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    • Fertig gestellt
    • Campino
  • Campino
  • 8. Juli 2014 um 11:57
  • Campino
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    • 1. September 2014 um 09:20
    • #21

    15:00 Uhr - Gran Canaria

    Semir und André saßen noch eine Stunde zusammen auf der Terasse im Landesinneren, tranken Kaffee und redeten. Über Vergangenes und Zukünftiges. "Hast du etwas davon gehört, wie die Kollegen von der Organisierten Kriminalität vorgegangen sind und erfolgreich waren? Wegen Horns Männer?", fragte André während er in seiner Kaffeetasse rührte und er im Hintergrund Felicita in der Küche rumoren hörte. Semir wischte sich über die Stirn, es war ihm unangenehm heiß, obwohl die Luft hier oben auf der Insel des ewigen Frühlings sehr angenehm war. "Ähm... nein. Du weißt ja, wie die vom BKA sind. Aber ich kann sofort, wenn ich zu Hause bin mal nachhören und dich informieren.", sagte er schnell. Sein Freund sah Semir ein wenig seitlich an und wunderte sich, zeigte seine Gefühle aber nicht. Er war überrascht, denn er kannte Semir eigentlich so, dass dieser darauf brannte zu erfahren, was in diesem Fall nun weiter passieren würde, vor allem wenn man persönlich so sehr darin verwickelt war, wie die beiden Freunde es damals im Winter waren. Und Semir spürte ein wenig die Verwunderung seines Kollegen, und er konnte es verstehen. Er wusste auch ein wenig was, dass einige Hintermänner und direkte Komplizen verhaftet wurden, einige aber noch auf freiem Fuß waren. Er wollte auf der einen Seite André keine Sorgen bereiten, auf der anderen Seite aber auch wenig über das Thema reden. Mein Gott, André fragte so unbedarft und locker, als würde es ihn neben bei interessieren und wusste keinesfalls dass Semir seine wahre Intention kannte... denn wenn der Mann, der die belastenden Fotos geschossen hatte oder an der Hinrichtung des Mannes beteiligt war, verhaftet werden würde, könnte Andrés Tat auch ohne Semir auffliegen. Der kleine Kommissar rutschte auf seinem Stuhl ein wenig hin und her, als hätte er Bienen im Hintern.

    Er war dankbar, dass André von sich aus das Thema wechselte: "Wie gehts Kevin? Wie hat er den Fall weggesteckt?", fragte der großgewachsene Karatekämpfer, der zu dem jungen Polizisten ein besonderes Verhältnis hatte. Vor Jahren, als André noch die Karateschule hatte, wo er Jungs von der Straße trainierte, war Kevin sein Schüler. Er half ihm von den Drogen wegzukommen, und erfuhr vor einem halben Jahr von dessen Rückfall. Semir wog den Kopf ein wenig hin und her, und musste kurz über eine Antwort nachdenken. Erstmal war er froh, von dem anderen unangenehmen Thema weggekommen zu sein. "Ich finde, dass man Kevin einfach nicht durchblicken kann. Von einem auf den anderen Moment hab ich das Gefühl, dass da zwei verschiedene Menschen stehen." Er blickte zu seinem Freund rüber, der ihn aufmerksam ansah. Beide wussten von Kevins damaligen Drogenproblemen, aber beide wussten nicht, dass es der jeweils andere wusste. "Er vertritt mich momentan mit Ben, weil er nach dem Fall seinen Job bei der Mordkommission hingeworfen hat. Er hatte ne Auszeit gebraucht." André beobachtete Semir genau, und spürte, dass dieser etwas verheimlichte... und er wusste ja auch genau was. Die beiden waren so gute Freunde, und der ehemalige Polizist wusste genau, dass Semir etwas verschweigen konnte. "Semir, ich weiß Bescheid über Kevin. Ich hab es ihm damals sofort angesehen, dass er noch abhängig war." Semir nickte mit geschlossenem Mund. "Er hat es uns auch erzählt. Aber ich glaube, dass er davon weg ist. Jedenfalls haben wir nichts in seiner Wohnung gefunden." Nun blickte der große Kerl etwas überrascht auf. "Ihr habt seine Wohnung durchsucht?" Sein Freund wehrte sofort ab: "Nein nein. Ich hab dir doch gestern erzählt dass er entführt wurde..." Semir erzählte seinem ehemaligen Partner von seinem letzten Fall, dass Kevin sich nicht meldete und Ben mit Semir zusammen die Wohnung ihres jungen Kollegens öffneten, weil sie sich Sorgen um ihn machten. "Wir haben nicht die ganze Bude auf den Kopf gestellt, aber wir haben auch auf die Schnelle zumindest nichts gefunden. Wir hatten uns einfach Sorgen um ihn gemacht." Nun nickte André wieder und meinte mit seiner rauhen Stimme: "Kevin ist niemand, der vor etwas davonläuft. Aber ihr müsst manchmal auf ihn aufpassen. Er braucht jemand, dem er blind vertrauen kann. Aber bis er dieses Vertrauen aufbaut, dauert lange." Dem konnte Semir nur zustimmen. Er erzählte davon, wie sich der junge Polizist zwischen ihn und Jessy stellte, unbewaffnet und voll Vertrauen in das Mädchen, dass ihm die Pistole auf die Brust setzte und abdrückte... zu Kevins Glück war keine Munition mehr in der Waffe. "Jessy hatte er recht schnell vertraut.", meinte der Polizist. "Klar. Er hat in ihr wohl eine Möglichkeit gesehen, das nachzuholen, was er bei seiner Schwester verpasst hat." "Ja, so hatte er es auch gesagt." Semir war immer wieder erstaunt, dass André sich offenbar viel besser in Kevin reindenken konnte, als er selbst.

    Nachdem sie nun beide sich recht nachdenklich und still unterhalten hatten, setzte sich Semir wieder ein wenig aufrechter hin, Felicita brachte den beiden Männern noch etwas zu trinken und unterhielt sich kurz mit André auf Spanisch. Semir musste lächeln, als er den klar deutschen Akzent in Andrés sehr passablen Spanisch heraushörte. "Ich glaube, das hier...", dabei machte der kleine Polizist eine Geste über die Terasse und das Haus "... wird dich noch mehr darin bestärken, hier zu bleiben." André nickte nachdenklich. "Wir sind momentan sehr verliebt. Ich genieße das einfach, wie es jetzt momentan ist und mache mir keine Gedanken über die Zukunft. Aber du hast recht, es ist natürlich ein Argument hier zu bleiben." Semir lächelte und freute sich einfach mit seinem ehemaligen Partner. "Ich wüsste ganz ehrlich auch gar nicht, was ich in Deutschland machen würde.", setzte er noch grinsend hinzu. Semir lachte auf: "Och, Herzberger geht doch demnächst in Rente. Dann könntest du mit Bonrath und seinem Porsche Streife fahren." Beide Männer lachten auf, sie lachten als würde das ganze Tal unter ihnen es hören. Sie lachten, schlugen sich gegenseitig auf die Schultern wie zwei Schulfreunde, die ihr ganzes Leben lang miteinander verbracht hatten. Am Ende des Nachmittags, bevor Semir sich mit einer kurzen Umarmung von Felicitas verabschiedete und die beiden Männer mit ihren Buggys zurück nach Playa del Inglés fuhren, waren die Bilder tief in Semirs Rucksack geblieben...

    Wenn Engel hassen

    Stürzen sie wie Steine aus dem Himmelszelt

    Wenn Engel hassen

    Fliegen sie als dunkle Vögel in die Welt

    Wenn Engel hassen

    Landen sie als schwarzer Schatten der uns quält

    Und nehmen Rache an den Menschen, die gefallen sind

    Wie sie.


    Subway to Sally - Wenn Engel hassen

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    • 3. September 2014 um 11:40
    • #22

    Dienststelle - 15:15 Uhr

    Kevin war eine Stunde ziellos von der JVA durch die Stadt gelaufen, bevor er endgültig ein Taxi rief, dass ihn zur Dienststelle brachte. Den Dienstwagen hatte ja Jenny genommen. Ben wartete bereits ungeduldig, sah mehrmals zur Uhr, wollte er doch Hottes Idee seinem Partner mitteilen, um dessen Meinung zu hören. Ausserdem wurde die Chefin bereits ungeduldig, die für 15 Uhr eigentlich eine Lagebesprechung angesetzt hatte, um sich über den aktuellen Sachstand zu informieren, und nun tauchte der Polizist, von dem sie sowieso nicht unbedingt begeistert war, einfach nicht auf.
    Kevin kannte den Taxifahrer, der ihn zur Dienststelle fuhr, so konnte er im Taxi eine Zigarertte am offenen Fenster rauchen und die gerade wegschnippen, bevor er in die Dienststelle schritt. Seine Stimmung war zerüttet, auf der einen Seite froh und erleichtert, dass Jessy endlich mit ihm gesprochen hatte, auf der anderen Seite bedrückt, den der Eindruck, den er von Jessy hatte, psychisch gesehen, machte ihm Sorgen. Doch nun versuchte er sich wieder mit Arbeit abzulenken, als er das Großraumbüro betrat, Jenny lächelnd zunickte und in das Büro der beiden Autobahnpolizisten ging. Ben sah ihn vorwurfsvoll an: "Die Chefin kocht...", brummte er unheildrohend, während Kevin sich auf den Drehstuhl fallen ließ. "Super. Und wann essen wir?", fragte der unbeeindruckt, als würde er das Wort "Kochen" absichtlich falsch interpretieren. Dass die Chefin ihm allerdings auf Abstand gefolgt war, nachdem sie ihn ins Großraumbüro hineinkommen sah, und jetzt in der Glastür stand, hatte er und Ben nicht bemerkt. "Ich bin mir sicher, wenn ihre Ermittlungen so schnell sind, wie ihre Sprüche, dürften wir demnächst was zu feiern haben.", meinte sie katzenfreundlich, was bei Anna Engelhardt brandgefährlich war. Ben wusste das zur Genüge und zog den Kopf unwillkürlich ein wenig hinterm Monitor ein, während sein Partner halb lächelnd, halb entschuldigend zur Chefin blickte. "Verstecken sie sich nicht, Herr Jäger.", brummte die Chefin. "Könnten wir nun endlich die Besprechung abhalten? Ich würde heute gerne ausnahmsweise pünktlich in den Feierabend.", meinte sie und wendete sich wieder aus dem Büro ab, um etwas zu schreiben holen zu gehen. Ben schüttelte derweil mit dem Kopf, während er seinen Partner ansah: "Du schaffst es aber auch immer wieder."

    Beide Polizisten gingen nun ebenfalls nach draussen. Während Ben sich an die Flipcharttafel stellte, setzte Kevin sich auf die Fensterbank, genau hinter Jenny... rein zufällig. Die Chefin besetzte einen freien Drehstuhl eines Kollegen, der gerade auf Streife war, und auch Bonrath und Herzberger stellten das Berichte schreiben für einen Moment ein, als Ben sich räusperte. "Also, der aktuelle Stand ist folgender. Hier...", er ging an die Verkehrskarte des Bezirks der Autobahnpolizei und kreiste zwei Rastplätze ein... "fanden die Anschläge statt. Dann haben wir bisher zwei Fahrzeugbeschreibung." Er schaute auf seinen kleinen Zettel, den er sich gekritzelt hatte und zog ob der ersten Beschreibung die Augenbrauen nach oben. "Eine... ähm... sehr wage. Da gabs erwartungsgemäß keinen Fahndungserfolg. Bei der zweiten läuft die Fahndung noch. Die Beschreibungen unterscheiden sich aber, man kann also davon ausgehen dass er verschiedene Fahrzeuge nutzt, eventuell nicht seine eigenen." Dann kritzelte er "verschiedene Fahrzeuge" an die Flipchartwand und schaute nochmal auf seinen Zettel. "Die Opfer sind die Herr und Frau Bauer von Bauer Electronics, deren Firma einen neuartigen Chip entwickelt hat. Mögliches Motiv diesen Chip auch zu kriminellen Zwecken zu missbrauchen führten zum stellvertretenden Geschäftsführer Philipp Heinrich." Der Polizist schreib die Namen an die Wand, umkreiste sie und stellte die jeweilige Beziehung mit Pfeilen dar. Kevin lehnte mit verschränkten Beinen am Fenster und sah nicht unbedingt gelangweilt aus, aber auch nicht so, als wäre er voll bei der Sache. Jenny, Bonrath und Herzberger hörten aufmerksam zu, die Chefin machte sich Notizen. "Beim zweiten Anschlag haben wir die beiden Opfer Uth und Ritter. Ritter hat mit Bauer Electronics keinerlei Verbindung, Uth wenn überhaupt als Kunde." Wieder kurzes Gekritzel. "Die Kugeln stammten laut KTU aus der gleichen Waffe, was auf den gleichen Täter und nicht auf einen Trittbrettfahrer hindeutet. Das Motiv bleibt aber nach dem zweiten Anschlag noch unklar." Nun hakte sich die Chefin ein. "Wie groß schätzen sie die Möglichkeit, dass dieser Täter wahllos auf Menschen schießt?" Ben blickte zu Kevin und wartete ab, ob er etwas dazu sagen wollte, schließlich hatte er von der Mordkommission noch öfters mit Mördern zu tun als Ben selbst. Doch sein junger Partner schwieg erstmal, also antwortete Ben: "Wenn es keine versteckte Verbindung zwischen Bauer und den beiden heutigen Mordopfern gibt, dann schätze ich die Wahrscheinlichkeit doch recht hoch ein. Und dann...", er pausierte kurz und schaute in die Runde. "Dann hätten wir ein Problem."

    Für kurze Zeit war Stille in der Dienststelle, nur der Funk im Funkraum knisterte bis hierher. "Welche Ansatzpunkte haben wir?", fragte die Chefin nun. "Herzberger ist hat vorgeschlagen die beiden Rastplätze vor und hinter den beiden Tatorten ab morgen früh zu überwachen. Für alle Rastplätze entlang der Autobahn haben wir nicht genug Leute, und die Möglichkeit, dass er die Reihenfolge fortsetzt ist eventuell höher, als wenn wir jetzt wahllos zwei drei Rastplätze aussuchen. Ausserdem hoffen wir momentan noch auf die Fahndung.", erklärte Ben und drückte den Deckel auf den Filzstift der Flipchart-Wand. Die Chefin seufzte auf und meinte: "Also ist es momentan eher ein Hoffen, als ein Ermitteln.", sagte sie. Der Polizist biss sich etwas auf die Lippe: "Ja, so ist es. Wir können keine Beweise oder Hinweise erfinden." "Das wäre auch etwas zu viel verlangt, Herr Jäger.", meinte Anna Engelhard scherzhaft mit einem Grinsen. "Was sollen wir an die Presse herausgeben? Das Telefon steht seit dem zweiten Anschlag nicht mehr still.", meinte Bonrath stöhnend. "Nachrichtensperre.", befahl die Chefin sofort und einsilbig. "Wir können der Presse nicht sagen, dass wir im Dunkeln stochern." Ben bemerkte, wie Kevin jetzt anscheinend aufmerksamer zuhörte, und sich dann auch von der Fensterbank erhob. Er ging zu Ben an die Flipchartwand und meinte: "Vielleicht will er das auch. Vielleicht will er ein Spiel mit uns spielen.", sagte er und schaute nacheinander die Chefin und seine Kollegen an. "Er will dass wir auf ihn reagieren. Wir müssen abstrakt denken, denn logisch gibt es keinen Grund dafür, dass man wahllos Leute umbringt." Ben konnte den Gedankengängen nicht ganz folgen, doch Frau Engelhardt kam ihm mit der Frage zuvor: "Was meinen sie genau?" "Ich glaube, dass er weitermacht, bis er von uns Statements bekommt. Dass wir an ihm dran sind, dass wir nach ihm suchen. So lange wir stummen bleiben, könnte ihn das motivieren weiterzumachen." Für kurze Zeit schien Anna Engelhardt nachzudenken, sie legte den Finger auf die Lippen in ihrer typischen Pose, bevor sie den Kopf schüttelte. "Nein. Wir können nicht falsche Informationen an die Presse geben, wenn wir überhaupt keine Infos haben. Bonrath, bis auf weiteres: Nachrichtensperre." Bonrath nickte, während Kevin ein wenig kalt lächelte. Er spürte das Misstrauen seiner Kurzzeit-Chefin deutlich, und auch sein Partner schien von den Gedanken des jungen Polizisten nicht unbedingt überzeugt zu sein, als die Vorgesetzte von Kevin und Ben die Besprechung auflöste.

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    • 8. September 2014 um 10:52
    • #23

    Playa del Inglés - 16:30 Uhr

    Semir und André verabschiedeten sich per Handschlag in der Eingangshalle des Hotels. Der großgewachsene Animateur musste nochmal ein wenig arbeiten, und Semir bedankte sich bei ihm für den tollen Ausflug... auch wenn er für den Polizisten nicht die erhoffte Erleichterung seines Gewissens gebracht hatte. Aber er hatte es einfach nicht übers Herz gebracht, André in diesem Augenblick mit den schlimmen Fotos zu konfrontieren und er musste feststellen, als er durch den Garten in Richtung seines Hotelzimmers ging, dass sich die Situation nochmal verkompliziert hatte. André hatte hier eine Frau gefunden, war gerade dabei sein Leben nach 14 Jahren Chaos endlich in geordnete Bahnen zu lenken. Was wäre Semir für ein Freund, wenn er ihm das nun kaputtmachen würde. Jedoch... was wäre Semir für ein Polizist, wenn er einen Mord, einen eiskalten Mord einfach vertuschen würde. Seine Gefühle fuhren Achterbahn, und es schien als wäre der Weg zu seinem Zimmer unendlich lang. Er sperrte die Tür mit seiner Chipkarte auf, und erblickte seine Frau Andrea, die gerade dabei war, die feuchten Pool-Handtücher auf den Balkon aufzuhängen. "Ah, da bist du ja wieder.", sagte sie lächelnd und erkannte sofort das gequälte Lächeln ihres Mannes. "Ja... wo sind die Kinder?" "Die sind im Miniclub, Tischtennis spielen. Ich war bis eben dabei, die Betreuerinnen sind erstklassig, die können wir ruhig alleine lassen. Wie wars?" Semir fühlte sich unendlich müde, als er sich auf das Bett setzte und die Hände faltete, und erstmal nicht antworten wollte. Andrea spürte instinktiv, dass etwas nicht in Ordnung war, und setzte sich direkt neben ihm, legte den Arm um seine breite Schultern. "Hast du ihm die Fotos gezeigt?", fragte sie vorsichtig und vermutete, dass seine Reaktion darauf hindeutete, dass André nicht besonders gut darauf reagiert hatte. Doch Semir schüttelte sofort den Kopf und hauchte nur ein "Nein."

    Andreas Finger streichelten über Semirs Nacken, zärtlich und vertraut. Der Polizist genoß in diesem Moment diese Sicherheit, die er bei Andrea hatte, den Halt den sie ihm gerade gab. Er wusste nicht was er tun sollte, was er denken sollte, wie er reagieren sollte. "Wir... wir waren im Landesinneren... er.", sagte Semir stockend und er spürte, wie ihm Tränen der Verzweiflung in die Augen stiegen, was seine Frau nun doch überraschte. "Er hat eine Freundin... er ist so glücklich hier auf der Insel.", meinte der Polizist und seine Frau konnte deutlich dessen Verzweiflung heraus hören, und dass er seine Gefühle offenbar vom Zeitpunkt dieser Erkenntnis bis jetzt unterdrückt hatte.
    Er drehte seinen Kopf zu seiner Frau und sank in ihrem Schoß zusammen, sie schlang die Arme um ihren Mann, der nun von seiner Verzweiflung und seinem unglaublichen Zwiespalt übermannt wurde, und weinte. "Ich kann ihm doch nicht alles kaputtmachen, Andrea. Er ist doch mein Freund... er hat mir das Leben gerettet.", weinte er verzweifelt und Andrea strich ihm sanft über den Rücken, gab ihm Halt, wusste aber für den Moment auch keine Antwort. Auf der einen Seite freute sie sich natürlich für André, der hier offenbar sein absolutes Glück gefunden hat, aber sie wusste natürlich auch was das für Semir bedeutete, und wie groß der Graben des Zwiespalts nun war... beinahe unüberwindbar. Wenn Semir seinem polizeilichen Gewissen folgte, würde André für mindestens 15 Jahre ins Gefängnis gehen... ganz davon abgesehen, dass Felicita offenbar nichts von der dunklen Vergangenheit des Ex-Polizisten wusste und sicher nicht auf einen Mörder wartete. Andrés komplettes Glück, dass er sich hier aufgebaut hatte, würde mit einem Schlag zerstört. Und dass er jetzt hier in Spanien einem geregelten Beruf nachging zeigte auch, dass er das kriminelle Leben nicht wirklich genossen hatte, das es eher Zwang war und er im Herzen doch auf der richtigen Seite stand. "Ich kann ihm das nicht antun.", schluchzte Semir und richtete sich langsam wieder auf, wischte sich die Tränen weg. Er wusste aber auch, dass das Wissen um Andrés Mord ewig zwischen ihnen stehen würde... bei jedem Telefonat, bei jedem Treffen, bei jeder SMS.

    Langsam beruhigte sich Semir. Ihm ging es nun besser, er hatte die Gefühle die ganze Rückfahrt über unterdrückt und fühlte sich nun irgendwie erleichtert. Er ging ins Badezimmer und schlug sich mit zwei Händen Wasser ins Gesicht, und sah sich im Spiegel an. Wie würde André in seiner Situation reagieren. Wie würde Ben reagieren? Ben hätte André noch am Flughafen zumindest zur Rede gestellt, aber Ben war auch emotional nicht so sehr an André gebunden wie dessen ehemaliger Partner. Er atmete tief durch, stützte die Hände auf das Waschbecken ab, bevor er zu Andrea zurückkehrte. Sie schaute ihren Mann an, saß auf dem Bett und hatte die Hände auf den Beinen. "Semir, ich würde dir gerne helfen. Aber ich kann dir diese Entscheidung nicht abnehmen. Ich höre dir zu, wenn du es brauchst... aber ich kann dir nicht sagen "Tu es" oder "Tu es nicht."." Sie sagte es ehrlich und geradeaus, sie mochte André, sie hatte auch eine gewisse Beziehung zu ihrem ehemaligen Arbeitskollegen... aber nicht so eng wie Semir. Schon gar nicht nach dem Wiedersehen, als der ehemalige Polizist wie von den Toten auferstanden war. Semir stand im Türrahmen zum Flur und kam nun auf seine Frau zu, fasste sie an der Hand und zog sie sanft vom Bett herauf. Sie umarmten sich fest und innig, und Semir hauchte der Sekräterin ein "Ich liebe dich" ins Ohr. Ihm wurde mal wieder klar, wie unglaublich wichtig seine Frau in seinem Leben war, und was für ein Glück er doch hatte. Sie wusste, dass es besser für Semir war, wenn er während des Urlaubs irgendetwas tat um das Gewissen um die Bilder zu erleichtern, aber sie sagte es nicht. In ihren Augen wäre es aber fatal, wenn er zurückflog mit den Bildern im Gepäck, und der Last auf den Schultern.
    Das gleiche Gefühl hatte Semir auch. Es musste raus, es musste einfach. Er müsste André klarmachen, dass er ihm nichts kaputtmachen will, dass er ihm nichts Böses will. Doch wie würde André reagieren? Davor hatte der Polizist unglaubliche Angst...

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    • 9. September 2014 um 08:31
    • #24

    Autobahn - 17:00 Uhr

    Nach der Besprechung war Kevin ungewöhnlich still. Jemand, der viel redet war er ohnehin nicht, aber sein permanentes Schweigen, seine kurz gehaltenen Antworten und keinerlei Lust auf irgendein Gespräch bemerkte Ben deutlich, als sie auf ihrer letzten Streife des Tages waren. Vor allem, weil er in den letzten Tagen doch deutlich aufgetaut war, mehr redete als sonst und auch immer mal einen flapsigen Witz machte. Doch nun ging dem Polizisten die Schweigsamkeit seines Partners auf den Keks. "Na was ist? Bist du sauer, weil die Chefin deinen Vorschlag nicht angenommen hat?", fragte er, und sah immer mal zu seinem Partner rüber, der auf dem Beifahrersitz saß, ein Bein angewinkelt hatte und mit der rechten Hand am Haltegriff über der Tür rumspielte. "Quatsch.", entgegnete er schmallippig, auch wenn er feststellte dass ihm das permanente Misstrauen von Anna Engelhardt ihm gegenüber zusetzte. Kevin brauchte Vertrauen, sonst würde er nicht funktionieren. Vertrauen bekam er in der Ausbildung kaum, bei der Mordkommission und seinem ehemaligen Kollegen Erwin Poltz überhaupt nicht. Jetzt spürte er immerhin den Rückhalt von Ben, was ihm sehr half. "Was dann?" Ach, es war zum Verzweifeln mit Kevin. Er baute sich eine Mauer aus Schweigen um seine Seele, die niemand zu Gesicht bekommen sollte, und es war so schwer durch zu dringen. "Es ist wegen Jessy.", sagte Ben, und es war keine Frage, sondern eine Aussage, und er vernahm ein leichtes stummes Nicken aus Kevins Richtung. Aha, die Tür öffnete sich etwas, ein wenig ließ Kevin ihn wieder nach innen dringen. "Sie hat heute geredet.", sagte der junge Polizist, ohne seinen Freund anzuschauen. "Na, das ist doch gut... oder?" Ben war sich nicht sicher, er wusste freilich nicht was Jessy Kevin so alles gesagt hat. Hatte sie ihm klipp und klar gesagt, dass sie auf seine Besuche verzichten kann? Bat sie ihn, öfters zu kommen? Aus Kevins Blick konnte Ben die Antwort nur schwer ablesen. "Was hat sie gesagt?", hakte er nach, ohne alzu neugierig zu wirken. Der Kommissar auf dem Beifahrersitz antwortete zögerlich. "Dass... dass sie es schön findet, dass ich bei ihr bin." Ben fand, dass seine Stimmlage, wie ihr den Satz von Jessy wiedergab nicht zu dem Satz selbst passte... denn eigentlich war der ja positiv gemeint.

    Die Autobahn zog sich wie ein langer Schlauch, wie ein Teppich ausgerollt vor den beiden. Es war Berufsverkehr, die Menschen in den Autos, die vor ihnen fuhren und hinter ihnen fuhren hatten Feierabend und flüchteten in den selbigen. "Und warum bist du dann so mies drauf? Das ist doch ganz okay?", meinte Ben erneut, ohne die Augen von der Straße zu richten. Kevin sah nun ebenfalls geradeaus durch die Windschutzscheibe und zuckte mit den Schultern. "Sie machte aber nicht den Eindruck, dass sie froh sei." "Darüber dass du kommst?" "Nein", antwortete der junge Polizist "generell. Ihr ging es einfach nicht gut, das habe ich gespürt." Ben schwieg und nickte. Natürlich ging es einem im Knast nicht gut. Du bist eingesperrt, du bist abgeschieden von deinen Freunden und Familien. Jessy hatte keinerlei Kontakt zu ihrem Bruder, was ihr vielleicht sehr helfen würde. Etwas anderes lag dem Polizisten aber noch auf der Zunge. "Hast... hast du dich in sie... also...", begann er ein wenig stotternd und wurde sogleich von seinem Freund abgewürgt. "Nein!", sagte er bestimmt, als würde er keinen Widerspruch dulden... sein zweites "Nein", war allerdings schon ruhiger und weniger überzeugend. "Sowas ist es nicht. Das ist... das ist etwas anderes zwischen uns. Aber ich kann nicht erklären was." Wieder ein kurzer Seitenblick von Ben auf Kevin. Was für ein komischer Kerl...
    "Ich...", begann Ben langsam und tätschelte Kevins Oberschenkel kurz freundschaftlich. "...kenne jemanden in der JVA. Vielleicht kriegt der es hin, dass Jessy ihren Bruder mal für 5 Minuten sprechen kann. Das wird ihr bestimmt gut tun. Der schuldet mir noch einen Gefallen." Kevin sah Ben nun direkt an, ein etwas ungläubiger, zugleich aber auch erleichternder Blick. "Das würdest du tun?", fragte er nochmal, als hätte er sich gerade verhört, doch Ben nickte sofort. "Na klar.", meinte er und zwinkerte. "Danke, Ben.", seufzte der junge Polizist, und es konnt ehrlicher nicht klingen. "Ich ruf ihn morgen früh gleich vor unserem Einsatz an.", sagte Ben, als das Funkgerät knisterte.

    "Zentrale für Cobra 11, bitte kommen.", meldete sich Jennys Stimme durch das Funkgerät, und auf Kevins Lippen zauberte sich sofort ein kurzes Lächeln, was auch Ben nicht verborgen blieb. "Cobra 11 hört." "Die Fahnder haben einen möglichen Wagen des Attentäters gefunden, und zwar nach der Beschreibung von heute Morgen. Ein himmelblauer Mercedes A-Klasse. Der Wagen wurde von einer Streife vor einem Waldstück entdeckt. Hartmut ist mit seinen Jungs schon auf dem Weg. Ich geb euch die Koordinaten durch." Kevin tippte die Koordinaten in sein Handy, bedankte sich bei Jenny und lotste seinen Partner dann von der Autobahn, ein Stück über die Landstraße und Richtung Wald. Zwischen zwei kleineren Dörfer mussten sie auf einen Forstwirtschaftsweg abbiegen, der zum Feldweg wurde und das Auto hin und her wanken ließ. "Frisch gewaschen...", grummelte Ben, als die ersten Dreckspritzer bis an die Seitenscheibe flogen. "Tja... wer fährt wie ne Sau, dessen Auto sieht auch so aus.", meinte Kevin trocken, als Ben ein Schlagloch mit ordentlich Geschwindigkeit mitnahm. Nach einer Kurve konnten die beiden Polizisten bereits das Auto sehen, von der KTU war noch keine Spur. Ben stoppte den Mercedes, beide Kommissare zogen sich Einmalhandschuhe an, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Zwei Kollegen der Zielfahndung standen bei dem Wagen und wurden begrüßt. "Wart ihr schon dran?", fragte Ben unnötigerweise, denn die Fahnder waren Profis, und wussten dass sie von derlei Autos die Finger zu lassen hatten. Ein selbstverständliches Kopfschütteln war die Antwort. Mit dem Handschuhen griff Kevin nach dem Beifahrergriff und zog. Die Tür gab sofort nach, das Auto war nicht abgeschlossen. Während Ben zum Kofferraum ging, ließ Kevin sich in den Wagen hineingleiten. "Kein Schlüssel.", rief er nach hinten, und bekam ein "Kofferraum ist leer" zur Antwort. Kevin schaute genau auf das Zündschloß und konnte einige Kratzer feststellen. Offenbar wurde das Auto mit einem Werkzeug gestartet. Der junge Kommissar ließ das Handschuhfach aufklappen, wo allerdings nur ein Stadtplaner, eine Sonnenbrille und ein Erste-Hilfe-Buch zum Vorschein kamen.

    Ben kam um das Auto herum zu Kevin und schaute nach, ob er was interessantes gefunden hatte, was Kevin aber sofort per Kopfschütteln verneinte. "Lass uns eine Halteranfrage machen, und die KTU soll den Wagen durchchecken. Irgendeine Spur muss der Kerl ja hinterlassen haben.", sagte Ben als sein Partner wieder aus dem Auto ausstieg und eher pessimistisch wirkte. "Nicht, wenn es ein Profi war. Auto geklaut, Mord verübt, stehengelassen. Wenn er jedes Mal ein anderes Auto benutzt, dann können wir uns echt gratulieren." Beide Männer setzten sich auf die lange Motorhaube des BMWs. Während sie auf die Kollegen der KTU warteten, zündete Kevin sich eine Zigarette an.

    Wenn Engel hassen

    Stürzen sie wie Steine aus dem Himmelszelt

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    • 11. September 2014 um 01:13
    • #25

    Waldweg - 17:30 Uhr

    Der Himmel über dem Land verdunkelte sich, es roch ein wenig nach Regen oder sogar Gewitter. Der ganze Tag war grau, dunstig und irgendwie für den Sommer unangenehm. Kevin hatte seine Jacke mittlerweile in den Dienstwagen gelegt, während Ben den Weg ein wenig auf und ab ging. Doch nichts auffälliges tat sich vor seinem Auge auf, weder ein Zigarettenstummel mit DNA, noch Fußabdrücke.
    Es dauerte etwas, bis der Polizeijeep von Hartmut kam, einige Kollegen ausstiegen und den Anweisungen des Rotschopfes Folge leisteten. Dann begann auch Hartmut mit der Arbeit, nachdem er die beiden Polizisten mit Handschlag begrüßt hatte. Als er in die offene Beifahrertür lugte, sagte er, als könne er in die Vergangenheit blicken: "Hat doch jemand von euch schon drin gesessen.", und drehte sich zu den beiden um. Ben hatte anscheinend einen Moment nicht zugehört und blickte gerade zu Hartmut auf, während Kevin eine Unschuldsmiene verzog und mit dem Finger unauffällig auffällig auf seinen Partner zeigte. "Ben, ich hab dir doch schon tausend Mal gesagt, dass du deinen Hintern aus den Autos, die ich untersuchen soll, rauslassen sollst.", sagte er mit eindeutig übertrieben gespielten Vorwurfston. Der Polizist sah überrascht hin und her. "Wie bitte? Ich war doch gar nicht...", bis er merkte dass er reingelegt wurde, und seinem jungen Partner neben ihm einen Stoß versetzte, während der auflachte. "Leg dich besser nicht mit mir an.", lachte Kevin und zwinkerte seinem Freund zu. "Pah. Glaubst du, ich hätte noch nie nen Boxring von innen gesehen?", witzelte der Wuschelkopf zurück und bekam prompt Antwort. "Vom Boden vielleicht.", meinte Kevin grinsend.

    "Wenn ich die beiden Kinder vielleicht mal unterbrechen dürfte?", vernahmen die beiden Polizisten dann wieder die Stimme des Technikgenies der Kölner Polizei und widmeten ihre ganze Aufmerksamkeit Hartmut zu. "Hast du was?" "Mikropartikel auf dem Fahrzeugteppich. Könnte Erde sein, muss ich analysieren. Sieht mir aber auf den ersten Blick wie ganz normale Blumenerde aus." "Das grenzt den Täterkreis auf all jene ein, die einen Garten zuhause haben...", meinte Ben erst todernst und überzeugend, bevor er dann mit dem Kopf schüttelte. "Das reicht noch nicht, Hartmut..." Kevin grinste derweil schon wieder und schüttelte mit dem Kopf. "Ein Typ ist das...", sagte er dabei scherzhaft. "Danke Ben. Das weiß ich, dass das noch nicht reicht.", sagte Hartmut und schälte sich wieder aus dem Vorderraum des Autos.
    Die Kollegen durchsuchten den Wagen zunächst auf Fingerabrücke und weitere Spuren, während einige andere auch die nähere Umgebung absuchten. Die Kollegen der Fahndung waren bereits abgezogen, und als der Abschleppdienst kam, um den Wagen zur KTU zu bringen, brachen auch Ben und Kevin auf zurück zur Dienststelle - der Feierabend nahte. Als die beiden an der Dienststelle ankamen, war nur Bonrath noch da. Er machte öfters Überstunden, war er doch meistens eh allein zu Hause. "Was machst du jetzt noch? Lust auf ein Bierchen?", fragte Ben seinen Partner, als sie aus dem Büro wieder auf den Parkplatz traten. Der schien kurz zu überlegen, grinste und schüttelte dann den Kopf. "Bierchen ist nicht schlecht... wenn ich die Location wählen darf." In erster Reaktion nickte der Polizist sofort, weil er sich freute seinen eben noch so schweigsamen Partner zu einem Feierabend-Bier überreden zu können, und setzte sich, nichtsahnend, ins Auto.


    Boxhalle - 19:30 Uhr

    Na super, dachte Ben ein wenig grimmig. 'Jetzt muss ich mir mein Bierchen auch noch verdienen'. Kevin hatte die spontane Idee die Frozzelei am Feldweg ein wenig in die Tat umzusetzen. Er nötigte Ben dazu, zu Hause seine Sportsachen einzupacken, fuhr danach in seine Wohnung zu Kalle, um auch seine Sporttasche zu schnappen und lenkte den BMW dann zu einer freien Boxhalle, wo Kevin in der Woche trainierte. Kevin bemerkte den misstrauischen Ausdruck im Gesicht seines Freundes. "Keine Angst. Du kannst jederzeit das Handtuch werfen." Die Frozzelei entspannte Ben wieder, und er entschloss sich, die sportliche Herausforderung anzunehmen. Die beiden Männer zogen sich in einer großen Kabine um, und der junge Polizist bemerkte gleich, dass in Bens Armen und Oberkörper sicherlich gewaltige Kräfte schlummerten. Er würde sehen, ob er die beim Boxen auch richtig einzusetzen wusste. Kevin selbst war nicht ganz so muskulös wie Ben, im Nahkampf setzte er aber auch andere Waffen ein als rohe Kraft.
    Die beiden machten sich eine halbe Stunde mit Laufen und Gymnastik warm, bevor sie durch die Seile in den Ring stiegen. Kevin warf Ben einen Kopfschutz zu, der wiederrum seinen Partner neckisch ansah. "Wozu die Maskerade?" Kevin war gerade im Begriff das Ding über zu ziehen. "Naja... wenn du der Chefin morgen beibringen willst, woher du das Veilchen unterm Auge und die aufgeplatzte Lippe hast?" Ben dachte erst, Kevin wolle ihn wieder aufziehen. "Zieh an, das Ding. Das geht schneller als du denkst. Du wirst auch so genug spüren." Das überzeugte den Polizisten dann, und er zog den etwas drückenden unangenehmen Kopfschutz über seine üppigen, obwohl etwas kürzer als sonst, Haare.

    Jeder Polizist muss einen Selbstverteidigungskurs in der Ausbildung absolvieren, der allerdings Boxen nicht beeinhaltete. Ben hatte mal an einem Schnuppertraining teilgenommen, und erinnerte sich sofort an Haltung, Bewegung und Schlagkombinationen. Er bemerkte aber gleich, dass Kevin geübter war, schneller auf den Beinen war und die Deckung blitzschnell wieder vor dem Gesicht hatte, nachdem er geschlagen hatte. Er selbst hatte Befürchtungen, nach einem Schlag sofort den Konter zu erwischen, und ging deshalb nach einer Kombination sofort rückwärts, was Kraft kostete. Kevin dagegen bemerkte, dass Ben durchaus Kraft in seinen Schlägen hatte, aber etwas Taktik fehlte ihm noch. Natürlich wollte der junge Polizist seinen Freund nicht vorführen, aber anstrengen musste er sich doch, den Ben bewegte sich viel, und seine Schläge kamen schnell und gefährlich.
    Ein wenig wiegte sich Semirs Partner in Sicherheit, weil Kevin nicht sofort nach einem Schlag nachging, und so versuchte er öfters hintereinander zu schlagen. Er erwischte diesmal Kevin sogar ein wenig im Gesicht, spürte aber eine Zehntelsekunde später die klatschende Linke an der rechten Kopfseite. Sein Freund hatte recht, der Schlag verteilte sich über Kopf und Nackenmuskeln und ließen ihn augenblicklich zwei, drei Schritte zurückwanken. Der Kopfschutz schützte vor äusseren Verletzungen und find viel Wucht auf das Gehirn ab, aber die Schlagkraft war doch mehr als bemerkbar. Er lächelte dennoch, und traute sich weiterhin mehr zu, nach und nach merkte er, dass sein Gegenüber Probleme mit der Kondition bekam. "Du solltest weniger rauchen.", witzelte der Wuschelkopf, seinem schneller atmenden Gegenüber zu, bevor er endlich auch einen wirksamen Schlag setzten konnte und Kevin sogar noch einen gekonnten Leberhaken verpassen konnte. Der japste ein wenig, ging zurück und ließ Ben kommen, der nachsetzen wollte und prompt in einem geübten Konter hinein lief. Einmal links, und einmal frontal schlug Kevins Handschuh in Bens Gesicht ein, der sofort merkte, dass es fatal war, wenn man einen erfahreneren Boxer unterschätzte. Doch er stand sicher und ging wieder etwas nach vorne. Die meiste Zeit aber schlugen sie sich auf die Deckung, und nach einer halben Stunde mit kleinen Pausen zogen sie sich den Schutz vom Kopf und schlugen die Handschuhe gegeneinander. "Nicht schlecht, mein Freund.", nickte Kevin anerkennend und pumpend. "Danke...", nahm Ben das Lob gerne an, pustete auch erstmal durch.

    Nachdem sie geduscht hatten und sich wieder angezogen hatten, saßen die beiden Männer nun endlich auf ihr wohlverdientes Bier am Tresen des Boxclubs. "Was denkst du über Morgen? Glaubst du, dass die Überwachungsaktion Erfolg verspricht?", fragte Ben seinen Nebenmann, der mit den Schultern zuckte. "Keine Ahnung. Wir haben verdammt wenig Anhaltspunkte." Für kurze Zeit schwiegen die beiden Männer und beobachteten zwei Kerle im Ring, die vom Umfang und von der Schlagkraft ungefähr das doppelte in die Waagschale warfen, als die zwei Polizisten. "Du machst das übrigens echt gut.", meinte Kevin zu seinem Freund, der überrascht aufblickte. "Was meinst du?" "Na, die Führungsrolle. Ohne Semir, meine ich.", sagte er zwinkernd und brachte Ben zum Lächeln. Er nahm das Lob gerne an, auch wenn Kevin noch jünger und etwas unerfahrener war als Ben... aber den Rückstand holte er dadurch auf, dass er lange bei der Mordkommission war, und solche Fälle eher kannte als der Autobahnpolizist, der vorher beim LKA war. "Aber ganz ehrlich, manchmal fühle ich mich noch etwas hilflos. Semir hat manchmal Einfälle, da würde ich nie draufkommen. Vielleicht hätte er jetzt auch einen, der uns helfen würde." Kevin schüttelte nur den Kopf und prostete seinem Freund zu. "Denk nicht darüber nach. Hört sich kitschig an, aber vertrau auf das, was du tust. Und dann finden wir zusammen einen Weg, diesem Killer das Handwerk zu legen." Die Gläser klirrten gegeneinander, und Ben fühlte sich pudelwohl. Er spürte, dass er mit Kevin enger zusammengerückt war an diesem heutigen Tag, und verspürte Stolz darüber, ein wenig zu diesem schweigsamen geheimnisvollen Mann vordringen zu können.

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    • 13. September 2014 um 01:19
    • #26

    Hotel - 23:00 Uhr

    Heute hatten die Kinder länger ausgehalten. Lilly wurde erst kurz vor Ende der Flamengo-Show in der Poolbar quengelig, während Ayda noch fit war, und eigentlich noch gar nicht ins Bett wollte. Doch Semir und Andrea blieben hart. Alle vier hatten einen schön Urlaubsabend verbracht, und seine Familie half dem Polizisten unbewusst, seine Sorgen um André ein wenig zu verdrängen.
    Jetzt aber, wo die Kinder im Bett im Nebenzimmer lagen, er nur in Shorts und Shirt auf dem Rücken im Bett lag und seine Frau Andrea gerade aus dem Bad kam, kamen die Sorgen wieder zurück. Er hatte die Arme hinterm Kopf verschränkt und starrte an die Decke, als Andrea sich neben ihm zudeckte. "Grübel jetzt nicht zu viel.", sagte sie zu ihm, kuschelte sich dicht an ihn und zog die dünne Decke bis an die Schultern. Heute nacht würde sie sich vor Hitze eh wieder freistrampeln, denn die Nächte waren auch hier sehr warm. "Das sagt sich so einfach.", brummte ihr Mann. Er fühlte sich besser seit seinem emotionalen Ausbruch, und war froh dass er bei seiner Frau seinen Gefühlen jederzeit freien Lauf lassen konnte.
    Andrea legte ihren Kopf auf die breite Schulter ihres Mannes und schlang einen Arm um seinen Brustkorb. Mit den Fingern strich sie im Takt an seiner Körperseite vorbei, während sie langsam ein wenig einnickte. "Morgen sag ich es ihm.", hörte sie auf einmal Semirs Stimme und war sofort wieder wach. "Wirklich?" Im Dunkeln meinte sie, ihren Mann nicken zu sehen. "Ich muss. Besser jetzt, als kurz vor der Abreise. Ich muss es ihm so sagen, dass er sofort merkt, dass ich ihm nichts Böses will.", sagte Semir mit fester und bestimmter Stimme. Andrea fand es gut, dass er sich dazu durchringen konnte, und hoffte dass er dann auch morgen nicht wieder einen Rückzieher machte. Aber Semir spürte gerade die eigene Entschlossenheit, als wäre er am liebsten sofort zu André gegangen. Aber erstmal musste er die Nacht rumbringen...


    Rastplatz - 9:00 Uhr

    Die Spannung war zum Knistern. Der Tag kündigte sich mit hellem Sonnenschein an und versprach ordentlich warm zu werden, Kevin hatte sogar schon seine (selbst abgetrennte) kurze Jeans unter sein ärmelloses Hemd, dass er über dem Tanktop an hatte, gezogen. Ben vertraute noch auf die lange Jeans, bereute das aber bereits. Statt des warmen Kaffees, den er sich gerade in seine Tasse füllte, während die beiden Polizisten am Rastplatz, der in der Liste der nächste sein sollte, stand, wünschte sich der Polizist ein kühles Blondes. Kevin verzichtete komplett auf das Heißgetränk, er stand neben dem Auto und hatte Hände und Kinn aufs Dach gelegt. Sie standen am Ende des Rastplatzes, rückwärts geparkt und hatten so den kompletten Rastplatz im Auge. Bis jetzt waren es drei Autos in anderthalb Stunden, die nicht angehalten hatten, sondern langsam durchgerollt waren. Kevin hatte sich alle Kennzeichen notiert. Der Berufsverkehr war vorbei, aber der Ferienverkehr begann langsam. Viele Eltern mit Kindern parkten auf dem Rastplatz, machten auf den Bänken ein Frühstückspicknick mit selbst gebratenen Frikadellen, Eiern und Brötchen.

    "Du, irgendwie hab ich doch ein wenig Schmerzen im Nacken.", rief Ben vom Auto aus herauf zu seinem gestrigen Boxpartner. "Weichei.", gab der nur zurück, ohne die Augen von dem weißen Audi zu lassen, der langsam auf die zurollte, dann aber doch auf einen der letzten Parkplätzen anhielt, bevor es zurück auf die Autobahn ging. Beiden Polizisten war die Anspannung anzumerken, denn sie hatten keinen schnellen Plan, wie sie reagieren sollten, wenn plötzlich geschossen wird. Sie mussten damit rechnen, falls der Killer heute hier nochmal auftauchte, dass es wieder Tote geben könnte, obwohl sie da waren.
    "Hotte, Bonrath, wie siehts bei euch aus?", fragte Ben über Funk an seine Kollegen, die den anderen Rastplatz in der Liste vor und hinter den beiden Anschlagsrastplätzen bewachten. "Bis jetzt alles ruhig, Ben.", gab Hotte Herzberger zurück, der sich mal wieder mit seinem langjährigen Partner Bonrath in den kleinen Porsche gequetscht hatten. Beide Polizisten waren für diese Art von Auto eigentlich ungeeignet, den Hotte war dick und rund, während Bonrath die Knie aufgrund seiner 1m98 fast an die Ohren gezogen hatten. "Ja, bei uns momentan auch.", gab Ben zurück, der aus dem Seitenfenster sah.

    Nicht nur ihm, sondern auch seinem Kollegen fiel der unauffällige dunkelblaue SUV auf, der nun ebenfalls auffallend langsam die Straße des Rastplatzes abfuhr. Kevin hatte sich gerade eine Zigarette angesteckt, als er den Wagen beobachtete. Durch die vordere und hintere große Fensterscheibe konnte man die Silhouette eines großen Mannes schnell erkennen, genau so seinen ausgestreckten Arm in Richtung Beifahrerfenster, das geöffnet war.
    Kevin hatte gerade seine Kippe zwischen den Fingern, als er wahrnahm, was geschah. Es kam ihm vor, wie eine Zeitlupe, als der Polizist die Zigarette zwischen seinen Fingern fallen ließ, sein offenes Hemd zurückzog, und seine Dienstwaffe entsicherte. Die Zigarette hatte gerade den Boden erreicht, Ben wurde selbst gerade klar, was gleich passieren würde, als er schon den Schuß hörte. Die Kugel aus Kevins Waffe schlug durch den Grill in den Motorraum. Im gleichen Augenblick ließ der Mann im Wagen den Arm sinken, ebenso den Gasfuß. Kevin zielte nochmal, als der Wagen immer näher kam, vernahm aber auch sofort Bens Stimme. "Hör auf, hier durch die Gegend zu ballern! Komm lieber rein!!", schrie er und ließ den Motor des Mercedes aufheulen, als der SUV an den Polizisten vorbeizog. Kevin sprang auf den Beifahrersitz und hatte gerade die Füße vom Asphalt gezogen, da gab Ben bereits Vollgas, und nahm die Verfolgung des SUV auf.

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    • 15. September 2014 um 23:40
    • #27

    Autobahn - 9:15 Uhr

    Kevin hatte gerade das Blaulicht angeschaltet, Ben ließ den Wagen per Kickdown aufheulen. Der dunkelblaue SUV trat ebenfalls aufs Gas und die Verfolgungsjagd begann durch den relativ dichten Berufsverkehr. "Cobra 11 an Zentrale, wir verfolgen einen dunkelblauen SUV in Richtung Norden. Bonrath, Hotte, wir kommen gleich an eurem Rastplatz vorbei. Setzt auch am besten vor den Kerl.", rief der junge Polizist ins Funkgerät und gab an die Zentrale noch das Kennzeichen durch. Der Fahrer bewegte den Wagen durch den Verkehr, wechselte mehrmals die Spur und schnitt nur haarscharf die Autos. Als er sich fast Millimeter genau zwischen zwei Autos durchpresste, als er die Spur wechselte, trat Ben in die Eisen. "Was machst du denn?", bekam er sofort von seinem Partner zu hören, der ansonsten recht ruhig auf dem Beifahrersitz saß, als hätte er solche Verfolgungsjagden schon 1000mal mitgemacht. "Ich pass nicht da durch.", gab ihm sein Kollege zur Antwort und streckte den Arm in Richtung Frontscheibe aus. "Willst du mich verarschen. Wenn ein SUV durchpasst, passt du auch durch, oder hat die Karre Überbreite?" Ben presste die Lippen zusammen und verkniff sich die Antwort, trat aufs Gas und steuerte die Lücke an. Er verkrampfte seine Finger ins Lenkrad als er von dem hinteren Wagen, denn er schnitt einen kurzen Stoß spürte und fing den Mercedes gerade so ab. "Was hab ich denn gesagt?", rief er sofort wütend zu Kevin rüber, der schnippisch behauptete: "Tja. Dann hat der Typ wohl besseres Augenmaß als du."

    Dem erprobten Ben war sofort aufgefallen, dass der Fluchtfahrer keine hektischen Lenkbewegungen machte, sauber und beinahe ruhig in seiner hohen Geschwindigkeit immer eine Lücke im Verkehr sah, während Ben mehrmals heftig bremsen musste. Dann sahen sie vorne den Porsche von Bonrath, der versuchte sich vor den SUV zu setzen, während Ben nun dicht dahinter fuhr. "Jetzt haben wir ihn.", murmelte der Fahrer des Mercedes und Kevin löste innerhalb seines Hemdes den Knopf, der seine Waffe sicherte. Der SUV verlangsamte tatsächlich hinter dem Porsche auf der rechten Spur, allerdings lief die Kolonne jetzt auf einen LKW auf. Bonrath fuhr auf die Überholspur statt zu bremsen, während der SUV nach rechts auf die Standspur zog und wieder Gas gab. Kevin machte ein unverständliches Gesicht, während sein Partner nur ein "Oooooh, Bonrath!!" von sich gab. Offenbar war er solche Aktionen von seinem langen Kollegen bereits gewohnt.
    Der SUV flüchtete nun wieder schneller, Ben versuchte sich dranzuhängen, Bonrath und Herzberger direkt hinter dem Mercedes. Auf der mittleren Spur fuhr ein kleiner LKW, der offenbar Getränke geladen hatte, jedenfalls war die Plane des LKWs dunkelrot und hatte eine Biersorte als Aufschrift. Der SUV verlangsamte rechts von dem LKW knapp hinter ihm. "Was macht der denn da...", murmelte Kevin, doch die Antwort folgte sofort. Die Scheibe der Fahrerseite ging herunter und ein Arm, mit Lederhandschuh bekleidet und eine Waffe in der Hand haltend erschien aus dem Fenster. Ben und Kevin konnten gar nicht so schnell reagieren, da bellte die Waffe zweimal auf und der Kerl hatte die beiden Gurte zerschossen, die eine Abdeckplane am Heck des LKWs hielten. Nun konnte man in den Frachtraum sehen, wo viele Fässer drin standen. "Oh Mann...", sagte Kevin nun erstaunt, und es war äusserst selten der Fall, dass er von irgendetwas beeindruckt war. Die Präzision der Schüsse allerdings, in so kurzer Zeit, war atemberaubend. Erst jetzt zog Kevin seine Waffe, betätigte den Knopf um die Scheibe runter zu drehen, da bellte die Waffe des Flüchtigen erneut auf. Was die beiden Polizisten nun sahen veranlasste Kevin sofort wieder die Waffe wegzulegen und das Funkgerät zur Hand zu nehmen. "Bonrath, brems den Verkehr ein und bring alle zum Stillstand!", brüllte er während Ben den Mercedes sofort von ganz rechts auf die linke Spur zog. Hinter ihnen wurde der Verkehr von dem Polizei-Porsche eingebremst und wurde in Bens Spiegel kleiner. Der Fahrer wusste offenbar nichts von der drohenden Katastrophe.

    Im Inneren des LKWs hatte der Fluchtfahrer etwas in Brand geschossen. Eine Stichflamme stieß nach oben, und brannte erstmal, als wäre eine Gasflasche getroffen worden. Die Plane fing bereits Feuer. "Was hat der da geladen?", fragte Ben erstaunt, bevor sie auf gleicher Höhe mit dem LKW waren. "Sauerstoffflaschen. Um das Bier zu kühlen.", wurde er von seinem Partner belehrt. "Wenn wir den Wagen anhalten und der Macht ne Vollbremsung, greift das Feuer über. So lange er fährt fressen sich die Flammen nach hinten. Du musst ihn rüberholen.", rief der erfahrene Autobahnpolizist nun, und öffnete sogleich das Verdeck des Mercedes. Kevin verzog die Lippen etwas, schnallte sich aber furchtlos ab und zog sich durch die Öffnung im Dach, setzte sich auf die hintere Kante und stieg mit dem linken Fuß auf Bens Schulter. Der LKW-Fahrer hatte natürlich mittlerweile mitbekommen, dass irgendsoein Typ neben ihm aus dem Auto kletterte. Kevin zog mit etwas zusammengekniffenen Augen seinen Dienstausweis, denn der Fahrtwind brannte in den Augen und ließ sein Hemd nach hinten reißen. Mit einer Handgeste bedeutete er dem Fahrer, das Fenster runter zu kurbeln. "Habt ihr sie noch alle?", war die erste Frage des etwas älteren Fahrers, der immer noch nicht bemerkt hatte, dass sein Wagen abfackelte. "Sie müssen aussteigen!", schrie Kevin laut gegen den Fahrtwind und die Motorengeräusche, während Ben versuchte, den Mercedes auf gleicher Höhe zu halten. "Ihr Wagen brennt! Aber halten sie nicht an." Mit einem Blick in den Seitenspiegel verlor der Mann alle Farbe im Gesicht. Die Flammen hatten sich bereits durch das Planendach gefressen, und der LKW zog die Flammen wie eine Fackel hinter sich her. Beide Polizisten befürchteten dass jeden Augenblick die Gasflaschen explodieren würden, was zumindest Kevin in Mitleidenschaft ziehen würde.
    "Sie müssen springen!", rief Kevin laut und rutschte ganz an den rechten Rand des Wagens heran. "Sind sie lebensmüde???", bekam er als Antwort zurück und der Polizist verzichtete auf gutes Zureden oder psychologische Gespräche. "Spring rüber, Mann! Ich hab kein Bock hier als Barbecue zu enden!!" Kevins Entschlossenheit schien den Fahrer zu beeindrucken, ausserdem bekam auch er Panik wegen seiner, teilweise gefährlichen Fracht. Der erste Verschluss des Bierfasses gab seinen Geist auf, und der Gerstensaft spritzte gegen das teilweise bereits abgebrannte Dach des LKWs.
    Endlich öffnete der Fahrer langsam die Tür, nachdem er den LKW nochmal beschleunigt hatte, um genug Zeit zu haben, bis er ausrollte. Dann hangelte er sich zitternd heraus, während Ben so nah wie möglich an den LKW fuhr. Je langsamer die beiden Fahrzeuge wurden, desto eher kamen die Flammen zurück Richtung Führerhaus und den gefährlichen Gasflaschen. Kevin streckte die Hand nach dem Mann aus, der aussah, als würde er gleich vor Angst sterben. "SPRING!!!", rief der junge Polizist gegen den Fahrtwind, und war guter Dinge, den Mann dann festhalten zu können, denn er war weder groß, noch so er besonders schwer aus.

    Mit einem gewaltigen Satz, in dem er sich von dem Trittbrett wegdrückte, überwand der Fahrer die kurze Distanz zwischen LKW und dem Mercedes. Eine ausgestreckte Hand konnte er sofort an die Dachkante zur Öffnung nach innen klammern, die andere erwischte Kevin am Hemd, und der Polizist hatte Mühe, sich nicht vom Auto zerren zu lassen und packte sofort beherzt zu. Ben ging sofort in die Eisen, als er sah, dass der Mann in Sicherheit war und der Mercedes kam in wenigen Sekunden quer zum Stehen. Kevin ließ den Mann gerade los, der auf die Straße fiel, weil ihm sofort vor Aufregung die Beine nachgaben, als der wegrollende LKW mit einem lauten Knall explodierte... oder besser gesagt nacheinander jede Gasflasche im Inneren des Frachtraums, da die Sicherung nun komplett aufgab. Durch die Druckwelle bersteten mehrere Fässer und Kevin, der Fahrer des LKWs und das gesamte Auto bekam einen Regen von Bier ab. Es benetzte den Mercedes, die Straße und teilweise auch die Polstersitze, weil das Dach noch offenstand. Die Ladefläche stand nun in Vollbrand und der Wagen rollte langsam bis zur Leitplanke, wo er stehen blieb. Kevin saß schwer atmend immer noch auf dem und wischte sich durchs verklebte Gesicht, während Ben, ebenfalls ein wenig schneller atmend, aus dem Wagen stieg und zu dem brennenden Wagen sah. Kevin strich mit einem Finger über das feuchte Dach des Mercedes und leckte ihn ab... als wäre es gerade nichts aussergewöhnliches was er gerade erlebt hatte, quittierte er die Kostprobe kurz und schmallippig mit einem fachmännischen Blick. "Gaffel Kölsch.", so dass Ben, der eigentlich der Mann für die Scherze war, ein wenig die Augen verdrehte...

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    • 22. September 2014 um 16:48
    • #28

    Hotel - 9:30 Uhr

    Semir hatte am Frühstückstisch sehr wenig Hunger. Fast schon lustlos würgte er ein Brötchen mit Honig runter, während sich die restlichen Urlauber mit Rührei, Obst und Marmeladenbrötchen die Bäuche vollschlugen. Andrea betrachtete ihren Mann ein wenig mit Sorge, während sie aufpasste dass ihre beiden Töchter nicht das komplette Restaurant mit Nutella eindeckten. Der Vater der beiden Mädchen beobachtete sie und lächelte. Selbst im tiefsten Kummer konnten die beiden ihn immer wieder ein wenig aufmuntern, wenn sich der Kummer nicht gerade um die Mädchen selbst drehte. Momentan drehte er sich aber komplett um seinen Freund und Ex-Kollegen André Fux. Er hatte gestern abend endgültig beschlossen, André die Fotos zu zeigen und ihn darauf anzusprechen. Er wollte sehen, wie André reagierte, was er zu seiner Verteidigung sagte. Gab es alles zu, stritt er es ab, hatte er eine Erklärung? Erst dann würde der Polizist entscheiden, wie er weiter verfahren würde, aber er konnte sich einfach nicht vorstellen, André anzuzeigen und so ins Gefängnis zu bringen. Das war schon ein absurder Gedanke, als er hier hinflog, und seit er wusste wie glücklich sein ehemaliger Partner auf der sonnigen Insel war, war die Vorstellung nochmal ein Stückchen grausamer geworden.

    Nach dem Frühstück machte sich Familie Gerkhan strandfertig. Sie packten Obst und Kekse ein, Ayda schnappte sich die Spieletasche mit Ballspielen und Semir übernahm Luftpumpe und zusammengerollte Luftmatratze. Er half, die Sachen zum Strand zu bringen, der nur durch eine Promenade vom Hotel getrennt war. Sie fanden drei Liegen ganz in der Nähe vom Wasser, und Andrea nickte ihrem Mann gütlich zu, dass sie es schaffen würde die nächsten Stunden allein auf die beiden Mäuse aufzupassen. Semir gab ihr einen dankbaren Kuss auf die Stirn und ging grübelnd langsam wieder zurück ins Hotel, wo er durch die Palmen und Sträucher bereits André im Pool erkennen konnte. Er gab einen halbstündlichen Kurs im Aqua-Gymnastik, an dem sich hauptsächlich ältere Damen beteiligten und versuchten, mehr schlecht als recht, die Übungen, die André im Wasser vollführte, nach zu machen. André nahm natürlich Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit seiner Teilnehmer und machte alle Übungen nur halb so schnell wie er eigentlich könnte. Als er seinen Freund im Augenwinkel vernahm, der auf einer Liege Platz nahm und wartete, machte er eine motivierende Handbewegung, er solle doch mitmachen. Mit einem etwas gequält erzwungenen Lächeln winkte Semir ab und erinnerte sich an früher, dass André ihn öfters versuchte zu überzeugen, mal etwas Sport zu treiben. Er nahm ihn öfters mit zur Boxschule, sie trainierten sogar am Boxsack im Büro, doch wirklich dazu durchringen konnte der kleine Kommissar sich nie. Ironischerweise entdeckte er den Sport für sich erst einige Jahre später.

    Als die Übung vorbei war zog André sich aus dem Pool und kam tropfend zu seinem Freund. "Hey Semir. Was gibts?" Der Polizist kaute ein wenig auf seiner Unterlippe, sah sich kurz um. Jede Menge Leute um ihn herum, viele Liegen waren schon belegt, und er wollte es auch nicht hier im Hotel tun. Ausserdem versuchte er, den unangenehmen Zeitpunkt noch weiter nach draussen zu schieben. "Hast du Zeit? Du wolltest mir doch noch die Dünen von Maspalomas zeigen?" André fuhr sich mit einem Handtuch durch die kurzen Haare, sah erst ein wenig verwirrt drein, nickte dann aber und meinte mit seiner knarzig markanten Stimme: "Na klar. Ich geh mich nur schnell anziehen, dann treffen wir uns am Eingang."
    Semir nutzte diese Minuten um ins Zimmer zu gehen, seinen Rucksack zu holen um dort erneut den Umschlag mit den Bildern zu verstauen. Er atmete tief durch, er war nervös. So viel hatte er in seiner Zeit als Autobahnpolizist schon erlebt, so oft dem Tod ins Auge geblickt, er hatte auf seinen Partner gezielt, sogar mit Platzpatronen auf Ben geschossen, er hatte zwei, eigentlich sogar drei Partner verloren. Alles schien so weit weg, und er hatte das Gefühl, diese Situation würde an Grausamkeit alles überbieten, weil er dachte, er sei drauf und dran das mühsam aufgebaute Leben seines Freundes zu zerstören. 'Nein, er musste es tun', sagte er zu sich selbst. Er würde keine ruhige Minute mehr haben, wenn er André nicht wenigstens darauf ansprechen würde... warum und weshalb.

    Mit unruhigen Schritten ging Semir durch den tropischen Garten und durch die Empfangshalle. André stand bereits bei seinem Gefährt, dem Strandbuggy von gestern, der offenbar ihm gehörte, und zusammen fuhren sie durch den Ortskern des Touristenzentrums Playa del Inglés in Richtung Maspalomas. Dort standen die Hotels nicht mehr so dicht gepresst, dafür aber nochmal luxuriöser und aufwendiger gestaltet. Sie bogen von der Hauptstraße ab und parkten in einem Kreisel, der direkt am Eingang zu dem Weltkulturerbe, den Dünen von Maspalomas lag. Sie blickten über eine kleine Wüste, mit Sandhügeln, die in der Sonne glitzerten und weit Richtung Meer ragten. Die Insel hatte hier eine Art Landzunge die komplett von Sahara-Sand bedeckt war, wie André kurz erklärte, bevor sie sich zu Fuß aufmachten, um diese kleine Wüste zu durchqueren. Der Sand war durch die Sonne so aufgeheizt, dass sie nicht barfuss gehen konnten, ohne sich die Füße zu verbrennen, manchmal tauchten sie so tief in den Sand ein, dass er die Unterschenkel oberhalb der Knie berührte.
    Als sie in der Mitte der Wüste, genau in der Senke zweier hoher Hügel standen, machte André kurz Halt. "Wir müssen aufpassen. Manche Pärchen denken hier, sie wären allein.", sagte er augenzwinkernd, doch Semir konnte in diesem Moment nicht lächeln. Er hatte beschlossen, es jetzt zu sagen. Hier waren sie alleine, niemand könnte mithören, und der ehemalige Polizist erkannte sofort am Gesichtsausdruck seines Freundes, dass er angespannt und nervös war.

    "Was ist denn los mit dir? Du bist so still heute...", fragte André ein wenig mit Sorge und sah Semir an, der den Rucksack langsam abnahm. "André...", begann er vorsichtig und suchte nach den richtigen Worten, die er aber sowieso nicht finden würde. "Ich... ich muss dir etwas zeigen." Zuerst dachte der großgewachsene Animateur, Semir hätte ein Geschenk für ihn, doch der ernste angespannte Gesichtsausdruck verwirrte ihn. Das Lächeln gefror ihm dann völlig, als sein Freund leise sagte: "Ich weiß, was du auf Mallorca getan hast." Was zum..., weiter kam André nicht. Semir nahm den Rucksack ab, stellte ihn auf den heißen Sand und zog den Umschlag mit den Fotos heraus. Noch einmal durchatmen, dann hielt er ihn in Richtung seines Freundes. "Das wurde uns auf die DIenststelle geschickt, kurz nachdem du zum Flughafen gefahren bist." Mit halb offenem Mund und großen Augen, die immer etwas müde aussahen, nahm André den Umschlag in die Hand, öffnete ihn und zog die Fotos heraus. "Oh nein...", murmelte er wie erschlagen und schaute sich jedes Bild nacheinander an. Semir atmete innerlich schnell, er hatte das Gefühl im Sand unter ihm zu versinken, als er lauernd auf eine Reaktion von André wartete, der sich jedes Bild ansah. Kurz blickte er sich um, doch weder war jemand auf oder zwischen den Hügeln zu sehen, noch waren irgendwelche Stimmen von Touristen zu hören.

    Wenn Engel hassen

    Stürzen sie wie Steine aus dem Himmelszelt

    Wenn Engel hassen

    Fliegen sie als dunkle Vögel in die Welt

    Wenn Engel hassen

    Landen sie als schwarzer Schatten der uns quält

    Und nehmen Rache an den Menschen, die gefallen sind

    Wie sie.


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    • 25. September 2014 um 03:50
    • #29

    Dienststelle - 10:30 Uhr

    Anna Engelhardt, Chefin der Autobahnpolizei wartete bereits ungeduldig auf ihre beiden Mitarbeiter. Nur kurz über Funk wurde sie über die gescheiterte Verfolgungsjagd informiert, und war dementsprechend ein wenig ungehalten darüber, dass Kevin und Ben den Attentäter haben entwischen lassen.
    Sie sah die beiden Männer gerade durch die Tür schreiten, als sie sofort aufstand und die beiden Polizisten zu sich rief. "Peters, Jäger. Sofort in mein Büro." Ben und Kevin schauten sich kurz an und der jüngere der beiden verdrehte die Augen. Die beiden hatten sich nur wenig auf der Rückfahrt unterhalten, waren sie doch froh dass sie diesmal Todesopfer vermeiden konnten, auch wenn die Rettung des Getränke-LKW-Fahrers denkbar spektakulär und knapp war. Jedoch ließ die Chefin ihnen erstmal keine Wahl, und so nahmen sie beide auf den Stühlen vor ihrem Schreibtisch Platz. Für einige Minuten herrschte Stille, denn Anna Engelhardt blickte die beiden Beamten nur ein wenig böse an, weil sie warten wollte, mit was sie wohl beginnen würden. Von Semir war sie es gewohnt, erstmal keine Fragen stellen zu müssen, doch Ben und Kevin schwiegen zunächst. "Nun... was haben sie zu sagen?", fragte sie dann nach einer gefühlten Ewigkeit, und ließ die beiden Polizisten aufblicken. Kevin blickte aus dem Fenster, denn er verstand nicht, warum er sich rechtfertigen musste, während Ben zunächst nach richtigen Worten suchte. "Wir mussten dem LKW-Fahrer helfen. Dabei ist der Typ uns... durch die Lappen gegangen." Wieder kurze Stille, als wolle Anna Engelhardt die Antwort kurz auf sich wirken lassen, bevor sie ein wenig die Augen zusammenkniff. "Wissen sie eigentlich, wie groß die Chance war diesen Typen zu kriegen? Uns hilft der Zufall und sie...", doch weiter kam sie nicht. Kevin drehte den Kopf vom Fenster weg und fiel der Chefin ins Wort, die das von ihren Männern nicht gewohnt war. "Wir haben dem Fahrer das Leben gerettet. Hätten wir ihn in seinem Wagen verbrennen lassen sollen?", fragte er mit aufgebrachter Stimme, die selbst seinen Kollegen die Augenbrauen hochziehen ließ. "Ich rate ihnen besser, mich nicht zu unterbrechen...", drohte die Chefin mit ein wenig zusammengekniffenen Augen, doch Kevin blieb äusserlich ruhig. "Wir hatten keine Wahl.", stellte er klar. "Sie hätten verhindern müssen, dass der Attentäter den LKW überhaupt unter Beschuss nimmt." "Chefin, das ging alles zu schnell.", ergriff nun auch Ben wieder das Wort. "Der hat den Arm aus dem Fenster gehalten, dreimal geschossen und dreimal getroffen. Das war kein Zufall, genauso wie der gestrige Mord, als einer der Opfer eine Kugel ins Auge bekommen hat." Der Puls der Chefin senkte sich wieder, sie lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder voll auf Ben. "Wir haben es hier mit einem exzellenten Schützen zu tun. Ausserdem ist mir aufgefallen, dass er sich hervorragend durch den Verkehr manövriert hat."

    Anna Engelhardt legte einen Finger quer über die Lippen und dachte nach. "An was denken sie?" Ben hatte seine Gedanken eben im Auto nicht direkt geäussert, und auch jetzt fiel es ihm ein wenig schwer seinen Verdacht zu äussern. "Vielleicht... ein ehemaliger Kollege dieser Dienststelle.", sagte er. Er wurde von zwei Augenpaaren überrascht angesehen. Kevin widersprach ihm als erstes: "Das kann genauso gut auch ein Mitglied im Schützenverein sein, der gut Auto fahren kann, oder ein ehemaliger Rennfahrer, der gut schießen kann.", meinte er. "Meine Herren, Spekulationen bringen uns nicht weiter. Wir haben 4 Tote, und keinerlei Erkenntnisse, ausser dass wir wissen, dass der Täter gut schießen kann, gut Auto fahren kann, die Autos für die Anschläge klaut und offenbar keine Spuren hinterlässt. Die Opfer sind in keinen Zusammenhang zueinander zu bringen." Dann blickte sie die beiden Männer nacheinander an, ihr Puls hatte sich, genau wie ihre Stimmlage beruhigt. "Die Mordkommission ist drauf und dran uns den Fall wegzunehmen. Das würde unserem Ansehen nicht unbedingt gut tun.", sagte sie mit ernster Miene. Wieder kehrte Stille ein in das Büro, Kevin strich sich mit der Hand durch die sowieso abstehenden Haare, während Ben mit dem Zeigefinger über die Lippen fuhr. Einfach zu warten bis der Kerl irgendwann mal was falsch machen würde, wäre zu wenig.
    "Ich habe mir nochmal ihren Vorschlag von gestern durch den Kopf gehen lassen, Herr Peters.", sagte sie dann und blickte Kevin direkt an, der aufmerksam zuhörte. "Wie haben sie sich das gedacht?" Der junge Polizist legte die Beine überkreuz, und dachte kurz nach. "Ich glaube, dass er Aufmerksamkeit will. Niemand bringt aus reinem Spaß wahllos Menschen um. Entweder man tut es aus Rache, doch diese Menschen haben nichts miteinander zu tun. Er will Aufmerksamkeit, über die Medien. Und ich glaube, wenn wir uns als seinen Gegner präsentieren, können wir Unschuldige aus der Schusslinie nehmen." Anna Engelhardt und Ben hörten der Stimme des Polizisten interessiert zu. "Wir müssen seinem Gegner ein Gesicht geben. Wir beide...", dabei zeigte er erst auf Ben und dann auf sich selbst "sind die beiden Polizisten, die ihn jagen. Seine Feinde, die er zu besiegen hat. Und wir können uns schützen, im Gegensatz zu der Bevölkerung auf irgendwelchen Rastplätzen." Frau Engelhardt nickte stumm, bevor sie weitere Fragen stellte: "Was ist, wenn er nicht darauf eingeht?" "Dann haben wir zwei Möglichkeiten. Entweder geben wir zu dass wir nichts haben, um ihn leichtsinnig werden zu lassen. Oder aber wir erstellen den Eindruck, dass wir dicht an ihm dran sind, um ihn unter Druck zu setzen. Aber wichtiger ist, dass wir verhindern, dass weitere Unschuldige ums Leben kommen. Deswegen müssen wir seine Aufmerksamkeit auf uns lenken, ihn provozieren." Wieder kurze Stille, denn Frau Engelhardt dachte über jedes einzelne Wort nach. Sie musste die Sache genau abwägen, hielt sie doch letztlich den Kopf dafür hin, wenn etwas schief gehen sollte. "Für heute mittag, 13 Uhr, ist eine Pressekonferenz angesetzt. Trauen sie sich zu, die Statements zu geben, damit der Mörder darauf reagiert." Ben blickte von der Chefin zu Kevin, der stumm und ohne Gefühlsregung im Gesicht nickte. "Na schön, Peters. Ich vertraue auf ihre Erfahrung aus der Mordkommission. Versuchen wir es. Lenken sie seine Aufmerksamkeit auf uns alle, versuchen sie seine Lust auf das Morden von Unschuldigen in irgendeiner Form auf uns zu kanalisieren. Und ab jetzt trägt jeder Beamte dieser Dienststelle eine kugelsichere Weste." Das Ende des Satzes klang ein wenig sarkastisch, danach entließ sie die beiden Polizisten.

    Im Büro der beiden ließ Ben sich auf den Stuhl fallen. "Hälst du das nicht für ein wenig riskant?", fragte er seinen Partner, der sich auf den kleinen Büroschrank vor der Glaswand setzte. "Klar ist es riskant. Aber uns fällt nichts ein. Bis der Kerl Fehler macht werden Dutzende Menschen sterben. Und jetzt wird er auch die Raststätten nicht mehr der Reihe nach abklappern. Wir haben nichts und können nicht immer auf den Zufall hoffen." "Hast du sowas bei der Mordkommission schon mal gemacht?" Kevin schwieg kurz und schüttelte den Kopf. "Nein, aber ein Kollege. Ich hab das damals mitbekommen, bei diesem Serienkiller, der 3 Jungen auf dem Gewissen hatte, erinnerst du dich? Vor einem Jahr ungefähr." Ben musste kurz nachdenken, nickte dann aber. "Du meinst, als die Polizei über die Presse herausgegeben hat, dass man eindeutige Hinweise auf den Täter hatte?" Sein Partner nickte. "Das stimmte nicht. Die Ermittlungsgruppe ist absolut im Dunkeln getappt. Doch nach dem Pressebericht hat der Täter bei seinem letzten Mord zwei Unachtsamkeiten begangen, weswegen wir ihn letztlich überführen konnten." "Und du meinst, das hätte nur an dem Bericht gelegen?" "Es gibt Studien, dass Mörder und Gewalttäter auf Presseberichte über sie reagieren. Je eindeutiger, desto eher.", meinte der junge Kommissar und Ben zog ein wenig die Augenbrauen hoch. Kevin überraschte ihn immer wieder aufs Neue. "Ich hätte jetzt nicht gedacht, dass du dir Studien über Polizeiarbeit anschaust." Der junge Mann musste grinsen. "Tu ich auch nicht... war die Abschlussarbeit eines Kollegen in der Fachhochschule." "Achso.", meinte Ben und nickte, bevor er fragte: "Was war dein Thema?" Kevin grinste kurz. "Drogen und Jugendgangs." Sein Freund zog die linke Seite des Mundes nach oben. "Hätte ich mir eigentlich denken können." "Ich musste nicht viel lernen.", antwortete der Polizist schnippisch. "Und deine?" "Finanzbetrug.", meinte Ben nun sarkastisch, als Jenny in das Büro trat.
    "Ich hab gehört, du darfst zur Pressekonferenz nachher.", meinte sie lächelnd in Kevins Richtung, der kurz nickte. "Das heißt, ich werde schon wieder um eine Verabredung mit dir gebracht?" Während Ben in sich hineingrinste und sein Gesicht hinter dem Computermonitor verbarg zuckte sein Freund mit den Schultern. "Tut mir echt leid, Jenny..." Doch die junge Polizistin setzte eine gespielt beleidigte Miene auf und stemmte die Hände in ihre schlanken Hüften. "Okay, Herr Peters.", meinte sie scherzhaft. "Letzte Chance. Heute abend lade ich dich zum Essen bei mir ein. Und wehe es kommt dir nochmal irgendwas dazwischen." Kevin lächelte, er spürte wie sehr sich Jenny darum bemühte etwas mit dem schweigsamen Kerl zu unternehmen, das tat seiner Seele richtig gut. Deswegen nickte er sofort eifrig, bevor Jenny das Büro verließ.
    "Und wehe es kommt dir nochmal irgendwas dazwischen.", äffte Ben kichernd hinter seinem Monitor, als Jenny das Büro verlassen hatte, und bekam als Reaktion sofort eine zusammengeknüllte Papierkugel von Kevin an den Kopf geworfen.

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    Stürzen sie wie Steine aus dem Himmelszelt

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    • 29. September 2014 um 11:12
    • #30

    Dünen - 10:30 Uhr

    Die Sonne brannte auf die Haut der beiden Männer, hinter mehreren großen Hügeln feinem Sand konnte man das Meer rauschen hören, wie es auf die Landzunge Maspalomas aufschlug. Andrés Augen blickten geschockt, beinahe fassungslos auf die DIN-A4 großen Hochglanzfotos, die seinen Mord zeigten. Immer wieder wechselte er zwischen den Fotos hin und her, hin und wieder blickte er auf Semir. Sein Freund aus alten Tagen litt, er stand André gegenüber und wartete, wie sein Ex-Partner reagierte, er gab ihm Zeit obwohl er sich hundeelend fühlte, André damit zu konfrontieren und ihm so ein bisschen das schöne Leben versaute... vorerst nur ein bisschen.
    Es dauerte einige Minuten, bis ein wenig Leben in die Schockstarre von André kam, als er langsam den Kopf schüttelte. "Mit den Bildern stimmt etwas nicht.", sagte er zu Semir, der sich schon denken könnte, was André damit meinte. Der Karatekämpfer machte zwei Schritte auf ihn zu und zeigte ihm eins der Bilder, tippte mit dem Finger auf einen Punkt in seinem Rücken. "Hier stand jemand. Ich wurde gezwungen. Mir hat jemand die Waffe ins Genick gedrückt. Ich wäre erschossen worden, wenn ich es nicht getan hätte." Seine Stimme zitterte ein wenig, sein Blick drückte so etwas wie Hilflosigkeit aus. Semir blickte ihm fest in die Augen, denn er spürte dass André Angst hatte, sein Freund würde ihm nicht glauben. "Das hast du Kevin auch erzählt, oder?" Er beobachtete Andrés Reaktion genau, der nach Luft schnappte. "Wer weiß alles von den Fotos." Semir leckte sich über die Lippen, und dachte einen Moment nach. Wie sollte er André einschätzen. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sein Freund versuchen würde, ihm etwas anzutun... oder etwagigen Mitwissern. Nein, das würde er nicht, und trotzdem beschlich den Polizisten ein ungutes Gefühl hinsichtlich seiner Familie. "Nur wir vier.", sagte er mit fester Stimme. "Ben, Kevin, du und ich." Andrea ließ er absichtlich raus. Andrés Blick richtete sich wieder auf die Fotos, wieder kehrte Stille ein.

    "Ich hab es Kevin im Krankenhaus erzählt, weil er mir auch alles erzählt hat." Dann blickte er wieder zu Semir auf und gab somit im Gegenzug zu, ihm damals nicht alles erzählt zu haben... und diese Gewissheit traf Semir in diesem Moment mit voller Wucht. "Warum hast du es mir damals nicht erzählt?", fragte er vorwurfsvoll. "Ich habe dich mehrmals gefragt, was du da hinten in den Jahren getrieben hast. Kurierfahrten, Bodyguard und so weiter, hast du gesagt." Die Stimme des Polizisten war erregt, und André schaute nach unten in den Sand. Plötzlich wirkten seine Augen wieder müde, sein Blick wieder gequält wie damals. "Warum hast du mir nicht die Wahrheit erzählt? Warum hast du mir nicht vertraut?" Mit einem Ruck sah der großgewachsene Mann auf zu Semir: "Semir, wir haben uns 14 Jahre nicht gesehen!", warf er seinem Freund entgegen. "Woher will ich wissen, dass du mich nicht verhaftest? Ich habe dir doch erzählt, dass für mich nicht alles sofort so war wie früher. Woher sollte ich wissen, was für ein Mensch du geworden bist nach all den Jahren? Hätte ich dir da gleich sagen sollen 'Du, Semir ich hab jemanden auf Mallorca umgebracht?'" "Aber danach! Bevor du geflogen bist, hättest du es mir sagen müssen." Denn da war für beide klar, dass sie sich nicht geändert hatten... dass sie Freunde waren und blieben. "Und dann?", fragte André mit etwas ruhigerer Stimme als zuvor. "Hättest du mich fliegen lassen?" Die beiden Männer blickten sich fest an, doch Semirs entschlossener Gesichtsausdruch, denn er bei seinem Satz eben noch hatte, löste sich auf, denn er konnte die Frage nicht beantworten. Vermutlich nicht... vielleicht doch. Er hatte am Flughafen noch die Chance, André aufzuhalten, aber genauso hatte er die leichtere Chance, ihn fliegen zu lassen, die er dann auch ergriff. Hätte André ihn auf der Dienststelle kurz beiseite genommen, und gebeichtet.... Semir weiß nicht, wie er dann reagiert hätte. Für André war Semirs Schweigen aber eine eindeutige Antwort. Er atmete tief durch. "Ich habe gehofft, dass es nie rauskommt. Ich wollte unsere Freundschaft nicht damit belasten, und meinen Neuanfang.", sagte er ebenfalls wieder mit ruhigerer Stimme.

    Semir atmete ebenfalls geräuschvoll durch, und fuhr sich mit der Hand über die kurz geschorerenen Haare. "Wer war der Mann?", fragte er dann. André fuhr sich mit der Zunge kurz über die Lippen und schmeckte das Meersalz, das hier immer in der Luft lag. "Niemand, um den jemand trauern würde., falls du das meinst", meinte er kaltherzig und fing einen beinahe tadelnden Blick seines Freundes auf. "Ein Zwischenhändler des Prostituitonsrings. Er hat in die eigene Tasche gewirtschaftet und ausserdem eine Frau vergewaltigt. Er hatte weder Familie noch sonstige Verwandtschaft, die um ihn ernsthaft getrauert hätte." Nach einer kurzen Pause setzte er hinzu: "Auch wenn diese Tatsache die Tat nicht besser macht." Semir spürte, dass es André nicht leicht fiel daran zu denken. Entweder wurder er wirklich bedroht, oder er war ein exzellenter Schauspieler. Das Vertrauen in den Mann hatte einen Knacks bekommen, das spürte der Polizist ganz deutlich... und das merkte auch André. "Du glaubst mir nicht..." "André... was würdest du tun? Nachdem du damals nicht ehrlich zu mir warst?", sagte er ihm offen sein Misstrauen ins Gesicht, auch wenn er es eigentlich nicht wollte. Er wollte André glauben, aber er konnte nicht. "Warum hätte ich es aus freien Stücken Kevin erzählen sollen? Die Fotos müssen bearbeitet sein. Horn will mich im Knast sehen."

    Semir seufzte, er dachte kurz nach. Was soll er nur machen. Wenn sie beweisen können, dass er wirklich bedroht wurde, wäre es ein entschuldigender Notstand. Aber wollten sie wirklich das Risiko eingehen, vor Gericht zu gehen? "Beweis es mir.", sagte Semir kurz und knapp und sah zu André auf. Er schaute mit ernstem, festen Blick und einer Erwartung, darauf eine Antwort zu bekommen. "Irgendeiner von denen, die dabei waren, wird ja wohl aufzutreiben sein. Die können doch nicht alle in die Verschwörung gegen dich verwickelt sein... So viel Zeit kann Horn gar nicht geblieben sein." André sah auf das Foto und versuchte sich zu erinnern, wer bei dem Vorfall alles dabei war. "Ja... vielleicht...", murmelte er leise, bevor er stockte und wieder zu Semir aufsah. "Was soll das bringen? Das wird mir kein Richter glauben." Semir verzog keine Miene, als er sagte: "Ich habe von keinem Richter gesprochen. Ich habe gesagt, beweis es MIR!", wobei er das "Mir" besonders betonte. André verstand... Semir wollte Gewissheit darüber, dass André wirklich gezwungen wurde... dass sein Freund kein kaltblütiger Killer war, sondern in diesem Fall das Opfer. Ein gezwungener Mörder. Und der Ausdruck in der Stimme des Polizisten ließ André vermuten, dass Semir in keiner Weise die Absicht hatte, seinen Freund vor Gericht zu bringen... und dafür nickte er ihm dankbar zu.

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    • 30. September 2014 um 12:00
    • #31

    Dienststelle - 12:30 Uhr

    Das Mittagessen fiel für die Polizisten der Dienststelle diesmal aus... oder es fiel, im Falle von Hotte eben kleiner aus als sonst. Der dicke Polizist ließ sich von dem Streß nicht anstecken und bestand darauf um 12 Uhr seine Stulle auszupacken.
    Die Fahndung lief auf Hochtouren, der Geländewagen, der Ben und Kevin entkommen war, wurde auf einem Hinterhof gefunden... ohne jegliche verwertbare Spur. Der Typ war gründlich und schien nicht den kleinsten Fehler zu begehen. Hartmut arbeitete mit Hochdruck am Fundort, um seinen Kollegen schnellstmöglich irgendwelche Infos zu vermitteln. Kevin, Ben und die Chefin sprachen gemeinsam im Büro eine Pressekonferenz ab, die am Nachmittag stattfinden sollte. Anna Engelhardt hatte schweren Herzens dem Vorschlag des jungen Polizisten zugestimmt, die Aufmerksamkeit des Killers auf die Dienststelle zu lotsen. Kevin und Ben sollten bei der Pressekonferenz auftreten, damit auch ein Bild der beiden Ermittler in den Zeitungen abgedruckt werden würde. Gemeinsam wurden jetzt mögliche Fragen, und deren Antworten besprochen, sollte man den Kerl in Sicherheit wiegen, sollte man Druck machen, sollte man provozieren?

    Kevins Verlangen schrie nach einer Zigarette, und er schaffte es, die Chefin endlich zu einer kleinen Pause zu überreden. So schlüpfte er nach draussen vor die Tür, wo er sich einen Glimmstengel ansteckte. Auch Jenny begab sich nach draussen und lächelte dem jungen Polizisten zu. "Ziemlich stressig, das Ganze.", meinte sie mit Händen in den Hosentaschen und ließ sich auf dem Rand eines großen rechteckigen Blumenkübels nieder. Kevin nickte und blies den Rauch in entgegengesetzte Richtung aus. Er fühlte einen unbändigen Druck in sich, auch wenn die Arbeit ihn ablenkte und meist von zu vielen Gedanken abhielt. Er wollte doch heute eigentlich nochmal zu Jessy... aber das konnte er sich wohl abschminken. Er hatte gehofft, gegen Nachmittag kurz verduften zu können... doch die Pressekonferenz würde ihm einen Strich durch die Rechnung machen. "Glaubst du, das wird gefährlich wenn ihr die Aufmerksamkeit des Killers auf euch lenkt?", fragte die junge Polizistin in Kevins Gedanken hinein, der sich sofort wieder zu ihr drehte. "Ich weiß nicht ob er zwischen normalen Menschen und Polizisten unterscheidet.", sagte er und ließ die Zigarette in den Ascheneimer wandern, der neben ihnen stand. Weder wollte er zugeben, dass es gefährlich war und sich damit aufspielen, noch wollte er Jenny irgendwas vorlügen. Sie war clever genug zu wissen, dass es natürlich gefährlich werden konnte. "Das ist wirklich krass... jeder Mord hat doch normalerweise ein Motiv. Aber so ziellos... und wahllos.", sagte das Mädchen, ebenfalls ein wenig gedankenversunken, während sie den jungen Mann beobachtete. "Ja, das ist ungewöhnlich.", gab er zu und nahm sich einen Kaugummi in den Mund, um den Zigarettenatem sofort zu unterbinden, bevor er sich neben Jenny auf den Rand des Kübels saß.

    Der Polizist sah zu seiner Kollegin herüber und lächelte. "Wieso bist du eigentlich Polizistin geworden?" Jenny kicherte kurz auf, bevor sie antwortete. "Ich hatte früher einen Helferkomplex.", meinte sie lachend. "Und habe mir gedacht, dass ich den am ehesten bei der Polizei oder als Krankenschwester ausleben kann... und hab mich für den Polizeidienst entschieden." Kevin ließ sich von der Fröhlichkeit seiner Kollegin anstecken und lächelte ebenso, als sich die junge Frau an Hottes Worte über den Polizisten erinnerte. Dass er vorher ein anderer Mensch war, dass er von anderen Polizisten aufgrund seines äusseren nur schwer akzeptiert wurde, und dass jeder es unheimlich schwer hatte, hinter seine Fassade zu schauen. Das machte Jenny neugierig auf den Mann, der doch wahrlich ein wenig anders war, als die Kollegen, die sie auf anderen Dienststellen so kennen gelernt hatte. Natürlich lief dort niemand im jungen Alter mit Schlips und Anzug durch das Polizeirevier, aber Kevin wäre wohl eher als Verdächtiger, denn als Polizist vermutet worden. "Und du?", fragte sie in Neugier auf den scheinbar undurchdringbaren Mann, der nur ein wenig mit den Schultern zuckte. "Das hatte sich damals so ergeben."
    Es war eine nichtssagende Antwort, die die Worte von Hotte, man könne nicht hinter seine Fassade schauen, nur bestärkte. In Wahrheit ging er nach dem Mord an seiner Schwester zur Polizei, um solche Verbrechen zu verhindern. Aber über seine Schwester wollte er nicht reden. "Wie meinst du das?" Das Lächeln verlor sich etwas in Kevins Gesicht. "Es gab einiges was mich motiviert hat, Verbrechen zu verhindern.", wurde er zwar etwas deutlicher, aber nicht wirklich konkret. Jenny nickte, und gab sich erstmal zufrieden mit dieser Antwort, während sie die warme Mittagssonne auf ihrem ärmellosen Top, dass ihre Figur betonte, spürte.

    Ein wenig Unbehagen spürte sie, als sich ein Satz in ihrem Gehirn formte, und beinahe traute sie sich nicht ihn aus zu sprechen. "Du erzählst nicht gerne von dir, hm?" Kevin hielt den Blick zu ihr aufrecht, ohne den Kopf zu bewegen. Entweder hatte jemand etwas über ihn erzählt, oder Jenny hatte eine ausgeprägte Eigenschaft, charakterliche Züge eines Menschen zu erkennen. "Das ist richtig.", sagte er mit seiner leicht monotonen Stimmlage. "Schade...", antwortete die Polizistin und setzte mich einem frechen, aber sympathischen Grinsen hinzu: "Ich mag geheimnisvolle Kerle." Kevin fühlte sich durch den Satz einerseits geschmeichelt, andererseits aber auch etwas in die Enge getrieben. Trotzdem erwiederte er das Lächeln und stand dabei auf, weil er das Gefühl hatte, dass die Engelhardt ihn durch den Fleischwolf drehen würde, wenn er zu spät wieder hereinkam. "Tja.", meinte er. "Dann wäre es doch schade, wenn der Kerl sofort alle Geheimnisse sofort offen legen würde." Mit diesem Satz ließ der Polizist Jenny erstmal alleine, die ihrerseits ein Kribbeln verspürte, und Kevin hinterher sah. War das nun eine Aufforderung, die Geheimnisse nach und nach heraus zu finden?

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    • 2. Oktober 2014 um 16:16
    • #32

    Büro - 12:45 Uhr

    Ben stieß mit der Glaskanne leicht an den Rand der Kaffeetasse, dass es klirrte. Während Kevin sich nach draußen verzogen hat, um eine Zigarette zu rauchen, schenkte sich Ben bereits die vierte Tasse Kaffee ein, um gegen die rebellierende Müdigkeit zu kämpfen. Seit vorgestern lag er nachts wach, und schlief immer nur in Halbstunden-Abschnitte, bevor er aus dem Schlaf schreckte und das Gefühl hatte, jemand hätte ihn in ein Korsett gezwängt. Sein Atem ging schwer, er schwitzte und er hatte das Gefühl, sich nicht richtig bewegen zu können. Nach der ersten Nacht tat er es als "schlechte Nacht gehabt" ab, als es von gestern auf heute morgen allerdings wieder vorkam, begann er sich Gedanken zu machen. Die Fahrt mit dem Aufzug, diese aufkommende Panik seiner Platzangst schien ihm mehr zu schaffen zu machen, als er zugeben wollte. Mehrmals schwankten seine Träume zwischen dunklem Aufzug und dunklem Sarg...
    Er pustete in die dampfende Kaffeetasse, der Kaffee war kohlrabenschwarz und ungesüßt, obwohl Ben normalerweise "Weichei-Kaffee", wie Hotte es immer sagte, mit Milch und Zucker bevorzugte. Aber heute wollte er auf alles, was das Koffein beeinträchtigte, verzichten. Kevin konnte er keinen Vorwurf machen, der wusste ja nichts von seiner Phobie. Er hätte einfach klipp und klar sagen sollen, nicht mit dem Aufzug zu fahren, statt erstmal den Helden zu spielen und erst, als es sich nicht mehr vermeiden ließ, mit der Wahrheit rauszurücken.

    Das Büro kam Ben enger und kleiner vor, als sonst. Manchmal fragte er sich, ob Semir es bemerkte, dass er die Rollos nicht mehr herunterließ, auch wenn die Sonne direkt ins Büro schien, und dass er nervöser war, wenn sie in der Dunkelheit im Auto saßen. Ohne das Gefühl von Fenstern kam ihm der Innenraum immer beengender vor, als früher. Er nahm einen Schluck des bitteren Koffeintrunks und versuchte sich abzulenken, während er nach Kevin Ausschau hielt. Dieser kam gerade zur Tür hinein, blickte in das Büro der Chefin, die in einem Telefonat vertieft war. Immerhin, das würde die Pause noch ein wenig hinauszögern, bevor sie weitere Dinge zur Pressekonferenz besprechen werden. Der junge Polizist kam mit schnellen Schritten ins Büro und verschloß die Tür hinter sich. "Hoffentlich dauert das noch länger.", meinte er genervt, denn er war kein Freund von langen Besprechungen. Ein Blick auf seinen Partner verriet ihm sofort, dass dieser gerade nicht die beste Laune hatte. "Ist alles in Ordnung?", fragte Kevin ein wenig besorgt, doch Ben winkte nur ab. "Schlecht geschlafen.", war seine lapidare Ausrede für seine leichten Ränder unter den Augen und seinen heutigen Kaffeekonsum. Kevin zog nur ein wenig die Augenbrauen nach oben, fragte aber nicht mehr nach. Wenn Ben ihm etwas erzählen wollen würde, würde er es von selbst tun. Er wusste von sich selbst, dass er nicht gern Dinge erzählte, die niemanden etwas angingen und froh war, wenn niemand nachfragte.

    Ein kurzes Klingeln und darauffolgendes Surren kündigte ein neues Fax an, dass gerade aus dem Gerät ausgespuckt wurde. Fast schon schreckhaft griff Ben danach, als wolle er unbedingt verhindern, dass Kevin den ersten Blick darauf wirft, doch das war eher unabsichtlich und seiner momentanen Müdigkeit geschuldet. Hartmuts Bericht des gefundenen SUVs, der wie befürchtet, sehr mager ausfiel. Ben war um die Ablenkung dankbar, als er das Stück Papier aus dem Gerät zog und studierte, während sein Partner wartete, bis aus dem Mund des Mannes verwertbare Informationen kamen. "Und?", half er ihm nach einigen Minuten auf die Sprünge. "Kaugummi.", war die kurze missverständliche Antwort von der anderen Seite. "Ich will kein Kaugummi, ich will wissen was in dem Bericht steht." Ben legte das Blatt nieder und verdrehte die Augen. "Och Mann. Kaugummipapier haben sie gefunden, sonst nix. Hier...", und warf seinem jungen Kollegen den Bericht herüber. Auch Kevin ließ die Augen schnell über das Blatt fliegen, doch ausser einem zusammengeknüllten Stück Kaugummipapier war nichts, was auffällig war. Dummerweise konnte man an dem Papier keinerlei DNA oder Fingerabdrücke finden. "Dieses rote Zimtkaugummi gibt es nicht mehr oft.", meinte Kevin etwas gedankenverloren. "Ja, dann verhaften wir alle, die rotes Zimtkaugummi kaufen.", war die sarkastische Antwort von Ben, der sich mit den Händen durch Augen und Haare fuhr. "Das sollte man. Die schmecken nämlich beschissen, und jeder der das kaut kann nicht ganz dicht sein." Kevin grinste zu Ben herüber, der ebenfalls kurz auflachte. Der junge Polizist war nach dem kurzen Gespräch mit Jenny gut gelaunt, und schaffte es auch Ben ein wenig hoch zu ziehen.

    "Sag mal, wo bekommt der eigentlich seine Autos immer her?", warf er dann die Frage in den Raum. "Die beiden gefundenen waren geklaut." Ben sah herüber und betrachtete das nachdenkliche Gesicht seines Freundes, der sich im Stuhl zurücklehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. "Findet immer grade dann ein Auto, wenn er eins braucht?" Wieder war es der Polizist mit dem Wuschelkopf, der kurz auflachte. "Du machst mir Spaß, du Mordermittler. Wir hatten hier mal einen Autodieb, der hat innerhalb von 5 Stunden 12 Autos auf Bestellung geklaut. Wunschfarbe, Ausstattung, Marke. Wir wissen bis heute nicht, wie der das geschafft hat. Ein Auto pro Tag ist nun wirklich keine Kunst."
    Kevin ließ der Gedanke an die geklauten Autos erstmal nicht los, als die Chefin von ihrem Telefonat zurückkam, und man die Besprechung fortsetzte. Er verschob es nach hinten, machte sich aber eine kleine Notiz auf einen Zettel.

    Wenn Engel hassen

    Stürzen sie wie Steine aus dem Himmelszelt

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    • 6. Oktober 2014 um 10:07
    • #33

    Playa del Inglés - 13:00 Uhr

    Semir wurde von André wieder vor dem Hotel abgesetzt. Etwas schweren Herzens hatte der Polizist seinen Freund wieder fahren lassen, denn einen kleinen Funken Misstrauen hegte er noch in sich. Würde André fliehen? Würde er alles hier aufgeben, seine Arbeit, seine Freundin.... nein, das würde er nicht. Seine Reaktion auf die Fotos hatte Semir beruhigt und darin bestärkt, ihm zu helfen. Auch wenn er noch nicht wusste, wie.
    André sagte etwas davon, Dinge erledigen zu müssen, bevor er wieder aufbrach. "Melde dich so schnell wie es geht. Sag mir, was du vorhast.", redete der Polizist auf ihn ein, und der Mann, der in den letzten Stunden um Jahre gealtert war, nickte.

    Semir kam die Sonne draussen heisser, und die Eingangshalle des Hotels kühler vor als vorher. Er ging durch den Garten in Richtung Pool, doch dort konnte er seine Frau und seine Kinder erstmal nicht finden. Auf dem Zimmer warf er den Umschlag mit den Bildern aufs Bett, warf sich zwei Hände voll Wasser ins Gesicht und fuhr sich mit der nassen Hand über den Kopf. Danach ging er ruhigen Schrittes wieder hinaus, zur Promenade und blickte von dort auf den Strand herab. Dort, zwischen einer Menge Handtücher und Liegen konnte er seine beiden Töchter und seine Frau erkennen. Eine Menge Stufen nach unten waren zu bewältigen, bis Semirs Füße den aufgeheizten Sand am Strand berührten, er die Wellen hörten und das Salz in der Luft schmecken konnte. Er stapfte an Sonnenanbetern vorbei, bis er seine Familie erreichte. Zusammen bauten sie gerade eine Sandburg, und Ayla quiekte vergnügt, als sie mit einem Eimer Wasser vom Meer zurückgelaufen kam, um den Burggraben zu füllen. Doch das Wasser verschwand schnell wieder im heißen Sand. "Hallo Schatz.", wurde er von seiner Frau gegrüßt, die in ihrer Sonnenbrille genau gegen den hellen Planeten schaute und blinzeln musste. Semir lächelte, ein wenig gequält und ließ sich sofort von seinen sandigen Töchtern umarmen. "Papa, du musst unbedingt mit uns ins Wasser gehen, ja?", quakte die Jüngste sofort drauf los und zog Semir am Arm. "Lasst Papa sich doch erstmal hinsetzen. Ihr wolltet ihn doch nachher noch einbuddeln, oder?", meinte Andrea zwinkernd. "Auja! Papa, dürfen wir dich nachher einbuddeln?", fragte Lilly sofort mit strahlendem Gesicht und brach in Jubel aus, als Semir nickte. Ayla ergriff seine Schwester sofort am Arm. "Komm, wir gehen schon mal ein Loch buddeln.", rief sie und zog ihre Schwester ein wenig abseits mit, wo wenig Leute lagen und sie niemanden störten.

    Andrea stand aus dem Sand auf und setzte sich neben Semir auf die Liege. "Na, wie ist es gelaufen?" Semir wog den Kopf hin und her, und suchte nach den richtigen Worten. "Eigentlich besser als gedacht... er hats recht ruhig aufgenommen. Er ist nicht wütend geworden... eher fassungslos..." Er pausierte kurz und schaute aufs Meer hinaus. "Und er hat es nicht abgestritten... er hat es wirklich getan." Auch für Andrea war das ein schwerer Schlag, jedoch wusste sie ja, dass er gezwungen wurde. "Hat er war gesagt, dass er gezwungen wurde?" Semir nickte. "Ja. Er hat das auch Kevin erzählt." Andrea dachte nach, und lag ihren Arm um die Schultern ihres Mannes. Das Kreischen, Schreien und Lachen in ihrer Umgebung blendeten sie für einen Moment aus, und beobachteten ihre beiden Kinder beim Sandbuddeln. So gegensätzlich konnten Gedanken sein, heile Welt vor ihren Augen und Düsterheit in ihren Köpfen. "Warum hat er es dir damals nicht erzählt?", fragte Andrea nach einigen Minuten Stille zwischen dem Ehepaar. "Er wusste nicht wie ich reagiere... er hatte Angst, ich würde ihn verhaften.", meinte ihr Mann und es klang ein wenig spöttisch. "Naja, was hättest du getan? Ihr habt euch 14 Jahre nicht gesehen... und du hast ihm selbst nicht sofort wieder vertraut." Andrea nahm André in Schutz, sie dachte ein wenig rationaler und Semir musste ihr Recht geben. Er hätte es vermutlich nicht anders getan.
    Er legte seiner Frau eine Hand auf den Oberschenkel und sah sie an. "Ich habe André meine Hilfe angeboten. Ich habe ihm gesagt, er solle MIR beweisen, dass er gezwungen wurde." Andrea hörte Semir genau zu und sah ihn währenddessen fest an. "Es kann also sein, dass ich nochmal mit ihm nach Mallorca fliege. Er hat zwar noch nichts gesagt, aber ich kann es mir gut vorstellen." Er schaute etwas bange in das Gesicht seiner Frau, die zwar nicht begeistert aussah, aber nickte. Sie wusste von vorneherein, dass dies kein normaler Urlaub werden sollte, und so nickte sie tapfer. Semir war für ihr Verständniss unendlich dankbar, und nahm seine Frau fest in den Arm. Er genoß ihre Nähe und ihre Unterstützung. So war er schon wieder etwas besser gelaunt, als Semirs Töchter angesprungen kamen und stolz verkündeten, dass das Loch nun fertig zum Befüllen wäre.

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    • 7. Oktober 2014 um 11:03
    • #34

    Dienststelle - 15:00 Uhr

    Es war ein anstrengender Tag für alle Beamten auf der Autobahndienststelle. Die Telefone klingelten, seit bekannt wurde, dass es eine Pressekonferenz geben würde, die ersten Pressevertreter trudelten bereits ein und Ben ging im Büro auf und ab. "Was bist du denn so nervös.", meinte Kevin, der recht entspannt in seinem Stuhl hing und durchs Fenster nach draussen sah. Er hatte sich eine Zigarette hinters Ohr geklemmt und wollte gleich nochmal kurz vor die Tür. "Ich hab sowas halt noch nie gemacht. Das hat sonst immer Semir oder die Chefin gemacht.", meinte sein Partner und fuhr sich durch die Haare. Es hatte etwas von einem Auftritt vor Publikum, bei dem man allerdings keinen auswendig gelernten Text vortragen musste, sondern sich Fragen, meist bohrend provokanten Fragen einiger Journalisten stellen musste, die von Polizeiarbeit keine Ahnung hatten. "Na und?", meinte der junge Polizist im Stuhl, den das Ganze nicht sonderlich nervös zu machen schien. "Wir haben alles besprochen, und genauso werden wir es auch sagen. Keine Panik." Er zwinkerte Ben zu, der nur etwas müde lächelte.
    Hotte und Dieter hatten draussen zwei Tische zusammengeschoben, auf den jetzt zwei Fernsehsender ihr Equipment wie Mikros und Kameras aufbauten. Ben ordente nochmal seine Karteikärtchen, als die Chefin mit schnellen Schritten ins Büro kam. "Meine Herren, es geht los." Ohne eine Antwort zu erwarten schritt sie wieder hinaus und richtete einige Worte an die Pressevertreter. "Ach scheisse...", murmelte Kevin, den eigentlich wollte er nochmal vor die Tür eine rauchen. "Mach dir die Zigarette vom Ohr.", ermahnte ihn Ben, als sie beide aufstanden, um raus ins Großraumbüro zu gehen. "Was du nicht sagst."

    Die Journalisten standen bereit, Kevin, Ben und Anna Engelhardt saßen nebeneinander an den aufgereihten Tischen und blickten in einige Kameras. Eine der Kameramänner gab das Signal zur Aufnahme. Zur Not könnte man die Aufnahmen auch wiederholen, denn die Konferenz würde nicht live übertragen werden, sagte ein Aufnahmeleiter des Fernsehsenders, und Ben atmete kurz durch. Würde er sich verhaspeln, wäre das nicht so schlimm.
    "Wie ist ihr derzeitiger Ermittlungsstand?", war die erste Frage, zu der Ben sich, wie abgesprochen äusserte. "Zum genauen Stand der Ermittlungen können wir, auch aus Respekt vor den Opfern und ihrer Privatsphäre nicht viel sagen. Was wir sagen können ist, dass wir einen... ähm... einen engen Kreis an Verdächtigen haben." Die Polizisten hatten sich abgesprochen und beschlossen, den Attentäter unter Druck zu setzen und zu provozieren, eine direkte Konfrontation. Sie wollten die Polizei als den Feind des Attentäters darstellen, in der Hoffnung, dass er von zivilen Opfern absehe. "Was tun sie um die Bevölkerung zu schützen." "Momentan werden alle Rastplätze im Umkreis von 50km mit hoher Intensität angefahren und überwacht.", antwortete Kevin knapper, als man es bei Konferenzen gewöhnt war, weshalb eine kurze Pause entstand, bis die nächste Frage gestellt wurde. "Denken sie, das reicht um die Bevölkerung zu beschützen?" "Davon gehen wir aus." Es schien als hätte sich Kevin seinen arroganten Schutzwall aufgebaut, den seine Stimme klang monoton und beinahe ohne Betonung. Das brauchte er, um selbst souverän und unangreifbar zu wirken. "Denken sie, dass der Attentäter psychisch krank ist?" Kevin räusperte sich kurz, bevor er zur Antwort ansetzte: "Der Attentäter ist vor allem eines. Feige! Er vermeidet Konfrontation, er schießt aus fahrenden Autos um sofort die Flucht zu ergreifen. Über das Motiv gibt es noch keine konkreten Hinweise, aber sicher ist: Wir jagen einen äusserst feigen Mörder." Er blickte abwechselnd in die Kameras, hin und wieder herüber zur Chefin, die still neben ihm saß und die Hände gefaltet hatte. Sie war erstaunt über die souveräne Vorstellung ihrer beiden Beamten in der Situation... denn auch wenn sowohl Ben als auch Kevin schon einige Jahre Polizei-Erfahrung hatten... sie waren immer noch junge Beamte und hatten nicht die Erfahrung eines Semirs oder Herzbergers.

    Für einen kurzen Moment herrschte Stille, es klickte und blitzte hier und da auf, weil einige Fotos geschossen wurden. "Glauben sie an ein Rachemotiv." "Nein, momentan ist das auszuschließen. Die Opfer haben nichts miteinander zu tun und stehen in keinem Zusammenhang zueinander.", antwortete Ben nach kurzem Blick auf seinen Zettel, bevor er seinen Blick wieder in die Kamera wendete, während sein Partner durchweg den ein oder anderen Journalisten anschaute, was diesen wiederrum hin und wieder etwas aus dem Konzept brachte. "Wie lange wird es dauern, bis sie den Attentäter dingfest gemacht haben." Ben schaute unverständlich zu Kevin und wollte den Journalisten bereits für eine solch dämliche Frage rüffeln, doch Kevin kam ihm zuvor. Für ihn war es eine gute Gelegenheit, den Gangster nochmals zu provozieren, allerdings ließ die Aussage auch Anna Engelhardt ein wenig verwirrt zurück. "Lange wird es nicht dauern. Der Attentäter hat bereits Fehler gemacht, und er wird weitere machen. Wir sind ihm bereits sehr dicht auf den Fersen.", lehnte sich der junge Polizist weit aus dem Fenster.
    Anna Engelhardt gab dann noch an die Presse, dass sich die Bevölkerung bis auf weiteres vorsichtig auf Rastplätzen bewegen solle, und auf vorbeifahrende Autos besonders achten soll, trotz Polizeipräsenz an den Raststätten. Dann war die Pressekonferenz vorbei, die Kameras wurden abgeschaltet und die Mikros wieder abgebaut. Hotte und Bonrath stellten die Tische zurück an den Platz und Ben atmete im Büro einmal tief durch.

    "Ätzend. Du sitzt da, wie vor einer Gerichtsverhandlung.", meinte er und man merkte dass er sich bei dem Interview sichtlich unwohl fühlte. "War doch alles okay.", meinte Kevin beiläufig, doch Anna Engelhardt war nicht komplett glücklich, als sie ins Büro kam. "Sie haben sich recht weit aus dem Fenster gelehnt, dass es nicht mehr lange dauern würde, den Attentäter zu fassen.", sagte sie kritisch zu Kevin. Sie war zwar mittlerweile in gewisser Weise von seinen Fähigkeiten als Polizist überzeugt, aber wurde mit dem unkonventionellen Cop nicht warm. "Wir haben gesagt, dass wir den Kerl provozieren müssen. Und so haben wir das getan. Er weiß nicht, wie dicht wir ihm sind. Aber er weiß, dass wir schon hinter ihm her waren. Er wird uns jetzt als Feind ansehen, das war das Ziel.", argumentierte Kevin, doch er löste damit noch mehr Unbehagen bei Anna Engelhardt aus. Einerseits war es gut zu wissen, dass der Attentäter nun eher weniger auf Unbteiligte schießen würde, doch andererseits war die Angst groß, dass es einen ihrer Leute erwischen könnte. "Und das bereitet mir Bauchschmerzen, Herr Peters. Wir geben quasi unsere Leute zum Abschuss frei.", sagte sie deutlich. "Ich weiß. Aber uns bleibt nichts anderes übrig. Dafür sind wir Polizisten. Wir müssen den Kerl jetzt eben bei der nächsten Gelegenheit erwischen... er darf uns nicht wieder durch die Lappen gehen." Ben hörte dem Gespräch interessiert zu, doch musste zugeben, dass ihm auch nicht ganz wohl dabei war, nun eine potentielle Zielscheibe zu sein... vor allem weil neben Kevin nun auch sein Gesicht in der Zeitung und im Fernsehen von dem Attentäter zu sehen ist...

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    • 8. Oktober 2014 um 08:50
    • #35

    Dienststelle - 18:00 Uhr

    Es war ungewöhnlich für Ben und Kevin in einer schusssicheren Weste den normalen Dienst zu absolvieren. Bei einer größeren Unfallaufnahme am späten Nachmittag kamen sie nicht nur wegen der Vollsperrung im Feierabendverkehr ordentlich ins Schwitzen. Vor allem war es unangenehm, denn sie mussten die Weste direkt auf der Haut unter den T-Shirts anziehen, was diese natürlich etwas zu klein erscheinen ließ. Es sollte aus der Öffentlichkeit her nicht auffallen, um Befürchtungen zu vermeiden oder den Attentäter zu ermutigen auf den Kopf zu zielen.
    Nach einer Stunde Arbeit auf der Autobahn hatte Kevin die Nase voll und warf seine Weste in den hinteren Mitfahrerraum des BMW. "Die Chefin hat sie nicht alle. Der Typ ist so ein Schütze, wenn der sichergehen will, schießt der uns eh in den Kopf, oder die Eier ab.", raunte er Ben zu, der Kevins Beispiel sofort folgte, und sich ebenfalls der Schussweste entledigte.

    Als sie beide von dem Einsatz ins Büro zurückkamen, und die Schussweste in der Hand hatten, wurden sie mit einem misstrauischen Blick aus dem Büro der Chefin bedacht. Man musste kein Prophet oder Hellseher sein um zu wissen, dass die beiden eigensinnigen Polizisten die klare Regelung der Chefin nicht befolgt hatten. Sie hatte nach der Pressekonferenz angeordnet, dass jeder Beamte der Dienststelle, die in der Zeitung genannt wurde, ab jetzt eine Schutzweste zu tragen hatte, sobald er die Dienststelle verlässt.
    "Was hast du heute abend noch vor?", fragte Ben gegen 18 Uhr, als sie sich beide zum Feierabend auf den Weg nach draussen machten, und er Lust verspürte mit Kevin noch etwas zu unternehmen. Doch der hatte andere Pläne. "Ich geh heute abend essen.", meinte er vielsagend lächelnd. "Oha...", lachte Ben und wusste schon direkt, wohin oder zumindest mit wem Kevin den Abend verbringen würde. "Danke für die Warnung, dann halte ich ab morgen Abstand von Jenny... nicht dass ich mir was einfange.", scherzte er lachend, und auch Kevin musste grinsen. "Du kannst dir auch gerne gleich hier was einfangen.", witzelte der junge Polizist und hob drohend den Arm. Ein wenig mulmig war ihm trotzdem zu Mute, war er heute nicht bei Jessy im Gefängnis... und das obwohl sie gestern zum ersten Mal mit ihm geredet hatte. Aber er hatte seiner Kollegin versprochen zu kommen, die extra früher Schluß gemacht hatte, um noch einkaufen zu gehen. So verabschiedeten sich die beiden, und fuhren erstmal nach Hause.


    Jenny's Wohnung - 18:45 Uhr

    Frisch geduscht und in frischen Kleidern hatte Kevin die Wohnung verlassen und war in den BMW gestiegen. Er freute sich auf einen gemütlichen Abend mit Jenny, die er gut leiden konnte und die er gerne noch näher kennenlernen wollte. Eindeutige Absichten hatte er jedoch nicht, für ihn war es ein Treffen auf freundschaftlicher Basis... erstmal. Wer könnte schon in die Zukunft blicken.
    Auf dem Weg zu Jennys Haus fiel Kevin ein schwarzer Audi im Rückspiegel auf, der nach kurzer Zeit nicht mehr aus dem Rückspiegel des BMW verschwinden wollte. Allerdings hielt er soweit Abstand, dass der junge Mann kein Gesicht des Fahrers genau erkennen konnte. Ach, er sah vermutlich schon Gespenster und ließ sich von der Nervosität, die in der Dienststelle ein wenig herrschte anstecken. Als er vor Jennys Wohnung parkte, gab der Audi Gas und fuhr an Kevin vorbei... zu schnell um etwas zu erkennen, doch richtig geachtet hatte er eh nicht mehr drauf.

    Jenny wohnte in einem Drei-Parteien-Haus in einer ruhigen Vorstadtgegend. Es war ein schöner Altbau, der allerdings komplett saniert wurde und von innen eine schöne Kombination aus alter Architektur und moderner Einrichtung war. Die Decken waren sehr hoch, sie hatte Sitzaussparungen in manchen Fenstern, und alles war sehr hell und freundlich. Die beiden begrüßten sich an der Wohnungstür mit einem leichten Kuss auf die Wange, und Jenny bat ihren Kollegen herein. "Schön hast du es hier.", meinte Kevin anerkennend, als er durch die 3 Zimmer der Wohnung ging und erinnerte sich daran, wie er noch vor einigen Monaten gehaust hat... in einem Wohnblock, trostlos, quasi im Ghetto. Hier war alles sehr hell und freundlich, die Sonne schien durch die Fenster und auf dem Echtholzboden konnte man jeden Fußtritt hören. Auch die Küche war sehr modern, in die sie jetzt beide gingen, wo man erstmal mit einem Glas Bier miteinander anstieß. "Ich hab uns ein paar DVDs besorgt. Magst du lieber Action oder Komödien?", meinte Jenny grinsend. "Da ich auf der Arbeit Action genug habe, würde ich die Komödie bevorzugen.", sagte Kevin lächelnd und nahm einen Schluck aus seinem Glas. Jenny wandte sich dann wieder an die Arbeitsplatte und meinte: "Hilfst du mir beim Kochen?" Der Polizist ließ sich nicht zweimal bitten und übernahm das Schneiden der Zwiebeln und der Tomaten, während Jenny sich um die Nudeln kümmerte.

    Als sie später beim Essen saßen, spürten beide, dass sie auf einer ähnlichen Wellenlänge lagen, obwohl sie vom Wesen her doch grundverschieden waren. Jenny, der man die Lebenslust oft vom Gesicht sofort ablesen konnte, die gerne redete aber nie jemanden zuquatschte und sehr unternehmungslustig war, und auf der anderen Seite der schweigsame Kevin, der auch mal den Tag damit zubringen konnte, aus dem Fenster zu schauen oder einfach nur auf der Couch zu liegen, der oft aussah als hätte er gerade keine Lust auf irgendwas. Aber sie unterhielten sich zusammen, sie lachten auch zusammen, und es tat Kevin sehr gut mal wieder in weiblicher Gesellschaft völlig ungezwungen zu sein. "Lebst du hier eigentlich alleine?", fragte er dann irgendwann, als sie gerade fertig waren mit essen, aber noch zusammen am Tisch saßen. Jenny nickte, dachte kurz nach als würde sie kurz überlegen, darauf ausführlicher zu antworten. "Ich habe die Wohnung zwar mit meinem Ex-Freund gemietet, aber der ist vor über einem Jahr ausgezogen." Kevin nickte, und unterließ weitere Fragen dazu. Es ging ihn nichts an, und er wäre der Letzte der zu privaten Themen unangenehme Fragen stellen würde. Selbst die Frage des Alleinlebens war eher aus Verwunderung über die Größe der Wohnung für eine alleinlebende Person entstanden. "Und du?", war dann die Gegenfrage von Jenny, die es wiederum interessierte, ob es noch jemanden an Kevins Seite gab, und innerlich erst mal enttäuscht auf den ersten Teil der Antwort reagierte. "Ja, ich lebe mit jemandem zusammen.", sagte er und fügte nach einer Pause hinzu. "Mit einem Transvestit-Künstler." Nun schaute Jenny ein wenig verwirrt und verwundert drein, denn mit dieser Antwort hatte sie nicht gerechnet. Kevin musste lachen, die Reaktion kannte er nur alzu gut. "Kalle ist früher in dem Club meines Vaters aufgetreten. Sie hat mich quasi... großgezogen."
    Jetzt verstand Jenny, und es machte diesen Mann noch ein Stückchen geheimnisvoller, als er eh schon war. Sie wollte völlig unwissend wirken, obwohl sie schon das ein oder andere von ihm wusste. "Und... deine Mutter?", fragte sie ein wenig vorsichtig, ein Teil den sie noch nicht kannte, und sie wollte es vermeiden irgendwelche Wunden aufzubrechen. "Meine Mutter kenne ich nicht. Mein Vater hat sich geweigert etwas davon zu erzählen. Ich hab zwar mal Nachforschungen angestellt, aber nie was rausgefunden." Nach einer kurzen Pause sah er kurz aus dem Fenster. "Mein Vater war damals noch ein Zuhälter, mittlerweile besitzt er zwei Nachtclubs. Ich schätze mal, dass ich das 'Produkt' eines Unfalls zwischen ihm und einer Prostituierten bin. Gekümmert hat er sich jedenfalls nie. Weder um mich, noch um meine Schwester."

    Jenny fuhr sich durch die Haare, und hörte Kevin still zu, und spürte dass sie so ein wenig Zugang fand zu ihm. Sie erinnerte sich an Hottes Worte, dass es dauern würde, bis er Vertrauen zu jemandem fasste. Sie hätte gerne auch nach seiner Schwester gefragt, ungezwungen, unwissend... doch sie unterließ es. Etwas hielt die junge Frau davon ab, und sie wurde darin bestätigt, als Kevin meinte, dass er das Abräumen des Tisches übernehmen würde. Er hatte die Tür ein wenig geöffnet, Jenny durfte mal einen Blick hinter seine Fassade wagen... doch das war dann auch genug. Bei einer weiteren Frage hatte sie die Befürchtung, der Abend würde nicht so schön verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Aber eines wusste sie... vieles war offenbar in Kevins Leben nicht so gelaufen, wie es hätte können. Der Gedanke kam ihr, während sie den Mann beobachtete, als er in der Küche die Spülmaschine einräumte, und sich danach mit ihr zusammen aufs Sofa fallen ließ.

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    • 9. Oktober 2014 um 08:56
    • #36

    Ben's Wohnung - 22:30 Uhr

    Ben fühlte sich in irgendeiner Form aufgekratzt, unruhig, als er nach Hause kam. Er ging noch zum Sport, holte sich in der Innenstadt noch was zu essen, lief noch ein wenig durch die Gassen, doch überall blickte er sich um. Hatten sie denn Attentäter wütend gemacht? War er ihnen schon auf den Fersen? Ben's Zweifel an Kevins Strategie wuchsen von Minute zu Minute. Doch der hohe Kaffeekonsum an diesem Tag trug sicherlich einen Teil dazu bei, dass er sich nicht einfach ruhig vor die Glotze sitzen konnte, wie sonst.
    Weil er aber nicht wusste, was er tun sollte, und er sich allmählich auf den Straßen unsicher fühlte, kehrte er nach Hause zurück und legte sich für seine Verhältnisse früh ins Bett. Das Koffein in seinem Blut hielt ihn vom Schlafen ab, er warf sich im Bett herum, tat die Decke vom nackten Oberkörper als er zu schwitzen begann, tigerte zweimal durchs Schlafzimmer. "Mann mann... nie mehr 2 Kannen Kaffee am Tag.", murmelte er in sich hinein. "Lieber fällt mir im Büro der Kopf auf die Tastatur." Er ging von seinem Schlafzimmer mit nackten Füßen in die Küche wo er es mit einem alten Hausrezept versuchte... einer Tasse heißer Milch mit Honig, die schläfrig machen sollte. Doch gegen 2 Kannen Kaffee kam auch eine Tasse Milch nicht an, und so lag er wenig später wieder wach.

    Er wollte es sich nicht zugeben, aber es waren auch die Gedanken um den Attentäter, die ihn wach hielten. Es war keine Angst, aber es war eine latente Unsicherheit davor, morgen wieder in den Dienst zu gehen. Sollte er vielleicht doch besser die schusssichere Weste anziehen? Vielleicht war der Typ doch kein besonders guter Schütze, und die Treffer bei der Verfolgungsjagd waren Zufall? Ben malte sich allerlei Horror-Szenario aus, als er seinen Weg zur Arbeit und seinen Arbeitstag mit Kevin zusammen vor seinem inneren Auge vorbeiziehen ließ. Wo könnte der Täter auf sie lauern, wo könnte er zuschlagen? Die Pressekonferenz wurde am frühen Abend ausgestrahlt, in der morgigen Ausgabe aller großen Tageszeitungen würden Ben's und Kevin's Gesicht zu sehen sein. Saß der Typ heute abend vor dem Fernseher oder nicht?
    Ben schwang sich erneut aus dem Bett, sein Radiowecker blinkte unaufhörlich in Richtung Mitternacht. Der Polizist ging zum großen Fenster zur Straße, und sah herüber ins Nachbarhaus. Wenn der Typ dort nun stehen würde, hätte er einen optimalen Blick auf den Oberkörper und den Kopf, dachte er. Oder von einem Stockwerk höher. Oder vom dem Balkon da hi.... "Mensch, Ben... hör auf zu spinnen.", sagte der Polizist laut zu sich selbst. Gegenüber wohnte Rudi, und das schon seit Jahren. Der fuhr nie in Urlaub, hielt sich einen Dobermann und mindestens 3 verschiedene Alarmanlagen, wie er Ben mal stolz erzählte. Der rüstige Rentner sagte allen Einbrechern den Kampf an, und es wäre leichter in ein Gefängnis einzubrechen, als in der Haus von Rudi. Der junge Mann blickte über die erleuchtete Straße. In dieser Gegend hatten nur wenige Häuser Garagen, manche hatten Stellplätze, andere parkten die Autos an der Straße. Oft waren Leute zu Besuch, weshalb die Autos, die hier standen täglich wechselten, und man sich nie festlegen konnte, wem welches Auto nun wirklich gehört. Ein gelber alter Seat, ein schwarzer Porsche, ein schwarzer Audi, ein blauer Subaru, ein silberner Audi und ein dunkelroter Seat standen am Straßenrand aufgereiht. Die Kennzeichen konnte Ben nicht alle erkennen. Mit einer Hand fuhr er sich durch die Haare, schüttelte den Kopf und ließ sich wieder ins Bett fallen.
    Es dauerte nur einige Minuten, und die Paranoia holte ihn dann doch ein, so dass er aufstand, wieder zum Fenster ging und die Rolläden herunterließ... für den Fall, dass Rudis Dobermann heute nicht gut aufpassen würde...


    Jenny's Wohnung - 22:45 Uhr

    Der Film war nicht besonders spannend, auch wenn er lustig war und die beiden sehr oft zusammenlachten. Sie saßen zusammen auf der Couch, teilweise unterhielten sie sich auch während des Films, bis Jenny begann, ein wenig schläfrig zu werden.
    Irgendwann, sie konnte nicht genau sagen wann, spürte sie Kevins Arm auf ihren Schultern, legte ihren Kopf an und fühlte seinen Atem am Ohr. Sie genoß seine Nähe, und suchte die Berührung ihrerseits ebenfalls, in dem sie einen Arm um seinen Brustkorb schlang. Den Film blendete Jenny in diesem Moment völlig aus, sie genoß es einfach Kevin so nahe bei sich zu spüren und seine Zuneigung zu ihr zu fühlen. Über ein Jahr war sie nun Single nach einer mehr oder weniger glücklichen Beziehung, die aber letztlich vor allem an Jennys Beruf scheiterte. Sie hatte sich nie aktiv auf die Suche gemacht und bis auf einen kleinen Flirt mit dem Leiter der KTU, Hartmut, war nichts mehr herum gekommen. Nun lag sie nach längerer Zeit wieder in den Armen eines Mannes, spürte seine Wärme und nach kurzer Zeit auf seine Lippen auf ihren. Glücksgefühle durchströmten sie, und die Frage nach dem "Ist das richtig" schüttelte sie ganz locker von sich ab... zu intensiv und zu prickelnd war das Gefühl, sich auf einen geheimnisvollen Mann einzulassen, denn sie seit ein paar Tagen kannte, wusste dass er eine kriminelle Vergangenheit hatte aber jetzt auf der richtigen Seite des Gesetzes stand.
    Die Kollegen würden sich zwar das Maul verreißen, Ben vermutlich als aller Erstes mit seinen Sprüchen, aber das war der jungen Frau in diesem Moment egal. Sie spürte in sich ein Verlangen nach dem jungen Mann, als sie seine Hände auf ihrem schlanken Körper spürte...

    Mit einem Schreck wurde sie wach... sie sah blickte in den schrägen Fernseher, wo die Komödie lief. Für einen kurzen Moment musste Jenny sich orientieren, wo sie war und was gerade passiert war. Sie hatte geträumt, sie lag auf ihrer Couch, beinahe zusammengerollt wie ein Kätzchen, die Beine an den Leib gezogen, und den Kopf auf einem recht harten Kissen... nein Moment. Das Kissen an ihrem Ohr fühlte sich an wie Jeansstoff, und es bog am Ende der Couch nach unten ab... Jenny lag mit ihrem Kopf auf Kevins Oberschenkel, der neben ihr saß. Sie bewegte sich etwas, und vermied es, schnell und ruckhaft aufzustehen. "Bist du wach?", fragte eine ihr wohl bekannte Stimme über ihr. Langsam richtete sich Jenny auf, sie dachte nach an welchem Punkt sie eingeschlafen war, und was vorher passiert war. Hatte er sie geküsst... hatte er den Arm um sie gelegt?
    Je wacher sie wurde, desto klarer wurde ihr, dass so gut wie alles ein Traum war. Sie hatten gegessen, den Film geguckt, sich noch unterhalten, und ab der Mitte des Filmes war sie eingeschlafen. "Ich wollte dich nicht wecken.", meinte Kevin, der das Ende des Films abwarten wollte, bevor er Jenny wach machte. Es war ihm nicht unangenehm, als ihr langsam immer wieder die Augen zufielen, und sie sich irgendwann, wie selbstverständlich neben ihm zusammenrollte und den Kopf auf seinen Oberschenkel legte. Einmal erwischte er sich dabei, wie er ihren Kopf tätschelte, was ihn beinahe erschrak. Oft war Janine genauso neben ihm eingeschlafen, daran musste er in dem Moment denken. "Oh tut mir leid... ich wollte nicht einschlafen.", sagte Jenny etwas benommen und rieb sich ein wenig die Augen, obwohl sie nur eine halbe Stunde geschlafen hatte. Sie fühlte sich jedoch völlig schlapp, und setzte sich wieder aufrecht neben den jungen Polizisten, der die Fernbedienung nahm und auf "Stop" drückte. "Es ist besser, wenn du ins Bett gehst. Ich bin auch müde.", sagte er lächelnd und erhob sich. Jenny war ihm dankbar, sie hatte Sehnsucht nach ihrem Bett, vor allem der Traum hatte sie verwirrt, aber sie wollte Kevin auch nicht rausschmeißen.

    An der Tür verabschiedeten sich die beiden mit einem Kuss auf die Wange und wünschten sich eine "Gute Nacht." Kevin ging zu seinem Wagen und fuhr zurück in seine Wohnung, die er mit Kalle teilte. Er fühlte sich gut, Jenny und er lagen auf einer Wellenlänge und es war ein schöner Abend.
    Unterwegs hielt er immer die Augen offen, ob jemand ihm folgte, doch jedes Auto das hinter ihm fuhr, bog zwei Gelegenheiten später wieder ab. Als er zu Hause an kam und ein paar Schritte noch bis zur Tür ging, vernahm er plötzlich ein Geräusch hinter sich. Es klang wie ein Kratzen, und der junge Polizist verharrte kurz mit dem Schlüssel in der Hand an der Tür. Für einen Moment spannten sich alle Muskeln in seinem Körper, und als er sich ruckartig umdrehte, verscheuchte er eine Katze, die gerade auf Mäusefang war. Der Kommissar schüttelte den Kopf, vernahm die absolut leere Straße und ging ins Haus.

    Wenn Engel hassen

    Stürzen sie wie Steine aus dem Himmelszelt

    Wenn Engel hassen

    Fliegen sie als dunkle Vögel in die Welt

    Wenn Engel hassen

    Landen sie als schwarzer Schatten der uns quält

    Und nehmen Rache an den Menschen, die gefallen sind

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    • 10. Oktober 2014 um 11:06
    • #37

    Dienststelle - 08:00 Uhr

    "Mensch Dieter... was soll ich denn damit?" Hotte Herzberger sah seinen Streifenkollegen Bonrath vorwurfsvoll an, hob die Arme leicht nach oben und ließ sie dann wieder fallen. Er konnte sich winden und zwängen, wie er wollte, konnte die Luft anhalten... es nutzte nichts. "Wem soll denn diese blöde Weste passen? Du weißt doch, dass ich XXL brauche." Bonrath wiederrum rechtfertigte sich: "Ich hab dem Kollegen an der Kleiderkammer auch XXL gesagt." Der lange Polizist nahm den Karton, aus dem Hotte seine Weste herausgenommen hatte, und tippte mit dem Finger auf sein geklebtes Schild. "Siehst du. X-X-L!" Sein dicker Kollege zwängte sich umständlich aus der Weste wieder heraus. "Also das ist definitiv M.", sagte er vorwurfsvoll und hielt Bonrath das Schildchen der Weste unter die Nase. "Die passt vielleicht Jenny, aber nicht mir." Dabei lächelte und zwinkerte er zu der jungen Kollegin herrüber, die das Geplänkel zwischen den beiden Männern amüsiert beobachtete, aber mit ihrem Lächeln leicht verträumt wirkte. Bonrath hatte alle Hände voll zu tun, nach weiteren Schachteln zu suchen. "Vielleicht haben die was vertauscht, und in einer M-Packung ist die XXL. Ach Hotte, würdest du nicht immer soviel Schnitzel essen, würde dir auch M passen."

    Mitten in der Diskussion kam Kevin in das Großraumbüro. "Guten Morgen.", sagte er lächelnd in Richtung Jenny, die ebenfalls mit einem Lächeln antwortete. An Bonraths Tisch, auf dem sich Schusssichere Westen und Kartons stapelten blieb er stehen. "Macht ihr ne Modenschau?", fragte er mit einem Blick auf das heillose Chaos vor sich. Während Herzberger schmunzelte, wirkte sein langer Kollege zusehends gestreßt. "Ja, was kann ich dafür wenn die in der Kleiderkammer die falschen Westen einpacken. Och Menschenskind, zieh halt nen dickeren Pulli an, dann passiert auch nix.", sagte der langjährige Streifenpolizist und ließ seine lange Gestalt resiginierend auf den Drehstuhl plumpsen. Kevin verschwand gerade ins Büro, als ein gähnender Ben zur Tür hereinkam, und ebenfalls in den Raum grüßte. "Oh cool. Modenschau?", fragte er interessiert bei Hotte und Bonrath nach. "Du willst uns doch veräppeln, oder?" fragte Zweitere, langsam die Geduld verlierend als Ben den exakten Scherz sagte, wie Kevin zuvor, unabhängig voneinander. "Na komm Dieter. Wir fahren zur Kleiderkammer und dann probieren wir die Westen dort an. Und so lange...", er nahm sich zwei Westen der Größe M und schob sich die eine vorne unters Hemd und vor seinen massigen Oberkörper, vollführte das auch mit der zweiten Weste von hinten und stopfte das Hemd wieder in die Hose "...muss das reichen."
    Nachdem die beiden Kollegen aufstanden und die Dienststelle verließen trat auch Ben zu Kevin ins Büro. "Morgen.", sagte er mit einem weiteren Gähnen und Kevin konnte deutlich die dunklen Augenringe im Gesicht seines Partners erkennen. "Großer Gott...", war dessen Antwort, versehen mit einem Grinsen. "Kaffee?" "Bloß nicht.", winkte Ben sofort ab, sonst würde der Teufelskreis von vorne losgehen. "Wie war dein Essen?", fragte der Polizist mit dem Wuschelkopf und ließ sich auf den Drehstuhl fallen, wo er sich die Augen rieb. "Nicht so anstrengend wie deine Nacht scheinbar." Der junge Mann kramte drei DIN A4-Blätter aus seiner Hosentasche und warf sie, zusammengefaltet, herüber zu Kevin. Der nahm die Blätter, faltete sie auf, und fand darauf gekritzelte Noten und Gitarrengriffe. "Kannste mal spielen, wenn du Lust hast.", war die Antwort des Absenders. Der Kommissar ließ seine Augen über die Blätter streifen und konnte die Melodie in keinster Weise erkennen... von keinem der drei Stücke. "Was ist das?", fragte er dann verständnislos. "Hab ich heute Nacht geschrieben." Kevin ließ die Blätter sinken und schaute auf, auf seinen Partner gegenüber. "Hast du nachts nichts Besseres zu tun? Schlafen zum Beispiel?", fragte er verständnislos. "Pfff. Mach das mal, wenn du das Gefühl hast, dass dich irgendein Irrer beobachtet." Ben klang übellaunig, wer sollte es ihm verdenken nach einer, beinahe durchgemachten Nacht... sieht man von anderthalb Stunden Dämmerschlaf mal ab. "Der es natürlich nur auf dich alleine abgesehen hat.", meinte Kevin sarkastisch um zu erinnern, dass Ben nicht der Einzige war, der vermutlich in der Schusslinie stand. Mehr als einen kurzen, eher verachtenden Blick hatte Ben für seinen Partner in diesem Moment nicht übrig.

    Kevin griff die Zeitung, die er heute morgen gekauft hatte und warf sie zu seinem Kollegen herüber. "Seite 3." Der schlug die Zeitung auf Seite 3 auf und blickte auf ein großflächiges Foto der Pressekonferenz, mit ihm und Kevin im Mittelpunkt. Die Chefin war nur zur Hälfte zu sehen und blickte gerade nicht in die Kamera. Selbst die Namen waren abgedruckt. "Fehlt nur noch unsere Adresse und wo wir zu Mittagessen gehen.", murrte er und setzte hinzu: "Das war ne scheiss Idee." Kevin blickte auf und seine Miene fror ein. Er beharrte niemals darauf, dass seine Ideen ausnahmslos gut waren, aber er konnte es nicht leiden, wenn jemand seine Idee als "scheisse" bezeichnet, wo er tags davor noch nicht die Stimme dagegen erhoben hat. "Komisch dass du gestern vor der Chefin den Mund nicht aufgebekommen hast, um sie als "Scheisse" zu bezeichnen.", meinte er angriffslustig und verkniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Ben fuhr sich mit der Hand durch die Haare, die heute zersauster wirkten als sonst. Er war müde, er war schlecht gelaunt und das war eine schlechte Kombination um nun hitzige Diskussionen zu führen. "Ich hab dir gesagt, dass ich es für zu riskant halte." Bens Stimme wurde schon etwas lauter und aufgebrachter. "Riskant ist es auch mit 200 über die Autobahn zu fahren. Und? Machst du auch jeden Tag. Also was willst du denn jetzt von mir?" "Mann, ich hab die ganze Nacht nicht gepennt, ich dreh mich bei jedem Auto, das länger als zwei Abzweigungen hinter mir fährt, um seit gestern. Es war einfach ne blöde Idee, uns einer solchen Gefahr auszusetzen." "Ich will dir mal was sagen, mein Freund.", sagte Kevin nun auch aufgebracht, beinahe drohend und dabei erhob er sich von seinem Schreibtisch. Mittlerweile war die Auseinandersetzung so laut, dass Jenny von draussen durch die Glasscheiben ins Büro sah, und eine etwas sorgenvolle Miene aufgesetzt hatte. "Ich bin Polizist geworden, damit so wenig Menschen wie möglich das Drama mitmachen müssen, wenn ein geliebter Mensch umgebracht wurde. Wenn wir nur einen Menschen, nur EINEN MENSCHEN vor diesem Killer retten können, weil er auf uns schießt, statt auf einen Unschuldigen, dann hat sich die Gefahr gelohnt." Ben wollte sich nicht unterlegen fühlen, und erhob sich ebenfalls von seinem Schreibtisch und trat seinem Partner entgegen... auch wenn von Partnerschaft plötzlich nichts mehr zu spüren war. "Ich weiß selbst, dass man in unserem Job Risiken eingehen muss. Aber wenn ich über die Autobahn fahre, kann ich das Risiko halbwegs kontrollieren. Und dieses Risiko kann ich eben überhaupt GAR NICHT kontrollieren!" Geräuschvoll zog Kevin die Luft ein, bevor er erneut antwortete. Es regte ihn unglaublich auf, dass Ben auf einmal, weil er eine schlechte Nacht hatte, das Risiko plötzlich größer redete, als es war, und vorher nichts dagegen gesagt hatte. "Weißt du was? Dann nimm dir Urlaub und sperr dich zu Hause ein. Dann hast du absolut kalkuliertes Risiko." Dann drehte er sich um, nahm eine seiner Zigaretten vom Schreibtisch und ging zwei Schritte zur Tür. "Und jetzt kannst du mich mal", warf er Ben noch vor die Füße. "Du haust jetzt nicht ab!", rief der in dem Moment als die Tür kurz offenstand, dass es das komplette Großraumbüro hören konnte, und die Köpfe zu Kevin drehte. Ben sah sich in einer Führungsposition, da Semir nicht da war, aber er fühlte sich gerade gar nicht in solcher. Kevin jedenfalls ignorierte das Gehörte und verschwand im Flur, während sein Partner keine Anstalten machte ihm hinterher zu gehen und stattdessen die Glastür mit Wucht zu feuerte.

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    • 12. Oktober 2014 um 04:04
    • #38

    Vor der Dienststelle – 8:30 Uhr

    Kevin musste Dampf ablassen… im wahrsten Sinne des Wortes. Die Luft im Büro war gerade dick geworden, die Situation zwischen Ben und Kevin eskaliert. Bevor sich die beiden doch noch an die Wäsche gehen würden, entschied sich der Jüngere der beiden lieber, das Feld zu räumen, und vor die Tür zu gehen. Dort ließ er sich auf einem Blumenkübel nieder, fuhr sich mit der Hand durch die abstehenden Haare, die dadurch immer mal ihre „Form“ veränderten, und steckte sich eine Zigarette an. „Was bildet der sich eigentlich ein…“, murmelte er verärgert und nahm einen tiefen Zug von seinem Glimmstengel.
    Von dem Eingang der Dienststelle hatte man freien Blick auf die Autobahn, auf der der Morgenverkehr vorbeidonnerte. Immer mal fuhr auch ein etwas langsameres Auto vorbei und jedes Mal kniff Kevin ein wenig die Augen zusammen um genau zu erkennen, was der Fahrer tat. Er erwischte sich dabei, dass er quasi nur darauf wartete, dass jemand eine Pistole zog und auf den jungen Polizisten schießen würde. Heftig schüttelte er den Kopf und versuchte, den Gedanken zu verdrängen. Hatte Ben doch recht? War die Entscheidung, den Killer quasi zu provozieren und sich selbst als Zielscheiben zu machen wirklich zu riskant? Doch Kevin ärgerte es einfach, dass Ben bei der gestrigen Besprechung dazu keinen Ton gegen ihn herausgebracht hat. Semir hätte sich etwas interveniert, wenn er das Gefühl gehabt hätte, es wäre zu gefährlich. Und das wusste vermutlich auch Ben in diesem Moment. Vor den Augen des jungen Mannes stieg der blaue Rauch der Kippe auf und verflüchtigte sich in wenigen Minuten. Er dachte nach, was er jetzt sagen würde, wenn er wieder zurückkam, und die beiden wieder weiter zusammen arbeiten sollten. So heftig waren sie noch nie aneinandergeraten, und er fragte sich gerade, ob Semir und Ben sich auch schon mal so angeschrien hatten.

    Seine Gedanken wurden unterbrochen als Jenny durch die Eingangstür trat, und sofort den Rücken des jungen Mannes, auf dessen Oberschenkel sie gestern abend eingeschlafen war, erkannte. Sie hatte durchs Fenster beobachtet, wie Kevin herausgestürmt kam, erst mal gegen den Ascheneimer vor der Eingangstür trat, und sich dann auf dem rechteckigen Blumenkübel niederließ. „Hey.“, machte sie auf sich aufmerksam, blieb neben ihm stehen und sah schräg auf Jenny herunter. „Was war denn da drin los?“ Ihre Stimme klang weniger neugierig, eher einfühlsam. „Ach…“, winkte Kevin sofort ab, und spürte wie der Ärger sofort wieder nach oben quoll. „Herr Jäger ist es jetzt urplötzlich zu gefährlich, dass wir den Attentäter in der Zeitung provoziert haben.“, meinte er und man konnte an seiner lauten Stimme, die untypisch war für den ruhigen Polizisten, merken wie sehr er sich ärgert. Etwas leiser, beinahe schon resignierend setzte er hinzu: „Gestern hat er den Mund bei der Chefin nicht aufbekommen.“ Jenny nickte verständnisvoll, sie konnte dazu wenig sagen und wollte sich auch keinesfalls auf eine Seite und damit gegen den jeweils anderen Kollegen stellen… egal wie sehr sie Kevin mochte. „Es ist ätzend, wenn man dauernd vorgehalten bekommt, etwas falsch gemacht zu haben. Das musste ich mir schon von Plotz bei der Mordkommission immer anhören.“, sagte Kevin leise, während er die Ellbogen auf die Oberschenkel und den Kopf auf die Hände stützte. Dass er das gleiche auch hin und wieder, ungerechtfertigter Weise von seinem Vater hören musste, als er jung war, verschwieg er. Dafür spürte er Jennys Hand auf seiner linken Schulter, die sich langsam und sanft auf seiner Haut hin und her bewegte. Eine Geste des Trostes, die so viel mehr aussagte als irgendwelche Floskeln oder Ratschläge die keine waren. „Wer sagt denn, dass es falsch war, was ihr gemacht habt?“, meinte sie dann trotzdem.

    Kevins Blick fuhr herum zu Jenny, die neben ihm stand. Er blickte zu ihr auf und meinte: „Ehrlich. Hast du Angst? Hast du schlecht geschlafen?“ Jenny wog den Kopf hin und her, bevor sie ihn dann doch entschieden schüttelte… so, als müsste sie erst genau nachdenken. „Nein. Ich habe gut geschlafen.“ Und lächelnd fügte sie hinzu: „Vor allem die erste halbe Stunde.“ Kevin war erstaunt, wie Jenny es schaffte, bei ihm mit einem halben Satz sofort einen Großteil der schlechten Stimmung weg zu fegen und ihn ebenfalls zum Lächeln zu bringen. Sie war für den, oftmals so ernsten Polizist, wie ein kleines Wunder. „Nein, ernsthaft…“, sagte sie dann und fuhr sich mit der linken Hand über den Kopf. „Ich fühle mich nicht unsicherer als sonst auch. Vielleicht schießt er weiter wahllos. Vielleicht hat er auch einen Plan, und wir haben die Zusammenhänge noch nicht erkannt. Vielleicht liest er gar keine Zeitung und schaut kein Fernsehen… es gibt so viele Möglichkeiten.“ „Tja… sag das mal meinem Hasenfuß-Partner da drinnen.“, antwortete Kevin mit einer Handbewegung in Richtung der großen Glasfronten, hinter denen sich das Büro der beiden verbarg und fühlte sich durch Jenny in seiner Meinung bestärkt. Dann sah er nochmal zu ihr, sein Blick war genau auf Höhe ihres Oberkörpers. „Du hast aber trotzdem die Weste an.“, meinte er wieder lächelnd. „Ich bin doch noch nicht lange her. Im Gegensatz zu euch“, meinte Jenny kichernd… „Kann ich es mir noch nicht erlauben, Befehle der Chefin zu ignorieren.“ Wieder brachte sie damit Kevin zum Lachen.

    Es passierte in ganz schnell. Der Klang des Schusses war erst richtig in Kevins Gehörgang eingedrungen, als im selben Augenblick Jennys Shirt auf Höhe ihres Bauchnabels aufriss und ein leichter Blutnebel nach vorne stieß. Der junge Polizist zuckte unwillkürlich zusammen, während seine Kollegin vor Schreck und Schmerz laut aufschrie, und ihr sofort die Beine nachgaben. Ein starkes Brennen aktivierte alle Schmerzmechanismen ihres Körpers, noch bevor sie am Boden ankam, fuhr ihre Hand zur Schusswunde und presste sie dagegen. Schon benebelt, aber in Panik spürte sie sofort ihr warmes Blut an der Handfläche.
    Kevin sprang von dem Blumenkübel auf und schenkte dem schwarzen Audi, der viele Meter von ihnen entfernt auf der Autobahn entlangfuhr und anderen Verkehrsteilnehmer, von wo der Schuss kam, keinerlei Beachtung. Er wollte zwar im ersten Affekt, nachdem er den Schuss gehört hatte, sofort Richtung Auto springen, doch es zog im beinahe den Boden unter den Füßen weg, als er registrierte, wie Jenny neben ihm zu Boden sank. Er meinte sogar ein paar warme Blutspritzer auf seiner linken Wange zu spüren, weil sie direkt neben ihm stand, während er auf dem Blumenkübel saß. Als er jedoch einen Moment später wieder klar denken konnte, riss er sich sein Hemd vom Oberkörper, das er über seinem Shirt trug, kniete sich sofort neben die zitternde und stöhnende Jenny und presste es vorsichtig auf die blutende Schusswunde, nachdem er sanft ihre Hände weggezogen hatte. „Ganz ruhig.“, sagte er leise, aber mit zitternder Stimme zu seiner Kollegin, die gestern nach einem sehr schönen Abend halb auf ihm eingeschlafen war.

    Ein uniformierter Kollege, der gerade die Dienststelle verlassen wollte stoppte sofort, als er die Bescherung sah. Das laute: „Ruf einen Arzt!“, das von Kevin ausging war unnötig, den sofort griff der Mann zum Handy und wählte 110. Ben kam herausgestürmt, gefolgt von Paul, einem Streifenpolizisten und der Chefin, denn sie alle hatten drinnen den Schuss gehört. Anna Engelhardt schlug die Hände erschrocken vor den Mund, Paulsah geschockt zur Seite. Ben beugte sich sofort ebenfalls zu Jenny und Kevin. „Scheisse… wo ist er hin?“, rief er sofort. „Keine Ahnung… es ist von der Autobahn gekommen. Ich hab kein Auto gesehen.“, gab Kevin schnell zur Antwort. Er spürte Jennys Hand an seinem Bein, mit dem er neben ihr kniete, und ihre Finger bohrten sich krampfhaft in seine Haut. „Ihr kommt hier klar, okay?“, fragte sein Kollege noch schnell, bevor er aufstand und zu seinem Mercedes sprintete, um mit eilig auf die Autobahn zu kommen. Vielleicht verlor der Typ die Nerven und würde flüchten, wenn er den Wagen mit Blaulicht sah.
    Jennys hilfesuchender Blick, der erst zum Himmel gerichtet war, suchte nun Kevins Augen, der wiederum immer noch sein Hemd auf die Wunde hielt und nach dem Krankenwagen Ausschau hielt. Dabei flüsterte er leise: „Bitte nicht schon wieder… bitte nicht schon wieder.“

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    Einmal editiert, zuletzt von Campino (13. Oktober 2014 um 09:01)

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    • #39

    Hotel - 8:45 Uhr

    Semir atmete einmal tief durch. Seine Füße berührten den Rand, er schaute nach unten ins hellblau glänzende Wasser. Die Luft war noch etwas kühl, die Sonne hatte es noch nicht geschafft über den Rand des im Viereck gebauten Hotels den Gartenbereich zu erreichen, dementsprechend war auf Semirs nacktem Körper eine Gänsehaut zu sehen. Trotzdem überwand er die Kühle und den Drang, lieber wieder unter die Bettdecke zu kuscheln und sprang mit einem beherzten Sprung ins abgekühlte Wasser. Eigentlich war das Springen vom Beckenrand verboten, doch er hielt es für eine lustige Vorstellung wenn ausgerechnet André kommen würde, und ihn dafür ermahnen würde. Das Kälteempfinden setzte für die ersten Sekunden dem Polizisten richtig zu, doch er war noch nicht auf der anderen Seite des Beckens angekommen, da hatte sich sein Körper an die Temperatur gewöhnt, die Bewegung erwärmte ihn zusätzlich und zwei Bahnen später war das Wasser so warm, wie am nachmittag.
    Eine schlechte Nacht lag hinter dem Polizisten. Er hatte schlecht geschlafen, er hatte schlecht geträumt und er war viel zu früh aufgewacht. Die Gedanken an André, an die Situation in den Dünen, sie waren zu schwer um Semir wirklich zur Ruhe kommen zu lassen. Seine Gedanken im Bett wechselten zwischen Hoffnung, das ganze halbwegs aufklären zu können und auch etwas mehr über die Vergangenheit seines ehemaligen Partners heraus zu finden, Angst vor dem was er herausfinden könnte, Zweifel an André selbst und der Befürchtung, dass er über Nacht die Flucht ergreifen könnte, und Vertrauen, dass er eben dies nicht tun wird. Zwischen diesen Extremen schwankte Semir, wie auf einem Schiff, was so weit ging, dass er sich für einen Moment beruhigt ins Bett legte, weil er sicher war, dass André nicht Hals über Kopf seine Freundin hier sitzen lassen würde, und abhaute... und er nur wenige Minuten darauf halb angezogen war, um mit einem der Taxis zu seinem Haus zu fahren, um sicher zu gehen, dass er noch da ist.

    Nach 5 geschwommenen Bahnen hörte er ein Tapsen vom Beckenrand. Hin und kam ein Urlauber zum Pool und reservierte sich vor dem Frühstück eine Liege, doch diesmal hielt das Tapsen am Beckenrand an. Semir tauchte gerade auf, es dauerte einen Augenblick bis sich der Wasserfilm vor seinen Augen gelichtet hatte und er seinen Freund erblickte, der im Shirt und Badehose am Beckenrand hockte. Der Polizist schwamm mit kräftigen Zügen zu André, der ihn begrüßte. "Morgen. Ich hab kurzfristig einen Flug klarmachen können. Heute nachmittag um 1 Uhr nach Mallorca." Seine Miene war ernst, und die leichten Ränder unter seinen Augen verrieten, dass auch er schlecht geschlafen hatte. Semir nickte, es wurde ernst und André würde ihm die Info nicht geben, wenn er nicht wollen würde dass sein Freund mit kam. So blieb die Frage unausgesprochen, die Antwort ebenso. "Wann fahren wir hier weg?", fragte der Urlauber wie selbstverständlich, und duldete quasi keine Widerworte. "Um halb zwölf. Wir haben kein Gepäck was wir aufgeben müssen." Aus dem Wasser kam nickende Zustimmung, bevor André den Blick zum Balkon wandte, in dem Semir sein Zimmer hatte, und etwas unsicher wirkte. "Was ist mit Andrea? Und den Kindern?" Semir zog die Stirn ein wenig in Falten. "Was soll mit ihnen sein?" "Na, was wirst du ihnen sagen, wenn du plötzlich ein oder zwei Tage nicht da bist. Schließlich seid ihr hier im Urlaub." Oh Verdammt, schoß es Semir durch den Kopf. Er hatte André ja verschwiegen, dass er Andrea informiert hatte... jetzt musste er sich etwas überlegen... oder.
    Semir hatte die ganze Zeit Angst, dass André ihn anlog. Es wäre ein schwerer Vertrauensbruch gewesen, wenn doch mehr schlimme Dinge über André's Vergangenheit zu Tage käme. Und nun belog Semir seinen Freund selbst. Er wollte seine Familie schützen, doch wovor? André hätte fliehen können, er hätte Semir in den Dünen überwältigen können... Nein, André stand auf der richtigen Seite. "Ich... ich hab Andrea gestern abend alles erzählt." Eine Notlüge, um die Wahrheit zu offenbaren. "Sie ist mittlerweile so vieles gewohnt, da wird sie auch diesen zerstückelten Urlaub überleben.", fügte er noch grinsend hinzu. "Ich kann dir aber versichern, dass wir dann nächstes Jahr nicht nochmal hier her kommen." Auch André lächelte, erhob sich wieder und meinte: "Okay, dann sehn wir uns später." Bevor er endgültig ging, drehte er sich nochmal zu Semir um. "Übrigens: Das Springen vom Beckenrand ist verboten." Für einen Moment fühlte Semir sich 14 Jahre zurück versetzt.


    Autobahn - 8:45 Uhr

    Bens Hand, die sich um das Lenkrad klammerte, zitterte ein wenig vor Adrenalin. Verdammt, jetzt hat es doch jemanden von uns erwischt. In die große Sorge um seine Kollegin Jenny, die angeschossen wurde, mischte sich steigende Wut auf seinen Partner, der diesen Wahnsinn mit seiner unkonventionellen Maßnahme angeschoben hatte, und den Killer quasi auf die Beamten gelenkt hatte. Das Blaulicht blitzte vor seinen Augen, die Sirene dröhnte in sein Ohr, und er fuhr Kilometer um Kilometer auf der Überholspur, und wartete darauf, dass jemand vor ihm panisch ausscherte, und flüchten würde. Er wusste weder das Auto, nachdem er suchte noch gewisse Merkmale des Fahrers, auch wenn er hin und wieder nach rechts herüberblickte, wenn er an einem Auto vorbeifuhr. Der Schweiß rann ihm vom Haar über die Wange, es war stickig, schwül und nur der Fahrtwind durchs offene Fenster brachte ein bisschen sowas wie Erfrischung.
    Mittlerweile war er 20 km weit die Autobahn abgefahren, aber nichts tat sich. Der Attentäter war entweder vorher abgefahren, oder cool wie ein Eisblock weil er sich sicher war, nicht gesehen geworden zu sein. So konnte es ihm egal sein, dass Ben an ihm vorbeizog, und sich nicht um ihn scherte. Für den grauen Mercedes, der an ihm vorbeifuhr, hatte er nur ein müdes Lächeln übrig während er den schwarzen Audi in einer Kolonne langsam über die Autobahn bewegte.
    Ben gab auf. Er war ihnen wieder entwischt, immer noch hatten sie keine Hinweise, und immer noch war die potentielle Gefahr durch diesen Typen präsent. Er würde weiter schlecht schlafen, sich immer wieder umschauen und sich unsicher fühlen... und konnte nichts dagegen tun. Ausser diesen Wahnsinnigen endlich zu schnappen.

    Während er den Mercedes von der Autobahn herunterlenkte, um die nächste Auffahrt wieder in die umgekehrte Richtung aufzufahren, nahm er das Funkgerät in die Hand. "Cobra 11 an Zentrale.", meldete er sich und hatte sofort Paul am Funk, dessen Stimme sorgenvoll klang. Paul war ebenfalls einer der Streifenpolizisten in der Dienststelle, und besetzte den Funk, da Hotte und Dieter sich gerade in der Kleiderkammer befanden. Er war noch recht jung, aber ein tüchtiger Beamter, der mit seinem Arbeitseifer der Chefin gefiel, manch "gemütlicherem" Kollegen aber ein bisschen auf den Zeiger ging. Für gefährlichere Situationen war er eher nicht zu haben, und er wollte nach seiner "Streifenzeit" auch eher in den Innendienst zur Technik... Hartmut war sein Idol. "Zentrale hört." "Ben hier. Ich konnte ihn nicht finden. Was ist mit Jenny?" Ein kurzes Seufzen von Paul, und bei Ben zog sich der Magen zusammen, und er spürte eine Hitze, die dem Wetter um nichts nachstand. "Sie wurde gerade mit dem Krankenwagen abgeholt. Wir wissen überhaupt nichts, nur dass sie es sehr eilig hatten. Kevin ist mit ihr gefahren." Erstaunlich, dass Bens Puls bei Kevins Namen sofort anstieg, und er erst die Zähne aufeinander beißen musste. "Die Chefin ist übrigens ziemlich ungehalten.", setzte der junge Streifenbeamte noch hinzu. "Das darf sie gerne an dem Verursacher auslassen.", gab Ben ebenfalls ungehalten zur Antwort. "Ben...", sagte Paul ein wenig leiser, als wolle er nicht dass jemand mithört. "Was machen wir denn jetzt? Alle hier sind etwas verunsichert. Wir haben alle nicht damit gerechnet, dass der Attentäter tatsächlich auf uns anspringt." Er klang ein wenig ängstlich, und Ben konnte es ihm nicht verdenken. Der Junge war noch nicht lange in dem Beruf und spürte jetzt zum ersten Mal echte Gefahr. "Ich weiß es nicht, Paul. Wir müssen jetzt alles dran setzen, den Typen irgendwie zu kriegen, das ist die einzige Möglichkeit, die Gefahr zu beseitigen... und ausserdem muss Jenny jetzt erstmal gesund werden. In welches Krankenhaus wurde sie gebracht?" Paul tippte kurz etwas in den Computer, wobei er dort schnell und gewandt war und nannte dem Polizisten am Funk die Adresse der nahegelegenen Klinik, die Ben sofort ansteuerte.

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    • 14. Oktober 2014 um 08:26
    • #40

    Krankenhaus - 9:15 Uhr

    Ben ließ das Blaulicht am Auto an. Er hatte zwar keine dienstliche Veranlassung, sondern wollte lediglich so schnell wie möglich zu Jenny ins Krankenhaus, aber in so einem Falle legte er die Vorschriften gerne mal etwas großzügiger aus. Nur auf dem Krankenhausparkplatz zügelte er das Tempo ein wenig, jetzt noch einen Rollstuhlfahrer über den Haufen zu fahren wäre das Letzte, was er gebrauchen könnte.
    Im Laufschritt erreichte er den Empfang, die freundliche Dame dort verwies ihn sofort an die OP-Sääle, und Ben wurde mulmig. Man musste Jenny operieren, und er hatte ein beklemmendes Gefühl im Magen... es war pure Angst. Angst vor schlechten Nachrichten, Angst vor einer schlimmen Mitteilung. Der Weg zum OP kam ihm quälend lang vor, er schritt absichtlich am offenen Aufzug vorbei ins Treppenhaus, stieg ein Stockwerk nach oben und folgte der Beschilderung. Er rannte nicht, sonst wäre er von den umherlaufenden Krankenschwestern wohl ermahnt worden, er ging mit schnellen Schritten und spürte wie seine Sorge proportional mit seinem Zorn auf Kevin wuchs.

    Als er um die Ecke bog, sah er ihn bereits. Er lehnte an der Wand, hatte einen Fuß auf dem Boden, den anderen gegen die gleiche Wand gestellt, gegen die er lehnte. Die Arme hatte er verschränkt, er stand nur im Shirt da, weil er sein Hemd als Blutstiller missbraucht hatte... doch auch das Shirt hatte Spuren von dem schrecklichen Ereignis. Er blickte auf die Wand gegenüber von ihm, der Blick verloren, die Miene unbewegt ernst. Ben verlangsamte seinen Schritt, er versuchte aus Kevins Gesicht irgendetwas herauszulesen zu Jennys Zustand, doch es war unergründlich. Er schluckte den ersten provokanten Satz herunter, versuchte seinen Ärger erst mal zu unterdrücken und machte nur eine fragende Kopfbewegung in Richtung des jungen Polizisten. "Operieren noch." Jedes unnötige Wort vermied Kevin, und er antwortete ohne den Kopf auch nur geringfügig zu Ben zu drehen. War das jetzt noch resultierend aus dem Streit, den sie vor einigen Stunden hatten, oder war der Polizist einfach in eine Schockstarre verfallen. Ben wusste ja, oder er konnte es erahnen, dass sein Partner und die junge Kollegin sich näher gekommen waren. Ohne ersichtlichen Grund hatte Jenny sicherlich nicht darauf gedrängt, ihn zum Essen einzuladen. Und es machte Ben umso wütender, dass Kevin auch die junge Beamtin dieser Gefahr aussetzte, und nicht darüber nachdachte, was alles passieren kann, als sie sich zu dem Schritt entschlossen hatten, den Attentäter öffentlich zu provozieren. In seiner Wut übersah der Kommissar allerdings, dass er zwar nicht dafür gestimmt hat, aber auch eben nicht energischer dagegen. Er wollte einfach nicht den Chef, der er nicht war, raushängen lassen und auf seiner Meinung beharren. "Haben sie sonst noch was gesagt?", fragte er, und erntete nur ein abwesender, stummes Kopfschütteln.

    Ben ließ sich auf einen einsamen Stuhl, der auf der gegenüberliegenden Wand stand, nieder und wippte nervös mit den Beinen. Hin und wieder lief eine Krankenschwester oder ein Arzt vorbei, und jedesmal hofften beide Polizisten, dass sie endlich gute Nachrichten hatten. Dabei beobachtete der Polizist mit dem Wuschelkopf seinen Partner, und er konnte seine Wut nicht mehr in Zaum halten. "Wenn wir nur einen Menschen vor diesem Killer retten können, weil er auf uns schießt, statt auf einen Unschuldigen, dann hat sich die Gefahr gelohnt.", sagte Ben in den Flur, als sie für einen Moment alleine waren. Beide Männer blickten sich erst nicht an, als hätten sie nichts miteinander zu tun und Ben würde Selbstgespräche halten. Doch Kevin hörte den Satz, er spürte ihn und er kannte ihn... er hatte ihn selbst vor einer Stunde gesagt. Jetzt stand er hier und bangte um das Leben einer Kollegin, die er sehr mochte. Es versuchte innerlich verzweifelt, sich nicht dafür die Schuld zu geben. Es hätte jeden treffen können... es hätte auch mich treffen können... wir waren uns einig, es so zu machen. Doch tatsächlich spürte er, hatte er das Gefühl, dass sich jeder gegen ihn wendete. Er hatte das Gefühl, als würde die Chefin im Büro über ihn wüten, als würde Bonrath und Hotte den Kopf schütteln über seine Entscheidung. "Hat es sich denn jetzt gelohnt?", fragte Ben ein wenig schärfer und richtete den Blick auf Kevin, der geradeaus blickte... ohne Ziel, ohne festen Halt.
    Ben stand von seinem Stuhl auf, tigerte ein wenig durch den Flur. Kevins Schweigen schien ihn zu provozieren, als er seitlich von seinem Kollegen stehenblieb. "Jetzt ist es zu spät zu schweigen, Kevin. Warum kannst du einen Fehler nicht einfach eingestehen?", sagte er lauter, und der nackte Flur gab seine Worte wie in einem Hall ein wenig wieder. Langsam, wie in Zeitlupe schaute Kevin zu dem Mann herüber, der dicht neben ihm stand, und aus seinen blauen Augen sprach eine Kälte, die Ben innerlich, nicht äusserlich, ein wenig erschreckte. Er sah ihn nur an, als würde er warten ob noch ein Satz von Ben kam, seine Arme waren immer noch verschränkt und nichts an seinem Körper rührte sich.

    Ben dagegen konnte nicht lange still stehen, wieder wandte er sich ab und ging ein Stück im Flur entlang. Endlich fand Kevin die Stimme wieder, als er mit seiner monoton klingende Stimmlage sagte: "Wir haben vorher gewusst, dass es ein Risiko ist. Es hätte jeden treffen können." Nach dem Satz fuhr sein Kollege herum, kam wieder auf Kevin zu und rief: "Es HAT aber nicht 'jeden' getroffen, sondern Jenny. Die eigentlich, wie Bonrath und Hotte mit dem Fall direkt nichts zu tun haben." Ben kam nun in Rage, die Sorge um Jenny und die Angst um sein eigenes Leben ließ ihn nichts mehr objektiv betrachten. "Aber dass es auch Unbeteiligte treffen kann, war dir egal, als du dich bei anderen zu profilieren versucht hast.", warf er ihm vor, und jetzt löste Kevin die Verschränkung in seinen Armen, ging einen Schritt von der Mauer weg, und stellte sich Ben direkt gegenüber. Hätte man einen Gradmesser um eine Temperatur zu messen, was die Stimmung anging, so würde man den Minusrekord von -273 Grad weit übertreffen, und beide Männer waren so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie das "Klack-Klack" von Frauenschuhen auf dem Gang nicht hören konnten. "Meinst du das wirklich ernst?", fragte Kevin in ruhigem Ton, und Ben war sich nicht sicher ob es drohend oder verletzt klang. Auch er bemerkte nicht, dass sich Anna Engelhardt von hinten näherte, als er seinem Gegenüber laut an den Kopf warf: "Ich hoffe wirklich, dass du als Drogendealer besser warst als als Bulle." In dem Moment sah Kevin für einen Moment an Ben vorbei, konnte das erstaunte Gesicht der Chefin erkennen und war geschockt, was Ben ihm gerade an den Kopf geworfen hatte. Und er wusste in diesem Moment, dass die Chefin es hören konnte, und so war nun eh alles egal, als er seinen Blick auf Ben zurückrichtete. "Kein Wunder, dass du deine...", begann der nun, und stoppte gerade noch so... er war über seine Gedanken selbst geschockt. Das hatte er gerade nicht wirklich gedacht, geschweige denn ausgesprochen, dachte er für sich und spürte, dass er gerade völlig die Kontrolle verloren hatte.

    Die verlor jetzt auch Kevin, der sich in Gedanken den Satz selbst beenden konnte, und mit beiden Händen Ben's Kragen griff, der sich für einen Moment nicht mal wehrte. "Dass ich was?", zischte er mit drohendem Unterton. Jetzt griff die Chefin dann doch ein, nachdem sie den ersten Schrecken erstmal verdauen musste, und kam dicht an die Männer heran: "ES REICHT!", sagte sie nicht besonders laut aber mit deutlichem Nachdruck und ihrer natürlichen Autorität. Sie musste nicht mal Hand anlegen, den Kevin öffnete seine Hände um Bens Hemd nach einiger Verzögerung, und Ben selbst hatte beinahe schon einen geschockten Gesichtsausdruck, als ihm klar war, was er Kevin gerade alles an den Kopf geworfen hatte. Der wiederum wandte sich von seinem Partner ab und versuchte sein schlagendes Herz zu beruhigen, sein Zittern in den Händen unter Kontrolle zu bekommen.
    Die Chefin wollte gerade zur Standpauke ansetzen, als die Türen des OPs sich öffneten, und einige Ärzte das Bett herausschoben, auf dem Jenny lag. Sie war zugedeckt, hatte die Augen geschlossen und einen zweifachen Schlauch in der Nase. Ihre langen Haare lagen, wie frisch gekämmt um ihren Kopf, und sie war etwas bleich im die Nasenspitze. Alle drei Polizisten blickten stumm auf ihre Kollegin, die von Krankenschwestern geschoben wurde und die sofort abwiegelten, dass der Arzt sich gleich mit ihnen unterhalten würde. Kevins Gesichtsausdruck war leer, als er auf Jenny blickte, und sich an den gestrigen Abend zurückerinnerte, Ben fuhr sich beinahe verzweifelt durch die Haare. Beide Polizisten nahmen die Stimme ihrer Chefin war, ohne sie anzublicken. "Ihre einzige Chance, das Fadenkreuz von der gesamten Dienststelle zu bekommen, ist diesen Feigling endlich zu schnappen.", sagte sie mit strenger Stimme. "Und wenn sie es schon nicht für sich selbst tun... tun sie es für Jenny." Danach folgte sie den Krankenschwestern, während die beiden Polizisten stumm zurückblieben.

    Wenn Engel hassen

    Stürzen sie wie Steine aus dem Himmelszelt

    Wenn Engel hassen

    Fliegen sie als dunkle Vögel in die Welt

    Wenn Engel hassen

    Landen sie als schwarzer Schatten der uns quält

    Und nehmen Rache an den Menschen, die gefallen sind

    Wie sie.


    Subway to Sally - Wenn Engel hassen

    <3

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