet. Denken Sie nach... was könnte es sein?“, beharrte Müller. „Ich weiß es nicht... Doc...was habe ich mit Semirs Zustand zu tun?“, wollte Ben leise wissen. Ihn plagten Schuldgefühle. Hatte er seinen Freund so zugerichtet?


    Andrea saß an Semirs Bett und hielt seine Hand. Er war aus der Narkose erwacht und sah sie mit halb zu geschwollenen Augen an. „Hey....“, sagte sie leise. Semir lächelte müde und versuchte sich aufzurichten. „Bleib ruhig liegen... du bist im Krankenhaus.“, kam leise von ihr. Semir nickte nur. Er schloss die Augen. „Wo... ist... Ben...“, brachte er mühsam über die Lippen. Andrea schwieg. Sie konnte ihm nicht sagen, dass sein Partner im Gefängnis war. Sie wollte es nicht tun. „Das ist jetzt nicht so wichtig. Du musst erst einmal gesund werden. Der Mistkerl hat dich regelrecht auseinander genommen. Ben schafft es auch allein.“, redete sie auf ihn ein. „Andrea... Ben ist... ist unschuldig... er... Hypnose...“, stieß Semir aus. „Ja ich weiß... Nur keine Angst... Frau Krüger kümmert sich um Ben.“, lächelte Andrea sanft. „Du musst schlafen. Semir... du wirst schließlich gebraucht...“ „Ben...“, kam noch einmal von Semir, doch dann fielen ihm die Augen zu. Andrea küsste ihn sanft auf die Stirn. „Schlaf... und werde erst einmal gesund. Die Zeit wird alles andere regeln....und deine Frau natürlich.“, sagte sie und verließ das Zimmer. Kim Krüger hatte dafür gesorgt, dass zwei Polizisten vor der Tür dafür sorgten, das Semir nicht gestört wurde, denn Rosa Winter war nicht gefasst worden. Sie sah die Beiden an. „Bitte... passt gut auf ihn auf.“, sagte sie fast flehend. „An ihm kommt keiner ran. Nur über unsere Leichen!“, lachte Siggi leise. „Ich hoffe nicht...“, meinte Andrea nur und fuhr heim.


    ...

  • „Frau Krüger...das ist doch absurd!! Hypnose? Wissen Sie, wie oft ich diese Ausrede schon gehört habe? Das ist totaler Schwachsinn. Ich weiß, dass man unter Hypnose einiges anstellt, aber dass es so ausartet, dass man seinen eigenen Partner schwer verletzt? Nein... das halte ich für absolut unmöglich. Die Überfälle hat Herr Jäger bei vollem Bewusstsein gemacht! Aber gut... ich gebe Ihnen die Chance, mir das nachzuweisen. Solange wird Herr Jäger aber in Untersuchungshaft bleiben. Wenn Sie es nicht beweisen können, das Herr Jäger unschuldig ist, wird es ein Prozess geben, der dem Polizeiapparat wieder einmal eine große Schlappe einbringt und das wird dem Polizeipräsidenten sicher nicht gefallen. Was ist mit Herrn Gerkhan?“, wollte Stolberg wissen. „Er hat noch einmal großes Glück gehabt. Wir haben herausgefunden, dass sich Anton Pfeifer, das ist der Mann der für alles verantwortlich ist, Herrn Gerkhan bereits bei der Verurteilung Rache geschworen hat. Und wir vermuten, dass Herr Jäger als Werkzeug missbraucht wurde. Herr Stolberg... ich kenne die Beiden. Sie sind die korrektesten Polizisten. Auch wenn ihre Methoden die Fälle aufzuklären manchmal sehr suspekt sind. Bitte.... versuchen Sie...“, fing Kim an. Stolberg lächelte milde. „Frau Krüger... Sie kennen mich. Ich bin hart, aber ich habe auch einen weichen Kern. Schrankmann hat mir die Leitung übertragen. Der Kollege bei der Staatsanwaltschaft mit dem ich derzeit zusammen arbeite, kenne ich seit der Schulzeit. Er hält sich zurück. Sie haben genau eine Woche Zeit. Was ist eigentlich mit dieser Rosa Winter?“, harkte Stolberg nach. „Sie ist spurlos verschwunden. Das ist auch der Grund dafür, dass ich vor dem Zimmer von Herrn Gerkhan Wachen aufstellen ließ. Wir müssen damit rechnen, dass sie sich an Jäger und Gerkhan rächen will...“, erklärte Kim leise. „Wir sollten ihr eine Falle stellen. Wenn Jäger wirklich unter Hypnose stand und sie dafür verantwortlich ist...“, schlug Stolberg vor.


    Kim ging nach der Besprechung zu Oliver und sprach mit ihm. „Und? Was denkst du?“, wollte sie wissen. „Nun ja... wie ich dir bereits sagte, steht er wirklich unter hypnotischem Einfluss.“, erwiderte der Psychologe. „Kannst du ihn davon heilen?“, fragte Kim und Oliver lachte kurz auf. „Kein Problem... nur ich brauche etwas.“ „Was?“ „Ben hat mir erzählt, dass er von dieser Rosa eine CD geschenkt bekommen hat. Darauf, und damit verwette ich mein Honorar, ist das Aktivierungswort, dass Ben in Trance versetzt. Ich brauche diese CD, um ihn in Trance zu versetzen und ihn für immer zu heilen.“, meinte der Psychologe und ging mit Kim den langen Kiesweg um das Präsidium herum. „Was, wenn du ihn nicht heilen kannst?“, fragte sie und sah ihn besorgt an. „Nun, Hypnose ist keine Infektionskrankheit... mit der Zeit, wenn das Wort nicht mehr gebraucht wird, wird er alles vergessen. Unser Unterbewusstsein speichert wesentliche Dinge nur für eine gewisse Zeit und wenn wir sie nicht mehr brauchen, werden sie mit anderen Informationen überspielt.“, erklärte er. „Wie lange kann so ein normaler Genesungsprozess dauern?“, fragte Kim und blieb stehen. „Nun... ein bis zwei Jahre sicherlich schon... zur vollen Genesung. Der Heilungsprozess fängt schon einige Tage nach der letzten Aktivierung an.“, erklärte der Psychologe. „So lange kann der arme Kerl nicht im Gefängnis bleiben... Ich besorg dir die CD.“, meinte Kim. „Ich komme mit.“


    Am Abend standen sie wieder in Stolbergs Büro. „Frau Krüger, was ist denn? Ich wollte gerade Feierabend machen.“, meinte er genervt und schaltete demonstrativ die Lampe auf seinem Schreibtisch aus. „Bitte... nur einige Augenblicke.“, bat sie. „Na gut... Wer ist das?“, fragte er und deutete auf den Herren hinter Kim, der einen CD-Spieler in der Hand hatte. „Das ist Oliver Müller, er ist Psychologe und ein guter Freund. Er hat sich in den letzten Tagen sehr intensiv mit Herrn Jäger befasst.“, erwiderte Kim nur. „Aha. Und, was hat das jetzt mit mir zu tun?“, fragte er. Oliver lächelte nur und kam einen Schritt nach vorn. „Wie ich hörte, glauben sie nicht, dass Herr Jäger unter Hypnoseeinfluss stehen kann und diese Verbrechen bei vollem Bewusstsein begangen hat.“ „Das ist mein Standpunkt, ja.“, erwiderte Stolberg und ließ sich wieder in seinen Bürositz zurückfallen. „Wären sie bereit, mir bei einem Experiment zu helfen? Ich werde ihnen beweisen, dass es sehr wohl möglich ist.“, bat Oliver und lächelte vielsagend. Stolberg drehte genervt mit dem Kopf. „Gut, wenn es sein muss.“, maulte er. „Danke... Kim, sei bitte auch dabei und zeichne alles mit der Kamera auf.“, bat er und reichte Kim einen kleinen Camcorder. Alle drei fuhren dann in die Untersuchungshaftanstalt, wo Ben für die nächsten Tage einsaß. Noch sollte er nicht wissen, dass dies seine letzte Nacht hinter Gittern war.

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    Der Welt gehen die Genies aus,
    Einstein ist tot
    Beethoven wurde taub
    und ich fühle mich auch nicht gut. :D:D

  • Ben wurde in den großen Verhörraum gebracht und vom Wachpersonal mit den Dreien alleine gelassen. „Ben... bitte setzen sie sich.“, bat Oliver Müller und stellte den CD-Player auf den Tisch. Dann zog er eine CD-Hülle hervor. „Ist das die CD, die ihnen Rosa gegeben hat?“, fragte er. Ben nickte. „Gut. Kim, starte bitte den Camcorder... Herr Stolberg, würden sie mir ihre Dienstwaffe leihen?“, fragte er. Stolberg sah ihn erschrocken an. „Ich soll was?“ „Ja, sie sollen mir ihre Waffe leihen, aber es wäre gesünder, wenn sie vorher das Magazin und alle Patronen rausnehmen.“, bat der Psychologe. Widerwillig kam Stolberg der Aufforderung nahe. Müller legte die Waffe neben sich auf den Tisch. „Ich habe mir die CD angehört und sie werden gleich sehen, was mit Ben passiert, wenn er die CD hört.“, erklärte er für alle Beteiligten, legte die CD ein und startete den Player. Alle lauschten der wunderbaren Singstimme der jungen Frau. „Vancouver“, erklang es plötzlich und sofort änderte sich Bens Gesichtsausdruck. Seine Haltung wurde starr und sein Blick ging geradeaus. Sofort schaltete Oliver den Player wieder aus. Stolberg sah dies mit erschrockenem Gesicht.


    „Sehen sie, er ist völlig weggetreten... Ben, hörst du mich?“, fragte der Psychologe. „Ja...“, kam es murmelnd von ihm. „Ben, du wirst nun tun, was ich dir sage...“, redete Oliver mit gleichmäßig ruhiger Stimme auf den jungen Mann ein. „Ja.. alles.“, erwiderte Ben murmelnd. „Nimm die Waffe vom Tisch und erschieß ihn...“, bestimmte Oliver und zeigte auf Stolberg, der erschrocken zusammenfuhr. Auch Kim sah erschrocken zu, wie Ben die Waffe nahm, auf den Kollegen anlegte und immer wieder den Abzug betätigte. Doch es löste sich kein Schuss. Der Düsseldorfer Kommissar sah erschrocken in die Mündung seiner eigenen Waffe und hörte immer wieder das Klicken. „Ben... leg die Waffe hin und setz dich.“, wies der Psychologe den Kommissar an. Ben tat es und ließ sich gerade auf den Stuhl nieder. „Hör mir genau zu... du wirst nie wieder in Trance fallen, wenn du das Wort Vancouver hörst... nie wieder. Du wirst jetzt die Augen schließen und alles wissen, was gerade passiert ist... Wenn ich bis drei zähle, bist du von der Hypnose für immer befreit... Das Wort Vancouver wird in dir nur noch Urlaubserinnerungen hervorrufen... Eins – zwei – drei.“, Oliver schnipste mit den Fingern und schlagartig war Ben wieder wach. „Boah, was für eine Show.“, murmelte er und rieb sich sein Gesicht. Kim und Stolberg sahen sich entsetzt an. „Seht ihr, wie einfach es ist...“, meinte Oliver und nahm Kim den Camcorder aus der Hand. „Damit wäre ja wohl bewiesen, dass Ben unschuldig ist, oder?“, fragte er und drückte Stolberg das Band in die Hand. „Allerdings... ich kann es kaum fassen.“, stotterte er. „Gut, dann richten sie das der Staatsanwaltschaft aus, damit Herr Jäger wieder nach Hause kann.“, meinte Kim und Stolberg machte sich sofort auf den Weg. „Ben... es ist alles vorbei.“, meinte sie und er nickte. „Wie geht es Semir?“, wollte er wissen. „Kann ich zu ihm?“

  • Rosa saß in ihrem Zimmer im Hotel und hatte den Fernseher laufen. Die Nachrichten liefen, aber sie hatte den Ton aus. Sie sah Bens Bild und schaltete den Ton ein. Doch zu spät. Der Sprecher wechselte das Thema. „Ich werde dich finden Ben Jäger und dann wirst du einen schrecklichen Tod sterben. Und dein Freund Gerkhan auch. Ihr habt mein Leben zerstört. Ihr werdet langsam zu Grunde gehen.“, sagte sie wütend, zog ihre Beine an und weinte. Sie musste sich schon etwas Besonderes einfallen lassen. Sie wollte sich an die Angst der Beiden weiden… sie wollte…Und plötzlich hatte sie eine Idee. Gerkhan würde garantiert im Krankenhaus liegen. Sie musste dort hin… sie war schließlich eine Krankenpflegerin und hatte ihren Kittel noch. Mit etwas Geschick konnte sie sicher ins Zimmer kommen. Und dann…wird sie Ben anrufen. Wenn er wollte, dass sein Kollege und Freund lebt, musste er zu ihr kommen. Er würde sehen, wie Gerkhan stirbt und dann selbst sterben. Doch dazwischen werden einige Tage vergehen und sie sah Ben vor ihren Augen… vergehend vor Selbstmitleid. Traurig weil der Freund tot war. Sie brauchte einen sehr guten Plan um die Gedanken in die Tat umzusetzen. Vermutlich wird Gerkhan bewacht. Also musste sie ein paar Tage warten. Sie setzte sich eine Woche Zeit. Bis dahin dürfte jedem Polizisten klar sein, dass sie sich verdünnisiert hatte. Auch Ben würde dann keinen Verdacht mehr hegen. Ben…wie wäre es, wenn sie sich erst Ben schnappen würde und dann mit ihm zu Gerkhan fährt. Oder hatte Gerkhan nicht auch Familie? Was würden sie tun, wenn sie…die arme Rosa sich an die Frau von Gerkhan rächte? Was würde Gerkhan tun, wenn sie ihm das Liebste was er hat wegnahm? Ja… das war viel Besser….sie würde diesem Bullen, der ihr Leben versaut hatte das Liebste nehmen. Nun musste sie nur die Adresse von Gerkhan herausfinden und dann… dann würde ihre Rache anfangen zu laufen.


    ...

  • Ben betrat leise das Zimmer von Semir. Dieser schlief. Zumindest sah es so aus. Ben setzte sich neben das Bett. „Hey…Partner… ich hab es geschafft. Meine Unschuld ist bewiesen. Zumindest was die Überfälle und die Einbrüche angeht. Aber ich…ich weiß dass ich dir… Semir… ich konnte nicht anders… es tut mir Leid…“, Ben schluckte schwer. „Was tut dir Leid?“, fragte Semir leise. „Du bist wach?“, kam erstaunt von Ben. „Ja sicher… so laut wie du bist, da kann man nicht schlafen.“, fing Semir an zu scherzen. „Semir…ich….ich…“, suchte Ben nach Worten. „Nur keine Sorge… so was bringt mich nicht um. Aber du hast ziemlich hart zugeschlagen. Ich weiß dass du es bei normalem Verstand nicht getan hättest. Und wenn ich nicht angekettet gewesen wäre, hättest du keine Chance gegen mich gehabt. Was ist mit Pfeifer?“, wollte Semir sofort wissen. „Anton Pfeifer ist Geschichte. Ich konnte ihn erledigen. Wie geht es dir?“, harkte Ben nach. „Ganz gut, soweit ich es beurteilen kann. Ich weiß nicht, was bei mir alles kaputt ist, aber der Arzt meinte, es würde heilen.“, lächelte Semir. „Du bist…wegen mir fast gestorben. Wie kann ich das jemals wieder gut machen?“, wollte Ben wissen. „Ben…du warst nicht du selbst. Ich nehme es dir nicht übel… wirklich.“, versuchte Semir ihm zu erklären. „Rosa ist auf der Flucht. Aber sie wird nicht an dich heran kommen. Du bist bewacht. Und nun werde erst mal wieder gesund…“, kam leise von Ben. „Schnapp dir dieses Miststück und pack sie dort hin, wo sie hingehört… in den Knast… bekommst du das ohne meine Hilfe hin?“, stichelte Semir bereits wieder. Ben sah ihn gespielt empört an. „Wo denkst du hin? Steh auf und hilf mir gefälligst!“, lachte er. Nur eine halbe Stunde später verabschiedete er sich. „Danke Semir…“, sagte er bevor er das Zimmer verließ.


    Rosa färbte ihre Haare und trat ihren Arbeitsplatz zum ersten Mal an. Krankenschwester im Marienhospital. Sie war aus einigen Bewerbern hervor gegangen um eine offene Stelle zu besetzen. Die Zeugnisse, die sie vorlegte, waren zwar nicht echt, aber das schien hier niemanden zu interessieren. Rosas Dienst begann auf der inneren Station für Männer. Sie sah bereits am Morgen, dass hier Semir Gerkhan im Zimmer 408 lag. „So sehen wir uns wieder…“, sagte sie leise. Jeden Morgen kam sie ans Bett des Mannes der ihren Vater verhaftet hatte. Sie hatte keine Angst, dass er sie erkennen würden. Denn sie hatte sich ziemlich gut verkleidet. Ein paar Pushups und schon war die Oberweite mehr. Kontaktlinsen in anderen Farben ließen ihre Augen verändern und die andere Haarfarbe und der andere Haarschnitt veränderten ihr komplettes Äußeres. Sie freundete sich sogar mit der Frau von Gerkhan an, die täglich mit ihrer kleinen Tochter kam, um ihren Mann zu besuchen. Rosa hatte ihren Plan… Sie wusste nun was Gerkhan das Liebste war.


    Die Woche ging schnell vorbei und Semir erholte sich immer mehr. Andrea fuhr jeden Tag hin und baute ihn auf. Die Wunden heilten langsam und auch sie war froh, dass Ben von der Schuld freigesprochen wurde. „Wo hast du denn meinen kleinen Engel gelassen?“, wollte Semir wissen. „Sie wartet bei den Schwestern. Die sind ganz vernarrt in die Kleine.“, lachte Andrea. „Das ist gut. Aber hol sie doch bitte. Ich meine, ich hab sie so lange nicht gesehen..“ bettelte Semir. Andrea sah ihn lachend an. Also gut… bin gleich wieder da.“, sagte sie und verschwand. Doch wenig später kam sie völlig blass und geschockt zurück. „Aida…! Sie ist weg!! Semir… unser Engel…sie ist weg!!“, stammelte sie völlig verzweifelt. „Was?“, sofort war auch Semir schlagartig aufgefahren, soweit es die Schmerzen zuließen. „Semir... die Schwester... sie ist mit unserer Kleinen verschwunden.“, stieß Andrea aus. Semirs Augen weiteten sich vor Schreck und Entsetzen. Das Schlimmste, was einer Familie nun passieren konnte, war ihm passiert. „Saßen da nicht noch andere Schwestern?“, fragte er. „Semir, die Schwester ist einfach weg.... Ich ruf Ben an.“, meinte Andrea und wählte mit zitternden Händen Bens Handy an.

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  • Ben saß an seinem Schreibtisch. Tat das gut wieder hier auf Arbeit zu sitzen. Endlich war dieser Spuk vorbei, dachte er und klimperte mit seinem Bleistift auf einigen Berichten rum, die er noch schreiben musste. In seinen Gedanken rekapitulierte er die ganzen Tage noch mal. Rosa war immer noch verschwunden und so lange dieses Mädchen nicht gefasst war, würde er bei der Schranke immer noch als potentiell verdächtig gelten. Ihr würde doch das Video, die Aussage von Kim und Stolberg und das Gutachten von Müller nicht reichen. Plötzlich riss ihm das Klingeln seines Handys aus den Gedanken. „Andrea... ist was passiert?“, fragte er, als er ihre aufgeregte und hysterische Stimme am anderen Ende der Leitung hörte. „Was? Aber... was ist passiert?“, fragte er erschrocken und fuhr aus seinem Stuhl hoch, als hätte ihn jemand in den Hintern gepiekt. „Andrea... beruhig dich, ich komme sofort.“, meinte er und legte auf. Sofort schnappte er sich seine Jacke und rannte beim Rausgehen fast Kim über den Haufen. „Ben... können sie nicht aufpassen?“, zischte sie und bückte sich nach den heruntergefallenen Akten. „Tschuldigung Chefin, aber im Krankenhaus... Semir... ich muss sofort dort hin.“, meinte er und rannte weiter zu seinem Wagen. Kim sah ihn erschrocken hinterher und schnappte sich ebenfalls ihre Jacke.


    Rosa fuhr mit der weinenden Aida zurück in ihr Hotel und holte ihre restlichen Sachen. „Shhht, ganz ruhig meine Kleine.“, wollte sie das Kind beruhigen, doch Aida ließ sich nicht beruhigen. Diese Frau hatte sie einfach verschleppt. Ihre Mama war nicht in der Nähe, das spürte sie. Mit schnellen Griffen hatte Rosa ihre Sachen gepackt und rannte wieder zum Wagen, nachdem sie die Rechnung in bar bezahlt hatte. Sie hatte ein kleines Haus, abseits der großen Straßen und mitten im Wald gefunden, wo sie sich verstecken konnte. Ihre Rache würde sie vollziehen. Erst war Gerkhan dran... er sollte sehen, wie es ist, wenn man das Liebste verlor und zwar vor dem eigenen Auge. Sie würde die beiden zur Burg dirigieren und dort erst das Kind und dann die beiden Männer töten. Aber es würde sehr langsam und sehr qualvoll werden. Das wusste sie schon und schon bald würde sie ihre Rache auskosten können. Mit Ben würde sie erst noch ihren Spaß haben wollen, bevor sie ihn entgültig tötete.

  • Andrea und Semir saßen auf dem Bett und hielten sich in den Armen fest. Wer... wer konnte nur ihre kleine Tochter entführen. War das eine geplante Aktion, überlegte Semir, oder nur eine überstürzte Tat? „Semir, Andrea... was ist passiert?“, fragte Ben sofort, als er ins Zimmer gestürzt kam. Auch Kim kam hinterher und sah, dass hier etwas furchtbares passiert sein musste. „Aida... sie haben Aida mitgenommen.“, stieß Andrea weinend aus und vergrub sich in die Schulter ihres Mannes und weinte. „Wer? Wer hat Aida mitgenommen?“, wollte Kim wissen. „Eine der Schwestern... ich habe sie nur kurz bei ihr gelassen und als ich sie holen wollte, waren beide weg.“, stieß Andrea aus und schniefte. Semir hielt sie fest in den Armen, doch auch er war sichtlich mit den Nerven fertig. „Ich rede mit den Schwestern... vielleicht hat irgendeine etwas gesehen.“, meinte Ben sofort und verschwand aus dem Zimmer wieder. Noch ahnte er nicht, dass er gleich sehr überrascht werden würde.


    Ben sah die Oberschwester gerade in dem Schwesternzimmer verschwinden. „Hallo!! Warten Sei mal bitte!“, rief er sie an. „Ja?“, fragte sie verwundert. „Jäger, Kripo Autobahn… Die Tochter meines Kollegen ist hier entführt worden. Laut Aussage der Ehefrau, hat sie das zweijährige Kind an eine der Schwestern zum Aufpassen gegeben und die ist mit dem Kind weg. Wer kann das gewesen sein?“, fragte er sofort. „Moment… das geht ein bisschen zu weit! Sie können doch nicht einfach so jemanden der Entführung bezichtigen…Für meine Mädchen lege ich die Hand ins Feuer!“, brauste sie sofort auf. „Es ist aber so. Also welche Schwester kommt dafür in Frage und wo befinden sie sich!“, blaffte Ben zurück. „Nun ja… wir sind heute zu viert hier. Da ist Schwester Ann-Marie, die gerade im Zimmer 401 ist, dann Schwester Josefine die eben dort kommt, ich selbst und dann die neue…Schwester Rosemarie. Aber wo die ist…ich weiß es nicht…“, kam von der Oberschwester. „Also gut… dann dürfte es Schwester Rosemarie sein. Haben Sie zufällig ein Bild von der Schwester?“, wollte Ben wissen. „Ja sicher… in der Personalakte. Warten Sie… ich hab sie hier… muss ja die Beurteilung der Probezeit täglich schreiben… Moment… sie muss hier irgendwo liegen“, murmelte sie und suchte auf dem Schreibtisch, der völlig überladen war. „Ah…. Hier haben wir sie ja. Eine sehr nette junge Dame. Wirklich sehr nett.“, lächelte sie und zeigte Ben das Bild. Er sah es an und schluckte. „Verdammt!“, fauchte er und rannte mit der Akte in der Hand zu Semir zurück.


    ...

  • „Frau Gerkhan…vielleicht ist die Schwester nur mit der Kleinen auf die Toilette oder in der Cafeteria. Wir sollten zunächst alle anderen Möglichkeiten ausschalten…“, redete Kim auf Andrea ein, die bitterlich weinte. „Da war ich doch schon! Sie ist weg…mein Engel ist weg…“, schluchzte sie. „SEMIR!! Ich weiß wer Aida hat!“, stieß Ben aus, als er das Zimmer stürmte. „Wer?“, fragten Kim, Andrea und Semir wie aus einem Mund. „Rosa… Winter… Sie hat Aida…hier… das ist sie…“, erklärte Ben und zeigte das Foto. „Nein…das ist sie nicht…Ben sie sah doch völlig anders aus. Das ist Schwester Rosemarie…“, meinte Semir zweifelnd. „Du kennst sie nicht… sie ist es… ich sehe es an dem Leberfleck am linken Nasenflügel. Sie hat zwar andere Haare und andere Augen, aber das ist leicht zu erklären. Sie hat eine Sehschwäche und trägt Kontaktlinsen. Sie hat mehrere in verschiedenen Farben. Sie ist es… Oh mein Gott. Wenn sie Aida auch nur ein Haar krümmt, dann werde ich zum Tier…“, stieß Ben wütend aus. „Dazu müssten wir sie erst einmal finden…“, kam von Kim. Semir hielt Andrea im Arm. „Diese verdammte Hexe…Ben hilf mir…ich verlasse heute noch das Krankenhaus...“, kam von Semir. Sofort ruckte Kims Kopf zu ihm. „Oh nein, Gerkhan! Sie werden hier bleiben, bis der Arzt Sie entlässt!“, sagte sie sofort. „Aber Chefin! Es geht um meine Tochter!!“, widersprach Semir sofort. In diesem Augenblick klingelte das Telefon an seinem Bett. „Gerkhan…“, meldete Semir sich mit einer Vorahnung.


    „Hallo Semir… schön, dass es dir wieder besser geht. Ich habe hier jemanden, die ihre Mama und ihren Papa vermisst. Sie weint so herzzerreißend… hör doch mal…“, lachte die Frau am anderen Ende. Semir hörte das Weinen seiner Tochter. „ROSA!!! Lass meine Tochter…bitte… lass sie gehen… sie hat nichts damit zu tun…!“, flehte Semir. „Ja sicher lasse ich sie gehen. Sobald du und Ben bei mir sind. Kommt in die Burg und dann darfst du Fangen spielen… Mal sehen wie deine Tochter aussieht, wenn sie vom Turm fällt…so wie mein Vater…“, lachte die Frau. Semir schloss die Augen. „Okay… wohin und wann?“, fragte er entschlossen. „Nein… nicht so schnell… erst sollst du ein paar Tage im Ungewissen sein. Ich werde gut für den kleinen Engel sorgen…“, sagte sie leise. Ein Knacken in der Leitung zeigte dass sie aufgelegt hatte. „Semir?“, fragte Andrea leise. „Ben hat Recht… Sie hat Aida… sie will mich und Ben im Austausch gegen Aida…ich werde gehen.“, bestimmte er mit einer völlig abwesenden Stimme. „Das kommt überhaupt nicht in Frage. Sie sind gar nicht in der Lage das Krankenhaus zu verlassen! Sie dürfen sich nicht in die Hände dieser Frau begeben!“, befahl Kim. „Chefin… es geht um meine Tochter! Nicht um meine Gesundheit! Ich weiß genau was…“, Semir holte Luft und verzog dabei das Gesicht vor Schmerzen. Sofort war Andrea da und ließ ihn langsam ins Kissen gleiten. „Semir…? Alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt. „Geht schon… ich…Andrea ich hol sie zurück… versprochen… ich hole sie zurück.“, gab er das Versprechen. Niemand achtete auf Ben, der die ganze Zeit in der Ecke saß und einfach in die Luft starrte.


    „Semir... ich.“, fing er an und schlug gegen die Wand. „Ich werde zu ihr gehen. Im Austausch gegen Aida.“, schlug er vor. „Ben.. nein.“, stieß Semir aus und wollte dazwischen. „Semir... wenn ich Aida dadurch wiederbringen kann, dann ist es gut so.“, erwiderte Ben und war drauf und dran aus dem Zimmer zu stürmen. Doch Andrea hielt ihn auf. „Nein Ben... das würde ich nicht wollen.“, meinte sie. Doch Bens Augen zeigten, dass es keine andere Möglichkeit für ihn gab. „Andrea, bitte... jetzt zählt nur, dass ihr Aida wieder in die Arme schließen könnt.“ „Vielleicht gibt es noch eine andere Möglichkeit.“, fuhr Kim dazwischen. „Und welche?“, wollten alle anderen wissen. „Wenn wir die Burg heute Nacht mit dem SEK umstellen lassen und so ihre Tochter rausholen...“, fing sie an, doch Semir unterbrach sie. „Chefin, die Frau ist wahnsinnig. Wenn die einen von diesen Möchtegern-Rambos sieht, tötet sie meine Tochter sofort.“, schrie Semir und hielt Andrea fest in seinem Arm, als er die letzten Worte aussprach. „Semir, es ist die einzige Möglichkeit eingreifen zu können, wenn sie beide bei dieser Frau sind.“, meinte Kim und ging dann, ohne ein Gegenwort abzuwarten, um alles vorzubereiten.

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  • „Ich werde nicht zulassen, dass diese Frau das Leben meiner Tochter gefährdet. Ben... gib mir meine Sachen.“, forderte er und deutete auf den Schrank neben sich. „Semir...“ „Los gib schon.“, fauchte er mit lauter Stimme und dann sah er Andrea an. „Ich bring sie dir wieder.“, versprach Semir und erhob sich unter Schmerzen. Mit zusammengebissenen Zähnen zog er seine Hose an und stülpte sich sein T-Shirt über. Ben sah alles mit wehleidigem, sich Selbstvorwürfe machenden Blick mit an. „Ben... jetzt hilf mir endlich.“, kam es wütend vom Deutschtürken. Die Ohren einziehend tat Ben, was Semir von ihm verlangte. „Und wie willst du hier rauskommen?“, fragte Ben dann, als Semir sich mit schmerzverzerrtem Gesicht aufsetzte und die Beine aus dem Bett schwang. „Irgendwie werden wir das schon schaffen.“, erwiderte Semir und versuchte einige Schritte zu gehen. Ihm war klar, dass er sich hier auf ein Waggonspiel mit dem Tod einließ, doch seine Tochter war ihm in diesem Moment wichtiger, als sein eigenes Leben.


    Rosa sah auf Aida, die sie in einen quadratischen Käfig eingesperrt hatte, und lächelte. „Ich wette mit dir, der Papa hält sich nicht an die Abmachungen und wird bald hier auftauchen. Wir müssen uns ein bisschen vorbereiten, nicht wahr?“, lachte sie und verließ das Zimmer. Sie kannte dieses Burg. Schließlich war sie hier aufgewachsen und groß geworden. Ihr Vater hatte ihr alles gezeigt, auch wie man die Burg gegen unangenehmen Besuch fertig machte. Unscheinbare Laubhaufen unter den wenigen dünnen Mauerstellen waren mit Fallnetzen, die sich bei einer leichten Berührung, einer fallenden Person oder so, in die Luft erhoben und den Eindringling festsetzten. Das war das eine... unten am Hofende gab es eine kleine Pforte, die sehr unscheinbar war. Doch trat man dadurch und kam dabei auf einen bestimmten Stein, fielen die betreffenden Personen in eine Fallgrube, die so tief und dessen Wände so glatt waren, dass man nicht daran hochklettern konnte.


    „Wenn diese Frau Aida auch nur ein Haar krümmt bring ich sie um.“, stieß Semir aus und fast gleichzeitig ein Stöhnen, als Ben über ein Schlagloch fuhr. „Tschuldigung…“, murmelte er. „Semir… ich halte es nicht für gut, wenn du mitkommst. Ich meine…du bist noch längst nicht wieder auf der Höhe und...“, versuchte er seinen Partner zu überreden. „Nur keine Sorge… ich sehe vielleicht schwach aus, aber ich bin es nicht. Ich schaffe das mit deiner Hilfe. Hoffe nur, dass du nicht wieder in Hypnose fällst...“, gab Semir zu bedenken. „Ich auch. Nach Dr. Müller sollte es nicht mehr passieren. Hoffe sehr, dass er Recht behält. Okay... wir sind gleich da…“, meinte Ben nur und lenkte das Fahrzeug auf den Weg zur Burg. Er hielt etwas davon weg um Rosa nicht direkt darauf aufmerksam zu machen. „Okay… dann wollen wir mal das kleine Prinzesschen zurückholen und dem Drachen die Zähne zeigen…“, murmelte Ben wütend als er anhielt. Er sah Semir an. „Bist du sicher, dass du es schaffst? Wenn die Wunden wieder aufreißen…dann…“, versuchte er. „Ben… ich bin okay… die Wunde ist verschlossen und ich falle ja nicht zehn Meter tief…oder lande sonst wo...“, lachte Semir und ahnte nicht, was ihm bevorstand.

  • Rosa nahm Aida und setzte sie samt Käfig hinter der Falltür in Position. „Mal sehen, was dein Papa macht, wenn er dich hier sieht, oder soll er Fliegen? Nicht an dich rankommen? Ja… das ist besser… und das tut ihm sicher noch mehr weh…“, lachte sie gehässig und brachte Aida zu den Fallnetzen. Das, was sie für Semir vorgesehen hatte, war bereits im Gedankenverlauf grausam. Sie hing den Käfig mit Aida im Innenhof etwa eine Handbreit entfernt von dem Fallnetz an dem alten Baum auf. Das kleine Mädchen sah interessiert zu, aber sie weinte. Ständig rief sie nach Mama und Papa… Rosa war eiskalt. Sie hielt es stundenlang aus wenn das Kind weinte. „Siehst du…. hier wird der Papa sein und du hier… er kann dich sehen, er kann mit dir sprechen, aber er kann dich nicht berühren.. Ich weiß wie es ist, den Papa zu sehen und ihn nicht zu berühren. Und dann werde ich dich holen. Wenn ich Ben dann fertig gemacht habe. Dein Onkel Ben wird sehr tief fallen… sehr tief..“, sagte sie zu dem Kind, das heftig schluchzte. Doch es schienen auch Muttergefühle aufzutreten, denn sie gab Aida ein kleines Spielzeug in den Käfig und auch was zu essen. „So und nun warten wir auf die Beiden, die sicher schon vor dem Tor stehen.“, meinte sie und streichelte Aida über den Kopf.


    Semir und Ben betraten den Hof. „Also gut… wir sollten uns aufteilen… ich meine wir hätten dann die Chance diese Hexe in die Zange zu nehmen.“, schlug Semir vor, als er plötzlich ein Weinen hörten. „Das ist Aida!! Sie ist hier!!“, stieß er aus und wollte sofort in die Richtung rennen. „Semir! Es könnte eine Falle sein…“, gab Ben zu bedenken und hielt seinen Partner fest. „Meine Tochter weint! Ben…geh du in die Burg und ich befreie Aida…“, kam flehend von Semir. Ben überlegte kurz. „Also gut…aber bitte, pass verdammt gut auf...!“, ermahnte er seinen Freund zur Vorsicht. „Klar…ich hole meine Tochter und verlasse die Burg. Warte dort, bis die Chefin und das SEK kommen und rette dann dich...“ lachte Semir leise. Ben schüttelte den Kopf. „Nur keine Sorge…sie wird mir nicht entkommen. Rette deine kleine Prinzessin!“ Ben ging auf die große Burg zu, während Semir sich auf das Weinen konzentrierte. Langsam ging er in die Richtung aus der das Weinen kam. Und dann sah er sie. Seine kleine Tochter in einem Käfig sitzend und weinend. „AIDA!!“, stieß er aus. Jede Vorsicht war vergessen. Er rannte einfach auf den Käfig los.


    Doch schon im nächsten Moment wurden ihm die Füße unter dem Boden weggezogen und Semir sauste unter tosendem Geschrei in die Luft. „Aaaaaaaaaaahhhhhhhh“, stieß er aus, als er sich im nächsten Moment in einem Fallnetz wiederfand und etwa einen guten Meter über der Erde baumelte. Langsam beruhigte er sich und versuchte sich zu befreien, doch das instabile Netz ließ kaum eine ordentliche Bewegung zu. Aida sah ihren Papa gegenüber und krabbelte zu den Gitterstäben. „Papa.“, schluchzte sie und streckte ihren kleinen Arm Semir entgegen. Semir zerriss es das Herz, seine Tochter so weinen zu sehen und er versuchte die Hand nach ihr zu strecken, doch er kam nicht ran. „Verdammt.“, stieß er aus und merkte, wie sein Bauch wieder anfing zu schmerzen. Scheinbar war die Wunde doch nicht so gut verheilt, wie er gedacht hatte. Denn er dachte zu fühlen, wie etwas Feuchtes an seinem Shirt hinunterlief und er sah an sich hinunter. Tatsächlich bildete sich ein kleiner, braunroter Fleck. „Verdammt.“, stieß Semir aus und hörte dann ein teuflisches Lachen. Er sah sich um und Rosa kam hinter dem Baum hervor. „So Semir, jetzt wirst du am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn man einen geliebten Menschen nahe ist, ihn aber nicht berühren darf.“, stieß sie wütend aus. „Lass meine Tochter frei, du Hexe.“, schrie er und drehte sich dabei im Netz. „Oh... wer wird denn so böse sein? Ich kümmere mich gleich um dich und deine Tochter, aber erst mal ist mein Liebster dran.“, lachte sie und ging auf die Burg zu.

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  • Ben hörte den Aufschrei seines Partners. „Semir.“, stieß er sofort aus und ging zum Wehrgang, wo man den Hof überblicken konnte und er sah, wie Rosa mit seinem Partner sprach, der in einer Art Netz gefangen war. Ihm gegenüber seine Tochter in einen Käfig gesperrt. In Ben kochte die Wut. Aida so zu sehen, ließ seiner Wut freien Lauf und er schwor sich, die Sache so schnell wie möglich zu beenden. Ein für allemal. Rosa sollte niemandem mehr etwas tun können. Er hörte, wie jemand die Stufen hinaufstieg. Schnell versteckte er sich in eine Nische, die Waffe dabei im Anschlag. Bereit, um Rosa zu stellen. Würde sie sich leicht verhaften lassen? Nein, bestimmt nicht. Diese Frau war eiskalt. Sie hatte Ben nur benutzt und würde jede Chance nutzen, um ihn... darüber wollte er nicht nachdenken. Immer weiter schmiegte er sich in die Ecke, um nicht bemerkt zu werden. Die Schritte hallten im Gang wieder und er konnte nicht genau sagen, ob sich die Person schon dicht bei ihm befand.


    Rosa blieb kurz stehen, hatte sie dort einen Schatten gesehen? Möglich wäre es. Sie ging weiter, dabei ein großes, altes Schwert in der Hand haltend. Ihr Vater hatte ihr gezeigt, wie man mit solchen Dingern umging und wie man den Gegner so verletzte, dass derjenige qualvoll starb, wenn nicht Hilfe kam. Sie wusste diese Mittel noch genau anzuwenden. Und gleich würde sie Ben mit dem Wissen konfrontieren. Aber brauchte sie das überhaupt... was war mit der Hypnose? War sie noch aktiv bei ihm? Einen Versuch war es auf jeden Fall wert. Sie hatte das Schwert dicht am Körper, um direkt zuzustoßen, wenn sie Ben sah... sicher war er bewaffnet. Doch leicht wollte sie ihm es nicht machen. Er würde wie ihr Vater sterben... mit aufgeschlagenem Schädel auf dem Pflaster der Burg. Vorsichtig und langsam ging sie weiter. Ihre Nase fing einen vertrauten Duft auf und ihr Mud formte sich zu einem bösen, unheilvollen Lächeln.

  • Kim und das SEK pirschten sich durch den dichten Wald auf die Burg vor. „Verdammt... sie haben nicht warten können.“, stieß sie aus, als sie durch das Fernglas Semirs BMW vor dem Tor erkennen konnte. Doch ein Rückzieher war jetzt zu spät und sicher würden ihre beiden Kommissare ihre Hilfe brauchen. So ging die ganze Gruppe weiter und pirschte sich immer dichter an die großen, breiten Mauern heran. So erfahren das SEK auch war, für die zehn Männer in schwarz war es auch das erste Mal, dass sie in eine so imposante Burg eindringen mussten. Mit Wurfhaken hangelten sich einige an den Mauern hoch und krochen weiter über das Dach, bis sie durch ein Fenster in die Burg gelangen konnten. Ein anderer Trupp machte sich am großen Tor bereit, vorsichtig einzudringen. Kim hielt sich immer im Schutze der Truppe und pirschte sich vorsichtig mit vor. Hoffentlich kamen sie nicht zu spät. Der Schrei von vorhin konnte nichts gutes heißen, das wusste sie aus Erfahrung. „Wir gehen rein!“, befahl sie dem Einsatzleiter des SEKs. Der Mann wies seine Leute an sich so zu verteilen, dass ein optimaler Zugriff möglich war. „Passt auf... diese alten Burgen haben immer ein paar Fallen, die nicht im Plan verzeichnet sind. Sichert euch gegenseitig!“, wies er die Leute an. Kim sah wie sich jeweils zwei Mann ein Seil umbanden. „Halten Sie das nicht für übertrieben?“, fragte sie. „Nein ganz sicher nicht. Burg Falkenstein ist bekannt für Falltüren und Fallen im Boden. Hier haben sich schon einige den Hals gebrochen, weil sie in einer dieser tückischen Fallen waren. Wir gehen vor!“, rief er unterdrückt.



    ...

  • Semir hielt sich die Wunde. „Aida...Papa ist hier...nicht weinen...“, versuchte er seine Tochter zu beruhigen. Es schien tatsächlich zu wirken. Aida schluchzte zwar, aber sie sah ihren Papa und das war schon ein kleiner Vorteil. Doch auch Semirs Aufenthalt ließ einen Vorteil zu. Er sah wie die Beamten des SEKs auf das Gelände kamen. Bisher hatte Rosa sich nicht mehr gezeigt. Aber auch Ben war nirgends auszumachen. Die Männer stürmten vor und Semir sah wie sich plötzlich unter zwei Mann der Boden auftat. „HEY VORSICHT!!!“, schrie er verzweifelt. Einer der Männer machte einen Sprung zur Seite und ahnte nicht, dass er damit nicht nur sein Leben rettete. Immer näher kamen die Rettungskräfte an Semir heran, der merkte, dass die Wunde, die erneut aufgeplatzt war, ziemlich heftig blutete. Das Shirt, was er trug, war mittlerweile rot. Er fühlte, wie ihm schwindelig wurde dennoch schaffte er es, wach zu bleiben. Er wollte seiner Tochter, die eh schon sehr große Angst hatte, nicht noch mehr zumuten. Dann sah er endlich, wie zwei der Eingreiftruppe den Käfig mit seiner Tochter runterließ und wenig später war auch Semir aus seinem Netz befreit. „Semir? Oh mein Gott... Sie bluten!“, stieß Kim erschrocken aus als Semir vor ihr lag. „Nicht so schlimm... Ben... er ist in der Burg...“, stieß Semir aus. „Sie werden jetzt erst einmal mit Ihrer Tochter in Sicherheit gebracht.“, befahl sie. „Chefin.. ich muss Ben helfen...ich muss...“, widersprach Semir leise. „Sie gehen ins Krankenhaus zurück! Das ist ein Befehl und ich werde Sie notfalls persönlich hinbringen. Ben Jäger können Sie mir und den Männern hier überlassen!“, klang es streng von Kim zurück. Semir nickte. Jetzt, wo die Anspannung endete, spürte er die starken Schmerzen. Kim sah die Beamten des SEK an. „Sie sorgen dafür, das beide umgehend ins Krankenhaus kommen. Egal, was er sagt!“, befahl sie. Die Beamten nickten und trugen Semir samt Aida vom Gelände.


    Ben sah Rosa kommen. Er sah jedoch nicht, dass sie eine Waffe trug. Dennoch zog er seine Waffe und überprüfte diese. Nervosität machte sich breit. Und dann hörte er ihre Schritte, er glaubte sogar den Geruch ihres Parfums wahr zu nehmen. Langsam zählte er bis fünf und sprang aus seinem Versteck. Ein höhnisches Lachen empfing ihn und schon spürte er wie etwas Spitzes in seinen Körper drang. Die Waffe fiel aus seinen kraftlos werdenden Fingern und er sah auf den langen Degen, den Rosa ihm soeben in die Schulter stieß. Heiß floss das Blut aus der Wunde. „En Garde...“ sagte sie und lachte. „Du wirst jetzt wie mein Vater sterben...“, ließ sie verlauten. „Rosa...bitte... ich... ich wollte es nicht. Aber dein Vater hat mich dazu gezwungen, meinen Partner zu verletzen. Er ist fast gestorben!“, versuchte er an sie heran zu kommen. Sie drehte den Degen, der immer noch in seiner Schulter steckte, in der Wunde. Ben hielt die Hand darüber und so fügte sie ihm auch Schnitte in den Fingern zu. Ben stöhnte auf. Er war nicht fähig sich zu bewegen. Der Degen schien in die Holzwand hinter ihm eingedrungen zu sein und so war er regelrecht festgenagelt. „Rosa...gib auf... Du kannst nicht entkommen...“ versuchte er weiter. Doch Rosa war völlig verblendete von der Rache für ihren toten Vater. Weder sie noch Ben hörten wie sich die Gruppe der Sicherheitskräfte den Weg nach oben bahnten.


    Kim warf einen kurzen Blick in den Gang hinein und sah dann Ben an der Wand stehen, in seiner Schulter die Spitze eines Degens, die auf der anderen Seite wieder herausragte. Erschrocken entschloss sie sich einzugreifen. Doch auf die Entfernung ... sie musste näher ran, um besser zielen zu können. Mit zwei SEK-Leuten ging sie weiter vor und betrat dann den Gang. „Rosa Winter... geben sie auf.“, schrie Kim und nahm ihre Waffe in den Anschlag. Die beiden Polizisten taten es ihr gleich. Rosa drehte den Kopf zu Kim, ohne dabei den Druck von der Waffe zu nehmen, die sie Ben in die Schulter gerammt hatte. „Ich werde es beenden.“, schrie Sie und nahm ein kleines Messer, wollte ausholen und Ben damit die Kehle durchtrennen. Ben sah sie erschrocken mit seinen vom Schmerz übermannten Augen an und kniff sie zu. Kim reagierte schnell, zielte mit ihrer Waffe und schoss. Rosa glitt das Messer aus der Hand und sie fiel nach hinten, den Degen immer noch umklammert, sodass sie ihn wieder aus Bens Schulter zog. Schreiend klappte Ben zusammen, als das Eisen aus seiner Schulter war. „Schnell einen Arzt.“, schrie Kim nach unten und rannte dann schnell zu Ben und Rosa. Bei ihr konnte man nur noch den Tod feststellen, doch Ben sah gar nicht gut aus. Scheinbar war der Degen schon sehr alt gewesen und ein wenig rostig. „Chefin... ich...“, hauchte er und sah sie mit glasigem Blick an. „Ganz ruhig Ben... der Arzt kommt gleich.“, meinte sie zu ihm und presste ihre Jacke auf die Wunde, um die Blutung wenigstens einigermaßen zu stoppen.

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  • Im nächsten Moment kamen auch schon die Sanitäter und ein Arzt zu Ben und begutachteten seine Wunde. „Er muss schnell ins Krankenhaus. Das ist ein glatter Durchstich.“, meinte er und ließ den jungen Hauptkommissar auf die Trage schnallen und ins Krankenhaus fahren. So schnell es ging wurde Ben in den OP geschoben und die Ärzte machten sich sofort über den Polizisten her. Kim stand draußen, ihre blutige Jacke in der Hand und wartete. Mittlerweile hatte man ihr mitgeteilt, dass es auch Semir wieder besser ging und dessen aufgeplatzte Wunde nun allerdings doppelt so lange für die Heilung benötigte. „Gut, binden sie ihn notfalls am Bett fest...“, wies Kim den Arzt mit einem lachenden Auge an, doch im Moment hafteten ihre Gedanken bei Ben, der nun schon fast zwei Stunden in der OP lag.


    „Verdammt, ich seh nichts... Saugen.“, rief der Arzt und die Schwester fummelte mit dem Absauger in der Wunde herum, um wieder klare Sicht für den Arzt zu schaffen. „Wo ist dieser verdammte Splitter?“, fragte er sich und suchte in all dem Gewebe und Blutanmischungen nach den letzten Knochensplitter, der bei dem Auftreffen des Degens auf das Schulterblatt verursacht wurde. „Doktor, er wird instabil...“, rief der Anästhesist ihm zu. „Nur noch einige Minuten...“ „Soviel hat er nicht mehr.“, kam die Gegenantwort. „Verdammt... noch mehr Blutkonserven...“, wies er eine Schwester mit harschem Ton an. „Sofort Doktor.“, meinte sie nur kleinlaut und ging in den Nebenraum. „Herzfrequenz fällt...“ „Ruhig... komm Junge, bleib bei mir.“, stieß der Arzt aus und hatte endlich den letzten Splitter mit der Pinzette zu fassen bekommen. „Doktor, er beginnt zu flimmern.“ „Scheiße.“


    Semir lag in seinem Bett und schlug die Augen auf. Langsam lichtete sich der Nebel nach der Narkose, die er bekommen hatte und er blickte in das lachende Gesicht seiner Tochter, die auf seinem Bauch saß. „Hallo.“, meinte er glücklich und voller Freude, dass seine Tochter gerettet war. Andrea saß neben ihm und strich ihm über den Handrücken. „Hey, wo ist Ben?“, fragte er und setzte sich mit verzogenem Gesicht auf. „Er ist noch im OP. Diese Rosa... sie hat...“, Andrea fiel es schwer, Semir das zu erzählen. „Sie hat ihn mit einem Degen durchbohrt.“, kam es dann von ihr. Semir sah sie mit fassungslosem Gesicht an. „Oh Gott...“, stieß er aus und sah dann mit wehleidigem Blick zur Tür. „Semir, er wird es schaffen... Ben ist stark.“, meinte Andrea zur Beruhigung. Doch Semir konnte nicht anders. Er machte sich Sorgen um Ben... Wie recht doch seine Sorgen waren.


    ...

  • „Andrea hilf mir auf…“, bat Semir. Andrea schüttelte den Kopf. „Du musst auch liegen bleiben. Ben kommt sicher gleich hier rein gefahren und dann könnt ihr euch wieder Geschichten erzählen.“, beruhigte sie ihn. Semir streichelte seiner Tochter über den Kopf. „Ich hoffe nur, sie erinnert sich nicht an das, was passiert ist.“, wünschte er sich. Andrea gab ihrer Tochter einen Kuss auf den Kopf. „Das hoffe ich auch sehr. Die Kinderärzte haben sie untersucht, als der Doc dich wieder geflickt hat. Er sagt, sie hat keinerlei Verletzungen. Einen leichten Schock aber dadurch, dass sie noch klein ist, wird sie es schnell verarbeiten.“, erzählte Andrea. Semir schloss immer wieder die Augen. „Hast du Schmerzen?“, wollte Andrea wissen. Er nickte. „Ja etwas… geht schon…“, lächelte er gequält. „Semir… du musst vor mir nicht den Helden spielen. Ich sehe doch, wie es dir geht. Ich hole den Arzt...“, sagte sie und stand auf. Semir widersprach nicht und das war für Andrea ein sicheres Zeichen, dass er starke Schmerzen hatte.


    „Okay… wir haben ihn wieder…“, stieß der Arzt aus, der Bens Funktionen überwachte. „Dann werde ich jetzt das letzte Stück rausholen…. Ich hab es gesichtet… es sitzt verdammt tief. Ist er stabil?“, wollte der Operateur wissen. „Ja… soweit schon. Es darf aber nicht zu lange dauern…“, warf der andere Arzt ein. „Schon gut… ich hab es.. ich ziehe ihn jetzt raus…saugen!“, befahl der Operateur. Nur wenige Augenblicke später hatte er den Splitter. „Okay… saugen!!! Saugen!!“, fauchte er. „Okay… wir können ihn zumachen.“, kam von dem Arzt und er nähte die Wunde zu. „Was macht der Kreislauf?“, fragte er nach hinten. „Stabil…Herzfrequenz auch… ich kann ihm nichts mehr an Narkose nachschießen…“, ermahnte der Anästhesist. „Ja ist auch nicht nötig… so Verband drauf und dann kann er zu seinem Kollegen.“, lächelt der Arzt müde aber zufrieden. Der Rest war Sache der OP-Schwester. Sie legte fachmännisch den Verband an und schob das Bett in den Aufwachraum. Immer noch war Ben an den Überwachungsgeräten angeschlossen. Das monotone Piepen erfüllte den Raum. „Herr Jäger?...Herr Jäger…hören sie mich… schauen Sie mich bitte kurz an? Herr Jäger….schauen Sie mich kurz an und dann dürfen Sie weiter schlafen…“, redete sie auf den Patienten an und gab ihm leichte Ohrfeigen. Tatsächlich schlug er die Augen auf. „Hören Sie mich?“, fragte sie sanft. „Mhhh…“, kam als Antwort. „Sehr schön… schlafen Sie, es ist alles okay…“, lächelte sie und schon war der Patient wieder entschlummert.


    Semir sah auf, als der Arzt herein kam. „Sie haben Schmerzen?“, fragte er. „Ja… etwas. Es sticht ziemlich heftig und…ich habe Probleme beim Atmen.“, erklärte Semir. „Gut.. ich sehe mir die Wunde an.“, lächelte der Arzt und besah sich die Wunde. „Hmmm…. Sieht eigentlich gut aus. Etwas gerötet, aber sie heilt. Bewegen Sie sich nicht zu viel. Ich lasse Ihnen einen kühlenden Verband anlegen. Damit würde das Brennen dann etwas unterbunden.“, meinte der Doc. „Danke… was ist mit meinem Kollegen und wo ist meine Frau und meine Tochter?“, harkte Semir nach. „Ihre Frau ist mit Ihrer Tochter nach Hause gefahren. Die Kleine hat genug mitgemacht. Ich habe sie heim geschickt. Sie sollten auch noch etwas schlafen. Und Ihr Kollege kommt gleich hier rein. Er hatte eine ziemlich böse Stichwunde in der Schulter. Wir hatte ein wenig Schwierigkeiten das Loch zu flicken, aber wir haben es geschafft. Allerdings muss ihr Kollege erst einmal anfangen mit links zu essen und zu arbeiten. Der Rechte wird für eine ganze Weile ausgeschaltet sein.“, erklärte der Arzt. Semir sah ihn erschrocken an. „Was soll das heißen?“, wollte er sofort wissen.

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  • Der Arzt lächelte. „Nur keine Angst... wir haben den Arm drangelassen.“, lachte er kurz und sah, wie Semir erschrocken guckte. „Die Wunde ist sehr tief... es wurde ihm durch seinen Körper gestoßen. Es wird einige Zeit brauchen, bis er den Arm wieder vollends bewegen kann.“, meinte der Doc. „Aber er wird ihn wieder bewegen können?“, fragte Semir nach. „Da bin ich mir sicher. Es wurden zum Glück keine Nerven und Muskeln verletzt. Der Stoß ging scharf am Knochen vorbei. Deshalb hat es auch so lange gedauert. Wir mussten die ganzen Fremdkörper, sprich die Splitter fein säuberlich entfernen und das Blutgewebe in diesem Bereich reinigen, da die Klinge mit Rost versehen war.“, erklärte der Arzt und wollte dann gehen. „Doc... wann kann ich hier raus?“, fragte er. „Jetzt schlafen sie erst mal... ich sehe morgen früh nach ihnen und wenn sich die Wunde in den nächsten drei Tagen nicht weiter entzündet, dürfen sie nach Hause... aber vom Dienst lasse ich sie vier Wochen krank schreiben.“ „Vier WOCHEN?“, stieß Semir aus und sah den Arzt mit offenem Mund an. „Allerdings... vorher kann ich sie nicht auf die Straße lassen.“, meinte der Mediziner und ging aus dem Zimmer.


    Langsam kam das Leben in Bens Körper zurück und er hörte dieses monotone Piepsen der Gerätschaften und das grelle Licht blendete ihn. „Hallo?“, fragte er mit ausgetrockneter Stimme und sah, dass er im Aufwachraum lag. „Hallo?“, meinte er etwas lauter und schon im nächsten Augenblick hörte er Schritte. „Oh Herr Jäger, sie sind wach... Das ist gut, dann können wir sie gleich zu ihrem Kollegen bringen. Der wartet schon auf sie.“, lachte die Schwester. „Ich ... habe Durst.“, kam es heiser von Ben. „Ich bringe ihnen gleich ein Glas Wasser, aber jetzt geht es erst mal auf Reisen.“, meinte sie mit schwungvoller Stimme. Dann löste sie die Bremsen vom Bett und schob Ben zur Tür hinaus. Nach wenigen Minuten und einer Fahrt im Bettenlift, öffnete sie die Tür zu Semirs Zimmer und schob das Bett mitsamt Ben neben Semirs, der schon freudig grinste und auf ihn zu warten schien. „Endlich leistest du mir Gesellschaft.“, lachte er und sah den dicken Verband um die Schulter seines Partners. „Semir... ich kann meinen rechten Arm nicht bewegen.“, kam es leise von Semir. „Kunststück, du hast einen Degen in die Schulter bekommen.“, erwiderte der Deutschtürke und sah auf seinen Partner rüber. Dieser wischte sich mit der gesunden Hand durch das Gesicht. „Ohhh... ich erinnere mich... Rosa... sie hat mich doch tatsächlich zum Schaschlikspieß machen wollen.“, scherzte er und sah auf die angewinkelte, rechte Hand. „Wie lange ich das hier wohl tragen muss?“, fragte er, doch im nächsten Moment kam schon der Arzt wieder ins Zimmer.

  • „Ah, der Herr Jäger... wie schön, sie haben sich entschlossen, bei uns zu bleiben.“, lachte der Arzt und sah sich den Arm an. „Doc, ich... ich kann meinen rechten Arm nicht bewegen.“, erzählte Ben und sah dann nur, dass der Arzt nickte. „Keine Sorge, wir haben ihn vorerst mit einer Betäubung ruhig gestellt. Das Gefühl wird bald vorbeigehen. Herr Jäger, sie dürfen die Schulter und den Arm ungefähr ein halbes Jahr nicht allzu sehr belasten.“, meinte dann der Arzt und nahm sich einen Hocker. „Was heißt das?“, wollte Ben wissen. „Nun, die Schulter oder besser das Loch quer durch ihren Körper muss erst mal wieder verheilen und dann können wir langsam mit Entspannungsübungen anfangen. Bis dahin muss ich sie bitten, für alles den linken Arm zu nehmen und solche Tätigkeiten wie Auto oder Motorrad fahren zu unterlassen, wenigstens bis die Wunde sich geschlossen hat.“ „Wie lange muss ich hier bleiben?“, wollte Ben wissen. „Nun... ich denke, dass wir sie beide zeitgleich entlassen können, aber ihre Krankschreibung werde ich auf acht Wochen ausstellen müssen und danach kann ich nur einen eingeschränkten Dienst verantworten.“, erklärte der Arzt. Ben erwiderte nichts. Er war noch von der Narkose geschwächt. „Gut, jetzt schlafen sie erst mal und morgen sehe ich wieder nach ihnen.“


    Bens und Semirs Zustand besserten sich von Tag zu Tag, dennoch musste Ben länger als Semir krankgeschrieben bleiben und da er nicht viel in seiner Wohnung machen konnte, hatten Semir und Andrea beschlossen, dass er kurzerhand für die nächsten Wochen bei ihnen wohnen konnte. „Ihr seid mir schon zwei Leidensgenossen...“, lachte Andrea, als sie die beiden Männer auf dem Sofa sitzen sah und sich beide zu Tode langweilten. „Ich will wieder auf die Piste...“, stöhnte Semir nur. „Ja... ich auch.“, kam es zustimmend von Ben. „Nichts da.. ihr wisst, was der Arzt gesagt hat. Wenn ihr euch nicht dran haltet, setz ich euch unter Hypnose.“, lachte Andrea. „Oh, bitte nicht, wer weiß, was du dann mit uns anstellst.“, kam es erschrocken von Semir und Ben. „Seht ihr, also haltet euch besser dran.“ Andrea kümmerte sich weiterhin rührend um die Männer, bis dann beide wieder ins Büro durften. „Ach, die Küche hier werde ich vermissen.“, meinte Ben etwas wehleidig. „Ich kann ja für dich kochen, wenn du deinen Arm noch immer nicht benutzen kannst.“, schlug Semir vor. „Nee, da geh ich dann doch lieber essen.“, lachte Ben und zog einen bösen Blick von seinen Partner auf sich. Für Ben war die Sache jedoch nicht erledigt. Er wurde wegen den Raubüberfällen und dem Diebstahl natürlich angeklagt. Doch die Vorverhandlung ließ Ben aufatmen, denn sein Anwalt hatte im Gesetzbuch tatsächlich herausgefunden, dass ein Hypnotisierter für die Straftaten, die er während der Hypnose ausübte nicht verurteilt werden konnte, da der hypnotische Zustand einer tief greifenden, nicht krankhaften Bewusstseinsstörung entspricht und zu einer Schuldunfähigkeit nach § 20 des StGB führt. Ben wurde freigesprochen, doch die Gedanken, dass er seinen Partner fast umgebracht hatte, nagte noch eine ganze Weile an ihm.


    Ende.

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