Endlich Urlaub, oder nicht?

  • Als Semir wieder aufwachte, lag er im Schatten einer Palme, nicht weit vom Strand entfernt. Neben ihm saß Anton, der eben meinte: "Hey, auch wieder unter den Lebenden?" Als Semir sich aufrichten wollten, sagte er bestimmt: "Nein, bleib lieber noch liegen, hast ja ganz schön was abgekriegt, die weiß sich zu wehren, die Frau." Semir erinnerte sich an ihren Wutausbruch und wollte wissen wie es ihr geht. "Wie es ihr geht? Bist du verrückt geworden? Sie hat halbtot geprügelt! Wer weiß, was passiert wäre wenn niemand zurückgekommen wäre!?, ereiferte sich Anton. "Na so schlimm waras dann auch nicht." beschwichtigte ihn Semir und setzte sich trotz einem leichten Schwindelgefühl auf. "Wo sind denn eigentlich alle, habt ihr schon Wasser gefunden?", fragte Semir. "Nein, wir haben noch nichts. Das Wasser ist fast leer, wir trinken schon fast gar nichts mehr, um noch was zu sparen. Die anderen, außer Sonja, sind wieder auf die Suche gegangen, deine Kinder übrigens auch." Semir antwortete nicht darauf. Wenn sie nicht bald Wasser finden würden, waren sie verloren. "Wie lang war ich eigentlich bewusstlos?" "Na ja, seit gestern Nachmittag, so ungefähr, also fast einen ganzen Tag. Wir haben grad was gegessen, hast du Hunger?" Semir lehnte dankend ab, ihm war eher schlecht.
    Semir blickte zur Seite, wo wenige Meter entfernt Sonja an einem Felsen gelehnt saß und wahrscheinlich nachdachte. Irgendwie konnte er sie verstehen. Sie hatte einen geliebten Menschen verloren und die Situation war auch wirklich verheerend. Wenn nur endlich ein Suchtrupp kommen würde. So groß war Griechenland schließlich auch nicht.

  • Es war bereits Abend als Thomas, Maria, Benni und Leonie von der Wassersuche zurückkamen -mit leeren Kanistern, was hieß, dass ihnen das Wasser endgültig ausgegangen war. Die Kinder liefen sofort zu Semir und fingen zu erzählen an: "Papa, du glaubst nicht was wir alles gesehen haben, jede Menge Früchte und so, aber Thomas hat keine davon gekannt, und so haben wir nichts gegessen,?", brach ein wilder Wortschwall auf ihn herein. Semir blickte zu Anton, dieser deutete ihm an, dass die Kinder nichts von der Auseinandersetzung mit Sonja wussten, das war auch gut so. Sie hätten sich nur unnötig Sorgen gemacht. Die Kinder waren einigermaßen gut gelaunt - so wie man es in ihrer Lage eben sein konnte - dem Rest ging es eher anders. Es herrschte bedrückte Stimmung, weil ihnen das Wasser ausging. Ohne Wasser konnten sie nicht überleben, sie mussten welches finden.
    Wieder saßen alle nach dem Essen rund um das Feuer, jeder in Gedanken versunken. Sicher träumten alle davon, wie es sein würde, wenn sie wieder zu Hause w?ren. Semir schwelgte in Gedanken rund um Andrea, natürlich bereute er es längst, in das Flugzeug gestiegen zu sein. Wäre Tom etwas langsamer gefahren, hätten sie vielleicht das Flugzeug noch verpasst, es war sich gerade noch ausgegangen, zu ihrem Pech. Oder wenn die Kinder getrödelt hätten, - eine Berührung an der Schulter riss ihn aus seinen Gedanken. Semir blickte zur Seite, wo er seine Kinder bereits schlafend vorfand. "Hey, ich glaube wir sollten schlafen gehen, die Kinder sind auch schon müde?", schmunzelte Thomas, alle waren müde, keiner widersprach.

  • Köln, Nacht: 2:35 Uhr


    Das Handy klingelte, verschlafen nahm Tom ab: "Tom Kranich?", mit einem Schlag war Tom hellwach, es war ein Flughafenangestellter, Überlebenden des Fluges 280 BE waren gefunden worden! " "ich bin in 30 Minuten da!", rief Tom. Es war nicht gesagt worden, wie viele gefunden worden waren. Dass von 200 Passagieren gerade Semir samt Familie aufgetaucht war, schien ziemlich unwahrscheinlich, aber Tom wollte nicht darüber nachdenken. Er wollte nur hoffen. Er rannte so schnell er konnte zu seinem Auto und raste in Richtung Flughafen?


    Kölner Flughafen, 2:55


    Tom drängelte sich in einer Menschenmenge, wies immer wieder seinen Polizeiausweis vor um zu einem Schalter zu gelangen. "Tom Kranich, Kripo Autobahn, Sie haben mich angerufen?" "Hören Sie mal Herr?ähm? Kranich?, hier ist es ziemlich egal, ob sie nen besseren Ausweis haben, wie die anderen. Sie bekommen hier keine Extrabehandlung. Dort drüben hängt die Liste!", wies ihn ein mürrischer Angestellter an. Tom konnte keine Zeit mit Zurechtweisungen verschwenden und drängelte sich zu der Liste durch. Zu seiner ersten Enttäuschung war sie ziemlich kurz, nur 17 Personen waren lebend aufgetaucht, Tote hatte man bis jetzt noch nicht gefunden, ein gutes Zeichen. Schnell begann er die Liste zu überfliegen: "-Hofer, Kringesmeier, Fretinberger, Müller, -", er meinte vielleicht einen Namen überlesen zu haben, doch auch beim zweiten Durchlesen tauchte weder Gerkhan noch Schäfer auf. Es war ein erster Lichtblick gewesen, seine Freunde wieder zu sehen, doch das Licht war innerhalb weniger Momente wieder erloschen.

  • Am nächsten Morgen wurde Semir nicht wie sonst von Sonnenstrahlen geweckt, sondern von lautem Geschrei. Bald stellte sich heraus, dass Sonja weg war. Sie war in letzter Zeit etwas verstört gewesen, ob sie? Semir wollte den Gedanken nicht zu Ende bringen, er stand lieber auf und half den Anderen bei der Suche. Alle machten sich Sorgen, keiner sprach aus, was jeder dachte.
    Plötzlich ein Schrei, jemand brüllte: "Lass mich in Ruhe, geh weg?" es war eindeutig Sonja. Alle liefen in die Richtung, aus der die Schreie gekommen waren. Thomas hatte sie gefunden. Sie stand am Rand einer Klippe, es ging nicht weit in die Tiefe, aber darunter waren spitze Felsen, ein Sturz bedeutete den sicheren Tod. Thomas war noch einige Meter von ihr entfernt und sprach ruhig auf sie ein. Jeder beobachtete gebannt, was als nächstes passieren würde. "Verdammt, komm nicht näher!?, warnte ihn Sonja, "ich sage dir, ich werde springen, und keiner kann mich davon abhalten!" Maria hatte Tränen in den Augen, wollte sie beschwichtigen, dass sie ihr Leben nicht einfach wegwerfen sollte, sicher würde bald eine Rettungsmannschaft kommen und sie holen. Doch Sonja befahl ihr zu schweigen. "Was wisst ihr schon! Mein Bruder ist tot, meine Schwester noch verschwunden, ich hatte niemanden außer den beiden! Mein Leben hat keinen Sinn mehr ohne sie!" Thomas sprach ruhig: "Das stimmt sicher nicht, das sieht nur im Moment so aus! Du hast doch sicher Freunde zu Hause, außerdem haben wir uns! Wir hängen hier alle drin, zusammen sind wir stark, wir werden das schaffen, zusammen können wir überleben!" Doch Sonja hörte nicht auf ihn: "Ohne mich seid ihr besser dran, ich bin euch doch nur eine Last, noch eine mehr, die etwas zu Essen und zu Trinken benötigt. Seht doch, was ihr jetzt gerade für Schwierigkeiten mit mir habt! Lasst mich springen, bitte!"

  • Sonja tat noch einen Schritt nach vor, sie war jetzt am äußersten Rand der Klippe angelangt. Benni und Leonie standen ver?ngstig neben ihrem Vater. "Hey, wisst ihr was, ihr geht jetzt am besten wieder zum Strand, ja?" Benni wollte wissen: "Aber warum?" "Geht einfach, ja?" sagte Semir bestimmt und die zwei liefen weg. Die Situation war schon schwierig genug, sie würde die zwei überfordern.
    "Sonja, bitte, tu es nicht?", schluchzte Maria, -"wir sind doch gerade gute Freundinnen geworden und wir haben uns versprochen, dass wir weiter in Kontakt bleiben, wenn wir hier raus kommen?" Sonja unterbrach sie und brüllte: "Verstehst du denn nicht, wir werden nie hier raus kommen! Das hier ist unsere Zukunft, aber ich sehe hier kein Leben für mich! Da will ich lieber sterben!" Tränen liefen ihr die Wangen herunter, sie hatte Angst und war dennoch entschlossen den geplanten Schritt auszuführen. Semir startete noch einen Versuch: "Soll das alles umsonst gewesen sein, was wir bis jetzt durch gestanden haben? Wir haben den Absturz überlebt und sind jetzt schon einige Tage hier?" "Ja, und aus den paar Tagen wird mehr werden, bis wir hier elendig zugrunde gehen werden!", rief Sonja dazwischen. Eine kurze Pause entstand, bis sich Sonja entschloss noch etwas zu sagen. "Es tut mir Leid, dass ich euch solche Umstände gemacht habe, ich entschuldige mich bei dir, Semir, ich wollte das wirklich nicht, mir sind die Nerven durchgegangen." "Genau wie jetzt!?, rief Thomas, "Du bist im Moment nicht bei klarem Verstand, später?" Sonja ließ ihn gar nicht erst ausreden: "ch war noch nie so klar im Kopf wie jetzt!", sagte sie noch und mit einem Lächeln im Gesicht tat sie den Schritt ins Leere-

  • "Neeeiiin?", brüllte Maria verzweifelt und wollte auf die Klippe zulaufen, doch Anton hielt sie fest, damit sie nicht gleich hinterher sprang. Alle schwiegen betroffen, nichts war zu hören bis auf ein leises Schluchzen von Maria. Keiner getraute sich einen Blick nach unten zu werfen, sie war tot, daran würde niemand etwas ändern können. Es war ihre endgültige Entscheidung gewesen, niemand hatte sie davon abhalten können, sie war nicht verrückt gewesen, die Verzweiflung, die Angst und die Hilflosigkeit hatten sie in den Selbstmord getrieben.
    Niemand wusste, wie er sich jetzt verhalten sollte, Thomas fing sich als erster. "Ich denke, wir sollten wieder zurückgehen -es ändert nichts, wenn wir noch hier bleiben. Am besten suchen wir wieder nach etwas zu essen und zu trinken.", obwohl die Worte kalt klangen, spürte man förmlich, wie er mit sich selbst haderte, als er sie aussprach. Für ihn war es auch nicht leicht, aber einer musste wieder nach vorne blicken und den anderen Mut geben. Jeder fügte sich wortlos und marschierte in Gedanken versunken zurück zum Strand, wo die Kinder bereits warteten.
    "Papa, was ist passiert, warum?", Benni stockte und sprach dann erschrocken weiter: -"wo ist Sonja?" Semir deutete ihnen an sich zu setzen, was er ebenfalls tat. "ähm, wie soll ich es sagen, - Sonja wollte nicht mehr hier auf der Insel sein, sie -ist von der Klippe gesprungen. Sie ist tot." Er beobachtete die Reaktion seiner Kinder. "Sie hat geglaubt, dass wir hier nicht mehr wegkommen?" Leonie fragte ängstlich: "Stimmt das? Müssen wir für immer hier bleiben?" Beruhigend antwortete Semir: "Nein, die werden uns schon finden und dann fahren wir nach Hause, das verspreche ich euch." "Und was ist mit Mama?" "Die finden wir hoffentlich auch noch.", meinte Semir, während sein Blick in die Ferne schweifte.

  • Köln, Dienstelle der Autobahnpolizei, 8:25 Uhr


    Tom saß in seinem Büro über einem Berg Akten, den er bearbeiten sollte, er war allerdings nicht ganz bei der Sache. Immer wieder schweifte sein Blick zu dem leeren Platz ihm gegenüber. Sie waren jetzt schon eine Ewigkeit verschwunden, er wollte die Tage gar nicht zählen. Er konnte sich nicht einfach mit dem Gedanken abfinden, sie nie wieder zu sehen. Er spürte, dass sie alle noch am Leben waren, wenn er nur wüsste, ob er seinem Gefühl trauen könnte, wenn er nur den Beweis hätte?
    Mit einer unruhigen Geste fuhr er durch sein Haar und wollte sich gerade wieder auf einen Bericht stürzen, als Müller an sein Büro klopfte und eintrat. Fragend blickte Tom auf, worauf Müller meinte: "Die Chefin will dich sofort sprechen, es ist etwas dringendes!"Tom sprang auf und rannte fast in das geräumige Büro der Chefin ohne anzuklopfen. Diese übersah das geflissentlich und wies ihn an sich zu setzen.
    "Ich habe eben ein Fax vom Kölner Flughafen erhalten.", begann sie vorsichtig. Tom sprang auf und rief aufgeregt: "Und, gibt´s was neues, was ist los, jetzt sagen sie schon?" "Es ist wieder eine Liste, - ich habe sie noch nicht durchgelesen, ich dachte Sie wollten sie vielleicht als erster sehen.", sagte die Chefin nach außen hin ruhig, aber man merkte fast, wie sie innerlich um ihre Angestellten bangte. Tom nahm die beiden Zettel, die Liste war deutlich länger, als beim letzten Mal. Man hatte 23 Überlebende und 40 Tote geborgen. Tom schluckte bei der letzteren Zahl und las dann die Liste der Lebenden durch. Kein Gerkhan oder Schäfer. Er las sie noch ein zweites und ein drittes Mal, um ja nichts zu übersehen, bevor er sich die Liste der Toten vornahm. Er atmete noch einmal tief ein und überflog die Liste, auch beim zweiten Mal lesen fand er weder den Namen Gerkhan noch Schäfer. Enttäuscht und trotzdem erleichtert, dass sie nicht tot gefunden worden waren, händigte er mit einem Kopfschütteln die Liste seiner Chefin aus. Auch sie überflog die beiden Zettel noch kurz um sicher zu gehen. Aber auch sie fand ihre Vermissten nicht. Je länger die Suchtrupps brauchten um alle Leute zu finden, desto geringer wurden die Überlebenschancen-

  • "Hey!", über das ganze Gesicht grinsend lief Anton zu den anderen hin. "Liege ich richtig, ich denke, das sind Feigen, oder?" Seine Vermutung war richtig, endlich gab es einmal etwas anderes, wenn auch Feigen nicht besonders zu Fisch passten, war es dennoch eine willkommene Abwechslung, die sie als Nachspeise verwendeten.
    "Ich denke, wir sollten langsam versuchen Meerwasser zu destillieren. Sonst kommen wir nie zu Wasser, ich bezweifle, dass wir so schnell welches finden.", startete Maria einen Versuch. "Ja, und wie sollen wir das anstellen, das Wasser vielleicht im Kanister kochen" Mal angenommen, das geht, ohne dass er schmilzt, wie willst du den Dampf denn auffangen?", fuhr Thomas sie an. Gereizt gab sie zurück: "Irgendetwas müssen wir versuchen, sonst werden wir hier noch verdursten! Wir können es doch einfach probieren!" Gesagt getan. Sie füllten einen Kanister mit Meerwasser, versuchten ihn möglichst weit über dem Feuer zu platzieren, sodass er nicht schmolz. Aus Blättern und etwas übrig gebliebenen Draht und Bä?ttern schnürten sie eine Röhre, diese schlossen sie an den bereits dampfenden Kanister an und führten sie zu einem kühlen Kanister. Jetzt konnten sie nur noch warten, und hoffen, dass es funktionierte. "Bei McGyver funktioniert es doch auch immer?", meinte Maria und alle mussten lachen. Die Stimmung war wieder aufgehoben, sie hatten wieder etwas unternehmen können, etwas, das ihnen vielleicht das Leben retten würde und Sonjas Selbstmord war schon fast vergessen, aber eben nur fast. Maria meinte traurig: "Wäre uns das früher eingefallen, dann hätte sich Sonja vielleicht nicht umgebracht." Sobald sie es ausgesprochen hatte herrschte wieder bedrückte Stimmung. Jeder dachte an sie und dass ihr Selbstmord hätte vermieden werden können. Aber nun konnte man leider nichts mehr daran ändern-

  • noch ein kleines stück, morgen komme ich vielleicht nicht zum schreiben!


    Der Tag verging wie im Flug, jeder verbrachte ihn mit Nahrungssuche oder Angeln. Die Wasserbeschaffungsanlage funktionierte wunderbar, nach einer Weile hatten sie schon einen Kanister destilliert. Übrigbeblieben war ein Haufen feuchtes, dreckiges Salz und das abgekochte Wasser war ziemlich klar.
    Die Kinder hatten Feigen und Oliven gesammelt, Anton und Semir hatten geangelt (inzwischen konnten es die beiden ganz gut) und Thomas und Maria waren wieder auf die Suche nach Menschen gegangen. Schnell war es Abend geworden und alle hatten den Tag mehr oder weniger erfolgreich verbracht - der Nahrungsvorrat war enorm gestiegen aber die Truppe bestand noch immer aus sechs Leuten. Langsam wurde es dunkel und keiner bemerkte die große dunkle Wolke am Horizont. Niemand sah, dass sich in der Ferne ein weiteres Unwetter zusammenbraute. Beim letzten Mal waren die Folgen eines solchen Gewitters verheerend gewesen, aber als ob das noch nicht gereicht hätte. Das Tief hatte sich zwar vollständig aufgelöst, aber ein weiteres nahte von Richtung Westen. Niemand bemerkte es, alle gingen schlafen und überließen ihr Schicksal dem Ungewissen-

  • Ein plötzliches Donnern erschütterte die Nacht und Semir setzte sich ruckartig auf. Es war noch mitten in der Nacht, sie hatten noch nicht lange geschlafen. Er wollte auf den Himmel über sich blicken, aber es war nur Schwärze zu sehen. Ein greller Blitz zuckte am Himmel und wenige Sekunden später grollte wieder ein lang gezogener Donner. Er blickte um sich und bemerkte, dass niemand mehr schlafen konnte. Alle hatten besorgte bzw. ängstliche Mienen aufgesetzt. Es schien ein starkes Gewitter aufzuziehen, was zwei schlechte Aspekte nach sich zog. Erstens hatten sie keine Behausung, es konnte gefährlich werden. Und außerdem wurde bei solchen Unwettern die Suche eingestellt, was die Hoffnung endlich gefunden zu werden stark trübte.
    Das Zentrum des Gewitters schien immer näher zu kommen, immer kürzer wurde der Abstand zwischen Blitz und Donner. Bis jetzt hatte keiner sich getraut etwas zu sagen aber nun rief Thomas: "Wir sollten uns und die Vorräte in Sicherheit bringen, das Unwetter wird nicht so schnell vorbeigehen!", und er bestätigte hiermit alle Befürchtungen der anderen. Jeder stand auf und nahm irgendetwas mit, die Kanister, das Essen, es war genug zum Tragen da. Bald spürten sie die ersten Tropfen, doch dabei blieb es nicht. Sinnflutartige Regenfälle setzten ein, schnell waren alle völlig durchnässt. Sie rannten blindlings ins Inselinnere in der Hoffnung einen Unterschlupf zu finden. Der trockene Boden konnte so viel Wasser nicht aufnehmen, nach wenigen Minuten stapften sie schon in B?chen umher, die glücklicherweise wegrinnen konnten, was allerdings nicht so schnell ging. Die Lage war fast aussichtslos, Blitz und Donner kamen schon fast zum selben Zeitpunkt und der Regen wurde immer schlimmer, während das Wasser stetig anstieg-

  • Zum Reden waren die Anstrengungen zu groß, stumm liefen sie hintereinander her und suchten eine Höhle oder einen anderen Unterschlupf, wo sie sicher waren, vor den Gefahren, die das Wetter barg. Semir hörte ein Platschen, sah nach vor und registrierte, dass Leonie hingefallen war. Ohne etwas zu sagen, nahm er seine weinende Tochter auf den Arm und ging trotz starker Schmerzen, wegen der zusätzlichen Belastung auf seinem Bein, weiter. Benni blieb währenddessen immer dicht neben ihm. "Papa, ich hab Angst?", meinte er hilflos. "Das musst du nicht, es wird alles gut!", wollte ihn Semir beruhigen, was wahrscheinlich nicht sehr viel nutzte, er glaubte selbst fast nicht daran.
    Es hörte nicht auf zu regnen, das Gewitter wurde immer schlimmer und kam rasend schnell näher. Ihre Lage war ziemlich gefährlich. Sie standen bis über die Knöchel im Wasser, wenn ein Blitz auf der Insel einschlagen würde, bedeutete dies ein Stromschlag. Sie mussten irgendwie vom Wasser weg, aber man sollte ja auch Bäume meiden, bei einem Gewitter wie diesem. Allerdings befanden sie sich hier in einem Wald, der einfach nicht enden wollte-
    "Dort, ich sehe den Waldrand!", rief Thomas von vorne, nur mit Mühe konnte man ihn verstehen. Bald fanden sie sich auf einer Weiten Ebene wieder, es schien hier eine leichte Erhöhung der Insel zu geben, dort war es trocken. "Hier bleiben wir, hier sind wir am sichersten!", plärrte Thomas, um gegen die Lautstärke von Wind und Donner anzukommen. Nun konnten sie nur noch warten bis das Unwetter vorbei war-

  • Dicht gedrängt saßen die Verschollenen am Boden, obwohl es nicht kalt war. Die Angst hatte sie zusammen getrieben. Semir hat seine Arme schützend um seine beiden Kinder gelegt, seine Gedanken rasten. Sollte das jetzt ihr Ende sein? Hatten sie umsonst so lange auf der Insel durchgehalten um jetzt so zu sterben? Würde er Tom und den Rest der Dienststelle nie wieder sehen? <Andrea,-das letzte was ich zu ihr gesagt habe war, dass alles gut werden würde, dass sie sich keine Sorgen machen müsse,-, war sie schon tot?> - er schüttelte den Gedanken ab. Nein, sie war noch am Leben, genau wie er. Sie würden wieder zueinander finden. Was sie nicht schon alles durchgestanden hatten, er dachte da nicht nur an seine Hochzeit, und immer wieder war alles gut geworden, -, hatte des Gl?ck sie jetzt endgültig verlassen? Womit er wieder zu seiner ersten und wichtigsten Frage zurückkam: War das ihr Ende? Er blickte hinunter auf seine Kinder. Sie waren noch so jung und hatten auch schon so vieles erlebt, gutes wie schlechtes-
    Ein kurzes Erbeben der Erde riss ihn aus seinen Gedanken. Er sah auf und bemerkte, dass ein Blitz die Insel getroffen hatte, gl?cklicherweise eine Strecke von ihnen entfernt. Thomas war aufgestanden. Angsterfüllt blickte er auf das Feuer, das sich von der Stelle aus ausbreitete, und das obwohl alles völlig durchnässt war. "Es schneidet uns den Weg ab! Solange es dort brennt können wir nicht zurück an den Strand! Es muss wohl ungefähr dort eingeschlagen haben, wo wir vorhin gelagert haben!" Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn sie nicht geistesgegenwärtig geflüchtet wären"

  • Kölner Dienststelle der Autobahnpolizei, 7:00 Uhr


    Ausnahmsweise pünktlich erschien Tom zum Dienst. Sofort kam ihm die Chefin entgegen, an ihrer Miene erkannte er gleich, dass etwas nicht stimmte. "Guten Morgen Tom, ich habe leider schlechte Nachrichten?", begann sie gleich. "Was ist los, gibt´s was Neues von Semir und Andrea?", wollte er sofort wissen. "In Griechenland toben seit einigen Stunden schwere Unwetter, sie müssen die Suche wohl einstellen?", weiter kam sie nicht. "Verdammt!", rief Tom nur und stürmte in sein Büro. Aber sie hatte noch nicht ausgeredet, es war noch nicht alles. Überlegend, wie sie es ihm schonend beibringen sollte ging sie ihm nach in sein Büro. "Tom, das war noch nicht alles.", begann sie vorsichtig. Fragend blickte er sie an. "Sie denken, dass der Absturz nun schon zu lange her ist und nach dem Unwetter noch geringere Chancen bestehen, dass es noch Überlebende gibt. Gestern wurde schon niemand mehr lebend geborgen, hier ist die Liste der Gefundenen, sie sind nicht dabei. Sie wollen die Suche endgültig einstellen."Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Das war es also gewesen. Das ganze Hoffen seine Freunde wieder zu sehen. Es war endgültig vorbei. Wie sollte er das Andreas Eltern beibringen, die täglich anriefen um sich zu erkundigen, ob es etwas Neues gab. Ja, es gab etwas Neues, aber nicht die erfreuliche Nachricht, auf die sie gehofft hatten.

  • Inzwischen war es hell geworden."Was meinst du, wird es noch einmal einschlagen?" rief Semir Thomas zu. "Ich kann es nicht sagen, hoffentlich nicht! Wenn es noch näher zu uns kommt, -", er brachte den Satz nicht zu Ende, es war gar nicht nötig. Jeder konnte sich ausmalen, was passieren würde. Doch langsam aber sicher merkte man, wie der Abstand zwischen Blitz und Donner wieder größer wurde, was bedeutete, dass das schlimmste vorüber war! Das Gewitter zog weiter! Langsam regnete es auch nicht mehr so viel, die Wassermassen, die vom Himmel fielen, wurden weniger, nur mehr kleine Tropfen kamen in regelmäßigen Abständen herab. Das bedeutete wiederum, dass das Feuer wuchs, es breitete sich immer schneller aus! Glücklicherweise befanden sie sich außerhalb des Waldes, sodass ihnen der Waldbrand erst einmal nichts anhaben konnte. "Verdammt, hier findet uns doch niemand, wir müssen irgendwie wieder zum Strand! Außerdem, wenn wir nicht bald aus der Lichtung rauskommen, sind wir vom Feuer eingeschlossen!", fluchte Anton. "Er hat Recht, dort hinten beginnt der Wald wieder, wir müssen an den Strand!", gab Thomas zu. Alle waren müde und erschöpft doch sie mussten weiter und so machten sie sich wieder auf den Weg. Diesmal schlugen sie eine andere Richtung ein, da das Feuer den letzten Pfad versperrte. "Versuchen wir es hier, mehr als schief gehen kann es nicht?", sagte Thomas scherzhaft. Niemand hatte etwas dagegen, alle trabten in Gedanken versunken hinter ihm her. Nach einer Weile gesellte sich Anton neben Semir. "Es ist schon komisch, was für einfache Dinge man vermisst, wenn man sie nicht hat."Semir nickte nur stumm. "Früher habe ich nie darüber nachgedacht, ein Dach über dem Kopf zu haben, am Abend heiß duschen zu können, einfach das Radio anzuschalten und laut mitzusingen?" Schmunzelnd meinte Semir: "Ich weiß was du meinst. Man nimmt alles für selbstverständlich,-was würde ich jetzt geben um in einer Stunde aufstehen zu können, als ob nichts gewesen wäre und dann mit meinem Partner die Autobahn entlangzufahren-, Verbrecher jagen, meine Frau um Informationen bitten-, die kleinen Dinge vermisst man oft am meisten.-

  • Immer darauf bedacht, dem Feuer möglichst großräumig auszuweichen, bahnten sie sich ihren Weg durch das nicht enden wollende Gestrüpp. Hier spürte man den ohnehin schon leichten Regen kaum noch, die vorhin noch knöcheltiefen Bäche waren auch schon so gut wie verschwunden. "Papa, ich bin schon so müde, wann sind wir denn da?", fragte Leonie erschöpft. "Es ist nicht mehr weit, wir sind bald da.- - Soll ich dich huckepack nehmen?", bot Anton an. Bittend nickte die Kleine, woraufhin Anton sie trug. Nach einer Weile sah man das Meer durch die vielen Äste durchblitzen, endlich ein Lichtblick. Am Strand ließen sich alle erschöpft nieder um sich auszuruhen. "Was machen wir jetzt?", blickte Maria fragend zu Thomas, der irgendwie eine Art Anführer der Truppe geworden war. "Was sollen wir schon groß machen, wir machen dort weiter, wo wir vor dem Unwetter aufgehört haben: Wir versuchen zu überleben." Maria hätte sich eine etwas konkretere Antwort erhofft, beließ es aber dabei. Eine Weile war nichts zu hören, außer dem Rauschen des Meeres. Anton brach das Schweigen: "Ich denke, das Feuer breitet sich nicht weiter aus, es ist alles viel zu nass hier." Niemand machte sich die Mühe zu antworten. "Werden wir wieder zu unserer alten Strandstelle zurückkehren?", versuchte er weiter etwas Konversation aufzubauen. "Dort brennt es, schon vergessen?", antwortete Semir. Wieder schwiegen alle. Die Stimmung war gereizt, niemand getraute sich etwas zu sagen bis-man wieder ein leises Grollen hören konnte. Diesmal war es aber anders, als bei dem Gewitter, es war- "Das ist ein Hubschrauber!", rief Anton aus und sprang auf. Tatsächlich, es war wirklich ein Hubschrauber, doch wie sollten sie sich bemerkbar machen?

  • Geistesgegenwärtig entledigte sich Anton seines T-Shirts, wickelte es um einen Stock und rannte damit in Richtung Feuer. Innerhalb kurzer Zeit lief er, wild mit seiner Fackel winkend, zu ihnen zurück. Inzwischen winkten auch sie alle und schrieen so laut sie konnten. Und wirklich, er schien auf sie zuzufliegen, -, sie hatten so lange überlebt und nun kam endlich die Rettung, sie konnten es fast nicht glauben! Der Hubschrauber flog fast direkt über ihnen, eine Tür öffnete sich und ein Rettungsmitarbeiter seilte sich zu ihnen ab. Wegen des Hubschrauberlärmes musste er schreien: "Is anybody injured?", sah auch gleich, dass Semir verletzt war und wollte ihm den Gurt umschnallen, dieser aber hinderte ihn und rief ihm zu: "First my children!", er widersprach nicht und rief noch zurück: "We can only take three persons with us, but we?ll come back within 30 minutes!" Sie nickten und der Sanitäter befestigte zuerst Leonie am Gurt, der an dem Hubschrauber hing. "Hab keine Angst mein Schatz, jetzt wird alles gut!", beruhigte Semir sie noch, bevor sie hinauf gezogen wurde. Danach wurden noch Benni und schließlich Semir hinaufgezogen, da die Kinder nicht ohne ihn fliegen wollten. Endlich hatten sie es geschafft, mit dem Hubschrauber wurden sie in das nächste Krankenhaus transportiert. Tausende Gedanken schwirrten Semir während des Fluges im Kopf herum. Gleich würde er erfahren, ob Andrea bereits gefunden wurde. Vielleicht würde er sie in wenigen Minuten wieder sehen.
    Endlich landeten sie am Dach des Krankenhauses. Sofort waren einige Krankenhausmitarbeiter zu Stelle, die sie mit Rollstühlen nach innen transportierten. Der Hubschrauber flog sofort wieder zurück um die anderen zu holen. Alles erschien Semir so unwirklich, er konnte es noch immer nicht glauben, dass es endlich vorbei war. Aber es war real, jetzt würde alles gut werden. Sie wurden nun umsorgt, konnten sich waschen, Semir wurde verarztet, auch die Kinder wurden untersucht und sie bekamen etwas zu essen, auf ihren Wunsch keinen Fisch :D. Semirs Wunde war zwar groß, aber nicht so schlimm, wie sie aussah, sie wurde genäht, der Arzt meinte, dass bis auf eine Narbe als Erinnerung nichts bleiben würde. Inzwischen waren auch die anderen sicher angekommen. Alle waren hundemüde und wurden in Zimmer gebracht, wo sie sofort einschliefen.

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  • Als Semir aufwachte, war es wieder Morgen, sie mussten einen ganzen Tag geschlafen haben. Anton und Thomas schliefen noch, so verließ er leicht humpelnd aber leise das Zimmer. Am Gang traf er eine Krankenschwester, die ihn gleich anherrschte: "You shouldn´t walk too much, don´t forget, your leg is injured!", und sie wollte ihn wieder zurück in sein Zimmer drängen. "I´ll bring you breakfast, ok?" Semir entgegnete: "But, I don´t know, where my wife is?" Verständnisvoll lächelte sie und versprach eine Liste der gefundenen Leute aufzutreiben. Semir ging indes zurück in sein Zimmer und setzte sich auf sein Bett. Er war verwundert, dass er noch nirgends seinen Namen angeben hatte müssen, die Bürokratie schien sich hier etwas Zeit zu lassen. Nach einer Weile kam die Schwester mit einem Tablett und Zetteln in den Händen ins Zimmer. Semir ließ das Frühstück links liegen und stürzte sich auf die Liste. Nachdem er sie überflogen hatte ließ er sie enttäuscht sinken. Fast lautlos fielen die Zettel zu Boden. Sie stand nicht auf der Liste, auch nicht bei den Toten. Diese ständige Ungewissheit über den Verbleib seiner Frau hatte ihn schon auf der Insel gequält. Doch sie war nicht gefunden worden. Eine stille Träne lief ihm die Wange herunter. Würde er sie wieder sehen? An Frühstück war jetzt nicht mehr zu denken, ihm war jeglicher Appetit vergangen. Er wollte wieder einschlafen und aus diesem Alptraum erwachen, aber das ging nicht. Der Alptraum war die erschütternde Realität. Wie sollte er es seinen Kindern beibringen, dass sie ihre Mutter vielleicht nie wieder sehen würden?

  • Plötzlich fiel ihm ein, dass Tom sicher noch nicht bescheid wusste, dass sie noch lebten. Er war noch immer in Sorge um sie. Schnell wischte er die Tränen aus seinem Gesicht, ging wieder hinaus und gab der Schwester zu verstehen, dass er nach Hause telefonieren müsse. Sie nickte und zeigte ihm, wo ein Telefon stand. Er schnappte sich den Hörer und wählte die Telefonnummer von seinem und Toms Büro.


    Kölner Dienststelle der Autobahnpolizei, 10:13 Uhr


    Tom nahm den Hörer ab und vernahm eine weibliche Stimme die fragte: "Das ist ein Ferngespräch, sagen sie ja, wenn sie die Kosten übernehmen!" Verwundert bejahte er und hörte im nächsten Augenblick: "Tom, ich bin´s"(Pause)"Tom, kannst du mich hören?ich bin´s, Semir?", Tom war im ersten Augenblick zu perplex um etwas sagen zu können, doch er fing sich wieder: "Semir,? sie haben gesagt, dass die Suche eingestellt wurde, du - du lebst, ich kann es gar nicht glauben,- was ist mit den anderen? - "Benni und Leonie waren die ganze Zeit über bei mir, aber- Andrea wurde noch nicht gefunden" - Tom wusste nicht, was er darauf sagen sollte, er war einerseits froh, dass Semir und die Kinder noch lebten, aber Andrea," "Es tut mir leid.", mehr sagte er nicht, aber das genügte auch schon. Diese vier Worte drückten alles aus, was er im Moment empfand. Nach einer kurzen Pause teilte Semir ihm noch mit: "Ich denke, dass wir heute noch zurückfliegen können, aber vielleicht auch erst morgen." Semir hätte noch so viel mehr sagen können, aber die beiden Partner verstanden sich auch so, es bedurfte nicht vieler Worte. "Ich freu mich, wenn ihr wieder da seid. Machs gut!..." Auch Semir verabschiedete sich und sie legten auf. Tom musste das erst einmal verdauen. Semir und die Kinder lebten, das war schon eine sehr gute Nachricht, aber niemand wusste, wo Andrea war. Er war noch tief in Gedanken versunken, als die Chefin sein Büro betrat. "Tom, ich weiß, sie werden nicht glücklich darüber sein, aber sie bekommen jetzt einen neuen Partner?", sie hatte sich ein Herz gefasst und es ausgesprochen, doch Tom meinte darauf nur: "Das ist nicht mehr nötig!" - "Wie meinen sie das?"- "Gerade hat sich Semir gemeldet! Er lebt und die Kinder auch!"Zuerst konnte sie nur staunen und ein Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit, doch dann fiel ihr ein, dass er kein Wort über Andrea verloren hatte. "Sie ist noch nicht aufgetaucht" -

  • Semir hatte die Formalitäten erledigt, sie würden heute noch nach Deutschland zurückfliegen. Jetzt musste er es nur noch seinen Kindern sagen. Das Zimmer fand er leer vor, doch wie er schon vermutet hatte, waren sie im Spielzimmer. Geröhrt blickte er einige Sekunden lang auf seine spielenden Kinder. Neben ihnen saßen einige Griechische Kinder die mitspielten, doch niemanden schien es zu stören, dass sie nicht die gleiche Herkunft besaßen. Ihm war es als Kind oft anders ergangen, obwohl er geb?rtiger Deutscher war. Doch das tat jetzt nichts zur Sache und so betrat er den Raum. "Papa, komm, willst du mitspielen?", begrüßte ihn Leonie gleich stürmisch. "Nein, das schafft ihr schon noch allein, aber jetzt setzt euch erst mal kurz zu mir." Gehorsam kamen die beiden und setzten sich ihm gegenüber auf eine Bank. "Ich habe alles Nötige erledigt, wir können heute noch nach Hause fliegen. Was sagt ihr?" Die Reaktion verlief anders, als er gehofft hatte. Benni war sogleich misstrauisch und wollte wissen: "Wo ist Mama, sie kommt doch mit uns oder?" Schweren Herzens antwortete Semir darauf: "Nein, Mama kommt nicht mit. Sie- sie- wurde noch nicht gefunden, niemand weiß wo sie ist. Wir fahren ohne sie nach Hause." Die beiden wussten, was das bedeutete. Ihre Mutter war nicht mehr hier, sie würden ohne sie nach Hause zurückkehren. Leonie begann zu schluchzen, Semir nahm sie in seine Arme. Nur mit Mühe hielt er selber die Tränen zurück, aber er musste den Kindern jetzt Hoffnung geben. Während Leonie ihren Gefühlen freien Lauf ließ, saß Benni still auf der Bank und schien wie in Gedanken versunken. "Hey, wir schaffen das!" Semir wollte das positiv klingen lassen, der Satz verlor aber durch seine eigene Mutlosigkeit seine Wirkung.

  • Nachdem sie mit den anderen Adressen ausgetauscht und sich verabschiedet hatten, machten sie sich auf den Weg zum Flughafen. Bald betraten sie auch schon ihr Flugzeug. Semir bemerkte die ängstlichen Blicke seiner Kinder und redete ihnen gut zu, doch auch ihm war nicht ganz wohl bei der Sache. Immer wieder sah er die Bilder vor sich, wie das Flugzeug zu beben anfing? "Entschuldigung, würden Sie bitte weitergehen?", sprach ihn eine Stewardess an. Er hatte gar nicht bemerkt, wie er in Gedanken zwischen den Sitzen stehen geblieben war."Sicher, tut mir leid.", erwiderte er und wies Benni und Leonie ihre Plätze zu. Erschöpft ließ er sich auch auf einen der weichen Sitze fallen und wartete bis sie starten würden, was auch gleich passierte. Gedankenverloren blickte er aus dem Fenster, während Benni und Leonie sich unterhielten. Eine Berührung an der Hand und er schreckte auf. "Tut mir leid, ich wollte Sie nicht erschrecken, wollen Sie etwas zu trinken?" Er bestellte ein Wasser, was er in gierigen Zügen leerte. Er merkte wie seine Hand zitterte, der Schock saß ihm noch förmlich in den Gliedern. Er befahl sich selbst, sich zusammenzureißen, seinen Kindern schien der Flug auch nichts auszumachen.
    Eine Stunde später landeten sie sicher am Kölner Flughafen, Semir atmete innerlich auf. Da sie kein Gepäck hatten, entkamen sie ziemlich schnell dem Trubel, was gut war, die Familie wollte nur noch nach Hause. Am Ausgang wartete schon ein Empfangskomitee: Da waren Tom, Hotte, Dieter und Andreas Eltern. Die Begrüßung lief herzlich ab, sie hatten schon fast damit gerechnet, dass sie Semir und die Kinder nie wieder sehen würden. Überschattet wurde nur alles durch Andreas Abwesenheit, welche man förmlich spüren konnte.
    Leise bat Semir Tom: "Fährst du uns?", er brauchte nicht Weiterzusprechen, Tom verstand ihn und schickte die anderen ebenfalls nach Hause, damit sie ungestört waren.

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