Um Haaresbreite

  • „So was Ähnliches? Was soll das denn heißen? Also, entweder ihr…“
    „Ja, ja, du hast ja Recht, Lenny….Wir waren mal eine kurze Zeit lang zusammen.“
    Der Junge blätterte die Bilder weiter durch, nickte und stand auf. Dani beobachtete ihn und schwieg.
    Schließlich sah Lenny wieder zu ihr. „Er hat Schlagzeug gespielt. Wie ich….“
    „Ja.“
    In diesem Moment klingelte es. Dani wollte zur Tür, doch Lenny kam ihr zuvor.
    Und kurz darauf stand Tom in der offenen Eingangstür, sah zunächst zu Lenny, dann zu Dani.
    „Ich muss mit dir reden.“
    Sie schüttelte leicht den Kopf. „Ich wüsste nicht, worüber, Tom.“
    „Oh doch. Ich glaube, du weißt das schon.“
    Sie nickte. „Gut….aber genau darüber werde ich mit dir nicht reden.“
    Beide sahen sich fest an und man hätte in diesem Moment eine Stecknadel zu Boden fallen hören können…
    Lenny blickte zu seiner Mutter, zu Tom und wieder zurück. Immer noch war es still.
    „Dani, es ist mein Ernst. Wir müssen reden.“
    Doch wieder ihr Kopfschütteln. „Es gibt nichts zu reden, Tom. Gar nichts.“
    „So kommen wir nicht weiter.“
    „Richtig….also geh.“
    „Nein. Ich muss das wissen, verstehst du das nicht?“
    „Ich weiss nicht, was du meinst!“
    Wieder Schweigen. Lenny griff nach seiner Jacke, sah zu Tom, dann nochmals zu seiner Mutter. Schließlich verliess er die Wohnung, blieb im Flur stehen und drehte sich nochmals um.
    „Ihr haltet mich für total bescheuert, oder?“
    Dann ging er die Treppe hinunter und Daniela eilte ihm nach.
    „Lenny! Lenny, warte….es ist nicht das, was du….“
    „Ach nein? Was denke ich denn?“
    Dani schwieg und Lenny nickte nur. Dann ging er.
    Tom , der immer noch in der Tür stand, fuhr sich mit den Händen durchs Haar, während Daniela wieder die Stufen hocheilte und ihn wütend ansah.
    „Da siehst du, was du hier anrichtest! Aber dafür hattest du ja immer schon besonderes Talent, Tom!“
    „Ich?! Verdammt Dani, ich kann überhaupt nicht mehr klar denken! Wenn….“ Er stockte und sie sah ihn an
    „Ja?!“
    „Wenn Lenny… mein Sohn ist, dann ist jetzt der richtige Moment mir das zu sagen!“
    Sie schüttelte nur den Kopf, setzte zu einer Antwort an, als man von unten plötzlich Lennys Stimme, lautes Rufen und Reifenquitschen hörte. Sofort stürmte Tom die Treppe hinunter, Daniela dicht hinter sich.
    Als sie die Strasse erreichten ,sah man gerade noch zwei Männer, die Lenny, der sich heftig wehrte, in einen Wagen zerrten. Tom riß seine Waffe aus dem Holster, rannte auf die Strasse.
    „Halt! Polizei! Lassen sie den Jungen los!“
    Sofort zog einer der Männer ebenfalls eine Waffe und zwei Schüsse fielen. Tom riss Daniela, die neben ihm stand mit zu Boden und zog sie hinter sein parkendes Auto.
    „Unten bleiben!“ Dann erwiderte er das Feuer, versuchte die Reifen des nun losfahrenden Wagens zu treffen und ging dann ebenfalls wieder in Deckung. Erneut schossen die Kerle aus dem Wagen und Tom griff zum Handy.
    „Schusswechsel in der Fürther Strasse, brauche dringend Verstärkung! Zwei bewaffnete Täter, fliehen in südlicher Richtung! Geiselnahme!“

  • Dann sah er zu Daniela, griff sie an den Schultern und blickte sie fest an.
    „Wenn du irgendwas weißt, was hier vor sich geht….Dann rede!“
    „Tom, ich habe keine Ahnung! Jerome, Jerome muss dahinter stecken!....Lenny! Ich will meinen Sohn!“
    Er nickte nur, sprang auf. „Du bleibst hier!“
    Dann riss er bereits die Tür seines Wagens auf, startete den Motor und raste dem flüchtenden Wagen nach, der bereits hinter der nächste Kurve verschwunden war.



    Nachdem Semir Frankies Bar verlassen und nun mit dem Taxi auf dem Weg nach Hause war, klingelte sein Handy.
    „Ja?“
    Am anderen Ende kam Hottes Stimme und diese klang sehr ernst.
    „Semir! Wo bist du?! Tom hat irgendwie...ja, irgendwie Schwierigkeiten.“
    „Was?! Hotte, was ist los?! Wo ist er?!“
    „Der verfolgt irgendwelche Täter, die in der Fürther Strasse eine Geisel genommen haben. Genaues wissen wir nicht.“
    Fürther Strasse….in Semirs Kopf hämmerte es. Das war die Adresse dieser Daniela.
    „Hotte, in welche Richtung fahren die?!“
    „Richtung Süden, silberner Passat, Kennzeichen K-DD 286, ich versuch noch mal Tom zu erreichen…“
    „Ja! Ich komme in die Richtung!“
    Eilig wandte er sich an den Taxifahrer, zog seinen Dienstausweis.
    „Richtungswechsel! Fahren sie mal rechts ran, ich brauche ihr Taxi!“
    „Wie bitte? Was sol….“
    „Nun machen sie schon! Kriegen es wieder!“
    Der Taxifahrer schüttelte verwirrt den Kopf und stoppte das Taxi. Semir war bereits hinausgesprungen und rannte zur Fahrerseite, zog den Taxifahrer förmlich aus dem Wagen.
    „Ja, nun Tempo! Habs eilig!“
    Dann saß er auch schon am Steuer, raste davon.

  • ...So, jetzt bekommt ihr für die nächsten Tage leider erstmal das letzte Stückchen Fortsetzung, da ich ein paar Tage an der Ostsee verweile....also noch viel Spaß beim Lesen und bis Samstag! :baby:



    Lenny saß hinten im Wagen und irgendjemand drückte ihn nach unten, so dass er nichts sehen konnte. Der Wagen raste mit hoher Geschwindigkeit die Strasse entlang.
    Hinterm Steuer fluchte jemand und Lennys Herz schlug bis zum Hals. Was sollte das alles….es waren Schüsse gefallen und er hatte Angst!
    Der Mann, der neben ihm saß und ihn festhielt, drückte ihn noch fester nach unten und fluchte nun ebenfalls.
    „Verdammt, jetzt schüttel endlich den verdammten Bullen ab!“
    „Was glaubst du, was ich hier versuche! Der lässt sich nicht so einfach abschütteln, Mann! Der fährt gar nicht schlecht!“
    Der Mann, der neben Lenny saß, fluchte erneut und hielt die Waffe aus dem hinteren Fenster.
    „Dann gibt’s eben bisschen Blei!“
    Wieder hörte Lenny einen Schuss und wie aus einem Reflex heraus rammte er nun dem Mann neben ihm den Ellenbogen in die Seite. Dieser schrie auf und stürzte sich nun wütend auf Lenny.
    „Verdammter Bengel! Dir werd ichs zeigen! „



    Tom sah die Waffe aus dem Wagen auftauchen und sah auch das Mündungsfeuer. Mit einem schnellen Schlenker wich er aus. Dann konnte man deutliches Gerangel auf der hinteren Sitzreihe sehen und Tom schüttelte immer wieder den Kopf. Er machte sich grosse Sorgen um den Jungen und entschlossen trat er das Gaspedal weiter durch.
    Über Funk kam nun wieder Hottes Stimme.
    „Tom, wo bist du genau?! Semir kommt mit einem Taxi aus südlicher Richtung!“
    „Mit einem Taxi?!...Hotte, ich bin in der Kaiserstrasse Richtung Ring. Brauche alles was wir haben! Und macht die Autobahnzufahrt dicht!“
    „Alles klar! Versuche gerade dir ne Verbindung zu dem Taxifunk zu machen! Semir müsste gleich bei dir sein!“
    Tom nickte nur, sah nach vorne. Der Wagen schoss nun in halsbrecherischem Tempo um die nächste Kurve und wechselte dann komplett die Richtung, fuhr wieder Richtung Innenstadt. Tom fluchte und schlug mit der Hand aufs Lenkrad.



    Lenny lag auf dem Rücksitz und rührte sich nicht mehr. Blut lief aus einer Wunde über der Schläfe und der Mann am Steuer sah sich nach hinten um.
    „Was hast du gemacht?! Bist du irre?! Jerome will ihn lebend!“
    „Keine Sorge, der schläft nur n´bißchen….Und jetzt ab ins Parkhaus! Wir wechseln den Wagen!“



    „Semir!“ Hottes Stimme kam plötzlich über den Funk des Taxis und Semir griff überrascht nach dem Mikro.
    „Ja, ich hör dich! Es lebe die Technik! Wo ist Tom?!
    „Warte….ich stell dich zu ihm!“
    Es rauschte noch kurz dann war auch schon Toms hektische Stimme zu hören.
    „Flüchtender Wagen hat erneut Richtung gewechselt!...Fährt jetzt Georgsstrasse nördlich.“
    Semir hob das Mikro. „Bin in zehn Sekunden da! Ich mache vorne dicht!“
    „Semir?!“
    „Ja! Dein Freund und Helfer! Bis gleich!“
    „Ja….hör zu! Die haben Lenny! Wir müssen….“
    „Ja, ja, ich weiss! Keine Sorge….“ Semir warf das Mikro auf den Beifahrersitz und riss das Taxi um die nächste Strassenecke.
    „So! jetzt werdet ihr euch gleich wundern!“

  • So, Urlaub zuende....es geht weiter! :]


    Anna Engelhardt stand in der PAST mittlerweile neben Hotte und dem Funk und sah ihn fest an.
    „Was ist da draußen los?!“
    „Ja, also….“
    „Stottern sie nicht rum, Herzberger! Ich will wissen, was da los ist!“
    „Ja, anscheinend gab es eine Geiselnahme. Muss irgendwas mit dem aktuellen Fall zu tun haben…Es geht um diesen Lenny Kerner.“
    „Das gibt es doch nicht! Herzberger, Lagebericht!...Wo sind Kranich und Gerkhan?“
    „Ja, die verfolgen den flüchtenden Wagen…Tom war anscheinend Augenzeuge der Entführung und Semir sitzt in einem Taxi und…“
    „Bitte?! „ Schon griff Anna zum Mikro.
    „Haben wir Funkkontakt zu beiden?!“
    Hotte nickte stumm und die Chefin drückte die Sprechtaste des Mikros.
    „Kranich! Gerkhan! Was zum Teufel tun sie da?!“



    Tom hörte die Stimme der Engelhardt über Funk und hatte im Moment jedoch genug damit zu tun, den Wagen vor ihm nicht aus den Augen zu verlieren. Und auch von Semir kam keine Antwort….
    In derselben Sekunde sah man ein Taxi weiter vorne direkt vor dem Fluchtfahrzeug rechts aus einer Seitenstrasse auf die Hauptstrasse schiessen. Bremsen quitschten und Tom schüttelte fluchend den Kopf.
    „Verdammt Semir….die haben den Jungen!“
    Der silberne Passat schaffte es derzeit in halsbrecherischem Tempo an dem querstehenden Taxi vorbei und bog dann sofort links in die nächste Strasse ein. Gleichzeitig krachte es auch schon! Ein weisser Kleintransporter aus der Gegenrichtung schlingerte, erneut quitschten Bremsen und dann knallte er hinten in das querstehende Taxi.
    Tom hatte nun keine Chance mehr an den Fahrzeugen vorbeizukommen, bremste ebenfalls und sah nur noch den Passat entgültig hinter der Ecke verschwinden.
    Wütend schlug er aufs Lenkrad, gab eine weitere Fahndungsmeldung durch, sprang aus dem Wagen, um zu Semir zu rennen, der nun langsam aus dem völlig demolierten Taxi stieg.
    „Bist du okay?!“
    „Ja, ja….“ Semir nickte nur, hielte sich die linke Schulter und schüttelte den Kopf.
    „Mist! Fast hätten wir ihn gehabt…“
    „Bitte?! Bist du eigentlich irre?! Die haben den Jungen da drinnen! „
    Tom sah seinen Partner fassungslos und wütend an und Semir hob beruhigend die Hände.
    „Nun reg dich mal ab, ja? Was hätte ich denn machen sollen? Krieg dich mal wieder ein….“
    „Ach, verdammt! Semir, wer weiss, was die vorhaben! Kannst du mir mal sagen, was ich jetzt Daniela sagen….“
    „Wie ist das überhaupt passiert?“, unterbrach ihn Semir kopfschüttelnd, „Wieso hast du nicht auf mich gewartet? Haust einfach ab und lässt mich da bei deinem Vater….“
    „Das ist ja jetzt wohl unwichtig!“ Tom schrie ihn erneut an und Semir wandte sich ohne noch etwas zu sagen einfach ab und ging Richtung CLK.



    Jerome sah seinem Mann fragend entgegen und Martin nickte.
    „Erledigt, Boss. Der Junge ist im Versteck, Thomas passt auf ihn auf. Aber der verdammte Bulle war hinter uns her! Muss bei dieser Kerner gewesen sein….“
    „Habt ihr den Wagen entsorgt?“
    „Sicher.“
    „Gut. Dann wird es Zeit, der Süssen mitzuteilen, wie sie den Bengel wiederkriegen kann.“
    Jerome griff entschlossen zum Telefon.

  • Daniela saß im Büro der Chefin ,stützte die Hände in ihren Kopf und versuchte erneut die Tränen zu unterdrücken. Mittlerweile war es sieben Uhr morgens geworden. Tom lief neben ihr hin und her um dann erneut stehenzubleiben und sie anzusehen.
    „Worum geht es hier, Daniela? Worum?! Jetzt rede endlich!“
    Sie sah auf, blickte ihn aus verweinten Augen an. „Ich habe keine Ahnung, Tom!“
    Dann liefen ihr wieder Tränen die Wangen hinunter und Tom schüttelte den Kopf.
    Semir, der an der Wand des Büros gelehnt stand, sah zur Chefin, die ebenfalls leicht den Kopf schüttelte und sich dann an Tom wandte.
    „Schluß jetzt, Tom, so geht es nicht…Vor allem kommen wir so nicht weiter.“
    Er blieb stehen, fuhr sich mit den Händen durchs Haar, sah noch mal zu Daniela und verliess dann stumm das Büro.
    Semir blickte ihm hinterher, bemerkte gleichzeitig Petra, die die Dienststelle betrat und sah Tom in ihrem gemeinsamen Büro verschwinden. Fragend warf er Anna einen Blick zu und sie nickte stumm.
    Und schon eilte Semir Tom hinterher, stiess vor der Tür fast mit Petra zusammen, die ihn sofort verwundert ansah.
    „Semir….was ist denn los? Tom wollte gestern Abend eigentlich noch bei mir vorbeikommen….gemeldet hat er sich auch nicht und was war das jetzt gerade?“
    „…Du Petra, ist gerade schlecht, verstehst du? Und alles andere….ja, das frag ihn am besten selbst…“ Dann verschwand Semir eilig ebenfalls in ihrem Büro und schloss schnell die Tür. Petra blieb davor stehen, sah fragend durch die Glastür in Toms Richtung, der sofort beiseite sah…..Kopfschüttelnd drehte sie sich nun ebenfalls um und setzte sich an ihren Schreibtisch.



    Semir blickte Tom, der nun am Fenster stand, fest an und in diesem Blick lag ein einziges Fragezeichen.
    „Kannst du mir vielleicht endlich erklären, was los ist?! Wieso greifst du sie so an?! Merkst du nicht, das die Frau keine Ahnung hat, was hier gespielt wird?!....Und im Übrigen hat mich gerade Petra gefragt, was los ist….“
    Tom sah ihn nur kurz an, um dann direkt wieder aus dem Fenster zu sehen. Semir verschränkte die Arme vor der Brust und nickte schließlich.
    „Aha, verstehe…So langsam wird mir alles klar. Du hast Daniela die entscheidene Frage gestellt, was?“
    Keine Antwort. Nur wieder Toms Blick und Semir wusste, das er ins Schwarze getroffen hatte.
    „Und sie hat dir nicht geantwortet, was? Sie hat es dir nicht gesagt und nun spielst du die beleidigte Leberwurst….Aber vom Rumschreien kriegen wir deinen Lenny auch nicht wieder.“
    Tom fuhr herum, funkelte Semir wütend an.
    „Hey! Das ist nicht mein Lenny, klar?! Und darum geht es auch gar nicht! Jemand ist entführt worden und diese Frau da drüben, die muss doch verdammt noch mal wissen, warum?!“
    „Und wenn nicht?!“ Semir schrie nun ebenfalls. „Tom, sie hat keine Ahnung!“
    „Das glaube ich ihr nicht!“
    „Ach, hör doch auf!...Und sprich endlich mit Petra!...So, und jetzt kümmere ich mich noch mal um die Fahndung nach dem Passat!“
    Semir ging hinaus, knallte die Tür zu und Tom sah ihm nach. Dabei begegnete er sofort einem erneuten Blick von Petra und ein paar Sekunden lang blieben ihre Augenpaare aneinander hängen….Dann wandte sich Tom wieder dem Fenster zu und sah nach draußen.

  • Sorry....hat wieder bißchen gedauert, aber jetzt gehts weiter :]


    Doch lange blieb ihm nun für seine Gedanken keine Zeit mehr. Die Tür wurde aufgerissen und Anna stand im Türrahmen.
    „Was auch immer mit ihnen los ist, Tom, vergessen sie es für eine Weile! Wir haben zu tun. Der Entführer hat sich eben gemeldet!“
    Schon eilte sie wieder hinaus und Tom folgte ihr sofort.
    Daniela saß immer noch in Annas Büro, starrte das Handy an. Tom sparte sich nun lange Vorreden, griff nach ihrer Hand und sah sie fest an.
    „Dani, was wollte er?“
    Sie blickte auf, erwiderte seinen Blick. „Dich.“
    „Mich?“ Tom verstand nicht ,was sie meinte und daniela nickte nur, während ihr erneut Tränen über die Wangen liefen.
    „Es war eine Männerstimme….Wenn ich Lenny wiedersehen möchte, sollst du gleich ans Telefon gehen….“
    Wie aufs Stichwort klingelte Danielas Handy erneut. Tom sah zu Anna, sie nickte.
    „Wir versuchen den Anruf zurückzuverfolgen, aber eben war es zu kurz…“
    Tom antwortete nicht, griff nach dem Handy.
    „Kranich.“
    „Sie haben etwas, was uns gehört, Herr Kranich. Und das möchten wir gerne wiederhaben.“
    „Was soll das sein?“
    „Die zweite Tasche mit dem schönen weissen Schnee, sie verstehen.“
    „Ich will mit Lenny sprechen.“
    „Besorgen sie die Tasche. Dann sehen wir weiter. Ich melde mich in einer Stunde.“
    „Hören sie, ich…“
    Doch die Leitung war bereits tot. Tom ließ das Handy sinken, sah zur Uhr und wusste, dass es auch diesmal viel zu kurz gewesen war, um den Ort des Anschlusses festzustellen….
    Anna sah ihn fragend an.
    „Es geht um die Drogen, Chefin, das Extasy.“
    Dann sah er zu Daniela. „Hast du die Stimme erkannt?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Jeromes Stimme war es nicht….“
    „Das hat nichts zu bedeuten, Dani. Ich bin mir sicher, dass dieser Kerl dahintersteckt.“
    „…Tom, bitte….wenn Lenny etwas passiert…“
    „Keine Sorge, wir holen ihn da raus.“ Dabei sah er zu Anna, sie nickte.
    „Besorgen sie das Extasy aus der KTU, Tom. Ich spreche mit der Staatsanwältin. Aber es geht um ein Menschenleben, ich denke nicht, dass es Probleme mit ihr gibt.“
    Tom nickte ebenfalls, sah noch mal zu daniela.
    „Du wartest hier. Ich bin gleich zurück.“ Dann war er schon aus der Tür, zog Semir, der gerade auf ihn zukam, am Jackenärmel mit sich.
    „Komm mit!“
    „Was ist denn? Die Fahndung nach dem Wagen ist bisher ohne Ergeb….“
    „Vergiss den Wagen! Wir müssen zur KTU. Ich erklärs dir unterwegs.“



    Jerome saß im Hinteren des Wagens etwa dreissig Meter von dem Gebäude der KTU entfernt. Seine beiden Männer, die vorne saßen, drehten sich nun zu ihm um.
    „Und wenn er gar nicht auftaucht, Boss?“
    Jerome lachte kopfschüttelnd.
    „Er wird auftauchen, da geh ich jede Wette ein. Er wird kommen, um das Zeug hier abzuholen! Schließlich will er den Jungen wiederhaben.“
    „Und dann?“
    „Das lasst mal meine Sorge sein. Ich bin sicher, das Kranich jeden Moment hier auftauchen wird. Und ich bin mir genauso sicher, dass er nicht damit rechnen wird, dass wir schon da sind!“ Wieder zog ein Grinsen über sein Gesicht.



    Als sie vor der KTU hielten, sprang Tom eilig aus dem Wagen und Semir hatte Mühe ihm zu folgen.
    „Nun komm schon, Semir! Wir haben keine Zeit! In vierzig Minuten ruft dieser Kerl wieder an!“
    „Das schaffen wir, kein Problem. Jetzt komm zur Ruhe, Tom. So geht es nicht.“
    Doch dieser antwortete gar nicht und war bereits durch die Tür.



    Jerome sah die beiden Polizisten aussteigen und nickte zufrieden.
    „Bingo! Da sind sie!“
    Martin drehte sich um, sah ihn fragend an.
    „Soll ich?“
    „Nein, Idiot! Wir warten, bis sie rauskommen.“

  • Hartmut händigte ihnen verwundert die Tasche aus.
    „Was wollt ihr denn noch damit? Hab nichts weiter gefunden und…“
    „Keine Zeit für lange Erklärungen, Hartmut!“ Tom griff drängelnd nach den Griffen der Tasche und sah gleichzeitig zur Uhr. Semir kam ihm zuvor, zog Hartmut mitsamt dem Extasy beiseite.
    „Hartmut, kannst du uns da schnell irgendeinen Sender reinbasteln? Also, o einen, den man nicht…“
    „Klaro. Kein Problem, fünf Minuten.“
    Tom verdrehte die Augen, sah aber wortlos ein, dass das durchaus Sinn machte und schwieg. Nervös mit den Fingern schnipsend lief er durch die KTU, sah ungeduldig aus dem Fenster.
    Semir beobachtete ihn kopfschüttelnd und wandte sich dann wieder an Hartmut, der bereits mit der Tasche zugange war.
    „…Was ist denn mit Tom los?“, flüsterte dieser fragend zu Semir sehend.
    „…Ach frag nicht….Hormone.“
    Hartmut nickte nur und kümmerte sich weiter um den Sender.
    Da kam vom Fenster plötzlich erneut Toms Stimme.
    „Semir!“
    „Ja?“ Etwas an dem Tonfall dieser Stimme ließ Semir sofort aufhorchen. Zulange kannte er seinen Partner schon, um nicht zu wissen, wenn etwas ganz und gar nicht stimmte….
    „Da sind die Kerle!“ Schon eilte Tom Richtung Tür, griff nach seiner Waffe. Sofort hielt Semir ihn fest.
    „Stopp! Nun warte….“
    „Semir, die schnapp ich mir jetzt!“
    „Und Lenny? Tom, denk nach!“ Er sah ihn eindringlich an und schließlich nickte Tom leicht.
    „Okay…okay, du hast Recht…Was machen wir jetzt?“
    Semir antwortete zunächst nicht, lugte ebenfalls vorsichtig aus dem Fenster.
    „Wieso, frag ich mich, stehen die da?“
    „Die wollen das Extasy.“
    „Das weiss ich auch, Schlauberger….Und die wollen anscheinend keine Übergabe abwarten. Die wollen es sich gleich holen.“
    Hartmut sah hinter der Tasche auf, hob abwehrend die Arme.
    „Aber nicht, dass hier gleich wieder rumgeballert wird, Jungs.“
    „Ach Hartmut….“
    „Na stimmt doch! So hat ja schließlich alles angefangen.“
    Doch keiner von beiden antwortete ihm mehr. Semir nickte plötzlich und grinste Tom zu.
    „Wir drehen den Spieß jetzt um, Partner!“

  • Nun gehts weiter.... :]


    Dieser sah ihn verständnislos an. „Was hast du vor?“
    „Ganz einfach, die Kerle da unten wollen offensichtlich nicht warten, bis wir eine Übergabe vorbereiten können. Aber wir werden denen jetzt sicher nicht in die Falle laufen...Du verschwindest hinten rum. Hartmut, hast du ein Auto?“ Ohne die Antwort überhaupt abzuwarten, hielt Semir ihm die Hand entgegen und Hartmut schüttelte den Kopf.
    „Ihr glaubt doch wohl nicht im Ernst, dass ihr meine Lucy….“
    „Hartmut! Jetzt stell dich nicht so an! Mach schon, kriegst sie auch wieder.“
    Hartmut verzog das Gesicht und holte schließlich widerstrebend die Autoschlüssel aus der Hosentasche. Semir grinste kurz.
    „Danke!“ Dann sah er zu Tom und gab ihm die Tasche mit dem Sender, sowie die Autoschlüssel. „Nun komm, Partner, zurück zur Dienststelle! Hast es doch so eilig!“
    „Ja, und unser Wagen? Der steht vorne auf der Strasse….“
    „Und wenn schon….lass mich nur machen. Und jetzt ab mit dir, die rufen in fünfundzwanzig Minuten auf Danielas Handy an! Und mit Sicherheit wollen sie auch dich sprechen.“
    Tom verstand mittlerweile und schüttelte den Kopf. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich jetzt ohne dich hier weg fahre….“
    „Tom, das ist die einzige Chance! Du musst zurück! Und ich beobachte sie von hier…Wenn sie losfahren, häng ich mich dran.“
    „Semir, das ist doch….“
    „Eine Chance! Immerhin! Vielleicht finde ich raus, wo der Junge steckt. Und jetzt hau ab!“
    Semir schob ihn aus der Tür und schließlich verschwand Tom nach hinten in Richtung Werkstatt und Garagen.



    Petra hatte Daniela, die immer noch bei der Chefin im Büro saß, einen Kaffee gebracht und setzte sich nun neben sie auf die kleine Couch.
    Anna telefonierte seit einigen Minuten vom Nebenzimmer aus mit der Staatsanwältin.
    Daniela nahm die Kaffeetasse, sah Petra an und lächelte kurz.
    „Sie sind Toms Freundin, nicht wahr?“
    Petra nickte leicht. „Ja….woher wissen sie das?“
    „Das kann man sehen…sein Blick, ihr Blick…“ Dann sah sie wieder zur Uhr. Die Stunde Zeit war fast abgelaufen und ängstlich sah sie Richtung Tür. Petra legte ihr eine Hand auf die Schulter.
    „Tom wird rechtzeitig hier sein.“
    „Ich hab solche Angst um Lenny, wissen sie…..Hat Tom es ihnen erzählt?“
    „Erzählt? Was denn?“
    Erneut musste Daniela nun trotz ihrer Sorge um Lenny lächeln.
    „Also nicht….das sieht ihm ähnlich. So war er schon immer.“
    „Sie meinen, dass sie und Tom mal zusammen waren?“
    „Das auch….und noch was anderes….“ Weiter kam Dani nicht, denn in diesem Moment kam Tom zur PAST herein. Sofort war auch die Chefin bei ihm und gemeinsam betraten sie das Büro.
    Sofort fiel Toms Blick auf Petra, die ihm mit fragendem Blick entgegensah. Schnell sah er an ihr vorbei zu Daniela.
    „Haben sie sich schon gemeldet?“
    „Nein….“
    Tom nickte nur, stellte die Tasche ab. Anna musterte ihn.
    „Wo ist Semir?“
    „Erkläre ich gleich, Chefin……draußen.“
    Im gleichen Moment klingelte das Handy von Daniela.

  • ....So, jetzt geht es endlich weiter! :]



    Jerome saß mit seinen beiden Männern immer noch in dem Wagen und sah misstrauisch zum Gebäude der KTU hinüber. Der Bullenwagen stand immer noch dort und keiner der beiden war bisher hinausgekommen.
    „Irgendwas stimmt da nicht….Die haben irgendwas vor!“ Er sah zur Uhr und wandte sich vorne an Martin und den zweiten Mann, der bisher nicht ein Wort geredet hatte.
    „Fahr Richtung Versteck. Die beiden Bullen sind nicht mehr hier!“
    „Aber ihr Wagen steht doch noch….“
    „Wie dämlich bist du?!“ Dann griff Jerome zum Telefon.



    Daniela griff leicht zitternd zu dem Handy, hielt es ans Ohr.
    „Ja?“
    „Ich will Kranich sprechen!“
    „…Jerome? Du bist das doch…ich will mit Lenny….warum tust du das?“
    „Gib mir deinen Bullenfreund!“
    Daniela reichte den Hörer weiter, begann wieder zu weinen und Petra nahm sie leicht in den Arm.
    Tom griff nach dem Handy.
    „Preuss! Wo ist der Junge?!“
    „Nun, da sie nun ohnehin wissen, wer ich bin, können wir uns jedes Gelaber sparen, Kranich. Haben sie mein schönes Pulver?“
    „Ja.“
    „Mich würde interessieren, wie sie es geholt haben.“
    „Haben sie uns beobachtet?! Das Gebäude der KTU hat einen Hinterausgang, Preuss. Mein Kollege und ich sind keine Anfänger! Und jetzt will ich Lenny sprechen.“
    „Sie haben gar nichts zu…“
    „Jetzt hören sie mir zu! Bevor ich Lenny nicht gesprochen habe, werden sie nichts von ihrem verdammten Zeug sehen!“
    Einen Moment lang war es still und Tom schloss kurz die Augen. Er wusste, dass es gefährlich war, was er tat, doch es gab nur diese Möglichkeit.
    Schliesslich war wieder Jeromes Stimme zu hören.
    „Ich melde mich gleich!“
    Dann hatte er aufgelegt.
    Tom ließ das Handy sinken, sah von einem zum Anderen. Daniela wischte sich die Tränen aus dem gesicht.
    „Was hat er gesagt?“
    „…Er wird sich gleich wieder melden…“ Dann warf Tom Anna einen kurzen Blick zu und sie folgte ihm nach draußen in den Flur.
    „Das war hoch gepokert, Tom. Sie kennen das Risiko.“
    „Sicher…“
    „Wo ist Semir?“
    „An diesem Preuss dran…Hoffe ich.“ Dann erzählte er Anna in kurzen Worten, was sich vor der KTU ereignet hatte.



    Semir folgte dem Wagen von Jerome in einem alten Opel Vectra und in sicherem Abstand. Er wusste, dass er ihn keinesfalls bemerken durfte. Zwischendurch griff er zum Telefon.
    „Tom, ich bins. Die Kerle fahren stadtauswärts über den Ring. Im Moment sind wir am Gewerbegebiet Oberheim.“
    „Alles klar…pass bloß auf, Semir. Ich denke, dass die den Jungen holen.“
    „Sicher werden sie das….“



    Lenny sprang auf, als er das Schließen am Schloss hörte. Dann stand auf einmal Jerome mit drei weiteren Männern in der Tür. Einer war dieser Martin aus Jeromes Bar, die anderen beiden kannte Lenny nicht.
    „Sie?!...Was wollen sie von mir?“
    „Von dir?“ Jerome grinste nur. „Oh, von dir eigentlich nichts, Kleiner! Aber wir haben anscheinend gemeinsame Freunde.“
    „…Wohl kaum…“, sagte Lenny nur und wurde sogleich von Preuss gepackt und gegen die Zimmerwand gedrückt.
    „Werd nicht frech, mein Lieber!“
    „…Ich will nur wissen,….was das hier soll?“
    Wieder Preuss lachen. „Du bist wertvoll, Lenny! Sehr wertvoll!“

  • In der Past klingelte es und Tom griff danach, bevor Daniela es nehmen konnte.
    „Der Junge, Preuss!“
    Am anderen Ende der Leitung war es still, doch dann kurz darauf Lennys Stimme.
    „..Ja?“
    Tom fiel ein Stein vom Herzen und einen Moment lang schloss er die Augen.
    „Lenny, hier ist Tom Kranich! Bist du okay?“
    „..Ja..mir geht’s gut, aber…“
    Schon hatten sie ihm anscheinend den Apparat aus der Hand gerissen, denn nun war direkt Preuss zu hören.
    „So, das war dein Beweis, Kranich! Dem Kleinen geht’s gut! Und jetzt zu unserem Handel!“
    „…Ich höre.“
    „Die alte Kiesgrube südlich von Mühlheim. In dreißig Minuten. Und Kranich, wenn ich nur einen einzigen Bullen sehe außer ihnen, werden sie den Jungen nicht lebend zu Gesicht bekommen.“
    „…Hab ich verstanden.“
    Schon tutete es in der Leitung. Tom legte auf, wählte sofort Semirs Nummer.
    „Semir! Der Kerl hat gerade angerufen! Wo bist du?!“
    Semirs Stimme kam nur flüsternd.„…Ich kann jetzt nicht….“
    „Semir?! „
    „…Jakobsstrasse 44, irgendein leerstehender Flachbau. Ich bin auf dem Dach.“
    „Semir! Hör zu, mach keinen Unsinn, ich bin….“
    Doch auch diese Verbindung war bereits unterbrochen. Tom fluchte, sah zu Anna. Daniela war nun aufgesprungen, blickte ihn unsicher an.
    „War das Lenny?! Tom, was hat er gesagt?!“
    …Es geht ihm gut, keine Sorge…ich muss weg! Chefin, die Kiesgrube bei Mühlheim! Und Semir ist anscheinend an Preuss dran!“
    „Gut.. Ich informiere das SEK und alles weitere.“
    Tom nickte nur, griff nach der Tasche mit dem Extasy und eilte hinaus. Tausend Gedanken hämmerten in seinem Kopf. Was zum Teufel tat Semir dort….und wie dicht war er an Lenny dran…



    Semir kniete auf dem Dach des Flachbaus und sah durch den Schlitz der minimal geöffneten Dachluke. Viel sehen konnte er nicht, jedoch eindeutig die Stimmen hören.
    „…Wir nehmen den Transporter. Dann denken die Bullen, der Junge wäre da drinnen…Kranich wird sicher nicht allein kommen.“
    „Okay Boss.“
    „Ihr beide fahrt mit mir und du passt auf den Bengel auf. Wenn wir das Zeug haben, melde ich mich!“
    Dann hörte man Schritte und Semir blieb bewegungslos auf dem Dach knien. Die Kerle würden also ohne Lenny hier losfahren und das gab ihm sicher eine Chance, den Jungen befreien zu können….

  • Petra war in der PAST bei Dani sitzengeblieben, während Anna mit mehreren Beamten und einer SEK Einheit bereits ebenfalls auf dem Weg zur Kiesgrube war.
    „Möchten sie noch einen Tee…oder Kaffee?“
    Daniela sah auf, schreckte aus ihren Gedanken hoch und schüttelte den Kopf.
    „Nein…danke.“
    „Sagen sie…vorhin, da wollten sie mir doch gerade noch etwas erzählen, als Tom zurückkam…“
    Daniela sah Petra an, lächelte leicht. „Nein…ich wollte wissen ,ob Tom mit ihnen geredet hat. Aber das hat er nicht…hätte mich auch gewundert.“
    „Es hat etwas mit ihrem Sohn zu tun, nicht wahr? Das merke ich.“
    „Wenn sie es genau wissen wollen, Tom glaubt, das er Lennys Vater sein könnte.“
    Einen Moment lang war es still. Petra sah Dani an und plötzlich wurde ihr klar, warum sich Tom seit Tagen so komisch benahm. Das war es also….
    Erneut blickte sie Daniela an, fragend.
    „Und? Ist er es?“
    „…Ich habe Tom diese Frage nicht beantwortet und ich werde sie auch ihnen nicht beantworten, Petra.“
    „Aber finden sie nicht, das er…“
    Daniela unterbrach sie. „Im Moment möchte ich einfach nur meinen Sohn wiederhaben, mehr nicht.“
    Damit war das Gespräch für Daniela beendet, denn sie sah wieder Richtung Fenster und schloss die Augen.



    Semir wartete, bis der Kleintransporter das Gelände verlassen hatte und griff zum handy. Tom meldete sich bereits nach dem ersten Klingeln.
    „Semir, verdammt, wo bist du?!“
    „Ich konnte gerade nicht reden, Tom. Hör zu, Preuss ist mit zwei Männern eben von hier los. Sie sitzen in einem Kleintransporter, Kennzeichen K- JX 438. Und Lenny ist nicht in diesem Wagen.“
    „Okay, ich bin auf dem Weg zur Kiesgrube…Chefin ist mit SEK unterwegs. Weißt du, wo Lenny…“
    „Ja, hier in diesem Gebäude. Ich vermute im Keller. Ich versuche an ihn ranzukommen.“
    „Semir, pass bloß auf, hörst du…“
    „Ja, ja, ich hol deinen Lenny schon da….“
    „Semir, ich kann es nicht mehr hören, ja?“
    „Jetzt sei doch nicht so gereizt, stimmt doch! Also, kümmere du dich um Preuss, ich such den Jungen.“
    „Sei Vorsichtig.“
    „Bin ich…du auch.“
    Tom nickte nur, legte auf.
    Er war noch etwa fünfzehn Minuten von der Kiesgrube entfernt.



    Semir kletterte vom Dach, lief um das Gebäude herum und erreichte schließlich einen Hintereingang, der scheinbar in den Keller des Hauses mündete. Mit gezogener Dienstwaffe schlich er die Stufen hinunter, drückte vorsichtig die Klinke nach unten. Die Tür war verschlossen.
    „Wäre ja auch zu einfach gewesen“, murmelte er leise vor sich hin und begann ,sich geräuschlos um das Türschloss zu kümmern. Kaum zwei Minuten später war die Tür offen und er schlich den dunklen Flur entlang.

  • Fortsetzung!


    Der Kleintransporter stand bereits am Rand der Kiesgrube, als Tom ankam. Preuss stand davor, ansonsten war niemand zu sehen. Tom stoppte seine Wagen, stieg ebenfalls aus und kurz darauf standen sie sich gegenüber. Preuss grinste.
    „Nett sie wiederzusehen, Kranich. Man trifft sich immer öfters im Leben, was?“
    „Wo ist Lenny?“
    „Ach, wissen sie, was ich zu gerne wissen möchte? Was haben sie an diesem Jungen für einen Narren gefressen? Oder ist es seine Mutter?...Nein, das passt nicht. Es muss der Junge sein.“
    Wieder sein Grinsen. Tom antwortete nicht, deutete auf den Transporter.
    „Wo ist Lenny?“
    Wo ist meine Tasche?“
    „…Im Kofferraum.“
    „Dann holen sie sie, Kranich.“
    Tom ging stumm zum Kofferraum, zog die Tasche hervor und hielt sie hoch. Preuss nickte zufrieden.
    „Ich wusste doch, dass man mit ihnen gute Geschäfte machen kann.“
    „Zuerst den Jungen, Preuss.“
    „Der wartet im Wagen.“
    Tom sah Preuss nur an, liess sich nicht anmerken, dass er die Wahrheit kannte und überlegte fieberhaft, wie er das hier etwas in die Länge ziehen konnte um Semir die Möglichkeit zu geben, Lenny aus dem Gebäude zu befreien.
    „Warum geben sie nicht auf, Preuss? Wir wissen, wer sie sind, wo wollen sie sich verstecken?“
    „Das lassen sie mal meine Sorge sein, Kranich! Und jetzt will ich meinen Stoff!“
    Tom nickte, griff langsam nach der Tasche.



    Semir war immer noch in dem schmalen Kellergang und erreichte die Treppe nach oben. Langsam schlich er die Stufen hinauf, sah sich angespannt um. Irgendwo schien ein Radio oder ein Fernseher zu laufen und er schlich weiter.
    Und dann plötzlich, wie aus dem Nichts bohrte sich der Lauf einer Waffe von hinten in sein Genick.
    „Waffe fallenlassen, Bulle! Du glaubst wohl, ich bin dämlich!“
    Semir blieb wie erstarrt stehen, bewegte sich nicht und ließ langsam die Dienstwaffe sinken. Von hinten verstärkte sich der Druck am Genick.
    „Ich sagte, fallenlassen!“
    „Schon gut….alles klar…“ Semir ließ die Waffe zu Boden fallen und der Kerl hinter ihm kickte mit dem Fuß danach. Und genau in diesem Moment, als Semir spürte, wie der Druck der Mündung für einen Sekundenbruchteil nachließ, schnellte sein Ellenbogen nach hinten und traf den Angreifer in die Magengrube. Dieser schrie auf, fluchte und stolperte rückwärts. Semir ließ sich vornüber fallen und der erste Schuss fiel. Dicht neben ihm schlug die Kugel in die Wand ein und Semir war direkt wieder auf den Beinen, ließ den Fuß hochschnellen und trat dem Mann die Waffe aus der Hand.
    Dann war er auch schon über ihm und beide gingen zu Boden. Ein erster Faustschlag traf Semir am Kinn und er flog seitlich gegen einen alten Metallschrank. Der Kerl rappelte sich auf, wollte nach der verlorenen Waffe greifen und wurde jedoch sofort wieder von Semir zurückgerissen.
    „Schluss jetzt!“ Semir schlug nun ebenfalls zu, setzte direkt nach und zog ihm die Arme auf den Rücken. Sekundenspäter klickten die Handschellen und man hörte nur noch lautes Fluchen. Semir drehte ihn um, riss den Kerl in die Senkrechte und drückte ihn an die Wand.
    „Der Junge! Wo ist er?!“
    Keine Antwort.
    Wütend hob Semir seine Waffe auf, spannte den Abzug und hielt sie ihm unters Kinn.
    „Du redest jetzt, sonst garantiere ich für nichts mehr!“
    „….Du schiesst ja doch nicht, Bulle….“
    „Da sei dir nicht zu sicher, Mistkerl!“ Semir sah ihn scharf an und am Gesichtsausdruck des Mannes konnte man nun erste Zweifel erkennen.
    „Du hast fünf Sekunden!“
    „….Okay….gut….hier….nebenan….“
    Semir nickte nur und liess langsam die Waffe sinken. Dann schlug er gezielt zu und der Kerl ging bewusstlos zu Boden.
    Semir rieb sich die Hand, schüttelte leicht den Kopf und kettete den Mann mit einer Seite der Handschellen an eines der Heizungsrohre. Dann rannte er zu der Tür des Nebenzimmers.
    „Lenny! Lenny, bist du hier?!“
    Von innen kam etwas wie ein unterdrücktes Gemurmel und Semir hielt sofort die Waffe an das Schloss der Tür. Er drückte zweimal ab und die Tür flog auf.

  • „Lenny?!“
    Der junge Mann saß gefesselt und geknebelt am Boden an die Wand gelehnt und sah Semir entgegen. Sofort war er bei ihm, löste den Knebel vom Mund.
    „Alles okay mit dir?“
    Lenny nickte, hustete ein paar Mal und Semir sah ihn prüfend an. Bis auf eine kleine Platzwunde an der Schläfe schien er wirklich okay zu sein und Semir atmete erleichtert auf. Schnell entfernte er auch die Fesseln und half ihm beim Aufstehen.
    „….Herr Gerkhan, was ist hier überhaupt los? Jerome hat irgendwas von Drogen oder so einem Zeug erzählt und…“
    Semir nickte nur, griff bereits zum Handy.
    „Das erklären wir dir alles noch, Lenny….jetzt muss ich erstmal meinen Kollegen Bescheid geben!“


    Anna griff sofort nach ihrem Handy, riss es ans Ohr.
    „Semir! Haben sie den Jungen?!“
    „Ja Chefin, hier ist alles okay!“
    Sie nickte nur, blickte im gleichen Augenblick neben sich zu dem Leiter der SEK Einheit.
    „Zugriff!“



    Jerome öffnete die Tasche und sah hinein. Währenddessen ging die Tür des Transporters auf und zwei Männer stiegen aus. Tom blieb bewegungslos stehen und sah gleichzeitig aus den Augenwinkeln die ersten Schatten, die sich im Rücken der drei Gangster vom Waldrand aus der Kiesgrube näherten. Und er wusste genau was das bedeutete!
    In der nächsten Sekunde liess er sich fallen und warf sich hinter seinem Wagen in Deckung. Im selben Moment fielen die ersten Schüsse der Scharfschützen und man hörte den Aufschrei von den beiden Männern von Preuss.
    Tom hatte nun ebenfalls seine Waffe in der Hand und sein Blick suchte nach Preuss. Der hatte es irgendwie geschafft sich mit einem Hechtsprung in den Transporter zu werfen und gab nun aus dem Wagen heraus mehrere Schüsse ab, die ins Blech von Toms Wagen schlugen.
    „Preuss! Verdammt, geben sie auf!“
    „Ich bring den Jungen um, Kranich!“
    Tom schüttelte nur den Kopf, erwiderte das Feuer. Von allen Seiten kamen nun weitere SEK Leute heran.
    „Preuss! Es hat keinen Sinn!“
    Dann ertönte auch Annas Stimme per Megafon.
    „POLIZEI! Geben sie auf und verlassen sie mit erhobenen Händen den Wagen!“
    „Sie können mich mal!“, schrie Preuss aus dem Transporter heraus und schoss erneut drei Kugeln in Toms Richtung. Der duckte sich tief hinter dem CLK und schüttelte erneut den Kopf.
    „….Na, unendlich viel Munition hast du nicht, Mistkerl….“, redete Tom wie mit sich selbst und schlich sich um seinen Wagen herum…..

  • Anna sah, wie sich die SEK Leute weiter näherten und bemerkte auch die Schüsse, die aus dem Transporter kamen. Gleichzeitig sah sie Tom, der offensichtlich versuchte von vorne an den Transporter zu kommen. Angespannt sah sie neben sich zum SEK leiter.
    „Ihre Leute sollen ihn beschäftigen, Kranich versucht es von der anderen Seite.
    „Schon gesehen….“, erwiderte er nickend und sprach etwas ins Funkgerät. Sekundenspäter nahmen die SEK Leute Preuss wieder unter Beschuss!



    Tom bemerkte an dem stärker werdenden Schusswechsel ebenfalls, was Anna vorhatte und musste innerlich grinsen. Sie kannte ihn gut und hatte sofort erkannt, welches die beste Chance war, Preuss zu überrumpeln.
    Vorsichtig schlich er weiter und Preuss hatte sich nun entgültig im Laderaum des Wagens verkrochen. Zwischendurch gab er immer wieder Schüsse durch die hinteren Türen ab und Tom hatte so die Möglichkeit sich unbemerkt seitlich an den Wagen heranzuschleichen…



    Semir raste inzwischen Richtung Kiesgrube und neben ihm sah Lenny ihn vom Beifahrersitz immer wieder an.
    „Wo ist meine Mutter?“
    „Bei uns auf der Dienststelle, Lenny….Sie weiss, das du okay bist. Willst du sie anrufen, hier ist mein Tele…
    Doch Lenny schüttelte den Kopf. „Jetzt nicht…Und wo ist ihr Kollege?“
    „ Preuss festnehmen… Ich bin auf dem Weg dahin.“
    „Okay….“
    Lenny sah wieder nach vorne, schien in Gedanken und Semir fragte sich, ob er von Toms Vermutung wusste oder ob er vielleicht sogar die Wahrheit kannte….



    Tom hatte nun die Seitentür der Ladefläche des Transporters erreicht. Er wusste, dass er nur den kurzen Überraschungsmoment haben würde, um zu reagieren und langsam ging seine Hand zum Türgriff…..

  • In der nächsten Sekunde riss er die Schiebetür auf, die Waffe im Anschlag.
    „Preuss! Aus und vorbei!“
    Im Inneren des Wagens fuhr Preuss herum, riss ebenfalls seine Waffe hoch. Gleichzeitig fielen zwei Schüsse und Tom spürte einen brennenden Schmerz am Oberarm, während sein Gegenüber mit einem Aufschrei rückwärts gegen die Wand des Wagens flog.
    Die Waffe fiel Preuss aus der Hand und er griff sich fluchend an die rechte Schulter.
    Tom war bereits im Wagen, kickte die Waffe aus der Gefahrenzone und sah Preuss an.
    „Sie sind verhaftet!“
    Dann waren auch die Kollegen da, zogen ihn aus dem Wagen und legten ihm Handschellen an.
    Tom steckte die Waffe weg, atmete einen Moment lang tief durch und stieg aus dem Transporter. Nun war auch Anna bei ihm, musterte ihn fragend.
    „Alles in Ordnung, Tom?“
    Er nickte, während Anna auf den Blutfleck an seinem Arm deutete.
    „Nur ein Kratzer….Was ist mit Lenny?“
    „Alles in Ordnung. Semir muss gleich hier sein. Dem Jungen geht’s gut.“
    Tom nickte, atmete erneut auf
    „Gott sei Dank.“
    Kurz darauf sah man auch schon den BMW vor der Kiesgrube zum Stehen kommen und Semir sprang heraus.
    Mit schnellen Blicken sah er sofort, dass alles vorbei war. Eilig lief er auf Tom zu.
    „Habt ihr Preuss?!“
    „Ja…“ Tom deutete auf den Krankenwagen, in den die Kollegen den Festgenommenen gebracht hatten. Semir sah Tom prüfend an.
    „Un d du?“
    „Alles okay….“ Tom schaute hinüber zu Semirs Dienstwagen, wo nun auch Lenny ausgestiegen war. Dann blickte er wieder zu Semir.
    „Danke Partner.“
    Semir nickte nur und sah Tom nach, der jetzt langsam die paar Schritte zu Lenny ging.
    Auch Anna blickte ihm hinterher und wandte sich dann fragend an Semir.
    „Gibt es da irgendwas, was man wissen sollte?“
    „…Keine Ahnung Chefin….“



    Lenny sah Tom entgegen, als er ihn erreicht hatte und einen Augenblick lang war es still. In diesem Moment überkam Tom vor Erleichterung einfach das Gefühl Lenny fest in den Arm zu nehmen. Sekundenlang drückte er ihn an sich, die Blicke von Anna und Semir im Rücken.
    Dann deutete Tom nach vorne.
    „Gehen wir ein Stück?“
    Lenny nickte stumm und schließlich liefen sie nebeneinander an der Kiesgrube entlang. Als sie weit genug von den ganzen Kollegen und Einsatzkräften entfernt waren, blieben sie stehen und sahen sich erneut an.
    „Alles okay, Lenny?“
    „Sicher….und sie?“
    „Alles bestens….Tut mir leid, dass du da mit reingeraten bist, Lenny.“
    „Können sie ja nichts dafür.“
    „….Keine Ahnung, vielleicht doch….“
    Wieder Schweigen. Lenny blickte zu Boden, sah dann jedoch wieder auf und Tom fest an.
    „Im Treppenhaus….was wollten sie von meiner Mutter wissen?“
    „Das ist nicht so einfach erklärt, Lenny….“
    „Was soll daran schwer sein? Ich bin nicht blöd und auch kein kleines Kind mehr….Ich habe die alten Fotos von meiner Mutter gesehen und ich kann rechnen, genau wie sie, Herr Kranich.“
    Lenny fuhr sich mit den Händen durchs Haar und Tom wusste nicht, was er ihm antworten sollte. Verdammt noch mal, irgendwie fühlte er sich komplett überfordert….
    „Ich will zu meiner Mutter….jetzt.“, kam in diesem Moment von Lenny und Tom nickte nur.



    Wenig später saß Tom in der Dienststelle auf seinem Bürostuhl und sah durch die Scheibe hindurch in Annas Büro, wo Daniela alleine mit Lenny stand und beide ununterbrochen aufeinander einredeten.
    Petra, die neben ihm stand und einen Verband um seinen Oberarm wickelte, sah ebenfalls hinüber, sagte jedoch nichts.
    Nun kam auch Semir zu ihnen herein, stellte einen Kaffeebecher vor Tom auf den Tisch.
    „Was macht der Arm?“
    Doch Tom antwortete gar nicht, blickte ununterbrochen durch die Büroscheibe nach nebenan.

  • Semir warf Petra einen Seitenblick zu und sie zuckte die Achseln.
    „….Tom, hörst du mir zu?“
    „…Wie?“
    „Bist du okay?“ Semir deutete erneut auf Toms Arm.
    „Was?....Achso…ja, das ist nix….“ Wieder blickte er hinüber, wo in diesem Moment die Tür aufging und Lenny aus dem Büro durch den Flur und nach draußen eilte. Daniela blieb stehen, sah ihm nach und schaute dann zu Tom….Ihre Blicke trafen sich durch die beiden Scheiben hindurch und Tom stand auf. Dabei sah er zu Petra.
    „….Ich….ich muss da noch was klären….ich…“
    Sie nickte nur. „Ich weiß.“
    Verwundert sah Tom sie an und Semir verließ wortlos das Zimmer und schloss die Tür.
    „Du weißt?“
    „….Ich habe mit Daniela geredet, während sie hier gewartet hat.“
    „Und was hat sie dir gesagt?“
    „Nichts….nur das, was du glaubst. Also, wenn das stimmt, was sie glaubt, was du glaubst…Du redest ja nicht mit mir.“
    Sie sah ihn fest an und Tom senkte einen Moment lang den Kopf. Dann sah er wieder auf, schüttelte den Kopf.
    „Petra, ich wollte doch mit dir….aber es war noch nicht der richtige Moment und ich…ich weiß ja selbst nicht, was los ist….“
    „Dann wird es Zeit, dass du das endlich klärst, Tom.“ Dabei deutete sie nach draußen, wo Danilea gerade auf dem Weg zur Tür war.
    Tom eilte ihr nach, die Blicke der Kollegen und Semirs hinter sich.
    „Daniela!...Warte!“
    Doch erst draußen vor der Tür am Parkplatz hatte er sie eingeholt und griff vorsichtig nach ihrem Arm. Sie blieb stehen, drehte sich um und sah ihn an.
    „Daniela, wir müssen endlich reden.“
    „Tom, fängst du schon wieder damit an?...Ich habe jetzt wirklich keine…“
    „Doch! Wir werden reden, Dani, und zwar jetzt!...Wo ist Lenny?“
    Sie zuckte die Schultern, sah die Strasse entlang. „Lenny ist volljährig, Tom. Wir haben gesprochen, uns angeschrien, dann ist er los. Das wirst du doch gerade mitbekommen haben.“
    Tom nickte. „Was hast du ihm gesagt?“
    „Er hat mich etwas gefragt und ich habe ihm geantwortet.“
    Wieder Schweigen. Schließlich zog Tom sie zum Auto. „Nicht hier….Lass uns irgendwo hinfahren.“
    Erstaunlicher Weise protestierte sie nicht und stieg wortlos zu ihm in den Wagen.

  • Daniela sah sich interessiert in seiner Wohnung um, lächelte schließlich sogar.
    „So lebst du also....Nichts mehr übrig vom alten Tom Kranich.“
    Tom ging nicht weiter darauf ein. „Möchtest du was trinken?“
    „Nein….und das hier ist nicht meine Welt. Also lass es uns hinter uns bringen, damit ich nach Hause kann.“
    „Es hinter uns bringen? Das ist wohl nicht die richtige Formulierung…“
    „Okay….du willst wissen, ob du Lennys Vater bist? Was wäre, wenn du es wärst, Tom? Was würde es ändern?“
    Sie sah ihn an und Tom wusste keine Antwort auf diese Frage. Obwohl er sie sich in den letzten Tagen hundertmal selbst gestellt hatte. Dani schien seine Gedanken zu erraten, nickte nur.
    „Was ich dir jetzt sage, Tom, das ist die Wahrheit. Und ob du es mir glaubst oder nicht….Ich weiss nicht, ob du Lennys Vater bist.“
    Wieder sah sie ihn fest an und Tom erwiderte ihren Blick. Dann schüttelte er fragend, fast fassungslos den Kopf.
    „…Du weißt es nicht?“
    Sie nickte. „Du könntest es sein, Tom….ebenso wie jemand anderes.“, Sie lächelte erneut. „Du weißt selbst, was das für eine Zeit war…Und als Lenny dann geboren war, da hat es mich auch nie interessiert. Du warst längst weg….“
    „Ja, aber….“
    „Kein Aber. Es war meine Entscheidung….Und nun ist es Lennys Entscheidung, Tom.“
    „Lennys Entscheidung?“
    Sie nickte wieder. „Ich habe ihm vorhin das Gleiche gesagt, wie jetzt dir. Lenny ist volljährig, nun kann er entscheiden, ob er wissen will, wer sein Vater ist.“
    Damit drehte sie sich um, nahm ihre Jacke und ging Richtung Tür. Tom blieb im Wohnzimmer stehen, sah ihr nach. Dann jedoch folgte er ihr eilig zur Wohnungstür.
    „Dani, warte…Wo ist Lenny jetzt?“
    „…Vermutlich im Club, an seinem Schlagzeug…..“
    Dann ging sie.

  • Die Jugendlichen, die vor dem Eingang des Clubs standen, sahen ihm , leicht verwundert entgegen. Einige flüsterten etwas und lachten. Tom beachtete sie nicht weiter und ging hinein. Auch dort trafen ihn sofort die Blicke der Kids und er sah sich suchend nach Lenny um. Von irgendwo war Musik zu hören.
    „Kann ich ihnen helfen?“
    Tom drehte sich um und sah in das bärtige Gesicht eines Mannes, der ungefähr so alt sein musste wie er selbst. Tom nickte, ging auf ihn zu.
    „Ja, vielleicht…mein Name ist Tom Kranich und ich….“
    Sie drückten sich kurz die Hand und der Mann lächelte wissend.
    „Wolfgang Paulsen…aber hier bin ich nur Wolf. Ich leite den Club, oder zumindest versuche ich das. Sie suchen ihre Tochter, ihren Sohn?“
    „Äh…nein…also, vielleicht….“
    „Na, was denn nun?“ Wolf sah ihn fragend an und lächelte erneut. Schließlich musterte er Tom prüfend und nickte schließlich. „Okay….die meisten Herren in ihrem Alter, die hier auftauchen, suchen ihre Töchter, manchmal ihre Söhne. Oder es sind irgendwelche Sozialarbeiter, manchmal Polizisten. Aber das glücklicherweise eher selten.“
    Nun musste auch Tom lächeln, dieser Wolf gefiel ihm.
    „Ehrlich gesagt, im Moment weiß ich selber nicht, wozu ich da gehöre….aber ich suche Lenny, Lenny Kerner.“
    „Lenny? Der ist unten im Keller….da vorne die Treppe runter, immer dem Schlagzeug nach.“
    „Okay….danke.“



    Kurz darauf stand er unten vor einer geschlossenen Tür, aus der der laute Rhythmus eines Schlagzeugs kam und Tom blieb einen Moment lang davor stehen und hörte zu.
    Dann drückte er die halb abgebrochene Klinke der Tür hinunter und ging kurzerhand hinein.
    Lenny sah kurz auf, ohne sein Spielen zu unterbrechen. Fast so, als würde er Tom gar nicht bemerkt haben spielte er weiter, während Tom die Tür wieder schloss und an die Wand gelehnt stehenblieb.
    Dann schließlich, etliche Minuten später, legte Lenny die Sticks beiseite und sah ihn an.
    Tom deutete auf das Schlagzeug.
    „Nicht schlecht….hört sich gut an“, sagte er Lenny zunickend, da ihm nichts Besseres einfiel. Was sollte er auch sagen….was für so einen Moment passend gewesen wäre. Er wusste es nicht.
    Lenny saß immer noch da, sah ihn an. Dann stand er auf, nahm die Sticks, ging um das Schlagzeug herum und drückte sie Tom in die Hand.
    „Hier, sie haben gesagt, sie können Schlagzeug spielen….Bitte sehr!“
    Tom musste lachen, hielt die Sticks in der Hand und schüttelte den Kopf.
    „Das ist eine Ewigkeit her….“
    Lenny zuckte die Achseln, ging zu der E-Gitarre, die neben dem Schlagzeug stand.
    „So was verlernt man nicht. Was können sie denn?“
    Tom zog sich sein Jackett aus, ging immer noch leicht kopfschüttelnd zu dem Schlagzeug und setzte sich. Mein Gott, wie lange war das her, dass er Musik gemacht hatte…Nur gut, dass Semir oder einer der anderen Kollegen ihn jetzt nicht sehen oder schlimmer noch, hören konnte.
    „Okay, und wenn du lachst, gehe ich sofort...“
    Dabei sah er Lenny an, der nun ebenfalls lächelte und sich die E-Gitarre umhing.
    Und dann, dann begann Tom zu spielen….vorsichtig zunächst, doch schließlich von Schlag zu Schlag sicherer und mit der Gewissheit, dass er es wirklich nicht komplett verlernt hatte…
    Lenny stand daneben, beobachtete ihn und dann, nach einigen Minuten, fing er an, das Schlagzeug mit seiner E-Gitarre zu begleiten. Dabei sah er immer wieder zu Tom und schien das Gleiche zu denken, wie Tom selbst. Was wäre, wenn…..
    Und als Tom ein paar Minuten später die Sticks beiseite legte und merkte, dass er komplett durchgeschwitzt war, grinste Lenny ihm zu.
    „Gar nicht mal so schlecht….also, für jemanden, der aus der Übung ist, mein ich.“
    „Mhm….dann hoffe ich mal, dass das als Kompliment gemeint ist.“
    Wieder trafen sich ihre Blicke und erneut war es einen Augenblick lang still. Lenny zuckte die Achseln.
    „Und nun?....Wie geht’s weiter?“
    „Ja…ich habe mit deiner Mutter geredet.“
    „Schon klar.“
    Wieder Schweigen. Dann hielt Tom ihm die Hand entgegen.
    „…Ich bin Tom.“
    Lenny sah ihn an, drückte dann seine Hand.
    „Okay….Tom. Aber die Frage bleibt die Gleiche, wie geht’s jetzt weiter?“
    „Das ist deine Entscheidung.“
    „Meine?...Ja, super! Klasse! Du redest wie meine Mutter.“ Er schüttelte den Kopf, ging aus dem Raum, die Treppe hinauf. Tom folgte ihm eilig.
    „Lenny, warte!“
    Der Junge blieb stehen, drehte sich um und blickte Tom fest an.
    „Ich weiß nicht, ob ich es wissen will….Vielleicht. Aber nicht heute oder morgen…Und du?“

  • Tom war nun ebenfalls stehengeblieben und die Frage traf ihn so plötzlich, dass er nicht wusste, was er antworten sollte. Ja, was will ich überhaupt ,fragte er sich selbst nachdenklich. Seit Tagen konnte er über nichts anderes mehr nachdenken, als darüber ob Lenny sein Sohn war und nun….jetzt, wo der Junge ihn fragte, jetzt wusste er keine Antwort.
    Lenny sah ihn an, schien ihn genau zu beobachten, nickte schließlich und ging weiter.
    Tom ,der ihm zuerst erneut nacheilen wollte, blieb schließlich auf der Treppe stehen und sah Lenny im nächsten Moment den Club verlassen….



    Semir stoppte den BMW am Rheinufer und sah Tom schon beim Aussteigen ein Stück entfernt auf einer der Bänke sitzen. Na bitte, dieser Ort war der zuverlässigste der Welt, wenn man ihn finden wollte, dachte Semir lächelnd und ging hinüber.
    Tom sah nur kurz zur Seite und schien nicht sonderlich überrascht, Semir zu sehen.
    Dieser sah sich um, blickte neben Tom, schließlich auf den Boden.
    „Nichts zu trinken?“
    „….Ich dachte, du bringst was mit.“ Ein kurzes Lächeln zog über Toms Gesicht, dann schwieg er wieder.
    Semir wartete eine Weile, dann stieß er ihn aufmunternd an.
    „Und? Nun sag schon!“
    „Was?“
    „Mensch, du weißt genau, was ich meine, Tom! Was hat sie gesagt?“
    „Dass sie es nicht weiß.“
    „Hä?“ Semir sah ihn verständnislos an und Tom nickte nur.
    „Ja, hast richtig gehört….Vielleicht ich, vielleicht jemand anders…..tja. Und im Übrigen interessiert es sie auch nicht….Dann war ich bei Lenny. Dem hat sie das Gleiche gesagt.“
    Tom schüttelte dabei den Kopf, sah aufs Wasser hinaus. Semir stand auf, ging zurück zum Wagen und stand kurz darauf mit zwei Bierflaschen wieder an der Bank.
    „Ich glaub, ich brauch jetzt doch was zu trinken.“
    Tom lächelte nur, nahm eine der Flaschen und sie schlugen sie kurz aneinander.
    „…Dann hat er mich gefragt, ob ich es wissen will.“
    „Und?“
    „….Keine Ahnung….Doch, ich denke schon.“
    Semir nickte. „Und der Junge?“
    „Vielleicht. Nicht heute oder morgen….“
    Wieder schwiegen sie. Schließlich zuckte Semir die Achseln.
    „Na denn….Prost! Jetzt hast du es achtzehn Jahre nicht gewusst, da kommt es doch auf ein paar Wochen auch nicht mehr an, oder?“
    „Semir, so einfach ist das nicht!...Ich guck ihn an und denke ständig, ob….nein, so geht es nicht!“
    „Ja, was willst du machen?! Du kannst Lenny nicht zwingen…“
    „Das will ich ja auch gar nicht!...Ach, ich weiß selbst nicht, was ich will!“
    Dann stand er auf und Semir sah ihm nach.
    „Hey, wo willst du denn hin?“
    „…Nach Hause….ich muss endlich mit Petra reden.“

  • So, weiter..... :baby:



    Petra saß mit einem Becher Tee auf der Couch, während Tom vor ihr hin und her lief und pausenlos redete. Und dann, irgendwann, war es still und er sah sie fragend an.
    „….Und?“
    Petra lächelte leicht, stand auf und ging auf ihn zu. „Was, und?“
    „Na, was sagst du jetzt dazu? Ich stehe hier und rede und rede und du sagst kein Wort.“
    Sie lächelte immer noch, küsste ihn.
    „Ich bin ja auch gar nicht zu Wort gekommen.“
    Nun musste auch Tom lachen, nahm sie in den Arm.
    „…Stimmt. Aber nun weißt du alles und ich wollte dir das ja auch schon viel früher erzählen, aber es war so wenig Zeit und ich….“
    „Und du wusstest nicht, wie du mir das erklären solltest?“
    Er nickte und Petra schüttelte nur den Kopf.
    „Tom, das ist ein halbes Leben her. Und deswegen hast du ein schlechtes Gewissen?“
    „…Nein…das nicht, nur….“
    Wieder küsste sie ihn.
    „Ob Lenny nun dein Sohn ist oder nicht, das war so lange vor unserer Zeit, damit habe ich doch kein Problem….Obwohl ich Daniela nicht verstehen kann. Dass sie nie wissen wollte, wer Lennys Vater ist….Und der Junge, er muss doch als Kind auch mal gefragt haben. Was sie ihm da wohl erzählt hat.“
    Tom nickte, nahm sie wieder in den Arm und plötzlich sah Petra ihn fest an.
    „Na, zum Glück bin ich mir da ganz sicher….“
    „Du? Wobei?“
    „Wer der Vater meines Kindes ist.“
    Tom sah sie verwundert an, verstand offensichtlich nicht, was sie meinte. Petra lachte, nahm seine Hand.
    „Ich wollte dir auch schon seit ein paar Tagen was erzählen, Schatz….aber es war nicht der richtige Moment.“
    Immer noch merkte man Toms Gesichtsausdruck an, das er nicht begriff, was sie ihm sagen wollte. Doch dann plötzlich schüttelte er ungläubig den Kopf, sah sie an.
    „Heisst das, das….“
    Sie nickte, blickte ihn glücklich an „Und ich verspreche dir, ich bin mir absolut sicher, dass nur du dafür in Frage kommst.“
    Tom schloss einen Moment lang die Augen, drückte sie an sich und sah sie erneut, immer noch kopfschüttelnd an.
    „Wir bekommen ein Kind?….Wir beide, wir kriegen ein Kind?! Das gibt’s ja nicht!....Ich werde Vater!“
    Petra nickte nur und sie küssten sich. Tom zog sie wieder fest an sich, liess sie jedoch sofort wieder los, blickte sie besorgt an.
    „Und es geht dir gut, ja? Ich meine, es ist alles in Ordnung, oder?“
    „Ja, natürlich. Was soll denn nicht in Ordnung sein? Alles bestens….Und Tom? Das dauert jetzt noch eine Weile, du kannst also ganz ruhig bleiben.“ Sie lachte.
    „…Ich bin ganz ruhig….nein, das heißt, bin ich gar nicht! Ich…..ruf Semir an!“
    Doch sofort hielt sie ihn fest.
    „Oh nein…bloß nicht! Der erzählt es gleich überall rum, Tom….Laß es uns noch ein bißchen für uns behalten, ja`?“
    Tom sah sie an, nickte schließlich.
    „…Okay….ja, du hast Recht. Aber lange kann ich das nicht….“
    Dann ließen sie sich beide auf die Couch sinken und Tom nahm sie wieder fest in den Arm.
    Immer noch konnte er es nicht richtig glauben, was da in den letzten Tagen alles mit ihm passiert war. Dani, Lenny, jetzt das! Petra sah ihn an, schien seine Gedanken zu erraten.
    „Tom?“
    „Ja?“
    „….Weißt du, was ich glaube? Das mit Lenny, das wird sich von selbst finden. Lass ihm Zeit und dir auch.“
    „…Ja, vielleicht hast du Recht.“
    „Bestimmt.“
    „Meinst du, ich sollte mal was mit ihm unternehmen? Einfach so…ob er das will?“
    „Frag ihn halt einfach, er wird’s dir schon sagen.“
    Tom nickte, sah sie lächelnd an. „…Ich liebe dich.“
    „Ich weiss!“, sagte Petra nur glücklich und erneut küssten sie sich.




    ENDE



    ….oder wollt ihr eine Auflösung?
    Mhm….ich bin mir selbst nicht so sicher.

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