Wenn ein Tag zur Ewigkeit wird

  • Ben hob beide Hände in die Luft, und beobachtete schwer atmend den Spalt, der immer größer wurde. Seine Augen waren vor Angst geweitet; seine Brust hob und senkte sich in Rekordgeschwindigkeit. Dann erschien der Lauf einer Waffe in der Tür und plötzlich ging alles ganz schnell. Eine Hand packte Ben genau da, wo die Kugel ihn gestern getroffen hatte und er wurde grob durch die Tür in den Raum gezerrte. Ben schrie auf vor Schmerz und hörte nur im Hintergrund, wie die Tür wieder zugeschlagen und abgeschlossen wurde. Doch er erholte sich schnell von dem brutalen Griff und rappelte sich vom Boden auf, wo er hingefallen war. Es schien weitere Opfer gegeben zu haben; allerdings saßen immer noch knapp zwanzig verängstigte Schüler, die Ben mit großen Augen anstarrten, in derselben Ecke wie zuvor auch. „Was willst du?“, knurrte einer der Männer und presste Ben die Waffe an die Schläfe. „Lasst die Schüler gehen.“, bat Ben mit fester Stimme. „Ihr reitet euch doch immer nur noch tiefer in die Scheiße! Ihr kommt hier nicht mehr raus! Was bringt euch das? Guckt sie euch an! Seht sie euch einmal an! Wollt ihr sie wirklich alle umbringen?“ Seine Stimme klang fast verzweifelt. Alle starrten ihn an; keiner sagte ein Wort. Der Druck an Bens Schläfe hatte nachgelassen; er hätte die Waffe ohne weiteres wegschlagen können, aber er wusste, dass das jetzt der größte Fehler war, den er machen konnte. So hielt er still. „Es bringt nichts mehr. Ihr habt es in der Hand.“ Ben schluckte; die Sekunden der Stille fühlten sich an, wie eine Ewigkeit. „Diese Kinder haben Eltern; haben Leute, die sich Sorgen machen. Sie haben nichts getan. Sie haben euch nichts getan! Ich weiß, ihr habt kein Mitleid; ihr habt verflucht nochmal nicht das kleinste Scheiß-Gefühl und egal was ich sage geht auch verdammt noch mal am Arsch vorbei, aber wenn ihr uns hier gleich alle erschießt, dann will ich euch vorher noch eins sagen.“ Ben setzte nun alles auf eine Karte – seine letzte. „Das hier ist ‘ne Nummer zu groß für euch und ganz egal wie das ausgeht: Euer Leben wird sich danach verändern! Ich will nicht um mein Leben betteln, das ist euer Ding. Ihr habt’s in der Hand, aber ihr habt schon Menschen erschossen. Und wenn ihr irgendwo doch noch irgendein klitzekleines Gefühl in euch habt, dann lasst ihr jetzt wenigstens die Kinder gehen. Behaltet mich; aber lasst sie gehen.“ Er deutete auf die Schüler. „Zeigt denen einfach, dass ihr nicht irgendwelche Monster seid. Es ist eure letzte Chance.“


    Wieder war es still. So unendlich still. Diesmal blieb auch Ben still. Es gab nichts mehr, was er zu sagen hatte. Entweder es ging den Typen wirklich komplett am Arsch vorbei, was er gesagt hatte – dann waren sie eh verloren – oder sie dachten über Bens Worte nach. So schien es, doch zu welchem Schluss sie kommen würden, war noch lange nicht gesagt. Ben beobachtete sie ganz genau; gegenseitig warfen sie sich Blicke zu; schienen so miteinander stumm zu kommunizieren. Dann entschieden sie sich. Ben lag immer noch auf dem Boden; es tat weh und war unbequem, aber er wagte nicht, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Er spürte, wie der Druck an seiner Schläfe ganz verschwand; wie die Waffe weggezogen wurde. Dann setzten sich die Vier in Bewegung; gingen auf die Tür zu und drehten den Schlüssel. Immer noch blieb Ben wie versteinert liegen; paralysiert; unfähig zu verstehen, was wirklich passierte. Dann öffneten sie die Tür und einer nach dem anderen verließ den Raum. Wortlos. Einfach so. Dann fiel die Tür ins Schloss. Das leise Klicken klang in Bens Ohren wie ein Schuss. Er hörte, wie der Schlüssel auf der anderen Seite erneut umgedreht wurde und dann wie sich Schritte entfernten. Sie waren alleine. Und sie waren außer Gefahr. Ben blieb liegen; noch immer unfähig sich zu bewegen. Es war zu einfach gewesen; viel zu einfach. Was hatten die vier vor? Wo gingen sie hin? Es waren Fragen, die sich jeder in diesem Moment gestellt hätte. Aber wieder nur in der Theorie. In der Praxis war Ben viel zu geschockt; viel zu angespannt um überhaupt daran zu denken. In diesem Moment zählte für ihn nur eins: Dass sie weg waren. Warum? Wo? Wie? Das alles spielte für ihn keine Rolle. Er lebte; die Schüler lebten und mehr war nicht wichtig; nicht wichtig, weil er gedacht hatte, er würde sterben. Und die Tatsache, dass er einfach so lebte; dass einfach nichts passiert war; einfach so; die verschaffte ihm eine derartige Erleichterung, dass sein Gehirn nicht zu mehr in der Lage war. Für Ben war es in dem Moment einfach egal. Und vielleicht war das ein noch größerer Fehler, als wenn Ben eben die Waffe weggeschlagen hätte. Ein Fehler, der noch gefährlicher war, als sein Plan alleine hier rein zu gehen. Ein Fehler, der alles verändern konnte. Ein tödlicher Fehler.

  • Das Internat, das auch Ben früher besucht hatte, war alt. Schon viel älter als Ben; wahrscheinlich sogar älter als Bens Großeltern. Von außen sah man nur die dicken Steine, die im Sommer keine Wärme und im Winter keine Kälte hindurch ließen, doch von innen sah man das Holz, dass die Wände schmückte und den Boden. Ben hatte das immer gemocht. Die Schule war leer und ausgestorben als die vier Geiselnehmer durch die ihnen unbekannten Gänge irrten. Doch so unbekannt ihnen die Schule auch war und so tief sie auch in der Scheiße saßen: Dumm waren sie nicht. Ihnen blieb Zeit; genug Zeit… Die Benzinkanister waren nicht schwer zu finden; sie hatten sie schon auf dem Hinweg gesehen. Das Holz war trocken; Ben hatte es immer gemocht – jetzt würde es für ihn eine tödliche Falle werden. Sie kippten das Benzin nicht ins oberste Stockwerk; der Weg war zu weit. In der Mitte, wo sie es gefunden hatten, durchtränkten sie den Boden damit. Literweise. „Okay?“ Es war das erste Mal, dass einer von ihnen sprach seit sie den Raum verlassen hatten. Alle nickten. Das Klacken des Feuerzeugs hallte in der Stille der ausgestorbenen Schule. Es zischte, als das Benzin Feuer fing. Eine winzig kleine Sekunde glühte es kurz auf, dann schossen die Flammen in die Höhe; fraßen sich ihren Weg das Benzin entlang; sprangen auf die Wände über; die Decken… die vier rannten; rannten weg. Um sich irgendwo zu verstecken, bis das Chaos ausbrach und sie fliehen konnten. Über ihnen bemerkte noch keiner das Feuer. Es sollte nicht lange so bleiben.


    Erst langsam löste sich Ben aus seiner Starre; konnte sich wieder bewegen. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, als er sich langsam erhob; die Hand auf die schmerzende Seite gepresst. Einen Moment starrten sie sich an, dann kehrte bei Ben endgültig der Verstand wieder zurück. „Alles okay bei euch?“, fragte er ruhig. Einer der Schüler nickte. Ben nahm das als ‚ja‘ für alle. „Okay, dann stehen wir jetzt auf und gehen zusammen nach unten, ja?“, erklärte er und versuchte so viel Ruhe auszustrahlen wie möglich. Ganz langsam erhoben sich die ersten Schüler. Ben nahm Anlauf und trat die abgeschlossene Tür geübt ein. Er stöhnte kurz auf, als ihn ein stechender Schmerz durchzuckte, aber um seine Wunde konnte er sich gleich immer noch kümmern. Jetzt mussten sie hier raus. „Gut, bleibt hinter mir, ja? Und dicht zusammen.“ Die Schüler gehorchten. Trotzdem kamen sie nicht weit. Am Ende des Ganges hörte Ben zum ersten Mal dieses Zischen; das Knistern. Er dachte sich nichts dabei. „Okay, los – die Treppe runter.“, wies er die Gruppe an und wartete oben, bis alle Schüler an ihm vorbei waren. „Da ist Feuer!“, hallte es von unten. Die Stimme des Jungen klang nach Panik. Ben sprang ein paar Stufen hinunter, doch dann sah auch er den rötlichen Schimmer; spürte die Hitze und roch den Rauch. Er musste nicht lange nachdenken: „LAUFT!“, schrie er und schubste die letzten Schüler ein Stückchen weiter. „RAUS HIER! SOFORT!“ Und die Schüler rannten. Der Gang war schmal und Ben musste warten, bis sich auch der letzte Schüler hindurch gedrängt hatte. Er spürte, wie die Flammen hinter ihm näher kamen und nun stieg auch in ihm die Panik hoch. „SCHNELLER!“, schrie er, aber es half natürlich nichts. „Scheiße.“, murmelte er; der Rauch wurde immer dichter. Ben musste husten und krümmte sich nach unten; seine Wunde brannte. Als er wieder aufsah, waren die Schüler verschwunden. So schnell er konnte rannte er den Gang entlang; der Rauch nahm ihm die Sicht. Er wusste nicht, wo der Flur hinführte und irgendwann stand er an der nächsten Kreuzung. Die Panik und der Rauch hinderten ihn am denken; alles drehte sich. Schneller und schneller. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu. Schwer atmend drehte er sich im Kreis; suchte nach irgendetwas bekanntem, aber alles war voll von schwarzem Rauch und rotem Feuer. Ben musste erneut heftig husten; er spürte, wie die Luft langsam knapp wurde. Dann rannte er einfach los. Einfach irgendwo hin. Es war die falsche Richtung, doch das wusste er nicht.

  • Semir stand direkt neben der Tür, als sie aufflog und die ersten Schüler auf den Hof gestürmt kamen. Erleichterung durchströmte ihn: Ben hatte es geschafft! Er hatte das Unmögliche geschafft! Doch Semirs erleichterter Aufschrei verstummte schnell wieder, als er jeden einzelnen der Schüler förmlich abscannte mit seinem Blick; nach braunen, verwuschelten Haaren suchte. Doch dann fiel die Tür wieder ins Schloss. Und Ben war noch drinnen. „Es brennt!“ Semir fuhr herum bei dem Ruf. „Da!“ Er folgte dem ausgestreckten Arm des Polizisten und tatsächlich: Aus den Fenstern schlugen Flammen; schwarzer Rauch stieg in die Luft. Und irgendwo da drin war Ben. „Da ist noch jemand im Gebäude!“, schrie Semir verzweifelt, doch man beachtete ihn nicht. Zwei kleinere Feuerwehrwagen waren vor Ort, doch sie konnten kaum etwas ausrichten; Verstärkung war unterwegs. Aber so lange konnte Semir nicht warten. Jetzt zählte jede Sekunde. Ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, stürmte er auf das Gebäude zu; Kollegen hielten ihn fest, aber Semir rannte weiter. Immer weiter. „Gerkhan!“ Es war erst Frau Krüger; ganz kurz vor der Tür; die ihn aufhalten konnte. „Wenn Sie da jetzt so rein rennen, hilft das weder Ben noch sonst irgendwem.“ Semir starrte sie bloß an; der Blick verzweifelt. „Die Feuerwehr wird Ben da raus holen.“ Frau Krügers Stimme war voller Zuversicht; gespielter Zuversicht. Zwar stürmten nun die ersten Feuerwehrleute ausgestattet mit Schutzanzügen und Atemmasken in das Gebäude, aber Semir hatte selber gesehen, wie riesig es war. Wenn Ben wirklich irgendwo verletzt lag und die Schule nicht mehr aus eigener Kraft verlassen konnte, war es mehr als unwahrscheinlich, dass man ihn rechtzeitig fand. „Vielleicht ist er woanders raus.“, versuchte es Frau Krüger weiter. „Oder er jagt noch die Geiselnehmer. Und was glauben Sie, wie Ben sich fühlt, wenn er raus kommt und erfahren muss, dass sie irgendwo tot in dem Gebäude liegen, weil Sie ihn retten wollten?“ Semir starrte sie nur an; die Tränen standen in seinen Augen. „Und was, wenn er wirklich Hilfe braucht?“, krächzte er leise. Frau Krüger sah ihn ernst an. „Dann wird die Feuerwehr ihn rechtzeitig finden.“, versprach sie und zog Semir ein Stückchen von dem brennenden Gebäude weg. „Sie werden ihn finden.“


    Der Rauch wurde immer dichter; immer schwärzer. Ben konnte nichts mehr sehen; seine Augen brannten und er musste die Lider fest zusammenkneifen, als ihm die Rußpartikel ums Gesicht schwirrten. Jeder Atemzug wurde zur Qual; der Rauch brannte in seinen Lungen und langsam aber sicher bekam Ben das Gefühl, als würde ihm jemand ein feuchtes Tuch vor Mund und Nase pressen. Ein Gefühl, als würde er gleich ersticken. Ein Hustenanfall schüttelte ihn; so stark, dass er stehen bleiben und sich gegen die Wand lehnen musste. Ihm war schwindelig und übel, alles schien sich zu drehen und Ben schnappte immer verzweifelter nach Luft. Gekrümmt vom Husten stolperte er weiter, aber seine Schritte wurden immer kleiner; immer wackeliger. Blind tastete er sich an der Wand entlang; die Panik überwältigte ihn; rauschte in seinen Ohren. Plötzlich verlor er den Boden unter den Füßen. Verzweifelt versuchte Ben sich noch irgendwo festzuhalten, aber er hatte keine Chance. Schmerzhaft knallte er mit dem Rücken auf die harten Treppenstufen; wieder und wieder. Sein Kopf schlug gegen die Wand und als sein Fuß umknickte schrie er vor Schmerz sogar auf. Als er unten aufkam war er bewusstlos. Semir spürte es. Er spürte, dass etwas nicht stimmte. Er wollte aufspringen; wollte ins Gebäude; wollte zu Ben. Die Polizei hatte die Schule inzwischen umstellt und drei der vier Geiselnehmer festgenommen, die offenbar gehofft hatten in dem Chaos des Feuers unbemerkt verschwinden zu können. Aus dem Augenwinkel sah Semir zu, wie einer von ihnen sich gegen die drei Polizisten wehrte, die ihn mit aller Mühe auf dem Boden hielten, aber es interessierte ihn nicht. Es war merkwürdig: Die ganze Zeit hatte Semir auf diesen Moment hin gefiebert; dass die Schüler in Sicherheit waren und die Kerle bestraft wurden, für das was sie getan hatten. Aber jetzt fühlte er sich einfach nur leer. Leer, weil er genau wusste, dass Ben eben nicht nur irgendeinen Umweg genommen hatte; leer, weil er ganz genau wusste, dass Ben in Lebensgefahr war; dass er vielleicht schon… Semir schüttelte den Kopf, als könnte er den Gedanken so loswerden, aber es funktionierte natürlich nicht. „Ben…“, er flüsterte den Namen, als könnte er seinem Partner so helfen. Doch die Minuten vergingen und kein Ben kam. Und irgendwann wusste Semir es; wusste, dass er es sich nie verzeihen würde, wenn er jetzt einfach hier sitzen blieb. Ben war sein Partner; sein bester Freund. Und egal, ob er sich selber in Lebensgefahr brachte, er musste einfach alles versuchen um ihn zu retten. Und ohne auf Frau Krügers Rufe zu hören; ohne die Leute weiter zu beachten, die versuchten ihn aufzuhalten; sprang er auf und stürmte in die brennende Schule. Und als er durch das schwere Eingangsportal hinein trat schwor er sich das Gebäude nur mit Ben zu verlassen. Mit Ben oder gar nicht.

  • Da hab ich mir gerad die Feeds durchgelesen und sehe einen von BenFan* der mir ernsthaft ein wenig Angst gemacht hat, aber dann dachte ich "reagier doch mal auf die bitte" und na ja, da ich wirklich selten poste, heute mal zwei Teile ;)


    Als Ben wieder halbwegs zu sich kam, hing der Rauch so dicht in der Luft, dass Ben wirklich kaum noch Luft bekam. Seine Brust hob und senkte sich; verzweifelt schnappte er nach Luft, aber die Menge Sauerstoff, die bis in seine Lungen vordrang war mehr als unbefriedigend. Er musste würgen, aber es half nichts; schien alles nur schlimmer zu machen. Ihm war unfassbar schwindelig; alles drehte sich als wäre er auf einem Kettenkarussell. Erneut musste er würgen; Magensäure sammelte sich in seinem Mund; lief ihm die Mundwinkel herunter. War er gerade erst aufgewacht, so fühlte sich Ben, als würde er jede Sekunde erneut das Bewusstsein verlieren. Und diesmal endgültig. Mit aller Macht zwang er sich die Augen halbwegs offen zu halten; versuchte sich zu beruhigen; irgendwie aufzustehen. Aber der Sturz hatte ihm offenbar den Rest gegeben. Ben wusste nicht, was genau passiert war; er spürte nicht einmal die Schmerzen richtig, so benebelt war er schon. Sein Kopf tat weh; er konnte nicht mehr denken. Da war nur die Panik. Panik, weil er keine Luft mehr bekam; weil er die ganze Zeit husten musste und trotzdem kein Sauerstoff in seine Lungen gelangte. Und so war er fast froh, als es endlich endgültig schwarz wurde vor seinen Augen und er einfach nichts mehr spürte. Einfach nichts.


    Semir presste seinen Jackenärmel vor Mund und Nase, als er durch die dicken Rauchschwaden immer tiefer in das Gebäude stürmte. „BEN!“, schrie er, aber seine Stimme klang erstickt. „BEEEEEN!“ Keine Antwort. „BEN!“ Immer verzweifelter schrie Semir den Namen seines Partners; rannte hier hin und dort hin, ohne überhaupt zu wissen, wo er war. Und mit jedem Schritt wurde ihm immer deutlicher bewusst, wie ausweglos das Ganze war. Wie sollte er Ben jemals rechtszeitig finden? Wie? Semir spürte, wie ihm erneut die Tränen kamen; er musste husten, als der Rauch immer dichter wurde. Tapfer kämpfte er sich weiter durch den Gang; immer weiter. Plötzlich spürte er, wie ihn eine Hand fest am Arm packte. Erschrocken fuhr er herum und blickte in das maskierte Gesicht eines Feuerwehrmannes, der ihn mit einer Mischung aus Wut und Verwirrung anstarrte. „Sie müssen hier raus!“, schrie er ihn an, auch wenn Semir die Worte durch die dicke Atemschutzmaske kaum verstehen konnte. Aber er schüttelte den Kopf; versuchte sich loszureißen. „BEN!“, schrie er erneut und zog verzweifelt an seinem Arm. „BEEEEN!“ Doch der Andere hielt ihn gnadenlos fest. Semir musste erneut heftig husten; langsam wurde ihm schwindelig von dem Rauch und er spürte, wie sein Widerstand schwächer wurde. Der andere Mann stützte ihn ab und schnallte auch Semir eine Sauerstoffmaske auf. Einen Moment bekam Semir gar keine Luft, doch bevor die Panik sich in ihm ausbreiten konnte, spürte er, wie endlich wieder frischer Sauerstoff in seine Lungen vordrang. Gierig sog er die Luft ein und sofort wurde seine Umgebung wieder schärfer; der Schwindel verschwand. „Kommen Sie mit!“, schrie der Feuerwehrmann und zehrte Semir durch den Gang. „BEN!“, schrie Semir, aber man hörte seine Stimme kaum. Mit aller Gewalt versuchte er sich zu befreien und die beiden Männer rangelten einen Moment miteinander; stolperten blind durch den Gang. Plötzlich stieß der Feuerwehrmann einen überraschten Laut aus und ließ Semir los, als er stolperte und beinahe hingefallen wäre. Sein Blick schoss auf den Boden, wo das Hindernis gelegen hatte und reflexartig folgte Semir dem Blick des Anderen. Es war dunkel von dem Rauch und zunächst sah er nur die Umrisse eines menschlichen Körpers. Aber Semir brauchte nur Eins und Eins zusammenzuzählen um zu wissen, über wen sie hier gerade gestolpert waren. Es war Ben.

  • Oh man, es tut mir echt leid xD Aber ich verpeil immer hier auf die Seite zu gehen, also ich entschuldige mich das ich nich gepostet habe, aber ich habs schlicht und ergreifend vergessen!! Sorry ;)


    „BEN!“, schrie Semir erneut und ließ sich neben dem reglosen Körper auf den Boden fallen, während der Feuerwehrmann über sein Funkgerät Verstärkung anforderte. Semir beachtete ihn nicht weiter; starrte nur ungläubig in Bens blaues Gesicht. Die Brust seines Partners bewegte sich nicht. Mit zitternden Händen streckte Semir seine Finger aus und tastete nach Bens Puls. Er fühlte nichts. Gar nichts. „BEN!“ Semir spürte wie ihm die Tränen kamen; unabhängig von dem Rauch. „BEN!“ Wieder drehte sich alles. Wieder lag es nicht am Rauch. „BEN! BEN!“ Semir wusste nicht einmal, ob er die Worte wirklich laut sagte; vielleicht dachte er sie auch nur. Es war egal. Es war zu spät. Semir konnte sich nicht bewegen. Alles rauschte. Ben. Er sah nicht friedlich aus. Semir sah die Angst auf seinem Gesicht. Auch Semir hatte Angst. Er wollte es nicht glauben. Konnte es nicht. Er hatte sich geschworen, das Gebäude nur mit Ben zu verlassen. Oder gar nicht. Verschwommen nahm Semir wahr, dass der Feuerwehrmann sich nun ebenfalls neben Ben auf den Boden gekniet hatte und eine zweite Sauerstoffmaske aus seinem Schutzanzug kramte, die er Ben nun über den Kopf zog. „Er atmet nicht!“, schrie Semir verzweifelt und löste sich aus seiner Starre; starrte auf Bens regungslose Brut. „Er atmet nicht!“ Unfähig irgendetwas zu tun sah er Ben an; betete nur noch, dass ein Wunder geschehen würde und er doch noch… irgendwie… Nur verschwommen wegen der Tränen sah er, wie der Andere sich über Ben beugte; die Hände auf seine Brust legte; drückte… noch einmal. Und noch einmal. Immer wieder und wieder. Und irgendwann, als schon weitere Männer angerückt kamen; irgendwann fuhr Ben auf; schnappte nach Luft. Verzweifelt. Dann sackte er zurück auf den Boden, die Augen geschlossen, aber seine Brust hob und senkte sich wieder. Schnell und unregelmäßig, aber Ben atmete. Er lebte. Wieder. Noch…



    Semir wollte zu ihm, aber die Anderen hielten ihn fest. Zwei von ihnen nahmen Ben; hoben ihn hoch und trugen ihn nach draußen. Schnell. Ein weiterer packte Semir am Arm; führte ihn durch die Gänge. Die beiden Männer mit Ben waren schon lange im Rauch verschwunden, weil sie viel schneller gewesen waren als Semir, doch endlich erreichten auch sie die Eingangshalle; stießen die großen Türen auf und traten nach draußen in den hellen Tag. Semir zog sich die Maske vom Gesicht und atmete die frische Luft von draußen in tiefen Zügen ein. Ängstlich sah er sich um; aber Ben konnte er nicht entdecken. „BEN!“, schrie er verzweifelt. „BEN!“ „Semir…“ Wieder war es Frau Krüger, die ihn beruhigend am Arm packte, aber diesmal riss Semir sich los. „BEN!“ Er spürte den Boden unter seinen Füßen nicht, als er auf den Krankenwagen zu rannte, der sich mit Blaulicht zur Abfahrt bereit machte. „BEN!“ Semirs Stimme war heiser; kaum mehr als ein Krächzen. Wankend blieb er stehen; starrte entsetzt ins Innere des Wagens. „Wir haben Ihn verloren!“ Es war das Letzte, was er hörte, bevor sich die Türen schlossen und der Wagen davonbrauste. Semir starrte ihm nach; spürte nichts mehr. Gar nichts mehr. Nur die Angst um Ben. Dann wurde die Umgebung um ihn herum schwarz. Er spürte nicht mehr, wie er auf dem Boden aufkam.



    Als Semir wieder zu sich kam, brauchte er erstmal ein paar Sekunden, um sich zu erinnern, was überhaupt passiert war. Stöhnend öffnete er die Augen und richtete sich ein Stückchen auf. Er lag offenbar in einem weißen Krankenhausbett; draußen wurde es bereits dunkel. Ben. Ohne nachzudenken schwang er die Beine aus dem Bett uns stand auf. Wo war Ben? Er ignorierte den Schwindel und trat durch die Tür nach draußen in einen belebten Flur. Was war mit Ben? Einen Moment stand er nur da, unsicher wohin er sollte. Lebte er überhaupt noch? Semir schüttelte den Kopf. „Wir haben ihn verloren“ Der Ruf hallte ihn seinem Kopf. Ben. Er musste ruhig bleiben. Entschlossen atmete er einmal tief durch und wandte sich dann an eine junge Schwester, die hinter einer Theke saß und das Treiben beinahe gelangweilt beobachtete. „Entschuldigung.“, meinte Semir ungeduldig. „Ja?“ Sie sah ihn freundlich an. „Ben Jäger.“, erklärte Semir hastig. „Ich muss zu ihm. Wo ist er? Was ist mit ihm? Geht es ihm gut?“ Mit so vielen Fragen schien die junge Frau sichtlich überfordert, doch sie ließ sich nichts anmerken und tippte den Namen brav in ihren Computer. „Er ist auf der Intensivstation.“, erklärte sie ihm dann. „Aber da können Sie nicht hin.“ Semir sah sie an. „Was ist denn mit ihm?“ „Das darf ich Ihnen nicht sagen, tut mir leid.“, erklärte sie freundlich aber bestimmt. „Kann ich denn mit seinem Arzt sprechen, bitte.“ Semir klang jetzt wirklich verzweifelt. „Bitte.“ Die Schwester seufzte genervt und griff dann zum Telefon. Semir wartete ungeduldig, aber die Frau lächelte, als sie wieder auflegte. „Er kommt jetzt.“, erklärte sie und Semir nickte ihr dankbar zu. „Gut.“, meinte er und wartete ungeduldig bis endlich der Doc kam. „Wer hat Ihnen denn erlaubt aufzustehen?“, fragte er überrascht. „Ich selbst.“, erwiderte Semir unwirsch. „Kann ich jetzt bitte endlich zu Ben?“ Die Miene des Arztes wurde ernst. „Kommen Sie mit.“, meinte er und führte Semir wortlos durch den langen Gang bis zu einem Aufzug. Erst als sie alleine in der Kabine standen und nach oben fuhren, wandte er sich an Semir. „Ihr Partner hat eine schwere Rauchvergiftung.“, erklärte er ruhig. „Er liegt auf der Intensivstation; wir beatmen ihn. Es sieht im Moment nicht besonders gut aus.“, fügte er traurig hinzu. Semir starrte ihn an. „Und was heißt das?“, fragte er unsicher. Der Arzt seufzte. „Wir müssen gucken, wie er die Nacht übersteht und wie er auf die Medikamente reagiert. Wenn bis Morgen alles glatt läuft, können wir die Geräte abstellen und er müsste aufwachen. Wenn nicht…“ Er verstummte als der Aufzug anhielt und er voran ging. Semir dufte Ben zunächst nur durch ein Fenster sehen; wie er da lag, blass und reglos, mit geschlossenen Augen und angeschlossen an hunderte Schläuche. Und da waren immer noch diese zwei Worte, die in Semirs Kopf hallten, wie ein Echo: „Wenn nicht….“


    ich poste jz gleich den letzten Teil ;)

  • Semir durfte nicht zu Ben. Egal, wie sehr er sich aufregte, die Tür blieb für ihn geschlossen. Also machte er es sich vor dem Fenster bequem; ignorierte sein Handy; ignorierte einfach alles. Die ganze Nacht starrte er Ben einfach nur an, als könnte er ihm so irgendwie helfen. Es war eine der längsten Nächte, die Semir jemals durchgemacht hatte, aber irgendwann war es vorbei und durch das Fenster am Ende des Ganges kamen die ersten Sonnenstrahlen. Trotzdem dauerte es noch ein paar Stunden, bis der Arzt von gestern wiederkam. Er lächelte Semir kurz zu, bevor er zu Ben ging. Als er wieder nach draußen auf den Flur kam wirkte er zufrieden. „Es sieht ganz gut aus.“, erklärte er Semir freundlich. „Sie dürfen jetzt rein.“ Semir nickte nur dankbar und betrat zögerlich den Raum. Ben schien immer noch zu schlafen; seine Gesichtsfarbe war am ehesten mit grau zu beschreiben und er hatte tiefe Ringe unter den Augen. Aber das Gerät neben seinem Bett zeigte deutlich seinen Herzschlag; noch etwas schwach, aber wieder regelmäßig. „Hey, Ben.“, flüsterte Semir leise und ließ sich neben Bens Bett nieder. „Alles klar bei dir Kumpel?“ Lächelnd nahm er Bens Hand, die schlaff auf der Decke lag und drückte sie an sich. „Es wird alles gut; Ben.“, murmelte er leise. „Alles gut…“ Lange saß er so da; hielt einfach nur Bens Hand und es war bereits Mittag, als Ben endlich aufwachte. Er stöhnte; musste husten, aber dann flatterten seine Lider und sein müder Blick wanderte durch den Raum, bis sich seine Augen auf Semir fixierten. Der Arzt hatte ihm das Beatmungsgerät abgenommen und Ben schien tatsächlich versuchen zu wollen etwas zu sagen. „Hey, alles gut.“, flüsterte Semir leise und strich ihm durch die verschwitzten Haare. „Du bist im Krankenhaus, aber es wird alles gut.“ Er lächelte Ben aufmunternd zu, der den Versuch zu sprechen nun tatsächlich aufgab und als Antwort bloß einmal kurz die Augen schloss. „Schlaf ruhig weiter.“, meinte Semir sanft. „Ja?“ Ben schien zu nicken, denn er bewegte den Kopf einen klitzekleinen Millimeter nach unten, bevor er erneut die Augen schloss und nur Sekunden später wieder eingeschlafen war.



    Doch Ben schien sich schnell zu erholen. Schon nach drei Tagen wurde er auf eine normale Station verlegt und nachdem er die letzten fünf Tage quasi fast durchgeschlafen hatte, schien er, als Semir ihn besuchen kam, schon munterer zu sein. „Hi.“, krächzte er zur Begrüßung; die Stimme immer noch rau und heiser von dem Rauch. „Na Kumpel, alles klar?“ Semir grinste. Ben erwiderte die Geste schwach. „Ich komm‘ grad vom Haftrichter.“, erklärte Semir leise. „Unsere drei Freunde scheinen keine schöne Zukunft zu haben und ich denke auch Leo wird nicht ungeschoren davonkommen.“ Der vierte Kerl war wie Ben dem Feuer zum Opfer gefallen. Doch er hatte es nicht überlebt. „Gut.“, flüsterte Ben; das Sprechen tat noch weh. „Die Schüler werden heute beerdigt.“, fuhr Semir vorsichtig fort und das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht. Ben nickte nur. „Es ist meine Schuld.“, krächzte er leise. Semir hatte geahnt, dass das früher oder später kommen würde. Er kannte Ben. „Ist es nicht.“, erklärte er fest. „Ben, du hast sie gerettet! Ohne dich, wären sie wahrscheinlich alle tot!“ Aber Ben schüttelte den Kopf. „Leo…“, flüsterte er heiser. „Er war so komisch. Ich hätte was merken müssen!“ Semir seufzte.


    „Du hast keine zwei Minuten mit ihm gesprochen. Du kanntest ihn nicht. Seine Lehrer hätten etwas merken müssen; seine Eltern – wenn überhaupt. Aber du am allerwenigsten!“ Ben starrte weiter auf seine Decke. „Ben, wir haben alles getan, was wir tun konnten. Keiner gibt dir die Schuld; das solltest du auch nicht tun, okay?“ Er sah Ben fest an und der Jüngere drehte langsam den Kopf. Dann nickte auch er. Es war leicht zu nicken. Es brannte nicht im Hals, denn Ben wusste, dass es stimmte, was Semir sagte. Er hatte es auch vorher gewusst. Trotzdem hatte er das Bedürfnis gehabt, darüber zu reden; es einfach nochmal aus Semirs Mund zu hören, dass er nichts hätte tun können. Es tat gut. Ben lächelte schwach, dann schloss er wieder die Augen; immer noch erschöpft von den Ereignissen fünf Tage zuvor.


    Nach zehn Tagen durfte er das Krankenhaus verlassen. Seine Schusswunde war soweit gut verheilt und tat nicht mehr weh; der Rauch hatte keine bleibenden Schäden hinterlassen. Am Sonntagnachmittag holte Semir ihn aus dem Krankenhaus ab und Ben freute sich, endlich wieder nach draußen zu können. „Na komm, die Kollegen haben ‘ne Überraschung für dich.“, grinste Semir und Ben warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Wenn du wieder ‘nen Kuchen gebacken hast, verzichte ich lieber, sonst kann ich gleich hier bleiben.“, grinste er. „So schlimm war der auch nicht.“, grummelte Semir. „Aber du hast Glück: Susanne war dran.“ Ben lachte. „Na dann, hab‘ ich ja nochmal Glück gehabt.“, grinste er und stieg in Semirs Wagen ein. Semir warf ihm einen beleidigten Blick zu, sagte aber nichts. Ben lachte und sah aus dem Fenster, wo die Sommersonne auf den Asphalt knallte. Es war vorbei. Und das war das Wichtigste. Ben hatte Angst gehabt; Todesangst. Er hatte alles riskiert, weil er es gemusst hatte. Und auch wenn es Tote gegeben hatte und es sich deshalb nicht wirklich nach einem Happy End anfühlte, wusste Ben auch, dass er nicht mehr gekonnt hätte. Er hatte alles getan; alles gegeben. Und jetzt wollte er einfach nur weitermachen. Es war ein Tag gewesen; ein Tag, der Ben vorgekommen war, wie eine Ewigkeit. Eine Ewigkeit, die niemals enden wollte. Aber alles hatte ein Ende; nicht immer ein Gutes, aber vorbei ist es auf jeden Fall irgendwann. Vielleicht war es das, was Ben geholfen hatte das alles durchzustehen: Zu wissen, dass es nicht ewig so weitergehen würde. Zu wissen, dass alles – egal wie schlimm es ist – irgendwann ein Ende hat.


    ENDE ;)


    So Leute und ich hab mich jetzt dazu entschlossen mich hier zu löschen, weil ich echt gar nicht mehr auf die Seite gehe und was bringt mir das wenn ich hier eh nichts mache?? Und was bringt euch das, wenn ihr meine Geschichte lest und 2 Wochen auf einen neuen Teil warten müsst, weil ich vorher einfach nicht dran denke?? Richtig, nichts ;) Also danke an meine ganzen Leser und Feeder und so und bis irgendwann mal ^^ Ah und hoffe euch hat die Story gefallen!! :) Bye :)

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