Hochverrat - Die Angst im Nacken

  • "Und alle hatten schon Angst, Sie hätten sich vom Balkon gestürzt, Renner!" Barbara und Paul sahen auf und erblickten Kim, die mit besorgtem Gesicht auf das Duo hinabblickte. Als Barbara aufstand streckte Kim die Hand aus. "Kim Krüger. Ich bin die Chefin der Autobahnpolizei. Ihre Tochter hat uns schon des Öfteren bei schwierigen Situationen unterstützt und sich in der kurzen Zeit, als echtes Familienmitglied von uns bewiesen." Barbara schüttelte Kims Hand und nickte mit Tränen in den Augen.
    "Kann ich nur zurückgeben. Sie sprach immer nur gut von Ihnen und Ihrem Team." Kim legte eine Hand auf die Barbaras. "Sie sollten nun unten sein. Der Arzt war mit der Diagnose da. Sie können zu ihr!" Barbara wusch sich die Tränen aus den Augen und blickte kurz besorgt zu Paul, der zu Boden schaute. "Keine Sorge, lassen Sie das meine Sorge sein. Ich kümmere mich um ihn!", flüsterte Kim und umarmte Barbara kurz, bevor diese den Schauplatz verliess.
    "Woher wussten Sie, wo ich bin?" Kim lächelte traurig auf Pauls Frage und setzte sich neben ihn. Es kümmerte sie nicht, dass sich ihre elegante Anzugshose weiss verfärbte, da sich der Staub vom Kies sofort an dem feinen Baumwollstoff festhaftete.
    "Eigentlich sollte ich Ihnen nun eine riesige, wenn nicht sogar gigantische Standpauke halten, wissen Sie das?" Paul lachte kurz falsch auf. "Als ob mich das nun irgendwie kratzen würde, Chefin", sagte er ehrlich und Kim nickte. "Verständlich..."
    "Eben...wieso wussten Sie?..."
    "...ich weiss nicht, ob Gerkhan Ihnen das je erzählt hatte, doch als ich noch im "normalen" Polizeidienst war, hatte ich bei einem Einsatz meinen Verlobten verloren. Ich war zu dieser Zeit schwanger, hatte aber das Kind kurze Zeit danach verloren. Da ich einiges an Blut verloren hatte, landete ich hier im Krankenhaus. Damit ich in Ruhe trauern konnte, versteckte ich mich ab und an hier oben, nachdem ich es gefunden hatte. Ich wollte einfach alleine gelassen werden..." Paul sah Kim erstaunt an und sie lächelte traurig. "Wer hat auf Frau Schimke geschossen? Wir durften leider nicht auf die Kamera des Ausganges zugreifen, die im Treppenhaus ist. Gemäss der Aussagen der Kollegen, wurde ja Jäger entführt, mehr durften wir nicht erfahren..." Paul kniff die Augen zusammen und vergrub das Gesicht in den Händen.
    "Diese Schweine...", flüsterte Kim und atmete tief durch. "Sie wollte ihm helfen. Wollte ihn aus dem Zustand herausholen, doch was immer die ihm genau geben, es macht Semir total willenlos, ob er will oder nicht, Chefin!" Kim stand auf. "Die Schweizer Polizei sowie die Kollegen der Mordkommission haben uns den Fall entrissen. Die Schrankmann liess nicht mal ein Gespräch zu, ich wurde abserviert wie ein Mädchen beim Abschlussball." Sie verschränkte die Arme.
    "Kein Wunder, bei dem, was wir abgezogen haben", murmelte Paul und liess sich von Kim auf die Füsse helfen.


    "Frau Dorn und Frau König halten in der PAST die Stellung. Sie wirken "sehr beschäftigt", mit Papierkram und Bürokratiefragen an die Staatsanwaltschaft. Auch Bartels kann natürlich als Neuling kaum mitkommen. Er braucht einfach die Hilfe der Schrankmann, damit wir alles auch richtig abgeben, was wir an Akten und Informationen haben.", murmelte Kim und Paul begriff.
    "Chefin, ich weiss nicht, was ich..."
    "Nichts. Sagen Sie einfach nichts. Ich will Gerkhan genauso zurück wie alle anderen, Renner..." Paul sammelte sich kurz und schluckte. "Wissen Sie was von der Diagnose? Wie geht es Joshi?" Kim verschränkte die Arme. "Sie hat viel Blut verloren, weshalb ihr Kreislauf während der OP immer wieder zusammenbrach. Jedoch hatte das Krankenhaus genug Reserven. Es wurden Venen und Arterien verletzt, dadurch hatte sich das Blut im Bauchraum gesammelt. Deshalb spuckte sie auch. Organe, wurden zum Glück keine getroffen. Jedoch braucht sie viel Ruhe. Einen Monat, wird sie Freund sicherlich nicht helfen können!"
    "Aber sie wird wieder?"
    Kim lächelte und legte Paul eine Hand auf die Schulter. "Sie wird wieder! Also, gehen wir runter!" Paul folgte Kim zu einem Korridor und sie trafen die Gruppe wieder, die aus einem der Zimmer kam. Richard und Barbara wirkten erleichtert, aber noch immer ein wenig geschockt. Julian und Alex, lächelten ein wenig. "Chefin", begrüsste Alex Kim freundlich. Barbara ging sofort zu Paul. "Sie will dich sehen", flüsterte sie ihm ins Ohr und nickte, als Paul sie verwundert ansah.
    "Brandt, wir gehen die nächsten Schritte besprechen.", bestimmte Kim und Alex folgte ihr. "Ich denke, wir Schimkes, könnten einen Kaffee vertragen", bestimmte wiederum Barbara und stiess die beiden Schimke-Männer, ebenfalls nach vorne, während Paul zurückblieb. Er klopfte kurz und betrat das Zimmer.

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Langsam betrat Paul das Zimmer und sofort erreichte ihn das stetige Piepen des EKG's. Sein Blick fiel auf Joshi, die im Bett lag und zu ihm blickte. Ihre Augen waren blutunterlaufen und wirkten neblig. Sie trug eine Sauerstoffbrille und war mit diversen Kabeln und Schläuchen versehen. Jedoch umspielte ein Lächeln ihre farblosen Lippen.
    *Hey", begrüsste sie ihn mit rauer Stimme und Paul ging auf das Bett zu. "Hey selbst", murmelte er und setzte sich ans Bett.
    "Semir...?"
    "Darum solltest du dir nun keine Gedanken machen", erwiderte Paul augenblicklich, "Du konzentrierst dich nun darauf, gesund zu werden! Alles andere sollte dich nicht beschäftigen!" Johanna schloss für einen kurzen Moment die Augen und atmete tief durch. "Ich dachte, ich käme zu ihm durch. Aber die haben ihn vollgepumpt. Ich konnte nichts machen..." Paul nahm sanft ihre Hand und strich mit dem Daumen darüber. Er achtete gezielt darauf, nicht das Pflaster zu treffen, dass die Kanüle im Handrücken festhielt. "Ich hätte reagieren sollen...ich hätte einen Warnschuss abgeben müssen...oder ihn verletzten...dann würdest du hier nicht liegen und ich...nun ja...ich würde es dir nicht übel nehmen, wenn du eine Weile mit uns nichts mehr zu tun haben möchtest..."
    Johanna nickte auf den kleinen Tisch, wo ihre Handtasche lag, Pauls Aussage komplett ignorierend. "Würdest du bitte meine Geldbörse raus nehmen? Ausserdem könntest du mir etwas rausnehmen, was in der Seitentasche ist?" Paul tat wie ihm befohlen und zog aus dem erwähnten Fach eine Halskette, an der ein kleiner Anhänger war, der ein Surfboard darstellte. Verdutzt sah Paul es an und ohne zu wollen, stiegen ihm die Tränen in die Augen. "Du hast das behalten?", murmelte er und Johanna nickte, als sie es annahm.
    "Du hast es mir ja geschenkt, nach dem Vorfall beim Ausflug, als du Semir und ich einen "Männerabend" miteinander gemacht hatten. Du wolltest es mir, gleich nachdem du es mir geschenkt hast, wieder aus der Hand reissen, als es dir peinlich war. Doch ich hatte eine solche Freude dran..." Sie atmete tief durch, die Lautstärke ihre Stimme erstarb und sie schaffte es nur noch, zu flüstern. Auch in ihren Augen, begannen sich Tränen zu sammeln. "Es war schleichend...aber immer mehr bemerkte ich, dass ich dich mehr als nur "mag". Doch...ich hatte immer so schlechte Erfahrungen mit gut aussehenden Typen. Ich wurde immer nur benutzt, oder lächerlich gemacht. Ich dachte also, dass du mich ebenfalls nur als gute Freundin siehst. Ich hatte mich schon damit abgefunden. Aber es war mir egal. Lieber, ich habe dich als guten Freund...als gar nicht." Sie zwinkerte kurz und die Tränen flossen die Wangen hinab.
    "Ich hab das von vorhin ernst gemeint...Joshi...ich..."
    "...ich liebe dich!", funkte Johanna dazwischen. "Ich mag die anderen, ich mag Semir, Andrea, die Kinder, Susanne, Jenny, die Chefin, Finn...aber ich LIEBE dich, Paul Renner."
    Sie nahm sanft seine Hand und versuchte, mit aller Kraft zuzudrücken. "Und ich lass dich nicht mehr gehen..." Pauls Finger umschlossen Johannas Hand und er richtete sich auf. Mit seiner freien Hand, strich er ihr die störenden Haarsträhnen aus dem Gesicht und danach gab er ihr einen innigen Kuss. "Ich liebe dich auch", flüsterte er ihr ins Ohr, nachdem er sich gelöst hatte.
    "Bring ihn zurück...bring Semir zurück...Paul...bitte"


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    "Wir müssen hier raus", begann Semir auf einmal und löste sich von Ben. "Ich bringe nicht noch jemanden um! Ich lasse mich nicht noch einmal missbrauchen! NICHT NOCH EINMAL!" Ben erschrak über das Echo, das vom Keller ausgelöst wurde. Semir begann alles abzusuchen. Nach einem Werkzeug, einer Türe, irgendeiner Möglichkeit, zu fliehen. "Semir...das bringt doch nichts!", murmelte Ben und Semir trat in einer Wut gegen die eiserne Türe. "Ich lasse das nicht mehr mit mir machen! Lieber bring ich mich um, als das ihr nochmals eine Nadel in mich reinsteckt!"
    "SEMIR!", mahnte Ben und Semir blickte ihn mit feuerrotem Kopf an. "Was?", keuchte er und Ben versuchte aufzustehen, jedoch gab sein verletztes Bein sofort nach und er sackte wieder auf den Boden. Semir ging sofort auf ihn zu und blickte ihn besorgt an.
    "Das ist der Semir den ich kenne...sorgvoll und ehrlich. Wehe du bringst dich um! Ich warne dich!" Semir blickte in Bens Gesicht und sah ein Lächeln. Ein sicheres Lächeln, dass Semir schon so lange nicht mehr gesehen hatte.
    "Wir haben schon Schlimmeres, gemeinsam überstanden, findest du nicht auch? Dann kriegen wir auch das hin! Findest du nicht auch?" Semir atmete tief durch und setzte sich neben Ben. Die Beiden lehnten sich gegen die Wand und starrten zur Decke. "Da hast du aber auch noch nicht auf meine Partner geschossen und eine Solo-Action-Performance abgeliefert! Es hat sich einiges geändert Ben..." Ben lachte, was Semir eine Augenbraue heben liess. "Mag sein, aber unser verdammtes, unheimliches Glück hat uns noch nie verlassen Semir! Und ich vertraue deinen Leuten. Wir werden hier schneller rauskommen als wir glauben. Und dann wirst du dich bei Johanna entschuldigen können. Denn ich bin mir sicher, dass sie noch lebt!"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • "Das tue ich", versprach Paul und küsste sie nochmals. "Und du wirst mir wieder gesund! Denn das wäre der schlimmste Korb, den ich je erlebt hätte!" Johanna lächelte kurz und verzog dann das Gesicht. "Nicht so eine gute Idee, Witze zu erzählen Schatz...", flüsterte sie und Paul küsste sie auf die Stirn.
    "Pass' auf dich auf!" Ungern liess er sie los und ging aus dem Zimmer, wo Kim und Alex standen und die Köpfe zu ihm drehten, als er die Türe hinter sich zugezogen hatte. "Wir werden unseren "Bunker" zu Brandts alter Wohnung verlegen.", kündigte sie und Paul strich sich mit der gesunden Hand durch die Haare. "Alles schön und gut", murmelte er, "aber wir haben den Laptop nicht mehr. Joshi hat dort das Video von ihrem Hack drauf!" Kim grinste und zwei kleine Falten, umspielten ihren Mundwinkel. "Bitte Renner, ich mache so was nicht zum ersten Mal", lächelte sie und zog aus ihrer grossen Handtasche den Laptop nur so knapp hervor, dass die eine Ecke zu sehen war.
    Paul sah sie mit grossen Augen an. "Schauen Sie nicht so entsetzt, ich lerne nur von meinen Männern", scherzte sie und lief voraus, während Alex sich an Pauls Seite gesellte.
    "Geht's?", fragte er und Paul atmete tief durch. "Ich hätte sie beinahe verloren, Alex...sorry, dass du dir das alles mit anhören musstest." Alex winkte ab. "Darüber machst du dir keine Gedanken. Schau eher zu dir, siehst ein bisschen blass aus!" Paul blickte kurz in einen der Spiegel, die an der Wand hingen und tatsächlich. Sein Ebenbild war schneeweiss und die Augenringe hätten beinahe einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde verdient gehabt.

    "Wir sollten Johannas Vater Fragen, oder auch Julian, ob er kurz nach deiner Schulter sehen könnte. Schliesslich steht dir noch eine Hauttransplantation bevor und..."

    "...das hat Zeit...", winkte Paul ab und zog Alex mit sich. "Solltest du uns nicht zeigen, wo dein Container ist?"


    Alex löste sich von Pauls Griff. "Wie gesagt, den zeige ich dir erst, wenn du das anschauen lässt!" Paul schnaubte und blickte hilfesuchend zu Kim. Diese verschränkte die Arme und zog eine Augenbraue hoch. "Da erhaschen Sie bei mir keine Hilfe, Renner. Ich stehe auf Brandts Seite. Es ist unsere Bedingung. Wenn Sie noch weiter an Bord sein wollen, lassen Sie sich untersuchen!" In diesem Moment kam Julian und blickte die Gruppe an. "Ah, Schimke. Gut dass Sie da sind", begann die Chefin, "könnten Sie einen Blick auf unseren Patienten werfen?" Julian verstand sofort. "Sicher. Untersuchungsraum 3 ist gerade frei. Der war am Morgen noch besetzt, weil ein Gerät gewartet wurde."
    Mit einem Grummeln folgte Paul ihnen und liess sich von Julian auf den Untersuchungstisch bitten. Vorsichtig zog Julian Paul den Pullover aus und begann den Verband zu lösen, worauf Paul kurz zusammenzuckte und das Gesicht verzog. "Es tut also weh?", fragte Julian beinahe schon schnippisch und Paul sagte nichts.
    "Alex, Hauptkommissarin Krüger, würden Sie bitte kurz das Zimmer verlassen?" Alex und Kim sahen sich fragend an, gingen aber mit einem Nicken hinaus.


    "Hör mal, du alter Brummbär. Wenn du meinst, Schmerzen ertragen zu müssen und nicht mehr mit uns zu sprechen, weil das mit Joshi passiert ist, hast du dich aber kräftig geschnitten!" Paul blickte Julian an der sanft lächelte. "Ich bitte dich Paul, ich bin nicht blöd, sonst wäre ich ja auch nicht Mediziner. Wie Barbara wahrscheinlich dir schon gesagt hat. Joshi ist eine erwachsene Frau. Sie wusste, in welche Gefahr sie sich begeben hat. Du bist nicht Atlas, du kannst nicht alles auf dich nehmen." Julian sah die Wunde an. "Glück hast du jedenfalls gehabt, entzündet ist nichts!" Paul atmete tief durch.
    "Meinst du, Barbara und Richard sind sauer auf mich?"
    Julian schüttelte mit dem Kopf.
    "Als du einmal an dem Familienfest als Johannas Begleitung warst, hat es jeder gesehen Paul. Sie würde dir in den Tod folgen. Und für den, den man liebt, bringt man Opfer. Da zählt auch Joshi dazu. Und das wissen Richard und Barbara. Ansonsten wären die Beiden nicht schon über 35 Jahre glücklich zusammen."

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • "Vielleicht...", murmelte Paul und liess die Prozedur geduldig über sich ergehen. Fachmännisch reinigte Julian die Wunde und begann, die Wunde neu zu verbinden. "Ich gebe dir auch Medikamente mit. Mit denen solltest du nicht unbedingt Autofahren, okay?" Paul lachte kurz auf. "Sagst du einem Autobahnpolizisten, du hast Humor!", grinste er und Julian zuckte mit den Achseln. "Ich war schon immer als Klassenclown bekannt.", bemerkte er nur kurz und fixierte den Verband. "Okay. Das hätten wir. Mit dem entlasse ich dich!" Paul stand auf und zog sich seine Kleidung wieder an. Jedoch blieb er bei der Schulter hängen und atmete stark durch. "Komm her, du Dickkopf", seufzte Julian und half Paul, sich anzuziehen. "So. Und wie gesagt, Schau zu dir. Sonst entzündet sich die Wunde und das kann zu einer Blutvergiftung führen. Ausserdem kann sich der Heilungsprozess dadurch verzögern und das mit der Hauttransplantation muss verschoben werden!"
    "Aye, aye Captain", murmelte Paul und nahm eine kleine Plastiktüte von Julian entgegen. "Ihr findet ihn Paul. Du bist doch n' Surfer. Jede Welle wird geritten, so schwierig sie auch ist! Oder?"
    Seit langem lächelte Paul mal wieder aus vollem Herzen. Er nickte. "Allerdings. Gut gesprochen!" Sie gingen beide hinaus, wo Alex und Kim schon auf sie warteten. "Fertig?", fragte Kim und Paul nickte. "Wir können los. Julian?" Der junge Arzt blickte neugierig zu Paul. "Könntest du den Beiden sagen..." Julian winkte ab. "Das wissen sie", lächelte er und verabschiedete sich.
    "Okay, fahren wir!", bestimmte Alex und lief mit den anderen Beiden zum Wagen, wo sie sich hineinsetzten und zu Alex alten Container fuhren.
    "Also dann, willkommen in meinem alten Heim!", sagte Alex, als sie das "Wohnzimmer" betreten hatten und Paul sich auf die Couch setzte, während Kim Johannas Laptop hervorholte und ihn an den Strom anschloss. "Die Schrankmann wird sie dafür umbringen!" Auf Alex Kommentar hob Kim die Augenbraue hoch und rollte mit den Augen. "Sie wird uns alle umbringen! Bis sie erfährt, dass wir wieder ihre Drecksarbeit gemacht haben. Dann wird sie wieder zahm wie ein Lamm. Wir kennen diese Frau doch. Grosse Klappe, nichts dahinter!", erwiderte sie sofort und rief Johannas Notizen und das Video auf. "Sehen wir, zu, dass es dieses Mal genau gleich wird. Ausserdem, kann Sie Renners Lippen nicht abweichen. Nicht wahr, Renner?" Kim sah auf, als sie keine Antwort erhalten hatte und sah, dass Paul eingeschlafen war.
    "Brandt?", flüsterte sie und Alex, der gerade den Kühlschrank einräumte mit den Lebensmitteln, die sie auf dem Weg eingekauft hatten, blickte auf. "Haben Sie eine Decke?"
    Neugierig sah Alex auf die Couch und nickte dann. Aus einem Regal nahm er eine Wolldecke hervor, klopfte den Staub ab und Kim legte Paul in eine bequemere Position hin, bevor Alex die Decke über ihn drüber legte. "Kommen Sie zur Küchentheke", murmelte Alex und Kim nahm die Dinge an den erwähnten Ort.


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    "WAS? DIE LEBT NOCH?" Semir und Ben horchten auf, als eine tiefe, krächzende Stimme deutlich zu hören war. Semir begab sich sofort zur Türe und begann zu lauschen. "Anscheinend hat Gerkhan nicht richtig getroffen. Sie ist im Krankenhaus. Sollen wir nachgehen?", war nun eine höhere Stimme zu hören. "Nein, das wäre zu gefährlich. Sie sind sicher vorbereitet. Ausserdem, wäre zwei Mal der gleiche Zug nicht sinnvoll."

    Semir atmete durch und spürte, wie seine Knie nachgaben. "Was ist los?", fragte Ben und Semir blickte mit einem erleichterten Lächeln zu ihm. "Johanna lebt...", flüsterte er und Ben nickte grinsend. "Siehste? Habe ich doch gesagt!", sagte er begeistert und Semir hob die Hand, als er die Stimmen erneut hörte. "Was machen wir denn nun? Wir können Gerkhans Familie nicht lokalisieren! Wahrscheinlich muss die Krüger etwas geahnt haben! Ich weiss es nicht genau!"

    "Wir dürfen uns nicht aus der Ruhe bringen lassen! Die Zwei die wir wollen, haben wir in unserer Gewalt. Und den tödlichen Schuss auf meinen lieben Conrad hat Jäger abgefeuert. Brauchen wir unseren lieben Deutschtürken noch einmal! Ich habe da nämlich eine Idee! Aber lass' uns zuerst alles durchgehen!" Semir hörte, wie sich die Stimmen entfernten. "Scheisse!", zischte er und löste sich augenblicklich von der Türe. "Was ist?", fragte Ben nun wieder ungeduldig. "Die wollen, dass ich dich umbringe. Oder verletzte, oder irgendwas! Scheissegal was! Aber das lasse ich nicht zu!"
    "Ja super, was wollen wir machen? Die haben das Mittel. Sobald die dir das spritzen, weisst du doch, was passiert!..." Ben erblickte Semirs Gesicht. "Oder hast du eine Idee?"
    "Ja habe ich, aber dazu brauche ich ein Handy..." Ben grinste. "Lass' das mal meine Sorge sein!"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Semir erschrak als Ben auf einmal aufschrie und sich zusammenkrümmte. Doch bevor Semir auf ihn zuging, zwinkerte er ihm schnell zu und Semir begriff. Er rannte zur Türe und begann auf ihr zu hämmern. "Wir brauchen Hilfe! Bitte! Hilfe!", schrie er aus voller Kehle und es dauerte keine zwei Sekunden und das Schloss drehte sich. Einer der Männer kam hinein und ging sofort auf Ben zu. "Meine Fresse! Hör auf hier so rumzuschreien!", befahl er barsch und bemerkte nicht, wie Semir hinter sich die Türe zuzog.
    "Es tut so weh! Bitte...", flehte Ben und ergab sich vollkommen seinem Schauspiel. Hätte es Semir nicht besser gewusst, hätte er gedacht, dass Ben wirklich unter schlimmen Schmerzen leiden würde. "Man hör auf mit der Scheisse!" Der Mann wollte ausholen, um Ben zu treffen, doch Semir war schneller. Er faltete seine Hände zusammen und schlug mit der Konstruktion auf den Nacken des Mannes. Er ging mit einem Ächzen zu Boden und blieb liegen. "Okay, los!", keuchte Ben und durchsuchte den Mann, worauf er ein Handy gefunden hatte. Schnell steckte er es ein und legte sich dann wieder in die alte Position zurück, als die Türe wieder aufging und nun ein Mann beachtlicher Grösse den Raum betrat.
    "Verdammt, was ist hier denn los?", knirschte er und Semir drehte sich um. "Mein Freund hat Schmerzen und Ihr verdammter Kollege wollte ihn schlagen, ich musste was tun!" Der Hüne zog eine Augenbraue hoch, schubste Semir auf den Boden und warf eine Wasserflasche, sowie Schmerzmittel vor Ben hin. "Und nun ist Schluss!", befahl er barsch, zog die Türe hinter sich zu und verschloss sie. "Puh...", keuchte Semir und Ben zog mit einem Grinsen das Handy hervor. "Bingo!", sagte er triumphierend und reichte Semir das Gerät. "Also, was ist dein Plan? Ich meine, bei dem Keller haben wir keinen Empfang. Jedenfalls zum telefonieren reicht's nicht!"
    "Ich nehme an, als ihr nach mir klammheimlich gesucht habt, war das Johannas Laptop, den ihr mitgenommen habt, oder?" Ben nickte. "Gut, dann sollte es klappen. Ich weiss drum, dass Johanna, wenn sie ihr Handy ausgeschaltet hat, eine sogenannte Funktion drin hat, die alle Nachrichten auf ihren Laptop überweisen. Sprich, jemand sollte die dann lesen. Und für Nachrichten sollte der Empfang reichen!"
    Ben nickte beeindruckt. "Aller Achtung. Aber was, wenn jemand anderes den Fall übernommen hat? Ich meine, die Sache mit Johanna ist nicht unbemerkt geblieben!" Semir zuckte mit den Achseln. "Hauptsache, wir kommen hier raus! Oder?" Ben wippte mit dem Kopf hin und her. "Guter Punkt", stimmte er zu und Semir begann, mit dem Handy eine Nachricht zu schreiben. Als Mann alter Kinderstube, hatte er natürlich alle Wichtigen Telefonnummern in seinem Kopf gespeichert gehabt.


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    Mit einem Seufzen lehnte Kim sich zurück und strich sich übers Gesicht. "Ich glaub ich hab's!", stöhnte sie und Alex, der gerade Kaffee einschenkte, hob eine Augenbraue. "Was denn?", fragte er neugierig und Kim winkte ihn zum Laptop.
    "Ich habe die Sache mit Dario Conrad nochmals genau angeschaut. Ich konnte einfach nicht glauben, dass der Mann noch lebt. Schliesslich hatte ihn Jäger genau ins Herz getroffen. Also habe ich Nachforschungen angestellt!" Sie zeigte eine alte Geburtsurkunde. "Conrad hatte einen Zwilling?", fragte Alex erstaunt und Kim nickte. "Normalerweise sagt man ja immer: "Es kann kein Zwilling gewesen sein". In diesem Fall, scheinen wir aber direkt in einen Racheakt geraten zu sein. Deshalb wird der Fokus auch auf Gerkhan und Jäger gelegt." Alex nickte verstanden. "Macht Sinn. Das heisst, wir wissen nun wahrscheinlich, wer es war, aber nicht, wo die Beiden sind!" Niedergeschlagen pustete Kim kurz. "Ja...heisst es!", stimmte sie Alex zu und erschrak kurz, als ein Comic-Jingle erklang und eine Nachricht aufklappte. "Was zur...?" Alex blickte auf den Bildschirm. "Das gibt's nicht!", stiess er aus und nun sah sich Kim die Nachricht genauer an.



    Wir leben noch! Könnten Hilfe gebrauchen!


    Das Handy von dem ich schreibe ist an! Verfolgt es zurück!
    Semir

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • "Gerkhan...", murmelte Kim und nahm sofort ihr Handy hervor und wählte eine Kurznummer. "Dorn?", meldete sich Jenny am anderen Ende. "Dorn! Wir brauchen sofort eine Nummern-Rückverfolgung!" Kim hörte das Klackern einer Tastatur am anderen Ende. "Schiessen Sie los, Chefin!" Kim las im Eiltempo die Nummer hinunter. "Ich melde mich sobald, ich was habe!", versprach Jenny und hängte auf. "Das ist alles?", fragte Alex. "Ich nehme an, sie werden von der Schrankmann überwacht. Aus diesem Grund spricht sie so knapp.", antwortete Kim und legte das Handy auf den Tisch. Sie lief auf ihre Tasche zu und nahm drei Waffen im Holster hervor. Ausserdem, legte sie einige Reservemagazine daneben, als sie alles auf dem Esstisch vorbereitete.
    Alex kniete inzwischen vor dem schlafenden Paul und rüttelte ihn leicht am Arm. "Paul...?" Tatsächlich öffneten sich Pauls Augen und er sah um sich. "Bin ich eingeschlafen?", fragte er ertappt und Alex winkte ab. "War auch gut so! Wir brauchen dich nun wach!" Paul begriff sofort. Er richtete sich auf und ging zu Kim, die eine Waffe nahm und sich den Holster am Gürtel befestigte. "Wo?", fragte Paul direkt. "Das wissen wir noch nicht Renner, Dorn ortet sie gerade, aber sehen Sie auf den Bildschirm!" Paul lief sofort zum Laptop und sah sich die Nachricht an. "Sie leben...", flüsterte er erleichtert und ging zurück zum Tisch und nahm sich ebenfalls ein Holster. "Wie gehen wir vor?", fragte Alex und nahm das Magazin aus der Waffe um es zu überprüfen.
    "Wir werden uns zuerst über das Gebäude informieren, bevor wir zuschlagen. Immerhin sind wir nur zu Dritt!", antwortete Kim.
    "Wir gehen also alleine vor?" Kim nickte auf Pauls Frage. "Ja, anderweitig ist es zu gefährlich. Jedenfalls für Gerkhan und Jäger. Wir lassen Conrad und seine Schergen im Dunkeln." Paul blickte auf. "Wie, Conrad? Er ist tot!"
    "Sein Zwilling. In diesem Fall ist es tatsächlich mal ein rachsüchtiger, Zwilling", klärte Alex, Paul sofort auf und dieser rollte mit den Augen. "Klischeehafter geht's wohl nicht...", grummelte er und Alex zuckte mit den Achseln.
    "Nur könnte es dieses Mal wirklich tödlich enden...deshalb müssen wir jeden Schritt genau beachten! Gerkhan und Jäger müssen auch informiert sein!", warnte Kim zur Vorsicht. "Ich schreibe Ihnen eine Antwort!", murmelte Paul und ging zum Laptop.


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    Semir blickte besorgt zu Ben als dieser scharf einatmete und sein verletztes Bein versuchte, bequemer zu lagern. "Geht's?", fragte Semir und Ben schüttelte ehrlich mit dem Kopf. "Keine Ahnung, es zwickte schon die ganze Zeit, aber langsam wird's schlimm...", murmelte er und Semir riss mit einem Ruck die Jeans auf und sah sich die Wunde an. Die Gegend um den Einstich, war verfärbt und eine rote Linie, begann sich von der Wunde Richtung Hüfte zu schlängeln. "Scheisse", murmelte Semir und atmete tief durch.
    "Was?", fragte Ben und Semir sah ihn an. "Blutvergiftung", antwortete Semir knapp und Ben lachte falsch auf. "Ja super, das passt ja!", stiess er aus und sein Gesicht verzog sich zu einer schmerzverzerrten Fratze. "Au, verdammte Scheisse!"
    Semir blickte aufs Handy. "Wir müssen hier raus! Jetzt! Du musst dringend zu einem Arzt!" In diesem Moment vibrierte das Handy und Semir schmiss es beinahe vor Schreck weg. Jedoch konnte er es im rechten Moment noch auffangen und öffnete sofort die Nachricht.





    Haltet durch, Jungs! Wir sind unterwegs!
    Lassen euch sicher nicht alleine!
    Paul

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Kim zuckte auf, als ihr Handy vibrierte. Sie blickte auf den Display und sah Jennys Nummer. Sofort nahm sie ab.
    "Dorn?"
    "Ich halte mich kurz, Chefin! Sie befinden sich in einer alten Bauruine, die eigentlich mal ein Kaufhaus werden sollte, nahe Hürth! Ich habe Ihnen die Adresse geschickt!"
    "Super, Danke Dorn!"
    "Passen Sie auf sich auf."
    Kim hängte auf und blickte auf den Display. Tatsächlich öffnete sich sofort ein Fenster mit der Adresse. "Okay, es geht los!", murmelte Kim und die Männer steckten ihre gesicherten Waffen in die Holster. Alex packte den Wagenschlüssel und gemeinsam gingen sie hinaus. Kim begab sich sofort zur Rückbank. "Chefin?", fragte Alex verwundert. Kim gab, von Paul unbemerkt, kurz einen deutlichen Blick und Alex verstand. "Alles klar, einsteigen!", befahl Alex und alle taten, wie ihnen gesagt. Ohne auf ein OK zu warten, startete Alex den Motor und fuhr los.
    Die Stille im Wagen war beinahe erdrückend. Jeder blickte aus den Fenster. Je näher sie sich der Anlage näherten, umso greifbarer war die Spannung. Alex parkte ein paar Meter entfernt und stieg als Erster aus. Die anderen folgten ihn und Kim rief eine App auf, die jegliche Routen mit Fotografien dokumentiert hatte. "Es gibt einen riesigen Lüftungsschacht, der hineinführt. Wir könnten durchrobben!" Kim und Alex sahen Paul an. "Ernsthaft? Jetzt? Natürlich komme ich da durch.", erwiderte Paul.
    "Renner. Bitte vergessen Sie nicht..."
    "Chefin, ich komme klar!", versicherte Paul nochmals und Kim stöhnte. "Meinetwegen", seufzte sie niedergeschlagen und zusammen mit den beiden Männern kletterte sie einen kleinen Schutthang hinunter und betrat den Lüftungsschacht. In gekrümmter Haltung, kamen sie vorwärts, jedoch nur zögerlich und langsam. Kim bewegte die Männer mit einer Handgeste dazu, anzuhalten, als Stimmen zu hören waren. "Wieso habt ihr Gerkhan eigentlich nicht wieder gefesselt, darf ich das noch erfahren?", war eine gehässige Stimme zu hören.
    "Komm schon, Andreas, der wird sich nicht wehren. Wir haben den so im Griff, wenn wir Jäger bedrohen, wird das kein Problem sein!"


    Andraes Conrad war nun deutlich durch das Lüftungsgitter zu sehen. "Er sieht wirklich aus wie Dario Conrad", flüsterte Paul und Kim musste ihm mit einem Nicken zustimmen. "Nur ruppiger.", fügte sie ihrer Geste hinzu.
    "Geht in den Keller und behebt das! Auf Vermutungen will ich mich nicht verlassen!", schrie Andreas und die Männer gingen mit einem Augenrollen davon.
    "Geht in den Keller, ich bleibe hier!", flüsterte Paul, während Kim und Alex ihn ansahen. "Auf keinen Fall", zischte Alex und Paul grinste. "Ich bitte dich, sieh' ihn dir an. Mit dem werde ich noch mit mehreren kaputten Knochen fertig. Ausserdem sind die Beiden, die nun nach unten gehen, kräftiger und da braucht es gesunde Leute, die gegen die ankommen können!" Kim verzog den Mund. "Renner hat Recht, so ungern ich es zugebe", murmelte sie und schob Alex nach vorne. "Viel Glück", sagte sie und Paul lächelte kurz und sah, wie die Beiden in der Dunkelheit des Kanals verschwanden.
    Paul atmete tief durch, entsicherte seine Waffe und blickte auf Andreas hinunter. Er spürte, wie die Wut hochkochte. Dieser Mann war für alles verantwortlich. Für seine Verletzungen, für Beatrice Bruns Tod, Semirs Leid und Johannas Krankenhausgang.
    "Sie können runterkommen, Hauptkommissar Renner, bringen wir es zu Ende!"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Kim und Alex kletterten den Schacht hinunter und fanden sich im Keller wieder. Die Männer traten aus einer geöffneten Türe hervor und einer zog einen Schlüssel aus der Hosentasche. "Man, Andreas hat auch Nerven. Was soll der kleine Türke uns schon antuen können. Sobald wir nun eine Andeutung auf Jäger machen, friert er ein.", knurrte der Eine und der Andere nickte seufzend. "Der wird langsam verrückt wegen seiner Rachegelüste. Glaub' mir, die Kohle ist das Einzige, was mich nicht daran hindert, einfach rauszugehen!"
    Kim schüttelte mit dem Kopf, während Alex langsam das Gitter des Schachtes entfernte und hinausschlich. Gemeinsam mit Kim, liefen sie hinter den Männern her und Alex reagierte als Erstes. Er schlang einen Arm um den Hals des Mannes und drückte die Waffe gegen die Schläfe. "Keine Bewegung, oder es knallt", zischte Alex und Kim hielt ihre Pistole gegen den Zweiten gestreckt. "Kann ich nur Wiederholen", knurrte sie, als beide Männer geschockt um sich blickten. "Schlüssel", befahl Kim knurrig und streckte die freie Hand entgegen.
    "Schon gut!", zischte der eine und warf Kim den Schlüssel entgegen. Alex hingegen, nahm Packet band hervor, das er zuvor mitgenommen hatte und fesselte die Männer. Kim währenddessen, nahm den Schlüssel und öffnete das Schloss. Als Erstes erblickte sie Gerkhan, der sich sofort aufrichtete. "Chefin", stiess er aus, rannte auf sie zu und umarmte sie. Kim erschrak für einen kurzen Moment, erwiderte danach jedoch die Umarmung. "Gott sei Dank", flüsterte sie und lächelte Semir an, als sich dieser löste. "Chefin...Ben...er..." Kim kniete zu Ben hinunter. "Jäger, schön Sie mal wiederzusehen. Und das ausserhalb eines Verhörraumes." Ben konnte sich ein kurzes Kichern nicht verkneifen, jedoch verzog er das Gesicht und hielt sich am verletzten Bein. "Wir müssen ihn hier sofort wegbringen. Es scheint, als bekomme er eine Blutvergiftung!", keuchte Semir und umarmte dann Alex stürmisch, als dieser den Raum betreten hatte. "Gut dich zu sehen...", atmete Alex erleichtert aus und Kim öffnete mit einem weiteren Schlüssel, Bens Fessel. Ben selbst, stöhnte, als der Blutfluss durch seine Adern wieder reibungslos von statten ging. "Okay, Brandt, wir müssen Jäger hier rausbringen." Alex gab Semir die Waffe in die Hand, ging zu Ben und stützte ihn. "Bereit?", fragte Kim an Semir gewidmet. Semir sah die Waffe an, atmete tief durch, entsicherte sie und nickte. "Bereit!"


    ----------------------------------------------------------


    Paul kletterte aus dem Lüftungsschacht und hielt die Waffe im beidhändigen Anschlag auf Andreas Conrad gerichtet. "Tatsächlich ein Zwilling", murmelte Paul und Andreas zuckte mit den Achseln. "Scheiss Heimvergangenheit. Wusste erst vor ein paar Jahren, dass ich einen Bruder habe...aber dann müssen Sie sich ja in seine Machenschaften einmischen. Eigentlich, hätten Sie derartige Bestrafungen nicht verdient gehabt Renner. Sie waren ja kaum daran beteiligt, da Sie von Jäger niedergeschossen wurden. Aber Sie müssen ja so loyal gegenüber Gerkhan sein! Warum auch immer!"
    Paul hob die Waffe an. "Versuchen Sie es gar nicht, Conrad. Auf Ihre Spielchen, falle ich nicht rein!" Conrad hob die Arme. "Was wollen Sie nun, dass ich mich auf die Knie begebe und warte, bis Sie mich fesseln?", fragte er und Paul sah, wie Conrad all diese Dinge tat. Jedoch, bevor Paul reagieren konnte, packte Conrad einen Haufen Bauschutt und schmetterte ihn Paul ins Gesicht. Sofort begannen Pauls Augen zu brennen und verkrampfte sich für einen Moment. Conrad nutzte diese Gelegenheit, stürzte sich auf Paul und schleuderte ihn zu Boden. Pauls Waffe fiel aus seiner Hand, schleifte über den Boden und fiel in ein offenes Loch, wo die Waffe im Abwasser verschwand.
    Kaum hatte sich Paul wieder gesammelt, winkelte er sein Knie an und stiess es Conrad in die Seite. Conrad torkelte zurück und konnte Paul noch packen, als dieser angreifen wollte. Sie stolperte auf eine Tür zu, die nachgab. Gemeinsam stürzten die Beiden ein paar Meter in die Tiefe und fielen in das angesammelte Regenwasser, wo sie regungslos liegen blieben.

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Semir und Kim gingen voraus und hielten die Waffen im beidhändigen Anschlag, während Alex versuchte, Ben so viel Gewicht wie möglich abzunehmen. Denn er bemerkte schnell, dass Ben kaum auftreten konnte. Sein verletztes Bein zitterte unendlich und jedes Mal, wenn er aufkam, stöhnte er kurz auf.
    "Geht's?", fragte Alex und Ben atmete tief durch. "Ein Indianer kennt kein Schmerz...", knirschte er und Alex rollte mit den Augen. Gemeinsam liefen sie den langen Gang entlang und überprüften jeden Raum der alten Bauruine. "Sieht aus, als wären wirklich nur die Beiden, neben Conrad, gewesen", flüsterte Semir. "Was logisch wäre, schliesslich ist so ein Racheakt heikel. Da kann man sich nicht jedem anvertrauen", erwiderte Kim und erblickte mit Semir dann einen Raum, der wie ein kleines Büro eingerichtet war. Auf dem alten Holztisch lag ein Tablett und die Wände waren mit wasserfestem Filzstift beschmiert worden. Zeitungsartikel von Semir und Ben aus vergangenen Zeiten, hängten inmitten dem Geschmiere. "Oh mein Gott...", flüsterte Kim und Ben schnaubte kurz. "Er war anscheinend wirklich sauer auf euch", murmelte Alex und Kim nahm ihr Handy hervor. Sie wählte eine Kurznummer und Susanne nahm ab.
    "Chefin, sollten Sie nicht..."
    "...König. Schicken Sie das KTU und die Kollegen an die Adresse, die Dorn uns durchgegeben hat. Wir haben hier alles auf dem Präsentierteller und haben der guten Schrankmann wieder die Arbeit abgenommen", sagte sie mit leiser Stimme. "Habt ihr Sie gefunden?", fragte Susanne und die Hoffnung war deutlich in ihrer Stimme zu hören. "Wir haben Sie. Wir sammeln nur noch Renner auf. Hoffentlich, ist ihm nichts passiert."
    "Alles Klar, Sie können sich auf mich verlassen!"
    "Das kann ich immer König, vielen Dank!" Kim hängte auf und nickte nach vorne. Die Männer nickten und liefen mit ihr weiter.


    Alex hob auf einmal den Kopf. "Hört ihr das auch?", zischte er und Kim, sowie Semir drehten sich um. "Was, denn?", fragte Semir und Alex hielt mit einer Handbewegung ihn an, zu schweigen. Plötzlich hoben alle ihre Köpfe, als sie das Plätschern von Wasser hörten, das von einer menschlichen Bewegung her kam. "Das kommt von da hinten!", flüsterte Kim, wies in die Richtung. "Brandt, Sie bleiben mit Jäger hier!", wies sie sofort an und rannte mit Semir in die Richtung des Geräusches. Sie fanden zwei regungslose Körper vor, die in den Pfützen lagen. "Paul...", stiess Semir aus, rannte sofort auf den Körper zu und bemerkte, das Paul seitlich lag. Seine Atmungsorgane schwebten nur knapp oberhalb des Wassers. Sofort drehte Semir ihn um und sah, dass aus einer Platzwunde auf Pauls Stirn, eine beachtliche Menge Blut geflossen war. "Paul...hey...", flüsterte Semir und gab ihm leichte Klapse auf die Wange. "Komm schon, wach auf...", flüsterte er beinahe verzweifelt und fühlte mit zwei Fingern den Puls, der deutlich von Pauls Hals zu spüren war.
    "Gott sei Dank...", murmelte Semir. "Komm schon Paul! Na los! Aufwachen!" Er blickte auf Kim, die den Puls von Conrad fühlte. "Er ist tot...", murmelte sie und sah, wie die Haut am Hals deutlich spannte, da ein Knochen dagegen drückte. "Genickbruch...", stellte sie fest und ging zu Semir, der Paul noch einmal einen Klaps auf die Wange gab und tatsächlich, zitterten Pauls Augenlider und hoben sich.
    "Semir...", keuchte Paul und klammerte sich sofort um seinen Partner. "Gott sei Dank...", schluchzte Paul und Semir drückte ihn an sich und war ebenfalls den Tränen nahe. "Es tut mir so leid...für alles...es tut mir so leid Paul..." Kim schniefte ebenfalls und legte beiden Männern je eine Hand auf die Schultern. "Gehen wir...raus aus diesem Alptraum..."

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Johanna blickte auf, als es an ihrer Türe klopfte. "Herein?", fragte sie leise und richtete sich unter Schmerzen auf, da sie ein wenig runtergerutscht war. Tatsächlich bewegte sich die Türe und Semir betrat den Raum. Johanna sah genau, dass er voll seiner Sinne war. Er wirkte abgekämpft, müde und älter als je zuvor. Aber er war da.
    Sie legte die Hände auf den Mund und spürte die Tränen aufkommen. "Semir...", flüsterte sie und Semir ging auf sie zu. "Es tut mir so leid...", sagte er kaum hör bar, kniete vor ihrem Bett und versteckte sein Gesicht in den Händen. "Es tut mir so leid...ich wollte das nicht! Wegen mir liegst du nun hier!" Johanna beugte sich, trotzt höllischer Schmerzen, nach vorne, griff mit den Händen unter seinen Achseln und deutete ihm so an, sich aufzurichten. Semir blickte ihr in die Augen und bevor er etwas sagen konnte, drückte Johanna ihn mit aller Kraft die sie innehatte an sich und begann zu weinen. "Du bist wieder da...", schluchzte sie, "Gott sei Dank..."
    Semir legte seine Arme um sie und achtete darauf, keine Kabel oder Schläuche zu spannen. "Allah sei Dank lebst du noch!", murmelte Semir und spürte auch bei sich die Tränen, wie sie seine Wangen hinunterliefen. Denn er hatte die junge Frau gern gewonnen. Wie Hartmut, Susanne, Jenny oder Finn, gehörte sie zur Familie. Sie war ein Teil des Ganzen. Und er hatte diesen Teil beinahe entfernt.
    "Da müssen die Typen dir schon stärkere Drogen einflössen, um mir einen tödlichen Schuss zu versetzten!", erwiderte Johanna und löste sich langsam. Ächzend legte sie sich wieder richtig hin und Semir half ihr dabei. "Was ist passiert, wo sind die Anderen?" Semir setzte sich auf den Stuhl. "Paul wird gerade noch untersucht, hatte noch einen rechten Schlag auf den Kopf gekriegt. Alex ist der Chefin bei Ben. Seine Wunde wird gerade angeschaut, als er mit mir mitgekommen ist, hatte ihn einen der Männer ins Bein gestochen und die Wunde zeigte schon Anzeichen einer Blutvergiftung." Johanna atmete tief durch. "Aber...allen geht es "einigermassen" gut?" Semir nickte. "Ja...dich hat's am Schlimmsten erwischt!" Genervt rollte Johanna mit den Augen. "Dir haben wahrscheinlich schon alle gesagt, dass es nicht deine Schuld ist Semir! Und ich fange erst gar nicht damit an!" Wie ein zu Unrecht bestraftes Kind, blickte Semir kurz auf den Boden und erblickte dann in Johannas Händen die kleine Kette mit dem Surfboard als Anhänger. "Du hast das immer noch?", fragte Semir und Johanna nickte. "Ähm...ja...während deiner Abwesenheit...ist noch etwas passiert...", stammelte sie und Semir sah, wie sich Johannas Wangen erröteten. Und er begriff. "Na endlich...", seufzte er glücklich und Johanna zog eine Augenbraue hoch. "Endlich?"
    Bevor Semir etwas antworten konnte, öffnete sich die Türe erneut und Andrea trat hinein. "Semir...", flüsterte sie und der Schreck war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben, als sie Johanna erblickt hatte. "Gott...Joshi..."
    "Woher weisst du?"
    "Die Schrankmann hat mich informiert. Ich...mein Gott...ich würde euch am liebsten alle eine reinhauen! Ich hätte euch helfen können!"
    "Du hast drei Kinder bei dir gehabt, warst bei deinen Eltern und dein Mann war (durch Drogen) eine wehrlose Puppe geworden, die Menschen umbringt...was denkst du, warum wir nichts gesagt haben!", erwiderte Johanna unbeeindruckt und Andrea atmete tief durch. Ihre böse Miene entwich einem traurigen Gesicht und sie ging auf Semir zu, umarmte ihn und küsste ihn innig. "Nie wieder, hörst du! Nie wieder!", zischte sie und Semir nickte. "Natürlich. Ich möchte das auch nie wieder..."
    Danach ging sie auf Johanna zu und umarmte sie ebenfalls. Ohne ein Wort zu sagen. Doch die Beiden wussten genau, was sie einander hätten sagen sollen, also war eine Konversation nicht nötig.


    Es klopfte erneut und Paul kam hinein. Ein grosses Pflaster klebte nun auch noch auf der Stirn des bleichen Gesichtes. "Andrea...", sagte er erstaunt und Andrea verschränkte die Arme. "Mhm...", sagte sie bloss und sah mit grossen Augen und geöffneten Mund Paul zu, wie dieser auf Johanna zuging und ihr einen Kuss gab. "Etwas Gutes, hatte die Sache", flüsterte Semir und Andrea begann zu Lächeln. "Irgendwie haben es die Autobahnpolizisten immer, dass man sterbend vor ihnen liegen muss, bevor sie einem die Wahrheit sagen, furchtbar!", sagte sie sanft und blickte Semir tief in die Augen, der ertappt hin und her zu blicken begann. "Keine Ahnung wovon du redest!", brummelte er und ging dann auf das verliebte, frische Pärchen zu. "Alles ok Paul?" Paul löste sich von Johanna. "Als ob eine leichte Gehirnerschütterung bei meiner jetzigen Akte noch n' Unterschied macht. Tut nur weh, mehr nicht.", antwortete er und Johanna nahm erneut Semirs Hände. "Gib' dir nicht daran die Schuld Semir! Tu's einfach nicht bitte!", sagte sie bestimmt und drückte ihn an sich. "Ich bin nur froh, dass du wieder da bist!"
    "Das sind wir alle", ergänzte Paul und drehte sich verwirrt um, als es erneut klopfte und eine wenig erfreulichere Visage den Raum betrat. "Staatsanwältin Schrankmann?"

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

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  • "Meine Damen, meine Herren", begann sie unterkühlt und blickte auf Johanna. "Ich werde nun mit Frau Schimke ein Gespräch führen...alleine!" Andreas Kiefer klappte nach unten. "Und was soll das werden? Die Frau ist verletzt und sollte sich schonen! Die Sache können Semir, Paul, Alex und Frau Krüger für sie aufklären!"
    "Nichts in dieser Richtung wird geschehen!", erwiderte Schrankmann sofort und das in einem solch scharfen Ton, dass Andrea zurückwich. "Ich bitte Sie nun den Raum zu verlassen. Auch Sie Renner!" Ertappt zuckte Paul auf, als die Schrankmann ihn mit giftigem Blick ansah, nachdem er zu Johanna gehen wollte. "Die letzten Ereignisse bezüglich Ihrer Beziehung ist mir nicht entgangen! Und wir sehen ja, wie so etwas endet!" Andrea wollte sich wutentbrannt auf Schrankmann stürzten, doch Semir hinderte sie daran. Mit einem stummen Nicken deutete er den Anderen an, hinauszugehen. Ohne ein Wort an Frau Schrankmann gerichtet, winkten sie Johanna und gingen hinaus.
    "So schnell? Ich dachte, Sie würden über Sie wachen, wie eine Löwenfamilie? Oder gehören Sie nicht dazu?" Johanna bemerkte den giftigen Ton und lächelte. "Nein, Sie wissen einfach, dass sich eine Löwin gut verteidigen kann. Ausserdem gehört da das, ach wie heisst das Wort, ah ja, Vertrauen. Schwieriges Wort aber ich denke, Sie werden es noch lernen!" Auf Johannas Satz hin, verschränkte Schrankmann die Arme. "Ich bin nicht hier, um einen Zickenkrieg zu gewinnen, Frau Schimke", begann sie, "Ich bin hier um Sie darauf aufmerksam zu machen, dass gerade der Mann, der Sie versucht hat zu töten, bei Ihnen im Zimmer war und Sie nun in Aktion treten sollten!" Johanna zog eine Augenbraue hoch. "Inwiefern?", fragte sie verwirrt. "Wie gesagt, er hat Sie angeschossen. Sie liegen mit einer Schusswunde in der Bauchhöhle hier im Krankenhaus. Es hätte nicht viel gefehlt und Organe wären geschädigt worden. Sie hatten Glück im Unglück. Er hat ein Verbrechen begannen und wird dafür büssen!"
    Johannas Augen rissen weit auf. "Spinnen Sie?!", stiess sie direkt aus. "Semir war unter Drogen gesetzt worden. Er war eine wehrlose Puppe! Und nun wollen Sie Ihn dafür bestrafen? Ich glaube es hackt!"
    "Schimke, mässigen Sie Ihren Ton!"
    "Ich mässige hier gar nichts! Sie kennen Semir schon länger als ich! Sie wissen genau, dass er so was nie tun würden! Das haben Sie mir beim letzten Mal auch schon gesagt! Wenn Sie also nun versuchen, Ihre Fehler zu vertuschen, lassen Sie Semir da raus!"


    Ertappt schluckte Schrankmann schwer und wich leicht zurück. "Ich habe keine Fehler zu vertuschen!", zischte sie empört. "Wenn Semir angeklagt werden könnte, dann nur durch mir selbst! Und das wird nicht geschehen, das wissen Sie genau. Wir haben wieder Ihre Drecksarbeit gemacht und Sie spielen hier die beleidigte Leberwurst! Ich bin sicher, Alex, Ben und Kim werden Ihnen alles liefern was wir haben."
    "Das haben Sie bereits. Conrad ist tot. Seine Handlanger in Untersuchungshaft!", erwiderte Schrankmann und Johanna hob die Arme. "Was machen Sie denn noch da? Oder wollen Sie mich etwa mit Ihren Anschuldigungen unterhalten? Danke, auf die kann ich getrost verzichten!"
    "Überlegen Sie sich das gut. Was, wenn Gerkhan doch noch ein bisschen bei Sinnen war. Vielleicht hat er einen Groll gegen Sie, den Sie nicht verstehen, Frau Schimke!"
    Johannas Hand hob sich und sie wies mit dem nackten Zeigefinger auf die Türe. "RAUS!", schrie sie, soweit es ihr angeschlagener Körper erlaubte und tatsächlich ging die Schrankmann mit verbitterter Miene aus dem Raum und schlug die Türe hinter sich zu.
    Johanna atmete schwer und legte sich ins Kissen zurück. Eine ihrer Hände legte sie auf die Wunde, während sie mit der anderen ihr Gesicht verdeckte. Trotzdem konnte sie die Tränen nicht verstecken, die ihre Wangen hinunterliefen, nachdem sie angefangen hatte, bitterlich zu weinen.

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Semir, Andrea und Paul wichen zurück, als sich die Türe zu Johannas Zimmer öffnete und Staatsanwältin Schrankmann hinaustrat. "Renner! Mitkommen, sofort!", schrie sie beinahe.
    "Mit welcher Begründung? Ich meine, Sie haben unsere Aussagen und..."
    "SOFORT!", schrie sie und Paul lief aufgebend hinterher. Er blickte kurz fragen zu Semir und dieser nickte, da er sofort verstand, was Paul von ihm wollte.
    "Hat Sie Ihre Tage, oder was?", fragte Andrea giftig und Semir hob beruhigend die Hand, was Andrea sehr erstaunte. "Es bringt nichts. Wir Beiden kennen Sie am längsten. Wir wissen, wie Sie tickt!" Mit einem verzogenen Mund und einem Nicken, musste Andrea ihm Recht geben.
    "Seit der Sache mit Sander, ist sie besonders angespannt, findest du nicht auch?"
    "Sie werden halt rund um die Uhr deswegen beobachtet. Ein stückweit kann ich sie ja verstehen", entgegnete Semir und als Andrea ihn fragend ansah, zeigte er einen millimetergrossen Abstand mit seinen Fingern. "Lass' uns reingehen!", sagte sie und Semir öffnete die Türe. Er und Andrea rissen die Augen auf als sie sahen, dass Johanna ihre Hände auf den Bauch gedrückt hatte und Blut durch die Fingerritzen floss.
    "Die Naht ist aufgegangen", keuchte Johanna sofort, als sie aufsah. Ihr Gesicht war schneeweiss und Schweiss rann über ihre Wangen, der sich mit den Tränen vermischte. "Scheisse!", stiess Semir aus, rannte aus dem Zimmer und begann nach einem Arzt zu schreien.
    "Drück weiter drauf...", flüsterte Andrea leise und half Johanna, da sie sah, wie sehr sie die Hände unter dem Druck zitterten. "Nicht aufregen...ganz leise..."
    "Diese Schrankmann...sie...", schluchzte Johanna und Andrea drückte die junge KTU-Forensikerin an sich. Das Blut ignorierend, dass sich in ihren beigen Pullover sog. "Ganz ruhig...wir sind da", sagte sie sanft Johanna ins Ohr.


    --------------------------------------------------------------------------


    Semir rannte in einen der Ärzte. "Bitte, in Zimmer 312! Die Naht ist aufgegangen!", stammelte er und der Arzt nickte, winkte eine Schwester zu sich und verschwand.
    "Gerkhan!", hörte Semir und erblickte Kim, die auf ihn zu rannte. "Was ist passiert?", fragte sie und Semir atmete tief durch. "Staatsanwältin Schrankmann war bei Johanna im Zimmer! Ich weiss nicht, was sie rausgelassen hat, aber jedenfalls ist bei Johanna die Naht aufgegangen. Sie blutet und hatte bitterlich geweint!"
    "Was?!", stiess Kim aus und schüttelte fassungslos mit dem Kopf. "Das ist ein neues Level das die Frau erreicht hat! Ich fass' es nicht! ", zischte sie. "Ich weiss, ich könnte Ihr auch den Hals umdrehen!"
    "Das ist nicht das einzige Problem", murmelte Kim und Semir sah sie an. "Jäger ist weg. Wir haben ihn für einen Moment im Untersuchungszimmer alleine gelassen. Brandt sucht ihn."

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • "Was?", zischte Semir und Kim zog ihn in eine stillere Ecke. "Wir waren nur kurz draussen, da die Schrankmann auch uns aufgesucht hatte! Der Arzt musste noch ein Formular zur Entlassung holen und...keine Ahnung wie das geschehen ist, aber er ist weg!" Semir massierte sich das Gesicht und atmete tief durch. "Das darf doch nicht wahr sein", murmelte er und Kim nickte. "Ich hätte nicht rausgehen sollen", knirschte sie und Semir schüttelte mit dem Kopf.
    "Dieses Mal hatte er ja mit uns wieder gearbeitet. Wie hätten Sie wissen sollen..."
    "...Sie denken, er ist von allein gegangen?" Semir nickte. "Immerhin hat er immer noch Conrad Nr. 1 auf dem Gewissen, auch wenn er mich so vor meinem Tod gerettet hatte. Und das mit Paul...Sie wissen schon..." Kim nickte mit verzogenem Mund. "Er geht nach Amerika zurück?" Semir hob kurz die Hand als sein Handy vibrierte, dass er nach seiner Befreiung wieder erhalten hatte, und öffnete eine Textnachricht. "Bingo...", murmelte er und Kim legte verwirrt ihren Kopf schief. "Eine Abschiedsnachricht."
    Er gab Kim das Handy und sie las sich die Nachricht selbst laut vor. "Du kennst die Probleme. Pass gut auf deine Leute auf, ich mache mir da keine Sorge um dich! Du schaffst das! Vielleicht sehen wir uns wieder...Ben..."
    "Ja...er will wahrscheinlich das alles einfach vergessen!" Mit einem Seufzen gab Kim das Handy zurück. "Mit dieser Wunde...hoffentlich schafft er es!" Semir stimmte ihr mit einem Nicken zu. "Wir können ihn nicht zwingen. Und...ich renne ihm nicht hinterher, das habe ich schon letztes Mal gesagt..." Kim atmete auf Semirs Aussage hin tief durch. "Sie haben für sich selbst anscheinend, genug Baustellen, nicht wahr?" Semir verschränkte die Arme. "Genauer gesagt...ist alles eine riesige Baustelle Frau Krüger und..."


    "DIESE BLÖDE KUH!", erklang eine laute Stimme und als Semir und Kim sich umdrehten, stampfte Paul auf sie zu und lehnte sich mit voller Wucht gegen die Wand, was dazu führte, dass er kurz aufschrie und sich die kaputte Schulter hielt.
    "Schrankmann?", fragte Kim bloss und Paul sah sie mit wuterfüllten Augen an. "Wollte mich dazu bringen, gegen dich auszusagen..." Semir zuckte beinahe emotionslos mit den Achseln. "Jetzt mal ernsthaft, hast du was anderes erwartet?", fragte er und Paul schien sich durch diese Aussage zu beruhigen. "Nicht wirklich...nein...", gab er schlussendlich zu, "...aber ich war gerade bei Joshi...ich schwör dir, wenn ich nicht noch einen kleinen Funken Vernunft in mir hätte, würde die Schrankmann nun auf dem Asphalt kleben. Von diesem Stock her ist es hoch genug..."
    "Sie sind nicht bei Ihr?", fragte Kim verwundert. "Nein. Die Ärzte hatten mich rausgeschickt. Andrea ist noch drinnen, weil sie die Wunde abgedrückt hatte." Kim nickte auf Pauls Antwort hin verstanden.
    "Es zählt nun", begann sie danach langsam, "das wir alle zur Ruhe kommen. Alles andere zeigt die Zeit..."

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

  • Drei Wochen später
    Schlosshaldenfriedhof, Bern


    Sanft legte Semir die Hände auf die Schultern von Aida und Lilli, die mit traurigen blicken auf das Granitkreuz blickten und schwer atmeten. "Sie musste nicht leiden, oder?", fragte Aida leise und Semir schüttelte mit dem Kopf. "Nein, das musste sie nicht. Zum Glück nicht...", murmelte er und Aida drehte ihren Kopf zu Semir. "Das war nicht deine Schuld Papa, das weisst du!", versicherte sie und Semir nickte. "Ich weiss, Süsse, ich weiss", murmelte er und küsste Aida auf den Haarschopf. "Eine grosse Geste von ihrer Familie, uns zur Beerdigung einzuladen, auch wenn wir nicht dabei sein konnten.", flüsterte Andrea, die mit Dana direkt neben dem Trio stand. "Sie wissen genau, das Semir nicht Schuld war. Aber es war noch grösser von ihrer Mutter, das Gespräch mit uns zu suchen.", sagte Dana und alle nickten zustimmend, während sie beobachteten, wie Johanna versuchte, die Blumen niederzulegen, aber kurz zusammenzuckte und sich am Bauch hielt.
    "Ich mach das", versicherte Paul und legte die Blumen vor das Kreuz, wo die silbernen Insignien deutlich zu lesen wahren.


    Beatrice Elsbeth Brun
    * 1989 - + 2016
    Geliebte Tochter und Kollegin


    "Sie war nur ein Jahr älter als ich!", flüsterte Johanna und atmete tief durch. Sie verschränkte die Arme und lehnte sich an Paul, der sie leicht an sich drückte. "Definitiv zu jung...und dich hätte es auch fast erwischt gehabt!" Johanna blickte zu Semir, der tief durchatmete und sich kurz die Augenlider massierte. Es war deutlich zu sehen, dass er mit den Tränen kämpfte. "Eben fast", antwortete Johanna.
    "Tante Joshi haut nichts so schnell um!", sagte Lilli bestimmt, löste sich von Semir und klammerte sich um Johanna, nachdem Paul ihr Platz gemacht hatte. "Natürlich nicht Schätzchen", flüsterte Johanna ihr ins Ohr, lächelte und küsste ihr auf den Haarschopf. Auch Aida löste sich von Semir und ging auf Johanna zu, währen Paul sich zu Semir und Andrea begab. "Alex?" Semir nickte auf die Grabkerze, die flackerte. "Hat er mir mitgegeben, er ist gegangen, nachdem die Sache mit Ben geklärt war. Hat mir aber seine neue Handynummer gegeben, wir bleiben in Kontakt." Paul atmete tief durch.


    "Schrankmann?" Andrea hob die Arme, stöhnte nur kurz und übernahm das Wort. "Urlaube für dieses Jahr gestrichen. Ohne dein und Kims Eingreifen, wäre er Strafversetzt oder gar zu Hausarrest verdonnert worden. Wie habt ihr sie so leicht gezähmt gehabt?" Johanna zog bloss eine Augenbraue hoch und grinste. "Och, wenn man einen ganz herzlichen Brief an die Prüfungskommission schickt und die Sachlage mit meiner Naht schildert, gibt's schnell Ärger. Gefährdung der Gesundheit eines wichtigen Zeugen. Nicht gerade schmeichelhaft im Lebenslauf!", antwortete sie und Andrea nickte verstanden. "Gehen wir...es wird langsam kalt und die Wolken sehen mir stark nach Gewitter aus. Ich kenne eine gute Pizzeria hier!" Alle stimmten Johanna zu und gemeinsam entfernten sie sich vom Friedhof. Unwissend, das sie beobachtet wurden. Weit weg, hinter einem Baum, stand eine Silhouette und atmete tief durch. "Passt auf euch auf!", flüsterte sie und zog ihr Handy hervor.
    "Clark? Yeah, it's me. You can pick me up! Let's get back to the states!", teilte er seinem Anrufenden mit und hängte auf. Mit den Händen in den Hosentaschen, dem Gesicht in den Kragen versteckt, lief Ben Jäger zu der Autoeinfahrt, stieg in einen dunkelblauen Skoda ein und fuhr davon.


    ENDE


    So, das war's mit "Hochverrat - die Angst im Nacken". Ich bedanke mich aus vollem Herzen für die fleissigen Feedbacks. Ich hoffe, sie hat euch so viel Spass gemacht beim Lesen, wie mir beim schreiben. Und keine Sorge, es geht bald weiter mit...


    ______________________________________________________


    Teaser Verleumdung


    Als eine halbverweste Leiche im Wald gefunden wird, finden Semir und Paul heraus, dass es sich um einen jungen Polizisten aus dem Revier in Köln handelt, der beschuldigt wird, die junge Kommissaranwärterin Lara Brock vergewaltigt zu haben, die sich als Sandkastenfreundin von Johanna herausstellt. Während diese mit sich hadert und alles versucht, die Unschuld ihrer besten Freundin zu beweisen, stossen Semir und Paul immer tiefer in die verabscheuenden Taten des jungen Mannes und seinen Arbeitskollegen vor, was zu einem Eklat führt.

    Semir: Du blutest übrigens!
    Alex: Ich blute?! Ja, ich blute! Ich habe mir 'ne Kugel für dich eingefangen! Man ich stehe hier vielleicht auf der Fahndungsliste!
    Semir: Alex...
    Alex: Weisst du wie Knast hier aussieht?
    Semir: Alex...
    Alex: WAS?!
    Semir: Ich hab dich lieb...
    Alex: Ja schönen Dank auch!

    Einmal editiert, zuletzt von jenni ()

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