Urlaub? Von wegen!

  • Donnerstag, 18:45 Uhr
    Endlich Antworten!

    Paul war weg. Er hatte sich verzogen. Endlich. Ihr Unterleib schmerzte, ihre Brüste taten weh und sie musste heftig würgen. Dieser Typ war genauso grauenvoll wie alle anderen hier. Schnell eilte Tanja zum Klo und übergab sich erstmal. Es war wieder schlimm gewesen, schlimmer als die Male davor. Schnell zog sie sich ihre Sachen an und heulte drauf los. Sie musste hier unbedingt raus. Länger hielt sie es nicht mehr aus. Nächstes Mal, wenn gelüftet werden würde, würde sie schnell rausstürmen und irgendwie herausfinden. So verzweigt konnte das Gebäude ja nicht sein… Dann würde zu Papa rennen und alles wäre gut. Sie setzte sich mit angezogenen Beinen auf ihr Bett und dachte an die schönen Tage mit ihrem Papa. Einmal waren sie im Kino in einem ganz lustigen Film gewesen. Sie hatten so laut lachen müssen, dass sogar die Leute sich nach ihnen umgedreht hatten. Aber gestört hatte Tanja das nicht. Als das Popcorn auch noch runtergefallen war, hatten sie unaufhörlich gelacht. Popcorn… An den Gedanken an Essen knurrte ihr Magen, aber sie wollte nichts essen. Obwohl sie wusste, dass sie bei Kräften bleiben musste, rührte sie das Tablett, dass an der Tür stand nicht an. Essen konnte sie auch wann anders, nur nicht jetzt… sie musste ihre Flucht vorbereiten!


    „Lasst uns Hartmut anrufen! Und ihn nach diesem Dr. Sasha Thiel ausquetschen!“, meinte Semir und schon hatte Ben die Nummer der KTU gewählt. Erst nach dem achten Klingeln nahm Hartmut ab. „Hey Einstein! Wir sind’s“, meldete sich Ben und hörte ein einziges Wort, dass von Hartmut gesagt wurde: „Anthrazitkohle!“ Semir und Ben erstarrten gleichzeitig. Mist, ausgerechnet jetzt war die Krüger da! Typisch, dass sie immer im unpassendsten Moment anriefen! Doch es würde noch schlimmer für die beiden werden. Bisher war alles noch ganz harmlos…


    Hartmut ging, nachdem er ziemlich lang gewartet hatte, zum Telefon und hob ab. Er wusste schon, wer dran sein würde, und bereitete sich vor. Ben meldete sich und sofort presste Harmut das Wort ‚Anthrazitkohle‘ heraus. Es wurde still am anderen Ende der Leitung und die Krüger starrte schon wieder so komisch zu ihm rüber. Wie beim ersten Mal, als die beiden ‚Helden‘ anriefen. „Hartmut? Wer ist da?“, fragte sie Hartmut konnte hören, wie Ben und Semir am anderen Ende die Luft anhielten. Die Krüger hatte ihn anscheinend durchschaut, denn sie stürmte vom Ausgang der KTU mit hochrotem Kopf zum Telefon zurück, riss es Hartmut aus der Hand und stellte es auf laut. „Jäger? Gerkhan? Sind Sie das wieder?“, schrie sie quasi in den Hörer und kleinlaut gab Ben ein „Hallo Chefin…“ weiter. „Was im Gottes Namen haben Sie schon wieder angestellt? Und bitte… erzählen Sie mir nicht wieder irgendeine Lüge!“, meckerte Kim in den Hörer und wartete ungeduldig. So schnell konnte ein schöner Tag herumgehen… Nie würde es solche Tage wohl geben…

  • Der Schuss hallte durch die Luft. Im letzten Moment sprang Ralf nach vorne, nahm all seinen Mut zusammen… und schlug Max die Waffe aus der Hand. Hatte er schnell genug reagiert? Oder war es zu spät für den Boss? Ralf schlug hart auf dem Boden auf, da er sich mit voller Wucht in die Richtung geschmissen hatte. Er drehte sich auf den Rücken und schaute zum Boss. Der stand geschockt da, aber er war unverletzt. Erleichtert atmete Ralf aus. Jim rannte auf Max zu und riss dessen Arme auf den Rücken. „DU VERRÄTER!!!“, schrie Max wie wild und trat um sich. Aber gegen den Schrank von Mann, der Jim nun mal war, hatte er keine Chance. Ralf rappelte sich hoch und schaute an sich herunter. Alles so wie vorher bis auf ein paar kleine Schürfwunden, aber sonst war alles okay. Puh… die Kugel hatte also weder Thiel noch ihn getroffen. Er schaute in die Richtung des Bosses und sah ein Einschussloch in der Wand. Die Kugel war dank ihm danebengegangen. „Max!“, rief der Boss, als er aus der Starre erwachte. Er hätte nicht damit gerechnet, dass Max wirklich abdrücken würde. Dieser wiederum trat immer noch nach Jim und wehrte sich, aber ohne Erfolg. Da er nur ein T-Shirt anhatte, konnte man seinen Verband sehen, da, wo ihn der Boss getroffen hatte. Der Verband war blutrot, da die Wunde wieder aufgeplatzt war und unter Jims Armen sicher nicht angenehm war. Max schrie immer noch protestierend, aber er wurde immer leiser und Tränen standen in seinen Augen. ‚Was Rache doch alles anstellen kann…‘, dachte Ralf und schüttelte den Kopf über Max‘ Verhalten. „Max… das war keine gute Entscheidung…“, murmelte der Boss und trat auf seinen neu gewordenen Feind zu. „Jim… bring ihn weg… ich will ihn nicht mehr sehen!“, sagte er und Jim wusste, was zu tun war. Er zerrte Max aus dem Raum und hinab in eines der vielen Gästezimmer. Er warf ihn auf den Boden und verschloss die Tür hinter ihm. Schnell rappelte Max sich hoch und rannte zu jenem, aber sie war zu. Er hämmerte dagegen, aber bald gab er es auf. Sein Plan hatte versagt, es hatte nicht geklappt und er wollte erst gar nicht wissen, was ihm nun bevorstand. Der Boss verzieh nie so schnell jemandem etwas. Die einzige Möglichkeit nun hier wieder heil rauszukommen, war… aber gab es die überhaupt? Max sackte an der Wand zusammen und schlug die Hände vors Gesicht. Sein Oberarm schmerzte ziemlich doll, aber darum machte er sich momentan keine Sorgen. Eher um seinen baldigen Tod…


    „Eingesperrt!“, verkündete Jim, als er den Raum wieder betrat. Er war ziemlich geschockt über Max‘ verhalten. Was so ein Schuss doch alles verändern konnte! Damals hatte er schon Schlimmes vermutet… „Ralf…“, begann Dr. Thiel nun und ging auf seinen Lebensretter zu. „Vielen Dank!“ Ralf hätte nie gedacht, dass so ein harter Mann jemals diese zwei Worte über die Lippen bringen konnte. „Gerne…“, murmelte Ralf und schaute zu Boden. Eigentlich wollte er keine Extralorbeeren, aber schlecht war es doch auch nicht. Dr. Sasha Thiel winkte Jim zu und flüsterte ihm kurz darauf etwas ins Ohr. Der Schrank verschwand kurz darauf und kam mit einem Bündel Geld wieder, ohne Sack. „Für dich!“, sagte der Boss und hielt ihm das Geld hin. Schnell überflog Ralf es und fing an zu strahlen. „100.000€?“, fragte er überglücklich und der Boss nickte.

  • Tanja saß auf ihrem Bett. Sie sah ein, dass sie etwas essen musste, um bei Kräften zu bleiben und ihre Flucht auch zu überstehen. Also stand sie auf und schnappte sich das Tablett. Hunger hatte sie schon, aber davon wollte sie wirklich nichts essen. Fade Bohnen, ein paar Kartoffeln und eine Frikadelle. Nicht unbedingt weltbewegend, alles war auch inzwischen kalt, aber trotzdem schlang sie alles in weniger als zehn Minuten herunter. „Fertig…“, murmelte Tanja und stellte das Tablett vor die Tür.


    Paul, Tom und Timo betrachteten die Monitore. Sie sahen, wie Tanja sich das Tablett heranholte und zu Essen begann. „Na geht doch!“, freute sich Timo und die anderen beiden lächelten ebenfalls. Man musste nur das richtige Essen hinstellen. „Und… was macht ihr heute noch so?“, fragte Tom und schaute in die Gesichter der anderen. „Na… hiersitzen und uns langweilen!“, lachte Paul und Timo ebenfalls. „Nee, das ist mir schon klar… ich meine, was ihr hier noch so treibt! Die Halle bzw. Halbbunker ist doch ziemlich groß! Und hier stehen doch einige interessante Sachen herum. Habt ihr mal den Porsche dahinten gesehen? Und bei der Treppe, wo es zu Schuberts Tochter runtergeht, da steht auch ein alter Mini!“, erzählte Tom und bekam immer größere Augen. Er war ein richtiger Autofanatiker und fuhr selbst einen weißen BMW, ein älteres Modell. „Dann zeig uns doch mal die Prachtstücke!“, lachte Timo und stand mit Paul auf. „Dann kommt mal mit!“ und mit diesen Worten traten die drei Junges von den Monitoren weg. „Wartet! Ich schaue nur kurz bei Tanja vorbei!“, meinte Timo, der kleinste der drei, und ging in Richtung Treppe und Tanjas Verließ. „Alles klar! Wir gehen schon mal zum Eingang“, sagte Paul nur noch und schon trennten sie sich.


    Tanja hörte Schritte und spannte sich. Alle Muskeln in ihrem Körper waren angespannt. Sie stellte sich so an die Tür, dass sie denjenigen, der reinkommen würde, sehen konnte, dieser wiederum sie aber nicht. Die Tür wurde aufgeschlossen und öffnete sich. ‚Jetzt!‘, dachte Tanja und gerade, als die Tür sich öffnete schlug sie mit dem Tablett, worauf das Essen gestanden hatte, auf den eintretenden Mann zu. Sie merkte einen Widerstand und sah, wie Timo auf dem Boden zusammensackte. ‚Bitte lass ihn allein gekommen sein…‘, dachte Tanja und wartete ein paar Sekunden. Niemand anderes kam. Sie legte das Tablett auf den Boden und rannte aus der Tür. Links oder rechts? Wo sollte sie hin gehen? „Oh Mist, Mist, Mist…“, murmelte sie und entschied sich kurzerhand für links. Sie schlich an der Wand entlang, obwohl sie bezweifelte, dass dies etwas nützen würde. Die Kamera in ihrem Gefängnis zeichnete ja alles auf und wenn die anderen beiden davor saßen, würde sie eh nicht weit kommen. Sie bog um eine Kurve, nachdem sie den langen Korridor entlanggelaufen war, dann noch eine und schließlich erkannte Tanja weiter hinten eine Treppe. Sie rannte darauf zu, immer mit dem Gedanken an ihren Papa.

  • So, hier der letzte Teil, bevor es in die Alpen geht ;)


    „Shit!“, murmelten Ben und Semir gleichzeitig, Schroth und Schubert saßen beide gedankenverloren auf der Couch. „Nicht schon wieder die Chefin!“ Schubert klärte seinen Anwalt kurz über die Arbeitsverhältnisse von Gerkhan und Jäger auf. „Also Chefin…“, begann Semir und Ben freute sich schon auf die Standpauke. „Wir können das alles erklären!“, sagte Ben. „Na dann legen Sie mal los, Jäger!“, sagte die Chefin wütend. „Wir sind… noch nicht… in Österreich…“, fing Ben an und schon wurde er unterbrochen. „WAS???“, rief die Chefin in den Hörer, sodass alle zusammenzuckten. „Wie bitte?“ „Das hat auch einen ganz triftigen Grund, Chefin!“, erzählte Semir weiter und Ben machte Handbewegung, als Aufmunterung weiter zu machen. „Wir stecken nämlich mitten in den Ermittlungen und…“ Schon wieder wurde von der Krüger unterbrochen. „Gerkhan, Jäger! Wo sind Sie da schon wieder reingeraten? Man kann Sie ja noch nicht mal in den Urlaub stecken, ohne dass Sie irgendwas anstellen!“, schimpfte die Chefin und Ben und Semir ließen alles über sich ergehen. Was hätten sie auch sonst machen sollen? Abwechselnd sagten sie alles, wie sie da hineingeraten waren, was Sache war und so weiter. Nachdem sie Ewigkeiten geredet hatten und sich gegenseitig verbessert hatten, warteten die beiden genauso wie Schubert und Schroth auf eine Antwort von Kim Krüger. Gespannt lehnten sich alle über den Hörer des Telefons, welches auf dem Wohnzimmertisch lag. „Chefin?“, fragte Semir vorsichtig und da endlich kam die Standpauke. Die beiden Hauptkommissare hatten schon quasi darauf gewartet. „Was machen Sie nur immer? Nie kann man Sie alleine lassen, immer passiert irgendwas!!! Und dann auch noch Kollegen miteinbeziehen, wie Herr Freund! Das ist echt… das ist… argh!“ So ging es die ganze Zeit weiter. Ben konnte sich schon vorstellen, wie Hartmut die ganze Zeit daneben stand und immer nickte oder verneinte. Dass sie ihn miteinbezogen hatten, war nun mal so. Wen hätten sie denn sonst alarmieren können? Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde es endlich still am anderen Ende der Leitung. „Okay…“, sagte die Chefin und Semir fragte sich, wie es nun weitergehen könnte. „Gerkhan und Jäger?“, fragte die Krüger und gleichzeitig erhielt sie ein fragendes „Ja“ als Antwort. „Sie werden nun folgendermaßen vorgehen. Erst mal alarmieren Sie die öffentliche Polizei und erklären denen, was Sache ist. Dann möchte ich, dass Sie sofort zurück nach NRW kommen und…“ „Aber Chefin!“, protestierten die beiden und konnten nicht glauben, dass sie wirklich den Fall abgeben sollten. Sie waren doch schon recht weit gekommen! Da konnten sie doch nicht einfach so aufhören! „Meine Herren, Sie sind im Urlaub! Sie haben frei! Theoretisch hätten Sie gar nichts von dem Fall mitbekommen, wenn Sie nicht Hunger gehabt hätten und in den Überfall geraten wären.“ Schubert richtete sich auf. „Frau Krüger?“, fragte er schließlich und alle wurden still. „Ich bin Sebastian Schubert von dem Ihre Männer schon erzählt haben.“ „Guten Tag, Herr Schubert. Ich kann Ihr Anliegen verstehen, aber…“, fing Kim an, diesmal jedoch wurde sie unterbrochen. „Ich möchte erstmal, dass Sie mir zuhören, Frau Krüger. Ich möchte, dass Herr Gerkhan und Herr Jäger weiter an dem Fall arbeiten. Bisher haben Sie mir sehr geholfen und Sie wollen mir helfen meine Tochter zu finden. Ebenfalls möchte ich nicht, dass gleich die ganze Stadt von der Entführung erfährt! Das können Sie hoffentlich verstehen, oder? Also… ich will gar nicht erst, dass Ihre Männer zurückgerufen werden, ich möchte, dass Sie weiterarbeiten!“ Ben nickte anerkennend. Würde das reichen, um die Krüger umzustimmen?

  • So, um das heute auch noch zu schaffen ;) Nächste Woche wird schlisch etwas stressig = weniger Kapitel. Versuche aber weiterzumachen jeden Tag!



    Donnerstag, 20 Uhr
    Alles nur ein Traum?


    Ralf konnte es gar nicht glauben. 100.000€ nur für ihn! Überglücklich verließ er das Büro des Bosses und machte sich auf den Weg nach draußen. Von dem Geld konnte er sich seine OP auf jeden Fall leisten. Er hatte schon eine viertel Millionen oder etwas weniger und das war schon ziemlich viel. Doch dann überkamen ihn die Schuldgefühle. Er hätte Max schon früher zuhören sollen, dann wäre der Schuss nie gewesen. Aber Max wollte manchmal einfach nicht auf einen hören, es hätte wohl eh nichts gebracht… aber jetzt steckte sein vermeintlicher Partner in einem Zimmer, eingesperrt. Er würde eine nicht sehr angenehme Strafe bekommen, das war klar. Aber zuerst musste das mit Schubert geklärt werden. Tanja sollte ja nun nicht zu leicht frei kommen. Er wollte das alles nicht. Eigentlich wollte er schon längst, dass die 16-jährige freigelassen wird, aber den Boss überreden? Nein, das wäre fast ein glatter Selbstmord! Gedankenverloren stieg Ralf in seinen Wagen. Jetzt würde er jedenfalls erst mal das Geld nach Hause bringen. Eigentlich musste er den Job nicht mehr machen, aber einfach so aufhören? Bei dem Boss, einfach so? Nein, lieber nicht. Schnell fuhr er in sein Hotelzimmer, immer mit dem Gedanken an Max, der vermutlich aufgebracht, wütend, enttäuscht in seiner „Zelle“ saß. „Selbst Schuld…“, murmelte Ralf und gab Gas.


    Tanja rannte die Treppe hinauf und sah in einen weiteren langen, leicht steigenden Flur, am Ende eine weitere Treppe. „Oh man…“, murmelte sie. Ihr Herz schlug auf 180, sie atmete ziemlich schnell und durch ihren Körper schoss das Adrenalin. Schnell lief sie also weiter und erreicht schließlich die zweite Treppe. Sie schlich hinauf und konnte von irgendwoher Stimmen hören. Eine etwas lautere, aufgebrachte und eine andere, wohl Tom und Paul. Aber sie waren ziemlich leise. Mit rauschendem Blut in den Ohren ging sie immer an der Wand lang. Und ja… da war der Ausgang! Tanja konnte ein großes Tor erkennen und einen strahlenden Sternenhimmel. Die Stimmen verloren sich, waren aber immer noch da. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Bald hatte sie es geschafft und war frei. Ob sie da richtig lag…?


    Stöhnend setzte sich Timo auf. Er hatte dröhnende Kopfschmerzen und hielt sich die Stirn. „Was um alles…?“, fragte er sich und da fiel es ihm wieder ein. Tanja hatte ihm eins mit dem Tablett übergezogen und war vermutlich abgehauen! „Shit!“, murmelte er und stand auf. Kurz schwankte er, aber dann wählte er, so schnell er konnte, Pauls Nummer. So leicht würde die Göre nicht entkommen! „Ja?“, meldete sich Pauls fragende Stimme. „Tanja ist abgehauen!“, sagte Timo kurz und eine Pause entstand. „Was?!“, rief Paul in das Telefon und kurz erklärte er die Situation. „Du Spatzenhirn!“, meinte Paul wütend, dann legte er auf. Sie mussten Tanja finden, bevor sie sich aus dem Staub machen konnte. Sonst hätte dies schwere Folgen, nicht nur für die drei Jungs sondern auch für Dr. Sasha Thiel. Und zwar: Gefängnis.

  • Semir und Ben warteten immer noch auf eine Antwort der Krüger. „Lassen Sie mich eine Nacht überlegen“, kam schließlich als Antwort. ‚Immerhin keine Nein…‘, dachte Ben und Semir wohl auch. „Vielen Dank, Frau Krüger. Dann bis morgen!“, sagte Semir und beendete das Gespräch. „Jetzt heißt es wohl abwarten“, sagte Ben und seufzte. Hoffentlich würde 1. Hartmut nicht so viel Ärger bekommen und 2. die Krüger zustimmen. Schließlich hatten sie schon so viel geschafft. Da konnte sie doch nicht einfach verneinen und ihnen den plötzlichen Fall wegnehmen! Das wäre dann nicht fair! „Ich würde sagen, wir sehen uns morgen, Herr Schubert und Herr Schroth. Ach ja und zu Ihnen, Schroth. Sie wissen schon, dass wir erwarten, dass Sie mit uns weiterkooperieren oder? Also keine Weglaufaktionen mehr, alles klar?“, fragte Semir nochmal eindringlich und Schroth nickte. „Alles klar!“, sagte dieser und gab den beiden beurlaubten Kommissaren die Hand. „Wir sehen uns morgen!“ Schubert verabschiedete sich ebenfalls. Morgen um zehn Uhr bei Schubert treffen und auf das Beste hoffen. Das war das Motto für den nächsten Tag. Bis zur Geldübergabe waren es ebenfalls nur noch drei Tage. Sie hatten einen Verdächtigen und Ralf Schmitt war auch noch auf freiem Fuß. Alles würde auf die Entscheidung der Krüger ankommen! Sie fuhren zurück ins Hotel und besprachen noch kurz den morgigen Tag. Und ehe sie sich versahen, waren sie schon tief schlummernd in ihren Träumen versunken.


    So schnell wie sie konnte, rannte Tanja auf die Tür zu. „Hey!“, hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich. „Bleib stehen, du Miststück!“, rief Paul und gemeinsam mit Tom sprintete er los. „Nein…“, rief Tanja und rannte durch das Tor ins Freie. Nur wohin jetzt? Kurzerhand lief sie nach rechts und sammelte all ihre Kraft. Auf jeden Fall durfte sie nicht eingeholt werden. Immer wieder hörte sie jemanden hinter sich rufen, aber Tanja drehte sich nicht um. Sie lief einfach weiter und bekam schon nach ein paar hundert Metern tierische Seitenstiche. Sie hatte Ewigkeiten keinen Sport mehr gemacht und nur rumgesessen, das machte sich nun bemerkbar. Aber was war das? Konnte das…? Ja! Man hörte ganz in der Nähe… Autos! ‚Eine Straße!‘, dachte Tanja überglücklich. Wenn sie die erst mal erreicht hatte, war sie gerettet. Aber das kleine Wörtchen ‚wenn‘ hat schon oft seine Spuren hinterlassen...


    Donnerstag, 21:15 Uhr
    Gelungene Flucht?

    Während Semir und Ben also schon gemütlich in ihren Betten schlummern, muss Tanja ihre Flucht durchsetzen. Die Autos waren ganz in der Nähe, sie konnte sogar schon Lichter erkennen. „Tanja!“ Pauls Stimme war nun lauter geworden. Kurz drehte sie sich um und sah, dass Paul höchstens zehn Meter hinter ihr war. Gerade als sie wieder nach vorne gucken wollte, stolperte sie über eine Wurzel und fiel der Länge nach hin. „Shit!“, murmelte sie und wollte sich aufrappeln, als eine Hand sie auf den Boden drückte. „Nicht… so schnell… mein Fräulein!“, sagte Paul ziemlich außer Atem. Tanja machte die einzige Sache, die ihr eventuell helfen konnte. Sie schrie. „HILFE!!! HILFE!!!“ Mit allen Kräften versuchte sie sich aufmerksam zu machen. Sie lag gute zwanzig Meter von der Landstraße entfernt auf dem Boden, aber es hörte sie keiner. Paul presste eine Hand auf ihren Mund, um ihre Schrei zu ersticken und Tanja… biss zu. Sie biss so fest sie konnte in Pauls Hand. Der wiederum schrie vor Schmerz auf und ließ von ihr ab. So schnell sie konnte, stand Schuberts Tochter auf und lief auf die Straße zu. Paul nun jedoch auf. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt er sich die Hand und rannte ihr stolpernd hinterher. „Hilfe!“, schrie Tanja nochmal und sprang auf die Straße. Ein kleiner VW Touran kam ihr entgegen und es sah nicht so aus, als ob der bremsen wollte. Tanja schloss die Augen.

  • Nachdem die erste stressige Woche nun endlich mit 3 Arbeiten vorüber ist, komme ich auch wieder dazu meine Story weiterzuschreiben. ;)



    „So, Hartmut…“, begann die Krüger das Gespräch mit dem Kriminaltechniker. Sie redete Wasserfälle und Hartmut nickte immer nur. Es ging von „Warum haben Sie mitgemacht?“ bis „Warum haben Sie gelogen?“ und so weiter. Die Zeit ging kriechend langsam voran und als die Predigt der Chefin endlich vorbei war, lächelte Hartmut versonnen und entschuldigte sich mehrere Male, bis Kim zufrieden war. ‚So wütend war sie eigentlich gar nicht…‘, dachte Hartmut und fragte laut: „Und was werden Sie morgen sagen, Chefin?“ Kim machte einen grübelnden Blick. „Eigentlich haben die beiden ja Urlaub, aber ich weiß jetzt schon, dass sie mir keine Ruhe geben würden, bis ich doch zustimme… also wird die Antwort wohl klar sein!“ Unmerklich waren ganze zwei Stunden herumgegangen und schließlich fuhr die Chefin zurück zum Innenstadtrevier. Die PAST war mittlerweile ganz ausgeräumt worden, ebenfalls die Tapeten zur Hälfte abgerissen. Vielleicht konnten sie schon wieder früher einziehen? Aber zurück zu Ben und Semir… Der Entführungsfall gehörte eigentlich nicht den beiden Kommissaren aus NRW sondern den Kollegen aus Bayern. Doch Gerkhan und Jäger würden wahrscheinlich so oder so weiterermitteln wollen. Kim seufzte. Warum mussten die beiden immer in irgendwas hineingeraten? Konnten sie nicht einfach einen normalen Urlaub verbringen? Die Chefin grinste. „Die Anziehungskraft, die Anziehungskraft…“, murmelte sie und gab Gas. Sie hatte schon Kollegen wegen dem gestohlenen Wagen aus Köln Bescheid gesagt, was Hartmut herausgefunden hatte. Eben hatte sie noch einen Anruf bekommen, dass der Dieb gefasst wurde und den Diebstahl zugegeben hatte. Jetzt wollte sie erst mal zum Besitzer und ihm den blauen gestohlenen Ford wieder zurückzugeben. Dann noch die Anklage und vieles mehr. „Ach ja…“, sagte Kim und freute sich mehr oder weniger auf die bevorstehende Aktenarbeit.


    Freitag, 9:30 Uhr
    Wo bin ich?


    Bens Wecker klingelte. Es war punkt halb neun. „Och nee…“, murmelte er, stellte das nervtötende, kleine Ding aus und streckte sich gründlich. „Frisch in den neuen Tag!“, sagte er und rappelte sich hoch. Schon klopfte es an der Tür. „Moment!“, rief Ben und ging dorthin. Er öffnete sie und sah Semir vor sich. „Bin fast fertig!“, sagte Ben und Semir grinste. So wie es aussah, war Ben gerade erst aufgestanden. Verwuschelte Haare, Ringe unter den Augen und noch immer im Schlafanzug. Apropos Schlafanzug. Bald musste er, Semir, sich mal einen neuen kaufen. „Du kommst aber auch nie in die Pötte!“, lachte der kleine Deutsch-Türke und betrat das Hotelzimmer Nummer 23.


    Tanja öffnete die Augen. Sie streckte sich gründlich und stieß plötzlich mit der Hand gegen die Decke. Augenblicklich stoppte sie. „Wo bin ich?“, fragte sie und sah, dass sie in einem Auto saß. Da kehrte die ganze Erinnerung zurück. Gestern Abend war sie vor Paul, Tom und Timo geflüchtet. Sie hatte sich vor einen blauen Touran geschmissen und gehofft, dass dieser anhalten würde und sie mitnehmen würde. Und so war es auch. Der Wagen hatte angehalten, sie hatte die Beifahrertür aufgerissen und hatte dem netten Mann an Steuer zugeschrien, er solle losfahren. Sie war ihren Entführern entkommen und hatte überlebt. Nachdem sie dann dem Mann alles erklärt hatte, fiel sie in einen traumlosen Schlaf und jetzt saß sie hier. Aber der Wagen bewegte sich nicht mehr.

  • Tanja sah, dass der Wagen in einer Garage stand. Sie stieg aus und sah, dass eine Tür zum Garten geöffnet war. Neugierig ging sie also in das Grün und konnte sich gar nicht satt sehen. Nach den ganzen Wochen in dem Betongefängnis war dieses kleine Stück Rasen ein Weltwunder. Die Sonne schien und es war mollig warm. „Hallo!“, sagte eine warme Stimme und Tanja sah in das Gesicht des jungen Mannes, der sie gestern gerettet hatte. „Ich wollte Sie gestern Abend nicht mehr wecken, Sie haben geschlafen wie ein Stein!“, meinte er und winkte Tanja in sein Haus. „Frühstück ist fertig und die Polizei ist auch schon gerade angekommen!“ „Papa…“, murmelte Tanja und betrat das große, weiträumige Haus. „ich habe mich ja noch gar nicht richtig vorgestellt…“, fing der Mann an. „ich bin Stefan Hauser und wohne hier.“ „Tanja Schubert“, sagte Tanja und gab Stefan die Hand. Sie schätzte ihn auf 20, vielleicht auch 21 Jahre und irgendwie fand sie ihn schon süß. Sie gingen gemeinsam in die Küche, wo die Beamten schon warteten. „Guten Morgen!“, sagte einer der beiden und nachdem Tanja die beiden auch begrüßt hatte und sich etwas zu Essen gemacht hatte, was ihr großzügig von Stefan bereitgestellt worden war, erzählte sie ihre Geschichte den Beamten noch einmal. „Sie kommen mit auf das Revier und dann rufen wir Ihren Vater an!“, meinte der ältere der beiden Polizisten. So ging es also los, im Streifenwagen durch die Stadt bis hin zur Wache. Schnell hatte sich Tanja noch von Stefan verabschiedet. Und sie hatte das Gefühl, dass sie ihren Retter nicht das letzte Mal gesehen hatte...


    „Los geht‘s!“, sagte Ben und schon wieder fuhren sie los zu Schubert. Da angekommen, kam ihnen dieser wiederum schon aufgeregt entgegen. „Hat Ihre Chefin schon angerufen?“, fragte Schubert und Ben schüttelte den Kopf. „Wir werden Sie sofort anrufen!“ Damit betraten er und Semir Schuberts Haus und sahen auch seinen Anwalt schon auf dem Sofa sitzen. „Guten Morgen…“, murmelte er und zappte weiter die Kanäle des Fernsehprogramms durch. „Morgen!“, sagte Semir zurück und alle setzten sich ins Wohnzimmer. „Dann mal los!“, sagte Ben und schnell war die Nummer des Innenstadtreviers eingetippt. Er stellte auf laut. „Krüger!“, meldete sich die Chefin und Ben setzte ein „Guten Morgen!“ hinzu. „Meine Herren…“, fing Kim an, „ich weiß, dass Sie unbedingt an diesem Fall weiterarbeiten wollen. Ihre Arbeit ist nun mal der richtige Urlaub für Sie. Du als ich Sie losschickte in den Urlaub, wusste ich schon, dass irgendwas dazwischenkommen würde. Sie haben irgendeine Anziehungskraft, die ich mir nicht erklären kann. Ich bin zu einer Entscheidung gekommen…“ Eine dramatische Pause entstand. Semir und Ben hielten die Luft an. „Ja… ich… lasse Sie weiter ermitteln…“, sagte die Krüger und alle Beteiligten stießen einen Freudenschrei aus. Ben und Semir klatschten sich ab und drückten Schubert die Hand. „Aber unter einer Bedingung…“, sagte Kim und alles wurde wieder still. „Sie schrotten nicht den Wagen und machen auch bitte keinen Mist… Und…“ Wieder entstand eine Pause. „Jetzt machen Sie es doch bitte nicht so spannend, Chefin!“, maulte Semir und Ben stimmte zu. „Und… sie erteilen mir jeden Tag Bericht über alles!“ Ben stöhnte auf. War ja klar! „Alles klar, Chefin!“, sagte er deshalb und erzählte auch schon gleich den Tagesplan. „Wir hören uns morgen!“, meinte Semir nur noch und legte auf.

  • Freitag, 12 Uhr
    Papa, bist du’s?


    Tanja war im Revier angekommen. Sie erzählte ihre Geschichte den Beamten dort noch einmal und da endlich wurde ihr ein Hörer in die Hand gedrückt. Die nette Dame ihr gegenüber, die ihre Aussage aufgenommen hatte, lächelte ihr zu. „Rufen Sie Ihren Vater an! Ich wette, er würde sich ziemlich freuen!“ Damit wählte die 16-jährige schnell die Nummer des Hauses Schubert und wartete. Es tutete eine ganze Weile, dann hörte sie eine vertraute Stimme. „Papa, bist du’s?“, fragte sie.


    „DAS DARF DOCH ALLES NICHT WAHR SEIN!!! WAS SEID IHR DENN FÜR AMATEURE?! KÖNNT NOCH NICHT MAL EINE 16-JÄHRIGE FESTHALTEN ODER WAS?! ICH GLAUB’S NICHT!!!“ Wütend schritt Dr. Thiel durch den Raum. Paul, Tom und Timo standen ihm unschlüssig gegenüber. „Wir…“, begann Paul kleinlaut, wurde aber unterbrochen. „NEIN!“, brüllte der Boss. „Jim! Bring sie zu Max, aber schnell bevor meine Hand doch noch ausrutscht!“, befahl er und ehe sich die drei versahen, waren sie zusammen mit Max in den kleinem Raum eingesperrt.
    „Und? Was habt ihr drei Komiker falsch gemacht?“, fragte Max belustigt, nachdem die drei angekommen waren, und beschämt erzählten dir drei von ihrer Tat. „Ah ja…“, meinte Max, „ich wollte den Boss erschießen…“ Dies sagte er nur kurz und widmete sich wieder seinen Fingern, an denen er ständig herumknibbelte. Paul riss die Augen auf. „Du wolltest WAS?“, fragte er erstaunt und Max blickte wieder auf. „Ja, du hast richtig gehört… ich wollte ihn erschießen…“, sagte er und fügte noch hinzu: „Der einzige, der hier noch vernünftig ist, ist wohl Ralf… vielleicht kommen wir ja wieder frei?“ Und wie auf Stichwort öffnete sich die Tür und Ralf stand dort. „Max… du sollst mitkommen… zum Boss…“, sagte er nur und Max stand auf. Jim tauchte ebenfalls auf, mit einer Waffe in der Hand. „Los jetzt!“, sagte dieser streng und schon standen die drei im Büro von dem Doktor. „Max, schön dich zu sehen!“, lächelte der Boss und wurde sofort wieder ernst. „Das war nicht nett, dass du mich erschießen wolltest. Dafür wirst du bezahlen!“ Max kochte vor Wut, seine Wunde pochte nun ziemlich schlimm, aber das war erstmal nebensächlich. Jim stand mit der Waffe in der Hand hinter Max und war zu allem bereit. „Jim“, sagte der Boss, „mach dich doch mal an Max Wunde zu schaffen. Die tut sicherlich ziemlich weh, oder?“, lachte der Boss und geschockt musste Ralf mitansehen, wie Jim Max‘ Verband herunterriss und die Wunde betatschte, schließlich ein Messer holte und es lächelnd dem Boss übergab. Max verkniff sein Gesicht, machte aber keine Anstalten sich zu bewegen. Allein das Berühren tat schon weh. Nun kam der Boss und gab dem Leibwächter ein Zeichen Max festzuhalten. Gesagt, getan. Dann schloss Max die Augen und markerschütternde Schreie waren im ganzen Haus zu hören.


    Kim hatte aufgelegt und sich gleich daran gemacht, Hartmut alles zu berichten. „Gut…“, meinte der. „Ich werde Sie über alles auf dem Laufenden halten!“, sagte er zuverlässig und wieder wurde ein Gespräch beendet. Jetzt kam das Unerfreuliche. Kim wählte die Nummer einer Polizeistation in Garmisch-Partenkirchen, die sie im Telefonbuch gefunden hatte, und schließlich nahm jemand ab. „Schweiger, Polizeistation Garmisch-Partenkirchen. Mit wem spreche ich?“, fragte eine Stimme in den Hörer und sofort erklärte die Krüger ihr Anliegen. „Kleinen Moment. Ich gebe Ihnen meinen Vorgesetzten“, meinte der nette bayerische Polizist und nach kurzer Zeit hörte sie wieder eine Stimme. „Frau Krüger? Ich bin Herr Seegers.“ Die beiden unterhielten sich angeregt und nach kurzer Zeit stimmte Herr Seegers zu. „Meinetwegen dürfen Ihre Männer ermitteln, aber sie müssen erstmal hierherkommen und dann besprechen wir alles.“ „Alles klar, ich werde sie informieren. Vielen Dank, Herr Seegers. Sie hören von mir.“ Das Gespräch wurde beendet.

  • Das Telefon klingelte. Semir und Ben wunderten sich. Hatte die Krüger ihre Meinung doch wieder geändert? Schubert nahm an. „Hallo? Schubert hier!“, sagte er in den Hörer und augenblicklich wurden seine Augen größer und Tränen bildeten sich darin. Ben sah Semir verständnislos an, doch der verstand wohl auch nichts. Schubert stellte auf laut. „Tanja, mein Schatz…“, sagte er und nun ließ er seinen Tränen freien Lauf. Bens Augen wurden groß. Wieso rief Schuberts entführte Tochter an? Semir reagierte sofort. „Tanja? Ich bin Semir Gerkhan, ein Polizist. Wo bist du? Geht es dir gut?“, fragte er in den Hörer und erhielt sogleich eine tränenerstickte Antwort. „Ich… ich bin frei… im Polizeirevier hier in der Nähe… ich konnte… fliehen…“, schluchzte Tanja und nun konnte Schubert nichts mehr halten. „Tanja…“, schluchzte er und Tränen liefen wie Wasserfälle über seine Wangen. Ben und Semir sahen sich an. War der Fall nun gelöst oder was? Wie konnte Tanja entkommen? „Tanja, ich bin Ben Jäger, ebenfalls Polizist“, sagte Ben, „wo genau bist du? Wir werden dich abholen und zu deinem Vater bringen!“ Semir nickte zustimmend. Schroth war an Tanjas Vater herangerückt und strich ihm gedankenverloren über den Rücken. ‚Was habe ich da nur angerichtet? Immerhin ist sie frei…‘, dachte Schroth und starrte weiter in die Ferne. Tanja teilte alles schluchzend mit. „Okay! Wir sind sofort da!“, sagte Semir und gemeinsam mit Ben stand er auf. „Herr Schubert… wollen Sie uns nicht begleiten?“, fragte er und erhielt ein kleines Nicken des Mannes. Sie beendeten das Gespräch und sofort klingelte das Telefon wieder. „Was ist denn heute los?“, murmelte Ben und erkannte die Nummer von Kim. „Frau Krüger?“, fragte er überrascht in den Hörer. „Jäger, ich muss Ihnen noch was mitteilen. Sie müssen sofort ins Revier der Polizei in Garmisch-Partenkirchen. Der Chef der Wache will Sie und Gerkhan sehen und alles besprechen. Beeilen Sie sich!“, meinte die Krüger und Ben lächelte. „Da wollten wir gerade hin! Tanja wurde gefunden! Sie konnte fliehen und sitzt nun auf dem Revier, wo wir anscheinend hin sollen!“, sagte er und Kim sog die Luft ein. „Wie konnte das passieren?“, fragte sie erstaunt. „Das wissen wir nicht, aber gleich werden wir wohl informiert werden!“, sagte nun Semir bestimmt und Kim stimmte zu. Ein erneutes Gespräch wurde beendet und schließlich saßen Semir, Ben und Schubert im Auto. So schnell wie es ging, fuhren sie los zur örtlichen Wache, dessen Adresse sie glücklicherweise von Tanja bekommen hatten. Sonst hätte es ‚suchen‘ heißen müssen und das hätte wohl gedauert.


    Max saß in seinem Gefängnis und hielt sich stöhnend den Oberarm. Der Boss war nicht zimperlich gewesen und hatte schön zugepackt. Er selbst war nicht mehr ganz bei Sinnen und fiel immer wieder in eine Ohnmacht, um mit Schmerzen wieder aufzuwachen. Nun lag er wieder in einer Ohnmacht und merkte nicht, wie drei geschockte Männer - Paul, Tom und Timo - herausgewunken wurden. Was würde der Boss nun mit den dreien machen? Schließlich hatten sie die Tochter von Schubert laufen lassen! Das würde sicher nicht schön werden und mit diesen Gedanken betraten sie das Zimmer, in dem Thiel immer saß und grübelte. Blut war auf dem Teppich, nicht viel, aber trotzdem entstand eine kleine Lache. „Jungs…“, sagte der Doktor und beobachtete die drei Arbeiter. Es würde ein leichtes werden, die drei zu bestrafen. Sie mussten Tanja auf jeden Fall zurückholen. Die Strafe würde daher wohl eher weniger schlimm ausfallen…

  • Ralf stand immer noch in der Ecke und wusste nicht, was zu tun war. Ihm war schlecht und er hatte wegschauen müssen, als Thiel mit dem Messer in Max‘ Wunde herumgestochert hatte. Jetzt fing der Boss an zu reden und Ralf wollte eigentlich nur noch nach Hause und endlich seine OP hinter sich bringen. „Was macht ihr nur für Scheiße?!“, rief der Boss ärgerlich und schaute alle drei an. „Wir…“, stammelte Timo, wurde aber jäh unterbrochen. „Nein… ihr Trottel lasst mich jetzt reden!“, bestimmte der Boss und augenblicklich wurde alles still. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. „Ihr habt Tanja verfolgt, nachdem sie geflohen war, stimmt’s?“, fragte Thiel. Alle nickten. „Und konntet ein kleines Mädchen nicht einholen?“, fragte er und ging als erstes zu Timo. Nun schüttelten alle den Kopf. „Wo warst du, Timo?“, fragte der Boss und Timo erzählte, dass er von Tanja überrumpelt wurde und als er schließlich wieder zu sich kam, hatte er Paul informiert und war zurück zum Eingang gelaufen. „Und du, Tom?“, fragte Thiel und ging zum zweiten Mann. Tom erklärte leise, dass er sich mit Paul die Autos angucken wollte und dann durch den Anruf von Timo erschreckt hatte und gemeinsam mit Paul Tanja hinterhergejagt war. Da er aber nicht der Sportlichste war, verlor er die beiden nach wenigen hundert Metern. Zu guter Letzt wandte sich der Boss an Paul. „Und du?“, fragte er scharf. „Ich bin Tanja hinterhergejagt und habe sie auch bekommen, aber dann biss sie mir in die Hand und ist erneut abgehauen. Sie stieg in einen Wagen und war weg…“, erklärte Paul überzeugend. „Und du konntest den Wagen nicht stoppen? Oder irgendwas anderes tun?“, fragte der Boss freundlich und fast unmerklich schüttelte Paul den Kopf, schaute aber weiter in die Augen seines Chefs. „Und so hat ein 16-jähriges Mädchen euch überrumpelt?!!“, brüllte der Boss plötzlich und alles Anwesenden zuckten zusammen. „Ihr habt Waffen, die habe ich euch überlassen!!! Oder liegen die noch immer in der Halle?! Wofür habe ich euch eigentlich angestellt?? IHR WERDET SOFORT TANJA ZURÜCKHOLEN SONST SIEHT ES NICHT GUT AUS FÜR EUCH, DAS SCHWÖRE ICH BEI GOTTES NAMEN!!! UND JETZT VERSCHWINDET ENDLICH, BEVOR ICH ES MIR ANDERS ÜBERLEGE!!!“, brüllte Thiel die Männer an und so schnell sie konnten, ergriffen sie die Flucht. „Und nun zu dir, Ralf…“, meinte der Boss und von hundert auf null war er wieder freundlich. „Du bist anscheinend der einzig vernünftige Mann hier. Deswegen gebe ich dir nun auch einen wichtigen Auftrag. Du suchst bitte einen schönen abgelegenen Ort, wo man Leichen schnell verschwinden lassen kann… alles klar?“, lächelte der Boss und Ralf vermutete schlimmes. Dennoch nickte er und verließ schließlich das Anwesen. „Armer Max…“, murmelte er. Also machte er sich auf die Suche nach einem schönen Ort für Max zukünftige Leiche.


    Freitag, 16:30 Uhr
    Happy End?


    Mit quietschenden Reifen brachte Semir den BMW vor dem Revier der örtlichen Polizei zum Stehen. Gemeinsam mit Ben und Schubert stieg er aus und alle begaben sich zum Eingang. „Herr Gurkan und Herr Förster?“, fragte ein Mann und ging auf die beiden zu. „Gerkhan und Jäger!“, korrigierte Semir den Mann sofort. „Und wer sind Sie?“ Der Mann schüttete den zwei Männern die Hand. „Ich bin Herr Seegers, der Leiter dieser Wache hier. Ihre Chefin hat mich schon informiert, dass sie beide kommen würden. Und Sie sind dann wohl Herr Schubert?“, erklärte Seegers fragend und wandte sich an den alleinerziehenden Vater. ‚Den Namen kann er sich merken…‘, dachte Ben und musste leicht grinsen. Es war nicht das erste Mal, dass ihre Namen falsch verstanden wurden oder sich die Leute die Nachnamen einfach nicht merken konnten. „Wo ist meine Tanja?“, war das einzige, was der Mann herausbringen konnte und abwesend schüttelte er ebenfalls die Hand des Leiters. „Ich bringe Sie zu ihr!“, bestimmte Seegers und alle drei machten sich auf den Weg.

  • „Hast du die Kleine endlich gefunden?“, fragte Paul und starrte weiter auf die Bildschirme vor ihm. „Nein… wie denn auch! Die kann überall sein!“, murrte Tom. Die drei Männer vermuteten, dass Tanja zur Polizei gegangen war. Jim hatte für sie die Überwachungskameras der Polizeireviere in ihrem Umfeld gehackt und so starrten sie also schon seit fast drei Stunden auf die Bildschirme, in der Hoffnung Tanja zu entdecken. „Stopp!“, rief Timo plötzlich und deutete wild fuchtelnd auf einen Bildschirm direkt vor ihm. „Das da! Das ist sie!“, rief er und Paul und Tom schauten ebenfalls hin. „Stimmt!“, lobte Paul den Mann. Sie beobachtete die Aufnahme, die vor ungefähr vier Stunden aufgenommen wurde. Sie sahen, wie Tanja völlig aufgewühlt von zwei Beamten in das Revier geführt wurde. Paul grinste und notierte sich die Adresse des Ortes. „Los geht’s, meine Herren!“, kommandierte er und schnappte sich wie seine Begleiter die Maschinengewehre vom Tisch. „Auf zum Van und dann geht’s los. Den Plan kennt ihr?“ Die beiden anderen nickten. „Dann lasst uns Tanja zurückholen!“ Semir und Ben mussten sich auf was gefasst machen…


    „Tanja!“, rief Schubert und stürmte in den kleinen Raum. Freudig umarmte er seine Tochter und Tränen liefen über seine Wangen. Tanja weinte ebenfalls und lange blieben sie in dieser Umarmung. Semir räusperte sich. „Tanja Schubert? Ich bin Semir Gerkhan, das ist mein Partner Ben Jäger“, stellte er sich und Ben vor. Noch leicht geschockt gab Tanja den beiden die Hand. „Sie können mich Tanja nennen“, meinte Schuberts Tochter und Ben nickte. „Alles klar!“, sagte er und fuhr fort: „Sie beide können gerne noch hierbleiben und euch unterhalten. Wir beide werden nun mit Herr Seegers alles Weitere besprechen.“ Damit deutete er auf den Chef und dieser nickte. Die drei verließen den Raum und schlossen die Tür. „Alles klar. Ihre Chefin meinte bereits, dass sie undercover gearbeitet hätten. Stimmt das?“, fragte Seegers, nachdem er die beiden Helden in sein Büro geführt hatte. „Ja, das stimmt. Wir wären theoretisch im Urlaub, aber daraus wurde ja nichts…“, grinste Semir und Ben stimmte zu. „Dann erzählen Sie mal, Herr Gerkhan, was Sie so herausgefunden haben.“ Semir erzählte drauf los, Ben ergänzte, wenn ihm etwas einfiel.
    Nach einer guten viertel Stunde holte Semir erst mal tief Luft. Er hoffte, dass er nichts vergessen hatte. „Sie haben also letztendlich die Vermutung, dass dieser Dr. Thiel dahinter stecken könnte? Und ebenfalls, dass Ralf Schmitt ein Komplize ist?“, fragte Seegers nachdrücklich und Ben nickte. „Schmitt müsste schon zur Fahndung raus sein, nur Thiel noch nicht. Können Sie das vielleicht in die Wege leiten?“, fragte Ben höflich und der Chef stimmte zu. „Natürlich… wollen sie sich nun noch mit Tanja unterhalten?“ Semir schaute Ben an. Beide nickten schließlich. „Dann können sie gerne zu ihr gehen. Sie wissen ja, wo sie ist…“ Semir und Ben standen auf, bedankten sich nochmal und verließen das Büro, um sich mit Tanja zu unterhalten. „Tanja? Herr Schubert?“, fragte Ben und klopfte zaghaft an die Tür des Verhörs. „Ja?“, hörte er Schubert sagen und betrat das Zimmer gemeinsam mit Semir. „Dürfen wir uns kurz allein mit Tanja unterhalten?“, fragte Ben und Schubert stimmte zu. „Bis gleich, Süße…“, murmelte er und gab seiner Tochter einen Kuss, bevor er den Raum verließ.
    Nach einer weiteren viertel Stunde nickte Semir zufrieden. Sie hatten Tanja alles Mögliche gefragt. Von ‚Weißt du, wie deine Täter hießen?‘ bis ‚Weißt du in welcher Gegend du gefangen gehalten wurdest?‘. Sie hatten folgendes herausgefunden:


    1. Tanjas Entführer hießen Tom, Paul und Timo. Leider waren die Nachnamen nicht bekannt.
    2. Die Gegend konnte nicht genau beschrieben werden, aber es war eine Art Lagerhalle mit Bunker. Sie grenzte an einen Wald und an eine Landstraße.
    3. Der Auftraggeber wurde zweifelsfrei als Dr. Sasha Thiel identifiziert, schließlich hatte Tanja mit ihm telefoniert und so seinen Namen erfahren.
    4. Tanja wurde vergewaltigt. Auf die drei Jungs wartete also nicht nur Strafe für Beihilfe von Entführung und Erpressung, sondern auch schwere Körperverletzung.
    5. Von einem gewissen Ralf Schmitt und seinem Partner war Tanja leider nichts bekannt. Demnach waren die beiden willkürlich engagiert, ebenso wie Tom, Paul und Timo. Das würde alles etwas erschweren.

  • Freitag, 20:15 Uhr
    Tanja!


    „Wir sind da!“, sagte Paul und setzte sich seine Maske auf. „Das ist der Ort, wo Tanja momentan sein sollte.“ Tom und Timo machten es ihm nach und gemeinsam luden sie ihre Waffen. Gewehre und eine Maschinenpistole. „Auf geht’s!“, drang gedämpft Toms Stimme durch die Maske und alle drei verließen den dunklen Van. Schnell liefen sie zum Polizeirevier und stürmten hinein. Paul gab ein paar Warnschüsse ab. „AUF DEN BODEN!!!“, schrie er und alle geschockten Polizisten taten das Gesagte. Es würde wohl einfacher werden als geplant. Das hoffte Paul zumindest…


    „Dann dürfen Sie jetzt nach Hause gehen, Tanja!“, sagte Seegers, der, kurz nachdem Semir und Ben den Verhörraum verlassen hatten, zu ihr gekommen war und nun gegenüber des entführten Mädchens saß. „Oder doch noch einen Moment… können Sie die Täter identifizieren?“, fragte er nach und Tanja nickte. „Gut… dann schicke ich Sie zu unserem Phantombildzeichner… der nimmt dann Ihre Aussagen auf. Und wer weiß? Vielleicht finden wir ja einen deiner Entführer in der Verbrecherkartei?“, lächelte Seegers und Tanja nickte erleichtert. „Wie gesagt… kommen Sie bitte mit!“ und damit stand Seegers auf. „Hier entlang“, lotste er sie aus dem Raum heraus. „Der Zeichner ist gleich…“ Doch Schüsse unterbrachen ihn und gewarnt schaute er in die Richtung, aus der er jene vernommen hatte. Semir und Ben, die vor der Tür gewartet hatten, erschraken ebenfalls und entsicherten wie auf ein Kommando gleichzeitig ihre Waffen. Dies war ja mittlerweile Alltag bei ihnen geworden. Schubert schaute zu seiner Tochter herüber. „Mist…“, murmelte da der Polizeichef. „Meine Waffe liegt bei mir im Büro…“ Semir nickte. „Was…“, fing er an, aber eine laute, leicht gedämpfte Stimme unterbrach ihn. „Tanja Schubert?“, rief diese Stimme fragend und Tanja schrak zurück. „Nein…“, wimmerte sie. „Nein… das ist Paul…“, sagte sie und drückte sich an ihren Vater, der den drei Polizisten genauso ängstlich wie seine Tochter entgegen sah. „Wollen sie meine Tochter etwa wieder zurückholen?“, zitterte seine Stimme und Ben nickte zögerlich. „Wahrscheinlich schon…“, murmelte er. „Aber das werden wir verhindern!“ Einen kurzen Moment war es still. „Tanja? Wir wissen das du hier bist!“, sagte Paul wieder. Tanja schmiegte sich noch enger an ihren Vater. „Komm sofort her… SOFORT!“, rief Paul nun etwas lauter. „Geben Sie auf, Paul…“, sagte Semir und langsam ging er mit Ben zur Ecke, um die der Mann stehen musste. „Sie werden Tanja nicht bekommen… aber Sie können sich immer noch stellen und…“, erzählte Semir weiter, aber das half wohl nichts, denn man hörte eine Salve Schüsse. „Die nächsten werden treffen, wenn ich nicht sofort Tanja sehe! Das schwöre ich!“, rief Paul weiter und Semir schaute Ben an. Die beiden anderen Entführer konnten auch nicht weit sein. Tanja hatte von drei Männern gesprochen. Ben nickte. Er hatte Semir verstanden. „Tanja“, flüsterte er und winkte sie zu ihm heran. „Sie gehen jetzt zu Paul und…“, begann Ben und Tanja lauschte angstvoll. „Bei drei bist du hier!“, warnte Paul, „eins… zwei…“, zählte er und Schuberts Tochter nickte Ben einmal noch kurz zu, bevor sie um die Ecke ging. „Ich… ich bin hier…“, stammelte sie und schaute zu Boden. „Es geht doch. Man braucht nur die richtigen Mittel!“, lachte Paul und Tom und Timo hielten die anderen Bullen weiter im Schacht. „Los, mitkommen!“, bestimmte Paul und griff nach Tanja. Jetzt waren Ben und Semir an der Reihe. Schnell sprang Ben hervor und Tanja duckte sich, so wie sie es abgemacht hatten. Semir schnellte ebenfalls hinter der Ecke hervor und zielte auf einen der beiden hinteren Gangster. Er schoss und traf den Angezielten bei der Schulter. Tanja bemerkte wie Tom zu Boden ging und schnell kroch sie um die Ecke, zurück in Sicherheit. Ben nahm währenddessen Paul ins Visier. „Waffe weg!“, sagte er bestimmt und zielte auf die Schulter von Paul. Semir bedeutete Timo dies auch zu tun, aber die beiden Männer dachten daran wohl nicht.
    Schüsse gingen los.

  • Dr. Sasha Thiel ging auf und ab. Die ganze Zeit trippelte er durch sein Büro, während Jim seinen Bewegungen mit den Augen folgte. „Ich hoffe die drei finden Tanja… wenn nicht, ereilt ihnen das gleiche Schicksal wie Max es bald ergehen wird.“ Jim schluckte. Er wusste genau, dass es Max bald an den Kragen gehen würde. Wie lange dies noch dauerte, hielt von der Laune des Bosses ab. „Was willst du denn dann machen, Sasha?“, fragte Jim vorsichtig und der Boss blieb stehen. „Sie verschwinden lassen, genau wie Max…“, sagte er und grinste hämisch. Der Leibwächter nickte. „Ich gebe Max dann mal was zu essen. Brot und Wasser?“, fragte er, nachdem er die Stille abgewartet hatte. „Mhm…“, machte der Boss und ging weiter auf und ab. Also ging Jim in die Küche und holte Besagtes. „Wo ist nur das Wasser…“, murmelte er leise vor sich hin.


    „Jetzt ruft schon an, Jungs…“, drängte Dr. Thiel und schaute mittlerweile immer wieder verstohlen auf sein Handy. Ralf hatte sich auch noch nicht gemeldet. „Was machen die nur…“, brummte er und plötzlich klingelte sein Handy. Ralfs Nummer erschien auf dem Display. ‚Meine Gebete wurden erhört‘, grinste der Boss und nahm ab. „Ja?“, murrte er ins Telefon. „Ich habe einen perfekten Ort gefunden. Abgelegenes Industriegebiet, nirgendwo Leute und ein paar leerstehende Häuser…“, erklärte Ralf und der Boss nickte zufrieden. „Alles klar… wo genau liegt es denn?“, hakte er nach und Ralf teilte ihm alles mit. „Okay… du hast Feierabend“, sagte Thiel und wollte gerade auflegen, als ihm doch noch was einfiel. „Ach so Ralf! Könntest du bitte nach den drei Tölpeln Ausschau halten? Sie rufen nicht an. Fahr zu ein paar Revieren hier in der Gegend“, bat er und Ralf stimmte zu. „Suchen sie nach Tanja?“, fragte er deshalb und Thiel bejahte. „Alles klar“, war das Letzte, was gesagt wurde. Dann war die Leitung still.


    Freitag, 20:45 Uhr
    Ben!


    Bamm, bamm, bamm... So schnell wie Semir konnte, warf er sich zum nächstliegenden Schreibtisch und verkroch sich darunter mit der Waffe in der Hand. „Fuck!“, murmelte er. Immerhin hatte er einen der Gangster lahmgelegt, der konnte ihnen später vielleicht noch weiterhelfen. Aber momentan hatte er echt andere Sorgen. Er kniete sich hin und spähte kurz in den Raum, um dann wieder zurück zu schnellen, da Paul eine weitere Salve abgegeben hatte. Schnell rückte er an den Rand, schoss ein paar Mal zurück und nahm den Arm wieder zurück. Seegers, Schubert und Tanja waren zum Glück hinter der Wand und wenn sie schlau waren, würden sie da auch bleiben. Wie Semir kurz registriert hatte, waren die anderen Polizisten - es waren ungefähr fünf oder sechs - unverletzt und lagen mit dem Bauch auf dem Boden. „Geben Sie auf, Paul!“, rief Semir und gab ein paar weitere Schüsse rückwärts ab, in der Hoffnung den Mann zu treffen. Aber wo war eigentlich Ben? „Ben?!“, rief Semir fragend und zuckte wegen einer weiteren Salve zurück. Keiner antwortete. „Scheiße!“, stieß Semir aus. War Ben getroffen? War er bereits tot? Er hatte ja schließlich direkt vor Paul gestanden, als er dieser anfing zu schießen… Oder konnte er ihn einfach nicht hören? Vielleicht weil er bewusstlos war? Aber wenn das alles nicht… was dann? Diese ganzen Fragen schossen Semir durch den Kopf und er hoffte auf das Beste für seinen Partner.

  • Heute an Heiligabend wünsche ich allen Lesern und Feedern schöne Weihnachten und ein schönes Fest! ^^



    Für Ben ging alles einfach viel zu schnell. Eben noch zielte er mit der Waffe auf Paul und dann gingen auch schon die Schüsse los. Er wollte sich gerade auf den Boden schmeißen und hinter den nächsten Schreibtisch, um Schutz zu suchen, aber da griff auch schon eine Hand nach ihm. Und bevor er reagieren konnte, zog Paul ihm die Waffe über den Kopf. Das einzige, an was Ben sich noch erinnern konnte, war, dass Paul ihn hochhievte und ihn problemlos immer weiter mit sich zog. Er war wehrlos. Und dann wurde alles schwarz…


    Während Semir weiter schoss und nichts von Ben mitkriegte, war Tanja hinter die Ecke gekrochen und schaute nicht mehr zurück, als Schüsse fielen. Sie rannte zu ihrem Vater und der stellte sich schützend vor seine Tochter. „Dir geht’s gut…“, flüsterte er überglücklich und Seegers schaute die beiden an. „Wir müssen hier weg!“, bestimmte er, aber Tanja schüttelte den Kopf. „Was ist mit Herr Jäger? Und Herr Gerkhan? Sollen sie hier sterben? Sie haben so viel für mich getan und nun…“ „Tanja“, unterbrach sie ihr Vater, „genau das ist ja ihre Absicht. Sie lenken die drei ab, während wir dich in Sicherheit bringen. Verstehst du?“ Tanja nickte leicht und ließ sich dann von ihrem Vater mitziehen. „Wohin gehen wir?“, fragte sie Seegers und der schüttelte den Kopf. „Hier gibt es keinen Ausgang… wir können und nur in irgendeinem Raum verstecken und auf das Beste hoffen. Aber ich habe Vertrauen in Gerkhan und Jäger, obwohl ich sie erst seit ein paar Stunden kenne. Sie werden es schaffen!“, hoffte Seegers und brachte die beiden Schuberts in die hinterste Ecke eines Raumes. „Und jetzt heißt es abwarten…“, sagte Schubert ehrfürchtig und umarmte seine weinende Tochter. „Es tut mir so leid, mein Schatz…“, flüsterte er und Tanja umarmte ihren Papa noch fester.


    Semir schoss noch ein paar weitere Schüsse ab und dann wartete er. Nichts. Keine Gegenwehr. „Sie sind weg…“, hörte er einen Mann sagen und vorsichtig kroch der kleine Deutsch-Türke aus seinem Versteck. „Ben?“, fragte er in den Raum, aber sein Freund und Partner antwortete nicht. „Ben?!“, fragte er nochmal, aber diesmal etwas lauter. „Hieß so Ihr Kollege?“, fragte eine Frau und rappelte sich auf. „Ja, wieso? Was ist mit ihm?“, wollte Semir wissen und sein Herzschlag beschleunigte sich. Er vermutete bereits Schlimmes. „Ihr Kollege wurde entführt… von den beiden Männern. Das war so...“


    Wumm. Paul hatte seine Waffe über Jägers Kopf gezogen, der fast augenblicklich zusammensackte. „Der ist aber schwer…“, murmelte er und gab immer wieder Schüsse ab, in der Hoffnung, dass dieser Türke nicht auf ihn schoss. Timo half seinem Partner, indem er nun die Schüsse abgab und Paul den Polizisten immer weiter zog. Mit einem letzten Blick sah er auf Tom und traurig musste er sehen, dass sein Freund mit geschlossenen Augen auf dem Boden lag. Ein Schussloch knapp unterhalb der linken Schulter. Da, wo das Herz liegt. Aber er atmete noch. „Es tut mir Leid, Tom…“, murmelte Paul und eine Träne bildete sich in seinem Augenwinkel. Dann schoss er auf seinen Freund und erlöste ihn so von seinem Leiden. Aber auch mit dem Hintergedanken, dass er nicht riskieren konnte, dass Tom, wenn er denn überlebt hätte, Sachen ausplaudert, die nicht ausgeplaudert hätten werden dürfen. Dann zog er Jäger in den Van draußen vor der Tür und schlug die Tür zu. Timo folgte ihm und der Wagen fuhr los.

  • So, nach einer kleinen Schreibblockade und den Feiertagen geht es dann hier auch mal weiter... ^^



    Semir nickte, um zu zeigen, dass er verstanden hatte. „Fuck, fuck, fuck!“, rief er. So war das alles nicht geplant gewesen! Dann eilte er auf den Gangster zu, den er niedergeschossen hatte und fühlte seinen Puls. Nichts. Aber das war auch nicht weiter verwunderlich, denn wahrscheinlich hatte ihn Paul eine weitere Kugel verpasst, damit er nicht petzen konnte. Da entdeckte er auch die tödliche Kugel, die ihr Ziel nicht verfehlt hatte. „Alles okay hier? Irgendwer verletzt?“, fragte der kleine Hauptkommissar in die Runde, aber niemand beschwerte sich. „Herr Schubert, Tanja, Herr Seegers? Sie können kommen… die sind weg!“, rief Semir nun nach hinten und nach kurzer Zeit traten die drei in sein Blickfeld. „Einer von ihnen ist tot…“ Damit zeigte er auf Tom, der auf dem Boden lag. „Aber die anderen beiden sind entkommen… in einem Van. Es wäre sinnlos gewesen, sie zu verfolgen“, erklärte Semir weiter und Tanja schluckte einmal kräftig. „Wo ist denn Herr Jäger?“, fragte sie dann plötzlich und schaute in die Runde. „Ben… wurde entführt…“, murmelte Semir und Schuberts Tochter riss die Augen auf. „Was?! Nein… das wollte ich nicht!“, rief sie und drückte sich wieder an ihren Vater. „Shit!“, murmelte der und strich sachte über Tanjas Kopf. „In den nächsten Stunden werden wir wohl hoffentlich von Paul und Timo hören…“, sagte Semir, dessen Namen er sich mittlerweile zusammenreimen konnte - Tom war tot, Paul war der Boss der drei, das heißt es bliebe nur noch Timo übrig. „Eventuell wieder ein Erpresserbrief… Wir fahren erstmal zu Ihnen, Herr Schubert. Dann werden wir weitersehen…“, erklärte der Deutsch-Türke. Schubert nickte, aber Seegers fuhr dazwischen. „Ich werde mitkommen… nur zu Ihrer Sicherheit!“, bestimmte er und Semir stimmte zu. Eine Hand mehr war immer zu gebrauchen! „Rufen Sie noch vorher die Bestatter? Der Mann muss ja nicht weiter hier rumliegen…“, sagte Semir und starrte zu dem Toten hinunter. „Das war Tom…“, murmelte Tanja und Semir beantragte noch, sofort berichtigt zu werden, wenn man den ganzen Namen von Tom erfuhr. Schnell gab Seegers noch die Fahndung nach einem schwarzen Van raus, aber viel bringen würde das wohl nichts. Dann fuhren die vier mit Semirs BMW, der immer noch an Ort und Stelle stand, zu Schuberts Haus. Die Krüger musste unbedingt informiert werden… auch wenn der Gedanke nicht besonders Freude erweckte. Es gab nun so viel zu tun: Dr. Sasha Thiel befragen, Timo und Paul verhaften, von denen die ganzen Namen immer noch nicht bekannt waren, Ralf Schmitt und diesen Max verhaften und vor allem Ben retten. Semir dachte die ganze Zeit nach. Er hätte das verhindern können. Und nun war Ben in den Fängen der Bösen…


    Freitag, 22:15 Uhr
    Semir? Wo bin ich?


    Dröhnende Schmerzen umfassten seine Sinne. Alles tat weh, vor allem der Kopf. Langsam richtete er sich auf, um kurz darauf wieder stöhnend zurückzusinken. Wo war er? Was war passiert? Und warum tat sein Kopf so höllisch weh? Er fasste zu der Stelle und nahm seine Hand wieder zurück. Blut. „Shit…“, murmelte Ben und sah sich um. Kleiner Raum mit einem Bett und einer Toilette. Diesen Raum kannte er. Es war Tanjas altes Gefängnis. „Nein, nein, nein!“, rief Ben, sprang auf und hämmerte gegen die Tür. „Das darf nicht wahr sein! Ihr kleinen, verdreckten Mistkerle!“, schrie er durch den ganzen Raum und ließ sich schließlich aufs Bett zurücksinken. „Oh, fuck…“, murmelte er und vergrub seinen Kopf in den Händen. Jetzt war Tanja gerettet, aber nun saß er hier fest. So hatte er sich seinen Urlaub auf gar keinen Fall vorgestellt… Jetzt musste er darauf warten, dass sein Freund und Partner ihm zu Hilfe kam und dass er hier wieder irgendwie rauskam. Dann legte Ben sich hin und schloss die Augen, um etwas Schlaf zu tanken. Was anderes konnte er im Moment eh nicht tun.

  • Kaum war Semir bei dem Haus der Schuberts angelangt und hatte die drei zum Haus begleitet, hatte Tanja einen Gedankenblitz. „Herr Gerkhan…“, begann sie. Semir sah sie an. „Ja?“, fragte er zurück. „Was ist, wenn Herr Jäger genau da festgehalten wird, wo ich auch festgehalten wurde? Dann könnte man den Ort doch sicher finden, oder? Schließlich hat mich ja Stefan… äh… ich meine natürlich Herr Hauser mitgenommen und der wusste doch, wo er war, nicht?“, fragte sie und bei Stefans Namen wurde sie leicht rot. Semir schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. „Natürlich! Da bin ich noch gar nicht drauf gekommen!“, sagte er. „Sie werden nun erstmal schlafen gehen, Tanja. Sie auch, Herr Schubert. Herr Seegers wird bei Ihnen bleiben“, bestimmte Semir und Seegers nickt. Deswegen war ja mitgekommen! „Herr Schroth ist wohl schon nach Hause gefahren…“, sagte Semir mit einem Blick durch die Fenster in das dunkle Haus. „Wir sehen uns morgen!“, antwortete Schubert und die drei Menschen verschwanden durch die große Eingangstür. „Ben, ich werde dich retten, so wahr ich Semir Gerkhan heiße!“, schwor sich Semir und dann machte sich auf den Weg ins Hotel.



    „Boss, sie sind wieder da… jedenfalls zweidrittel von ihnen!“, kündigte Jim an und trat zur Seite, damit Timo und Paul den Raum betreten konnten. „Wo ist Tom?“, war die erste Frage, die der Doktor stellte. „Er hat’s nicht geschafft…“, murmelte Paul, „ein Bulle hat ihm in den Arm geschossen und um kein Risiko einzugehen, habe ich ihn ungelegt…“ Thiel starrte Paul und Timo an. „Das sind keine guten Neuigkeiten… Aber das Leben ist nun mal kein Glücksspiel, ne?“, sagte er und schon wieder war er fröhlich. Mitleid hatte dieser Mann auf keinen Fall, so viel stand fest! „Habt ihr Tanja?“, war die nächste Frage und nun stotterte Timo herum. „Also eigentlich… wir… naja… nein“, brachte er schließlich heraus und Thiels Gesicht wechselte von HautfarbenZitieren nach rot. „Wie bitte?!“, rief er und machte einen Schritt auf die zwei übriggebliebenen Gangster zu. „Was soll das heißen, ‚nein‘?“, fragte er aufgebracht und Timo erklärte weiter. „Die zwei Bullen, die sich schon damals eingemischt haben… nun ja… sie waren wieder da und haben uns den Plan vermasselt…“, gestand Timo und Paul erzählte rasch weiter: „Aber es gibt auch gute Neuigkeiten! Einen der Bullen konnten wir gefangen nehmen! Und nun sitzt er in der Bunker-Lagerhalle fest!“, freute er sich fast und die Gesichtsfarbe von dem Doktor nahm wieder ab. „Immerhin etwas habt ihr geschafft, sonst…“, fing er an, doch er brach ab. In dem Moment kam Ralf herein und bemerkte, dass wieder etwas schief gelaufen war. Man konnte die schlechte Stimmung quasi in der Luft riechen. „Boss… was soll denn nun mit Max passieren?“, fragte er vorsichtig. „Um den kümmere ich mich morgen… und ihr zwei: Ihr geht jetzt nach Hause und morgen werde ich mir diesen Bullen genau angucken… und jetzt AB!“, rief Thiel und die zwei hechteten aus dem Zimmer. „Wo ist Tom?“, fragte Ralf zaghaft. „Tot“, sagte Thiel gleichgültig und setzte sich. Ralfs Augen wurden groß. So war das alles nicht geplant gewesen. Nachdem er die Jungs nirgends gefunden hatte, auch nicht an Revieren in der Nähe, war er wieder hierher gefahren. Aber dass Tom nun tot sein sollte, konnte er sich nicht vorstellen. Langsam verließ er den Raum, um in sein Hotelzimmer zu fahren. Er musste sehen, was der morgige Tag bringen würde. Vielleicht konnte er ja endlich wieder nach Hause und seine OP hinter sich bringen?

  • Samstag, 6 Uhr
    Suchaktion


    Nachdem Semir gestern ins Hotel gefahren war, hatte er sofort die Chefin informiert, dass Tanja zwar weiterhin in Sicherheit war, aber nun Ben entführt wurde. Die Krüger hatte professionell gehandelt. Sie schrieb Ben zur Suche aus, sodass alle Kollegen in Bayern informiert wurden. Dadurch rief Seegers kurze Zeit später an, um Semir mitzuteilen, dass alles okay war und jetzt, wo Ben gesucht wurde, alles gut gehen würde. ‚Na, der hat gut reden!‘, hatte Semir sich gedacht. Nachdem die Chefin ihrem Kommissar tausend Mal eingeprägt hatte, nichts Unüberlegtes zu tun, geschweige denn jetzt sofort um kurz vor Mitternacht loszugehen, um Ben zu suchen, hatte Semir schließlich das Licht gelöscht und er hatte versucht zu schlafen. Natürlich klappte dies nicht. Die ganze Zeit dachte er an Ben, wie es ihm wohl gerade ging, was er machte, ob er auch wach lieg? Um kurz nach eins jedoch siegte die Müdigkeit und Semir fiel in einen unruhigen Schlaf.
    Jetzt, wo es gerade sechs Uhr war, lag er schon wieder wach. Doch diesmal stand der kleine Kommissar auf und zog sich an. Seine Tagesplanung war gesetzt. Er wollte Ben retten! Dies stand schon seit dem Zeitpunkt fest, wo Ben nicht mehr geantwortet hatte. Er wollte Hartmut anrufen, um ihn zu fragen, wo dieser Stefan Hauser wohnte. Ebenfalls wollte er nach Dr. Sasha Thiel fragen, um diesem einen Besuch abzustatten. Also wählte er die Nummer der KTU, in der Hoffnung, dass Hartmut mal wieder dort geschlafen hatte. Und tatsächlich hob der rothaarige Kriminaltechniker ab: „Hallo?“, murmelte er verschlafen in den Hörer. „Hartmut, ich bin‘s, Semir!“, meldete Semir sich. „Semir… es ist sechs Uhr!“, motzte Hartmut und gähnte erstmal kräftig. „Ich weiß, ich weiß, Einstein, aber du musst mir helfen. Ben wurde entführt und du musst für mich zwei Namen heraussuchen!“, erklärte Semir und sofort kam Leben in den Rotschopf. „Alles klar, der Computer wird gestartet!“, sagte er und Semir begann zu erzählen.Nach 20 Minuten hatte der Deutsch-Türke die Adresse von sowohl Dr. Sasha Thiel als auch von Stefan Hauser, dem Retter von Tanja. Bedankend verabschiedete er sich von Hartmut und legte auf. In einer Stunde würde er gemeinsam mit Tanja los zu Hauser fahren und die Lagerhalle suchen. Wenn sie Glück hatten, fanden sie die vielleicht und alles würde gut werden. Aber würde es echt so einfach werden? Semir hatte da so seine Zweifel…


    Samstag, 7:30 Uhr
    Los geht’s!


    Nachdem Semir wie ein Tiger in seinem Zimmer auf und ab gelaufen war, entschloss er sich endlich loszufahren zu können und mit Tanja erste Schritte versuchen könnte, Ben zu finden. Also brauste er so schnell es ging mit seinem BMW los zu den Schuberts. Er klingelte drei Mal hintereinander an der Tür und da machte Seegers auch schon auf. „Morgen, Herr Gelshan!“, begrüßte er Semir. „Gerkhan…“, korrigierte Semir ihn und betrat das große Haus. „Ich muss Ihnen etwas mitteilen…“, fing Seegers an und so entstand eine lange Konversation.


    Ben wachte auf. Wo war er? Wo war Semir? Und da fiel ihm alles wieder ein. Er wurde entführt und saß nun in diesem kleinen Raum, wo Tanja auch festgehalten wurde. Vorsichtig setzte er sich auf und schaute in die Kamera, die an der Decke hing. Wütend zeigte er dieser den Mittelfinger. Sollten die doch alles aufzeichnen, was sie wollten. Er würde hier freikommen und Semir würde ihn retten. Sein Handy und seine Waffe waren natürlich weg, aber die hätten ihm nun auch nicht weiter gebracht. Die Tür war ziemlich dick und er hatte keine Ahnung, wo er war. Dann entdeckte er das Tablet, das an der Tür stand. Es gab Brötchen und Kaffee zum Frühstück. Frustriert nahm er sich das Essen zur Hand und biss hinein. „Semir, ich weiß, dass du kommen wirst!“, sagte Ben.

  • „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Herr Seegers! Es geht hier um meinen Partner und um Herrn Schuberts Tochter Tanja! So wie es aussieht stecken die beiden in Lebensgefahr, wurden entführt und was weiß ich noch alles… und Sie halten es nicht für nötig, mir Bescheid zu geben, wenn ein neuer Brief der Verbrecher vor der Tür liegt?!“ Semir schritt aufgebracht durch den Raum. „Herr Geskan…“, fing Seegers an. „Ich heiße Gerkhan, G-E-R-K-H-A-N!“, buchstabierte Semir wütend dazwischen. „Okay, Herr Gerkhan... Es war 2 Uhr nachts und ich wurde plötzlich wach, nachdem ich Lichter bemerkt hatte. Natürlich war ich sofort angespannt gewesen, aber nachdem niemand versucht hatte, in das Haus einzudringen und die Lichter wieder weg waren, habe ich vor die Haustür geguckt und da lag dann der Brief! Um 2 Uhr ruft doch kein Mensch mehr irgendwen anders an!“, erklärte Seegers protestierend. „Es geht trotzdem um meinen Partner Ben Jäger!“, konterte Semir. Doch bevor er weiterredete, kam Schubert gemeinsam mit Tanja die Treppe hinunter. „Morgen…“, murmelte der alleinerziehende Vater und setzte sich aufs Sofa. „Dann lassen Sie uns nun den Brief laut vorlesen. Ich kenne den Inhalt zwar schon, aber Sie ja noch nicht, Herr Gerkhan“, meinte der Polizeichef und öffnete den Briefumschlag. ‚Ey… er hat sich meinen Namen gemerkt…‘, dachte Semir ironisch. „Auf Fingerabdrücke habe ich schon getestet… nichts“, sagte er schnell, bevor Semir noch etwas zu diesem Thema erwidern konnte. In Zeitungsbuchstaben stand auf einem weißen Blatt geschrieben:


    WIR HABEN IHREN PARTNER.
    NEUE ÜBERGABE ERFOLGT IN DREI TAGEN.
    WIR TAUSCHEN DEN BULLEN MIT TANJA AUS.
    WENN WIR AUCH NUR IRGENDWO DIE POLIZEI ENTDECKEN, WIRD SOWOHL IHR KOLLEGE ALS AUCH TANJA ERSCHOSSEN.
    WIR HOFFEN AUF IHRE KOOPERATION.


    Wieder stand eine Adresse darunter, die gleiche wie zuvor. Semir lief ein Schauer über den Rücken. „Sie wollen also Ben im Gegentausch mit Tanja…“, murmelte er und in seinem Kopf ratterte es. Gab es eine Möglichkeit, die beiden zu bekommen ohne dass einer in den Fängen der Bösen blieb? Ratter, ratter, ratter… Schubert besah sich den Brief nochmal genauer. Er musste seine Tochter gegen einen Polizisten austauschen. Für ihn war die Antwort klar: „Ich werde Tanja nicht noch einmal in die Fänge von diesen Leuten geben. Allein, weil wir immer noch nicht wissen, ob Sasha tatsächlich der Drahtzieher ist!“, bestimmte er. „Aber Papa… es geht hier um Herrn Gerkhans Partner und Freund“, meinte Tanja plötzlich und alle Beteiligten im Raum richteten die Augen auf die 16-jährige. „Ich bin dafür, dass diese Tauschübergabe stattfindet“, sagt sie mit zitternder Stimme und Semir ließ die Luft aus seinen Lungen entweichen. „Tanja… hast du dir das genau überlegt? Das könnte gefährlich für dich werden… und wenn unser Plan, den wir noch schmieden werden - ich habe da schon ein paar Ideen - nicht klappen sollte, landest du wieder in dem Bunker. Ist dir das klar?“, stellte Semir fest und Schuberts Tochter nickte ehrfürchtig. Seegers hörte der Diskussion aufmerksam zu. „Dann fahren sie beide jetzt erstmal zu diesem Herrn Hauser. Danach kommen sie hierher, wir besprechen den Plan, Herr Gerkhan, und dann geht es weiter zu Dr. Thiel. Alles einverstanden?“, fasste der Polizeichef die nächsten Schritte zusammen. Tanja und der kleine Deutsch-Türke nickten. „Dann los!“, sagte Semir und gemeinsam mit Tanja ging er zum BMW.

  • Samstag, 9 Uhr
    Wegbeschreibungen?


    Schweigend fuhren Semir und Tanja ihren Weg zu Stefan Hauser. Kaum waren sie angekommen, schaute Tanja sich nervös um. „Alles okay?“, fragte Semir vorwurfsvoll. „Ja, aller klar…“, sagte Tanja und stieg schließlich aus. Semir folgte ihr. Er selbst klingelte an der Tür zu Hausers Tür. Als keiner aufmachte klingelte er nochmal. „Herr Hauser?“, fragte er laut gegen die Tür und da endlich wurde aufgemacht. „Ja? Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte der junge Mann etwas schlaftrunken und als er Tanja sah, blieb sein Blick an ihr hängen. „Ach… Miss Schubert…“, lächelte er und Tanja lächelte zurück. „Ja…“, begann Semir, „dürfen wir reinkommen?“ Stefan schaute weiterhin Tanja an, aber immerhin nickte er und ließ die beiden Gäste durch. „Gerkhan, Kripo Autobahn, Kreis Köln in NRW“, meinte Semir und zeigte dem Mann seinen Ausweis. „Es geht sicherlich um Tanjas Entführung… habe ich Recht?“, fragte Stefan freundlich und Semir nickte. Tanja wurde rot, als Stefan ihren Namen sagte und starrte leicht verlegen zu Boden. ‚Aha…‘, dachte Semir und schmunzelte ganz leicht. Wenn da nicht grade die Funken sprühten! „Weswegen wir hier sind… wissen Sie noch, wo Sie Tanja aufgegabelt haben? Ungefähr die Wegbeschreibung oder besondere Merkmale der Umgebung? Oder der genaue Name der Gegend, Landschaft, Stadt?“, ratterte Gerkhan drauf los. Stefan dachte angestrengt nach. Schließlich antwortete er: „Das war ja nun vor gut zwei Tagen… hm… den genauen Standort kann ich nun nicht benennen… aber immerhin weiß ich, dass ich auf einer langen Landstraße gefahren bin! Wissen Sie… ich wusste nicht, was ich machen sollte, also bin ich in mein Auto gestiegen und losgefahren, irgendwelche Strecken… und so auf Schilder achte ich nicht!“ Ein bedrückendes Schweigen setzte ein. „Sie wissen wirklich nicht, wo Sie waren… auch nicht ungefähr?“, hakte Semir nochmal nach. „Naja, wie gesagt… eine lange Landstraße. Ahja, ein Wald war da noch! Aber es war dunkel, deswegen… keine Ahnung!“, sagte er schuldbewusst, „ich bin auch einfach nicht so gut in Sachen merken…“ Frustriert stand Semir auf. „Trotzdem vielen Dank für Ihre Bemühungen. Und schlafen Sie ruhig weiter!“, sagte er mit einem Blick auf die Schlafsachen Hausers. Tanja, die die ganze Zeit geschwiegen hatte, brachte nun endlich auch zwei Worte heraus: „Danke, Stefan!“ Dieser grinste. „Gerne!“ Nach einem Verabschieden ging Semir zu seinem BMW und wartete geduldig auf Tanja. An seinem Wagen gelehnt beobachtete er, wie Stefan Schuberts Tochter noch schnell einen Zettel in die Hand drückte, bevor er die Tür schloss und Tanja in den Wagen stieg. Da hatte Semirs Intuition doch richtig gelegen. Funken sprühten da alle male! Und Ben würde nun sicherlich einen Witz darüber ablassen. Wenn er denn hier wäre… Mit einem frustrierten Stöhnen startete Semir den Wagen und machte sich mit Tanja auf den Weg zurück zu den Schuberts.


    Ben starrte an die Decke. Was sollte er machen? Hier rumsitzen und nichts tun? Oder versuchen auszubrechen? Oder einfach auf Semir warten, dass er ihn befreit? Ben wusste es nicht. Er wusste nicht, was zu machen war, er wusste nicht, wie er hier rauskommen sollte, aber was er wusste: Er musste diese Kamera kaputt machen. Diese starrte ihn schon die ganze Zeit unaufhörlich an und wenn das so weiter ging, würde er wahnsinnig werden, da er genau wusste, dass sie ihn beobachteten. Entschlossen stand Ben auf und versuchte irgendwie an die Kamera ranzukommen. „Mann, warum hängt die denn so hoch?“, fluchte er. Aber beim besten Willen, er kam nicht dran. „Scheiße, man, scheiße!“, schrie er und ließ sich auf den Boden fallen, wo er seinen Tränen freien Lauf ließ. Wenn Semir nicht kommen würde, würde er hier verrecken. Alleine, ohne jede Menschenseele. Leise machte sich ein Lied in ihm breit, eins seiner Lieblingslieder...


    We'll do it all,
    Everything,
    On our own.


    We don't need,
    Anything,
    Or anyone.


    If I lay here,
    If I just lay here,
    Would you lie with me and just forget the world?

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