Kopflos



  • Hallo liebe Leute
    Hier ist Jenni und ich möchte euch im Namen von Christopher begrüssen.
    Da Christopher und ich passionierte Schreiber sind und beide vor Ideen trotzen, haben wir beschlossen, was gemeinsam zu schreiben. Er wird durchgeknallt, spannend und faszinierend. Wir hoffen, dass euch unser Werk gefällt und ihr genau so viel Spass am Lesen habt, wie wir beim Schreiben!



    "Guten Morgen Köln! Es ist Montag Morgen! Wir haben genau acht Uhr! Die Sonne lacht und begrüsst uns so fröhlich die neue Wochen!" Semir schüttelte mit dem Kopf und verdrehte die Augen. "Ben lass den Quatsch!" mahnte er seinen Kollegen durchs Telefon. Das Handy war vorschriftsmässig am Amarturenbrett befestigt und war auf Lautsprecher gestellt. "Wieso? Fandest du meine Anmoderation nicht gut? Ich finde ich habe meinen Beruf verfehlt!" Semir grinste breit. Zum Glück konnte Ben dies nicht sehen. "Ich habe schon einen Favoritensender! Vielen Dank!" Gelächter drang durch die Hörmuschel. "Sag bloss die Anderen sind auch schon da?" Ein Stöhnen von Ben zu vernehmen. "Nicht jeder nimmt's so mit der Zeit wie du Semir! Wir sind schon seit 'ner halben Stunde hier!"
    "Mag sein", begann Semir und blickte steht's auf die Strasse, "aber ihr alle seit kinderlos und wisst nicht, wie hart es ist wenn deine Kleine zu zahnen beginnt!" konterte er und fühlte sich als Sieger. "Wie auch immer", sagte Ben ablenkend, "wo bist du gerade?" Semir sah sich kurz um. "Ich komm' gleich zu der grossen Brücke vor der Stadteinfahrt. In zehn Minuten sollte ich da sein Partner! Sattle also schonmal deinen Mercedesgaul!" scherzte der Deutschtürke.



    Er musste es loswerden. Einfach loswerden! Es war der Befehl von Oben. Er sah sich nochmal das Bündel an. Das Blut klebte noch am Boden und es schauderte ihn. Egal. Weg mit ihm. Er stellte sich vor das Geländer der Brücke. Warte, noch einen Augenblick, dachte er sich und hielt das Bündel zitternd vor sich. Wirf, sagte eine innere Stimme immer wieder, wirf endlich du Idiot. Doch er konnte nicht. Irgendetwas in seinem Inneren wehrte sich dagegen. "Nun komm' schon du Idiot!" motivierte er sich selbst und liess los. Mit einem Tempo rannte er von der Brücke davon und sah sich nicht um. Er hörte nur, wie das Bündel auf eine Autoscheibe eingeschlagen haben muss.




    Semir schrie auf als irgendetwas auf seine Heckscheibe knallte und das Glas zerstörte. Vor lauter Schreck drohte der Verlust der Kontrolle über den Wagen zu verlieren. Sein Herz raste und schlug heftig gegen den Brustkorb. Die Hände umklammerte das Lenkrad so heftig, dass die Fingerknöcheln weiss hervortraten. Er konnte den Wagen zum Stehen bringen. Quar stand er nun auf der Autobahn.
    Semir erblickte langsam, was seine Scheibe zerstörte. Ein Bündel. Etwas war in Papier eingepackt. Dieses löste sich langsam und es wurden zwei Augenpaare sichtbar.
    "Semir! Semir was um Himmelswillen ist los?" schrie Ben besorgt doch Semir hörte ihn so gut wie kaum. Im Gegenteil. "Heillige Scheisse!" stiess er hervor und spürte, wie die Farbe aus seinem Gesicht wich. Er wollte seinen Wagen wieder in Position bringen, als ein Audi ihn von der Seite her rammte und ihn mitriss.




    "SEMIR!" rief Ben noch einmal und packte dann seine Jacke vom Garderobenständer. Er blickte zu Dieter und Hotte, die die ganze Zeit hinter ihm gestanden hatten. "Ruft sofort die Verstärkung! Irgendwas ist mit Semir passiert!" Er zog sich die Jacke an und rannte zu seinem Mercedes. Sein einziger Gedanke galt Semir. "Bitte", flüsterte er sich immer wieder zu, "bitte nicht! Nicht Semir!" Mit zitternden Händen startete er den Motor und fuhr los.

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Der Audi bremste und Semirs Wagen kam, an die Leitplanke gedrängt, zum Stehen. Der Hauptkommissar hatte sich vor Schreck in seinem Sitz verkrampft und die Arme vors Gesicht geschlagen, schützte so seinen Kopf vor den Glassplittern der Scheiben. Als alles vorbei war, wagte sich Semir aus seinen Wagen und atmete tief durch. Dann jedoch dachte er an das Ding auf seiner Rückbank. Sollte er einen Blick riskieren? Ihm haben eigentlich schon die beiden leeren Augen gereicht, die ihn vor dem Aufprall angesehen haben. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen, nahm das Ende des Papieres in seine Hand und zog es weg.



    Ben fuhr mit eingeschaltetem Blaulicht durch die Stadt direkt auf die Brücke zu. Schon von Weitem sah er das Chaos auf der anderen Spur. Er wechselte auf die andere Seite und parkte neben Semir, der an seinem hinteren Wagenrad saß, sein Gesicht ganz weiß und farblos. Seinen Kopf hatte er an den zerbeulten Wagen gelehnt und sah in den grauen Winterhimmel hinauf. Erleichtert kam Ben auf seinen Freund zu und fasste ihn an die Schulter. "Ist alles in Ordnung?", fragte Ben, doch Semir antwortete nicht, sondern deutete nur auf den Rücksitz seines Wagens. Ben sah nach und brach fast zusammen. Ihm starrten die herausgequollenen Augen eines, seiner Meinung nach, jungen Mannes an, dessen abgetrennter Kopf auf der Rückbank von Semirs Wagen lag. Ihm kam fast sein gesamter Mageninhalt wieder hoch. "Ben, wer macht so etwas?", fragte Semir mit rauer Stimme und sah seinen Kollegen an, der ganz grün im Gesicht wurde. Doch Ben konnte die Frage nicht beantworten. "Es ist besser, wir warten auf die Kollegen.", meinte er und atmete tief ein.



    Derweil in einer alten Burg, die sich majestätisch über einen alten Weinberg erhob. Maximillian de Brouiller, ein Spross aus altem elsäßischem Adel, dem Deutschen perfekt mächtig, stand vor einem großen Wandspiegel und rückte seinen Gurt mit dem alten Degen seiner Familie zurecht, nachdem er sich die Schärpe ungeworfen hatte. Hier, in der Abgeschiedenheit der dicken Steinmauern des Mittelalters, hatte er eine neue, für ihn entscheidende Organisation aufgebaut. Lauter junge Menschen, die seine Vorstellung von einer besseren, neueren Welt teilten und sie auch mit allen nur erdenklichen Mitteln verwirklichen wollten. De Brouiller führte ein strenges Regiment, ganz im Sinne seiner Familientradition. Wer sich seinen Befehlen widersetzte, wurde vor den anderen bestraft. Wer versuchte zu fliehen oder den "Clan" zu verraten wurde wie ein Verräter vor den anderen gehenkt und dann enthauptet.



    "Vater, hast du Sascha gesehen?", fragte seine Tochter, die unangemeldet ins Ankleidezimmer ihres Vaters stürmte. Der Mann mit der einschüchternden Narbe am Kinn drehte sich zu ihr um. Sein Blick war eisern und ohne jegliches Gefühl. Dennoch liebte er seine Tochter und wollte sie vor jedem Schaden bewahren.



    ...

  • Semir klopfte Ben auf den Rücken der sich an einen Baum gelehnt hatte und sich seines Mageninhaltes befreite. Er konnte es nicht mehr verwehren, zu grausam fand er den Anblick des blossen Kopfes. Immer wieder musste er husten und verzog das Gesicht. "Geht's?" fragte Semir besorgt und kramte aus seiner Jackentasche ein Papiertaschentuch. Ben nickte und richtete sich zitternd auf. "Sowas bringt man beim LKA wohl nicht bei was?" versuchte der Deutschtürke zu scherzen und überreichte Ben das Taschentuch. Dieser erwiderte nichts und wusch sich den Mund. Der eklige Geschmack von Erbrochenem haftete sich in seinem Mund fest. "Hast du Kaugummi?" fragte er Semir mit heiserner Stimme und dieser überreichte ihm zwei Stück. "Ist allerdings Erdbeere. Sind Aida ihre. Hab' sie, zum Glück wie man nun sieht, in meiner Tasche vergessen." Ben nahm dankend die Süssigkeit und steckte sie in den Mund. Semir lächelte. "Dir scheint es langsam wieder besser zu gehen, du hast wieder Farbe im Gesicht." Ben verdrehte die Augen und schüttelte mit dem Kopf. "Dieser Tag fängt ja herrlich an", murrte er und lief langsam richtung Tatort. "Was erwartest du denn?" Ben sah Semir verwirrt an. "Bei diesem miesen Radiosprecher!" Ben zog eine beleidigte Grimasse und sah, wie Semir davonrannte. "Ich geb dir gleich mies!" schrie er hinterher und folgte ihm.



    De Brouiller sass an seinem Schreibtisch und sah auf als sich die Türe öffnete. Ein junger Mann trat herein und schloss die Türe wieder. "Und?" fragte De Brouiller knapp und hart. "Erledigt, ich habe die Leiche entsorgt!" keuchte der junge Mann hervor und zupfte immer wieder an seiner Kleidung. "Sehr gut gemacht Lukas!" Er stand auf und klopfte Lukas auf die Schulter. Er nahm aus seiner Tasche einen Beutel. "Hier hast du deine Belohnung. Und nun geh!" Lukas verneigte sich kurz, ging aus der Türe und öffnete den Beutel. Lauter goldene Münzen befanden sich darin und liessen dem jungem Mann sofort jegliche Schuldgefühle vergessen.




    Johanna sass in ihrem Zimmer und sah hinaus. Wo Sascha wohl war? Sie hatten doch heute eine Verabredung und wollten ein wenig Zeit miteinander verbringen. Schliesslich kannte sie den adretten Mann von Geburt her und er war immer wie ein Bruder für sie. Seit er allerdings in der Rangfolge der Organisation an einer der höchsten Stellen stand, sah sie ihn kaum noch. Und nun war er einfach verschwunden und sie sass allein gelassen hier in ihrem Raum. Sie blickte auf die Familienfotos. Alle waren sie hier in dieser Burg entstanden. Sie kannte kein anderes Leben. Hatte keine Freunde ausserhalb dieses Ortes. Sie bekam Privatunterricht und nun war sie die Ausbildnerin Nummer eins. Sie brachte den jungen Menschen das Schiessen mit der Waffe bei. Sie war stolz auf ihre Arbeit und sie fühlte sich mit der Waffe verbunden. Sie waren eins, verschmolzen miteinander. Ihr Vater war stolz auf sie und sie war stolz auf sich.




    "Du sagtest also der Kopf sei von der Brücke her auf deine Heckscheibe geknallt", begann Ben und lief zusammen mit Semir zur Brücke hinauf. "Allerdings. Ich bin fast zu tode erschrocken!" Sie betraten das Bauwerk und suchten nach Spuren. Semir auf der einen, Ben auf der anderen Seite. "Ben komm mal!" Ben ging zu Semir und dieser stand am Geländer. "Sieh dir das mal an." Der junge Kommissar erblickte ein paar Tropfen Blut. "Hier hat irgendjemand dir den Kopf auf das Heck geworfen", bemerkte er und blickte auf die Strasse. "Ich weiss nicht. Ich glaube dass war keine Absicht", murmelte Semir und Ben zuckte mit den Achseln. "Wir werden es schon herausfinden!"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • "Das Blut scheint noch frisch zu sein.", meinte Ben. "Toll, dier Erkenntnis wäre mir jetzt gar nicht gekommen, wenn er mir nicht durch die Heckscheibe geflogen wäre.", entgegnete Semir mit sarkastischem Ton. "Nein, ich meine damit, dass der Kopf erst in den letzten Stunden vom Rumpf getrennt wurde.", erklärte Ben genauer. Semir nickte kurz. Da klingelte plötzlich Bens Handy. "Ja?", fragte er etwas forsch. Semir sah an seinem Gesichtsausdruck, dass es nichts Gutes bedeuten kann. "Sie haben den Körper zu unserem Kopf gefunden.", meinte Ben dann als Antwort auf den fragenden Blick seines Kollegen. "Wo?", wollte Semir wissen. Ben gab die Frage durchs Telefon weiter. Ben lauschte kurz. "Im Zementbecken auf einer Baustelle. Nicht weit von hier.", erwiderte er dann. "Dann lass uns da mal hinfahren. Der Tag kann sowieso nicht schlimmer werden.", meinte Semir niedergeschlagen. Mit Bens Mercedes fuhren die Kommissare zu der etwa einen Kilometer entfernten Baustelle.


    Die Arbeiter standen rund um die Grube verteilt und sahen mit angewiederten und schreckhaften Blicken zu den mit Beton eingeschmierten Körper ohne Kopf hinuntern. Semir und Ben kamen gerade, als der Doc die Leiche aus dem Schlick nach oben holen ließ, um sie zu untersuchen. "Ah Doc, schon bei der Arbeit?", meinte Semir begrüßend. "Ist nicht mein erster Kunde heute, wenn du das meinst.", erwiderte er nur genervt. "Aber bestimmt der Erste, der den Kopf verloren hat, oder?", meinte Ben scherzend und dreht sich ein Stück weg, als der Pathologe sich die Verletzungen am Hals genauer ansah. "Kannst du uns schon was sagen, Doc?", fragte Semir ungeduldig und kniete gegenüber dem Pathologen. "Nur soviel, an Grippe ist er nicht gestorben.", zynisierter der Mediziner und Semir schnitt ihm eine Grimasse. "Mensch, ich habe erst angefangen. Aber soviel, der Kopf wurde ihm wahrscheinlich abgetrennt, als er schon tot war.", meinte der Arzt. "Wie siehst du das?", wollte Ben wissen. "Mach doch mal die Augen auf. Hier müsste viel mehr Blut sein. Daraus schließt der erfahrene Kriminologe: Auffindort nicht gleich Tatort.", stichelte der Arzt und streifte sich die Handschuhe. "Alles weitere dann wie immer im schriftlichen Bericht."


    Ben sah sich die Kleidung des Toten an, sofern es der Zement zuließ. "Semir, sieh dir mal das Symbol hier auf der Brust an." Semir trat hinter Ben und sah ihm über die Schulter. Auf der schwarz-blauen Kleidung, die einem Umhang sehr ähnelte, war ein goldfarbenes Emblem eingewebt. Ein um einen Turm schleichender Fuchs, darunter ein Spruch auf Latein "Attempto" (Ich wage alles). "Kommt dir das irgendwie bekannt vor?" "Nein, aber es sieht aus, wie ein Adelswappen.", entgegnete der Deutschtürke. "Das sollten wir mal genauer recherchieren.", meinte Ben und suchte nach einem Portemonnaie oder ähnlichem.


    Derweil schien auf der Burg eine Menge los zu sein. Es waren einige junge Menschen wieder angekommen, die sich von diesem neuen Leben eine bessere Wendung versprachen, als da wo sie herkamen. Sie wurden von Lukas empfangen, der in seiner Robe und mit seinem Degen am Gurt fast einem Soldaten der päpstlichen Schweizergarde ähnlich sah, fehlte nur noch der Helm und die Lanze. "Willkommen in eurem neuen Zuhause.", begrüßte er die noch skeptisch schienenden Menschen und führte sie in eine große Halle. Einer dieser jungen Neuankömmlinge war Victor, ein 17-jähriger, der von dieser "Organisation" durchs Internet erfahren hatte und da er sowieso es Zuhause bei seinen Stiefeltern nicht mehr aushielt, schnürte er kurzerhand sein Bündel und lief weg. Nun war er hier in diesen alten Mauern und sah aus einem Fenster in den Hof, wo eine Gruppe gerade das Nahkampftraining übte. Die Frau, besser gesagt, das junge Mädchen, deren schöner Blick gerade angestrengt auf die Übenden sah, zog Victor sofort in seinen Bann. Sein Herz flammte auf und schien Purzelbäume zu schlagen.



    ...

    Einmal editiert, zuletzt von Christopher007 ()

  • Also ich hab bisher nur den Anfang gelesen, weil ich kaum Zeit habe.
    Aber das hört sich doch schonmal gut an. Wenn ich Zeit habe, lese ich weiter...


    Weiter soo !

  • Semir betrat gerade das Büro als Ben auffsah und lächelte. "Und?" fragte er und Semir winkte mit einer Packung Salzstangen. "Wieso Salzstangen?" fragte er verwundert und nahm das Päckchen an sich. "Erstens kam ich ohne Wagen nur bis zur Kantine und zweitens, schlingst du sicher nicht was Schweres auf den gereitzten Magen!" Ben zuckte mit den Achseln und riss die Packung auf. "Not kennt kein Gebot", flüsterte er und schon war eine Stange des Gebäcks im Mund. "Hast du was rausgefunden?" fragte Semir und Ben nickte. "Allerdings, ich habe diesen Namen in die Webseite gegeben und wusstest du was? Attempto ist lateinisch und bedeutet: Ich wage alles!" Semir zog eine Augenbraue hoch. "Sag bloss das wusstest du nicht?" Ben schüttelte verwirrt mit dem Kopf. "Sollte ich?" fügte er seiner Geste hinzu. "Hattest du kein Latein in der Schule?" Erneutes Kopfschütteln. "Hatte mich für Französisch entschieden."
    "Oooooh", begann Semir und machte affektierte Bewegungen, "ça va? Oui, oui? Ratatouille und Fromage?" Ben verdrehte die Augen und wies Semir zu sich. "Dieser Orden hat sogar eine Internetseite und ich sage dir, sowas kenne ich sonst nur aus Filmen." Der Deutschtürke beugte sich zum Bildschirm. Es war eine dunkle Hompage. Das Wappen ragte gross in der Mitte und zu oberst stand der Ordennamen. Unten waren lauter Versprechungen einer neueren, besseren Welt. Man konnte sich anmelden und sofort zu dem Hauptsitz gehen. "Allerdings, sowas kenne ich auch nur aus Filmen", bestätigte Semir und schnalzte kurz mit der Zunge. "Wollen wir denen mal einen Besuch abstatten?" Ben schüttelte mit dem Kopf. "Solche riechen uns doch auf hundert Meter und sieh mal." Er lenkte die Maus auf einen link und sofort erschien ein Foto. "Maximillian de Brouiller!" sagte Semir und weitete seine Augen. "Allerdings", begann Ben und seufzte, "Ein elsäsisches Adelskind...was mich aber wundert...wieso liegt einer dieser Typen enthauptet in einem Zementbecken und sein Kopf knallt auf deine Heckscheibe?" Semir antwortete nicht.




    Victor ging auf das Mädchen zu. "Hi", begann er stotternd und sieh sah ihn an, "ich bin Victor...bin neu hier..." Sie drehte sich um und lächelte ihn warm an. Sie zog einen Handschuh aus und schüttelte ihm die Hand. "Freut mich. Ich heisse Johanna." Johanna, ihre Stimme klang wie ein Fidelkonzert! Sanft und schwebend zugleich. "Wieso kommst du zu uns?" fragte sie neugierig und Victor fuchtelte mit den Armen. "Beschissene Schule, Assis von Stiefeltern...ich wollte nur weg." Sie nickte. "Das kann ich verstehen. Willst du nicht zu der Gruppe zurück?" Er lächelte verlegen und rannte der Menschenmenge hinterher. Unbemerkt sah ihm Johanna hinterher. Für einen kurzen Moment war Sascha vergessen.




    Susanne klopfte an der Tür und blickte durch den geöffneten Spalt. "Leute?" Semir und Ben sahen auf. "Die Akte des Gerichtsmediziners. Er hat die Todesursache und den Namen des Opfers. Er war im Strafregister vermerkt." Semir nahm dankend die Akte entgegen und legte sie auf seinen Schreibtisch. Ben sah ihm beim lesen zu und stopfte sich eine weitere Salzstange in den Mund. "Und?" fragte er neugierig und sah den skeptischen Blick seines Partners. "Quetschungen des Adamsapfel, der Speiseröhre und diverse Verletzungen der Halsgegend. Herausgelöst durch einen heftigen Ruck. Spuren von Seil am Hals gefunden", las er vor und Ben schaltete sofort. "Er wurde erhängt?" Semir nickte. "Sascha Brandner. 23 Jahre alt. War mit 16 zu Sozialdienst verurteilt worden. Einbruch. Mit 17 verschwunden. Niemand hatte ihn je wieder gesehen."
    "Wenn ich mir das von diesem Orden durchlese, glaub ich auch warum. Die leben in der Burg, ausgeschlossen von der Öffentlichkeit." Semir nickte zustimmend. "Aber wie wollen wir vorgehen?" fragte er und Ben zuckte mit den Achseln.
    "Angriff ist die beste Verteidigung!"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • "Wie? Willst du die Burg belagern oder wie?", fragte Semir mit schief lächelnder Miene. "Ha ha, witzig.", meinte Ben. "Nein, ich meine, dass einer von uns sich da mal unauffällig umsieht.", erklärte er und sah seinen Kollegen abwartend an. "Willst du dich etwa als Historiker ausgeben?", fragte Semir und hielt sich vor Lachen die Hand vor dem Mund. "Nein, ich falle ja noch in das Alter der Studierenden. Aber du bist perfekt dafür.", entgegnete Ben trocken und schien es ernst zu meinen. Nun blieb Semir das Lachen im Halse stecken. "Sag mal, du spinnst jetzt oder ist dir ne Salzstange quergegangen?", fragte der Deutschtürke. "Wieso? Ist doch ne super Idee oder etwa nicht." "Ben, dafür brauch man Spezialwissen. Das kann ich nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln.", meinte Semir. Dann jedoch keimte in ihm eine andere Idee.


    Victor wurde mit den anderen in eine große Halle gebracht, in der jede Menge alter Waffen und Wappenschilde hingen. Ein großer, langer Tisch stand in der Mitte des Raumes und war mit genau so vielen Gedecken bestückt, wie gerade Neuankömmlinge eingetroffen waren. Am Ende vorm Kamin war eine kleine Bühne aufgebaut, dahinter das große Wappen mit der ebenfalls wappenaufzeigenden schwarzen Fahne. De Brouiller trat durch die Tür und breitete die Arme zur Begrüßung aus. Links und rechts hinter ihm standen jeweils zwei seiner Männer mit der schwarz-blauen Robe und den umgeschnallten Degen. "Willkommen auf Burg Contumacia (Trotz). Willkommen am Anfang eures neuen Lebens.", begrüßte er die jungen Männer und verschränkte dann seine Arme hinter seinem Rücken. "Ihr werdet hier eine neue Familie, eine neue Gemeinschaft finden. Aber...", er machte eine kurze Pause trat vor, schob seinen Umhang zurück und legte seine Hand fest um seinen Degen. "Hier herrschen auch Regeln. Befolgt ihr sie, werdet ihr keine Probleme haben. Brecht ihr sie, werdet ihr bestraft. Öffentlich bestraft.", sagte er mit tiefsternster Stimme.


    Die Jungen sahen sich verwundert an. Sie glaubten nicht besonders daran, dass er seine Drohung wahrmachen würde. Und de Brouiller schien das zu spüren. "Ihr glaubt mir nicht.", meinte er gefährlich leise. "Gabriel, tritt vor.", befahl er harsch. Ein junger, schüchtern wirkender Mann trat vor und drehte den Neulingen seinen Rücken zu. De Brouiller riss mit einem Ruck die Robe runter. Auf dem Rücken waren frische, noch rote Striemen deutlich zu erkennen. "Das erwartet euch, wenn ihr gegen die Regeln verstoßen solltet.", erklärte der Adlige. "Wir befinden uns hier auf einer mittelalterlichen Burg mit allen dazu gehörenden Kammern. Solltet ihr versagen, werdet ihr die Folterkammer kennen lernen. Trainiert, lernt und arbeitet hart, dann habt ihr keine Probleme.", verkündete er mit tiefster Miene, doch so schnell wie sie sich verfinstert hatte, klärte sie sich wieder auf. "Doch ich will euch keine Angst machen. Heute ist der erste Abend eures neuen Lebens und ein neues Lebens soll man immer gestärkt beginnen.", meinte er und drehte sich dann zu den beiden um, die rechts hinter ihm standen. "Tragt das Essen auf, bis der Tisch sich biegt.", wies er seine Untergebenen an. Sofort brachte man große Tablette mit allerlei Köstlichkeiten wie Huhn, Wild und andere gebratenen Köstlichkeiten. Die Jungen aßen reichlich, doch Victor konnte nicht. Er musste an Johanna und ihre strahlenden Augen denken.


    Semirs Augen funkelten. "Okay, ich merke, du brütest was aus. Los, raus mit der Sprache.", forderte Ben und sah das verstohlene Grinsen von Semir. "Ich werde mich einfach da als Neuankömmling einschleusen.", meinte Semir und sah wie Bens Kiefer runterklappte.


    ...

  • "Ich weiss ja nicht", wendete Ben ein und Semir stöhnte. "Ach jetzt wo ich gehen will ist's dir doch zu heiss?" fragte er und Ben fühlte sich ertappt. "Nein das ist es nicht. Ich..." Doch weiter konnte er nicht lügnen. Semir klopfte seinem Partner auf die Schulter. "Ich habe schon länger Erfahrung in Sachen Undercover. Und ich denke, in so einer Ritterrüstung werde ich richtig schick aussehen." Ben zog eine Schnute. "Daran habe ich wirklich keine Zweifel", begann er und stand auf, "aber was wenn dir etwas passiert?" fügte er mit besorgter Stimme hinzu und packte Semir an den Schultern. "Ich möchte deinen Kopf ehrlich nicht auf der Autobahn aufsammeln!" Semir lächelte und streifte sich sanft Bens Hände von den Schultern. "Nun sei doch nicht so spiessig!" scherzte er und zwinkerte seinem jungen Partner zu. "Ben es wird schon alles gut kommen...und sollte was passieren, weiss ich, dass du im rechten Moment kommen wirst um mich zu retten." Ben wusste nichts zu erwidern. Semir hatte ihn ja auch schon aus einer schier aussichtslosen Situation gerettet. "Meinetwegen", gab er dann nach und setzte sich wieder. "Sehen wir zu, dass du dort hin kommst."


    Johanna ging den langen Gang der Burg entlang und hörte, wie eine junge Frauenstimme nach ihr rief. "Jo warte doch!" Als sie sich umdrehte sah sie eine Frau, rund eins siebzig gross, kurzen Haaren und eisblauen Augen, auf sie zulaufen. "Oh...Lena...du bist's." Lena gesellte sich zu ihr. "Ich muss sagen, du bist ja schnell vom Dinner verschwunden." Johanna nickte abwesend. Ihr Blick war traurig. "Was ist denn los?" Johanna kannte Lena noch nicht so lange. Sie kam erst vor einem Monat in die Gruppe. Jedoch konnte sie mit der 23-Jährigen mehr anfangen, wie mit jedem gleichaltrigen. "Sascha ist seit zwei Tagen verschwunden. Ich habe ihn schon überall gesucht, aber nicht gefunden." Lena sah nachdenklich zum Büro von De Brouille hoch. "Er wird sicher bald auftauchen", murmelte sie abwesend und bemerkte nicht, wie sich Johanna entfernte. Als sie jedoch sah, dass sie nicht mehr da war, kramte sie aus ihrer Überziehjacke ein Handy und wählte eine Nummer. Als jemand abnahm begann sie zu sprechen. "Ja? Urs hör' zu ich bins. Wir haben ein ziemliches Problem!"


    "Da wären wir", murmelte Ben und hielt vor dem Tor der riesigen Burg. "Gehen wir nochmal alles durch...du bist Hakan Dellay. Ein Mann der gerade von seiner Frau verlassen wurde, nachdem sie eine Affäre mit einem Jüngeren aufdeckte und du..."
    "Und ich bin so verzweifelt, dass ich diesen Orden im Internet fand und einen Neustart wagen will." Ben nickte und überreichte Semir ein Basecap. "Viel Glück Partner. Ich bin immer erreichbar. Solltest du also eine kleine Gefahr entdecken dann..."
    "....Be-ehe-n! Wer ist hier eigentlich der Ältere und der Spiesser? Ich schaffe dass schon! Seit wann machst du dir eigentlich so sorgen?" Semir klopfte seinem Partner zum Abschied auf die Schulter und stieg aus. Ben sah, wie er auf die Burg zuging und immer kleiner wurde. "Weil ich ein ungutes Gefühl um dich habe Partner..." flüsterte er und startete den Motor.



    Semir sah den riesigen Türklopfer, der aus Gold einen Fuchskopf der den Ring im Mund hatte. Semir zuckte mit den Achseln und klopfte. Die Tür öffnete sich einen Spalt weit und ein junger Mann mit Sommersprossen wurde sichtbar. "Ja?" fragte er mit stimmbrüchigem Ton und Semir versuchte verzweifelt zu wirken. "Tag", begann er mit zitternder Stimme, "Hakan mein Name. Ich habe eure Internetseite gesehen. Ich brauche wirklich eure Hilfe! Meine Frau hat mich verlassen für einen Jüngeren! Ich will nur noch weg." Der Junge nickte und liess Semir hinein. Dieser fühlte sich sofort ins Mittelalter katapultiert. "Ich werde dich zu De Brouiller führen. Komm' mein Freund. Du brauchst bei uns nichts zu befürchten. Er führte Semir einen langen Gang entlang. Dabei streiften sie eine junge Frau die ihr Handy am Ohr hatte und sich ziemlich merkwürdig verhielt. "Stauffacher!" zischte der Pupertierende und schlug ihr das Handy mit einer schallenden Ohrfeige aus der Hand. Das Gerät fiel zu Boden und brach. Semir beugte sich um es aufzuheben. Sie folgte ihm und ihre Blicke trafen sich. Sofort weiteten sich die Augen der Frau. "Lass sie Hakan! Gehen wir." Semir entfernte sich und drehte sich um. Irgendwie kam ihm diese Stauffacher bekannt vor.



    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Der Junge führte Semir in die große Halle, wo noch immer die jungen Burschen beim Essen saßen. Er wurde neben Victor platziert und sofort wurde ihm seine Tasche abgenommen. "Hey.", wollte Semir protestieren. "Keine Angst, ich bringe sie nur in Zimmer.", meinte der junge Bursche und verschwand mit der Tasche. Victor musterte den Neuankömmling mit schmatzender Schnute. "Hy, ich bin Victor.", stellte sich der Junge vor. "Hakan Dellay.", erwiderte Semir und reichte ihm die Hand. Victor schlug ein und legte seinem Tischnachbarn eine Hühnerbrust auf den Teller. "Hier, du siehst irgendwie hungrig aus und vom Kochen scheinen die hier was zu verstehen.", meinte er und Semir sah ihn nur lächelnd an. Seit heute morgen hatte er wirklich nichts mehr gegessen und da auch nur ein halbes Brötchen mit einer dünnen Scheibe Wurst. Genüßlich biss er in das Hühnchen und beobachtete dabei die Runde in dem Raum. Noch immer stand de Brouiller auf der Bühne und beobachtete die Gemeinschaft, dann aber kam der Junge, der Semir geöffnet hatte zu ihm, ging kurz niederwürfig in die Knie und flüsterte dem Adligen was ins Ohr. Kurz darauf ging dieser mit zwei weiteren Mannen aus dem Raum hinaus. Semir sah ihnen interessiert nach.


    de Brouiller stampfte vor Wut den steinernen Flur entlang, den Zimmer von Lena Stauffacher entgegen. Es lag genau neben dem seiner Tochter. Er stieß die Tür auf, doch es war niemand da. "Sucht sie.", harschte er seine Leute an. "Und bringt sie mir lebend.", warf er hinterher. Dann warf er einen Blick in das Zimmer. Unter der Matratze schien etwas versteckt zu sein. Er ging zum Bett und hob die Matratze an. Was er da fand, erfreute ihn wenig. "Oh, du willst also Verrat begehen?", dachte er bei sich. "Du weißt, was mit dem passiert, der uns verrät.", fauchte er und schmiss in seiner großen, aufsteigenden Wut den kleinen Nachttisch durch das große Zimmer. Mit einem lauten Knall zerschellte das Holzmöbel an der dicken Steinmauer.


    Währenddessen wurden die Neuen auf ihre Zimmer gebracht. Semirs Zimmer lag unter dem Dach eines der fünf Türme. Es war mittelalterlich eingerichtet, bot aber wenigstens die hygienischen Annehmlichkeiten des 21. Jahrhunderts. Hinter einer Tür befand sich das Bad mit einer runden Wanne und einem WC. "Na, das hätte mir auch noch gefehlt.", meinte er erleichtert. Auf dem überdimensional wirkenden Bett lag seine braune Reisetasche und ein schwarzer Gurt mit einem Degen. "Was soll das?", fragte er sich und begutachtete die Waffe genauer. "Au verflucht.", stieß er aus, als er mit seiner Fingerspitze über die Schneide fuhr. Sie war rasiermesserscharf. Dann ging die Tür auf und Victor kam mit einem Seesack auf der Schulter herein. "Oh, sieht aus, als ob wir Zimmerkameraden wären.", meinte er lächelnd. "Sieht so aus.", erwiderte Semir und lutschte sich das Blut vom Finger. "Weißt du, warum hier alle mit solchen Dingern rumlaufen?", fragte der Junge und deutete auf den Degen. "Nein, aber zum Kartoffel schälen sind die sicher nicht gedacht.", entgegnete Semir und steckte die Waffe wieder in die Scheide.


    Inzwischen hatten die Männer von de Brouiller Lena gefunden. "Lasst mich los. Ihr tut mir weh.", schrie sie und wehrte sich mit Händen und Füßen, doch die Männer ließen nicht locker und stießen sie förmlich eine Wendeltreppe hinunter. Der Gang war mit Fackeln beleuchtet und führte zu einer dicken Holztür. Die Männer stießen sie mit dem Fuß auf und betraten mit Lena den von Fackeln schummrig erleuchteten Raum. De Brouiller stand vor einem dieser mittelalterlichen Foltergeräte. Sein Blick wirkte kalt und eisern, dass Lena Angst bekam. "So, meine Liebe, ich hoffe, du erzählst mir gleich alles. Oder soll ich erst mit der peinlichen Befragung beginnen?", fragte er gefährlich leise.


    ...

  • Lena zeigte keine Anzeichen von Angst. Im Gegenteil, sie lächelte de Brouille verschmitzt zu und hielt ihr Kopf stolz in die Luft. „Befrage mich ruhig“, begann sie und drehte sich nicht weg, „ich habe nichts zu verbergen!“ Auf einmal öffnete sich die Türe und Johanna stürmte hinein. „Lena!“ stiess sie entsetzt hervor und de Brouiller erschreckte sichtlich. „Jo! Bist du verrückt?“ stiess er hervor und sah seine Tochter mit wütendem Blick an. „Wieso verhört ihr Lena?“ Lena sah Johanna entsetzt an. Das war nicht geplant! „Jo verschwinde!“ zischte sie doch die Führertochter schien keine Absichten zu haben, den Raum zu verlassen. „Vergiss es! Vater, was wird ihr zur Last gelegt?“ Keine Antwort. De Brouiller sah zu Boden. „Lasst sie laufen“, flüsterte er und sein Gefolge liess die junge Frau los. Diese rieb sich die geschundenen Handgelenke und seufzte. „Johanna, geh‘ in dein Zimmer. Lena wird dir gleich folgen.“ Widerwillig verliess Johanna den Raum und de Brouiller ging auf Lena zu. Er näherte sich ihr und flüsterte sanft in ihr Ohr: „Ich werde dich im Auge behalten!“ Dann stiess er sie unsanft aus dem Raum.


    In neuer Montur lief Semir über den Burgplatz und erblickte, wie die junge Frau mit dem Handy aus einem Raum gestossen wurde. Sie fiel auf den Boden und schürfte sich die Handinnenflächen auf. Sorglich, wie er nun mal war, ging er zu ihr und half ihr hoch. „Alles in Ordnung?“ fragte er und die Frau sah ihn wieder an. Diese packte ihn nur und zog ihn in einen versteckten, stillen Zwischengang. „Hauptkommissar Gerkhan nicht war?“ flüsterte sie und Semir sah sie verwirrt an. Wieder übermannte ihn das Gefühl, die Frau zu kennen. „Erinnern Sie sich? Sagt Ihnen der Name Sarah Brändli was?“ Nun klickte es bei Semir. „Die junge Polizistin des Kommissarenseminar!“ stiess er aus und die junge Frau nickte.
    Semir kannte sie aus seiner Zeit mit Tom als Partner. Zu dieser Zeit gingen sie viel an die Uni um für die Autobahnpolizei zu werben. Ihm viel Sarah auf da diese ein aussergewöhnliches Talent hatte. Ihre Auffassungsgabe war beeindruckend. Sie konnte einen Raum nur 10 Sekunden beobachten und den korrekten Inhalt blind wiedergeben.
    „Was tun‘ Sie hier?“ fragte Semir und Sarah zwang sich ein Lächeln ab. „Dasselbe wie sie!“ antwortete sie und zeigte an sich runter. „Ich bin Undercover hier! Wir, von der LKA-Sondereinheit für Organisationen, hatten schon den Verdacht, dass dieser de Brouiller weit über dem hinausgeht, was auf der Internetseite steht! Da ich gerade erst mein Studium abgeschlossen habe und als junge Kommissarin zu dieser Sondereinheit berufen wurde, konnte man mich am besten schicken!“


    „Und was hast du bereits erzielt?“ fragte der Deutschtürke und zeigte der Frau somit, in dem er ihr das „Du“ anbot, dass er ihr vertraute. „Leider nicht viel. Einer der Mitglieder, Sascha hiess er mit Vornamen, ist verschwunden. Ich denke sie haben ihn…“„…das kann ich bestätigen. Sein Kopf lag heute Morgen auf meiner Heckscheibe.“ Sarahs Miene verfinsterte sich. „Verdammt!“ zischte sie und schüttelte mit dem Kopf. „Ich hätte es wissen müssen!“ Semir klopfte ihr auf die Schulter. „Das zählt nun nicht. Wie ist dein Name hier?“ „Lena. Lena Stauffacher“, antwortete sie, „und du?“ „Hakan Dellay. Mehr müssen wir nicht wissen. Sehen wir zu dass wir die Kerle dran kriegen!“


    Ben betrat die KTU und Hartmut stand gerade vor Semirs demoliertem Auto. „Da bist du ja!“ begrüsste der Rothaarige den jungen Kommissar und winkte ihn zu sich. „Ich konnte die Blutspuren analysieren und sie stammen vom Opfer. Auch das vom Geländer. Der Täter muss den Kopf also von dort auf die Autobahn geworfen haben.“ Ben nickte. „Allerdings muss der, der den Kopf geworfen hat, nicht der Täter sein!“ korrigierte er und Hartmut zuckte mit den Schultern. „Wie auch immer“, sagte er und setzte sich an seinen Schreibtisch. „Ich habe gehört was ihr vorhabt! Ist sich Semir seiner Sache sicher?“„Er ist schon in der Burg…“ antwortete Ben und Hartmut konnte die verzerrte, sorgenvolle Fratze nicht ignorieren. „Mach dir keine Sorgen“, begann er und Ben zog eine Augenbraue hoch, „wir reden hier von Semir! Was kann ihm schon passieren?“

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • "Dein Wort in Gottes Ohr.", meinte Ben und wollte gerade wieder gehen. "Hey, willst du nicht noch mehr wissen?", fragte Hartmut. "Du hast noch was? Warum sagst du das nicht gleich?", murrte der Hauptkommissar. Der Rotschopf achtete gar nicht auf den bissigen Kommentar sondern reichte Ben eine Akte. "Die Pathologie hat winzige Metallsplitter am Halsbereich des Opfers gefunden.", fing Hartmut an zu erklären und Ben sah ihn ausnahmsweise mit aufmerksamer Miene an. "Aller Wahrscheinlichkeit stammen sie von gehärtetem Stahl." "Ja Hartmut, geht's etwas genauer." meinte Ben. "Der Stahl ist stark geschmiedet worden, so wie bei einem Schwert oder einer Axt.", entgegnete der Techniker. "So wie bei einem Schwert.", wiederholte Ben denkend, nahm den Bericht und verschwand. "Danke Hartmut, für deine schnelle Arbeit, wäre ja das mindeste gewesen.", protestierte der Techniker kleinlaut und kopfschüttelnd hinter dem Kommissar her.


    Derweil begann für Semir und die anderen neuen Schüler das erste Waffentrainig. Semir fühlte sich in seiner neuen Garderobe sehr komisch und wie auf einem Karnevalszug, doch es war Realität. Vor der Gruppe stand eine junge Frau, die sehr selbstsicher und zielbewusst wirkte. Semir warf einen seitlichen Blick auf seinen Zimmergenossen Victor und merkte den verliebten Blick des Jungen. Schmunzelnd schüttelte er kurz den Kopf. Er fühlte sich dennoch wie in einer Kaserne. Vorhin konnte er eine Gruppe beim Scheibenschießen beobachten und das waren keine antiken Waffen, mit denen dort geübt wurde. Seiner Meinung nach handelte es sich um hochpräzise Schützengewehre, mit denen die Jugendlichen auf die Tonziele schoßen. Semir beobachtete das Mädchen ganz genau, die mit ihrem Degen und in ihrer Schutzkleidung vor den zehn Leuten auf- und ablief.


    "In euren neuen Leben werdet ihr einige Dinge lernen müssen, die euch das Leben hier nur erleichtern können.", erzählte sie. "Der Degen, den jeder von euch trägt, ist nicht nur zur Zierde da. Ihr verteidigt damit euer Leben und eure Ehre. Solltet ihr von anderen Mitgliedern beleidigt worden sein, könnt ihr sie fordern und dadurch im Rang aufsteigen. Doch bis es soweit ist, werde ich aus euch gute Kämpfer machen. In drei Wochen finden das Rangturnier statt. Dort entscheidet sich, wer im Rang eine Stufe aufsteigt und wer schwach ist.", erklärte sie mit harter Miene. "Schwäche ist unser größter Feind und die Welt da draußen wird von schwachen Leuten beherrscht. Doch bald wird sich dies ändern, denn wir sind stark." Dann sah sie Semir an. "Du, tritt vor. Ich werde dir jetzt einige Techniken beibringen.", meinte sie und ging in der Mitte eines Kreises in Position. "Greif mich an.", befahl sie. Semir wusste nicht so recht, was er machen sollte.


    Von seinem Bürofenster im höchsten Turm der Burg beobachtete de Brouiller das Training der kleinen Gruppe und sah wie seine Tochter dem Deutschtürken die Grundstellung beim Fechten beibrachte. Sein Gefühl sagte ihm, dass irgendwas faul an diesem Kerl war und sein Gefühl täuschte sich nur selten. Lukas trat ins Zimmer. "Ihr habt mich rufen lassen, Herr?", fragte er mit tief verneigtem Kopf. "Ja. Ich habe einen weiteren Auftrag für dich, Lukas.", meinte de Brouiller und drehte sich zu seinem widerstandslosen, menschlichen Werkzeug um. "Was befehlt ihr, Herr?", fragte Lukas mit kurzem, ängstlichen Blick.


    ...

  • Semir holte mit seinem Degen aus doch die junge Frau wehrte den Schlag mit einer solchen Leichtigkeit ab, dass Semir für einen kurzen Moment bloss staunend dastand. Diesen Moment nutzte sie aus, ging in die Knie und riss mit einem gezielten Tritt den Deutschtürken zu Boden. Dieser prallte auf den Rücken und für einen Augenblick blieb ihm die Luft weg. Sie zeigte mit dem Degen gegen den Hals und lächelte. Semir sah sie mit weit aufgerissenen Augen an. "Lektion eins. Unachtsamkeit kann schnell den Tod bringen", sagte sie und lächelte. Sie zog den Degen weg und hielt Semir die Hand hin. Sie zog ihn hoch und klopfte ihm auf die Schultern. "Aber man wird das bei uns schnell lernen keine Sorge. Egal in welchem Alter." Sie wies ihn in die Gruppe zurück. "Da haste aber schnell den Kürzeren gezogen wa Alter?" scherzte Victor und zwinkerte seinem Zimmergenossen zu. Semir antwortete nicht. Er fragte sich mit welchem Alter das Mädchen zu trainieren begann um schon in diesem jungen Alter eine solche Kampfmaschine zu werden.
    "Nun gut! Lena?" Die Angesprochene trat hervor. "Ich denke, wir werden den Jünglingen und Frischlingen zeigen, wie man wirklich kämpft. Nicht wahr?" Sarah hatte ein ungutes Gefühl. Immerhin war Johanna vor der Trainingstunde bei ihrem Vater. Was wenn dieser sie wieder beeinflusst hatte?



    "Es ist wie Sie es gesagt haben!" Lukas kam in das Zimmer hinein und stiess die Türe zu. "Dieser Hakan hat einen Freund bei der Polizei. Über ihn selbst konnte ich nichts herausfinden aber den Typ, der unser Wachposten gesehen hat kam mir gleich bekannt vor. Mein Vater arbeitet in dem Jägerclan. Der junge Polizistenfreund heisst Ben Jäger und ist Hauptkommissar bei der Autobahnpolizei!" De Brouiller liess ein kleines "Gut gemacht", von sich geben und sah auf den Trainingsplatz hinunter. "Was Herr", begann Lukas und seine Hände zitterten leicht, "wenn Jäger seinen Freund zum Spionieren geschickt hat?" De Brouiller lächelte und blickte auf den Deutschtürken hinunter. "Vielleicht. Wir lassen Jäger eine kleine Warnung zukommen lassen. Aber dieser Hakan ist stark. Er hat meine Johanna absichtlich gewinnen lasst. Zwar nicht absichtlich aber sein Unterbewusstsein hat ihm Streiche gespielt. Ich will ihn an meiner Seite Lukas. Sag Johanna, sie soll ihm Privatunterricht geben!"



    Semir bestaunte den Kampf zwischen Sarah "Lena" und Johanna. Sarah hatte in der kurzen Zeit in der sie hier undercover war, schon einiges gelernt. Natürlich brachte sie schon vieles aus der Polizeischule mit doch diese Kampfkunst war hart zu erlernen, dass sah Semir sofort. "Richtiges Weibercatchen", jauchzte Victor und Semir verdrehte die Augen. Teenager! Immer dasselbe mit ihnen.
    In diesem Moment stiess Johanna Sarah auf den Boden und hielt den Degen genau wie bei Semir. "Du bist schwächer geworden", kritisierte sie und ging mit dem Degen neben Sarahs Oberarm. Mit einer Bewegung schnitt sie ihr tief ins Fleisch. Doch anstatt zu schreien oder einen Laut von sich zu geben, verzerrte die junge Frau nur das Gesicht und zuckte kurz. Semir wollte zu ihr doch er wusste, das solche Aktionen nur verräterisch wären. Durch die Menge der Neulinge ging ein Raunen und sofort begann das disskutieren. "Sowas geschieht", rief Johanna und zog die Aufmerksamkeit auf sich, "wenn ihr Schwäche zeigt! Selbst der besten Freundin gegenüber!" Sie sah Sarah vorwurfsvoll an, zog sich zurück und verkündete, dass der Unterricht beendet sei.


    Als sich die Menge entfernt hatte, setzte sich Sarah auf und hielt sich am Oberarm. Das Blut sickert durch die Finger. "Scheisse", zischte sie und seufzte. "Sarah?" Sie blickte auf und Semir kniete sich zu ihr runter. "Spinnst du? Das könnte dich verraten!" Semir schüttelte mit dem Kopf und nahm das weisse Taschentuch aus Seide, dass alle Neuankömmlinge beschenkt bekamen. Sorgsam band er es um die Wunde und lächelte sie an. "Du warst wirklich gut. Schade dass du dein Talent im LKA vergeudest", flüsterte er und Sarah grinste. "Lena!" Die Beiden drehten sich um und erblickten Johanna. Ihr Gesicht war rot vor Wut und sie winkte Sarah zu sich. "Ich gehe besser", murmelte sie Semir zu und stand auf. "Und du Hakan gehst in dein Gemach!" Semir nickte und tat wie ihm befohlen.



    "Wieso wurdest du in den Henkerraum gebracht?" Sarah musste sich schnell eine Antwort überlegen. Sie entschied sich für die halbe Wahrheit. "Ich hatte vergessen, dass ich noch mein Handy hatte. Es hatte geklingelt und das bekam der Grenzposten mit. Nun ja, dumm gelaufen." Johanna zog eine Augenbraue hoch. "Mein Vater ruft dich die ganze Zeit zu ihm. So misstrauisch war er noch nie zu jemandem. Lena, bist du wirklich die, für die ich dich halte?" Sarah schluckte. Sie hatte die Führertochter ins Herz geschlossen aber, sie durfte ihre Mission nicht aus den Augen verlieren. "Keine Sorge. Du täuschst dich nicht in mir. Ich bin deine beste Freundin. Nicht mehr und nicht weniger!" Mit diesen Worten ging sie auf ihr Zimmer.

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • "Was soll ich tun, Herr?", fragte Lukas und sah mit zittrigem Blick zu seinem Meister hinüber, der immer noch auf den Hof starrte und sah, wie Semir oder Hakan in sein Quartier ging. "Hole irgendein Kleidungsstück von ihm, beschmier es mit Blut und schick es diesem Jäger.", befahl de Brouiller und ging dann auf Lukas zu. "Was ist mit meiner Tochter?", fragte er und sah in ein fragendes Gesicht. "Du bist der Zweite in der Rangfolge. Es ist an sich normal, dass du meine Tochter bekommst, nachdem Sascha uns ... verlassen hat.", lachte de Brouiller. "Sie hat mich ja noch nicht einmal beachtet.", meinte Lukas kleinlaut. "Dann kümmere dich ein wenig um sie, mach ihr schöne Augen, ein paar Komplimente usw.", schlug de Brouiller vor und legte seine Arme auf die Schultern von Lukas, atmete einmal tief durch und ging dann zum Schreibtisch. "Geh jetzt und erledige alles.", harschte er den Jungen dann an. "Und schick mir Johanna.", rief er hinterher.


    Johanna ging im Burggarten spazieren und war völlig in Gedanken, als sie mit Victor zusammenstieß, der dort ein kurzes Nickerchen gehalten hatte. "Entschuldige.", meinte er mit sanfter Stimme und sah sie mit seinen brauen Augen an. "Ich hab dich nicht gesehen.", fügte er stotternd hinzu. Er fand das Mädel in ihrer Wamsschutzkleidung, die sie noch vom Fechttraining trug. "Macht nichts.", erwiderte sie mit sanfter, ruhiger Stimme und sah den Jungen genau an. Ihre Blicke trafen sich. Unsichtbare Blitze tauschten sich zwischen ihren Augen und ihren Herzen aus. Seine Hand streckte sich nach ihrem Gesicht aus. Er strich ihr sanft über die Wange, doch nach einigen Minuten wischte sie die Hand weg. "Du bist etwas zu übermütig.", meinte sie lächelnd und wollte gehen. Doch sie drehte sich kurz um und gab Victor einen kleinen Kuss auf die Wange. Victor stand noch lange da und hielt sich die Wange. Er würde diesen kurzen Augenblick niemals vergessen. Doch die Szenerie wurde beobachtet. Neben Semir, der aus seinem Zimmer mit lächelnder Miene das Ganze sah, lugte auch Lukas um die Ecke in den Garten. Der sonst so schüchterne Mann wurde von tiefster Wut übermannt. "Warte, du kleine Küchenschabe. Du lehnst dich zu weit aus dem Fenster.", fauchte er leise und blickte auf seinen Degen. Neben Johanna und dem Meister war Lukas ein begnadeter Fechter und dieser kleine Möchtegern-Romeo sicher nur ein blutiger Anfänger. Bei der erstbesten Gelegenheit würde er ihn zum Duell fordern und töten. Dann war der Weg zu Johanna frei.


    Nach dem Abendessen war Semir auf sein Turmzimmer gegangen und ließ sich aufs Bett fallen. Geschafft vom heutigen Tag wollte er eigentlich nur noch schlafen. So zog er sich um. "Selbst einen eigenen Pyjama kriegt man hier.", dachte er und knöpfte die Jacke zu. Doch es war eine zu sternenklare Nacht und so beschloss Semir ein wenig zu spionieren. So wartete er, bis Victor eingeschlafen war, schmiss die Decke zurück und schlich Richtung Tür. Doch es sollte nicht dazu kommen. Victor schreckte vom Knarren der Tür auf. "Wo willst du hin, Hakan?", fragte er verschlafen. Semir zuckte zusammen. "Äh, mir nur einen Schluck Wasser holen.", meinte Semir, blickte zu Victor hinüber und wartete ab, ob er ihm glaubte. Doch Victor schien nicht besonders davon überzeugt zu sein. Plötzlich ging jedoch die Tür auf. Lukas stand mit einer Taschenlampe bewaffnet im Rahmen. "Der Meister will dich sehen, Hakan.", meinte er zu Semir und sah dann finster zu Victor hinüber. "Was will er von mir?", fragte Semir. "Ich weiß es nicht.", erwiderte Lukas und beide gingen in den hohen Turm. De Brouiller stand in seinem roten Morgenrock gehüllt vor dem großen Kamin und wartete auf die Beiden.


    ...

  • Mit flauem Gefühl im Magen betrat Semir De Brouillers Büro und erblickte den Mann mit einer gewissen Ehrfurcht. "Herr Dellay", begann er mit freundlichem Ton in der Stimme und Semir sah zugleich Johanna, die neben ihm stand, "Ihr Fechttalent ist mir aufgefallen. Sie könnten sich schnell in die oberen Reihen katapultieren lassen. Und ich will Ihnen dabei helfen." Semir ahnte was kommt. "Meine Tochter Johanna soll Sie ausbilden. Ich bin sicher, Sie werden schnell mit ihr warm werden. Ich zähle auf Sie!" Johanna nickte und ging auf Semir zu. "Morgen um Sieben. Ich zähle auf Sie!" Mit diesen Worten ging sie aus dem Zimmer und Semir folgte ihr. De Brouiller sah ihm mit einem hinterlistigen Lächeln hinterher.


    als er wieder im Zimmer war sah ihn Victor wieder mit verschlafenen Augen an. "Wo warst du denn so lange?" fragte er und Semir lächelte verlegen. Der Wasserhahn hat geklemmt. Ich musste richtig Gewalt anwenden um wenigstens ein bisschen Wasser zu trinken", log er und diesmal schien sich Victor aber mit der Antwort zufrieden zu geben. Semir ging zu seinem Kleidersack und sah kurz hinein. "Sag mal, weisst du wo mein weisses Hemd ist?" fragte er Victor und dieser schüttelte mit einem Gähnen seinen Kopf. "Ne du. Hab' bis vorhin tief gepennt. Keine Ahnung ob das jemand geklaut hat!" Semir zuckte mit den Achseln und legte sich hin. Er war einfach nur müde und das Hemd konnte er noch morgen suchen. Mit einem lauten Schnarcher schlief er ein.


    Ben gähnte als er den Schlüssel in das Schloss steckte und umdrehte. Der Tag war lang und nun sehnte er sich nach seinem Bett. Als er das Schloss genauer ansah sah er, dass es leicht verkratzt war. Vorsichtig, wie er nun seit seiner Zeit mit Semir war, hielt er die Hand an die Waffe und öffnete die Tür. Doch nichts zu sehen. Er ging hinein und schloss die Türe hinter sich zu. Er betätigte den Lichtschalter und sofort erhellte sich die Wohnung. Er ging ins Wohnzimmer und was er da sah, liess ihm fast den Atem stocken.


    Sarah ging den langen Gang entlang und erschrack, als ihr jemand die Hand vor den Mund hielt. Sie wollte schreien doch sie bekam kaum Luft. "Beruhig dich Stauffacher!" zischte eine bekannte Stimme und Sarah löste sich. "Lukas? Sag mal spinnst du?" Lukas zuckte mit den Achseln und sah sie ernst an. "Du musst mir helfen", sagte er prompt und Sarah zog eine Augenbraue hoch. "Ich meine, du bist ja steht's mit Johanna zusammen. Ich..." Sarah schaltete sofort. "Ah...du magst sie anscheinend..." neckte sie ihn und der junge Mann lief sofort rot an. "Nun ja...ja...und ich brauche deine Hilfe...du musst mir helfen, damit sie mich mag." Sarah seufzte. Das fehlte ihr noch. Nicht nur dass auch nun Johanna gewisse Zweifel plagte, nun sollte sie ihn auch noch mit der sinnfreien Puppe von de Brouiller verkuppeln. "Ich werde sehen, was sich machen lässt", flüsterte sie und entfernte sich.

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Ben ging langsam auf seine Couch zu. Auf der Lehne lag ein blutverschmiertes Hemd, Semirs Hemd, wie er schnell feststellte. "Verfluchter Mist.", stieß er aus und hob das Hemd hoch. Aus dem Ärmel fiel ein kleiner Zettel. Der Kommissar hob ihn auf und faltete das Papier auseinander. "LETZTE WARNUNG! WIR WISSEN VON DEINEM FREUND, DEM SPION!", stand darauf. In Ben wuchs die Angst um Semir. Schnell griff er zu seinem Handy und wählte die Nummer seines Kollegen und Freundes. Doch es war ausgeschaltet. "Man Semir, geh ran.", meinte Ben voll Sorge in seiner Stimme. Er konnte ja nicht ahnen, dass Semirs Handy in einer abgeschlossenen Kammer der Burg lag und nicht unter dem Kopfkissen des Kommissars, wie er es eigentlich vorhatte. "Verdammt.", fluchte Ben und legte wieder auf. Was sollte er jetzt tun? Scheinbar wussten diese Kerle, dass er Polizist war und scheinbar auch, dass Semir dort war, um zu spionieren. Was sollte er nun tun?


    Es war kurz nach Sonnenaufgang, als Semir aus dem Schlaf hochschreckte. Verschlafen sah er auf seine Armbanduhr. "Was, erst 4.53 Uhr? Ist doch noch viel zu früh.", murmelte er verschlafen und warf dann einen kurzen Blick zum Bett von Victor, doch dieses war leer. Die Bettwäsche war verwühlt und zurückgeschlagen. "Wo ist der Junge denn hin?", fragte sich Semir und schlüpfte in seine Schuhe, zog die lange, schwarz-blaue Robe über und machte sich auf die Suche nach dem Jungen. Lange brauchte er nicht suchen. Im Burggarten saßen die Beiden, eng beieinander und sahen sich den Sonnenuntergang an. Semir schmunzelte, als er die Beiden sah. "Eigentlich ein schönes Paar.", dachte er und wollte wieder gehen, als er Lukas sah, wie er ebenfalls das junge Paar beobachtete und dabei gefährlich seinen Degen umfasste. Semir sah skeptisch und abwartend zu ihm hinüber.


    "Ist das schön mit dir den Sonnenaufgang zu sehen.", meinte Victor und sah Johanna verliebt an. "Ich habe noch nie den Sonnenaufgang erlebt.", meinte sie begeistert und wieder trafen sich ihre Blicke. Langsam kamen sich ihre Lippen näher und näher und schließlich küssten sie sich. Johanna hatte Sascha vollkommen vergessen. In ihrem Bauch schlugen die Gefühle Purzelbäume. Lukas beobachtete das mit Argwohn und langsam wanderte seine rechte Hand zu seinem Degen. "Du wirst mir gehören. Mir ganz allein. Dafür sorge ich.", fauchte er und hatte jede Menge geladene Wut im Bauch. Doch dann erblickte er Semir, der ihn skeptisch ansah. Lukas verschwand mit hingendem Kopf. Doch er würde nur auf eine passende Gelegenheit warten, um seinen Nebenbuhler auszuschalten, das war sogar Semir klar. Er musste ein Auge auf Victor haben. Schleichend ging er wieder in sein Zimmer zurück und versuchte noch ein wenig Schlaf zu bekommen.


    Um 6.30 Uhr riss Semir der Wecker aus dem erneuten Schlaf und auch Victor, der wieder in seiner Koje lag, wurde wach. "Was soll das? Wecken ist doch erst in einer Stunde.", fauchte Victor. Semir grinste nur und überlegte sich eine passende Antwort. "Ich mache immer ein wenig Frühsport, Laufen und so.", log er und zog sich an. "Na, viel Spaß dabei.", meinte Victor nur, ließ sich ins Kissen zurückfallen und zog die Decke über den Kopf. Nach einer halben Stunde stand Semir im Trainingskreis Johanna gegenüber. "So, dann beginnen wir mal.", meinte sie und zog sich ihre schützenden Handschuhe an, während Semir sich mit einen Kniebeugen auflockerte. Dabei dachte er nach, wie er sein Gegenüber unauffällig in ein Gespräch verwickeln konnte.


    Ben war inzwischen in der KTU. Das Hemd oder besser das Blut darauf hatte er noch gleich am Abend zur Analyse geben lassen. "Hartmut, was ist? Ist das Blut von..." weiter konnte er nicht, der Gedanke war zu grausam für ihn. "Nein, das Blut ist definitiv nicht von Semir. Es ist überhaupt nicht menschlich.", erwiderte der Rotschopf und sah wie Ben vor Erleichterung auf den Stuhl fiel. "Wessen Blut ist es dann?", fragte er dann. "Das Blut eines Huhnes.", entgegnete Hartmut. "Was?"


    ...

  • "Na Huhn", begann Hartmut und machte Flügel nach, "Chicken Nuggets?" Gekonnt imitierte er eines der gefiederten Tiere und Ben verspürte den fast schrecklichen Drang, dem Rotschopf eine überzubraten. "Ich weiss was das bedeutet!" zischte er und atmete noch einmal erleichtert auf. "Die wissen was Semir ist", sagte er dann aber wieder sorgvoll. "Nach der kurzen Zeit?" wendete Hartmut ein und Ben zuckte mit den Achseln. "Denen ist alles zuzutrauen Hartmut!"


    Bevor Semir ein Thema finden konnte schaltete Johanna zuerst. "Woher kennen Sie Lena?" fragte sie direkt und Semir schluckte. "Ich kenne sie gar nicht. Falls Sie auf das Ereignis vom Turnier ansprechen, ich hatte nur Mitleid mit ihr und sprach ihr aufmunternde Worte zu." Gänzlich gelogen war dies ja nicht. "Wissen Sie", begann Johanna und wärmte ihre Arme auf, "irgendwas stimmt mit Lena nicht. Ich hab' sie wirklich gern, verstehen Sie mich nicht falsch aber...irgendwie ist sie nicht die Person die sie zu schein seint!"
    Genau wie ich, dachte Semir und schluckte kurz. "Was wenn sie das wäre, würden Sie sie dann verstossen?" Johanna schüttelte mit dem Kopf. "Vielleicht würde ich mit ihr gehen", murmelte sie und Semir sah sie erstaunt an. "Wissen Sie Dellay. Ich habe seit meiner Geburt nur dieses Schloss gesehen. Ich möchte die Welt sehen. Die Länder bereisen...doch ich bilde hier die Armee meines Vaters aus..." Semir konnte die Traurigkeit in Johannas Stimme kaum überhören.


    Sarah schlief als ihr jemand plötzlich die Hand vor den Mund hielt. Sie schreckte auf und blickte Lukas an. Ihr Atem stockte und ihr Herz war auf hochtouren. "Sie hat ihn geküsst!" zischte er und Sarah verstand zunächst nicht. "Du bist nichts Lena! Johanna hat sich in diesen Victor verliebt! Du bist unfähig!" Er riss sie auf und wollte ihr die Kleider vom Leib reissen. Doch sie war schneller und verpasste ihm einen gezielten Tritt in die Lenden. "Verschwinde aus meinem Zimmer!" schrie sie und bekam als Antwort die Faust ins Gesicht. Dann wurde sie von Lukas geschubst und knallte mit dem Kopf gegen einen Glasschrank. Johannas Glasschrank.


    "Mein Gott", stiess Semir vor Schock aus und Johannas Gesicht wurde kreidebleich. "Das kam aus meinem Zimmer!" Sie rannte sofort zu dem Raum und Semir folgte ihr. Ihnen bot sich ein schreckliches Bild. Sarah, oder für Johanna Lena, lag mit blutemdem Kopf in ihrem Glasschrank. Lukas stand davor und sah die Beiden Eindringlinge mit entsetztem Blick an. "Lena!" kreischte Johanna und lief auf ihre Freundin zu. Semir hinderte Lukas daran, zu fliehen. "Wir brauchen sofort einen Arzt!" Semir nickte und liess die Nachricht auf dem Burgplatz verkünden. Sofort wurde ein Arzt der Burg gerufen. "Lena...wach auf bitte", flehte Johanna ihre Freundin an doch Sarah bewegte sich nicht. Ihr Gesicht war blutüberströmt und ihre Hautfarbe war milchig. "Sieh was du angerichtet hast!" schrie sie Lukas mit überschlagender Stimme zu und dieser wurde sofort von zwei Wachen festgenommen. Semir lief auf die LKA-Kommissarin zu und legte zwei Finger sofort an den Hals. "Sie hat noch Puls!"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Der Arzt legte sie mit Semirs Hilfe wieder in ihr Bett. Es war ein weißhaariger, älterer Herr mit Schnauzer und strenger Brille. "Wird sie durchkommen, Doktor?", fragte Johanna mit zittrig besorgter Stimme. "Die Verletzung ist sehr schwer.", meinte der Arzt und begann die Wunde zu säubern. "Ich brauche mehr Licht.", harschte er dann Semir an. Dieser nahm die Nachttischlampe und hielt sie eingeschaltet direkt über Sarahs Kopf. "Gut, so.", meinte dann der Arzt und fing an die Splitter mit Hilfe einer Pinzette aus dem Kopf zu entfernen. Alle starten wie gebannt auf den Arzt und sahen seinen geschickten Händen zu. Johanna hatte dabei Tränen in den Augen. Sie wollte ihre beste Freundin nicht verlieren.


    "Okay, die Splitter sind alle draußen.", meinte der Arzt nach einer halben Stunde und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann nahm er eine Verbandsmulde und wickelte sie um Sarahs Kopf. Johanna atmete erleichtert auf. Dann jedoch erblickte sie Lukas, der immer noch von zwei Männern festgehalten wurde. Sei schlug mit voller Wut auf ihn mit ihren flachen Händen ein. "Du kleines Schwein, du Mörder.", schrie sie und schlug heftig auf ihn ein. Erst Semir brachte sie zur Vernunft und zog sie weg. Weinend saß sie auf ihrem Bett und hielt ihre Hände vors Gesicht. Lukas wischte sich das Blut von seiner aufgeplatzten Lippe. Dann kam de Brouiller ins Zimmer. Man hatte ihm vom Vorfall schnellstens unterrichtet. Sein Gesicht war wutrot und mit feurigen Augen sah er zu Lukas hinüber, dann zu Johanna. "Bringt ihn raus, in den Burghof.", meinte er zu den beiden Wachen. Diese schleppten den jungen Mann unter großen Protest in den Hof. "Herr Dellay, kommen sie mit. Hier können sie im Moment nichts tun.", meinte der Adlige zu Semir. Beide gingen in den Hof, wo sich schon die anderen Clanmitglieder in einer langen Gasse standen.


    "Ben, ich weiß ja, dass sie besorgt sind.", meinte die Chefin, als Ben vor ihn hin und her tigerte. "Wir müssen doch irgendwas machen. Ich hätte Semir niemals alleine gehen lassen sollen.", meinte der junge Kommissar besorgt. "Ben, Semir ist erfahren genug, um die Gefahren und Risiken eines solchen Einsatzes genau abzuschätzen.", versuchte Anna den Kollegen zu beruhigen. "Chefin, irgendwann werden die Semirs wahre Identität aufdecken. Was wenn sie ihn foltern oder schlimmeres?", mutmaßte er und wollte sich gleichzeitig nicht diesen Gedanken hingeben. "Ich muss auch auf diese Burg.", meinte Ben plötzlich. "Wie wollen sie das denn machen?", fragte Anna neugierig. "Immerhin wissen diese Männer doch, dass sie Polizist sind. Aber Moment, wenn wir Semir eine neue Identität verpassen konnten, dann... Ich hab da einen Bekannten beim Theater, der ist Maskenbildner. Der macht aus ihnen einen vollkommen anderen Menschen.", meinte Anna und griff zum Telefon.


    "In unserer Gemeinschaft herrschen strenge Regeln.", rief de Brouiller über den Hof. "Wenn einer jemanden ohne Grund und außerhalb eines Duelles verletzt oder tötet kann dies nur mit der höchsten Strafe verhängt werden.", meinte de Brouiller und riss dann Lukas seine Robe vom Leib. Dann schmiegte er seinen Kopf an die Haare des Jungen. "Es wird dich nicht töten, dafür sorge ich schon, aber du wirst dir wünschen tot zu sein.", flüsterte er gefährlich leise. Dann wandte er sich wieder der Gruppe zu. "Die preußische Armee kannte für den Angriff auf einen Offizier nur eine legitime Strafmaßnahme: Spießrutenlauf!", meinte er und blickte dann hinter sich. Lukas Hände wurden ihn vor den Körper gefesselt und ein Seil wurde ihm um den Hals gebunden. Vier junge Männer, alle in dem Alter von Lukas, standen mit großen Trommeln auf einem Podest und fingen mit den dumpfen Schlägen an. Semir stand daneben und wartete ab, was jetzt passierte. Neben ihn stand Johanna und sah mit verachtenden Blicken zu Lukas hinüber, der nun mit einem Degen vor seinem Körper durch die Gasse aus Menschen gezogen wurde. Die Frauen und Männer ließen lange, dünne und hohle Rohrstöcke auf den Rücken des Mannes niedersausen und schnitten ihn damit tief ins Fleisch. Mit jedem Schlag zuckte Lukas zusammen, doch es kam kein Ton aus seinem Mund. Semir wollte nicht hinsehen, drehte sich weg und hoffte, dass die Prozedur bald vorbei war. Doch de Brouiller hatte noch etwas anderes mit Lukas vor.


    ...

  • "Und? Was halten Sie davon?" Anna Engelhardt konnte ihr Grinsen nicht verkneifen, als sie Ben nach der Umwandlung sah. Dieser blickte sich im Spiegel an. Man hatte ihm eine grössere Nase, dickere Augenbrauen und Falten verpasst. "Darf ich vorstellen", begann er und zeigte an sich herunter. "Johannes Sanders, 43 Jahre alt, Lebenskünstler!" Bei diesem affektierten Ton Bens hatte die Chefin noch mehr mühe, seriös zu bleiben. Sie erkannte ihn kaum noch. Ben sah nun aus wie eine andere Version des Robert Langdom aus dem DaVinci-Code. Ja, auch sie hatte den Film gesehen.
    "Wunderbar Herr Jäger", lobte sie und riss sich zusammen, "nun, da mein Bekannter", der Angesprochene kam gerade aus dem Raum, "eine solch super Arbeit geleistet hat, werde ich sie auf die Burg bringen. Allerdings auch verkleidet. Ich denke, bei mir wird eine Perücke und eine Sonnenbrille reichen."


    Semir sah, wie sie Lukas wegbrachten. Sein Blut verschmierte den steinigen Boden. Immer wieder verspürte der Deutschtürke den Drang einzugreifen, doch er durfte nicht und dass wusste er. Johanna drehte sich weg und begann bitterlich zu weinen. Doch bevor Semir handeln konnte, kniete sich Victor zu ihr. Johanna schlang sich um ihn und benetzte seinen Umhang mit ihren Tränen. "Ganz ruhig", flüsterte er ihr zu und strich ihr übers lange Haar. Semir machte sich Sorgen um Sarah. "Ich gehe mal nachsehen, wie es ihr geht", verkündete er und Johanna nickte dankbar. "Das ist lieb", flüsterte sie ihrer Geste hinzu und Semir entfernte sich. Er klopfte an die Tür, doch keine Antwort. Er öffnete sie und ging langsam hinein. Sarah lag noch immer in ihrem Bett. Die Augen waren geschlossen. Jedoch ging der Atem ruhig und sie sah entspannt aus. Er ging auf sie zu und kniete sich an ihr Bett.


    "Hier wären wir", kündigte Ben an und die Chefin drosselte sofort den Motor. "Hier Ihre Sachen." Sie gab Ben eine Tasche und wies auf die Burg. "Passen Sie auf Semir und auch auf sich auf. Und Ben?" Der Angesprochene drehte sich um. "Das LKA hat mich informiert. Eine Kommissarin ist bereits auch bei dieser Burg dran. Allerdings schon vor dem Mordfall." Ben zog eine Augenbraue hoch. "Kenn' ich sie vielleicht?" fragte er neugierig. "Sagt Ihnen der Name Sarah Brändli etwas?" Ben schüttelte mit dem Kopf. "Nein..." murmelte er und stieg aus dem Wagen. "Wünschen Sie mir Glück", verabschiedete er sich von der Chefin und ging auf die Burg zu. "Semir ich komme!"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Ben wurde durch das große Tor eingelassen. Mit den anderen Neuankömmlingen wurde er, wie schon Semir vor ihm, in die große Halle geführt. Auf dem Weg dort hin sah er wie ein junger Mann mit blutüberströmten Rücken auf einer Trage liegend in einen Nebenraum geführt wurde. Dann sah er Semir bei einem jungen Pärchen stehen. Am Liebsten wäre er hingegangen und hätte sein dummes Gesicht gesehen, doch er wollte nicht schon von vornherein auffallen. So ließ er sich in die Halle bringen und hörte dem Geschwafel des Adligen zu.


    Semir starrte auf Sarah und nahm ihre Hand. "Sarah, gib nicht auf. Hörst du.", meinte er nur. Dann merkte er, wie sie langsam die Augen aufschlug. "Semir?", kam es hauchend und leise von ihr. "Wie geht es dir?", fragte er mit besorgter Stimme. "Mein Schädel brummt.", meinte sie lächelnd und fasste sich an den Kopf. "Was ist passiert?", fragte sie und sah ihren Kollegen dann mit noch glasigen Augen an. "Lukas hat dich in den Schrank gestoßen. Er wurde bestraft.", meinte Semir mit rauer Stimme und sah bedrückt auf den Boden. "Sarah, warum bist du hier?", wollte Semir dann wissen. Sarah sah ihn bedrückt an, dann wieder zur Decke hoch.


    de Brouiller saß in seinem Büro und wartete auf einen ganz bestimmten Besucher. "Meister, ihr Besuch ist da.", meinte einer seiner Jünger verneigend. Dann trat ein in einen grauen Anzug gekleideter Herr ein. "Ah, Herr Führmann, da sind sie ja endlich.", meinte de Brouiller und begrüßte ihn freundlich. "Haben sie das Geld?", fragte er dann wieder im eiskalten Ton und bot Führmann einen Platz an. "Ja, hier ist es.", meinte der schlanke und hochgewachsene Ker mit den goldblonden Haaren und dem Dreitagebart. Er stellte einen silbernen Koffer auf den Tisch. "500.000 Euro. Die zweite Hälfte gibt es nach Erledigung des Auftrages.", meinte er nur. "Meine Männer sind bereit.", entgegnete de Brouiller und nahm eines der Geldbündel in die Hände. Gierig ließ er die Scheine durch seine Finger rasseln. "Die Kanzlerin wird in zwei Tagen sterben. Danach können sie und ihre Freunde die Regierungsgeschäfte übernehmen.", meinte de Brouiller. "Aber für mein Schweigen verlange ich eine weitere Million.", forderte er und sah in ein noch kälteres Gesicht als seines. "Das habe ich erwartet.", meinte Führmann und ließ seine Hände in den Taschen. "Hören sie, wir beide sind Mitglieder der Illuminati. Warum sollen wir uns da um so etwas unbedeutendes wie Geld streiten?", meinte er. "Das meine ich auch.", lachte de Brouiller und reichte dem Mann ein Glas Wein. Beide stießen auf den Erfolg des Unternehmens an.


    Ben war nach der Begrüßungszeremonie in dieselben Kleider wie alle anderen gehüllt. Neugierig wie er nun einmal war, sah er sich in sämtlichen Räumen der Burg um. Dann sah er wieder das Pärchen, was bei Semir gestanden hatte, wie es im Garten saß und sich einen lieblichen Kuss nach dem anderen gab. Er lächelte nur. Dann packte ihn eine Hand bei der Schulter und er hörte eine ihm vertraute Stimme.


    ...

  • "Entweder meine alten Augen spielen mir einen Streich oder ich kenne das Gesicht!" Ben blickte direkt in Semirs Visage. Er sagte zunächst nichts. "Komm schon Ben. Einen Fremden magst du zwar reinlegen können aber, ich kenne inzwischen deine Gangart und deine neugierigen Triebe!" Ben zwinkerte mit einem Auge und grinste. "Ich seh' aber nicht schlecht aus oder?" Semir verdrehte die Augen. "Du konntest dich also nicht unter Kontrolle haben. Mir geht es gut wie du siehst!" Nun wurde Bens Gesicht ernst und er verschränkte die Arme. "Gestern nacht, als ich zuhause ankam, lag dein weisses Hemd blutüberströmt auf dem Fussboden. Ich dachte mich trifft der Schlag! Zum Glück stellte sich heraus dass es sich um das Blut eines Huhnes handelte aber, ich bin fast vor Angst gestorben!" Auch wenn das schrecklich war, konnte sich Semir ein Lächeln nicht verkneifen. Die Tatsache, dass Ben aufgrund dieser Sorge maskiert hier her kam, rührte ihn sehr.
    "Wie ist der Stand?" Semir seufzte. "Hattest du den Jungen gesehen?" Ben nickte. "Die haben ihn beinahe zu Tode gefoltert!" stiess er entsetzt hervor und Semir konnte ihm nur zustimmen. "Er hat, eine junge Frau angegriffen." Ben ahnte, vom Ton Semirs her, welches Mädchen was das war. "Doch nicht etwa die Kommissarin des LKA?" Semir sah Ben verwundert an. "Die Chefin hat mich drüber aufgeklärt!" erklärte er und Semirs Gesicht verdunkelte sich. "Sie ist bei Bewusstsein. Hat mich aber über etwas aufgeklärt:



    Sarah schluckte kurz und richtete sich auf. "Nun gut, du hast mich gerettet, also bin ich die eine Erklärung schuldig", sie verzog das Gesicht und hielt sich am Kopf. "Wir vom LKA vermuten, dass dies alles nur Schein ist. Durch vertrauliche Quellen haben wir nämlich erfahren, dass er ein Mitglied der Illuminati ist." "Etwa dieser geheime Orden?" Saran nickte. "Ich dachte der wurde 1784/1785 verboten?" Sarah zuckte mit den Schultern. "Offiziel. Es heisst ja er wurde verboten und danach stellte man die Aktivitäten ein. Aber du kennst ja die Menschheit. Ihnen ist jedes Mittel recht, um die Welt zu verbessern." Semir konnte dem nur zustimmen. "Was habt ihr sonst so rausgefunden?" Nun wurde Sarahs Gesicht wieder bedrückt. "Johannas Mutter ist nicht, wie von ihr geglaubt, tot. Sie konnte von diesem Orden fliehen. Sie hatte ihn schon fast vergessen, als der Sohn, der von ihrem neuen Mann stammt, die Seite im Internet entdeckte. Sie kontaktierte uns. In der Hoffnung, wir könnten ihre Tochter befreien. Nur leider...habe ich ein zu intimes Verhältnis mit Johanna aufgebaut!" Semir schüttelte mit dem Kopf. "Du könntest sie da raus bringen! Sie ahnt dass es noch mehr gibt, als die Burgmauern!"



    Gerade als Semir mit der Erzählung fertig war, schritt ein Mann mit goldblondem Haar und Anzug über den Burgplatz. "Moment mal!" murmelte Ben und sah dem Typen nach. "Was ist?" fragte Semir neugierig und Ben zog eine Augenbraue hoch. "Ich sah den Typ während der Begrüssungszeremonie reinkommen! Da hatte er noch einen dicken Koffer!"
    "Du meinst, der hat hier Geld reingeschmuggelt?" Ben nickte und Semir seufzte. "Wenn de Brouiller wirklich der Illuminati angehört und die Welt verbessern will...wo will er anfangen?" Ben verschränkte die Arme und sein Blick gefiel Semir gar nicht. "Im Buch Dan Browns versuchten sie den Papst zur Strecke zu bringen. Das wäre zu einfallslos und zu missverständlich. Überleg mal, wer hat hier in dem Land die absolute Macht!" Semirs Augen weiteten sich und er schlug Ben auffordernd auf die Schulter. "Wir müssen Sarah Bescheid geben!" zischte er und sie gingen durch die Hintergänge zum Zimmer der LKA-Kommissarin.



    "De Brouiller will die Kanzlerin umbringen?" fragte diese entsetzt und blickte Semir, der zunächst allein im Zimmer war, entsetzt an. "Woher willst du das wissen?" Semir pfiff kurz und Ben kam hinein. "Sarah", Semir blickte sich noch einmal um und Ben schloss die Türe, "dass ist mein Partner. Ben Jäger. Lass dich nicht abschrecken so sieht er normalerweise nicht aus. Er ist ein Tick hässlicher", scherzte er und Ben verdrehte die Augen. "Freut mich dich kennenzulernen", sagte er jedoch mit freundlicher Stimme und sah Sarah mitleidend an. "Was macht der Kopf?" Sarah zuckte mit den Achseln. "Tut weh", antwortete sie knapp und schien sich von dem Schock gar nicht zu erholen. "Wir müssen irgendwas tun!"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

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