Urlaub? Von wegen!

  • Kaum war Semir mit Tanja wieder bei den Schuberts angekommen, kam ihnen Seegers stürmisch entgegen. „Herr Gerkhan, Herr Gerkhan!“, rief er und Semir, der gerade dabei war auszusteigen, schaute in das Gesicht des Polizeichefs. „Soeben hat unsere KTU angerufen… wir haben Toms vollständigen Namen! Und was noch besser ist…“, fing der Mann an und machte eine dramatische Pause. „Ja?“, fragte Semir leicht gereizt über seinen Kollegen. „Die anderen beiden Gangster, die mit diesem Tom da waren, stehen in seiner Akte als Mithelfer bei mehreren kleinen Delikten! Ich habe gleich noch zwei Fahndungen nach denen rausgegeben!“, prahlte Seegers und Semir nickte. Immerhin kamen sie schon etwas weiter voran! „Wie heißen die drei denn ganz?“, fragte er und betrat erstmal gefolgt von Tanja und seinem Kollegen aus Bayern das Haus. „Moment… ah ja hier… ähm… Tom Andritz, 25 Jahre alt, Paul Latze, ebenfalls 25 und Timo Heuert, 26 Jahre alt. Alle drei sind laut Akte wie gesagt schon öfters Komplizen gewesen und sie stehen sich wohl sehr nahe…“, erklärte der Polizist und Semir nickte. Gute Neuigkeiten waren das auf jeden Fall! So konnten sie eventuell die zwei restlichen noch festnehmen… dann fehlten nur noch Ralf und Max, und natürlich der Drahtzieher des Ganzen, vermutlich Dr. Sasha Thiel. „Sind die Adressen auch mit angegeben?“, erkundigte sich der türkischstämmige Kommissar und Seegers nickte freundlich. „Dann fahren wir erst zu diesem Thiel und befragen ihn, danach geht’s dann mit weiteren Kollegen zu Paul und Timo!“, bestimmte dieser. Semir stimmte zu und nachdem sich eine Polizeistreife vor dem Haus der Schuberts positioniert hatte - natürlich kein Polizeiwagen sondern ein Zivilfahrzeug - fuhren die beiden Polizisten los.
    Nach einer halben Stunde Fahrt in Semirs BMW, der dann auch noch zu allem Übel getankt werden musste, waren die zwei bei der Villa von Thiel angekommen. Sie klingelten und hielten ihre Ausweise bereit, als ihnen schließlich ein kräftiger Mann aufmachte. „Gerkhan und Seegers von der Autobahn… ähm von der Polizei!“, korrigierte sich Semir sofort und hielt dem Mann seinen Ausweis unter die Nase. „Sind Sie Herr Thiel?“, fragte nun Seegers und der Mann schüttelte den Kopf. „Ich bin der persönliche Leibwächter von meinem Boss, Jim Fischer“, stellte er sich vor und ließ die Männer nach kurzem Zögern hinein. „Was ist denn Ihr Anliegen?“, fragte er freundlich und geleitete die beiden durch verschieden Räume. „Wir haben die dringenden Verdacht, Herr Thiel könnte etwas mit einer Entführung zu tun haben…“, äußerte sich Semir nur kurz und Jim schwieg. Was hätte er auch sagen sollen? Stimmt, mein Boss ist ein Schwerverbrecher? Jedenfalls kamen sie nach gefühlten tausend Treppen und Räumen zu einem großen Arbeitsraum, wo ein Mann auf seinem großen Sessel saß. „Boss? Gerkhan und Seegers von der Polizei, die beiden wollten dringend mit Ihnen sprechen. Ich warte draußen!“, erklärte der Leibwächter knapp und verließ anschließend den Raum. „Worum geht’s denn, meine Herren?“, fragte Thiel freundlich. ‚Dem wird das Lachen noch vergehen!‘, dachte Semir grimmig und legte drauf los.


    Max saß immer noch in seinem kleinen Gefängnis und wartete auf… ja, worauf wartete er eigentlich? Darauf, dass er bald starb? Dass er freigelassen wurde? Dass das nächste Essen kam? Denn er hatte schon wieder Hunger, wie er feststellen musste… Es regte sich nichts, bis er jedoch Stimmen vernahm. Die von Jim und dem Boss und… Moment, die anderen kannte er nicht! Es war nicht Ralf, auch nicht Paul oder Timo! War das seine Chance um Hilfe zu rufen, um endlich hier rauszukommen? Er versuchte es. „Hilfe!“, schrie er. Aber hörte ihn überhaupt jemand?

  • Samstag, 11:30 Uhr
    Tumult


    Semir unterbrach seine Anklage gegenüber Thiel und hielt inne. War da eine Stimme? Hatte er nicht gerade einen Hilferuf gehört? Oder war das eine Einbildung? Da, schon wieder! Diesmal hatte er sich das nicht eingebildet. „Seegers? Hören Sie das?“, fragte er seinen Kollegen, aber der schüttelte den Kopf. „Was denn? Ich hör nix…“, verneinte er, aber Semir war sich ganz sicher. Da hatte wer um Hilfe gerufen! „Herr Thiel… wo ist mein Partner?“, fragte er den Angeklagten grimmig. „Wie gesagt, ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen. Ich habe weder irgendein Mädchen, wie Sie meinen, entführt, noch Ihren Partner“, verteidigte sich der Mann. „Einen Moment…“, meinte Gerkhan und stand auf. „Was…?“, fing Seegers an, doch Semir ließ ein leises „Psst!“ heraus. Da, ganz leise, aber immerhin, ein Hilferuf. Semir trat aus dem Raum und ging nach rechts. „Herr Gerkhan, wo wollen Sie hin? Das ist mein Haus und…“, rief Thiel ihm hinterher, aber Semir reagierte nicht. Er wollte den Hilfesuchenden finden… falls es nicht doch seiner Einbildung entsprang.


    „Hilfe!“ Max schrie und schrie und schrie. Aber niemand kam, niemand klopfte an die Tür, nichts... und dann plötzlich hörte er ein Kratzen an der Tür, als ob jemand versuchen würde, die Tür aufzubekommen. „Ja, hier, ich bin hier!“, rief er und hämmerte weiter gegen die Tür. Dann vernahm er eine Stimme. „Max, du hältst sofort die Schnauze oder ich komme rein und fessle dich!“, knurrte Jim durch die Tür und Max Hoffnung sank. „Du kannst mich mal!“, rief er und hämmerte weiter. Dann wurde die Tür geöffnet und der Leibwächter trat mit Seil und Panzerband ein. „Du hast es ja nicht anders gewollt“, grinste er hämisch und fesselte den hilflosen Max. „Jetzt bist du hoffentlich still, bevor die Bullen dich bemerken!“, meinte Jim nur noch, dann verließ er den kleinen Raum. Bullen? Hatte Max da richtig gehört? Irgendwie musste er sich weiterhin bemerkbar machen… aber wie?


    „Gerkhan, was machen Sie denn…?“, fragte nun auch Seegers und Semir stand unschlüssig im Flur herum. „Ich bin mir ganz sicher, dass ich Hilferufe gehört habe…“, sagte Semir trotzig und lauschte weiter. Aber da war nichts mehr, kein Hämmern, kein Rufen, kein nichts. „Ich glaube, Sie sollten Ihren Kollegen mal glauben, Herr Gerkhan. Ich habe keine Ahnung, was Sie da gehört haben, das waren bestimmt die alten Wasserrohre, die quietschen nämlich manchmal!“, grinste der Doktor und Semir warf ihm einen bösen Blick zu. „Sie werden mich wiedersehen! Das schwöre ich Ihnen! Und nächstes Mal werde ich Sie nicht laufen lassen, da werde ich nämlich einen Haftbefehl haben, Dr. Thiel!“, sagte Semir zornig, murmelte ein leise „Tschüss“ und machte sich auf den Weg nach unten, um die große Villa zu verlassen. „Entschuldigen Sie meinen Kollegen, der Fall geht ihm ziemlich nahe!“, entschuldigte sich Seegers, zuckte mit den Achseln, verabschiedete sich und ging ebenfalls die Treppen hinab.
    Kaum hatte Seegers Semir bei seinem BMW eingeholt, sprach er ihn sofort auf sein Verhalten an. „Was sollte das denn da drin?“, fragte er konkret und Semir, der immer noch wütend war, antwortete: „Haben Sie das nicht gehört? Es waren Hilferufe! Ich wette dieser Thiel hat Tanja damals entführt und Ben nun auch! Das ist passiert!“ Wütend und voller Sorge um seinen Partner stieg Semir ein und Seegers folgte ihm. Dann fuhren sie los zu Timo Heuerts Haus.

  • „Hmmm! Hmmhmm!“, machte Max durch das Panzertape hindurch. Er strampelte hin und her und versuchte seine Hände und Füße frei zu bekommen, aber es war sinnlos. Niemand hörte ihn und die Stimmen waren auch wieder weg. Stille. „Fuck!“, klang es gedämpft durch das Panzertape und Max krabbelte zur Wand, um sich anzulehnen. Dort angekommen ließ er sich auf den Hintern fallen - er war auf Knien gerutscht - und starrte ins Leere. Er wusste nicht, was kommen würde, geschweige denn, was der Boss mit ihm anstellen wollte. Nach dem Mordversuch war alles möglich. Wieso hatte er nicht einfach früher abdrücken können? Wieso war Ralf dazwischen gegangen? Es hätte so viel anders laufen können, aber das tat es nicht. Jetzt saß Max hier, grübelte über seine Taten noch und hatte Hunger. Sein Magen rebellierte schon seit einiger Zeit. Aber Jim hatte wohl nicht allzu viel Gnade mit ihm, denn er kam nicht. Somit auch kein Essen… Frustriert wartete Max auf weiteres…


    „Ich weiß, dass er es war! Das war Ben, der da gerufen hat! Ich habe doch die Rufe gehört! Sie waren da!“, beteuerte Semir und raste weiter um die Autofahrer auf der Autobahn herum. „Das mag ja sein, dass du was gehört hast, Gerkhan, aber ich nicht!“, sagte Seegers und schaute weiter aus der Frontscheibe, leicht festgekrallt am Sitz wegen Semirs Fahrstil. ‚Ach, jetzt duzen wir uns also schon…‘, dachte Semir mürrisch und nahm die nächste Abfahrt. Laut Navi würden sie in fünf Minuten an Timos Haus sein. „Hoffentlich ist der Arsch da…“ Grimmig bog Semir schließlich in die gewünschte Straße ein und machte den Motor des BMW aus. „Da vorne, das weiße Haus… das ist es!“, meinte der Bayer und stieg aus. „Alles klar…“ Semir stieg ebenfalls aus und schlich, nachdem er seine Waffe an seinem Bein entsichert hatte, was ihm von Seegers einen anerkennenden Blick einbrachte, an der Mauer entlang zum Zielort. Vorsichtig spähte er in die Fenster, konnte aber keine Person ausfindig machen. „Los!“, zischte Semir und rannte an die undurchsichtige Haustür, Seegers folgte ihm genauso schnell. „Klingeln oder öffnen?“, fragte der kleine Kommissar und Seegers zog die Augenbrauen hoch. „Bitte was?“, fragte er verdutzt und Semir schüttelte leicht grinsend den Kopf. „Also öffnen“, übernahm er die Entscheidung, trat ein paar Schritte von der Tür weg und trat sie schließlich ein. Für Seegers blieb keine Zeit zum Tadeln, sondern er folgte Semir in das kleine Haus.


    Samstag, 13:15 Uhr
    Um Verstärkung wird gebeten!


    Eben noch saß Timo vor seinem Fernseher und sah sich eine Doku-Serie über Vögel an, als auch schon mit einem lauten Knall die Tür eingetreten wurde. „Timo Heuert, Polizei!“, brüllte eine Stimme von der Haustür her. Schnell sprang der Mann vom Sofa auf und wollte gerade aus der Terrassentür sprinten, aber Semir war schneller. Er hatte den Mann sofort entdeckt und war zu ihm gerannt. Und als dieser dann abhauen wollte, schmiss sich der kleine Kommissar auf den Flüchtigen. „Hier geblieben, mein Freund!“, mahnte er Timo und der ließ sich problemlos die Handschellen anlegen. „Ich nehme Sie fest mit dem Verdacht auf Entführung und schwerer Körperverletzung an einer 16-jährigen!“, sagte Semir grimmig und führte zusammen mit Seegers Timo zu seinem BMW. Dort setzte er den Verbrecher auf die Rückbank. „Ich hol dann mal die Kollegen“, sagte Seegers und kurz darauf kamen die per Funk gerufenen Kollegen und nahmen Timo mit auf den Weg zum Revier, um ihn verhören zu lassen. „Weiter zu Herrn Latze!“, freute sich Semir, weil er immerhin einen Täter schon festgenommen hatte.




    So... mal sehen wie es weitergeht! Ich versuche Mitwwoch nochmal was reinzustellen und dann sind ja erstmal Zeugnisferien!

  • Nach 20 Minuten Fahrt waren die beiden auch bei Paul angekommen. „Da vorne… hoffen wir, dass der auch da ist“, meinte Semir und machte den Motor aus. „Also wieder so wie vorhin?“, fragte Seegers und schmunzelte. „Ja, wenn das kein Problem ist“, grinste Semir und stieg aus. Schnell schlichen die beiden wieder an die Hauswand. „Los…“, murmelte Semir und diesmal trat Seegers die Tür ein. Die ging mit einem Scheppern auf und prallte gegen die Innenwand. „Polizei! Paul Latze, kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!“, brüllte Semir und ging mit entsicherter Waffe durch das Haus.


    „Scheiße!“ Paul sprang auf, rannte zur Terrassentür und verließ auf schnellem Fuß sein winziges Anwesen. ‚Renn, renn, renn!‘, dachte er nur. „Mein Auto!“ Der Gedankenblitz kam schnell und so kletterte er schnell über den kleinen Zaun und sprintete zu seinem Wagen. „Geh an!“, schrie er ihn an, als er sich auf den Fahrersitz schmiss. „Komm schon…“ Nach kurzem Stottern hörte man schließlich das Brummen des Motors und kurz darauf quietschende Reifen, als Paul von der Einfahrt fuhr. Schnell wählte er die Nummer von Thiel und machte sich auf den Weg zur Autobahn. „Boss! Wir sind aufgeflogen! Eventuell ist Timo schon gefangen genommen worden! Wir müssen uns treffen, aber erst hänge ich die Bullen ab!“, rief er in sein Smartphone, legte auf und fuhr mit überhöhten Tempo auf die anliegende Autobahn.


    „Latze!“, schrie Semir nochmal und da hörte er wie eine Tür krachend ins Schloss fiel. „Er ist draußen!“, schrie er in Seegers Richtung und rannte wieder aus dem Haus heraus. Gerade noch hörte Semir wie ein Motor unter Geschimpfe angeschmissen wurde und dann sah er einen kleinen Golf davonrasen. „Seeger, er haut ab!“, rief er und wie auf Kommando trafen sich beide beim BMW. Semir stellte das Blaulicht und die Sirene an und brauste ebenfalls los. „Seegers an Zentrale! Wir verfolgen einen dunkelgrünen Golf mit dem amtlichen Kennzeichen GAP-L-1275 in Richtung A95! Tatverdächtiger im Entführungsfall Schubert! Wir bitten dringend um Verstärkung! Ende!“, sagte Seegers in das kleine Funksprechgerät. „Na dann mal los“, grinste Semir und trat aufs Gas. Er wollte Paul um keinen Preis verlieren! Doch leider würde alles anders kommen…


    „Ich hab Hunger!“ Ben hämmerte gegen die dicke Stahltür. „Hey! Ist da wer? Hey!“, rief er und schlug weiter auf die Tür ein. Bens Magen rebellierte und gluckste ständig und durstig war er auch. Nur leider konnte Ben nicht wissen, dass niemand da war. Niemand. Keine Menschenseele. Tom war tot, Timo festgenommen, Paul auf der Flucht vor Semir und Seegers, Dr. Thiel war mit Jim in seiner riesigen Villa, Max gefangen so wie Ben selbst und Ralf trieb sich in der Gegend rum. Doch dies alles wusste Ben nicht. Er sprach sogar in die Kamera und bat um ein einziges Glas Wasser, aber niemand kam. „Bitte…“, flehte Ben, „bitte…“ Wenn das so weiter ging, würde er verhungern oder sogar verdursten! Immerhin könnte er Wasser aus der Toilette trinken, was ihm nicht gerade gefiel, aber um nicht zu verrecken, würde er alles tun. Bens Kehle war wie ausgetrocknet und mittlerweile wurde ihm auch etwas schwindelig. Das Frühstück lag nun circa mehr als 7 Stunden zurück und Ben, der immer gern viel trank und vor allem aß, kam dies nun besonders schwer zu schaffen. Irgendwo hatte er mal gelesen, dass man bis zu 3 Liter am Tag trinken sollte… Darauf musste er wohl oder übel verzichten…

  • Samstag, 15 Uhr
    Der Tod kommt leise… oder laut


    „Person nähert sich dem Haus.“ Die Zivilpolizisten gaben den Spruch an ihren Kollegen im Hause Schubert weiter. „Alles klar“, erhielten sie als Antwort durch den Kopfhörer. Der Mann klingelte am Haus der Schuberts. „Bereit machen!“ Die Zivilpolizisten entsicherten ihre Waffen und fassten sich auf das Schlimmste. „Öffnen“, kam dann der Befehl und tatsächlich wurde fast augenblicklich die Tür geöffnet. „Wer sind Sie und was wollen Sie?“, hörte man es durch das Mikro fragen.


    Tanja und Schubert saßen zusammen auf dem Sofa. Sie hatten den ganzen Tag dort gesessen und nichts anderes gemacht, als abgewartet. Tanja war ja nun in Sicherheit, dafür war aber Jäger gefangen genommen worden. „Tanja, es tut mir alles so Leid!“, beteuerte Schubert zum gefühlten hundertsten Mal. „Ich weiß, Papa, ich weiß… hätten wir uns damals im Auto nicht gestritten, dann wäre der Unfall nie passiert, du hättest nicht die Frau von diesem Thiel umgebracht und ich wäre nicht gefangen genommen worden, während du im Krankenhaus lagst. Und…“ Doch Tanja wurde unterbrochen von dem Polizisten, der sie die ganze Zeit über bewachte. „Da steht jemand vor der Tür. Ich mache auf, halten sie beide sich also für alles bereit, alles klar?“ Tanja und ihr Vater, der sich automatisch vor seine Tochter gesetzt hatte, nickten. Der Mann ging zur Tür atmete einmal tief durch, zog seine Waffe und öffnete. „Wer sind Sie und was wollen Sie?“, fragte er den Mann, der ihm nun gegenüber stand.


    „Na los! Tritt drauf!“ - „Ja doch, was glauben Sie, was ich hier mache?“ - „Links… Rechts… Achtung!“ Semir umlenkte die Autos auf der Autobahn. „Da vorne!“, sagte Seegers dann immer, rief irgendwelche Richtungen vor und wackelte wie wild auf seinem Sitz hin und her. „Sag mal, waren Sie überhaupt schon mal auf einer Verfolgungsjagd?“, fragte Semir grinsend. „Ja... aber nicht sehr oft“, erwiderte dieser. Semir nickte. Allein das Verhalten des Bayern hatte dies quasi bewiesen. Gerade als der Deutsch-Türke einen blauen Touran überholte, kam die Funkmeldung. „Hier Wagen 3! Wir nehmen die Verfolgung auch auf!“, kam es aus dem Lautsprecher. „Wagen 7 und 11 ebenfalls!“, tönte es. „Seegers hört! Alles klar, wir verfolgen weiter den Verdächtigen!“ Nach kurzer Zeit waren sie direkt hinter dem Golf von Paul. „Na dann schießen Sie mal!“, meinte Semir zu seinem kurzzeitigen neuen Partner. „Wie? Jetzt?“ Verwirrt schaute der Mann auf den Tacho, der 130 zeigte und dann nach vorne. „Ja nun los!“, murrte Semir und überholte ein weiteres Fahrzeug. Der Golf raste immer weiter, bremste andere Fahrer ab und fuhr immer wieder Zickzack. Semir wollte Ben unbedingt zurück. Deswegen musste er Paul einholen… er wollte Ben finden, ihn in die Arme schließen, seinen Freund bei sich haben. Der wüsste jetzt, was zu tun war. Ben wüsste jetzt, dass er schießen musste. Ben würde es wissen. Er würde Semir kennen, seine Schwächen, seine Stärken und andersherum. Er konnte nur hoffen, dass es seinem Partner und besten Freund gut ging…Einen Blick in den Rückspiegel zeigte Semir, dass die ersten Polizeiwagen angekommen waren. Und mittlerweile hatte Seegers seine Waffe gezogen und schnallte sich ab. Langsam ließ er das Fenster des BMWs herunter und lehnte sich etwas hinaus. „Auf die Reifen!“, riet ihm Semir noch und dann fing der Dienststellenleiter an zu schießen.

  • „Weg da! Na los!“
    Links, rechts, um ein Auto und dann noch eins und noch eins und noch eins. Paul umfuhr die Autos mit Höchstgeschwindigkeit und tat immer wieder einen nervösen Blick in den Rückspiegel. Der BMW war immer noch hinter ihm. Wie sollte er die Bullen bloß loswerden? Nach einem weiteren Blick in den Rückspiegel musste Max mit voller Erschrecken feststellen, dass sich immer mehr Polizeiwagen einreihten und dass einer der beiden Cops sich nun aus dem Fenster lehnte… mit einer Waffe in der Hand! „Scheiße!“, fluchte Max und drückte noch mehr auf das Gaspedal.
    Und dann passierte es…



    Bamm, bamm, bamm, bamm…
    Schüsse fielen, Scheiben klirrten, Reifen quietschten, Metall knirschte…
    Schimpfen. Fluchen. Schreien…
    Der Schrei des Entsetzens… des Schmerzes…
    Und dann der Knall, die Explosion, die endlose Dunkelheit...
    Der Tod…



    Plötzlich überschlugen sich die Ereignisse. Eben noch umkurvte Paul die Autos auf der Autobahn und im nächsten Moment verlor er die Kontrolle über den Wagen. Nachdem Seegers den einen Reifen getroffen hatte, traf er auch noch die Heckscheibe. Damit hatte Paul auf keinen Fall gerechnet. Er riss das Lenkrad herum und krachte in die Leitplanke. Der Wagen durchbrach diese und fuhr den Hügel an der Autobahn hinunter. Und als wäre das noch nicht genug, fing der Wagen unglücklicherweise an sich zu überschlagen. Einmal, zweimal, dreimal! Nach dem sechsten Mal war das Auto unten angekommen und regte sich nicht mehr…


    Semir registrierte alles wie in Zeitlupe. Schnell fuhr er auf den Standstreifen, legte eine Vollbremsung hin und ließ den leicht geschockten Seegers in seinem Dienstwagen sitzen. Dann sprang er über die Leitplanke und wollte hinunter zum Auto laufen, doch das Schicksal wollte es anders. Mit einem lauten Knall explodierte der Wagen und Semir wurde zurückgeschleudert. Paul, der zweite und wichtigste Anhaltspunkt - Timo war ja auch noch da - zu Ben, war tot.

  • Nachdem ich das ganze Wochenende im schönen Hamburg war, gehts jetzt hier weiter! Eigentlich wollte ich den Teil schon Freitag posten, bin aber irgendwie nicht zu gekommen ^^



    Samstag, 16:15 Uhr
    Verzweiflung


    „Ahh…“ Semir hielt sich den Kopf, sein Rücken und sein linker Fuß schmerzten. Durch die Explosion wurde der Deutsch-Türke weggeschleudert und er kam recht ungünstig auf dem Abhang von der Autobahn runter auf. Stöhnend stand er auf und dann fiel sein Blick auf den brennenden Wagen. „Scheiße“, murmelte er. Plötzlich stand Seegers neben ihm. „Alles okay?“, fragte er Semir und der nickte. „Nur ein paar blaue Flecken, was man von Paul nicht behaupten kann“, antwortete Semir nur und nickte Richtung Wagen. „Tja…“, meinte Seegers und schaute geschockt zu dem brennenden Ding. „So war das wohl nicht geplant, ne?“, versuchte er die Stimmung aufzubessern, aber Semir war in seinen Gedanken vertieft. Jetzt hatten sie nur noch Timo und natürlich Ralf und Max, die nirgends auffindbar waren, um den Weg zu Ben zu finden. „Rufen Sie die Spurensicherung…“, sagte Semir schließlich und Seegers zückte sein Handy. Moment… Handy? Hatte Paul nicht, als er geflohen war, telefoniert? Na klar! Semir hatte es durch die Heckscheibe gesehen! Jetzt mussten sie nur hoffen, dass das Handy noch intakt war… und dann konnte man den Anrufer ermitteln! „Das ist die Idee!“, strahlte Semir. Der Bayer schaute den Mann fragend an und schon hörte und sah man Martinshorn und Sirenen.


    „Wer sind Sie?“, fragte der Polizist den Mann vor der Haustür der Schuberts erneut. „Sind die Schuberts da?“, fragte der mysteriöse Mann stattdessen. „Beantworten Sie endlich meine Frage!“, rief der Polizist und richtete seine Waffe auf die Brust des Mannes, der nur wenige Schritte vor ihm stand. „Tanja… geht es ihr gut? Und ihrem Vater?“ Der Mann stellte immer weitere Fragen und so langsam wurde es dem Bullen zu viel. „Wenn Sie mir nicht sofort sagen, wer Sie sind, knall ich Sie ab!“, drohte er und machte einen Schritt in Richtung Unbekannten. „Ich… ich bin Ralf Schmitt“, sagte der schließlich und sowohl der Polizist, der in der Tür stand, als auch die beiden im Streifenwagen sogen die Luft ein. Sie hatten soeben einen der gesuchten Entführer von Schuberts Tochter vor sich stehen!


    „Mist!“, fluchte Thiel und ging weiterhin auf und ab. „Timo ist festgenommen worden und Paul wohl auch!“ Jim beobachtete seinen Boss und dachte nach. „Wenn die jetzt das Handy von Paul untersuchen und die Nummer von Ihnen sehen, dann…“, vermutete der Leibwächter und der Doktor nickte. „Ja, ich weiß…“ Nachdenklich starrte er aus dem Fenster hinunter in die kleine Stadt und den Wald dahinter. „Hol Max und pack ein paar Sachen… wir müssen für etwas längere Zeit untertauchen!“, kommandierte Thiel schließlich und Jim nickte. Bevor er jedoch seinen Taten nachging, fragte er noch kurz: „Und was ist mit Ralf? Und vor allem… was machen wir mit diesem Bullen: Ben Jäger?“ „Ralf wird schon ohne uns klarkommen! Jedenfalls hoffe ich, dass er nicht genauso blöd ist wie Tom, Timo und Paul und nichts weitererzählt, falls er gefasst werden sollte! Denn dann schwöre ich, knall ich sie alle persönlich ab! Und der Bulle… der wird wohl alleine überleben müssen“, drohte der Boss und grinste hämisch bei dem Gedanken, dass dieser Jäger wohl gerade am Verhungern war!
    Kurze Zeit später waren die wichtigsten Klamotten und andere Sachen gepackt, Bargeld wurde eingesteckt und Max lag, ebenfalls wie der Koffer, gefesselt hinten im Kofferraum. „Wo geht’s hin?“, fragte Jim und setzte sich hinters Steuer des schwarzen Jeeps. „Zu meinem Flugzeug! Wir werden ein paar schöne Wochen in Südtirol in Österreich verbringen“, lachte Thiel und brummend fiel der Motor an.

  • Mittlerweile war es fast 18 Uhr. Ben lag auf seiner Matratze und rieb sich den Bauch, der nun schon seit gefühlten 1000 Stunden knurrte. Er hatte fürchterlichen Hunger, denn sein letztes Essen lag schon mehrere Stunden zurück. Ben vermutete bereits, dass niemand kommen würde. Weder heute noch morgen noch übermorgen. Sie hatten ihn einfach vergessen! Oder… genau, das musste es sein! Semir hatte alle schon festgenommen und befragte sie gerade, wo er, Ben, stecken würde! Das musste es sein! Oder die Gangster wollten ihn einfach leiden lassen… Ben stöhnte auf. Es sollte doch nur ein schöner Erholungsurlaub mit Semir werden und stattdessen lag er jetzt in irgendeinem Bunker, sein Magen knurrte und niemand war da. „Semir…“, murmelte Ben und schloss vor Ermüdung die Augen. Die ganze Zeit hatte er versucht sich einen Weg aus diesem Gefängnis zu suchen. Er hatte sogar mit der Gabel an den Wänden rumgeprokelt, um vielleicht irgendeinen lockeren Stein zu finden, aber es war sinnlos. Dann fielen dem hungernden Ben einfach die Augen zu und nach kurzer Zeit lag dieser schon in einem tiefen Schlaf.



    „Krüger?“ - „Ja, Semir hier!“ - „Haben Sie Jäger gefunden?“ - „Nein… aber wir haben einen Hauptverdächtigen fassen können und wollen ihn gleich verhören!“ - „Das ist gut… Semir, Sie sagten doch, dass es fünf Entführer waren oder? Was ist mit denen?“ - „Tja, da gibt es so einige Probleme… wie ich schon sagte, ist dieser Tom Andritz ja tot… Ralf Schmitt und Max, dessen Nachname nun immer noch nicht bekannt ist, sind nirgends auffindbar, Timo Heuert sitzt in U-Haft - wir verhören ihn gleich - und Paul Latze, nun ja… der hatte leider einen tödlichen Autounfall plus Explosion…“, schilderte Semir der Chefin schließlich und die atmete am Handy erstmal tief durch. „Okay… dann verhören Sie jetzt bitte diesen Heuert und ich werde weiter hier rumsitzen… ohne Sie und Jäger ist hier nämlich gar nichts los“, beteuerte sie und Semir musste etwas schmunzeln, bevor er wieder an Ben dachte. „Alles klar… bei neuen Details melde ich mich wieder“, sagte Semir noch und legte auf. Kim fuhr sich am anderen Ende der Leitung mit den Händen durchs Gesicht. „Ben, wo stecken Sie nur…?“, murmelte sie und diesmal wählte sie eine Nummer und zwar die von der KTU. „Hartmut? Ja, ich wollte Sie auf den neusten Stand bringen.“
    Nach einem langen Gespräch legte Kim dann auf. Zu gerne würde sie die beiden Hauptkommissare wieder beschimpfen, in ihr eigenes Büro bei der Autobahnpolizei einziehen und alles so lassen, wie es zuvor auch war. Wäre nur der Polizeipräsident nicht auf die Idee gekommen, das Revier zu erneuern, dann wäre es nie so weit gekommen. Aber die PAST brauchte wirklich einen neuen Anstrich.
    Seufzend und voller Sorge um ihre beiden besten und teuersten Männer wandte Kim sich wieder den Akten auf ihrem Schreibtisch zu.

  • Samstag, 21:30 Uhr
    Sag‘s mir!


    „Timo Heuert, wer ist Ihr Boss? Und sagen Sie uns endlich, wo mein Partner ist!“ Nachdem Semir und Seegers die Unfallstelle verlassen hatten, waren sie sofort zum Revier gefahren und hatten begonnen den einen Hauptverdächtigen zu verhören. Leider stellte sich dies schwieriger heraus, als einer Maus einen Handstand beizubringen. Denn Timo schwieg und hatte bisher nicht ein einziges Wort gesagt. Und das gefiel Semir überhaupt nicht. „Verdammt, Timo!“, schrie er, „wir werden ein gutes Wort für Sie einlegen, wenn Sie uns sagen, wo Ben Jäger ist und wer das alles veranstaltet hat.“ Aber nichts wirkte. Timo saß schweigend vor den beiden Polizisten und starrte Löcher in die Luft. Er machte noch nicht einmal ein lautes Aufatmen oder so. Nichts. Nix. Gar nichts. Semir wurde es langsam echt zu bunt. Ben war nun schon fast 24 Stunden verschwunden und keiner wollte ihm verraten, wo er war. „Passen Sie mal auf! Ich…“, fing Semir wieder erneut an, als plötzlich ein anderer Polizist in den kleinen Verhörraum gestürmt kam. Semir erkannte ihn sofort, es war einer der drei, die die Schuberts bewachen sollten. „Was ist passiert?“, stellte Semir sofort die Frage und malte sich schon die schlimmsten Szenarien aus. Eine neue Entführung Tanjas, wenn nicht sogar ihr Vater oder… „Wir haben Ralf Schmitt fassen können!“, strahlte der Uniformierte und abrupt endeten Semirs Gedankengänge. Auch Seegers schaute erstaunt. „Bitte was?! Wie habt ihr das denn angestellt?“, fragte der Bayer überrascht und als Antwort bekam er ein aufgeregtes: „Er stand einfach plötzlich vor der Haustür und hat nach Tanja gefragt!“ Semir seufzte genervt. „Und warum informiert uns dann bitte keiner?“, fragte er aufgebracht. „Ich dachte… wir… also…“, stotterte der Uniformierte und Semir winkte ab. „Ist ja auch egal… wo ist Schmitt?“, fragte er und stand auf. „Zu Ihnen werde ich später zurückkehren, Timo“, mahnte er den Entführer noch, bevor er den Raum verließ. Seegers würde sich erstmal alleine mit Timo unterhalten müssen.


    „Hier.“ Nachdem der Polizist Semir zum anderen Verhörraum gebracht hatte, verschwand er wieder und Semir trat ein. Er atmete einmal tief durch. Tatsächlich saß ihm Ralf Schmitt gegenüber! Der Mann, der auf der Autobahn gerast war, der Mann, der McDonalds überfallen hatte, der Mann… der sich gestellt hatte. Aber warum? Das wollte Semir nun unter anderem herausfinden. „Semir Gerkhan“, stellte sich der Deutsch-Türke vor, „aber wir kennen uns ja schon!“ Ralf nickte. Semir setzte sich Schmitt gegenüber. „Warum?“, fragte er einfach nur. Stille. Man hörte nur ein leises Ein- und Ausatmen der beiden Personen im Raum sonst nichts. Und dann brach es aus Ralf heraus. „Ich… ich… ich habe einen Tumor im Bauch und brauche das Geld doch für meine OP. Nur deswegen mache ich es! Ich will Kinder kriegen, eine Familie gründen und leben… Und… ich wollte nie, dass Tanja entführt wird oder sie… sie vergewaltigt wird! Das müssen Sie mir glauben! Der Boss wollte immer nur, dass Max und ich diesem Sebastian Schubert kleine Gedächtnisstützen geben und dafür haben wir das Geld bekommen. Der Boss hat immer gut bezahlt und deswegen habe ich weiter gemacht… Tanja… ich wollte nie, dass das passiert. Nie, dass Max angeschossen wird, nie, dass Tom nun unter der Erde liegt, nie, dass dieser Polizist entführt wird… nie…“, erzählte Ralf und Tränen standen in seinen Augen. „Nie…“, murmelte er immer wieder und schlug die Hände vors Gesicht. Semir musste erstmal alles verdauen. Und dann war er an der Reihe die Fragen zu stellen.

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