Gebrochenes Herz

  • Kapitel 20 - Ein Opfer für den guten Glauben


    Hannes erstarrte und begann zu zittern. Vor sich hatte sich Adriano gestellt, der Blut zu spucken begann und zu Boden glitt. "NEIN! ADRIANO!" Bens Stimme überschlug sich und durch den entstandenen Adrenalinstoss, konnte er auf seinen besten Freund zugehen und sich über ihn beugen. Er sah sofort, dass sein Freund schwer getroffen wurde. Mitten in der Brust, klaffte ein Loch von der Grösse eines Flaschenbodens und daraus floss eine Menge Blut, die Bens Hände benetzten. "Oh Gott", schluchzte der Autobahnpolizist und spürte sogleich die kalte, metallene Waffe Hannes' in seinem Nacken. "Eine falsche Bewegung...", drohte dieser und Ben hörte, wie Hannes die Waffe entsicherte. "Lass den Quatsch!", mischte sich nun Semir ein, der sich einigermassen vom Schock erholt hatte und lief auf Hannes zu. "Das bringt doch nichts!" Hannes Hand zitterte sichtlich. "Du hast die Bullen gerufen! Jemand muss es getan haben!" "Wie hätte ich?", knirschte Ben hervor und verzog kurz das Gesicht. Als er die Augen zusammenkniff, verliessen einige Tränen diese und rollten über die Wange. "Lass' mich nur meinem Freund helfen..." Hannes schüttelte auf Bens Satz hin den Kopf. "Nein...du bestimmt nicht! Hey, Atatürk!" Semir sagte nichts. Auf diese Beleidigungen durfte er auf keinen Fall eingehen. "Kümmere du dich um den Psychologen." Hannes stiess Ben an der verletzten Schulter und dieser wich zurück. Und innerlich stellte er sich die Frage, woher dieser Schuss gekommen war. Hannes hatte nicht abgefeuert und Scheiben waren zerbrochen. Waren inzwischen Scharfschützen vor Ort? Und hatte diese ernsthaft vor...? Nein, das konnte er nicht glauben, so kaltherzig konnte doch niemand sein! Nein, nein das konnte einfach nicht sein!


    Schlachter lud seine Waffe nach. "Irgendein Idiot hat sich vor mein Schussfeld gestellt!", zischte er und Emanuel hörte dies über Funk mit. Schlachter meinte es also ernst. Das Kind sollte erschossen werden, zum Wohle von Anderen. Aber wer hatte sich vor den Jugendlichen gestellt gehabt? Ben? Semir? Oder gar eine der Geiseln? Er wusste es nicht, er wusste nur eins. Er musste handeln. Er entsicherte sein Gewehr, legte es an und sah durch das Zielrohr zu den Jungen. Der Kopf war perfekt in seinem Blickfeld. "Nur ruhig Emanuel, du schaffst das!", murmelte er und krümmte den Finger über den Abzug. "Dieser Wahnsinn muss beendet werden! Und du kannst es! Annelie hin oder her, du bist der Ältere und somit der Ranghöhere! Ignoriere sie dieses eine Mal!", machte er sich selbst Mut und atmete nochmals tief durch. Es musste einfach sein. Auch wenn er dadurch, gegen alle Ethik verstoss, die er vorher verkörpert hatte.


    Annelie klopfte an der Türe. Ihr Herz schlug kräftig gegen den Brustkorb. Das war er also. Ihr erster Einsatz bei einem Amoklauf. Nie im Leben hatte sie es sich so schwer vorgestellt gehabt. Dumpf hörte sie einen Befehl. Die Stimme war hoch, ein Junge, der sich gerade noch im Stimmbruch befand. Sie hörte ein paar Schritte, ein Ächzen. "Ja?" Ben! Ihr Atem stockte und ein Kloss bildete sich in ihrem Hals. Er lebte! Ihr Schatz lebte! "Hier ist Annelie Zaugg von der Autobahnpolizei Köln...", sagte sie sachlich da sie wusste, dass Gefühle nun nicht im Spiel sein durften. "Ich bin hier, um zu verhandeln!" Wieder ein dumpfer Befehl. "Was wollen Sie wissen?", fragte Ben und Annelie atmete tief durch. Komm Mädel, dachte sie, du schaffst das. "Ich will gar nichts wissen, ich will helfen! Man will Sie", sie sprach den Amokläufer an, "zum Abschuss freigeben!" Sie hörte wie die Tür aufging. Annelie hielt die Waffe in beidhändigen Anschlag und betrat den Raum. "Waffe runter!", schrie ein Junge ihr zu und hielt dabei selbst eine Handfeuerpistole in der Hand. Annelie hob die Hände, zeigte die Waffe und legte sie auf den Boden. "Ganz ruhig", flüsterte sie und ging auf den Jungen zu. "Man will mich töten?", fragte dieser stockend und Annelie nickte. "Aber wir können es beenden. Gib' mir die Waffe, und dir wird nichts geschehen." Tränen, sammelten sich in den Augen des Jungen. Erst jetzt, schien er den Ernst der Lage zu begreifen. "Gib' sie mir", versuchte es Annelie nochmals und stand direkt vor ihm. Der Junge sank den Arm, wollte die Pistole Annelie geben, doch in dem Moment knickte sein Kopf nach hinten, ein Schwall Blut schoss aus seiner Stirn und benetzte Annelies Gesicht. Die Aula wurde mit grellenden Schreien erfüllt.

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Kapitel 21 - übler Nachgeschmack



    Annelie fing den toten Jungen auf, bettete ihn sanft auf den Boden. "Semir, bring die Kinder raus, schnell.", wies sie den Deutschtürken an und dieser tat, was sie von ihm verlangte. Schnell rannten alle nach draußen, in die Arme der Polizisten, Notärzte und psychologische Betreuer, die sie sofort aus dem Gebäude brachten. "Wir brauchen hier schnell zwei Ärzte.", schrie Semir auf den Gang und nach wenigen Sekunden waren zwei der Mediziner bei ihm. Er erklärte ihnen die Situation. So schnell wie möglich waren die Ärzte bei Adriano und sahen die riesige, klaffende Wunde in seinem Körper. "Schnell, ich brauche was zum Abdrücken.", schrie einer der Ärzte. Sofort riss Semir sein Hemd vom Leib und reichte es dem Arzt hin. "Halten sie ihn ruhig...ich muss ihn untersuchen. Er darf sich nicht bewegen.", knurrte der Mediziner. Semir nickte und half Annelie, die inzwischen dazu gekommen war, dabei, die zappelnden Beine von Adriano still zu halten. "Verdammt, er verliert zu viel Blut...eine Aterie ist getroffen. So ein Shit...Schnell, ich brauch was zum Abklemmen.",stieß der erste Arzt aus. "Wir haben aber nichts..." "Man, sonst stirbt mir der Junge.", knurrte der Notarzt. "Hier, nehmen sie meine Haarklammer.", kam es von Annelie. Der Arzt nahm sie entgegen und fummelte sie an die richtige Stelle. "Okay, das hätten wir. Er muss aber schnell ins Krankenhaus. Ein Hubschrauber ist schon angefordert. Vorsichtig, wenn wir ihn rausbringen.", erklärte der Mediziner und die herbei geeilten Sanitäter hoben den Mann mit der Trage an. Schon war auf dem Vorplatz die Rotorgeräusche eines Sanitätshubschraubers zu hören. "Wird er durchkommen?", wollte Annelie wissen, die neben ihrem Freund kniete, der vollkommen abwesend auf den riesigen Blutfleck starrte, den Adriano hinterlassen hatte. "Das liegt nicht in meiner Macht...dafür ist eine größere Gottheit zuständig."


    "Ben...Wie...wie geht es dir?", fragte Bens Freundin dann und bückte sich zu ihm hinunter. "Was...was ist mit Adriano?", wollte er mit heiserer Stimme wissen. "Ben...ich...es tut mir Leid...", meinte Annelie und nahm ihren Freund vorsichtig in den Arm. "Nein...nein...nein...nein...", weinte er nur und wiegte sich wie ein kleines Kind an den Schultern seiner Freundin. "Ist...ist er?", kam es leise von ihm. "Nein, aber die Ärzte machen sich nicht allzu viel Hoffnungen. Aber ich glaube ganz fest, dass er durchkommen wird.", erklärte sie und sah dann zu dem bereits abgedeckten Leichnahm des Jungen rüber. Nur noch ein Mädchen stand daneben und sah auf das abgedeckte Gesicht. Es war Svenja, eine von Semirs Schülerinnen. Sie ging in die Knie, hob das Laken an und strich dem Jungen über dessen Wangen. Aus der Wunde war kaum Blut ausgetreten, sodass sein reines, wunderschönes Gesicht mit den vielleicht einst glücklichen Augen deutlich zu erkennen war. Sie führte ihre Hand zu ihren Lippen, küsste sie und strich den Kuss dann an Hannes Mund ab. Dann deckte sie ihn wieder ab und ging weinend aus der Aula hinaus. In Annelie kochte es. "Der, der diesen Jungen auf dem Gewissen hat, wird mich jetzt kennen lernen.", stieß sie aus und wollte aus der Aula hinausrennen, als sie mit Emanuel zusammenstieß, der, mit Schlachter und drei weiteren SEK-Leuten im Schlepptau, gerade die Treppe hochgekommen war. "Hast du etwa geschossen?", fauchte sie und sah ihn mit zornigen Augen an. Er sah betroffen zu Boden. "Frau Zaugg, wir haben es geschafft. Ihr Partner hat meinen Fehlschuss gut ausgebügelt.", kam es überzeugt und überheblich von Schlachter. "Sie haben auf Adriano geschossen?", kam es plötzlich von Ben, der sich auf seinen wackeligen Beinen hielt und den Mann mit funkelnden Augen ansah. "Sie haben auf meinen besten Freund geschossen...", zischte er und warf sich mit aller Wucht seines Körpers auf den Mann. Dieser konnte den Sprung nicht abfedern und beide rasten die Treppe runter, kamen aber unbeschadet unten an. Ben legte die Hände um den Hals des Mannes, würgte ihn und knallte dessen Kopf immer wieder gegen die Wand. "Ich mach dich fertig, du mieses Arschloch..."


    ...

  • Kapitel 22 - Am Ende aller Kräfte


    Semir und Annelie traten gerade aus dem Raum, als Ben Schlachter packte und Beide zu Boden gingen. "Heilige Scheisse!", stiess die Deutschschweizerin hervor und sah Semir kurz an, dieser nickte und sie rannten zu Boden. "Ich mach dich fertig!", schrie Ben und Annelie packte ihn am Rumpf. "Ben, lass ihn los!", kreischte sie und keuchte unter den grossen Anstrengungen, Ben wegzuziehen, Semir half ihr dabei. "Nein, dieses Arschloch! Er muss..." "BEN HÖR AUF!", mahnte nun auch Semir, "Damit hilfst du Adriano auch nicht!" Das pure Adrenalin und die blanke Wut hatte Ben übermannt, doch bei Annelies Satz entspannten sich die Muskeln und Ben beugte nach vorne. Die Tränen liefen aus seinen Augen und streiften seine Wange. "Verdammte Scheisse...", wimmerte er und Schlachter richtete sich auf. "Der Typ ist wahnsinnig!", zischte er und Annelie sah ihn mit funkelnden Augen an. "Der Einzige der wahnsinnig ist sind Sie Schlachter!" Alle sahen zur Tür, wo Kim Krüger mit ein paar SEK-Beamten stand. "Sie gehen mit Ihren Kollegen, die begleiten Sie zum Untersuchungsauschluss!" Die Beamten packten Schlachter bei der Schulter und zogen ihn nach draussen. "Wir sollten ins Krankenhaus...", murmelte Semir und Ben nickte schniefend. Der Deutschtürke half seinem Freund auf und dieser stützte sich ab. "Semir...mir ist..." In diesem Moment klappte Ben ohnmächtig zusammen. "Ben!", rief Annelie und Kim Krüger reagierte sofort. "Holen Sie sofort einen Notarzt!", befahl sie einem uniformierten Polizisten und dieser rannte sofort los. "Wo zum Teufel ist Emanuel?"


    Emanuel hatte sich in eine dunkle Ecke des Tatorts verzogen. Niemand sollte ihn sehen. Es hatte keinen Sinn mehr. Einfach keinen Sinn mehr. Er hatte ein Kind umgebracht. Er konnte sich nicht mehr seiner Familie zeigen. Mit zitternden Händen nahm er seine Waffe hervor und überprüfte ob noch Kugeln im Magazin waren. Und das waren sie. "Perfekt", murmelte er und entsicherte die Pistole. "Hoffe, du kannst mir verzeihen Annelie..." Er drückte sich die Waffe an die Schläfe und atmete tief durch. Nur noch ein paar Sekunden, dann würde er nicht mehr leben und allen damit einen Gefallen tun. "So long...", murmelte er und spannte den Finger um den Abzug, "war schön hier!"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Kapitel 23 - Schuldgefühle


    Im letzten Moment schlug ihm jemand die Waffe aus der Hand. "Sag mal, hast du nicht mehr alle.", hörte er Semirs fauchende Stimme, als Emanuel die Augen wieder öffnete und die funkelnden Blicke seines Kollegen sah. "Semir, ich...ich...kann nicht mit dieser Schuld leben. Ich habe ein Kind erschossen.", kam es mit Tränen in den Augen von Emanuel und schon wieder wollte er die Waffe an den Kopf halten. Doch dieses Mal riss Semir sie an sich und schmiss sie in die Ecke. Klirrend klackerte die Waffe die Treppe runter und lag dann in eine der hintersten Ecken. "Wenn du dich schon umbringen willst, dann mach das woanders, aber nicht hier.", fauchte Semir nur und schüttelte den Kopf. "Man, wie kannst du nur? Du hast damit anderen das Leben gerettet und das ist doch die Hauptsache.", versuchte der Deutschtürke seinem Kollegen klar zu machen. Doch Emanuel schien das nicht zu akzeptieren. "Ich habe ein Kind getötet...auch, wenn ich damit...", er stockte, stieß den Deutschtürken an der Schulter zur Seite und rannte die Treppe hinunter, verschwand aus dem Gebäude. Semir wollte ihm nach, sah aber ein, dass es keinen Sinn hatte. Er nahm die Waffe von Emanuel an sich und ging vor das Gebäude, wo Ben in einen Krankenwagen geschoben wurde. "Der Blutverlust und der Schock war einfach zu viel für ihn. Wir bringen ihn ins Katherina-Krankenhaus.", erklärte der Arzt, noch ehe Semir und Annelie eine Frage stellen konnten. Der Krankenwagen schloss die Türen und fuhr weg.


    "Schnell saugen...ich seh nix.", fauchte der Arzt, der am OP-Tisch stand und die Hände im Körper von Adriano vergraben hatte. Die Schwestern wuselten um die Ärzte rum und reichten den jeweiligen Medizinern das entsprechende Besteck, was sie anforderten. "Blutdruck fällt...Herzflimmern steht unmittelbar bevor.", stieß eine der Schwestern aus. "Komm schon Junge, du bleibst mir nicht auf den Tisch.", stieß der Chefarzt aus. Dann war es da...das alles beendende, den Tod ankündigend Piepsen. Alle Köpfe ruckten rum. "Shit..."


    ...

  • Kapitel 24 -Wahrheiten




    "Ben...?" Die sanfte Stimme seiner Freundin erreichte seine Ohren und er kam langsam wieder zu sich. Er fand sich in einem grossen Bett wieder. Es piepte leise und er wusste, dass er sich im Krankenhaus befand. "Annelie?", flüsterte er noch benebelt von den Betäubungsmitteln. "Was ist passiert?", fragter er und langsam erkannte er sie durch den Schleier und sah ihr trauriges Lächeln. "Du bist zusammengebrochen...weisst du noch?" Er nickte leicht. "Mir wurde schlecht...ab dann alles dunkel..." In diesem Moment erreichte ihn alles wieder. "Adriano!" Er schoss hoch und zuckte zusammen. Er spürte, dass sein verletzter Arm in einer Armschlinge war. Sofort hatte Annelie ihn am Rumpf gepackt. "Du musst dich schonen", sagte sie mit starker Stimme und Ben sah Annelie panisch an. "Aber du...und Adriano..." Annelie wusste sofort was Ben mit dem "Du" gemeint hatte. "Ben...diesbezüglich...muss ich dir noch ein Geständnis machen..." "Wir bekommen Zwilinge?", fragte Ben panisch und Annelie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Nein...es ist gar nichts unterwegs...ich wollte dich nur ablenken...wegen deiner Geburtstagsfeier...", in diesem Moment kamen ihr die Tränen, "...und nun das..." Sie vergrub kurz ihr Gesicht in den Händen und strich sich mit den Fingern die Tränen aus den Augen. Ben nahm sie in den Arm und kämpfte selbst. "Adriano...?", fragte er nocheinmal leise uns sie zuckte mit den Achseln. "Semir wartet vor dem OP mit Emanuel...dieser...hatte sich umbringen wollen." Bens Augen weiteten sich. "Was?", fragte er und in diesem Moment ging die Türe auf. Kim Krüger kam herein.


    "Frau Zaugg?" Annelie nickte uns sah sie erwartungsvoll an. "Was neues zu Adriano?" Die Chefin schüttelte mit dem Kopf. "Nein...aber zu Emanuel...er quitiert seinen Dienst..." Annelie stand auf. "Was, aber warum?" Ben packte sie mit dem gesunden Arm und bat sie sanft, sich zu setzten. Im Moment, war er der ruhigerer Pool, trotz seiner Angst um Adriano. "Wegen...seines Problems...und er lässt sich nicht umstimmen..." Kim nahm einen Stuhl und setzte sich. "Deshalb habe ich ein Angebot für Sie...ich denke, Sie werden es mir nicht abschlagen können." Annelie sah sie fragend an. "Aufgrund der hohen Verkehrsunfälle, benötige ich ein zweites Team. Und Sie haben mehr als einmal gezeigt, dass Sie zwar jung, aber eine gute Polizistin sind..." Annelie lächelte kurz verlegen. "Jedenfalls, wollen Sie für das zweite Team der Cobra 11 arbeiten?" Annelie weitete ihre Augen und sah Ben kurz an.

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Kapitel 25 - Hoffnungen



    "Komm schon Junge...bleib bei mir.", stieß der Arzt aus und massierte das Herz mit rhythmischen Bewegungen. "Er reagiert immer noch nicht.", stieß die Schwester aus. "Defibrilator...auf 180 stellen...weg vom Tisch.", schrie Dr. Wagner und jagte den ganzen Strom durch die Kontaktscheiben in den Körper von Adriano. Doch noch immer zeigte das Herz keinerlei Reaktionen. "Auf 210 stellen...weg vom Tisch.", rief er wieder und schoss erneut. Wieder zuckte der Körper des Deutschitalieners auf. "Er ist wieder da.", rief dann Schwester Ivonne aus und alle atmeten erleichtert aus, als sie das leise Piepsen der Herzaktivität wieder vernahmen. "Okay, holen wir das Ding raus und nähen ihn zu.", meinte der Operateur, griff sich die Pinzette und fischte nach einigen Minuten die Kugel aus den Irrgarten des menschlichen Organismus hervor. "Sehr gut...machen wir in zu und dann schnell auf die ITS mit ihm. Hoffentlich übersteht er die Nacht.", meinte der noch recht junge Medizine, kaum viel älter als sein Patient, zog sich den Mundschutz und die Kopfhaube weg, schmiss alles in einen Bottich und verließ mit schweißgebadeter Haut den OP. Ihm war zum Kotzen. Das war, nach seiner Examens-OP, die schwierigste, die er je machen musste. Und wieder waren die Zweifel bei ihm da....Wieso machte er gleich noch diesen Beruf? Jetzt musste er erstmal einen starken Kaffee und die erlösende Zigarette haben.


    Ben sah von seiner Annelie zu Kim und wieder zurück. Wie würde sie sich entscheiden? "Ich...ich soll bei der Autobahnpolizei anfangen?", kam es immer wieder von Annelie. "Genau das sagte ich. Also, wie ist ihre Antwort?", wollte Kim wissen und sah dann zu Semir, der interessiert auf Annelies Mund sah. Eigentlich wäre das nicht schlecht, dachte er, eine weitere Frau an Bord zu haben. "Ja, ich sage ja...", kam es endlich von der Schweizerin. "Sehr gut, sobald sich ihr Freund erholt hat, und nachdem sie eine Woche Urlaub hinter sich gebracht haben, können sie gleich bei uns anfangen.", meinte Kim und verabschiedete sich. Ben sah ihr hinterher. "Dann können wir endlich gemeinsam zur Arbeit fahren.", grinste er und strich ihr über den Handrücken, fuhr mit seinen Fingern ihren Arm hinauf, zog sie zu sich und küsste sie. "Ich freu mich auch. Nur, wen kriege ich als Partner?", wollte sie wissen. "Tja, das wirst du dann sehen. Ich weiß es auch nicht.", entgegnete Semir und wollte für alle einen Kaffee holen. "Semir...frag doch mal einen Arzt, wie es Adriano geht.", rief Ben ihm nach, doch in dem Moment betrat Dr. Wagner das Zimmer. "Herr Jäger, sie haben eine Frage?", meinte der junge Arzt mit matter Stimme.


    ...

  • Kapitel 26 - Der neue Partner



    "Ja, das habe ich", sagte Ben mit klarer Stimme und atmete tief durch, "wie steht es um Adriano?" Der Arzt seufzte und sagte die Diagnose, das alles von dieser Nacht abhängen würde. Eine bedrückende Stille herrschte im Raum. "Aber Sie sollten sich ebenfalls schonen Herr Jäger, zwar sind Sie nicht in Lebensgefahr, jedoch sind auch Sie angeschossen worden!" Ben blickte nur kurz auf seinen Arm in der Schlinge und schluckte. "Sie sollten sich schonen Herr Jäger. Schlafen Sie ein wenig, im Moment können Sie Herrn Scolari nicht helfen!" Mit diesen Worten verschwand Dr. Wagner und liess die Gruppe zurück.
    "Ich gebe dem Doktor recht", begann Annelie und sah ihren Freund an, "du solltest wirklich ein wenig schlafen!" Ben schüttelte mit dem Kopf. "Wie soll ich bitte schlafen können?", erwiderte er und Annelie verzog ihren Mund. "Hör zu,", mischte sich nun Semir ein, "ich werde zusammen mit Annelie nach Adriano sehen und du gönnst dir ein wenig Ruhe...einverstanden?" Ben sah hilfesuchend zu Kim Krüger, doch diese blieb ebenfalls hart. "Sie können Herrn Scolari wirklich nicht helfen!" Schliesslich gab sich Ben geschlagen, er legte sich ins Kissen und bekam von Annelie einen Kuss auf den Mund. Und sie alle behielten recht, Ben war sofort eingeschlafen.


    Zu dritt gingen sie aus dem Raum und fragten eine Schwester nach Adrianos Zimmer. Sie sagte dieses und beharrte aber darauf, dass die Drei nicht verwandt waren und so nicht ins Zimmer durften, jedoch dürften sie vor dem Fenster stehen bleiben und nach ihm sehen. Sie nickten dankend und begaben sich zur Intensivstation. "Ich finde es toll, dass du zu uns kommst", begann Semir und Annelie sah ein Lächeln in seinem Gesicht, "wir können mal wieder eine Frau gebrauchen!" Auf diesen Satz hin räusperte sich Kim Krüger kurz und Semir verstand. "Ich meine eine Frau im Polizistenteam. Eine die uns auf der Strasse unterstützt." Annelie nickte. "Danke...jedoch, wissen Sie denn schon wer mein neuer Partner ist Chefin?" Kim musste auf das "Chefin" hin lächeln. "Jap, ich glaube, Herr Gerkhan wird darüber sehr erfreut sein..." Semir zog eine Augenbraue hoch. "Wieso das denn?", fragte er verwundert und Kim Krüger zog ein Foto hervor. "Sie sind eine erfahrene und begnadete Polizistin Annelie, da dachte ich, dass Sie der Jugend helfen könnten. Und es gab einen Neuling, der frisch von der Komissarenschule kam, der interessiert an dem Posten an Ihrer Seite war...Lukas Steiner!"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Kapitel 27 - Bangen und Hoffen



    Annelie nickte und sah, dass Semir sich freute. "Lukas hat es also tatsächlich geschafft.", grinste er nur und wandte sich dann Adriano zu. Wieder verschwand das Lächeln aus seinem Gesicht. Dort drinnen lag ein Freund von Ben, der ihm mehr bedeutete, als Bens eigene Familie. Sein Partner konnte nicht viel über Adriano erzählen, doch von dem, was Semir wusste, konnte er ahnen, wieviel seinem Partner dieser Mann wichtig war. "Er schläft jetzt. Die Operation war sehr anstrengend und zeitweilig setzte sein Herz aus.", erzählte die Oberschwester den drei Besuchern. In Semir stieg die Wut auf...Wut über dieses sinnlose Opfer, Wut auf den Beamten, der den Psychologen niedergeschossen hatte. Adriano hatte doch versucht, die Situation zu entschärfen, ohne das Blut floss. Und jetzt? Jetzt lag er da...eingehüllt in Schläuche und Gerätschaften, die über Leben und Tod für ihn entschieden. Das war ein zu hoher Preis, den er bezahlen musste und vielleicht würde er noch mehr setzen müssen. "Wir wissen nicht, wie sich der zeitweilige Sauerstoffmangel auf sein Hirn auswirkt. Es kann sein, dass er einige bleibende Schäden davonträgt...", kam es noch von der Schwester, ehe sie verschwand. Annelie sah mit Entsetzen ihr hinterher. "Was meint sie damit?", wollte die junge Frau wissen, doch Kim und Semir hatten selbst keine Vorstellungen. "Kommt, gehen wir einen Kaffee trinken. Ich brauche jetzt was starkes.", meinte Semir erschöpft. Die Damen nickten und alle drei machten sich auf den Weg in die Cafeteria.


    Die Nacht kam schnell und trübe fielen schwere Regentropfen gegen die Scheibe von Bens Zimmer. Unruhig wälzte sich der junge Hauptkommissar hin und her, soweit es seine Wunde zuließ. Immer wieder musste er an Adrianos Ausdruck in den Augen denken, als ihn die Kugel durchschlug und Ben das Blut des Freundes durch die Wucht der Kugel ins Gesicht geschleudert wurde. Plötzlich ein Donnern und Blitzen. Ben schrak aus dem Schlaf hoch, schweißgebadet. Erschrocken sah er sich um. Niemand war zu sehen. Erschöpft ließ er sich wieder ins Kissen fallen, doch dann wandte er sich vorsichtig aus dem Bett, zog seine Latschen an und schlich zur Tür. Vorsichtig glitt er auf den Schuhen zur ITS hinunter und stellte sich vor die Scheibe. Noch immer lag Adriano da, an Bett und Geräte gefesselt. Es trieb Ben die Tränen in die Augen, seinen Freund so zu sehen. "Ach Adriano...wieso...wieso musst du immer andere beschützen wollen?", fragte Ben und kämpfte mit den Tränen. Plötzlich fingen die Geräte an, verrückt zu spielen. Alarmtöne riefen sofort das gesamte Pflegepersonal und den Bereitschaftsarzt auf den Plan. Alle stürmten an Ben vorbei und machten sich sofort an Adriano zu schaffen. Ben zitterte. Was war da los? Würde sein Freund ihn verlassen?


    ...

  • Kapitel 28 - Unendlich


    Der Himmel war mit hellen Wolken bedeckt. Die Sonne fand ein paar freie Stellen und schien durch die Ritzen hindurch so dass ein paar Strahlen auf den Kölner Friedhof schienen. Es wehte eine leichte Biese durch die Bäume und die Blätter schimmerten in einem hellen Grün. Das Kies knisterte unter Annelies Schuhen. In ihren Händen hatte sie einen Strauss weisser Lilien - ihre Lieblingsblumen. Sie lief in die Richtung eines frischen Grabes, trug einen schwarzen Blazer und eine dazugehörige Hose. Ihr Haar hatte sie mit einem schwarzen Haarband hochgebunden. Sie kniete davor und legte die Blumen auf das Beet. Dabei sah sie zu Ben, der den Arm noch in der Schlinge hatte und sie mit einem müden Lächeln ansah. Die Anstrengung der letzten Zeit war ihm deutlich anzusehen. So auch Semir, der mit Andrea neben Ben standen. Die Kinder, hatten sie zu Verwandten gebracht. "Die sind doch gut oder?", fragte Annelie und Ben nickte.
    "Die sind perfekt", sagte eine tiefe Stimme und hinter Ben tauchte Adriano auf. Sein Gesicht schneeweiss, die Augenlider feuerrot und sein Gang war gebeugt - aber er lebte. "Er mochte diese Blumen...etwas was ich von ihm wusste...wenn auch wenig..." Ben legte die gesunde Hand auf Adrianos Schulter. "Du kannst nichts dafür Kumpel...", murmelte er und Adriano lächelte matt.


    "So was kann niemand ahnen", begann Annelie und richtete sich auf, "solche Leute sind tickende Zeitbomben...irgendwann macht's leider bumm..." Sie ging zu Ben und schmiegte sich an ihn. "Da hast du echt den Jackpot gezogen!", sagte Adriano mit einem noch grösseren Lächeln, "Für die habe ich gerne gekocht!" Annelie zog eine Augenbraue hoch. "Aha?", deutete sie an und Ben schluckte. "Ich weiss nicht wovon er redet", stammelte er und versuchte, ihrem Blick auszuweichen. "Du hast mich ja auch angelogen! Du hast ja gesagt du wärst schwanger!" Annelie brach in ein lautes Lachen aus. "Tja, unsere Beziehung ist echt der Hammer!", kicherte sie dann und steckte die Anderen mit ihrem Lachen an. Ben war der Erste, der schauspielerisch ein ernstes Gesicht aufsetzte. "Wie ist das nun eigentlich?" Alle sahen ihn verwirrt an. "Wie eigentlich?" "Mit meiner Geburtstagsparty!" Annelie gab ihm eine Kopfnuss. "Nun sei doch nicht so neugierig!"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Epilog - ein kostbares Leben


    "Oh man...danke Leute...", gab Ben von sich, als er die Handsignierte Gitarre seines Lieblingsgitarristen aus dem großen Geschenkpapier auspackte. Langsam schipperte das von Annelie gemietete Partyschiff über den Rhein und erhellte mit seiner Lichterkette das durch die Dämmerung dunkel gefärbte Wasser. Alle waren gekommen, Hotte und Dieter, Susanne und Hartmut, auch Kim. Adriano sah seinen Freund an, legte ihm den gesunden Arm um die inzwischen wieder verheilte Schulter. "Na, ist dir die Überraschung gelungen?", grinste der Deutschitaliener und zog seine Mundwinkel zu einem schelmischen Grinsen hoch. "Allerdings...und dafür musstest du dir gleich eine Kugel einfangen.", konterte Ben und knuffte seinen Freund ans Kinn. Annelie und Semir kamen zu den Beiden und legten ein weiteres Geschenk vor. "Ben, das hat heute morgen ein Bote noch bei uns abgegeben.", meinte der Deutschtürke und stellte das ziemlich große und breite Paket auf den Gabentisch vor Ben ab. "Ist das von dir und Andrea?", wollte Ben wissen, der sich wie ein Kleinkind über die Pakete freute. Von Hotte und Dieter hatte er einen Familiengrill für die bevorstehende Saison bekommen. Hartmut hatte eines der neuesten Handys für Ben besorgt, dass, wie er versicherte, ein kleiner Computer ist und immer weiß, wo Ben steckt, selbst wenn er selbst es nicht weiß. Kim und Susanne hatten für Ben einen Anhänger aus den Überresten seines letzten Dienstwagen stanzen lassen, was nicht nur Semir zum Lachen brachte. "Nein Ben, das ist nicht von uns.", entgegnete Semir und nahm Bens Glas in die Hand, damit er besser mit der Schere hantieren konnte. Als das Papier entfernt war, kam eine hölzerne Kiste zum Vorschein. Ein kleiner Schlüssel an der Seite half Ben beim Öffnen.
    "Happy Birthday...", quietschte ein kleiner Springteufel, der aus der Kiste kam. Ben erschrak und wich einige Meter zurück. Annelie und alle anderen lachten kurz. "Diesen Scherz traue ich doch nur einem zu...", kicherte dann auch das Geburtstagskind und richtig...die Kiste war eine Ansammlung englischer Köstlichkeiten und einiger Souvenirs, wie ein Stoffteddy in der Uniform der Buckinghamgarde. "Josh und Yao...", grinste er und dachte sofort an die Beiden.


    Am Abend standen Ben, Annelie, Semir und Adriano an der Bugrehling und dachten an das Geschehene. "Was haben wir nicht alles erlebt in letzter Zeit.", meinte Adriano wehmütig und rieb sich seine geschundene Schulter. Ben sah ihn an und nickte nur. "Es ist vorbei und das ist die Hauptsache. Das Leben ist zu kostbar, um den schlechten Erinnerungen Bedeutung zu schenken.", philosophierte er. "Hört, hört...", kam es im Chor von Semir und Annelie. Alle lachten und genossen den weiteren Abend auf dem Rhein.


    Ende...

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