Kein Mord bleibt ungesühnt

  • Den Rest des Tages verbrachten die Familien jeweils bei sich zuhause. Semir hatte es sich gemütlich gemacht und hielt Aida im Arm. Die Kleine schien sich tatsächlich eine Erkältung zugezogen zu haben. Irgendwie gefiel es ihm, so kuschelnd mit seiner Tochter auf dem Sofa zu liegen und sie einfach nur zu betrachten. Außerdem fand er es nun gar nicht mehr so schlimm eine Woche zuhause zu bleiben. Er empfand es sogar als grandiose Idee von Anna Engelhardt. Beim betrachten seiner schlafenden Tochter wurde auch er müde. Andrea war gerade einkaufen und er erwartete sie in einer halben Stunde zurück. Dann wollten die Drei etwas in den Garten gehen sofern das Wetter so blieb, wie es war. Semir schloss die Augen und schlief tatsächlich ein. Doch die Ruhe dauerte nicht lang und es klingelte. Bei dem Geräusch zuckte Aida zusammen und fing an zu quengeln. Semir beruhigte sie und ging mit schlurfenden Schritten zur Tür. Er schwor sich, die Person die es wagte ihn zu stören ein paar Takte zu sagen, doch als er sah wer vor der Tür stand, blieben die Worte unausgesprochen. Margot... seine Schwiegermutter stand vor der Tür. Familie Schäfer wusste natürlich längst was passiert war und Margot meinte es wäre eine sehr gute Idee, wenn sie Andrea unterstützt damit sie sich etwas erholen konnte. Sie schien nicht daran zu denken, dass auch Semir Erholung brauchte und beschloss für die nächsten zwei Tage bei Familie Gerkhan einzuziehen.


    Semir hielt sich für einen sehr geduldigen Mann, allerdings gelang es ihm immer schwerer die Einmischungen seiner Schwiegermutter in allen Lebenslagen zu dulden. Die nächsten zwei Tage gingen für Semir nicht schnell genug vorbei. Er sehnte sich regelrecht nach seinem Büro und die Abgeschiedenheit dort. Doch als wäre es nicht genug der Quälerei, schlug Margot vor das Andrea und Aida es sicher gut täte, wenn sie etwas Abstand von dem ganzen nehmen würde. Semir war überhaupt nicht begeistert. Wollte er doch die Woche mit seiner Familie zusammen sein, aber er wollte auf gar keinen Fall mit in die Eifel wo Hans-Hubert auf ihn wartete. Doch noch schlimmer war die Vorstellung dass Margot eine ganze Woche bleiben würde, so stimmte er schweren Herzens zu. Andrea und Aida täte es sicher gut, etwas ländliche Luft zu atmen. Vor allem Aida, die schwer Luft bekam. So blieb ihm nichts anderes übrig, als den Dreien hinterher zu winken und den Rest des zweiten Tages allein zu verbringen. Er schwor sich morgen in die PAST zu fahren und seinen Urlaub zu beenden. Seine Versuche Chris zu erreichen, scheiterten allesamt. „Tja... dann hast du vermutlich richtig Spaß...“ murmelte er zu sich selbst.


    Semir betrat am nächsten Morgen gegen zehn die PAST. Für seinen Geschmack war es eigentlich doch zu früh, aber er war froh wieder hier zu sein, denn so musste er nicht mit Margot auskommen oder darüber nachdenken, warum seine Schwiegermutter ihn schon wieder von seiner Familie trennte. Chris war nicht zu erreichen und seine Mailbox war vermutlich schon so voll, dass keine Nachricht mehr draufpasste. Zumindest kam nicht einmal diese Ansage mehr, als Semir ihn anrief. Aber er konnte ihn sehr gut verstehen. Die Differenzen zwischen ihm und Katrin mussten einfach geklärt werden. Semir hatte es da schon leichter. Andrea hatte schließlich jahrelang als Sekretärin der Kripo Autobahn gedient und sie wusste was dort alles los war. Tagtäglich gab es anstrengende Einsätze und oft ging es recht gefährlich zu. Sie verstand es, dass Semir nicht immer Zeit für seine kleine Familie hatte und akzeptierte es, dass er zum großen Teil eben auch für seinen Job lebte, ja geradezu mit ihm verheiratet war. Genau das war auch der Grund, warum Semir nun wieder hier war. Zwei Tage... das reichte an Urlaub. Außerdem war ja auch niemand zuhause mit dem er sich beschäftigen konnte. Wieder kamen die Erinnerungen an die letzten Tage.... die Entführung von den Kindern und Andrea. Seine Schusswunden am Oberarm noch recht frisch war. Die Erleichterung der Befreiung... alles war auch in Semirs Kopf vorhanden. Aber er wusste damit umzugehen. Er war schon so lange Polizist und hatte soviel Schlechtes erlebt. Er hatte gelernt solche Einflüsse möglichst schnell abzuwehren bzw. gar nicht an sich heran zu lassen. Schlimmer noch war es, wenn man persönlich so wie hier davon betroffen war. Doch nun konzentrierte Semir sich auf das, was vor ihm lag. Polizeiberichte, Akten... vielleicht neue Fälle... alles würde sich zeigen, doch zunächst wurde er von seinen Kollegen begrüßt, die ihn sofort nach der Familie fragten. Lächelnd bahnte er sich den Weg durch die Kollegen, von denen einer sich nicht verkneifen konnte ihm auf die Schulter zu klopfen. Ausgerechnet auf der Seite wo der Oberarm verletzt war. Semir verzog etwas das Gesicht. Die Wunde war ja auch noch frisch. „Ja...Ja... danke..“ kam leise von ihm und er ging zu Susanne an den Schreibtisch. Er sah sie freundlich an. „Hallo Susanne... schön dich zu sehen. Hast du was für mich?“ fragte er und sah sich um. „Hallo Semir... was machst du denn hier? Du hast doch Urlaub.“ kam von der Sekretärin erstaunt.


    Semir lächelte. „Ich weiß.... aber du kennst mich doch. Ich kann nicht ohne Arbeit sein. Also was ist... hast du was?“ wiederholte er seine Frage. „Nein... es ist alles ruhig.“ gab sie zurück und ging ans Telefon. „Ja... ?“ fragte Susanne. Semir sah, dass die Chefin am anderen Ende war. Susanne legte auf. „Du sollst zu ihr kommen.“ sagte sie und Semir rollte die Augen. Semir ging zur Tür zum Büro von Anna und atmete tief ein. Er ahnte schon was nun kommt. Also gut, sagte er sich, da musst du jetzt durch. Nur richtig argumentieren und der Drops ist gelutscht, gingen seine Gedanken weiter. Er klopfte an und betrat das Büro von Anna Engelhardt. „Hallo Chefin...“ begrüßte er seine Vorgesetzte, die ihn ernst ansah. „Was zum Teufel tun Sie hier, Semir?“ fragte sie direkt. „Nun ja... ich wollte... also ich dachte... ich meine...“ fing Semir an zu stottern. Er verfluchte sich selbst dafür, aber als er den Blick von Anna bemerkte ahnte er schon, dass nun ein Donnerwetter folgte. „Sie haben Urlaub! Ich sagte eine Woche und die ist noch nicht vorbei!“ gab sie etwas freundlicher zurück. „Ich weiß, aber... ich dachte...“ fing Semir erneut an und suchte nach den richtigen Worten. „Nein... Sie werden direkt wieder heimfahren und sich um Andrea und Aida kümmern.“ befahl Anna. „Chefin... die beiden sind nicht zuhause... ich bin allein und... Sie wissen doch wie ich bin... ich will arbeiten...“ erklärte Semir seinen Standpunkt. Anna atmete tief ein und schloss für einen Augenblick die Augen. Sie ließ die letzten zwei Tage Revue passieren. Was war das für ein Stress....

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  • Stress – ein Wort, das sehr gut all das zusammenfasste, was Anna Engelhardts Gemütslage momentan vollständig einnahm. Und alles nur, weil irgendwelche Verrückten nichts anderes zu tun hatten, als einen Teil ihrer Autobahn als Bombenstützpunkt zu verwenden und Familienmitglieder ihrer Mitarbeiter zu entführen. Liebend gerne hätte sie jeden einzelnen dieser Typen bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, immerhin lastete jetzt die gesamte Arbeit auf ihren und nicht auf deren Schultern. Warum war sie in ihren jungen Jahren auch so naiv gewesen und hatte sich auf eine große Karriere versteifen müssen? Wäre sie nur eine einfache Polizeibeamtin geworden, hätte sie mit alledem jetzt nichts mehr am Hut, sondern wäre stattdessen in irgendeinem Auto in Köln oder einer anderen Stadt unterwegs, um dort Betrunkene aufzugabeln oder Raser abzukassieren. Ja, derartige Gedanken gingen Anna immer dann durch den Kopf, wenn sie, egal wo sie hinging, von ihrer Arbeit verfolgt wurde und nicht eine Sekunde die Möglichkeit hatte, ihren Geist abzuschalten und sich einfach nur zu erholen. Seit nun schon 2 Tagen war die Autobahnchefin gar nicht mehr in der Lage, den ganzen Papierkram nur in ihrem Büro zu erledigen. Jeden Abend verließ sie die PAST mit duzenden von Unterlagen, um diese bei einer Nachtschicht zu erledigen, um am nächsten Morgen dann ihren Schreibtisch wieder mit neuen, nicht enden wollenden Akten vorzufinden.


    Der heutige Tag sollte jedoch zumindest am Morgen eine kleine „Abwechslung“ mit sich bringen, denn statt wie sonst gleich zur Autobahnpolizei zu fahren, konnte sie sich heute mit einer Konferenz begnügen. Und als ob dieser Fakt nicht schon schlimm genug gewesen wäre, musste sie auch noch mit Problemen konfrontiert werden, die während der Bauarbeiten entstanden sind. Genervtheit über dieses Thema war gar kein Ausdruck, als sie darüber informiert wurde. Musste sie denn alles alleine machen? Wozu hatten sie die besten Firmen der Kölner Umgebung engagiert? Deren Aufgabe war es, derartige Probleme selbstständig zu lösen und nicht ihre! Und am Ende musste Anna sogar feststellen, dass sie völlig umsonst ihre Zeit mit einer solchen Konferenz verschwendet hatte. Denn wie sich herausstellte, hatten die schlauen Köpfe der Baufirmen bereits einen Plan entwickelt, die Probleme zu beseitigen. „Wir kümmern uns darum.“ Mit diesen Worten wurde sie verabschiedet, liebend gerne hätte sie laut aufgelacht. Es wäre wirklich ein Wunder gewesen, wenn sie ihre Versprechungen auch einmal in die Tat umgesetzt hätten. Mit einem Becher Kaffee hatte sie auch noch den sinnlos erscheinenden Versuch angestellt, sich wieder zu beruhigen und zu Beginn hatte es tatsächlich Früchte getragen. Wenige Minuten. Denn als sie schließlich einem Umleitungsschild begegnete, welches die Autofahrer von dem zerstörten Autobahnabschnitt wegführte und sie hinter diesem auch noch einen Bauarbeiter sah, der genüsslich ein Brötchen aß, statt zu arbeiten, wäre sie am liebsten in die Luft gegangen. Da war es doch kein Wunder, dass die Reparaturen so schleppend vorangingen. Nur mit Mühe widerstand sie dem Drang, ihr Auto abzustellen und dem Mann den Kopf zu waschen.


    Semir sah Anna erwartend an. „Semir.... der Urlaub soll doch auch Ihnen helfen, das Erlebte zu verarbeiten. Warum weigern Sie sich denn dagegen? Sie brauchen auch mal eine Auszeit...“ versuchte sie ihn zu überreden. „Aber Chefin... ich gehe ein. Ich brauche meine Arbeit.“ begehrte Semir auf. Anna stand auf und ging zum Fenster. Sie sah hinaus. „Was ist mit Ihrem Arm? Ist der schon wieder verheilt? Ich denke nicht. Semir... wir kommen hier sehr gut ohne Sie zurecht. Gönnen Sie sich bitte die paar Tage. Gehen Sie schwimmen, schlafen Sie aus, machen Sie irgendwas, aber bitte nicht arbeiten. Ich brauche Sie ausgeruht und nicht ausgelaugt... bitte Semir... fahren Sie nach Hause und erholen Sie sich...“ kam von Anna und Semir merkte sehr wohl, dass sie es verdammt ernst meinte. „Chefin es ist ja auch nicht so, dass ich ... arbeiten will. Ich dachte mir schau doch mal vorbei und vielleicht kann ich helfen. Ich will Sie doch nur unterstützen. Wie laufen denn die Wiederaufbauten der Autobahn? Ich meine.... Sie sehen auch so aus, als ob Sie die letzte Zeit viel zu wenig geschlafen haben... und nun ja... ich wollte einfach nur meine Hilfe anbieten. Gibt es denn viel Stau wegen der ganzen Sache oder läuft der Umgehungsverkehr gut?“ fragte er nach. Er sah Anna an. Es war recht warm im Büro und er trug seine dicke Jacke noch. Er öffnete sie und wollte sie sich gerade ausziehen, als Anna ihn ansah.


    „Lassen Sie sie an. Sie fahren jetzt wieder nach Hause. Wir kommen ohne Sie zurecht und Sie werden sich diese eine Woche gönnen. Ich will Sie vor Montag nicht wieder sehen. Sollten Sie vorher noch einmal einen Schritt hier hin machen, werde ich Sie einsperren und unter Hausarrest stellen, ist das nun angekommen? Ende der Diskussion!“ kam erbost von ihr. Semir duckte sich leicht. „Aber Chefin....“ fing er erneut an. Anna sah ihn an. „Semir... Sie sollen Ihre Verletzung auskurieren. Wir kommen im Augenblick zu Recht. Die Arbeiten laufen zwar schleppend aber sie laufen. Machen Sie sich ein paar schöne Tage. Und kommen Sie mir nicht mit der Ausrede, dass Sie ja nur ein paar Akten bearbeiten wollen. Die Antwort ist N E I N. Es gibt keine Akten die Sie bearbeiten können und es gibt auch keine neuen Fälle die nicht ohne Sie gelöst werden. Und nun ab!“ befahl Anna. Semir erhob sich und ging zur Tür. Doch bevor er sie öffnete drehte er sich erneut zu Anna um. Diese hob die Hand und wies auf den Ausgang. „Gehen Sie und kurieren Sie die Verletzung aus. Nächste Woche dürfen Sie noch einmal anfragen, ob Sie über die Autobahn rasen und Verbrecher jagen können!“ sagte sie und ihre Stimme ließ keinen Widerspruch zu. Semir nickte und verschwand.

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  • Anna sah Semir nach. Sie schüttelte den Kopf. „Nächste Woche Semir!“ rief sie ihm noch nach. Dafür würde er nächste Woche aber mit Sicherheit umso länger arbeiten…, dachte sie noch und musste doch lächeln. Anna Engelhardt, wie sie sich da saß, konnte ja nicht ahnen, dass bereits Semirs erster Arbeitstag wieder zu einer Vollsperrung auf der Autobahn führen würde, verbunden mit viel Stress und Arbeit. Vielleicht war es gut, dass sie eben diesen Fakt aus der Zukunft nicht wusste, denn sonst hätte sie Semir vermutlich noch eine Woche drangehängt. Ja, in nicht all zu langer Zeit würde er – hoffentlich mit Chris an seiner Seite – wieder über die Autobahn rasen, andere Raser stoppen, Verbrecher einkassieren und einfach wieder seinen Spaß haben, so, wie es sich für einen Beamten der Kripo Autobahn gehörte. Sie ließ den Kopf nach hinten fallen und schloss die Augen. Ein tiefes Stöhnen kam aus ihrem Mund. Wieso konnte der Mann nicht einfach einsehen, dass er auch Erholung brauchte. Sie würde es sicher schon noch ein paar Tage schaffen ohne ihn zurecht zu kommen. Okay... Bonrath und Herzberger verursachten eine Katastrophe nach der Anderen, aber es ging. Susanne hielt ihr etwas Arbeit vom Hals und sie hatte fast dreißig Akten zuhause, die abgearbeitet werden mussten. Doch heute Abend wird sie mit Till essen gehen. Einen Abend nicht an Arbeit denken... wie schön das war. Und wer weiß was aus ihr und Till wird.


    Doch Semir war noch nicht weg. Er stand bei Susanne am Schreibtisch und sah sie irgendwie traurig an. „Was ist denn? Ist sie nicht damit einverstanden, dass du vorzeitig die Arbeit wieder aufnimmst?“ fragte Susanne und wies auf den Stuhl vor ihrem Tisch. Semir setzte sich. „Sie sagt ich soll mich entspannen und erholen... Das ist doch totaler Mist... Ich bin fit. Ich will arbeiten....“ begehrte er wieder auf. „Magst du einen Kaffee?“ kam von Susanne die verstand warum die Chefin so argumentierte und auch warum Semir so reagierte. „Ja gerne...“ erwiderte er und schon war Susanne in der Küche verschwunden. „Du solltest dankbar sein, dass du überhaupt ein paar Urlaubstage genießen kannst. Du hast doch so etwas Zeit für Andrea und Aida. Die Beiden brauchen dich gerade jetzt.“ erklärte sie. Semir nickte. „Ja sicher... wenn sie da wären. Aber meine liebe Schwiegermutter hat sie mitgenommen. Die Beiden brauchen mal eine Pause von dem Alltag und von all dem was ich ihnen antue. Die denken gar nicht an mich...!“ maulte Semir. Susanne musste schmunzeln. „Oh.... warum bist du denn nicht mitgefahren?“ wollte sie wissen. „Ich soll mich erholen und nicht fertig machen...“ grinste Semir. Susanne nickte. „Ich verstehen und bei deinen Schwiegereltern ist Erholung nicht angesagt, was?“ lachte sie leise. Semir nickte. „Ja da hast du Recht. Aber die Chefin sieht ziemlich fertig aus.“ meinte er plötzlich. Susanne ahnte was er vorhatte. „Ja.... sie hat zwar etwas Stress aber das hält sich in Grenzen. Die ganzen letzten Tage war ziemlich viel los. Aber heute ist es zum Glück sehr ruhig.“ Bestätigte Susanne. „Also ich habe ihr vorgeschlagen wenigstens etwas Schreibkram zu machen. Aber sie hat abgelehnt. Ich langweile mich zu Tode und sie erstickt in Arbeit.“ fing er wieder an und trank den Kaffee. Dann erhob er sich und sah noch einmal zu der Tür von Annas Büro. „Tja, wie es aussieht werde ich dann wohl nach Hause fahren müssen.“, er setzte einen Dackelblick auf, „Rufst du mich an, falls etwas passiert?“, er lächelte und hoffte, Susanne überzeugen zu können. Er wollte nicht untätig zuhause sitzen und nichts tun.


    Susanne sah Semir nach, als er die PAST verließ. Hatte sie was Falsches gesagt? Er schien so traurig. War er wirklich so wild auf die Arbeit? Warum hatte er nicht schon vorher gesagt, dass Andrea und Aida überhaupt nicht da waren. Sie wusste ja, dass er mit den Schwiegereltern ziemlich oft Probleme hatte, aber dass er deshalb in die Arbeit flüchtet? Sie nahm die nächste Akte und las den kurzen Bericht. Ziemlich flüchtig geschrieben, dachte sie und sah auf die Unterschrift. „Semir Gerkhan“. Ein leichtes Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht. Typisch, dachte sie nur und legte die Akte ebenfalls beiseite. Die nächste Akte enthielt einen Bericht, der sehr ausführlich, ja fast schon akribisch genau geschrieben wurde. Sie sah auch hier auf die Unterschrift. „Chris Ritter“. Ja, dachte sie… das war das Gegenteil von dem was Semir war. Sie bemerkte wie ihre Gedanken zu Chris sprangen und sie ihn zu analysieren versuchte. Chris war genau das Gegenteil. Er war …ja wie war er eigentlich? Susanne versuchte einen Vergleich zu finden, aber sie fand nichts womit sie ihn vergleichen konnte. Sie fand gar nichts. Einerseits war Chris sehr interessant. Er war stets freundlich zu ihr, aber auch geheimnisvoll. Er war nicht so gefühlvoll wie Semir, aber er hatte das gewisse Etwas. Susanne versuchte sich auf die Arbeit zu konzentrieren und legte die Akte schnell beiseite.

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  • Und während Semir sich darüber ärgerte, dass er nicht arbeiten durfte fühlte Chris sich wie ein Kind. Er war mit Katrin nach Frankreich gefahren und dort in den Freizeitpark gegangen. Erst wollte Katrin nicht weil es ihr zu kindisch war, doch dann hatte sie riesigen Spaß. Sie fuhren eine Attraktion nach der Anderen und freute sich wie kleine Kinder. Selbst Chris, der sonst immer alle Gefühle nicht nach außen ließ lachte laut. Nach drei Stunden gingen die Beiden essen. „Mann…Paps… das ist echt geil. Eine tolle Idee hier hin zu fahren. Disneyland Paris ist super…. Ach was gäbe ich dafür, wenn wir bis morgen hier bleiben könnten…“ schwärmte Katrin. Chris lächelte. „Wir bleiben sogar bis Freitag hier.“ gab er bekannt. Katrin die gerade was trank verschluckte sich. „Was…hust…hust….“ gab sie von sich. Chris lachte sie an. „Ich habe hier auf der Davy Crokett Ranch… uns ein Zimmer reserviert. Du kannst dich also nach Lust und Laune amüsieren…“ nickte er. Katrin sprang auf und riss fast den Tisch um. Sie fiel ihrem Vater um den Hals. „Danke…Danke…“ rief sie freudig aus. So laut, dass die anderen Gäste sie ansahen. „Hey… ist ja gut…“ beruhigte Chris sie und drückte seine Tochter an sich. Wieder überkam ich das Gefühl der Geborgenheit. „Ich habe dich lieb…“ sagte er leise.


    Doch auch bei Chris und Katrin ging die Woche schnell vorbei. Am Freitag packte Katrin mit ziemlicher Wehmut. Sie sah ihren Vater an. „Können wir das noch einmal machen? Und dann könnten wir ja auch den Kleinen mitnehmen. Mark würde sich bestimmt auch freuen…“ bettelte sie. Chris nickte. „Ja… machen wir. Aber jetzt muss ich dich wieder zu Mama bringen. Aber ich werde dich spätestens nächste Woche besuchen, oder du kommst wieder zu mir. Ich meine wenn ich nicht gerade arbeiten muss…“ erklärte er. Katrin nickte. „Ja ich werde es machen. Und ich will hoffen, dass dann nicht wieder so ein Horrorfall eintritt.“ lachte Katrin. Die Koffer waren gepackt und wehmütig fuhren Chris und Katrin zum Flughafen. Gegen Mittag waren sie zurück in Deutschland. „Können wir nicht noch einen Abstecher machen?“ fragte Katrin als sie den Wagen holten. „Wohin denn?“ fragte Chris. „Wir könnten doch ins Phantasialand fahren. Das ist doch direkt bei Köln und da ist es auch sehr schön…“ bettelte Katrin. Das Lächeln gefror in Chris Gesicht. Wie konnte Katrin auch wissen, dass er hier alles versucht hatte den Mistkerl zu stellen, der sie und Andrea mit Aida entführt hatten. Doch das musste Katrin ja auch nicht wissen. Chris lachte künstlich und nickte. „Weißt du… wir können da später mal hinfahren. Ich würde lieber nach Hause fahren. Ich muss am Montag ja wieder ran und du kennst Semir ja auch ein wenig. Das wird stressig…“ erklärte er. Katrin murrte etwas doch sie war einverstanden. Nur drei Stunden später standen sie vor dem Haus in dem Katrin mit ihrem Bruder und ihrer Mutter lebte. Mark war leider nicht da. Katrin verabschiedete sich herzlich von ihrem Vater und sah ihm hinterher, als er abfuhr.


    Andrea ließ sich die Woche richtig verwöhnen. Es ging ihr soweit gut. Jetzt saß sie in ihrem alten Kinderzimmer und sah auf Aida, die schlafend in dem Bett lag. „Mein kleiner Engel… Wie gut dass du noch nicht weißt was wir schon durchgemacht haben. Fast hättest du keine Mama mehr gehabt.“ sagte sie leise und küsste die Stirn ihrer Tochter. Wieder kam die Erinnerung an die schlimmsten Tage die sie erlebte. Gefangen in einem Kanal. Kein Weg der nach draußen führt. Niemand der ihr und Katrin, der Tochter von Chris Ritter half. Niemand der sie hörte. Durch Andreas Körper ging ein Zittern. Sie schüttelte sich und dachte an den Partner von Semir, ihrem Mann. Chris Ritter… sie mochte ihn nicht. Sie hat ihn von Anfang an nicht gemocht. Er war ihr nicht ganz koscher. Semir war schon nicht einfach und sehr schnell für Einzelaktionen zu begeistern, damit konnte sie leben. Aber Chris… er liebte die Gefahr. Klar… er war ja lange genug als Undercover tätig und musste es zweifellos sein. Aber er hatte keine Familie. Er hatte niemanden der ihn brauchte, so dachte Andrea. Sie wusste zwar das Chris geschieden war und Katrin seine Tochter, aber für sie war es einfach etwas Anderes. Sicher…. Katrin brauchte ihren Vater. Aber wo war er, als sie und Andrea mit Aida aus dem Ferienhaus entführt wurden? Wo war er, als Katrin und sie gefangen gehalten wurden? Wo war er…. „Sei nicht ungerecht“ sagte sie leise zu sich selbst. „Er hatte ja auch was Anderes zu tun. Gemeinsam mit Semir.“ ging sie weiter.

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  • Leise verließ Andrea das Zimmer. Sie wollte die Gastfreundschaft ihrer Eltern hier in Neuss nicht zu lange in Anspruch nehmen. Spätestens nächste Woche würde sie wieder nach Hause fahren und für ihren Mann kochen. Aber sie wollte Semir nichts davon sagen. Es sollte eine Überraschung werden. Sie stellte sich vor, wie er sie ansah, wenn er nach Hause kam und sie auf dem Sofa sitzen sah. Sie schmunzelte, weil sie sich vorstellte wie er da stand und sie ansah… Plötzlich spürte sie eine Hand auf der Schulter und zuckte zusammen. Ihre Mutter stand bei ihr und meinte es wäre schön, dass Andrea und Aida hier seien. Wie knapp die Rettung war und dass Andrea erst einmal zur Ruhe kommen sollte. Klar, dachte Andrea… Ich habe hier Ruhe, während mein Mann die Bösen Jungs verfolgt und vielleicht sogar angeschossen wird. Du brauchst deine Ruhe hörte sie ihre Mutter sagen. Klar… Ruhe… immer wieder Ruhe, dachte Andrea. Wer kümmert sich um meinen Mann? Er muss sich auf Chris Ritter verlassen. Auf einen Mann, der in sich selbst verliebt war, der nur sich selbst als das Wichtigste sah. Was wenn ….Andrea schüttelte den Gedanken von sich. Ihre Mutter hatte Recht. Sie sollte sich erholen. Nicht an die Arbeit denken, nicht an die Gefahren, in denen ihr Mann schweben könnte…. An nichts Böse denken…


    Andrea sah ihre Mutter an. Sie war so fürsorglich und kümmerte sich liebevoll um Andrea und Aida. Sicher sie war nach der Sache ziemlich an Ende. Nervlich zerstört. Jede Nacht wachte Andrea schweißgebadet auf und schrie. Sofort war ihre Mutter da und nahm sie tröstend in den Arm. Andrea fühlte sich geborgen und konnte dann meist direkt wieder einschlafen. Sie erzählte ihrer Mutter, dass sie aufgeben wollte, als sie im Wasser war und es stieg. Sie wollte Aida retten lassen und sie wusste noch, dass sie nachdem Aida auf dem Gitter lag unterging. Katrin zog sie wieder hoch doch nun hatte das Wasser das Gitter erreicht. Es war nicht möglich mehr Luft zu bekommen. Auch in Katrin kam die Panik auf dann sanken beide langsam runter. Andrea schloss mit dem Leben ab. Das nächste was sie spürte war Semir… wie er sie in den Arm nahm. In letzter Sekunde. wie immer dachte sie. Dramatik pur. Genau nach Semirs Geschmack. Er liebte es in letzter Sekunde als der Held dazustehen. gingen ihre Gedanken weiter. „Mein Held“ sagte sie leise zu sich und lächelte. Ihre Mutter riss sie aus den Gedanken und fragte ob sie vielleicht etwas mit ihr und Aida spazieren gehen wolle. Andrea nickte und sie liefen eine weile schweigend durch den nahe gelegenen Wald. Andrea wusste genau warum ihre Mutter es tat. Sie wollte dass Andrea ihr alles erzählte. Wie schon so oft, wenn etwas passiert war. Andrea tat ihr den Gefallen und erzählte ihr wie sie sich fühlte als einer der Männer Aida so brutal aus dem Kindersitz gezogen hatte, wie brutal sie und Katrin aus dem Haus gezerrt wurden und dann eingesperrt in diesem Keller, wo es so dreckig und stickig war. Andrea wusste dass Semir sicher genauso viel Angst ausgestanden hatte, wenn nicht sogar mehr. Sie redete sich alles von der Seele und ihre Mutter hörte zu. Sie hörte nur zu, doch genau das brauchte Andrea in diesen Augenblicken. „Ich werde am Sonntag wieder zu Semir fahren. Er braucht mich auch.“ sagte sie als sie alles erzählt hatte. Ihre Mutter nickte nur. „Weißt du… Semir braucht mich. Er ist allein und ich weiß dass er und Chris… die Beiden sind so verschieden. Ich habe Angst dass Semir durch den ganzen Stress in der letzten Zeit unvorsichtig wird. Also ich meine mehr, als er es eh schon ist. Versteh mich bitte nicht falsch. Aber ich gehöre zu meinem Mann.“ bat sie ihre Mutter um Verzeihung für ihre Entscheidung. Ihre Mutter nickte erneut. Andrea wusste sie hatte Verständnis und sie würde es genauso machen.

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  • Andrea blieb doch noch einige Zeit bei ihren Eltern, weil sie spürte, dass ihr die Ruhe wirklich gut tat. Außerdem kam auch noch dazu, das Aida krank wurde und mit Fieber im Bett lag. Andrea schob es auf die vergangenen Ereignisse. Auch Aida hatte ja im kalten Wasser eine ganz Zeit ausgehalten und Andrea hatte große Angst, dann sie sich eine Lungenentzündung holen könnte. Zum Glück war es nicht. Aber nun hatte die Kleine Fieber. Eine harmlose Erkältung, erklärte der gerufene Arzt. Er verordnete Bettruhe für Aida und natürlich viel trinken. Andrea hielt sich daran und umsorgte ihren kleinen Engel liebevoll. Ihre Mutter unterstütze sie, denn auch Andrea fing an zu niesen und bekam Halsschmerzen. Zwei Tage vergingen und Andrea lag gemeinsam im Bett. Auch sie hatte hohes Fieber und schlief meistens. Margot kümmerte sich nun um beide Patienten und verbot Andrea auch nur einen Schritt vor die Tür zu machen. „Aber... ich will doch nach Semir...“ sagte sie fiebrig. Ihre Mutter lächelte mild und meinte nur dass es erst einmal wichtig war, wieder gesund zu werden, weil es so keine Entlastung sondern eine Belastung für Semir sei, falls er bereits wieder arbeiten sollte. Andrea hatte das ungute Gefühl, das es noch ein vielleicht sogar zwei Wochen dauerte bis sie wieder bei ihrem Mann war. Die Tage vergingen und es wurde besser.


    Am 21. März fuhr Andrea mit Aida nach Hause. Sie dankte ihren Eltern dafür, bei ihr so eine schöne Zeit gehabt zu haben und für die Geduld die ihre Mutter aufbrachte als beide krank waren. Doch nun war es Zeit wieder heim zu fahren. Nach Hause zu ihren Mann. Sie sehnte sich so danach von ihm in die Arme genommen zu werden. Schnell gab sie ihren Eltern einen Kuss und stieg ins Auto. Im Rückspiegel sah sie ihren Vater und Mutter noch lange winken. Andrea fuhr zügig und kam sehr gut voran. Am frühen Nachmittag war sie endlich daheim angekommen. Sie brachte Aida die im Kindersitz schlief ins Haus und legte sie ins Bett. Dann holte sie schnell die Koffer rein. Semir war wie sie es sich schon dachte nicht zuhause. Sie wollte gleich mal Susanne anrufen, ob er bereits wieder am arbeiten war. Nachdem sie den Koffer ins Schlafzimmer getan hatte griff sie zum Hörer und rief in der PAST an.


    Peter Neumann berührte die Kette, um seinen Hals. Die lange Kette, an der der Ehering hing, wurde zu einem kleinen Häufchen auf einer der starken Hände von ihm. Am Nachmittag hatte Susanne endlich angerufen. Peter hatte schon Angst gehabt, der Plan würde nicht funktionieren und die Sekretärin würde sich nicht melden, doch am Nachmittag hatte das Mobiltelefon endlich geklingelt und sie hatten sich verabredet. Er hatte sie ins „La Société“ geladen, ein Feinschmeckerrestaurant, für das der ehemalige Polizist und momentane Bauarbeiter bei seinem Lohn eigentlich überhaupt kein Geld hatte, doch er wollte Susanne beeindrucken. Zwar musste er dafür zumindest einen Teil seiner eisernen Reserven ausgeben, doch das war nur das geringere Übel, schließlich ging es darum, die Familie zurück zu bekommen – vermutlich hätte er dafür sogar eine Bank ausgeräumt! Natürlich war das viel zu riskant… Und somit hatte er einfach einen Tisch im „La Société“ bestellt. Zum Glück waren noch zwei Plätze für den Abend frei, denn sonst hätte Peter vielleicht andere Geschütze auffahren müssen. Seufzend betrachtete er den Ehering, umschloss ihn mit seiner Hand, die sich zu einer Faust formte. Heute war es zu riskant, ihn bei sich zu tragen. Wer konnte schon sagen, wie der Abend verlaufen würde?


    Nachdem er sich schick gemacht hatte – er trug einen schwarzen Anzug, den er sich von einem Bekannten geliehen hatte – schaute er in den Spiegel. Blickte ihn da etwa der Mann an, der vorhatte, eine Polizistin und ehemalige Kollegin zu entführen? Ja. Peter war nicht mehr der, der er einst gewesen war. Damals, als er noch glücklich mit Isabelle verheiratet gewesen war, als er für seinen Vater Befehle ausgeführt hatte, als er sich auf seine Tochter gefreut hatte… als er noch kein verschriener Mörder gewesen war! Seufzend stemmte er eine Hand gegen den Spiegel und ließ den Kopf hängen. Mit der anderen Hand fuhr er sich über die Augen. Er wusste nicht, ob es das Richtige war, was er hier tat. Aber hatte er jetzt noch eine andere Wahl? Musste er nicht endlich handeln? War er nicht sogar ein Stück dafür verantwortlich, dass endlich der wahre Mörder gefasst wurde? Ja, Peter war davon überzeugt, dass dies seine Pflicht war. Nicht viel später stand Peter – schick, schick – am Eingang des „La Société“. Es war bereits dunkel, schließlich ging im März die Sonne noch recht früh unter. „Guten Abend. Ich habe einen Tisch reserviert. Auf den Namen ‚Heer’.“ – die Name am Empfang ging eine Liste durch, „Gerne. Folgen Sie mir.“, Peter nickte und machte sich mit der Frau auf den Weg zu seinem Tisch. Dort angekommen, zog er erst einmal seinen Mantel aus und gab ihn der Frau mit, die ihn zur Garderobe brachte. Peter setzte sich, richtete seinen Kragen noch einmal und wartete dann… Nach einiger Zeit nahm er dann schon einmal die Karte zur Hand und staunte nicht schlecht: zwar hatte er mit hohen Preisen gerechnet, doch dass alleine die Vorspeisen bei 19 Euro erst anfingen – damit hatte er dann doch nicht gerechnet. Er klappte die Karte wieder zu und wartete auf Susanne.

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  • Nur wenig später kam sie an. Peter sah ihr entgegen und hielt den Atem an. Wie schön sie doch war. Wie zart und anmutig, dachte er. Er stand auf, als sie an den Tisch trat und zog den Stuhl für sie vor. Einen Gentleman konnte er auf jeden Fall schon mal spielen. Nun kam es nur darauf an, dass Susanne ihm vertraute. „Hallo…“ sagte sie leise und setzte sich. „Schön hier…“ hängte sie an, als sie sich umgesehen hatte. Peter bemerkte sehr wohl wie unsicher und nervös die Frau war. „Schön dich wieder zu sehen.“ Gab er zurück und lächelte dabei. Er gab ihr üblicherweise ein Küsschen rechts und eins links auf die Wange. „Ja ich finde auch dass es schön hier ist und dass ich dich wiedersehen kann.“ Meinte sie nur und griff zur Speisekarte. Peter sah wie sie schluckte, als sie die Preise sah. „Ist nicht gerade billig…“ stöhnte sie leise und sah sich verstohlen um. Peter nickte. „Ja ich weiß…“ gab er zu. „Wir können auch woanders hingehen. Ich habe nicht einmal was gegen Pizza oder so…“ lächelte sie ihn an. Peter musste sich ein Lachen wirklich verkneifen. Wenn man eingeladen wurde, sprach man doch nicht über Preise. Aber scheinbar war es ihr gar nicht so bewusst, dass sie ja eingeladen wurde. Dennoch war es in seinen Augen bewundernswert. Eine Frau die sich Gedanken über die Preise macht, war schon was Besonderes. „Nein…das kommt gar nicht in Frage. Ich habe dich schließlich eingeladen. Du hast sicherlich einen harten Arbeitstag hinter dir. Wie geht es dir denn?“ fragte er lächelnd. Er bemerkte dass er etwas für diese Frau empfand. Doch er wusste auch, dass er das Gefühl unterdrücken musste. Sie war nur Mittel zum Zweck.


    „Ich habe sogar einen Parkplatz gefunden, den ich mit Sicherheit noch später am Abend wieder finde.“, erklärte er und blickte von seiner Speisekarte hoch. In dem Moment kam ein Kellner vorbei: „Darf es schon was sein?“, fragte dieser und nach einem weiteren Blick in die Karte – wo standen bloß die Weine? – bestellte er: „Ich hätte gerne einen Rotwein. Er sollte schön auf der Zunge moussieren und nicht zu süßlich schmecken… Kriegen Sie das hin?“, der Kellner schaute etwas verwundert drein, nickte dann aber. „Und Sie?“, richtete er sich weiter an Susanne. Sie sah den Kellner etwas irritiert an. Was meinte der denn damit...? fragte sie sich und gab sich kurz darauf selbst die Antwort. Sie sah Tobias lächelnd an. Der Kellner verschwand. "Was für ein Typ..." lachte Susanne und sah ihm nach. Sie nahm die Speisekarte und sah hinein. Gott, was nehme ich nur? fragte sie sich. "Kannst du was empfehlen?" fragte sie Tobias, der die Speisekarte ebenfalls in der Hand hielt. Sie tippte ihn an. "Hallo? Ist jemand zu Hause?" fragte sie lachend und berührte seine Hand. Doch gleich darauf zuckte sie zurück. Der Kellner kam mit einer Flasche Rotwein zurück und zeigte sie Tobias. "Dieser Wein ist sehr bekömmlich und nicht zu süß." erklärte er. "Genau wie der Herr bestimmt hatte. Ein süßer Bordeaux, recht mundig und doch sanft wie eine Frau." erklärte er und warf Susanne einen vielsagenden Blick zu.

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    Beethoven wurde taub
    und ich fühle mich auch nicht gut. :D:D

  • Susanne sah mit einem verlegenden Lächeln zu Tobias, der sich mit der Speisekarte abmühte. "Und weißt du nicht was du essen willst?" fragte sie lachend. "Ich empfehle dir das Gordon Bleu mit gefülltem Lauch und den gesalzenen Kartoffeln. Klingt gut und scheint zu schmecken. Oder lass dich von dem Kellner etwas empfehlen. Ich denke ich werde mir einen dieser Meeresfrüchteteller bestellen. Ich liebe Fisch. Er ist gesund und hat sehr viel Eiweiß und Jod." Susanne stockte. "Entschuldige ich rede zu viel." lachte sie leise. Sie sah ihn an. Doch irgendwie schien er es gar nicht mitbekommen zu haben, was sie gesagt hat. Sie schüttelte leicht den Kopf. "Hörst du mir eigentlich zu?" fragte sie deshalb. Es kam keinerlei Reaktion von ihm. Susanne verlor sich in Gedanken. Was ist denn nur los? Konnte er auf stur schalten, oder hörte er sie wirklich nicht? Sie berührte ihn leicht an der Hand. "Hey... was ist denn? Du scheinst in Gedanken versunken zu sein. Kann ich dir irgendwie helfen?" fragte Susanne. Peter reagierte nicht. Er sah in die Karte und dachte daran mit Isabelle hier zu sitzen, oder besser noch bei ihr und seiner Tochter zu sein. Was hätte er alles dafür gegeben, mit Isabelle zu reden und vielleicht ein Glas Wein zu trinken. Was trinkt seine Tochter wohl. Ob Isabelle ihr erlaubte, Cola zu trinken? Oder doch lieber nur Limonade oder Saft? „Hallo!!! Ist jemand zuhause?“ hörte er plötzlich Susanne sagen und erschrak. „Was?“ fragte er leicht verwirrt und bemerkte erst jetzt, dass er völlig in Gedanken versunken war. „Entschuldige… war ein langer Tag…“ erklärte er. Doch zum Glück für ihn, kam der Kellner zu ihnen an den Tisch und fragte nach der Bestellung. Peter ließ sich zunächst den Wein kommen und probierte kurz und stimmte dann zu.


    Susanne studierte weiterhin die Speisekarte. Sie wollte nicht ein so teures Gericht haben. Irgendwie kam ihr in den Sinn, dass dieser tolle Mann sie hierhin eingeladen hatte, ohne zu wissen, was führ Preise hier herrschten. Hier wo vermutlich nur die oberen zehntausend gastierten. „Wie klingt das? fragte Peter plötzlich. „Gebeizte Tranchen und Fielt vom Lamm mit ligurischem Gemüsesalat?“ las er vor. In Gedanken jedoch fragte er sich was das überhaupt war. Egal… es war das zweitbilligste, dachte er sich. „und als Hauptgang..“ er blätterte einige Seiten weiter. „Wie wäre es wie Kabeljau, Seeteufel oder Wolfsbarsch?“ Innerlich betete er, dass sie sich Kabeljau aussuchen. Susanne schien seine Gedanken zu erraten. „Hör mal… Tobias… wir müssen hier nicht essen. Es ist viel zu teuer. Lass uns doch was ganz verrücktes machen. Wir bezahlen den Wein und fahren zu mir. Ich koche schnell etwas und dann machen wir uns einen schönen Abend. Nur wir zwei“ meinte sie und hielt seine Hand fest. Er war einverstanden. Nur kurz darauf zahlte er den Wein und verließ mit Susanne lachend das Restaurant. „Ich hoffe das Essen bei dir ist nicht so teuer wie hier.“, zwinkerte er der jungen Frau zu. „Du bist so sonderbar… woran liegt das?“ wollte Susanne wissen. „Nun ja… du musst wissen, dass ich… also ich meine.. ich bin schon lange nicht mehr mit einer Frau ausgegangen. Vor allem nicht mit so einer schönen Frau…“ erklärte er leise.

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  • Susanne sah Tobias lachend an während sie blind in ihrer Tasche die Schlüssel zu ihrer Tür suchte. „Komm rein. Aber es ist nichts Besonderes.“ sagte sie direkt. „Ich meine sie ist schön eingerichtet und der Kamin funktioniert auch, aber es ist eben für eine Person… verstehst du?“ Sie sah ihn an. „Ich werde uns was Feines kochen. Ich hoffe doch du magst meine Küche. Setzt du dich ins Wohnzimmer bis ich fertig bin. Wenn ich nämlich etwas nicht abkann, dann ist es wenn man mir zusieht, wie ich koche.“ lachte sie, zog ihre Schuhe aus, zeigte ihm das Wohnzimmer und ging direkt in die Küche. Sie sah in den Kühlschrank und nahm ein kleines Päckchen mit Fleisch heraus. Gemüse und Etwas Reis. Susanne liebte die asiatische Küche. Schnell war das Fleisch in Streifen geschnitten. Der Wok stand bereits auf dem Herd. Susanne kochte für ihr Leben gern, doch wenn sie abends vom Dienst kam, dann war sie meist zu müde, für sich allein zu kochen. Aber jetzt… wo er hier ist…, dachte sie … ist es was ganz anderes. Sie kochte nicht nur für sich. Hoffentlich mag er die chinesische Küche. gingen ihre Gedanken weiter. Sie brutzelte das Fleisch an und gab das Gemüse und die Gewürze hinzu. Etwas Chilly war sicher nicht verkehrt. Nur nicht zu viel, sonst brennt es zu sehr. Sie sah in den Topf mit dem Reis. Auch dieser köchelte vor sich hin. Noch einmal sah sie in den Kühlschrank. Trinken… was wollen wir dazu trinken? …dachte sie. Doch dann fiel ihr ein, dass sie im Schrank noch eine Flasche Weißwein hatte. Sie zog den Korken raus, probierte kurz und befand den Wein für gut. Nur noch die passenden Gläser und dann den Tisch gedeckt. Sie bemerkte wie euphorisch sie an diese Sache heran ging. Es war schön nicht nur für sich selbst zu decken. Sie fand Gefallen daran… schmeckt Weißwein zu Süß-sauer mit Reis? fragte sie sich. Schnell stellte sie zwei Kerzen auf den Tisch. Die Teller, das Besteck die Gläser… Es sah so wunderschön aus. Wieder ging sie an den Herd und rührte die Speisen um. Der Reis war schnell fertig und sie gab ihn in eine weiße Schüssel. Auch das Fleisch und die Soße dazu waren schnell hergerichtet. Nun fehlt eigentlich nur noch der Gast dachte sie. „Essen ist fertig. Ich hoffe du magst die chinesische Küche“ rief sie aus der Küche ins Wohnzimmer.


    Peter sah sich in der Wohnung von Susanne um. Zwar behauptete die Dienstellensekretärin der Kriminalpolizei Autobahn, dass ihre Wohnung „nichts Besonderes“ sei, doch Peter – der in den letzten Jahren nur kalte Wände gesehen hatte – war schlichtweg begeistert. „Nichts Besonderes?“, fragte er deswegen verwundert und fuhr mit der Hand über eine Kommode, „Ich finde sie ist sehr gemütlich. Wie du selbst sagst: schön eingerichtet, sogar mit Kamin.“, nickte er anerkennend, „Mir gefällt sie.“. Peter lächelte und schaute sich weiter um. Die Wohnung war vielleicht wirklich ein wenig klein für zwei Personen, doch für einen netten Abend zu zweit sollte es reichen. Sein Magen knurrte laut. So laut, dass er sich erschrocken umdrehte weil er dachte, Susanne hätte es sicher hören müssen. da er schon länger nichts gegessen hatte, denn er ja wollte, dass sich der Besuch im teuren Restaurant lohnte. Das fand Peters Magen natürlich alles andere als toll… Er setzte sich auf das Sofa und schloss für einen Moment lang die Augen. Wieder dachte er an Isabelle und an Sophia. Wie wohl ihre Wohnung von innen aussah? Schnell schob er die Gedanken beiseite und konzentrierte sich wieder auf Susannes Wohnung. Er drehte sich auf dem Sofa um und entdeckte in einem Regal einige Fotos. Eines von ihnen zeigte Susanne zusammen mit ihren Kollegen von der Polizei. Zu Peters Leidwesen erkannte er auch Anna Engelhardt. So langsam wurde es Zeit, dass er hier weiter kam um an sie zu gelangen.

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  • Es dauerte nicht lange und schon roch die Wohnung nach leckerem Essen. Peter, der chinesische Küche liebte, erkannte sofort, dass es sich um ein Gericht aus eben dieser handelte. Innerlich strahlte er. Das war doch viel besser als ein 5-Gänge-Menü, oder nicht? Peter war jedenfalls dieser Meinung. Er selbst war kein besonders guter Koch. Er konnte einige Fertiggerichte aufwärmen oder per Telefon Essen bestellen, doch sonst sollte man ihn lieber nicht an den Herd lassen. Nach ein paar weiteren Minuten hörte Peter endlich die erlösende Stimme. Peter grinste, erhob sich und gesellte sich zu Susanne in die Küche. Er blieb im Türrahmen stehen. Sie hatte sich wirklich sehr viel Mühe gegeben und alles sah sehr romantisch aus. „Das sieht fantastisch aus.“, sagte Peter mit einem Lächeln und trat näher an den Tisch heran, „Und das hast du in solch kurzer Zeit gezaubert.“, er lächelte noch immer und setzte sich. Einen Moment lang sah er in Susannes Augen, dann schaute er verlegen zu seinem Teller und lachte dann leicht, „Ich finde es sehr schön, dass wir den Abend gemeinsam verbringen.“, gestand er und flirtete so gut es eben ging. Sie füllte die Teller und sah ihn an. Er stand da im Türrahmen und sah auf den Tisch. „ Setzt dich doch, Oder willst du im Stehen essen? Dann guten Appetit.“ lachte sie und stellte den Teller auf den Tisch. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie den Wein zwar auf dem Tisch hatte, die Flasche jedoch noch verschlossen war. Gleichzeitig mit Peter alias Tobias griff sie danach. Ihre Hände berührten sich und sie sahen sich an. Tobias öffnete die Flasche und goss ein. „Lass es dir schmecken. Ich bin zwar keine gute Köchin, aber ich hoffe es schmeckt dir trotzdem.“ sagte sie verlegen. Sie nahm den ersten Bissen und war erstaunt. Es schmeckte ja wirklich gut. „Ist gar nicht so schlecht geworden, was?“ fragte sie und sah ihn an. Sie nahm das Glas und stieß mit ihm an. Ihre Gedanken spielten ihr einen Streich. Sie sah sich und Tobias vor dem Kamin. Eng umschlungen kuschen und erwischte sich dabei es in die Tat umzusetzen. „Ich hoffe es gefällt dir hier. Wie gesagt… es ist recht Bescheiden und…“ sie stockte. Der Rest des Essens ging eher schweigend zu. Susanne wollte ihn nicht zutexten. Am Ende findet er das vielleicht gar nicht so gut, dachte sie. Eine ganze Weile sah sie ihn an. Könnte was aus uns werden? Er ist zwar mein Typ, aber was wenn er… ja wenn er auch nur ein Typ ist, der das eine will. Einfach nur eine Bettgeschichte?, gingen ihre Gedanken weiter. Doch dann zerriss das Klingeln ihres Handys die Stille.
    Sie ergriff es und meldete sich mit einem kurzen „Ja?“ dann hörte sie eine Weile zu und lächelte. „Nein… hier ist Susanne König. Sie haben sich wohl verwählt:“ endete das Gespräch. Sie legte das Handy auf den Tisch. „Entschuldige. Telefonverkäufer. Ich hasse diese Leute. Die belästigen einen nach dem Feierabend und kapieren nicht einmal, dass man gar nichts kaufen will. Nur ein ewiges Gelabere. Ich frage mich manchmal woher die meine Handynummer haben? Ich meine die steht ja nicht im Telefonbuch.“ erklärte sie. Wieder sah sie ihn an. Sie konnte ihn immer ansehen. Diese Augen. Sie hatten etwas Geheimnisvolles. „Was machst du eigentlich beruflich? Ich meine du weißt ja dass ich als Sekretärin bei der Polizei bin. Mein Job ist manchmal stressig, manchmal langweilig… aber ich liebe ihn. Die Kollegen sind alle sehr nett. Allem voran unsere Chefin. Sie heißt Anna Engelhard. Eine tolle und sehr erfolgreiche Frau. Oh… ich weiß gar nicht ob dich das überhaupt interessiert Vermutlich willst du es gar nicht wissen. Was wollen wir heute Abend machen? Ich hätte absolut nichts dagegen wenn wir uns am Kamin einen sehr gemütlichen Abend verbringen. Ich meine, falls du nichts Anderes vorhast.“ sagte sie auf einmal und schwieg. Wieso war sie denn so nervös? Sie führte sich wie ein Teenager auf, der zum ersten Mal verliebt ist. Du Närrin, sagte sie zu sich selbst. Er ist schon sehr nett, aber du laberst ihn voll und erzählst dein Leben. Dabei weißt du gar nicht ob er es hören will. Was wenn wer bereits genervt ist, von dem was du erzählst, weil du einfach nicht die Klappe halten kannst. Sicher er ist ziemlich schweigsam, aber das kann auch Schüchternheit sein. Aber er und schüchtern? Nein… das war recht unwahrscheinlich, dachte sie dann.

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  • Auch wenn die Feeds nicht mehr kommen.... hier die Fortsetzung:


    Susanne räumte den Tisch ab und die Spülmaschine ein. Sie sah Tobias nach, als er ins Wohnzimmer ging und hörte ihn rumoren. Sie schloss die Augen. Ein sehr schöner Abend schien auf sie zu warten. Sie ertappte sich dabei, wie sie bereits weiter dachte. Wenn seine Wohnung so schlimm ist, dann könnte er doch, vielleicht heute Nacht… bei ihr….Sie schüttelte den Kopf. „Nein… Susanne reiß dich zusammen“ mahnte sie sich selbst und brachte wieder Ordnung in die Küche. Sie spürte eine Sehnsucht in sich. Eine Sehnsucht nach dem Mann, der ihr im Augenblick so nah war und doch irgendwie weit weg. Wie sollte sie sich verhalten? Ihm sagen, was sie für ihn empfindet? Direkt nach dem zweiten Treffen. „Das muss sehr genau überlegt sein,“ sagte sie sich selbst. Sie hatte eine komische Angewohnheit. Sie redete sehr oft mit sich selbst. Sie brauchte länger als sie eigentlich wollte. Was allerdings nicht an der Arbeit lag, sondern eher daran das der Gedanke an den weiteren Gang des Abends sie aufhielt. „Dann lassen wir es mal darauf ankommen.“ Meinte sie leise. „Ich bin sofort bei dir!“ rief sie ins Wohnzimmer, weil sie bereits ahnte, das Tobias sich sicher schon wunderte wo sie blieb. „Ich ziehe mir nur kurz was Bequemes an.“ erklärte sie durch die Tür und verschwand ins Schlafzimmer. Sie öffnete den Schrank und sah ihre Wäsche durch. Was sollte sie nur anziehen? Es musste auf jeden Fall sehr bequem sein. Dann hatte sie es. Ein weiter Rock, der ihre Taille umschmiegte und ihre Figur noch besser zur Geltung kommen ließ, darüber ein einfaches Top. Schnell hatte sie sich die Hose ausgezogen und aufs Bett gelegt, den Roch und das Shirt an. Sie schloss den Schrank und räumte noch die getragene Kleidung vom Bett. Dann ging sie zu Tobias und ließ sich neben ihn nieder.


    „Ein schönes Feuerchen, hast du da gezaubert.“ lobte sie ihn und sah ihn zufrieden an. „Erzähl mir doch mal was von dir. Ich meine du kennst fast mein ganzes Leben und von dir weiß ich gar nichts. Außer dass du dein Auto nicht finden kannst.“ lachte sie. Sie nahm ihr Glas und prostete ihm zu. „was er wohl gerade denkt?, dachte sie und beobachtete ihn. Doch dann schwieg sie. Sie wollte ihm die Gelegenheit geben um etwas zu sagen. Sie wollte wissen, was ihn bewegte mit ihr auszugehen. Nach all was sie durchgemacht hatte, sollte sie endlich wieder glücklich sein? Ihre Gedanken gingen wieder auf Wanderschaft Mark… dieser Mistkerl….hatte sie nur ausgenutzt. Seit dem war Susanne vorsichtiger wenn es darum ging Männerbekanntschaften zu schließen, doch bei Tobias war es etwas anderes. Er war so … so warmherzig. Seine Augen, sein Haar, seine ganze Haltung… Es dauerte nicht lange und schon ertönte Susannes Stimme, die dem ehemaligen Verbrecher zurief: „Ich bin sofort bei dir! und „Ich ziehe mir nur kurz was Bequemes an.“. Anscheinend war sie fertig in der Küche und hatte alles weggeräumt. Gegen ihre Wohnung konnte man wirklich nichts sagen. Die Einrichtung war liebevoll und es war alles sauber und ordentlich.


    Mehr brauchte man doch nicht. Natürlich ließ sich über die Größe streiten, doch für eine allein stehende Frau sollte es doch wirklich reichen. Seine Wohnung reichte für ihn alleine ja auch, zudem hatte er die letzten zehn Jahre in einer kleinen Zelle verbracht, die er sich noch dazu mit einem anderen Mann hatte teilen müssen. Nicht gerade das Leben, wie man es sich vorstellte. Der Gedanke an diese vergangene Zeit ließ Peter einen Schauer über den Rücken laufen. 10 Jahre waren so schleichend vergangen. Trist. Öde. Und doch auch voller Hoffnung, dass danach alles wieder normal wäre. Dass er Isabelle und seine kleine Tochter Sophia in die Arme schließen könnte. Doch dem war nicht so. Peter war alleine. Nach einer Weile hob Peter seinen Blick um Susanne anzusehen. „Ich möchte nicht aufdringlich sein.“, fing er an und sein Blick wurde ernster, „Vor allem, da wir uns erst so kurz kennen, aber…“, er stockte und lachte kurz auf, „Gott, das klingt total albern… Ich würde mich freuen, wenn wir uns öfter sehen würden.“, erwartungsvoll sah er die Frau neben sich wieder an. Und ohne dass er es irgendwie verhindern konnte (er schloss die Augen und dachte an Isabelle) lehnte er sich nach vorne, überbrückte die Stille und gab der wunderschönen Frau einen Kuss auf den Mund. Seine Hand fuhr ihr über den Hinterkopf und er zeigte sich voll und ganz von seiner zärtlichen Seite.

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  • Susanne erschrak erst etwas als sie Tobias Lippen auf ihrem Mund spürte, doch dann gab sie sich einfach hin. Sie erwischte sich dabei, dass sie sich wünschte, dieser Moment würde nie vergehen. Susanne schloss die Augen und genoss die Liebkosung von Tobias. Es war so wunderbar, endlich wieder von einem Mann in den Arm genommen zu werden. Sie erwiderte den Kuss. Nur schwer löste sie sich von ihm. „ich bin einverstanden. Wir sollten uns wirklich öfter sehen. Tobias…. Du bist seit langer Zeit der erste Mann, dem ich soviel von mir schon direkt am Anfang erzählt habe. Dein Job klingt nicht gerade einfach oder langweilig. Warst du denn mal verheiratet? ups, das war zu direkt, dachte sie im gleichen Moment. Doch er schien es gar nicht mitbekommen zu haben. Sie hielt seine Hand und strich sich fahrig eine Strähne aus dem Gesicht. „Magst du noch was trinken? Ich hole dir noch was…“ versuchte sie abzulenken. Ihre Gefühle waren völlig außer Kontrolle. Sie spürte Hitze und gleichzeitig Kälte durch ihren Körper. „Wir können es uns auch vor dem Kamin gemütlich machen. Ich meine…. Wenn du willst…. Leg dein Jackett doch einfach ab und….“ Susanne stockte wieder.


    Sie versank in Gedanken und sah sich und Tobias im Bett liegen. Eng umschlungen. Arm in Arm. Wie sehr sehnte sie die Zärtlichkeit dieses Mannes herbei. Wie gern würde sie ihm zeigen, dass sie hoffnungslos verliebt war. Sie wäre sicher eine sehr gute Ehefrau für ihn Sie erschrak vor ihren eigenen Gedanken. Du Närrin! Was meinst du eigentlich wie das rüberkommt? Das ist doch billig! schimpfte sie mit sich selbst. Schnell wurde ihr klar, dass das Misstrauen in ihr sehr groß war. Immer wieder sah sie ihren Exfreund, der sie so schamlos ausgenutzt hatte. Wieso sollte Tobias eine Ausnahme sein? Nur weil er gut aussah, hieß es nicht, dass er nicht auch nur das „Eine“ will. meldete sich bei ihr wieder das Misstrauen. Sie schüttelte die bösen Gedanken ab. „Hey… es ist schon spät… ich meine… du hast Wein getrunken und… nun ja… es wäre mir etwas peinlich, wenn meine Kollegen dich von der Autobahn holen, weil du … du weißt schon…“ stammelte sie und sah ihn an. „also ich meine… sieh mal… ich hab morgen früh Dienst und mein Bett ist groß genug. Also wenn du willst kannst du natürlich auch auf der Couch schlafen…“ was stammelst du eigentlich so rum? Merkst du Dummerchen denn nicht dass er es eigentlich auch will. Frag ihn direkt! hörte sie ihre Gedanken. „Also wenn du willst… ich mache uns morgen ein schönes Frühstück.“ sagte sie leise und ging mit ihren Lippen näher an seinen Mund. Dabei ging ihr nur ein Gedanke durch den Kopf: sag ja… bitte sag ja hörte sie nur.


    Sie stand auf. „Ich bin gleich wieder da… Entschuldige bitte.“ Sagte sie und verschwand im Bad. Sie machte das Wasser an und sah in den Spiegel. „Du Närrin! Was hast du dir denn nur dabei gedacht? Was wenn er jetzt ja sagt? Willst du ihn dann vor den Kopf stoßen und sagen… .Pustekuchen…“ sprach sie mir ihrem Spiegelbild. Doch dann zuckte sie mit den Schultern. „Da muss ich nun durch“ sagte sie zu sich und ließ zog die Toilette ab. Dann ging sie wieder zu Tobias. Es war unheimlich erleichternd zu spüren, dass sich Susanne nicht gegen den Kuss wehrte. Und ganz nach Mark Twain, war der „Kuss eine Sache, für die man beide Hände braucht“ und somit schloss Peter den ganzen Kopf der Dienststellensekretärin in seine Hände, küsste sie leidenschaftlich, gab ihr das Gefühl, dass sie in seinen Händen in Sicherheit war und versuchte, ihr diesen Moment unvergesslich zu machen. Schließlich, als der Kuss sich dem Ende neigte, küsste der Mann der Frau noch einmal auf den Hals. Es war verführerisch, das Zeichen dafür, dass es in diese Richtung noch weiter gehen könnte, doch Peter hielt inne. Es war Susannes Entscheidung. Und diese fiel positiv aus: „Ich bin einverstanden. Wir sollten uns wirklich öfter sehen.“ - glücklich strahlte der ehemalige Häftling über das ganze Gesicht und hörte sich dann an, was Susanne noch zu sagen hatte. Sie fragte, ob er einmal verheiratet gewesen war und er lächelte, als sie die Frage anscheinend irgendwie bereute. Schnell wechselte sie das Thema und fragte, ob er noch etwas trinken wolle und ob sie es sich vor dem Kamin gemütlich machen wollten. Anscheinend waren ihre Gefühle nun mit ihr durchgegangen, woraufhin Peter nur schmunzeln konnte. „Ja, ich nehme noch einen Wein.“, sagte der Mann charmant, während er das Jackett ablegte, „Und nein, ich war noch nicht verheiratet.“, log er und legte eine Hand zärtlich auf Susannes Wange.

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  • … ich war noch nicht verheiratet. … ich war noch nicht verheiratet. … ich war noch nicht verheiratet. - wie ein Echo wiederholten sich diese paar Worte in Peters Kopf. Und was ist mit Isabelle? Was ist mit Sophia? mahnte er sich, Was sollen sie von dir denken? Du Narr! - er hasste sich dafür, Susanne so verletzten zu müssen, gleichzeitig hoffte er aber darauf, dass es einen positiven Ausweg aus dieser Sache gab. Er war hin und her gerissen. Doch dann sah er wieder das Foto: Anna Engelhardt. Sie hatte es nicht anders verdient. Sie sollte sich darum kümmern, dass alles wieder so war, wie es eigentlich gehörte. Sie sollte dafür sorgen, dass Tobias wieder bei seiner Familie sein konnte und dass der wahre Mörder seines Vaters geschnappt wurde. Es war wie ein Schlag in die Magengegend, immer wieder, wenn Peter an die Vergangenheit dachte. Doch jetzt und hier war hier eine Person anwesend, die ihm helfen konnte, das alles für einen Moment zu vergessen: Susanne „Ich will keinerlei Umstände machen.“, dennoch schwang in der Stimme eine Hoffnung, eine Sehnsucht wieder. Einen Moment zögerte er: „Wenn es dir wirklich nichts ausmacht.“, er lächelte leicht und dachte an ein leckeres Frühstück zu zweit, „Dann ja… Gerne.“. Das Strahlen war über das gesamte Gesicht zu sehen.


    Susanne erlebte ein Feuerwerk der Gefühle…. Sie ließ sich einfach fallen. Sie gab sich dem Mann hin und genoss jede Zärtlichkeit von ihm. Wie schön es doch war, endlich wieder in den Armen eines Mannes zu liegen. Sie träumte davon, dass es nie wieder aufhören möge. Nie wieder wollte sie diese Zärtlichkeiten missen. Nie wieder allein sein…. Sie erwiderte seine innigen Küsse. Seine Hände glitten über ihren Körper und Susanne spürte das Feuer in ihr. das war es, was mir gefehlt hatte. dachte sie und schloss die Augen. Sie ließ es einfach geschehen. Es war wunderschön. Nach einer ganzen Weile löste sich Susanne von ihm. „Ich…. Ich bin ganz durcheinander…. Ich weiß nicht… aber ich glaube ich liebe dich.“ hauchte sie leise fast unhörbar. Sie sah ihn an. hatte er gehört wie laut ihr Herz klopfte. Hatte er diese Worte vielleicht doch gehört? Sie lächelte verlegen und schmiegte sich an ihn. „Weißt du…. ich bin glücklich… das du da bist. Ich bin einfach nur glücklich.“ Leise, ja fast flüsternd kamen die Worte über ihre Lippen. Am liebsten hätte sie ihn gesagt, dass sie mehr in dieser Nacht von ihm wollte. Mehr als nur seine Hände spüren. Seine Küsse erleben. Aber wie sollte sie es ihm sagen, ohne billig rüber zu kommen? Wie ohne ihn zu erschrecken. was wenn er nur testen wollte, wie weit er gehen durfte, ohne das sie ihn zurück wies? Wieder keimte die alte Angst auf, ein Spielball zu werden. Susanne beobachtete ihn. er scheint es auch zu genießen. Vielleicht war er ja auch so lange schon allein, wie ich? Warum traue ich nicht ihm einfach zu sagen… nimm mich…! Ich gebe mich dir hin… Warum kann ich das nicht? Ihre Gedanken kreisten um die schönste Nebensache der Welt. Susanne sah ihn erwartungsvoll an.

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  • Montag…. Endlich war es Montag. Semir hatte so lange auf diesen Tag gewartet. Endlich war er da. Nun gut… eigentlich war es ja nur eine Woche doch er war froh, dass er wieder arbeiten konnte. Nein. Gekonnt hätte er schon früher, es musste heißen, dass er wieder arbeiten durfte. Ja….das war die richtige Formulierung. Während er in Richtung PAST fuhr, hörte er wieder die Worte von Anna. „Ich will Sie vor Montag nicht mehr in der Dienststelle sehen.“ Hatte sie gesagt. Er hatte sich daran gehalten. Er war wirklich nur zuhause. Am Rhein war er entlang gegangen und hatte sich ans Ufer gesetzt. Doch die meiste Zeit hatte er damit verbracht, dass er im Bett oder auf der Couch lag und schlief. Seine Wunde war fast vollständig verheilt und nun war es endlich so weit. In wenigen Augenblicken würde er zusammen mit Chris wieder über die Autobahn rasen. Er nahm sein Handy und wählte Chris an. Doch hier kam nur die Mailbox ran. „Hall Partner… Semir hier. Ich bin gerade auf dem Weg zur PAST. Komm in die Socken, ich warte nicht lange.“ Er legte auf und fuhr grinsend weiter. Die Sonne schien und es war nicht allzu kalt und vielleicht passiert ja auch was Spannendes. Es war lange genug langweilig gewesen. Und Andrea wollte ja auch bald wieder hier sein. Sie war krank geworden. Erkältung. Und ihre Mutter ließ sie nicht wieder raus, bis sie ganz gesund war. So musste Semir noch einige Tage ohne sie auskommen. Wenig später fuhr Semir auf einen der Parkplätze der ‚PAST. Es war viel frei, denn es war noch sehr früh. Er schien einer der ersten zu sein, die zur Arbeit erschienen. Die Nachtschichtkollegen hatten gleich Feierabend. Semir verschloss seinen Wagen und betrat die PAST. „MORGEN!“ begrüßte er seine Kollegen. Ein leises murmeln war die Antwort. Semir ging in sein Büro und musste an Susannes Schreibtisch vorbei. Die Sekretärin war auch noch nicht da. Ein Blick auf die Uhr an der Wand ließ ihn hoffen dass Chris sicher bald auftauchen würde.


    Es gab sicher böse Zungen die behaupteten es wäre krank, sich so auf seine Arbeit zu freuen, Chris jedoch sah das anders. Er war sozusagen mit seinem Job verheiratet, musste sich jedoch auch eingestehen, dass diese freien Tage im Nachhinein gesehen doch gut getan hatten. Dadurch hatte er viel Zeit mit seiner Tochter verbringen können und als der Anruf von Semir gekommen war, dass die Chefin ihren Urlaub auf eine ganze Woche hinaus gestreckt hatte, war er sogar mit Katrin ein paar Tage ins Ausland gefahren. Weg von Deutschland, weg von Stress und Alltag und einfach mal die Seele baumeln lassen. Es hört sich verlockend an und war es auch gewesen, doch nun konnte er es kaum erwarten, wieder zurück in diesen geliebten Stress zu kommen und sich mit seinem Partner hinter das Steuer eines Wagens zu klemmen. Am Freitag musste er sich eine Standpauke seiner Exfrau ertragen, die ihn dafür verantwortlich machte, dass Katrin viel zu spät nach Hause kam. Anstatt sich darüber zu freuen, dass er sich die Zeit für sie nahm. Chris ließ es über sich ergehen. Doch heute konnte er alles wieder vergessen. Seine Arbeit rief und er freute sich auf seinen Partner. Frisch geduscht ging er zum Parkplatz und stieg in den silbernen Mercedes. Er sah auf dem Beifahrersitz sein Handy liegen. „Ach hier bist du…“ lachte er leise, denn er hatte es gestern gesucht. Er nahm es in die Hand und erkannte sofort, dass er Anrufe hatte. Ein kurzes Wählen und er hörte seine Mailbox ab. Es waren insgesamt vier Anrufe von ein und derselben Person. Von Semir. „Mann, was bist du arbeitswütig…“ lachte er und trat das Gaspedal durch.

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  • Eine Stunde später betrat er das Gebäude. Immer noch hatte er die Sonnenbrille auf. Das Wetter war perfekt um über die Autobahn zu preschen. Den Motor mal wieder richtig fordern. Er betrat das Büro. „Na endlich“ begrüßte Semir ihn. Chris lachte. „Was ist? Es ist gerade mal neun Uhr!“ meinte er nur. „Ja aber ich warte schon seit Stunden hier. Wo warst du denn?“ maulte sein Partner. „Ich habe die letzten Tage so richtig genossen. Katrin hat es auch sehr gut gefallen…“ schwärmte Chris. „Wo ist Katrin denn jetzt?`“ wollte Semir wissen. „Ich habe sie am Freitag abgeliefert und mir ein super tolles Donnerwetter meiner Ex anhören müssen. Aber sie war sehr zufrieden und sehr glücklich…“ gab Chris zur Antwort. „Na dann komm! Ich will hier raus.“ meinte Semir nur und griff die Autoschlüssel. Chris lachte und sie gingen raus. Als sie in das Großraumbüro kamen, bemerkten sie, dass das Büro von Anna Engelhardt noch menschenleer war. „Schon komisch… Susanne hatte mich am Freitag noch angerufen und gesagt, dass die Chefin irgendwie hier übernachtete. Sie soll die letzten Tage bis spät in die Nacht gearbeitet haben. Außer an drei Tagen, da war sie meist sehr spät hier und ist verdammt früh gegangen. Susanne vermutet dass sie einen Liebhaber hat.“ erklärte Semir. Chris sah ihn erstaunt an. „Liebhaber? Na wenn sie dafür Zeit hat, dann könnte es doch sein, das ihre Laune besser wird. Stress genug hat sie sicher gehabt…“ kam recht gleichgültig von Chris.


    Auf dem Parkplatz der PAST sah Semir Chris grinsend an. „Ich fahre!“ bestimmte er und zog seinen Partner zum BMW. Chris war damit einverstanden. Semir stieg ein und sah Chris an. „Wartest du auf den Weihnachtsmann?“ fragte er lachend. Chris stieg ein. Als er es tat, startete Semir den Motor und grinste leicht. Dann gab er Gas. Mit quietschenden Reifen fuhr der BMW vom Parkplatz. Auf Semirs Gesicht entstand ein sehr zufriedener Ausdruck. „Das hat mir gefehlt.“ Stöhnte er leise. Chris musste lachen. „So und nun erzähl… was hast du und Katrin angestellt.“ Fragte er nach einer kurzen Zeit des Schweigens. Von Chris kam ein leichter Seufzer. „Es war eigentlich viel zu kurz. Aber es halt sich gelohnt.“ Sinnierte er und dachte an die Woche mit seiner Tochter. „Wo seid ihr hingefahren? Habt ihr was Tolles erlebt? Jemanden kennen gelernt?“ grinste Semir schelmisch. Er hoffte wirklich, dass Chris’ letzte Woche erholsamer als seine eigene gewesen war. Seine Schwiegermutter hatte ihm versteckt Vorwürfe gemacht. Völlig sinnlos, denn dafür hatte Semir sich selbst schon fertig genug gemacht. Allein dass er dem Erpresser erzählt hatte, wo sich seine Familie befand. Es war einfach nur grausam.


    Chris hatte natürlich die spöttische Bemerkung von Semir gehört. „Ja… es war sehr schön. Wir waren in Paris und da habe ich auch eine wunderbare Frau kennen gelernt. Sie ist so süß, hat große dunkle Augen, ziemlich große Ohren und einen Schwanz.“ grinste Chris zurück und sah in Semirs Gesicht. „Was?“ fragte dieser erstaunt. „Nun ja… eine Frau… du hast schon richtig gehört…“ lachte Chris erneut und genoss die Sprachlosigkeit seines Partners. „Chris… schön… ich meine für dich… wie heißt sie denn?“ wollte Semir wissen. „Na ich weiß nicht…. Vielleicht sollte ich es dir nicht verraten. Nachher spannst du sie mir noch aus.“ gab Chris zurück. „Na komm… ich bin verheiratet. Außerdem stehe ich nicht so auf große Ohren.“ lachte Semir zurück. „Also gut… sie heißt Minnie Mouse.“ erklärte Chris und sah seinen Partner an. Von dem kam nichts außer einem „Hä!!! kam von Semir und sein verwirrter Gesichtsausdruck ließ Chris auflachen. So platt hatte er Semir noch nie gehabt. „Wie? Mouse? Wie Micky…?“ harkte Semir nach. „Na beruhige dich.. ja… die Frau von Micky… aber sie hat mit mir geflirtet.“ gab Chris zu. Semir schüttelte den Kopf „Na wir waren in Disneyland Paris….“ kam die Aufklärung von Chris. „Ahhh…“ verstand Semir nun. „Ich dachte schon, das du… also …“ neckte er Chris. „Weißt du… es ist einfach wunderbar dort. Ich konnte den Stress einfach ablegen. Katrin und ich… wir hatten so viel Spaß und Freude. Du solltest mit Andrea und Aida auch mal hinfahren. Also wenn die Kleine größer ist, obwohl, es gibt auch einige Attraktionen für kleine Personen.“ meinte Chris und musterte Semir von oben bis unten.


    „Chris! Ich warne dich… wenn du jetzt eine Bemerkung über meine Größte machst, dann fahre ich allein.“ drohte Semir grinsend und konzentrierte sich wieder auf den Verkehr. „Und was hat Familie Gerkhan angestellt?“ wollte Chris im Gegenzug wissen. „Meinst du Familie Gerkhan oder Familie Schäfer?“ fragte Semir genervt und dachte direkt mit Grauen an seine Auszeit. Chris sah ihn erschrocken an. „Andreas Mutter war zu Besuch. Sie war der Meinung uns – oder vielmehr Andrea- entlasten zu müssen.“ erklärte Semir kurz. „Hast du schon mal zwei Tage mit deiner Schwiegermutter verbracht? Aida ist auch noch krank geworden. Erkältung. Du hättest sie mal hören müssen. Die hat mir dafür die Schuld gegeben und von Verantwortung und dem ganzen Mist gelabert. Aber das Beste als die zwei Tage vorbei waren, beschloss sie Andrea und Aida gleich mitzunehmen und meinte ich könnte mich dann ja auch mal etwas entspannen. Tja und als ich dann weil mir gerade so langweilig war wieder arbeiten wollte, hat mir die Chefin auch die Leviten gelesen. Ich musste nach Hause und mich dort langweilen und diese Gedanken an der ganzen Sache….“ grummelte Semir leise. Oh ja.. im Leiden, beschweren und Nörgeln war er wirklich die Nr. 1. Aber eigentlich wollte er sich ja nicht die Laune verderben lassen. Mit 120 km/h ging es also über den Beschleunigungsstreifen auf die A4.

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  • Chris nickte wissen. „Das klingt nach sehr viel Stress.“ meinte er nur und versuchte Ernst zu bleiben. Aber er konnte sehr gut mitfühlen wie es war, wenn die Schwiegermutter zu Besucht ist. Schließlich war er ja auch schon mal verheiratet. Doch zum Glück gab es nur wenige Begegnungen mit seiner. „Und wie hast du dich verteidigt?“ wollte Chris wissen. „Na gar nicht… ich kam überhaupt nicht zu Wort. Die hat Andrea und Aida dermaßen umsorgt... das ich… hey.. was ist das denn?“ fragte Semir plötzlich und sah in dem Spiegel einen LKW mit ziemlich hoher Geschwindigkeit an sicher heranrauschen und sogar überholen zu wollen. „Scheint es ja ganz schön eilig zu haben.“ Merkte er an und ließ von Chris das Blaulicht aufstellen. „Dann wollten wir ihm doch mal unser Discolicht zeigen.“ grinste dieser. Chris wartete darauf, bis Semir den Dienstwagen auf die linke Spur neben dem LKW und auf die Höhe des Führerhauses gebracht hatte. „HALLO!! WIR SINDS!“ rief Semir grinsend und Chris hielt die Polizeikelle aus dem geöffneten Fenster, was jedoch scheinbar den LKW-Fahrer wenig beeindruckte. Im Gegenteil, der Fahrer trat noch kräftiger auf das Gaspedal und donnerte mit seinem Sattelzug weiter über die Autobahn, die Beamten schlichtweg ignorierend. „Idiot!“ knurrte der Hauptkommissar verärgert, denn dem LKW-Fahrer hätte eigentlich klar sein müssen, dass er mit seinem schweren Gefährt nicht so einfach abhauen und den Autobahnpolizisten keinesfalls entkommen konnte. Doch während Chris sich über diesen Rowdy ärgerte, riss er plötzlich erschrocken die Augen auf. Der LKW war binnen weniger Herzschläge näher gekommen und scherte nur abrupt auf ihre Fahrspur hinüber. „SCHEISSE--- Der rammt uns!!“ schrie Chris und rückte näher an Semir heran. Im gleichen Moment riss er die Kelle zurück und hielt sich die Arme schützend vors Gesicht als der LKW sie mit voller Wucht rammte.


    „Woaah!!“ stieß Semir aus, als der Wagen ihn rammte. Er erschrak kurz aber er konnte den Wagen schnell wieder unter Kontrolle zu bekommen. „Hey… mach was!“ schrie er Chris an. „Vielleicht hat er ja auch seine Schwiegermutter im Nacken sitzen.“ meinte dieser nur und grinste. „Du kannst mir glauben… er wird sich wünschen es wäre nur seine Schwiegermutter…“ drohte Semir diesem Kamikazefahrer. Semir konzentrierte sich auf den Verkehr. Auch er musste schneller fahren um auf gleicher Höhe mit dem Sattelzug zu bleiben. Allerdings erwies sich das als ein wenig schwierig, denn nicht allzu weit vor dem Polizeiwagen befand sich ein roter Skoda, der auf die linke Spur gewechselt hatte um andere Wagen zu überholen. Semir war ein wenig davon abgelenkt. „Verdammt, was hat der denn gefrühstückt?“, fragte Semir geschockt und drückte auf die Bremse, wechselte mit quietschenden Reifen auf die mittlere Fahrerspur und klemmte sich somit hinter den LKW. Schnell griff er zu seinem Funkgerät: „Cobra 11 an Zentrale. Verfolgen einen LKW auf der A4, Richtung Köln. Benötigen dringend Verstärkung.“, gab er kurz und bündig an die Zentrale durch. Ja, bei einem solchen Rowdy brauchte man wirklich Verstärkung, denn mit seiner Fahrweise gefährdete er nicht nur sich selbst, sondern vor allem auch alle anderen Verkehrsteilnehmer. „Zentrale hat Verstanden, Cobra 11.“, bestätigte der Kollege in der Zentrale. „So, du hast dich mit den falschen Leuten angelegt!“, presste Semir nun zwischen seinen Zähnen hervor, schaltete zwei Gänge tiefer um voll beschleunigen zu können und setzte erneut mit quietschenden Reifen zum Überholen an. Nur knapp verfehlte er den roten Skoda, dessen Fahrer erschrocken bremste und somit fast einen Auffahrunfall verursachte, doch zum Glück geschah nichts.

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  • Semir überholte den LKW. „Na dann wollen wir doch mal sehen, wer der Stärkere ist“ feixte Semir übermütig und trat erneut in die Eisen. Die roten Bremslichter leuchteten auf, doch auch davon ließ sich der LKW-Fahrer nicht beeindrucken und schob den BMW geradezu an. Der arme 3er… er sah schon wieder ziemlich demoliert aus. „Und jetzt? Willst du ihn ausbremsen oder was?“ fragte Chris vorsichtig an. „Ja… David gegen Goliath…was meinst du?“ lachte Semir, der scheinbar seinen Spaß daran hatte. Chris war da etwas anders. „Semir…. Das ist doch wohl nicht dein Ernst!“ schrie er, als der LKW ein weiteres Mal auf den BMW knallte. „Scheiße…!“ stieß er aus. „Er ist stärker! Mach was!“ wiederholte Chris und Semir löste sich etwas. „Semir! Wir bekommen Probleme!“ kam nur wenig später von Chris. „Was? Warum? Es klappt… er wird langsamer…!“ grinste Semir. „Nein…das meine ich nicht… aber wenn du dich nicht erinnerst….hier nur wenig vor uns ist die Baustelle!“ erinnerte Chris ihn. Semir fluchte leise. Tatsächlich gab es nur knappe 5 km vor ihnen war die Dauerbaustelle. „Verdammt…..lass dir schnell was einfallen!“ ermahnte Semir seinen Partner. „Was? Wieso ich?“ maulte Chris. „Weil ich fahre!“ grinste Semir. Nun zog der LKW rechts am BMW vorbei. Semir trat das Pedal erneut durch und tat es ihm nach. 5 Kilometer bei schnellem Tempo auf der Autobahn waren schnell gefahren. Auf der Baustelle bemerkte man den Sattelzug erst spät, doch die Bauarbeiter konnten sich allesamt retten. Vollkommen wahnsinnig krachte der LKW in die Absperrung, kollidierte mit einem Baufahrzeug und raste weiter auf die Fahrstreifen in Richtung Mittelleitplanke.


    „Woaaah!“, entfuhr es Semir erneut und er musste geschickt den herumfliegenden Teilen ausweichen. Seine Augen waren geweitet und mit großem Schrecken beobachtete er das Geschehen. Ohne es irgendwie verhindern zu können, crashte der LKW in die Leitplanke, stürzte zur Seite und blockierte damit die Gegenfahrbahn. Wie in Zeitlupe knallten mehrere Fahrzeuge in das umgestürzte Fahrzeug. Semir blieb schräg zur Fahrbahn stehen und sprang aus seinem Auto. In dem Moment gab es eine gewaltige Explosion. Reflexartig schützte Semir sein Gesicht vor der warmen Druckwelle. Nach ein paar Sekunden war die erste Hitzewelle davon. Semir griff schnell zum Funkgerät: „Cobra 11 an Zentrale. Schwerer Unfall auf der A4 an der Baustelle. Benötigen dringend Feuerwehr und RTW. Es sind beide Fahrstreifen betroffen. “, danach rannte er über die Autobahn zu dem brennenden LKW. Es sah wirklich übel aus, doch wie durch ein Wunder war der Fahrer noch am Leben. Semir hoffte, dass es auch den Autofahrern gut ging, doch der Unfall war schon heftig gewesen.

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  • Der LKW Fahrer dachte aber nicht im Traum daran, sich einfach geschlagen zu geben, er kletterte aus seiner Kabine heraus, torkelte ein paar Schritte, sah Semir und rannte dann los. Semir legte einen Spurt ein und erreichte den Crashpiloten wenig später. Er stürzte sich geradezu auf ihn und riss ihn zu Boden. Der Mann war jedoch stärker als erwartet und klammerte sich an Semirs Armen fest – genau an der heilenden Schusswunde. „AAAH!“, entfuhr es Semir und reflexartig schoss sein anderer Arm zu der Wunde: Zeit für den Verrückten um zu fliehen. Semir suchte Chris: „Na los, schnapp ihn dir!“, rief er ihm zu, während er sich aufrappelte. Chris sah wie Semir seinen Arm hielt und nahm die Verfolgung des LKW-Fahrers auf. Der Mann wollte sich in den angrenzenden Wald retten, Chris sprang mühelos über die Leitplanke, die die Autobahn von dem Wald trennte und wenige Meter danach den Flüchtenden zu Fall brachte. "Endstation Freundchen!" Der Kerl war muskulös und hatte wohl auch wenig zu verlieren, denn er rammte dem Polizisten ungehemmt das Knie in die Rippen, was Chris mit einem Keuchen die gesamte Luft aus seinen Lungen presste. Doch nach kurzer Rangelei hatte Chris den Kerl schnell unter Kontrolle gebracht, sodass dieser nun auf dem Bauch lag, sein Gesicht auf den Boden gedrückt wurde und er brüllte nun vor Schmerzen, als der Kommissar die Hände des Wahnsinnigen auf den Rücken zog, um sie dort in Handschellen zu legen. Der Polizist antwortete auf das Brüllen des Mannes nur darauf, in dem er noch brutaler mit ihm umsprang und ihn anschließend rücksichtslos auf die Beine zog. Der Mann fluchte wild vor sich hin, während ihn Chris vor sich her in Richtung seiner uniformierten Kollegen schob, die gerade ebenfalls den Unfallort erreicht hatten und dort den Lkw-Fahrer in Empfang nahmen.


    Mit Blaulicht und Sirenengeheul trafen nun auch einige Krankenwagen und Feuerwehrleute ein, die sich ebenfalls sofort an die Arbeit machten, während Chris Blätter und Erde von seiner Kleidung abklopfte und zu Semir ging. "Alles in Ordnung?" fragte er, während er auf den Arm seines Partners blickte. Es war wirklich unglaublich! Jedes Mal, wenn eine Situation schon brenzlig genug war, wurde sie durch ein weiteres Ereignis noch brenzliger. In vielen Fällen war es ein einfacher Stau oder ein Auto, was eine Panne hatte, doch oft war es eben auch eine Baustelle, die den Autobahnpolizisten das Leben schwer machte. So auch heute. Baustellen waren in vielerlei Hinsicht gefährlich: sie waren stets Anlaufpunkt für Staus, Behinderungen auf Auffahrunfälle, doch betrachtete man sie in der Hinsicht, dass ein LKW ungebremst darauf zuraste, wurden sie noch um einiges gefährlicher. Für Chris und Semir waren solche Situationen nicht unbedingt etwas außergewöhnliches, richtig daran gewöhnen konnten sich die Autobahnpolizisten aber dennoch nicht. Beide wurden leicht panisch, als sie sahen, wie Schild nach Schild immer wieder ankündigte, dass die Baustelle näher kam und leider konnte keiner von beiden auf die Schnelle eine Lösung für das doch eher heftige Problem finden. Und so blieb den Personen im silbernen BMW nichts anderes übrig als den LKW weiter zu verfolgen und zu hoffen, dass alles mehr oder weniger gut ausging. Augen zu und durch – oder wie heißt es so schön? „Was für ein Wahnsinniger!“, kommentierte Semir das Geschehen und sah sich auf der Autobahn um, wobei ihm nicht zuletzt sein eigenes Auto ins Auge fiel. Seufzend bemerkte er, dass der Dienstwagen in diesem Zustand nun wirklich nicht mehr straßentauglich war. „Na super.“, ärgerte er sich und hörte die Chefin förmlich schon rummeckern, wie sie denn ohne ihre Erlaubnis einfach auf die Autobahn gefahren waren, den BMW geschrottet und die Autobahn ins Chaos versetzt haben. Keine guten Aussichten für einen ersten Diensttag. „Die Chefin wird uns den Kopf abreißen.“, sorgte sich Semir und setzte sich in Bewegung in Richtung Krankenwagen. Er wollte wissen, wie es um die Verletzten stand.

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  • Auch Chris ließ nun den Blick in dieselbe Richtung wie Semir schweifen. Ihr erster Arbeitstag nach dem Urlaub und schon wieder eine Vollsperrung der Autobahn und ein zerschrotteter Dienstwagen. Alltag eben bei den beiden Männern, was jedoch noch lange nicht hieß, dass die Chefin ihnen nicht die Hölle heiß machen würde. Zumal die beiden Kommissare an ihrem ersten Tag nicht einmal das Eintreffen ihrer Vorgesetzten in der PAST abgewartet hatten, sondern gleich los geprescht waren. Und während Chris nun seinem Partner hinüber zu den Krankenwagen folgte, legte er diesem kurz die Hand auf die Schulter. "Na, viel kleiner kann sie dich ja nicht mehr machen..." meinte Chris nur und wartete darauf, dass wie gewöhnlich ein Lächeln auf Semirs Gesicht erscheinen würde, erklang plötzlich von hinten der Ruf eines Kollegen. "Semir, Chris!" hörten die beiden Männer den uniformierten Polizist rufen und sie änderten ihr Vorhaben und steuerten nun den Kollegen an, der ihnen einen kleinen Beutel entgegen hielt, der an manchen Stellen angekohlt und verrußt war und ein weißes Pulver beinhaltete. "Die Kollegen von der Feuerwehr meinen, vom Lkw ist nicht mehr viel zu retten, doch sie haben das hier gefunden." teilte der ältere Kollege den beiden Hauptkommissaren mit und da der Beutel an einer Stelle aufgerissen war, tippte Chris mit dem Finger hinein und probierte mit der Zunge daran. "Also, Backpulver ist das ganz bestimmt nicht." Sein Blick traf seinen Partner, der neben ihm stand. "Kein Wunder hatte der solche Angst vor uns hatte."


    „Ich bin mal gespannt, was der Kerl zu seiner Entlastung zu sagen hat.“, sagte Semir und schaute dem Polizisten hinterher, der das Beweismaterial sicherstellte, „Illegaler Drogenbesitz und eine Massenkarambolage können ihm einige Jahre kosten-“ – meinte Semir nur „… mit Todesfolge!“, warf Dieter Bonrath dazwischen und näherte sich Chris und Semir. „Für eine der Unfallbeteiligten kam jede Hilfe zu spät. Zwei weitere wurden schwer verletzt abtransportiert, drei weitere haben leichte Verletzungen davon getragen und einen schweren Schock.“. Semir sah zu Boden. Wenn jemand starb, dann machte man sich als Polizist oft Vorwürfe, ob man das nicht doch hätte verhindern können. „Danke Dieter.“, bedankte sich Semir trotzdem und schüttelte den Kopf. „Na komm.“, sagte er zu Chris, „Hier können wir nichts mehr tun, fahren wir zurück in die Zentrale.“ Chris seinerseits nahm das ganze herrschende Chaos um sie herum nur undeutlich und nebenbei wahr. Die vielen blinkenden Blaulichter, die zahlreichen Rettungshelfer, die zwischen den verunfallten Fahrzeugen herum rannten und sich um die Verletzten kümmerten. Natürlich ließen ihn solche schweren Unfälle nicht kalt, doch mit der Zeit bekam man Nerven wie Stahlseile und versuchte, nicht mehr alles an sich heran zu lassen. Es würde die Kommissare ansonsten über kurz oder lang völlig kaputt machen, wenn sie jedes Einzelschicksal bedachten, das ihren beruflichen Weg pflasterte.


    Es mochte hart klingen, doch so manches Mal gab es wichtigere Dinge, um die sich Semir und Chris kümmern mussten. Ihre Aufgabe war es, die eigentlichen Täter zu schnappen, um die Opfer kümmerte sich stets jemand anderes. Manchmal kam es sogar vor, dass sich sein Partner erkundigte, wie es dem Opfer später erging, wenn es beispielsweise im Krankenhaus lag. Bei Chris war es anders. er tat das nie, was ihm bei seinen Kollegen so manches Mal schon den Ausdruck eingebracht hatte, er wäre gefühlskalt und herzlos. Doch Chris musste sich nicht selbst anlügen, er wusste, dass er das gerade nicht war. Allerdings ging er mit diesen Dingen anders um, als zum Beispiel Semir. Und ihre unterschiedlichen Charaktere hatten nicht nur bei ihnen beiden zu Chris Anfängen bei der Autobahnpolizei zu Missverständnissen und Problemen geführt. Die beiden Hauptkommissare konnten nur hoffen, dass dieser Vorfall auf der Autobahn heute nicht wieder eine Lawine der Presse und somit auch den Ärger für ihre Chefin los treten würde. Doch Semir und Chris konnten mit gutem Gewissen sagen, dass sie ihr bestmögliches gegeben hatten. Keiner der beiden hatte ahnen können, dass der Fahrer so durchdrehen würde und wie sollte man einen schweren Lkw stoppen, ohne dabei andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Das gefundene Kokain erklärte nun auch das Verhalten des Fahrers, der wohl beim Anblick der Polizei in Panik ausgebrochen war. Womöglich hatte er sogar noch mehr davon in seinem Fahrzeug versteckt gehabt, was sich nun allerdings schwer nachweisen ließ, da der überwiegende Teil des Lkw verbrannt und nur noch ein schwarzes Gerippe auf der Straße aufragte. Aufgrund seiner halsbrecherischen Flucht hatte allerdings der Raser jetzt nicht nur ein Verfahren wegen Drogenbesitzes am Hals, sondern auch noch das Problem, das er einen schweren Unfall ausgelöst hatte...


    „Was haben wir sonst?“ fragte Anna stöhnend, als die beiden Hauptkommissare vor ihr saßen. „Nun ja… dieser Koks hat einen Wert von über vier Millionen Euro auf dem Markt. Der Wagen selbst ist gestohlen. Hartmut überprüft gerade noch die Seriennummer und das was davon übrig geblieben ist. Der Fahrer selbst schweigt sich aus. Für ihn ist es gelaufen. Er wird für ein paar Jahre gesiebte Luft atmen.“ Meinte Semir nur. „Nun dann sollten wir versuchen etwas zu finden.“ kam von Anna. Chris nickte. „Ich habe noch einen Kontakt zur Drogenszene. Ich werde ihn mal anzapfen.“ erklärte er und stand auf. „Wo willst du denn hin?“ wollte Semir wissen. „Na sagte ich doch… meinen Kontakt anzapfen. Louis ist schüchtern. Wenn ich nicht allein komme, dann wird er nichts sagen.“ erklärte Chris. „Aber wir wollten doch gemeinsam … wegen dem Dienstwagen…“ fing Semir an. Anna lächelte leicht. „Was ist denn damit?“ fragte sie, denn bisher hatten die Beiden nur von dem Unfall gesprochen. „Nun ja… Chefin. Wir wollten ja den Unfall verhindern und… also… Chris meinte wir könnten den Wagen ausbremsen um nun ja…“ stammelte Semir herum und suchte Hilfe bei Chris. Anna schloss die Augen. „Wie schlimm ist es diesmal?“ stöhnte sie. „Das übliche…“ kam von Chris und er verschwand. „Sie sind gerade mal sechs Stunden auf der Autobahn gewesen Semir… und schon ist der Wagen wieder Schrott?“ tadelte sie den kleinen Polizisten. „Nun ja…“ entschuldigte Semir sich dafür und setzte einen Hundeblick auf. Anna lächelte ihn an grub in ihre Schublade. „Hier… aber bitte nicht noch einmal…“ warnte sie ihn. „Sicher Chefin. Ich passe auf.“ versprach Semir. Anna lächelte. „Semir… Nicht dass Sie sich wundern, warum ich nicht ausraste, wie Sie es gewohnt sind, aber ich bin verabredet und ich habe absolut keine Lust mich vorher aufzuregen. Sie sollten es trotzdem nicht allzu bunt treiben.“ erklärte sie noch bevor Semir raus ging.

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  • Nur drei Stunden später war Anna bei ihrer Verabredung mit Till in der Kölner Innenstadt. Sie saßen in einem teuren Restaurant und genossen den Abend. Till nahm einen Schluck von seiner Sake und beobachtete Anna über den Rand seines Bechers dabei, wie sie ebenfalls einen Schluck nah. Sie waren nun schon seit zwei Tagen verabredet. Er hatte sie direkt an Tag nach dem Unfall angerufen und sie eingeladen. Es dauerte etwas aber dann sagte sie zu. Till vermutete, dass sie im Terminkalender nachgesehen hatte. Als er sie fragte, wo sie gerne Essen wolle, kann zur Antwort, dass sie für alles offen sein. Eine verheißungsvolle Antwort, fand er und suchte dann dieses Restaurant aus. Hier hatte er schon oft gastiert. Die Kellner kannten ihn bereits und es war romantisch. Genau das richtige…. dachte er und überlegte den weiteren Fortlauf des Abends. Jetzt erst einmal essen und dann einen Spaziergang am Rhein entlang. Die Uferpromenade war gerade am Abend sehr zu empfehlen. Es war romantisch… Er liebte die Romantik. Sie war ein Ausgleich zu seinem harten Job. Dort musste er sich manchmal das jammern und Flehen der Opfer anhören. Bisher hatte er nie Mitleid denn er sah seine Opfer als Arbeit an und drückte meistens eiskalt ab. Wie auch der Bulle, gingen seine Gedanken fast elf Jahre zurück. Dieser verdammte Bulle hätte ihn fast geschnappt. Wenn ihn sein Auftraggeber nicht gewarnt hätte, dann…. Zum Glück war er schneller. Der Bulle hätte fast das Geschäft seines Auftraggebers auffliegen lassen. Till hatte schon mehrmals für Mark Siefers etwas getan. Siefers wollte nach oben, nach ganz oben. Doch das ging halt nicht mit legalen Mitteln und dieser verdammte Bulle ist dahinter gekommen .Pech für ihn und Glück für Till. Den Mord ließ er sich teuer bezahlen.


    „Hey… bist ja ganz in Gedanken…“ riss Anna ihn heraus. „Oh… entschuldige. Ich habe gerade …vergessen wir es einfach.“ lächelte er und prostete ihr zu. Der Abend wurde lang. Leise, aber nur bei genauem Hinhören konnte man die Klänge eines asiatischen Liedes im Restaurant wahrnehmen, welches durch das viele Stimmengewirr mit Leichtigkeit übertönt wurde. So manches Mal war es wirklich schade, dass niemand sie schätzte. Denn so viele unterschiedliche Küchen, wie man sie in Köln und anderen Städten in Deutschland vorfinden konnte, so viele unterschiedliche Musikrichtungen gab es auch und oft genug war es sogar interessant, diese landestypischen Töne genauer zu inspizieren. Für Anna jedoch war Musik im Restaurant nur dann notwendig, wenn es mal nicht so viel Ansturm auf die Lokalität gab. So wurde die klägliche Stille zu dieser Stunde überbrückt und schaffte eine entspannte Atmosphäre. Heute, in diesem japanischen Restaurant war die Musik jedoch eher unwichtig, denn es herrschte soviel Betrieb vor, dass das möglicherweise richtig geschmackvolle Lied schlicht und einfach unterging. Aber gut, das war für die Autobahnchefin nun auch nicht von Belangen, immerhin war sie hier, um Till näher kennen zu lernen und nicht die typische Musik aus Japan.

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