Alte Wunden heilen nicht

  • Und es geht weiter....tut mir leid für die Unterbrechung, aber ich hab im Moment mit der Schule echt viel zu tun...



    Plötzlich klopfte es und Ben zuckte leicht zusammen. Etwas langsam drehte er seinen Kopf und sah seinen Partner eintreten, der ihn mit großen Augen von oben bis unten musterte. „Was machst du denn da?!“, donnerte Semir sofort los. „Ben, du sollst doch im Bett liegen bleiben!“ Theatralisch rollte Ben die Augen, erstaunt dass es nicht wehtat. „Ganz ruhig! Mir geht es schon viel besser“, versicherte er seinen Partner mit gehobenen Händen. Semir wies nur mit dem Kopf auf das Bett links neben ihm, was Ben deutlich als ein „Leg dich sofort wieder hin!“ erkannte. Leise stöhnte er auf und setzte sich wieder aus sein Bett. „Braves Mädchen“, grinste Semir nur, woraufhin er auch sofort Bens Kissen an den Kopf geworfen bekam. Aber dann musste Ben auch lachen, und Semir war froh seinen besten Freund wieder so zu sehen. Doch dann fiel dem kleinen Deutschtürken die Liste wieder ein, die er in seine Jackentasche gesteckt hatte. Schnell kramte er sie hervor und strich einmal mit der flachen Hand darüber, um sie etwas zu glätten. „Susanne hat mir mal die Gästeliste von eurem Klassentreffen am Freitag gegeben und vielleicht fällt dir dazu ja jemand ein“, erzählte Semir und begann die Liste herunterzuleiern. Die ganze Zeit hörte Ben aufmerksam zu und nickte bei jedem Namen. Als die Vornamen seiner ehemaligen Bandkollegen kamen, musste er lächeln, aber nur kurz danach folgte Anjas Name, und sein Lächeln verschwand wieder. Doch bei dem Namen Max Bäßmann horchte Ben auf. „Warte mal kurz Semir“, unterbrach er seinen Partner, „mit Max hatte Anja schon einige Probleme. Er war ihr Ex.“ „Und was ist zwischen den beiden genau vorgefallen?“, wollte Semir wissen und stoppte seinen monotonen Vortrag. „Er war sehr aggressiv ihr gegenüber gewesen und Anja hat dann schließlich mit ihm Schluss gemacht. Max war auch vorher in meiner Band, doch wir haben ihn rausgeworfen und Anja an seiner Stelle aufgenommen. Denkst du das konnte ein Motiv sein?“ Semir überlegte kurz. „Ich denke das hängt davon ab was genau zwischen euch drein vorgefallen war.“ Nun war Ben dran und erzählte Semir alles genau was damals vorgefallen war. Dieser hörte ebenfalls aufmerksam zu und versuchte sich ein Bild von den damaligen Ereignissen zu machen. Besonders interessierte ihn, was damals im Probenraus passiert war. „Und er wollte Anja wirklich schlagen?“, fragte Gerkahn etwas schockiert darüber. „Ja und davor war ihm auch schon mal die Hand ausgerutscht“, antwortete Ben wütend, und fragte sich, wie man nur auf die Idee kommen konnte, Frauen zu schlagen. „Und er hat wörtlich gesagt; ihr werdet es bereuen?“, fragte Semir weiter. Vor Bens innerem Auge spielte sich die Szene ein weiteres Mal ab, nur kurz danach bejahte er. Mit weiteren Frage führten der kleine Hauptkommissar das Fast-Verhör fort: „Und was hat er euch gegenüber unternommen?“ „Ich weiß nicht so genau was er bei Anja gemacht hat, mich aber hatte er kurz nach dem Abi bei einem gemeinsamen Fußballspiel des ganzen Jahrgangs stark gefoult. Ich hatte einen doppelten Bruch im Unterarm, aber ob das ein Motiv ist…“, zweifelte Ben und runzelte unter seinem Verband die Stirn. „Also könnte er mit Anja noch eine Rechnung offen gehabt haben, und was dich betrifft, da wollte er sich vielleicht einfach für den Rausschmiss aus der Band rächen“, mutmaßte Semir, wobei er aufstand um sich etwas Wasser in ein sauberes Glas zu schütten, das auf Bens kleinem Nachttisch stand. „Würdest du ihm das zu trauen?“, fragte Semir dann. Ben wusste nicht was er antworten sollte. Zwar hatte er nicht die beste Meinung von Max, doch er war sich einfach nicht sicher, ob er ihm das zu trauen könnte. Schließlich waren sie ja mal befreundet gewesen, als er noch nicht so aggressiv Anja gegenüber war. Doch wenn Ben ehrlich war, konnte er keinem seiner ehemaligen Schulkameraden so einen brutalen Mord zu trauen. Max hatte er ja schon seit der Abi Entlassung nicht mehr gesehen und Ben wusste auch nicht was mit ihm passiert war.
    Semir bemerkte Bens Unsicherheit und nahm sich vor diesen Max Bäßmann bis Freitag mal durchzuchecken. Jedoch konnte Semir sich auch vorstellen, da Ben sich nicht entscheiden konnte, dass das an der Angewohnheit seines Partners lag, in den Menschen nur das Gute zu sehen und zu glauben. Diese Angewohnheit hat die Gutmütigkeit in den rehbraunen Augen des jungen schon immer unterstrichen, aber Semir war sich sicher, dass das manchmal Bens Urteilsvermögen täuschen konnte. Doch das würde der Hauptkommissar nicht zu lassen, er würde auf Ben aufpassen,wenn auch mit seinem Leben.

    Einmal editiert, zuletzt von BenFan#1 () aus folgendem Grund: Korrektur

  • Als Susanne am nächsten Morgen auf dem Revier ankam, fand sie einen mittelgroßen Umschlag vor. Sie schaute auf Vorder- und Rückseite. Leicht runzelte sie die Stirn, als keine Anschrift und kein Absender zu finden war. Noch einmal besah sie sich beide Seiten. Kurz überlegte die junge Sekretärin. Konnte sie einen Blick rein werfen? Schließlich siegte ihre Neugier und Susanne öffnete den Umschlag. Er roch etwas streng, stellte sie fest. Was war da bloß drin? Als sie das Etwas heraus zog, erschien ein Foto. Etwas verwirrt betrachtete sie das vermeintliche Klassenfoto eine Weile. Ihrn Augen fuhren über die Sitzreihen des Klassenfotos, als sie plötzlich an einem Gesicht hängen blieb. Und noch dazu wurde es, wahrscheinlich mit Bleistift, leicht um strichelt. Die nette Sekretärin machte große Augen, als sie die Person erkannte, obwohl die rehbraunen Augen, die gut gebaute Figur und die brauen Wuschelhaare nicht zu verwechseln waren. Es war Ben. Ein etwas jüngerer, der sie aus dem Bild heraus anlächelte. Sofort steuerte die das Büro der Chefin an.


    Nur eine viertel Stunde später betrat Semir das große Gemeinschaftsbüro. Am vorigen Abend war er noch einmal mit Ben im Krankenhaus die Gästeliste des Klassentreffens durchgegangen. Zwar konnte Ben seinen alten Freunden so eine Tat immer noch nicht zu trauen und war was diese Sache betraf noch ziemlich unsicher, trotzdem war Semir aber froh, eine Spur zu haben, in dessen Richtung sie ermitteln konnten. Dem kleinen Deutschtürken war deutlich anzusehen, dass es ihm besser ging und dass er viel ausgeruhter war als am Vortag. Das Wissen, dass Ben nichts allzu schlimmes passiert war und dass es ihm gerade gut ging, beruhigte Semir und zauberte ihm sogar ein Lächeln auf das Gesicht. Doch als er auch nur ein paar Schritte ins Büro gesetzt hatte, wurde Semir auch gleich mit einer kurzen Begrüßung Susannes und einem „Die Chefin will dich sofort in ihrem Büro sprechen“ in Richtung Frau Krüger geschickt. Als der kleine Kriminalhauptkommissar eintrat, sah seine Vorgesetzte von ihren Unterlagen auf. „Gerkan, setzten sie sich“, bat sie, schaute ihn aber weiterhin erst an. Es lag eine Gewisse Besorgnis in ihren Augen, die noch ernster zu sein schien, als Semir dachte. Mit Ben konnte es nichts zu tun haben, da war Semir sich sicher.Ihm ging es gut. Er hatte erst vor einer halben Stunde mit seinem Partner gesprochen, wobei der sich heftig über das frühe Aufstehen im Krankenhaus beschwert hatte. Die Diskussion, die die Beiden am vorherigen Tag noch geführt hatten, hatte Semir im Hinterkopf behalten, und ging so auf Bens Versuch, die Erlaubnis zu bekommen um aus den Krankenhaus verschwinden zu können, nicht ein. Sein Partner hatte daraufhin nur bockig aufgelegt. Über diese Reaktion hatte Semir nur in sich hinein gegrinst, sein Handy wegesteckt und sich auf den Weg zur PAST gemacht.


    Nun setzte es sich schnell hin und sah Frau Krüger erwartungsvoll an. Sie erwiderte den Blick und zog nur ein paar Sekunden später einen braunen, etwas riechenden Umschlag hervor, den sie mit ausgeschreckten Arm ihrem Gegenüber reichte. „Sehen sie sich das an“, forderte Frau Krüger ihn auf. Ihre Stimme war angespannt. Langsam wurde Semir neugierig und griff nach dem Umschlag. Seine Hand zog das Foto heraus, das er für einen Moment studierte. Doch plötzlich machte auch er wie Susanne zuvor große Augen, als er den jüngeren Ben auf dem Klassenbild erkannte. „Was ist das?“, wollte Semir wissen, er hatte absolut keine Ahnung was es mit diesem Foto aus sich hatte. Frau Krüger nickte. „Frau König hat diesen Umschlag vor einer halben Stunde vorgefunden. Er hat keinen Empfänger und auch keinen Absender. Ben ist auf dem Bild wie sie bereits bemerkt haben“, antwortete sie und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. Mit einem großen Fragezeichen im Gesicht starrte er seine Chefin weiterhin an, bis sie fortfuhr. „Das ist jetzt aber nicht das Besorgniserregende. Schauen sie mal auf die Rückseite“, endete sie und gab ihre Anweisung dazu. Semir tat wie befohlen und fiel aus allen Wolken, als er das Foto umdrehte und die beiden Zeilen las, die dort geschrieben war. Mehrere Male ging er die Wörter im Kopf durch. „Nummer 2. Mir wird langsam etwas langweilig“, las der kleine Deutschtürke die zwei Zeilen laut vor. Doch plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, als er das Geschriebene und das Foto kombinierte. Und als Semir auch noch bemerkte, dass Bens Kopf leicht um strichelt war, war die Sache für den Hauptkommissaren klar. Schockiert brachte er nur ein „Oh mein Gott“ hervor und legte den Umschlag zusammen mit dem Bild zurück auf den Schreibtisch. Fassungslos schaute er in das Gesicht von Frau Krüger. Ihr Blick wanderte zwischen dem Klassenfoto und dem betroffenen Gesicht ihres Kollegen hin und her. Mit Bedacht versuchte Frau Krüger nun ihre Worte zu wählen, denn ihr war bewusste was für eine Lavine sie auslösen würde, wenn sie es nicht tun würde. „Sie wissen was das bedeutet“, stellte sie sachlich fest. Nun war es Semir, der nickte, und dessen Augen an dem jungen Ben zu kleben schienen. Langsam fuhr sie fort: „Herr Jäger ist nach diesem Hinweis das nächste Mordopfer. Der Täter versucht mit uns zu spielen.“ Sie wartete auf eine Reaktion seitens ihres Gegenübers. Dieser schien eine Weile zu überlegen. „Ich werde sofort einen Kollegen als Schutz für ihren Partner ins Marien schicken!“, verkündete sie und griff nach Telefonhörer. Semir rührte sich langsam wieder aus seiner Starre. Er hatte es im ersten Moment es einfach nicht fassen können in was für einer Gefahr sein bester Freund nun schwebte. „Frau Krüger, ich werde Ben da sofort rausholen, im Marien sitzt er wie auf dem Präsentierteller!“, rief er besorgt und wollte rausstürmen, doch er wurde von Frau Krüger aufgehalten.

  • „Gerkan, warten sie! Bleiben sie hier! Eine Streife ist doch schon auf dem Weg ins Krankenhaus um Jäger zu beschützen. Wir müssen jetzt unsere nächsten Schritte für unser Handeln vorbereiten um ihren Partner am besten zu schützen und den Täter somit festnehmen zu können!“, versuchte sie Gerkan zu überzeugen. Und tatsächlich, Semir hielt inne. „Also gut! Aber ich möchte, dass Ben rund um die Uhr bewacht wird! Ich weiß wie dieses Schwein vorgeht, und wenn…“, Semir traute sich nicht den Satz zu beenden. Frau Krüger verstand. „Ihm wird ganz sicher nicht passieren“, versicherte sie ihm, „ wir werden diesen Mistkerl festsetzten, der Anja Wenschek und ihrem Partner das angetan hat!“ Gerkan schien sich etwas beruhigt zu haben und setzte sich wieder hin. Währenddessen bereitete sich Frau Krüger darauf vor ihrem Kollegen ihre Vorgehensidee zu erklären. Sie konnte sich schon gut vorstellen wie Gerkan reagieren würde, aber es war nun mal die einzige wirkungsvolle Möglichkeit, die helfen könnte den Täter zu kriegen. „Also, es gäbe wirkungsvolle, aber riskante Methode…“ Sie sah förmlich wie es bei Gerkan klick machte. „Das kommt überhaupt nicht in Frage! Ich werde Ben diesem Schwein nicht in die Arme rennen lassen!“, fauchte er seine Vorgesetzte an, obwohl er wusste, dass das der einzige Weg wäre, diesen Kerl zu erwischen. Frau Krüge ignorierte diesen Ausbruch einfach und redete ruhig weiter: „Wie würden Jäger die ganze seit bewachen und natürlich sofort eingreifen, wenn irgendetwas vorfällt oder verdächtig ist.“ Semir gefiel diese Idee ganz und gar nicht. Er wollte Ben da nicht hinlassen, wenn irgendein Irrer vor hat seinen besten Freund umzubringen. Schon allein die Sache, dass er Ben im Moment nicht beschützen konnte, regte Semir auf. „Das wird Jäger ja wohl alleine entscheiden können! Schließlich können so noch andere Menschleben gerettet werden. Ich bitte sie ihn darin zu unterrichten“, sagte seine Vorgesetze. Was für ein gemeines Ass zieht die Krüger denn da hervor, dachte Semir entrüstet. Er wusste, dass Ben einwilligen würde. Er kannte Ben. Sein Partner würde wieder an das Wohl und die Sicherheit anderer denken, nicht an seinen Schutz, seine Sicherheit. Deshalb musste der Hauptkommissar den Jüngeren beschützen. Auch wusste Semir, dass Frau Krüger nur das Beste für ihre Leute wollte und alles daran legte diesen Fall zu lösen. Doch es wäre diesmal zu riskant, da war Semir sich hundertprozentig sicher. Alles sträubte sich in ihm, Ben dorthin zulassen und ihm so einer Gefahr auszusetzten. Und jetzt sollte Gerkan Jäger auch noch die Vorgehensweise erklären, die Ben höchstwahrscheinlich in die Arme des Mörders treiben würde. Etwas Angst breitete sich in ihm aus, als er daran dachte, was passieren könnte. Geräuschvoll entließ Semir die Luft aus seinen Lungen, Frau Krüger merkte, dass das dem Kriminalhauptkommissar deutlich gegen den Strich ging. „Das SEK wird Vorort sein um einzugreifen. Jäger wird vollkommen sicher sein!“, versicherte Frau Krüger ihm ein weiteres Mal. Jedoch überzeugte Semir das nicht, nicht mal im Geringsten. Doch die Entscheidung lag bei Ben, und Semir als auch Frau Krüger wussten wie diese aussehen würde. Die Stimmung war durchaus angespannt und die Dienststellenleiterin versuchte sie etwas abzukühlen. „Als sie mich gestern noch angerufen haben, erzählten sie etwas von einem Max Bäßmann. Wäre das einer der Verdächtigen?“ Semir ging darauf ein und schilderte Frau Krüger was zwischen Ben und diesem Bäßmann vorgefallen war. „Von den ganzen Leuten aus der alten Abschlussklasse hat er nach Bens Aussage als einziger ein Motiv“, erklärte Semir, „Ich werde Susanne beten diesen Max mal zu überprüfen und alles über ihn heraus zu finden, denn schließlich wissen wir jetzt das einer der Partygäste der Täter ist.“ Seine Vorgesetzte nickte. „Also gut, wir müssen uns beeilen. Übermorgen ist das Treffen. Ich möchte umgehend über Neuigkeiten informiert werden. Und erklären sie dann bitte Herr Jäger das Vorhaben, und sagen sie mir dann auch Bescheid, wenn er einwilligt“, Frau Krüger vermied es ,unser Vorhaben´ zu sagen, denn inzwischen war klar, dass Gerkan diesen Weg nicht tolerierte. War ja auch verständlich. Semir nahm die Anweisungen wiedersträubend entgegen und verließ dann mit einem leisen „Geht klar“ das Büro seiner Chefin.

  • Leute ich hoffe dieser Teil gefällt euch...ich sag nur jetzt beginnt es so langsam. Ich würde mich echt über Feeds freuen! ^o^ Und viel Spaß beim Lesen! ;P



    Susanne gab sich alle Mühe, so viel wie möglich über diesen Max Bäßmann herauszufinden. Sie hatte zwar nicht ganz mitkommen, was im Büro der Chefin passiert war, doch durch Semirs Reaktion auf die Worte Frau Krügers, konnte sie sich schon wage vorstellen, was den Hauptkommissaren so zum Kochen gebracht hatte. Geräuschvoll tippte sie den Namen in ihren Computer ein und wartete eine Sekunde bis er ihr die ersten Ergebnisse lieferte. „Ah ha“, murmelte Susanne, als zwei Einträge auf dem Bildschirm erschienen. „Dieser Typ scheint ja nicht grad nett zu sein“, sagte sie mehr zu sich selbst beim genaueren Lesen der Vorstrafen. Und tatsächlich war Max Bäßmann wegen Häuslicher Gewalt und kurzdanach wegen Hausfriedensbruch angeklagt worden. Daraus folgte für ihn eine dreijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung und somit auch eine einstweilige Verfügung gegenüber seiner Exfrau Katja Bäßmann, die nun wieder ihren Mädchennamen angenommen hatte und Bechert hieß. „Na da hat die Eheberatung wohl nicht geholfen“, meinte sie und suchte noch seinen derzeitigen Wohnort heraus. Nach einem weiteren Klick fand sie heraus, dass Bäßmann momentan in Köln wohnte. Als ein gute halbe Stunde vergangen war und Susanne Max Bäßmann komplett durch gecheckt hatte, streckte die Sekretärin kurz ihre Finger und ging erneut rüber zum Büro ihrer Vorgesetzten. Etwas stolz über ihre Arbeit, klopfte sie an der Tür und wartete auf Frau Krügers „Herein“. Im Gegensatz zu Ben und Semir wusste sie, dass man nach dem Anklopfen auf das Hereingebeten werden warten musste. Über diesen Gedanken lächelte Susanne.


    Frau Krüger schaute zur Tür als sie es Klopfen hörte und die dunne Glastür nicht sofort aufflog. Das kann doch nur Frau König sein, dachte sie amüsiert. Es war auch nicht zu übersehen, denn durch die Fenster mit den Jalousien konnte man die schlanke Sekretärin deutlich erkennen. Nach einem knappen „Herein“ seitens Frau Krüger trat ihre Angestellte ein und setzte sich auf den leeren Stuhl gegenüber dem Schreibtisch. Susanne legte ihre Mappe auf den Tisch und begann: „Also ich habe Bäßmann auf Semirs Anweisung einmal gründlich durchgecheckt und es hat sich heraus gestellt, dass er eine nicht ganz weiße Weste zu haben scheint.“ „Das hab ich mir schon gedacht, nachdem was Gerkan mir erzählt hat“, erwiderte Frau Krüger, „aber bitte fahren sie fort…“ Susanne nickte und fuhr fort: „Bäßmann wohnt derzeit in Köln, Wesserlinger Straße 3. Er ist geschieden, keine Kinder und hat zwei Vorstrafen. Seine Frau hatte ihn wegen Häuslicher Gewalt angezeigt, und auch nur kurz danach wegen Hausfriedensbruch. Max Bäßmann kassierte eine dreijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung, weil er seine damalige Frau Katja dann schließlich verprügelt hatte, und eine einstweilige Verfügung ihr gegenüber. Katja Bäßmann hatte dann wieder ihren Mädchennamen Bechert angenommen. Sie arbeitet als Floristen in einem Laden in Düsseldorf, ihr Exmann arbeitet in einem Autohaus als Verwaltungsmanager.“ Sie beendete ihren Vortrag wartete auf die Reaktion ihrer Chefin. Die lächelte zufrieden, verzog ihr Gesicht dann aber sofort wieder zu einer konzentrierten Mine. „Gute Arbeit Frau König! Aber die Vorstrafen passen sehr gut zu den Schilderungen von Herrn Jäger. Wenn Herr Gerkan wieder zurück auf das Revier kommt, informieren sie ihn bitte. Er muss diesen Bäßmann für die Operation am Freitag ganz genau einschätzen können“, stellte Frau Krüger fest und sah aus dem Fenster. „Ist Semir ins Krankenhaus gefahren um Ben auf die Sache am Freitag vorzubereiten?“, fragte Susanne, obwohl sie eigentlich schon die Antwort kannte. Wie ebenfalls Semirs Einstellung zu dieser Vorgehensweise. Frau Krüger sah in Susannes liebliches Gesicht. „Ja, ich hab ihn darum gebeten. Gerkan war zwar nicht sonderlich begeistert gewesen, aber es ist nun mal die einzig effiziente Methode…“, erklärte sie. Das konnte sich die junge Sekretärin sehr wohl vorstellen. Auch wenn vermutlich dass SEK dabei sein würde, wäre diese Aktion für sie auch zu risikohaft. Ben war auch ihr Freund und es bereitete ihr jetzt schon Sorgen ihn diesen Aktion durchführen zu lassen. Gerade dann wenn es ein Psychopath auf den jungen Mann abgesehen hat. Doch auch wenn sie Semirs Meinung teilte, konnte sie den Entschluss ihrer Vorgesetzten nicht mehr ändern. Der Chefin lag wohl sehr viel daran diesen Fall zu lösen. Natürlich achtete sie auch auf die Sicherheit ihrer Leute, und die wurde ja auch durch das SEK Vorort gewährleistet, das war Susanne schon klar, aber diesmal würde Ben wohl eher die Rolle des Lockvogels spielen.
    Hoffentlich wird Freitag alles gut gehen, dachte Susanne nur hoffend.

    Einmal editiert, zuletzt von BenFan#1 () aus folgendem Grund: Rechtschreibkorrektur

  • ...



    Währenddessen saß Semir vollkommend entnervt in seinem BMW und trommelte nervös mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. Schon mehr als zwanzig Minuten hielt ihn der Berufsverkehr in einer langen Schlange im Stau. Es ging nur im Schritttempo voran, woraufhin Semir frustriert aufstöhnte und sachte mit beiden Händen auf das Lenkrad schlug. „Nun fahr doch schon zu mensch!“, schrie Semir den Autofahrer an, der vor ihm in einem alten grauen Volvo stand. Dem kleinen Deutschtürken war natürlich klar, dass der Mann ihn nicht hören konnte, aber was blieb Semir schon anderes übrig. Wild gestikulierte er herum, jedoch warf ihm der völlig überrumpelte Mann nur einen bösen Blick zurück.
    Man er musste zu Ben und steckte jetzt ihm Stau fest. Doch als ihm einfiel, dass Frau Krüger bereits eine Streife zum Krankenhaus geschickte hatte, beruhigte er sich etwas. Was Ben wohl grade macht?, fragte sich Semir und wie auf Stichwort klingelte sein Telefon. Schnell zog Gerkan es aus seiner Jackentasche und schaute auf das Display. Es war sein Partner. Sofort drückte er auf den Annahmeknopf und versuchte locker zu klingen: „Hey Ben! Na wie geht´s dir?“ „Hi Semir! Du, ich wollte grad meinen Schokoladenpudding zum Nachtisch essen, da kommen zwei Kollegen, die mir mitteilten, dass ich von nun an Personenschutz bekommen. Kannst du mir vielleicht sagen, was das alles hier bedeutet?“, legte Ben auch gleich am anderen Ende der Leitung los ohne die Frage zu beantworten. Semir musste sich erst mal überlegen was er sagen sollte. „Partner, ich bin gleich bei dir, dann werde ich dir alles erklären“, wich Semir aus. „Und es ist sehr wichtig!“, hing er an. Am anderen Ende der Leitung war erst mal nur ein Rascheln zu hören, bis der Jüngere erwiderte: „Manno, Semir! Ich halt das hier aber nicht mehr aus! Eigentlich wollte ich mich heute selber entlassen und nach…“ Doch aussprechen konnte Ben nicht mehr, denn er wurde schlagartig von Semirs aufkommendem Temperament, die die Stimme seines Partners extrem verstärkte, unterbrochen. „Das kommt gar nicht in die Tüte mensch! Wenn ich komme und du dich auch nur drei Meter von deinem Bett weg bewegst, dann kannst du dich schon mal drauf einstellen, das ganze nächste Jahr die Berichte zu schreiben! Hast du mich verstanden?!“, fauchte Semir obwohl dieser gar nicht so klingen wollte. „Aber Semir, ich…“, jammerte Ben. „Kein Aber! Ich bin gleich bei dir und wehe du bist dann nicht mehr da!“, sagte der kleine Kriminalhauptkommissar noch einmal mit Nachdruck. Ben war mittlerweile ganz still und kleinlaut geworden. „Gut! Bis gleich“ Damit legte Semir auf und steckte sein Handy wieder in die Tasche zurück. Er wollte nicht so streng klingen, aber so was konnte er jetzt gar nicht gebrauchen. Denn Semir wusste wie Ben Krankenhäuser hasste und wie er es liebte so schnell wie möglich aus ihnen zu verschwinden. Wieder trippelte er nervös mit den Fingern auf dem Lenkrad rum, bis es nun endlich weiterging. Der Stau löste sich auf und Semir bog bei der nächsten Kreuzung zur Marien Klinik ab.

  • Ich hoffe dieses Kapitel werdet ihr mögen:)...den nächsten teil wird es Montag geben.


    Mit großen Schritten ging Semir in Richtung Zimmer 312. Inzwischen wusste er genau wo sich das Zimmer befand. Dort angekommen, traf er auch schon auf einen Kollegen mit kurzen schwarzen Haaren, der nur wenige Jahre jünger war als er selbst. Ganz gerade lehnte dieser neben der Tür, und behielt jeden im Auge, der den Anschein weckte, an ihm vorbei zu wollen. Anscheinend nahm er seine neue Anweisung sehr ernst, das gefiel Semir sehr. „Guten Tag, mein Name ist Semir Gerkan. Ich bin der Partner von Herrn Jägern“, stellte Semir sich vor und reichte seinem Kollegen sie Hand. „Hallo, Schulze, ich werde auf ihren Partner aufpassen“, zwinkerte Schulze und schüttelte Gerkans ausgestreckte Hand. Das mach ich schon, dachte Semir augenblicklich und lächelte gezwungen. Kurz nickte er und drückte dann die Türklinke zum Zimmer seines Partners herunter. „Hey Ben“, begrüßte der kleine Deutschtürke seinen Partner und zog sich einen Stuhl heran. „Ja hallo Semir. Was gibt´s denn so Ernstes?“, fragte Ben lahm. Man konnte an Bens Gesicht ablesen, dass er nicht verstand, warum ihm sein Partner vor wenigen Minuten am Telefon so zusammengestaucht hatte. Erst jetzt wurde Semir bewusst, wie er mit seinem Partner gesprochen hatte. „Ben, das tut mir leid! Ich wollte vorhin nicht so unfreundlich sein! Es ist nur…“, versuchte der Hauptkommissar sich zu entschuldigen. Bens Züge wurden sanfter. Was brachte es, wenn sie sich jetzt schritten? „Schwamm drüber!“, lächelte Ben, „aber was ist es denn nun? Denn du hast dich nicht grade entspannt angehört.“ Semir nickte, wenn er bloß wissen würde wie er anfangen könnte. Als erstes entschloss sich Gerkan Jäger das Klassenbild zu zeigen. Mit einem einzigen Zug holte er es aus seiner Jackentasche heraus und reichte es seinem Partner. Dieser setzte sich aufrechter hin und schaute gespannt auf das Foto in seinen Händen. Ein Grinsen huschte über Bens Gesicht. Wie lange hatte er das schon nicht mehr gesehen?


    Alle seine früheren Freunde waren dabei: Mike, Alex, und dort stand er selber, neben Mark und Anja. Doch dann fuhr sein Auge über sein Gesicht auf dem Bild. Wieso ist mein Kopf denn so um kringelt?, fragte sich Ben und sah zu seinem besten Freund auf. Das war das imaginäre Stichwort für Semir. Langsam begann er: „Ben, bitte dreh dein Klassenbild mal um und les was dort steht.“ Ben wusste zwar nicht wieso, machte es aber trotzdem. „Nummer 2. Mir wird langsam etwas langweilig“, las der Jüngere, genau wie Semir vorher, laut vor. „Was hat das zu bedeuten?“ Aber Semir antwortete im ersten Moment nicht, er wollte warten bin es bei seinem Freund klick machte. Jetzt Ben sagen zu müssen, dass ein Mörder hinter ihm her war, war momentan zu viel für Semir. Und wie erwartet, Bens Mund klappte etwas herunter und seine Augen wurden größer. „Hat das zu bedeuten, dass jemand hinter mir her ist?“, wollte Ben wissen, obwohl er sich da ziemlich sicher war. Der Kloß, der sich in seinem Hals gebildet hatte, war jetzt mehr als nur leicht spürbar. Stattdessen bekam Semir nur ein schwaches „Ja“ heraus und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Ach deswegen der Personenschutz“, stellte Jäger fest. Und Ben dachte schon, Semir hätte eine Standpauke gekriegt und hätte deswegen so schlechte Laune. Als ob Semir sich wegen so einer Kleinigkeit so aufregen würde. Es hatte sich auch nicht so angehört, dass sein Partner nicht gut gestimmt war, Semir hatte sich besorgt angehört, sehr besorgt, besorgt um ihn. Das bemerkte Ben erst jetzt. Entschuldigend sah er seinen Partner an. Ben verstand jetzt was los war. Die entscheidende Frage war allerdings: Wie soll es weiter gehen?


    Semir konnte die Frage in Bens Gesicht ablesen. Jetzt kam der schwierige Teil, jedenfalls für ihn. „Als Frau Krüger mir das Bild gezeigt hat, war ich erst mal geschockt“, gab er ehrlich zu. „Aber da es sich bei dir und Anja anscheinend um ein und denselben Täter handelt und da die Verbindung zum Klassentreffen mehr als offensichtlich ist, hat Frau Krüger gleich ihre Vorgehensidee vorgeschlagen.“ „Und die wäre?“, fragte Ben neugierig, schließlich wollte auch er, dass Anjas Mörder gefasst und hinter Gitter und Riegel gesetzt wird, damit nicht noch andere Menschleben gefährdet werden könnten. Semir wusste was jetzt gleich kommen würde, und knitschte hörbar mit den Zähnen. Trotzdem schaute ihn Ben weiterhin gespannt an. „Frau Krüger hat vorgeschlagen, dich am Abend des Klassentreffens einzuschleusen um den Täter auf frischer Tat zu ertappen. Sie meint das ist sie einzige Möglichkeit, ihn sicher festzusetzten. Ich bin allerdings der Ansicht, dass…“, doch weiter kam er nicht, Ben unterbrach ihn. „Sie hat Recht. Das ist wirklich die effizienteste Vorgehensweise, auf diesem Weg können wir ihn am besten schnappen! Wenn er mich bedroht, nehme ich ihn fest oder das SEK schreitet einfach ein“, stellte Ben gleich den ganzen Ablaufs des Abend dar. „Aber Ben, jetzt überleg doch mal wie riskant das alles ist! Du hast doch gesehen wie er bei Anja vorgegangen war! Ben, bitte, du musst das nicht machen!“, flehte Semir schon fast, die Sorge war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Trotzdem konnte der junge Hauptkommissar ihn nicht ganz verstehen. Das SEK würde doch die Aktion überwachen und sicherstellen. Was soll da denn noch groß passieren? „Semir, ich weiß auch dass das etwas riskant ist, aber stell dir mal vor, wir können Bäßmann nichts nachweisen, weil sein Ziel“, damit zeigte er auf sich selbst, „nicht gekommen ist. Dann würde er sich vielleicht ein nächstes Opfer suchen und noch andere Leute gefährden.“ „Aber Junge…“, widersprach Semir. Doch Ben redete einfach weiter: „Semir bitte versteh doch, ich kann es nicht zulassen, dass wahrscheinlich noch andere Menschenleben dran glauben müssen. Nicht wenn ich es verhindern kann!“ Ben suchte Verständnis in den Augen seines Partners, aber er sah nur Zweifel.
    Es ist genau das heraus gekommen, was Semir die ganze Zeit befürchtet hatte. Sein Partner dachte wieder nur an die Anderen, nicht an sich selbst. Dass sein Leben, sogar grade jetzt, in Gefahr zu sein schien, interessierte den jungen Hauptkommissaren herzlich wenig. Solange das SEK dabei sein würde, sähe nach Bens Ansicht alles gut aus. Doch Semir wusste, dass Ben nur die Leben anderer schützen wollte, aber an seine Sicherheit dachte er keine Spur. Ein schlechtes Gefühl breitete sich in Semir aus. Ein sehr schlechtes sogar. Dennoch sagte er seine ehrliche Meinung: „Natürlich kann ich dich verstehen. Ich würde das auch verhindern wollen, wenn ich es könnte. Aber Ben, der Mörder, höchstwahrscheinlich dieser Max Bäßmann, hat mit deinem alten Klassenbild angekündigt, meinen Partner, meinen besten Freund, das heißt DICH, umzubringen! Glaubst du da sitz ich einfach nur daneben und schau zu wie er dich abknallt oder dir sonst was antut?!“, fauchte Gerkan schon fast, währenddessen Jäger ihn einfach nur anstarrte, dennoch beruhigte Semir sich etwas und fuhr fort: „Ben, ich mach mir einfach schrecklich Sorgen um dich wenn du diesem Kerl quasi in die Arme läufst. Ich will dir damit einfach nur sagen, dass ich ein echt schlechtes Gefühl hab, was diese Sache betrifft, und finde das obendrein auch noch viel zu riskant! Und außerdem kann das SEK nicht immer rechtzeitig eingreifen!“

  • Ben musste nach diesem Vortrag erst mal ein paar Mal zwinkern. Dass Semir sich so um ihn sorgte, berührte ihn so, dass ihm schon fast die Tränen kamen. Von seinem Vater hatte er damals noch nicht mal so etwas Ähnliches gehört. Semir sah was er in seinem Partner ausgelöst hatte. „Ben, bitte, du musst das nicht machen. Glaub mir das Risiko ist viel zu groß!“, versuchte er Ben nochmal umzustimmen. Doch dieser schien fest entschlossen zu sein, in seinen Augen konnte man genau erkennen, dass er seine Entscheidung schon getroffen hatte. Genau wie Frau Krüger es schon vermutet hatte, wobei sich Gerkan schon beim Hören sicher war, dass sein Partner das machen würde.
    Für Ben gab es im Moment nur eins, und zwar den Kerl kriegen, der Anja und ihm das angetan hatte- dass fast nichts für seine Sicherheit garantierte war Nebensache. Innerlich freute er sich schon fast darauf, diesem Schwein eine zu verpassen, als Rache für Anja. Nie wieder würde er je wieder ihre lebensfreudigen strahlenden blauen Augen sehen oder ihr wunderschönes Lächeln.
    Semir fuhr sich aufgebracht durch die kurzen Haare. Er hatte die Entschlossenheit in den Augen seines Partners gesehen, die signalisierte, dass er sich nicht mehr um entscheiden ließ. Das war der typische Sturkopf von Ben, der Semir schon mehr als bekannt war und gegen den man auch nur schwer ankam. Dieser Sturkopf kam ihm nur mehr als bekannt vor, denn er besaß selber einen. Und wenn Semir es zugab, dann konnte er Jäger auch verstehen. An seiner Stelle hätte er wahrscheinlich auch selber so gehandelt. Doch er hätte auch auf den Rat seines Partners gehört und auf dessen Bauchgefühl, gerade wenn es so zuverlässig war wie bei Semir. Jedoch konnte Gekan jetzt nur noch hoffen, dass die Operation ganz glatt ging, und auch in dem Fall, wenn irgendetwas schief laufen sollte, eingreifen und gegebenenfalls seinen Partner daraus hauen zu können.


    Mit einem Drahtschwamm und Fensterglasreiniger musste er erst mal den bodentiefen Spiegel sauber machen, bevor er sich überhaupt in ihm betrachten konnte. Als der Spiegel dann so halbwegs sauber war, sodass man sich in ihm erkennen konnte, drapierte er sich vor diesen und besah sich von oben bis unten. Er war in einem schlichten schwarzen Anzug gekleidet mit einer ebenso schlichten Krawatte. So würde er unter vielen den Partygasten nicht auffallen. Seine kurzen fettigen Haare hatte er sich nach hinten gegellt und seinen ebenso schwarzen Schuhe, die die vorigen Jahre verstaubt im Schuhschrank gestanden hatten, weil es einfach keine Anlässe gegeben hatte, wo er solche Schuhe hätte anziehen können, blitz blank geputzt. Einzig seine wässrigen hellen Augen bildeten einen Kontrast zu dem dunklen Schwarz seines Anzugs.
    Was für eine gute Generalprobe, dachte er sich und den Stolz, der in seinem Gesicht prangte, konnte er nicht verbergen. Dass er es so gut hin bekommen hatte, hätte er einfach nicht gedacht. Voller Freunde klatschte er in die Hände und zählte an seinen Fingern ab, viele Tage noch übrig blieben. Nur noch zwei blieben, das bedeutete, nur noch achtundvierzig Stunden, bis er ihn wieder sehen würde. Hoffentlich würde er sich dann zu diesem Zeitpunkt richtig verhalten, doch schlagartig kehrte seine Sicherheit wieder zurück. Er war doch seinen Plan schon mindestens tausend Mal durchgegangen, und es hatte immer das eine gezeigt: Er war vorbereitet, und er war bereit. Also warum nervös werden?
    Er hatte ihn ja schon einmal wieder gesehen, er war sogar direkt vor seinem Gesicht gewesen, nur dass seine Augen geschlossen waren. Einen kleinen Vorgeschmack hatte er ja auch schon bekommen, doch das was noch kommen würde, überstieg seine vollen Erwartungen. Diese schon etwas brutale Tat hatte ihn sehr befriedigt, nur hatte er danach etwas Angst gehabt, ob dieser bis Freitag wieder in der Verfassung wäre, auf der Feier aufzutauen. Doch er kannte ihn noch von früher, er wusste dass er sich keine Möglichkeit entgehen ließ um seine bereits vollendete Tat zu rächen.


    Als Semir eingesehen hatte, dass er die Entscheidung seines Partners nicht mehr umändern konnte, so wollte er Ben wenigstens am besten auf das Vorhaben vorbereiten und ihn für die nächsten zwei Tage in Sicherheit wissen. „Ok Ben, ich sehe ja dass ich dich nicht umstimmen kann, aber deswegen möchte ich wenigstens, dass du dich an jeden meiner Schritte hältst, den ich die während der Operation gebe. Haben wir uns verstanden?“, erklärte Semir seine Bedingung und verschränkte wieder seine Arme vor der Brust. Der Jüngere nickte artig. Ben war froh, dass sein Freund jetzt doch so halbwegs einverstanden war und kratze sich am Verband, genau neben der Stelle die noch etwas wehtat. Jedoch war die Sorge um Ben und das schlechte Bauchgefühl für Semir immer noch präsent.

  • So ihr Lieben! Ich bin wieder da mit einer endlich fertigen Story und freue mich schon darauf, sie euch weiter vorzustellen! Ich hoffe sie gefällt euch, aber jetzt genug. Weiter geht´s! :D



    „Ok und wie werden wir vorgehen?“, fragte Ben so neugierig wie ein Kind. Semir musste kurz grinsen. „Also das wird dir erst mal gefallen, du kommst hier raus zu mir und Andrea“, verkündete er und sah wie sich Bens Gesicht sofort aufhellte. Endlich konnte Ben diesen sterilen Schuppen hier verlassen und wieder in einem gemütlichen Bett schlafen. „Semir ich kann aber auch nach Hause, ich schaff das schon.“ Semir rollte darauf nur die Augen. „Nein du kommst schön mit zu uns, da bist du fürs erste sicher“, erklärte er sachlich. Ok, dann gehst mit zu meinem türkischen Hengst, dachte sich der junge Beamte einfach und nickte seinem Partner dankbar zu. Währenddessen ging Semir im Kopf den nächsten Tag durch, und überlegte sich was alles geplant und ins Kleinste genau vorbereitet werden musste.


    Nur zwei Stunden später saß Semir mit Ben vor dem Schreibtisch ihrer Chefin. Es hatte Semir eine Menge an Überredungs- und Überzeugungskunst gekostet den behandelnden Arzt dazu zu ermutigen, Ben zu entlassen. Obwohl es Semir selber nicht gefiel und Ben auch lieber am Bett festgenagelt hätte, so hatte sich sein Freund und Partner bereits entschieden und Gerkhan musste das akzeptieren. Als Ben durch die Tür des Krankenhauses getreten war, konnte Semir ganz genau die Gedankengänge seines Partners verfolgen. Imaginäre Luftsprünge vollführte Ben in seinem Kopf, da er physisch noch nicht in der passenden Verfassung war. Doch die Erkenntnis das Krankenhaus verlassen zu können, löste in dem Jüngeren ungeahnte Kräfte aus. Und nun saßen sie hier, und warteten auf die kommenden Worte Frau Krügers. Schließlich begann sie: „So meine Herren, Jäger sie haben sich dazu entschieden, diese Aktion durchzuführen, dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Denn es ist nicht zu leugnen, die Sache ist riskant, aber das SEK wir d die ganze Operation überwachen und sicherstellen.“ Dabei schaute sie Jäger ernst in die Augen. Dieser nickte zur Bestätigung und Kim fuhr fort. „Deswegen hab ich Herr Selling hinzugeben, er wird den Einsatz leiten.“ Mit der freien Hand deutete sie auf einen hochgewachsenen Mann, mit matten nach hinten gekämmten Haaren, der lautlos in der Ecke auf sein Stichwort gewartet hatte. Er war ungefähr in Semirs Alter und war ganz in schwarz gekleidet. Ben und Semir drehten ihre Köpfe zur Seite und musterten den Mann von oben bis unten. Dieser stellte sich jedoch erst mal vor: „Guten Tag meine Herren. Ich bin Jochen Selling, ich wurde von ihrer Chefin genauestens in Kenntnis gesetzt um mir ein klares Bild zu machen. Aber deswegen hab ich auch das hier mitgebracht.“ Damit trat Selling vor und breitete eine große Grundrisskarte auf dem Tisch der Krüger aus. Als Ben einen Blick drauf warf, wusste er genau von welchem Haus dieser Grundriss stammte, bei Semir machte es nur eine zehntel Sekunde später klick. Es war dieselbe Frage, die sich Jäger und Gerkhan gleichzeitig stellten. Semir war es, der sie laut aussprach: „Wie genau werden sie die Aktion überwachen?“ Der SEK-Leiter zog lässig einen Mundwinkel nach oben. „Nun es handelt sich hier um eine nicht sehr komplexe Aktion. Wir werden nach dem Schema „Überwachen, Eingreifen, Situation sichern“ vorgehen. Das LKA schickt ebenfalls ein paar ihrer Leute, die sich undercover unter die Menschen mischen werden. Mein Team wir sich draußen vor dem Eingangsportal und im großen Garten positionieren, zum Stürmen natürlich bereit.“ Dabei zeigte Selling mit dem Finger auf die Stellen, an denen sich die SEKler befinden würden. Nach Semirs Meinung war der Mann, der rechts neben ihm stand, sehr sicher, was diesen Einsatz betraf, und machte einen professionellen Eindruck auf ihn. Ben hatte währenddessen genau zugehört und nickte zwischendurch immer mal leicht mit dem Kopf. Auch wenn es nach den Worten des SEK-Leiters ein normaler Einsatz wäre, so konnte man diesen Typen nicht genau einschätzen. Und das war das was Ben etwas Sorgen bereitete, schließlich hatte er gesehen, wie brutal seine Freundin ermordet wurde. Auch wenn er jetzt etwas subjektiver dachte als vor zwei Stunden, in denen Semir ihn eingeweiht hatte, wollte Ben immer noch die Rache für Anja. Doch plötzlich wurde der junge Beamte mit einem heftigen „Bitte WAS?!“ seitens seines Partners aus den Gedanken gerissen. Semir starrte mit offenen Mund Selling an und wuchtelte mit seinen Armen wirsch herum. „Das geht nicht! Ich werde auch unter den Partygästen sein und nicht in einem Einsatzwagen 100 Meter entfernt“, rief er aufgebracht und sah hilfesuchend zu Frau Krüger, die nur ergeben den Kopf schüttelte. Fachmännisch versuchte Selling die Lage zu erklären. „Herr Gerkan, der Täter muss sich höchst wahrscheinlich bestens auf diesen Tag vorbereitet haben! Er versucht mit uns zu spielen, sonst hätte er sein Vorhaben“, dabei wies er auf Ben, „nicht angekündigt!“ „Das erklärt aber nicht wieso ich nicht undercover wie die Kollegen vom LKA auf der Veranstaltung sein darf!“, fauchte der kleine Kommissar und erhob sich schon fast von Stuhl. Insgeheim wusste er den Grund genau, aber er wollte einfach während des Einsatzes in der Nähe seines Freundes sein und ihn sicher wissen. Doch Semir wusste, dass das ausgeschlossen war.
    „Gerkhan, sie wissen doch, dass sich dieser Typ ganz genau über das Umfeld von Jäger informiert zu haben scheint. Er würde sie sofort erkennen und gewarnt sein“, sprach es nun dir Krüger laut aus und faltete ihre Hände ruhig ineinander, als würde sie ein Gebet ausstoßen, damit ihr Kollege es endlich einsieht. Nun schaltete sich auch Ben ein, der den Wortwechsel stumm verfolgt hatte. Fest sah es seinem Partner in die Augen, der einfach nicht akzeptieren wollte, nicht direkt am Ort des Geschehens dabei zu sein. „Semir, alles wird schon glatt laufen. Mach dir keine Sorgen! Ich weiß was auf mich zu kommt und außerdem wird Max, wenn er es tatsächlich ist, nicht mitten im Gemenge mit ner Waffe auf mich zielen. Das wäre nicht sein Stil. Seine Variante ist die verdeckte qualvolle Handschrift. Das konnte man ja bei Anja nur mehr als erkennen“, beschwichtigte Ben und beobachtete ob sich bei seinem Partner ein Sinneswandel ankündigte. Doch nichts dem Ähnlichen spiegelte sich auf dem Gesicht des Deutschtürken ab. „Aber Ben du kannst dich im Notfall mit deiner Schulter nicht mal richtig verteidigen“, erwiderte er schließlich hartnäckig.
    Daraufhin stöhnten Frau Krüger und der SEK-Leiter etwas genervt auf und warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Gerkhans Dickkopf und den Sturkopf von Jäger kannte sie nur zu gut, und der war im Moment gar nicht zu gebrauchen. Dennoch schätze sie es sehr, wie sich ihr türkischer Kommissar um das Wohl seines Partners sorgte, so war das früher zwischen ihr und ihrem damaligen Partner auch gewesen. Doch jetzt musste Gerkhan doch langsam einsehen, dass es einfach nicht gehen würde, wenn er sich auch in der Villa aufhalten würde. Ungeduldig sah sie ihren Kollegen an, der ihren durchdringenden Blick nicht bemerkte. „Semir, ich wurde beim LKA ausgebildet, ich kann mich auch sehr gut auf eine andere Weise wehren!“, gab jetzt auch Ben etwas genervt von sich. Was musste sein Partner sich jetzt auch so querstellen? Das war nach Bens Meinung einfach echt unangebracht. Gerade jetzt wo sie die genauen Vorgehensweisen für Freitag besprechen sollten, die auch wirklich sehr wichtig waren.
    Noch zweimal musste Ben die stärksten Argumente aufzählen, die daraus bestanden, dass Semir die ganze Zeit mit Ben via Funk in Verbindung sein würden und dass das große Haus vom SEK hundertprozentig umstellte sein würde. Jedoch merkte Jäger, dass Semir langsam einknickte und dann schließlich doch geschlagen nickte.

  • .


    Nach einer halben Stunde waren die vier Beamten den Plan mehrfach genauestens durchgegangen und hatten alles gründlich besprochen. Zum Abschied schüttelten Frau Krüger und die beiden Kommissare die Hand des SEK-Leiters, der sich dann auf den Weg zu seinem Wagen machte. Semir sah Selling durch das Fenster seines Büros die Auffahrt runterbrausen und kratzte sich nachdenklich am Kinn. Es war doch wirklich nur ein simpler Einsatz, und Semir war sich sicher, dass der SEK-Leiter erfahren genug war, um alles genau einschätzen zu können. Schließlich musste Selling, während seiner Dienstzweit beim SEK, das schon tausend Mal gemacht haben. Aber warum verspürte der Deutschtürke dann immer noch dieses ungute Gefühl in seiner Magengegend? Semir wusste nicht wieso, nur dass es auf keinen Fall etwas mit seinem Frühstück zu tun hatte. Auf sein Bauchgefühl konnte man sich immer intuitive verlassen, aber was blieb Semir schon übrig, wenn alle auf ihn ein argumentierten. Sogar sein Partner.
    Ein Stöhnen ließ Semir herumfahren, und sah Ben, der sich von seinem Bürostuhl erhoben hatte, wie er versuchte sich an seinem Schreibtisch abzustützen. Sofort ging er zu seinem Freund und stützte ihn, als der junge Mann zu schwanken begann. Sachte drückte Semir Ben wieder auf den Stuhl. „Whow, ganz langsam“, meinte er führsorglich und schaltete augenblicklich in den Papamodus. Ben hielt sich die Hand an den Kopf. Das Licht brannte in seinen Augen und ihm wurde etwas übel. „Alles gut, alles gut. Ich bin nur etwas zu schnell aufgestanden“, verharmloste Ben sofort und wehrte mit der anderen Hand das Glas Wasser ab, das Semir ihm reichte ab.
    Gerade jetzt durfte er sich nicht anmerken lassen, dass sein Kopf im Großen und Ganzen immer noch sehr dröhnte. Zwar erheblich besser als am Vortag, aber Ben hatte echt schon bessere Tage erlebt, an denen er sich wesentlich besser gefühlt hatte. Aber was konnte man auch schon erwarten? Wenn man mit einer Gehirnerschütterung und einer Schulterschussverletzung nur zwei Tage später wieder auf den Beinen stand. Topfit war der junge Hauptkommissar nun wirklich nicht, das sah nun auch selber er ein. Aber trotzdem hinderte Ben nichts daran, das durchzuziehen, was er bereits begonnen hatte. Da konnte der Blick von Semir ebenfalls nichts mehr dran ändern. Denn nur auf diese Weise können wir das Schwein, das Anja auf dem Gewissen hat, festsetzten, dachte sich Ben und schaute auf den Boden, wo das Licht nicht so intensiv in seinen Augen schmerzte.


    Semir stellte das Glas auf seinen Schreibtisch und schüttelte nur den Kopf. Wie konnte man nur so stur sein? Doch irgendwie musste er leicht grinsen, denn das zeigte wieder mal wie ähnlich sein Partner ihm war. Ben sah wieder auf. „Was grinst du denn so?“, fragte dieser sofort und musste augenblicklich auch lächeln. „Nein, nein nichts“, erwiderte Semir und hob die Hände, immer breiter grinsend. Der Jüngere legte langsam den Kopf schräg und versuchte Semirs Gedanken zu lesen. „Och sag doch!“, bettelte Ben und packte seinen Hundeblick aus, seine rehbraunen Augen wurden immer großer. Nur kurz danach musste der junge Beamte wieder grinsen und Semir erbarmte sich ausnahmsweise mal. „Ich hab grad gedacht, dass du noch ein größerer Sturkopf bist als ich, besonders wenn du versuchst dir etwas nicht anmerken zu lassen“, grinste der kleine Deutschtürke und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Ertappt schaute Ben nun aus dem Fenster, jedoch immer noch mit einem Grinsen im Gesicht, und griff schließlich doch nach dem Glas Wasser.
    Semir nahm sich ein zweites Glas und schüttete sich ebenso etwas Wasser hinein, und setzte sich an seinen Schreibtisch seinem Dienstpartner gegenüber. „Und was machen wir jetzt?“, fragte Ben dann, nachdem Semir den letzten Schluck Wasser getrunken hatte. „Wir?“ Ben war sofort klar, dass das nur eine rhetorische Frage gewesen war. „Ich werde dich jetzt erst mal bei Andrea abliefern. Da wärst du fürs erste in Sicherheit und außerdem hat sie noch etwas vor mit dir“, erwiderte der kleine Hauptkommissar geheimnisvoll. Semir amüsierte sich über den Gedanken und zog sich seine Jacke über. Ben hatte absolut keine Ahnung was sein Partner meinen könnte, aber er hatte im Moment auch nicht die Nerven sich darüber den Kopf zu zerbrechen. So stand er ebenfalls, zwar etwas langsamer, auf, damit ihn nicht wieder der Schwindel packte. Ben ließ es sogar zu, dass Semir ihm half sich die Jacke anzuziehen, denn bei größeren Bewegungen mit seiner Schulter musste Ben immer noch schmerzhaft das Gesicht verziehen. Im etwas gemäßigterem Tempo gingen die Beiden zu Semirs BMW und fuhren durch die Auffahrt auf die Autobahn, die zum Haus der Gerkans führte.

  • Und hier ein extra langer Teil, weil ich so doof war den Teil gestern hochzuladen...viel spaß und schön feeden :D



    Der silberne 3er BMW hielt vor dem hübschen Einfamilienhaus der Gerkhans. Als Semir aus dem Auto stieg, warf er einen kurzen Blick auf seine Uhr. Es war bereits viertel nach eins und Semir knurrte ebenso wie Ben der Magen. Schon von draußen konnte man das leckere Essen seiner Frau riechen. „Das riecht aber gut! Andrea hat mein Lieblingsessen gemacht“, freute sich Ben und war auch ausgestiegen. Mit der Hand hielt es sich an Semirs Schulter fest. „Rotkohl?!“, fragte Semir verwirrt. „Nein Semir, Rouladen mit Rotkohl. Und ich dachte mit deinem Riechorgan würdest du das sofort merken!“, grinste Ben und freute sich wie ein kleines Kind auf das leckere Essen. Währenddessen schüttelte Semir nur lächelnd den Kopf und zog seinen Partner am gesunden Arm zur Eingangstür. „Na los, schwing die Hufe Oppa, ich hab Kohldampf!“, gab Semir lachend zurück und schaute augenblicklich in das schmollende Gesicht seines besten Freundes. Ben stampfte an seinem breitgrinsenden Partner vorbei und wurde sogleich, als er in der offenen Haustür stand, in eine warrne Umarmung gezogen. Ein Ziepen ging durch Bens Schulter, doch er unterdrückte den Schmerz und erwiderte die herzliche Umarmung. „Oh Gott Ben! Ich bin so froh dass es dir gut geht!“, begrüßte Andrea ihn aufgeregt, aber überglücklich, dass es ihrem Freund gut ging. „Hallo Andrea“, begrüßte auch Ben sie und löste sich langsam aus ihrer Umklammerung.
    Als Semir ihr genau erzählt hatte, was genau passiert, war Andrea im ersten Moment geschockt gewesen. Doch nur wenige Sekunden später hatte sie sich wieder gefangen und widmete sich wieder ihrem Mann zu, der aufgelöst vor ihr im Flur gestanden hatte. In dieser Nacht hatte Andrea genau wie Semir sich große Sorgen um Ben gemacht, hatte aber beruhigend auf Semir, der keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte, eingeredet und ihm versichert, dass es ihrem gemeinsamen Freund bald besser gehen würde. Jetzt wollte sie ihn gar nicht mehr loslassen, dennoch trat sie zur Seite und ließ Ben über die Hausschwelle treten. Sie half ihm sich seine Jacke auszuziehen, wobei der zweifachen Mutter Bens schmerzverzehrte Gesicht nicht entging. „So und ich werde nicht umarmt oder wie?“, hörte sie sagen und drehte sich wieder um. Semir stand in der Tür und hatte mit Absicht seine Mundwinkel nach unten gezogen. Andrea schmunzelte und ging auf ihrem Mann zu, der in der Eingangstür stand. Schnell schlang sie ihre Arme um ihn und gab ihm einen kurzen, aber liebevollen Kuss. Sofort zogen sich Semirs Mundwinkeln wieder nach oben, währenddessen Ben seinen älteren Partner hinter Andreas Rücken verschwörerisch angrinste. Dieser zog sich danach seine Jacke aus und hing sie an die Garderobe neben der Tür, jedoch den Blick immer noch verliebt auf seine Frau gerichtet. Als Ben diese Szene schmunzelnd beobachtete, wurde ihm immer bewusster, dass die Beiden füreinander bestimmt waren. Da war er sich hundertprozentig sicher.
    Ein bisschen beneidete er Semir, so eine tolle Frau wie Andrea zu haben, doch noch glücklicher war er so einen Freund und Partner wie Semir an seiner Seite zu haben. Er wusste, auf Semir konnte er sich immer verlassen, für Semir würde er alles tun, sich sogar eine Kugel für seinen Partner einfangen, wenn es darauf ankam. Aber Ben wusste ganz genau, dass das Semir auch für ihn tun würde, ganz egal ob sie sich manchmal schritten. So war das einfach zwischen ihnen, der Eine gibt immer auf den Anderen Acht und auch umgekehrt.
    Ben trat nun in das große lichtdurchflutete Wohnzimmer und suchte mit den Augen den Raum sowie den Garten nach den Kindern ab. Er blieb an der Spielecke der beinen Kleinen hängen und machte einige Schritte auf den Kaufmannsladen zu. Denn der kleine Hügel unter der Decke, kam ihm verdächtig vor. Na da hat sich Aida wohl wieder versteckt, dachte sich Ben und zog mit der Hand die Decke weg. Doch darunter erschien keine Aida und auch keine Emily, sondern der riesige Teddybär, den er Aida letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. Verwirrt zog der junge Beamte die Stirn kraus, doch plötzlich sprang ihm jemand auf den Rücken.
    „BUH!“, rief Aida freudig und klammerte sich mit ihren dünnen Armen an Bens Hals fest, „da hab ich dich jetzt aber reingelegt Onkel Ben!“ Ben musste sich etwas nach vorne neigen, als ein stechender Schmerz seine Schulter durchfuhr, wegen dem er heftig aufstöhnen musste. Doch er dämpfte das Stöhnen ab und zwinkerte die Tränen, die vor Schmerz in seine Augen getrieben wurden, weg. Jäger verharrte noch etwas in der Position, und wartete bis der Schmerz nachließ. Jedoch hatte Aida die Reaktion ihres Onkels bemerkt und sprang sofort von dessen Rücken herunter. Verwundert sah sie Ben an, der jedoch immer noch den Kopf geneigt hatte, und sich nur langsam wieder in die aufrechte Haltung stellte. „Ben, was hast du? Hab ich dir wehgetan?“, fragte die Sechsjährige besorgt, aber auch etwas ängstlich, wobei ihr die Tränen in die Augen schossen. Jetzt hatte sich Ben wieder gesammelt, und nahm das kleine Mädchen in die Arme. „Nein Schatz, alles ist ok“, flüsterte er ihr beruhigend ins Ohr. Nun lächelte Aida wieder und drückte ihren Kopf in die Mulde zwischen Bens Hals und Schulter. Sie merkte wie Bens Hand liebevoll über ihr blondes Haar strich und genoss sichtlich die Nähe ihres Onkels.
    Nun kam auch Semir, der zuletzt die Frage seiner Tochter gehört hatte, mit Andrea ins Wohnzimmer. „Was ist los?“, wollte Semir wissen und sah seinem Partner in die Augen. Dieser blinzelte noch ein paar Mal und ignorierte das heftige Pochen in seiner Schulter. „Nichts, alles gut. Aida hat es nur geschafft mich zu erschrecken“, antwortete Ben und lächelte die Kleine an, die verschmitzt zurück grinste. „Achso! Na das hast du ja noch nie geschafft“, lachte Semir und nahm Aida auf den Arm.
    Sofort plapperte die Kleine los: „Ich habe Onkel Ben total reingelegt Papa! Zuerst hab ich Teddy unter unsere Kuscheldecke gelegt, damit Ben denkt, dass ich mich darunter versteckt hätte. Aber in Echt stand ich hinter der Tür und als er die Decke weggezogen hatte, bin ich schnell auf seinen Rücken gesprungen und hab gaaaaaanz laut BUH gerufen!“ Ganz entzückt darüber, dass sie es endlich mal geschafft hatte den Freund ihres Papas zu erschrecken. Stattdessen ries ihr Vater die Augen auf und sah zwischen seinem Freund, der sich leicht die Schulter hielt, und seiner sechsjährigen Tochter hin und her. „Du bist ihm auf den Rücken gesprungen?“, fragte Semir und runzelte die Stirn. Das kleine Mädchen bejahte brav, während Ben nur den Kopf schüttelte. Mensch, die Kleine kann echt nicht lügen, dachte sich Ben. „Semir, alles ok! Ich hätte nicht gedacht, dass Aida es schafft mich zu erschrecken“, versuchte er gleich die Sache zu erklären. Nun mischte sich auch Andrea ein: „Schätzchen, Onkel Ben hat sich nur etwas an der Schulter weh getan, deswegen kann er in nächster Zeit nicht so viel mit dir und Emmy rumtoben.“ Die Sechsjährige zog enttäuscht eine Schnute und verschränkte ihr Arme vor ihren zierlichen Körper. „Das wird Emmy aber gar nicht gefallen“, murrte sie. Semir grinste seine Tochter an, Aida war einfach zu süß. „Papa! Was guckst du denn so?!“, ging es bei ihr gleich keck weiter und sie fühlte sich auch etwas von ihrem Papa provoziert. Semir grinste noch etwas breiter, versuchte aber seine Tochter, die langsam etwas bockig zu werden schien, weil sie nicht mehr im Moment mit ihrem heißgeliebten Onkel rumtollen konnte, zu beruhigen.


    „Na gut“, nuschelte die Sechsjährige, als ihr Vater sie runter ließ, und rannte in die Spielecke. Währenddessen setzten sich Ben, Semir und Andrea auf das große gemütliche Sofa. Ben legte entspannt die Beine hoch und Semir wollte ihm ein schön kaltes Bier in die Hand drücken, doch Andrea funkte dazwischen. „ Semir nein! Du kannst Ben doch kein Bier geben, er ha doch bestimmt noch Medikamente in seinem Blut!“, erklärte ihm seine Ehefrau und nahm ihrem Freund das Bier gleich wieder aus der Hand. Ben schaute enttäuscht drein, während Semir nur die Schultern zuckte. Gegen Andrea konnte er, wenn es um so etwas ging, nichts ausrichten.
    „Wo ist eigentlich Emily?“, fragte Ben dann. „Ich muss sie in einer halben Stunde von Kindergarten abholen. Aida hatte heute früher Schluss als sonst“, antwortete Andrea sachgemäß. „Weil meine Lehrerin krank war, haben wir heute sogar keine Hausaufgaben aufgekriegt“, rief Aida glücklich aus ihrer Ecke. „Das werden wir erst sehen, wenn wir in deinen Hausaufgabenplaner gesehen haben“, murmelte Andrea und sah ihre Tochter, die die erste Klasse besuchte, mütterlich beim Spielen zu. Nach einer kurzen Weile ging sie in den Flur und zog sich ihre Jacke über. „Aida Schatz, kommst du Emmy abholen?“ Sofort kam das Mädchen angelaufen, die blonden Haare leicht zerzaust. „Und was ist mit dem Essen?!“, fragten Semir und Ben geschockt wie aus einem Mund. Andrea rollte die Augen, mit dieser Antwort hatte sie gerechnet. Was das Essen betraf, konnten Männer echt hilflos sein. „Dann müsst ihr eben noch etwas warten!“, hing sie an um die Beiden noch etwas zu ärgern. „Aber Andrea! Wir haben Hunger“, rief Semir vorwurfsvoll, Ben nickte unterstützend. Andrea musste lachen und besah sich die beiden Männer, die es absolut nicht glauben konnten, noch etwas auf ihr Gericht warten zu müssen. Nun begann auch die kleine Aida zu grinsen. „Papa und Onkel Ben sind zwei Vielfraße!“, lachte sie schelmisch und zog sich ihre Stiefel an. „Aber das Essen wird doch ganz kalt“, versuchte es jetzt auch Ben, dem auch schon langsam der Magen knurrte. „Die Rouladen und die Beilagen dazu, sind noch im Schnellkochtopf. Also keine Sorge, da wird nichts kalt“, zwinkerte sie und nahm Aida an die Hand. Schnell gab sie ihrem Mann noch einen Kuss auf die Wange, strich Ben als Trost, weil er noch warten musste, sanft über den gesunden Arm und ging mit ihrer Tochter zum Kindergarnten, der nur wenige Straßen entfernt lag, um ihre Jüngste abzuholen.

  • .



    „Was für eine Gemeinheit!“, murrte Ben und legte wieder seine Beine hoch. Semir nickte nur zustimmend und reichte seinem Partner das Bier, was ihm Andrea vorhin aus der Hand genommen hatte. Der junge Mann griff freudig zu und ließ es aufspringen. Dass er quasi noch total gedopt und aufgeputscht von den Medikamenten aus dem Krankenhaus war, war Ben in diesem Moment egal, und ignorierte Andreas vorige Warnung einfach. Beherzt nahm er einen langen Schluck. „Ist auch echt alles ok mit deiner Schulter?“, fragte Semir dann. Kurzer Hand stellte Ben das Bier wieder auf den Couchtisch, und rollte die Augen. „Alles gut, Aida konnte das ja nicht wissen.“ „Stimmt, sie ist echt ein kleiner Wildfang und sie kann es wohl kaum noch erwarten wieder mit dir rumzutoben.“ Ben lächelte, gleich würde er köstliche Rouladen verzehren können.
    Und tatsächlich, Andrea kam mit Aida und der kleinen Emily im Schlepptau, nachdem sich Ben und Semir noch etwas unterhalten hatten, zurück. Nach einem köstlichen Essen, spielte Ben noch mit den Kindern Schwarzer Peter, was er nur zu gerne tat, und ließ dann zusammen mit Semir, natürlich mit einem zweiten Bierchen und unter Andreas skeptischen Blick, den Tag wohltuend ausklingen.
    Am nächsten Morgen, als Semir schon zur PAST gefahren war und die Kinder schon in der Schule und im Kindergarten untergebracht waren, wurde Ben sanft von Frau seines Partners geweckt. Nachdem er fertig gefrühstückt hatte und auch brav unter Andreas strenger Aufsicht seine Medikamente für die Schulter und den Kopf genommen hatte, wurde er von Andrea am Handgelenk gepackt und die Treppe hinauf in den ersten Stock geführt. Ihr Weg endete in dem kleinen Ankleidezimmer und Ben sah auch gleich den zusammengefalteten schweren Anzug auf einem Hocker liegen. Ben erkannte ihn sofort, es war seiner, den er das letzte Mal auf der Hochzeit seiner Schwester vor knapp zwei Jahren getragen hatte. Anscheinend musste Andrea ihn aus seiner Wohnung abgeholt, frisch gewaschen und fertig gebügelt haben. Und dann fiel auch bei dem Kommissar der Groschen. Das hatte Semir also gemeint, als er meinte, dass Andrea noch etwas mit mir vor hätte, dachte Ben und rieb sich die Hände. Ja natürlich, für morgen brauchte er einen Anzug. In Jeans, Lederjacke und Shirt hätte er auf so einem feinen Klassentreffen ja nicht auftauchen können. Wäre er auf eine einfache, staatliche Schule gegangen, dann hätte das bestimmt funktioniert.
    Wortlos half ihm Andrea beim Anziehen des schweren Anzugs, denn eine Anprobe hatte sie als nötig befunden. Als Ben es nun endlich geschafft hatte sich das Jackett über zu ziehen, und er vollkommen umhüllt von edlem schwarzen Stoff war, staute Andrea nicht schlecht. Sie musste zugeben, Ben sah einfach umwerfend aus. Das sanfte Schwarz des Anzugs hob sich von seiner Haut ab, und ließ ihn wie einen schwarzen Panther aussehen. Das strahlend weiße Hemd, das sie gebügelt hatte als Ben noch geschlafen hatte, zog sich über seine muskulöse Brust und bildete einen einzigartigen Kontrast mit dem dunklem Schwarz, der somit Bens sanfte braune Augen noch mehr betonte und zum Strahlen brachte. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie Ben mit offenem Mund anstarrte und dieser in sich hineingrinste. Schnell fing sich Andrea wieder und trat neben Ben vor den langen Spiegel. „Ich muss sagen, Anzüge stehen dir ausgezeichnet“, lachte sie während Ben nur den Kopf schräg legte. Er wusste auch, dass er nicht schlecht aussah, jedoch fühlte er sich in seinen normalen Klamotten einfach wohler und hätte diese auch viel lieber zu dem Klassentreffen angezogen. Aber wenn es sein musste, so würde er den Anzug auch tragen, und da Ben unbedingt den Mörder von Anja in die Finger kriegen wollte und dass nun mal nur in so einem Aufzug funktionierte, akzeptierte er es einfach und drehte sich einmal um die eigene Achse.
    Andrea lächelte als Ben sich einmal um sich selbst drehte, wie ein kleiner Welpe, der seine Rute jagte.
    Aber dann half sie ihrem Freund wieder aus den Klamotten heraus, damit dieser dann wieder in seine Alten schlüpfen konnte.
    Der restliche Tag verlief auch für Semir ziemlich ruhig, auf der Autobahn war nichts los und er begann sich zu langweilen. Er sah auf den leeren Platz neben sich, und bemerkte wie Ben ihm fehlte, obwohl dieser bereits schon im Hause der Gerkhans zusammen mit den Kindern auf ihn wartete. Semir sah ein, dass die Arbeit ohne Ben einfach viel weniger Spaß machte. Deswegen freute er sich auf den Zeitpunkt, wo sie den jetzigen Fall abharken konnten, Ben es besser ging und sie wieder zum normalen Alltag überlaufen konnten.
    Doch Semir konnte nicht wissen, dass ihm da etwas einen Strich durch die Rechnung machen würde

  • ...und das KLassentreffen beginnt ;D....



    Auch der Donnerstag verging schnell und das Klassetreffen, das bereits in ein paar Stunden stattfinden würde, kam immer näher. Am Freitagmorgen war die Stimmung seitens Semir sehr angespannt, dass konnte Andrea deutlich spüren. Allerdings war Ben auch nicht so locker wie sonst, aber wie sollte man sich auch verhalten, wenn ein wichtiger und auch wahrscheinlich gefährlicher Einsatz vor der Tür stand. Nachdem alle am frühen Morgen fertig gefrühstückt hatten, verabschiedeten sich die Kinder, die auf den Weg zur Schule und zum Kindergarten waren, von den beiden Männern. Die angespannte Atmosphäre war Aida nicht entgangen und die Sechsjährige fragte sich, was wohl los sei. Dennoch umarmte sie ihren Papa und ihren Onkel lieb, Emily tat es ihr gleich, obwohl die Kleine noch nicht genau bemerkte, im Gegensatz zu ihrer Schwester, was grade vor sich ging. Auch Andrea verabschiedete sich von Ben und Semir, und hoffte inständig, dass alles gut gehen würde. Doch ihre Sorge durfte sie sich vor den Kindern nicht anmerken lassen, denn sie wusste, dass Aida sofort eins und eins zusammen zählen konnte. Denn Aida wusste, dass ihr Vater und Ben Polizisten waren, und dass da auch mal etwas passieren konnte. Also zog Andrea ihren Kindern schnell die Jacken an, gab ihrem Mann einen schnellen Kuss auf den Mund, knuffte Ben einmal liebevoll an der Schulter und brachte ihre Mädchen in die Schule und den Kindergarten.
    Semir sah ihnen nach. Er hatte ganz genau die Angst in Andreas Augen gesehen, aber er hatte auch bemerkt, wie sie damit umgegangen war. Da seine Frau schon immer dieser Sorge um ihn, und nun auch um Ben, ausgesetzt war, so hatte sie gelernt, damit klar zukommen, sonst hätte sie nicht mehr ruhig leben können. Besonders vor Aida musste man sich beherrschen, denn für Alter war sie sehr clever und konnte sehr schnell verstehen.
    Nur wenige Sekunden später nachdem seine Familie, durch die Haustür verschwunden war, sah Semir auf die Uhr. Nun wurde es aber auch für sie Zeit! Semir sah Ben an, der nickte und zog sich seine Lederjacke über. Semir machte Dasselbe, und nahm seinem Partner die schwere Hülle, indem sich der Anzug für den Abend befand, ab.
    Bereits nach nur wenigen Schritten waren sie beim Auto und fuhren los zur PAST. Als sie auf der Autobahn waren, begann es stark zu regnen. „Man das Wetter wird auch nicht mehr besser“, murmelte Ben und kratzte sich an seinem Dreitagebart. Daraufhin nickte Semir nur, denn im Moment war ihm nicht so nach Kommunikation. Er freute sich schon auf heute Abend, wo er entspannt in sein Bett fallen konnte und sich an Andrea kuscheln konnte. Ben entging das nicht, und machte stattdessen das Radio an. Sofort erklang ‚If today was your last day‘ von Nickelback und Ben freute sich eine seiner Lieblingsbands im Radio zuhören. Doch bereits nach einer Minute machte Semir das Radio genervt aus und entließ einmal geräuschvoll die Luft aus seinen Lungen. Trotz seines eingeschränkten Englisch war Semir in der Lage den größten Teil des Songs zu verstehen, und nach dem was der Inhalt des Lieds aussagte, konnte der kleine Deutschtürke jetzt gar nicht gebrauchen. So vergingen die restlichen fünf Minuten sehr schweigsam und Ben wusste nicht was für eine Laus seinem Partner über die Leber gelaufen war. Als die Beiden die Auffahrt zur Dienststelle hinauffuhren und danach ausstiegen, gingen sie genauso wortarm nebeneinander her wie sie vorher auch im BMW gesessen hatten. Erst als Susanne sie empfing, wurde die die frostige Spannung unterbrochen. „Da seid ihr Beiden ja!“, begrüßte sie die Hauptkommissare, „die Chefin bittet euch in ihr Büro!“ Ben grinste. „Oh sie bittet uns! WOW!“ Susanne musste lachen, Semir sagte nichts dazu. Nun war Ben wegen dem Verhalten seines Partners erst recht irritiert. „Sag mal was ist denn los mit dir?! Ich weiß, heute ist der Einsatz, aber deswegen musst du jetzt ja nicht so abweisend sein“, stellte Ben nun klar, als sie beide in ihr eigenes Büro gegangen waren. Semir sah den Jüngern, der sich frustriert in seinen Schreibtischstuhl fallen gelassen hatte, an. „Ben, ich will diesen Tag einfach nur hinter mich bringen!“, sagte der kleine Kommissar nur und hing seine Jacke auf. Ehrlich gesagt, wusste er selber nicht so genau warum er sich so verhielt, aber es war die Wahrheit, der Tag sollte einfach zu Ende gehen!
    Kurz danach betraten beide Kims Büro um über die Abfahrtzeit zur Eifel zu sprechen.

  • .



    Die Stunden vergingen. Das Treffen von Bens Abschlussklasse rückte immer näher. Je mehr Minuten verstrichen, umso unruhiger und angespannter wurde Semir. Ben hörte er nur noch mit halben Ohr zu, doch bei der erneuten Besprechung mit Selling, wo alles nochmal genau besprochen wurde, hörte Semir wie ein Lux zu.
    Und dann war es letztendlich soweit. Ben und Semir setzten sich in den BMW und machten sich auf den Weg in die Eifel. Es war bereits viertel nach vier und das Treffen sollte um acht beginnen. Sie hatten zwei gute Stunden zu fahren, bis sie im Burghotel Arras ankommen würden. So ging es über Köln und Bonn, der Eifel immer mehr entgegen.
    Zögerlich warf Ben einen Blink nach rechts. Von der Seite sah er Semirs Hände, die das Lenkrad ganz verkrampft umfassten. Wie auch bei der Fahrt zu PAST sprach sein Partner im Moment kein Wort. Leise stöhnte Ben und sah aus dem Fenster, wo die Büsche und Wolken nur so vorbeisausten. Auch er wollte, dass dieser Tag schnell vorbei ging, denn diese kühle Stimmung, als sei Semir auf ihn sauer, konnte er kaum noch aushalten. Das Wetter draußen war auch nicht besser als die Atmosphäre in Semirs Wagen, er nieselte zwar nur noch, aber die Wolken waren tief grau und sahen einfach nur unfreundlich aus. Noch dazu begann Bens Schulter wieder stark zu schmerzen, sodass Ben sich sehnlichst das dumpfe Gefühl zurückwünschte. Doch die Schmerzmittel waren in seiner Tasche im Kofferraum, und der Kommissar wusste, dass sie jetzt nicht anhalten konnten, denn sie mussten pünktlich, zusammen mit dem SEK eintreffen. Etwas gequält drehte Ben seinen Kopf, sodass Semir nicht sein Gesicht sehen konnte, und starrte einfach nur aus dem Fenster. Im Rückspielgel konnte man sogar einen schwarzen Van vom SEK erkennen und hinter ihm den Dienstwagen der Krüger. Sie konnten unmöglich anhalten, also saß Ben weiterhin etwas abgewandt auf dem Beifahrersitz, darauf bedacht, sich die nächste Stunde seine Schmerzen nicht anmerken zu lassen.
    Die nächste Stunde verstrich nur sehr träge, doch schließlich bogen sie auf einen kleinen Weg, der hoch zum Anwesen führte, ab. Von diesem Weg gingen mehrere Feldwege ab, an dessen Ende man beim genauen Hinsehen, die Vans und Überwachungswagen des Spezialeinsatzkommandos erkennen konnte. Jetzt konnte man auch schon die Burg erkennen, aber Semir fuhr, nachdem die Chefin ihre Anweisung über Funk durchgegeben hatte, in den zweiten schmalen Feldweg auf der rechte Seite. Der schwarze Van bog auf den gegenüberliegenden Feldweg auf der linken Seite ab, und die Hauptkommissare sahen den Wagen ihrer Chefin hinter sich auftauchen. Noch gut siebzig, achtzig Meter fuhr Semir auf dem haprigen Boden bis er vor einem Einsatzwagen anhielt.
    Frau Krüger ließ ihren Wagen hinter Gerkans BMW stehen und stieg aus. Kim sah auf ihr Uhr. Es war zwanzig nach sieben, und somit würde die Veranstaltung in einer dreiviertel Stunde starten. Zielstrebig ging sie auf die beiden Kriminalhauptkommissare, die ebenfalls ausgestiegen waren, zu und sah wie Jäger den Kofferraum geöffnet hatte und in seiner Tasche wühlte. „Was machen sie da Jäger?“, wollte sie wissen und musterte den jungen Mann, dessen Gesichtszüge sehr versteift aussahen. „Ach ähh, ich suchen nur etwas“, wich er schnell aus und ließ die zwei Tabletten, die er auch der Medikamentenverpackung hinausgedrückt hatte, unbemerkt in seine Hosentasche gleiten, darauf bedacht, dass Semirs Adleraugen das nicht mitbekamen. Schnell verschloss er wieder seine Tasche und nahm sie unter den gesunden Arm. Jetzt sollte niemand etwas von seinen Schmerzen mitbekommen. Gleich würde er auch noch Zeit haben die Tabletten einzunehmen, wenn es sich den Anzug anzog. Mit einem komischen Blick schloss Semir den Kofferraum seines Autos und betrat nur Sekunden später mit Kim und seinem Partner den Einsatzwagen. An den Bildschirmen auf einem Stuhl saß bereits Selling mit einem Headset am Kopf, mit dem er sich mit den anderen SEKlern, die in den anderen Wagen saßen, auseinandersetzte. Nur kurz danach, drehte der Einsatzleiter sich um und gab jedem höflich die Hand. Er erklärte, dass sich drei Vans mit je fünf Polizisten um die Burg Arras, fertig zu Zugriff, positioniert hatten. Zusätzlich würden drei Leute vom LKA während der Feier undercover anwesend sein. Die drei hörten genau zu, schließlich würde Ben in etwas mehr als einer halben Stunde in Semirs Wagen durch das Tor des Anwesens fahren. Nach weiteren fünf Minuten wurde der junge Beamte mit den nötigen technischen Instrumenten verkabelt. Dann ging Ben in eine kleine Kammer des Einsatzwagens, zog sich seinen Anzug an und ging noch einmal mit einem mitgebrachten Kamm durch seinen braunen Wuschelhaare, die nach dem Kämmen fast genauso aussahen wie vorher, nur etwas ordentlicher. Schnell würgte er noch seine Tabletten hinunter, das gar nicht so einfach war ohne etwas zu trinken. Als Ben nun aus dem kleinen Raum trat, machte Frau Krüger, ähnlich wie Andrea am Vortag, große Augen. Kim konnte es nicht abschreiten, Jäger sah in wirklich sehr attraktiv aus, aber das würde sie natürlich niemals sagen geschweige denn zugeben. Kurz musste sie an den Abend zurückdenken und lächeln, wo sie sich das erste Mal getroffen hatten und Jäger versuchte hatte nach einer etwas plumpen, aber im Nachhinein, lustigen Anmache mit ihr zu flirten. Zu dem Zeitpunkt hatte er noch nicht gewusst, dass sie seine zukünftige Chefin sein würde. „Oh was für ein Zufall! Sie sehen Winnetou Koslovski wirklich sehr ähnlich“, lachte sie, und ries einen Insiderwitz. Ben und auch Semir, der die Geschichte damals geduckt hinter einer Kommode in seinem Büro erfahren hatte, grinsten breit. Nur Selling stand etwas ratlos daneben und wusste nicht was gemeint war. Aber nur Sekunden später fingen sich die drei Kollegen wieder und setzten einen professionellen Gesichtsausdruck auf.

  • viel spaß ^^ ...und schön feeden;DD




    „Ok, es ist soweit. Jäger machen sie sich bereit!“, verkündete Selling und setzte sich wieder sein Headset auf um dasselbe seinen Kollegen weiter zu geben. Jäger nickte. Erstaunlicher Weise war Ben ganz ruhig und war sogar nahezu locker im Gegensatz zu seinem Partner. Dieser hatte seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen gepresst und starrte Ben unentwegt an. Der Jüngere ignorierte es, denn er wusste, dass das ihn einfach nur nervös machen würde. Ben entschloss sich, die ganze Zeit auf Max zu achten. Insgeheim hoffte er aber, dass irgendetwas passieren sollte, das reichen würde um Bäßmann festzusetzten, da, wenn sein früherer Freund es war, er Ben ja gedroht hatte. Dennoch freute sich Ben seine Kumpels wieder zu sehen, die er das letzte Mal vor ein paar Jahren getroffen hatte. Auch wenn das Jäger lieber unter normalen Umständen getan hätte.
    Währenddessen sich Ben abschließend innerlich vorbereitete, trat Semir auf seinen Freund zu und zog ihn zur Seite, so damit sie etwas abgewandt zur Chefin und Selling standen. Fest schaute Semir seinem Partner in die braunen Augen. Sofort erwiderte Ben den Blick, schaute aber etwas verwirrt, denn er wusste nicht, was Semir ihm sagen wollte. Wie auf Stichwort begann Semir zu sprechen: „Ben, egal was heute Abend passiert…ich hoffe es wird alles gut gehen…“ Ben lächelte, es rührte ihn sehr, dass Semir sich immer Gedanken um ihn machte. „Semir, keine Sorge! Es wird alles gut gehen“, versicherte er seinem Partner ein weiteres Mal. „Das hoffe ich doch! Denn wenn dir was passiert, dann werde ich dich verprügeln und du kannst auf ewig die Berichte schreiben! “, zwinkerte Semir und hob den Arm. Ben lachte und schlug bei seinem besten Freund ein. Beide verharrten noch etwas in dieser Position und sahen sich gegenseitig an, bis die Stimme der Krüger ertönte. „Jäger es geht los! Gehen sie zu Gerkans Wagen. Andere Gäste sind schon vorgefahren…“ Nach dieser Anweisung zog sich Ben noch schnell seine Jacke über und eilte zum BMW seines Freundes. „Und wehe du machst auch nur einen Kratzer rein“, rief ihm Semir nach. Mit einem Lächeln im Gesicht stieg Jäger ein und fuhr über den engen Weg auf den breiteren Weg, der zum riesigen Tor des Anwesens führte.
    So eine massive Burg, wie Ben sie sich vorgestellt hatte, war das alte Gebäude gar nicht. Es war umringt mit einer hohen Steinmauer und das mittelalterliche Eisentor war mit einem edel aussehenden, schmiedeeisernen Tor ersetzt worden. Jäger steuerte den Wagen auf den riesigen Hof und stellte den Motor ab. „Ich bin jetzt im Hof“, flüsterte er um seine genaue Position durchzugeben. Augenblicklich als er ausgestiegen war, parkte ein schwarzer Alpha Romeo neben ihm. Ben erkannte den Fahrer sofort, der ebenfalls einen Anzug wie er selber trug. „Alex!“, rief Ben und ging auf seinen Kumpel zu. Dieser reagierte sofort und zog seinen früheren Bandkollegen in eine freundschaftliche Umarmung. „Ben, man lange nicht mehr gesehen!“, begrüßte Alexander Neuer ihn. Ben nickte heftig und klopfte Alex auf die Schulter. „Kann ich nur zustimmen“, bestätigte Ben und grinste. „Hast du Mike und Anja schon irgendwo gesehen? Von denen weiß ich gar nicht, dass sie kommen.“ Als Ben Anjas Namen hörte, verkrampfte sich etwas ihn ihm, ließ sich aber geschickt nichts anmerken. „Nein, hab ich nicht, du bist der Erste, den ich von unserer alten Band gesehen habe“, erwiderte er. „Achso, die kommen bestimmt noch. Mark müsste auch gleich kommen. Er hat mir in ner Mail geschrieben, dass er sicher kommt“, erzählte Alex und glitt mit der Hand über seinen nun kurzen blonden Haarschopf. Damals hatte er nämlich die Haare wie der Frontmann von ACDC Kinn lang getragen. Gemeinsam gingen sie in das Innere der Burg, die eigentlich nur eine große Villa aus massivem Stein mit einem großen Turm war. Dort stellten die beiden sich an einen geschmackvoll dekorierten Standtisch mit einem Champagnerglas in der Hand und warteten auf ihre anderen Bandkollegen, wobei Ben ganz genau wusste, dass nur zwei von ihnen auftauchen würden.

    Einmal editiert, zuletzt von Peaches ()

  • .


    Unbemerkt beobachtete er die Beiden. Es sah sie gut gelaunt in das Anwesen schlendern und dann anschließend durch das große Eingangsportal verschwinden. Nun war es auch für ihn Zeit, schwungvoll stieg er aus seinem Wagen und fuhr sich mit beiden Händen über den Anzug um ihn ein letztes Mal zu glätten. Seinen langen Mantel zog er aus und legte ihn auf der Rückbank seines Autos ab. Den würde er nicht brauchen. Mit großen bedachten Schritten ging in dieselbe Richtung und trat durch das edle Eingangstor. Er begutachtete den hübschen Saal und ließ seinen Blick durch die Menge schweifen. Viel von früher erkannte er sofort, aber niemand kam zu ihm um ihn zu begrüßen oder gar anzusprechen. Alle ignorierten ihn oder bemerkten ihn erst recht nicht.
    Wut und Zorn stiegen in ihm auf, seine Fäuste begannen sich zu ballen, doch er beherrschte sich. Das konnte er sich jetzt echt nicht erlauben! Immer in der Nähe der Wand ging er unscheinbar zum Büffet und nahm sich einen kleinen Dipp, den er schnell hinunter schlang. Seine Augen blieben an der offenen Terrassentür hängen, wo sich dahinter ein langer, gut gepflegter Garten erschreckte. Der schöne Teich war so glatt wie ein Spiegel, in dem sich die untergehende rote Sonne wiederfand. Alles war normal. Standtische waren draußen auf der weitläufigen Terrasse ebenfalls aufgebaut worden, an denen sich schon manche ehemalige Klassenkameraden tummelten. Doch sein Interesse galt nicht ihnen, sondern den geradegeschnittenen Büschen, die den großen Garten und den Teich umrahmten. Er konnte sich gut vorstellen, dass die Polizei ihre Leute irgendwo dort positioniert haben könnte. Damit hatte er dennoch gerechnet, schließlich hatte er der Autobahnpolizei das Klassenfoto geschickt. Als er daran dachte, grinste er innerlich. Sie war garantiert darauf hereingefallen und würde sich jetzt auf etwas ganz anderes vorbereitet haben. Wenn alles glatt lief, würde die Polizei gar nicht zum Einsatz kommen, schließlich hatte er den Verdacht auf einen anderen gelenkt. Darüber freuend, dass sein Trick funktioniert hatte, nahm er sich etwas vom kalten Büffet und biss diesmal genussvoll hinein. So etwas Gutes hatte er schon lange nicht mehr gegessen, drehte sich diesmal ganz zum reich gedeckten Tisch um und griff mit beiden Händen nach den leckeren Köstlichkeiten.


    .

  • .



    Währenddessen fokussierte Ben immer die Eingangstür und wartete auf das Erscheinen von Max Bäßmann. Immer mehr Leute strömten in den festlich geschmückten Saal, alte Freunde, die Ben zur Begrüßung umarmten. Mittlerweile waren seine anderen Kumpels, Mike Rumer und Mark Seifert, eingetroffen. Sofort war alles wie damals, es herrschte eine ausgelassen Stimmung. Die vier zogen sich gegenseitig spielerisch auf und unterhielten sich über die guten alten Zeiten. Jedoch war die Verwunderung, darüber dass Anja noch nicht aufgetaucht war, Bens Freunden deutlich im Gesicht geschrieben. Auch sie drehten sich immer mal wieder zur Tür um und warteten darauf, dass ihre Freundin aufgeregt und quirlig wie in der Schulzeit in den Saal tanzte. Doch keine Anja kam, und Ben sah die leichte Enttäuschung in den Gesichtern von Mark, Alex und Mike. Ben schaute traurig zu Boden. Am liebsten würde er ihnen erzählen was mit Anja passiert war, doch er durfte nicht.
    Mittlerweile war es schon zwanzig nach acht und der Saal wurde immer voller. Scheinbar schien dass ein „Jahrgangstreffen“ zu werden, von dem Ben nichts gewusst hatte. Er dachte nur seine ehemalige Klasse würde sich treffen, doch so war es nicht. Alle drei Abiabschlussklassen versammelten sich nun in der Villa und Ben fiel es immer schwerer die Augen auf dem Eingang geheftet zu halten, da dieser kaum noch zu sehen war. Ein weiteres Mal blickte er über die vielen Köpfe hinweg um zu sehen ob Bäßmann nun langsam auftauchte. „Ist er schon aufgetaucht?“, hörte er Semir in seinem Ohr flüstern, da er ein witziges Mikrofon in sein Ohr gesetzt bekommen hatte, damit niemand sehen konnte, wie Ben mit seinen Kollegen in Verbindung blieb. „Negativ“, gab Jäger Auskunft und bewegte dabei kaum den Mund.
    Doch plötzlich wurde er an der Schulter angetippt und Ben drehte sich erschrocken um. Eis leises „Oh“ kam ihm über die Lippen, das Semir jedoch ganz genau hören konnte. „Ben, was ist?!“, schrie er fast in sein Headset und sah Frau Krüger alarmiert an. Diese hob nur die Hand, und signalisierte damit, dass sie noch etwas abwarten sollten. So setzte sich Semir wieder auf seinen Stuhl und lauschte gespannt, auf das was nun kommen würde.
    Ben traute seinen Augen nicht, vor ihm stand eine exotische Schönheit. „Manuela“, stotterte er, wobei sich Semirs Puls sofort beruhigte. „Ben“, sagte sie und schaute ihren damaligen Freund aus ihren großen mandelförmigen Augen an. Nur eine zehntel Sekunde später, hatte sich Ben wieder gefangen, nahm Manuelas Hand und gab ihr charmant einen Handkuss. Diese lächelte geschmeichelt und zog Ben in eine leichte Umarmung. Der junge Beamte ließ dies zu und merkte, dass die Chemie zwischen ihnen immer noch stimmte. Nach ein paar Sekunden lösten sie sich voneinander und Ben musterte seine alte Freundin von oben bis unten. Sie sah wirklich umwerfend aus. Seine Ex-Freundin trug ein rotes rückenfreies Seidenkleid, das ihr bis zu den Knien reichte, und ein schwarzglänzendes Tuch, das sie leicht um ihre Arme gelegt hatte. Manuelas dunklen Haare reichten ihr immer noch fast bis zu Taille, die ihr in schönen Wellen sanft über Rücken und Schulter fielen. Nachdem sich beide kurz betrachtet hatten, ergriff Ben das Wort, wobei er den Eingang aber nicht aus den Augen verlor: „Schön dich wieder zu sehen Manuela! Du hast dich ja kaum verändert, du bist höchstens schöner geworden“, gab er ihr auch gleich ein Kompliment. „Was dich betrifft, kann ich nur dasselbe sagen“, erwiderte Manuela, wobei ihre dunklen Augen blitzten. Nun kamen auch Mike, Alex und Mark dazu und begrüßten Bens Ex-Freundin. „Und was hast du in der Zeit getrieben? Bist du in die Firma von deinem Vater eingestiegen?“, richtete sie die Frage an Ben. Der junge Mann richtete seinen Blick von dem Eingangsportal auf Manuela und kratze sich an seinem Dreitagebart. „Nein, das ist alles etwas anders gelaufen. Ich bin Polizist geworden“, erzählte er, während Manuela leicht grinste. „Dann bist du ja einer der Guten!“ „Kann man so sagen“, lächelte nun auch Ben.
    Es war eine ausgelassene Runde entstanden, in der die unterschiedlichsten Themen angesprochen wurden. Gespannt lauschten Semir, die Krüger und Selling jedes einzelne Wort von Ben, wenn er ihnen mitteilte, dass Bäßmann immer noch nicht aufgetaucht war. Kurz warf Jäger einen Blick auf seine Uhr, es war kurz nach halb neun und immer noch keine Spur von Max Bäßmann. So langsam begann er zu glauben, dass dieser gar nicht mehr kommen würde.


    .

  • .



    Die letzte halbe Stunde hatte er die kleine Gruppe beobachtet. Er saß in einer Ecke auf einem Sessel und niemand bemerkte ihn. Immer wieder warf er einen Blick auf dieses Biest, das sich neben Jäger positioniert hatte. Wie konnte dieser Verräter das nur zu lassen? Hatte er denn überhaupt keinen Anstand? Mit so einer heimtückischen Schlampe konnte man doch noch nicht mal reden! Und trotzdem tat er es. Wieder wuchs der Hass und die Frustration in ihm, zornig zog er die Augenbrauen zusammen. Die Personen in der Runde begannen nun alle zu lachen, er konnte nicht mitlachen, er wusste ja nicht worüber sie lachten. Er hatte es nie gewusst, er war nie dabei gewesen, weil sie ihn nie gesehen hatten, außer Jäger. Doch er hatte ihn verraten und deswegen würde dieser auch teuer dafür bezahlen! Und diese Schlampe, namens Manuela Reichenbacher, ebenfalls! Vor lauter Wut verkrampfte sich sein Bauch so sehr, dass es fast schon wehtat. Deswegen erhob er sich von seinem Sessel und machte sie wieder auf den Weg zum Büffet, wo er sich ohne Manieren eine ganze Handvoll Schnittchen in den Mund stopfte. Wütend kaute er und schob sich immer mehr Essen in den Mund. Wieder griff er mit voller Wucht nach den Köstlichkeiten, doch er traf mit seiner Hand das Tablett, dass vom Tisch rutschte und laut scheppernd zu Boden fiel. Schnell versuchte er das Essen wieder auf das Tablett zu räumen und es auf den Tisch abzulegen, doch es war zu spät.
    Es hatten sich bereits alle Augenpaare, die sich im Saal befanden, auf ihn gerichtet und er war der kompletten Aufmerksamkeit jeder einzelnen Person ausgeliefert. Von hinten hörte er eine höhnische Stimme rufen: „Ach sieh mal einer an! Da ist ja unsere alte Pickelvisage! Dass der sich hier her traut!“ Der ganze Saal begann zu lachen und ihm kam er so vor als würde er beben. Nur langsam richtete er sich wieder auf, den Kopf hochrot, diese Sätze waren ihm durch Mark und Bein gegangen. Das gerade Geschehene kam ihm vor wie damals auf dem Flur, wie ein Déjà-vu bettete sich das ganze Szenario wieder in sein Gedächtnis: Die gehässig grinsenden und laut lachenden Menschen, der bebende Raum und die Köpfe, die ihn alle anstarrten. Etwas anderes blieb ihm gar nicht übrig, er schaute betreten zu Boden und wartete nur auf das Ende dieser Folter. Es kam ihm so vor als würde ihm der Boden unter den Füßen weggerissen werden. Doch es wollte kein Ende nehmen, das Beben des Raumes, das er verspürte, ließ einfach nicht nach bis ihn eine Hand an der Schulter packte und eine laute Stimme rief: „Ok es reicht jetzt!“ Und tatsächlich, das Gelächter verstummte einige Sekunden später und die Partygäste fingen wieder an sich ganz normal zu unterhalten. Erstaunt darüber was eben passiert war, hob er den Kopf um zu sehen wer ihm da geholfen hatte und sah augenblicklich in das Gesicht von Ben Jäger. Sofort gefroren seine Gesichtszüge und formten sich zu einer ausdrucklosen Maske.


    Als das Tablett laut klirrend zu Boden gefallen war, war Ben zunächst etwas zusammen gezuckt, denn es war auch trotz der bereits lauten, aber entspannten Atmosphäre deutlich zu hören. Doch da hatte Manuela schon zu reden begonnen, und nur kurz danach erbebte der ganze Saal lauter Gelächter. Aber Ben konnte nicht lachen, er hatte immer zwischen Manuela, die höhnisch grinste, und seinem alten Freund, der den Kopf gesenkt hatte, hin und her gesehen. Ben hätte nicht gedacht, dass er hierher kommen würde. Schon so lange hatte er ihn jetzt schon nicht mehr gesehen, doch es schien sich nicht geändert zu haben. Mit großen Schritten setzte sich der junge Mann in Bewegung, in Richtung seines Klassenkamerads. Ben erhob seine Stimme, die auch etwas bedrohlich klang, und nur kurz danach war das Gelächter verstummt und die anderen unterhielten sich normal weiter.
    Jetzt stand Ben neben ihm. Dieser starrte ihn ausdrucklos an. Ben hatte ihn so lange nicht mehr gesehen, doch es fühlte sich für Ben wie damals an. „Markus, ist alles ok?“, fragte Ben etwas besorgt und hatte seine Hand immer noch auf Markus Schulter ruhen. Markus Siedner zwinkerte ein paar Mal perplex bis er dann nur erwiderte: „Ja, Ben alles gut.“ Schnell drehte er sich mit dem Rücken zu Ben, damit dieser sein Gesicht nicht sehen konnte. Noch immer rang er nach Fassung und musste das, was sich eben grade ereignet hatte, erst mal herunterschlucken.
    Ben besah sich seinen Freund, der sich von ihm weggedreht hatte. Er war genau wie früher, immer noch ziemlich unscheinbar. Groß und schlaksig, mit einer blassen Haut, nah hinten gegellten Haaren und Klamotten, die nur aus schwarz bestanden. Dennoch muss er ja etwas aus sich gemacht haben, dachte der junge Mann und wartete darauf, dass Markus sich wieder ihm zuwendete. Und nach einigen Sekunden drehte sich Siedner wieder um, mit den Händen in den Taschen. Er versuchte lässig zu wirken. Doch wie angespannt er war, entging Ben nicht. Um das Eis zu brechen, versuchte Ben ein Gespräch ins Rollen zu bekommen. „Mensch, haben wir uns lang nicht mehr gesehen! Was hast du so getrieben?“, fragte er freundlich nach. Ein guter Start war jetzt sehr wichtig, das wusste Ben, denn schließlich waren sie nach dem Abi nicht grade freundschaftlich auseinander gegangen. Einen weiteren Moment starrte Markus seinen damaligen Freund an, fuhr sich mit der Hand einmal fahrig über das Gesicht, bis er antwortete: „Also, ich bin Ingenieur geworden, aber im Moment ist die Arbeitslage für mich etwas schwierig.“ Dass er seit gut zwei Jahren seinen Beruf nicht mehr ausübte, verschwieg er. Daraufhin nickte Ben anerkennend. „Nicht schlecht, du warst ja schon immer ganz gut in diesen Fächern“, lächelte Ben und klopfte Markus auf die Schulter. „Und was hast du gemacht?“, fragte Siedner nun, obwohl er es genau wusste, welchen Beruf Ben gelernt hatte. Zum zweiten Mal beantwortete Ben diese Frage. „Ich bin zur Polizei gegangen. Meinem Vater hat das nicht so gefallen“, erklärte Ben lachend, bemerkte aber die geballten Hände seines Freundes. In diesem Moment merkte Jäger wie angespannt Markus war, verlegen schaute Ben kurz zur Seite. Doch dann hörte er Semir in seinem Ohr schreien: „Ben! Pass aus, Bäßmann ist da! Die LKA-Kollegen haben grade durch gegeben, dass er vor wenigen Sekunden in den Saal gekommen ist!“ Sofort richtete Ben seinen Blick wieder nach oben und suchte mit seinen Augen den Bereich nach dem Eingang ab. Augenblicklich sah er Max Bäßmann mit einem Glas Sekt in der Hand an einem Standtisch stehen. Bäßmann trug einen schlichten grauen Anzug mit einem feinen schwarzen Nadelstreifenhemd, die schwarzen Haare hatte er leicht nach hinten gekämpft. Im Gegensatz zu Ben, der Bäßmann nahezu fixierte, ließ dieser seine Augen durch die Menge wandern um nach alten Klassenkameraden zu suchen. Nur wenig später gesellte sich Max zu einer Gruppe und beteiligte sich mit einem Stück Kuchen in der Hand am Gespräch. Ben wusste, dass es jetzt wieder an der Zeit war, sich voll und ganz auf Max Bäßmann zu konzentrieren und wollte sich von Markus höflich abwenden, als er Siedners Blick auf seinem Rücken spürte. Sachte drehte sich Jäger wieder um und sah in die grauen Augen Markus´, die ihn anstarrten. Im ersten Augenblick zuckte Ben innerlich kurz zusammen.
    Diese grauen Augen. Dieser starre Blick. Ben verspürte fast an jeder Stelle seines Körpers eine Gänsehaut. Dieser Blick kam ihm so bekannt vor, doch es kam ihm einfach nicht in den Sinn. Während Ben überlegte, starrte auch er in Siedners ausdruckloses Gesicht, bis Semirs Stimme Jäger wieder in die Realität zurückholte. „Erde an Ben! Konzentrier dich! Bäßmann hat sich in die Runde deiner Band gestellt!“, informierte ihn sein Partner mit aufgeregter Stimme. Schnell drehte sich Bens Kopf nach links, wo sich seine ehemaligen Bandkollegen und Manuela zusammen mit Max Bäßmann einen Kreis gebildet hatten. Leise murmelte Ben zu Markus ein „Bis nachher“, verwarf seine vorigen Gedanken und machte sich mit schnellen Schritten auf den Weg zu der lachenden Runde, in der sich Max Bäßmann befand.


    .

  • Danke für die Feeds Leute :D



    Als Ben dann schließlich Max gegenüber stand, und Semir genauso wie die Kim alles gespannt mit anhörte, musste sich Jäger am Riemen reißen. Zu Anfang begrüßten sie sich nach so langer Zeit ganz schlicht, und sagten jeweils den Vornamen des Anderen. „Max“, fing Ben ganz bedacht an. „Ben“, ging es emotionslos bei Max weiter- Jäger und Bäßmann begutachteten sich gegenseitig genauestens. Eine Weile herrschte Stille, bis Manuela an Bens Seite trat und sich bei ihm einhakte. „Und Max, wie ist es dir so ergangen?“, ertönte ihre Stimme, in der noch immer der niederträchtige Ton lag mit dem sie vor wenigen Minuten noch Siedner verhöhnt hatte. Langsam fing Ben etwas von Manuela zurück und entzog ihr seinen Arm. Er war einfach nur enttäuscht von ihr und Ben dachte sie hätte sich verändert. Doch so war es nicht. Aufgrund dieser Reaktion sah sie ihren Ex-Freund etwas irritiert an, wendete aber ihren Kopf genauso wie Ben wieder Bäßmann zu als dieser zu sprechen begann: „Nun ihr beiden, wir haben uns ja echt lange nicht mehr gesehen. Und Ben, ich weiß wir hatte viel Streitigkeiten und Konflikte während unserer Schulzeit. Es würde mich sehr freuen, wenn wir die für diesen Abend vergessen und einfach begraben könnten.“ Bäßmann hob seine rechte Hand und streckte sie Ben entgegen. Im ersten Moment beäugte Jäger Max erstaunt und schaute dann ungläubig auf die Hand vor ihm. Nach kurzem Zögern und irgendwie auf eine Anweisung wartend, streckte Ben nun auch rechte Hand und erfasste die von Max. Ein charmantes Lächeln schlich sich auf Bäßmanns Gesicht und er klatschte einmal in die Hände. „So jetzt hätten wir das jetzt geklärt“, lächelte Max und drehte sich zu Alex, den er auch gleich in ein Gespräch über einen teuren E-Bass verwickelte, um. Ben blieb etwas verdutz neben Manuela stehen, die ihm stechende Blicke zu warf. Scheinbar hatte sie Bens leichte Zurückweisung als eine Art Blamage angesehen, woraufhin sie etwas beleidigt zum Büffettisch stolzierte. Nun stand Ben alleine zwischen den vielen Gruppenkreisen, die sich gebildet hatten, und musste diese Begegnung mit Bäßmann erst einmal begreifen. Das Verhalten von Max Ben gegenüber war ganz nochmal, nahezu höflich gewesen, keinen Falls aggressiv oder bedrohlich. Das war Ben jetzt klar, doch ihm war auch bewusst, dass hier irgendetwas nicht stimmte und überhaupt nicht zusammenpasste. Max Erscheinung war sehr gepflegt und freundlich gewesen, auch wenn er keine reine Weste hatte. Und auch als Ben Bäßmann in die Augen gesehen hatte, so waren sie warm, und Ben hatte nicht das Gefühl bekommen, dass Max für den Mord an Anja verantwortlich war. Doch etwas war komisch, da war Ben sich sicher. Die Frage war nur was?
    Die autoritäre Stimme der Chefin holte ihn aus seinen Gedanken. „Jäger, halten sie Bäßmann im Auge!“, hörte Ben sie in seinem Ohr zischen. Und dass tat Ben auch. Den ganzen Abend ließ er nun nicht mehr die Augen von Bäßmann und beobachtete ihn, genauso wie die anderen Ermittler, die eingeschleust worden waren. Der eigentlich schöne Abend zog nebensächlich an ihm vorbei und Jäger bekam nur noch wenig mit. Jede Bewegung nahm en mit Adleraugen zur Kenntnis und gab alles mit wenigen Lippenbewegungen an Semir, Frau Krüger und Selling. Jedoch wurde Max Bäßmann, als drei Stunden bereits vergangen waren, immer noch nicht auffällig, er unterhielt sich ganz anständig mit den Leuten und ging normal mit ihnen um. Daran konnten Bens haargenaue Berichterstattungen nichts dran ändern, und der junge Mann merkte allmählich, dass er etwas nervös wurde. Was führte Bäßmann im Schilde? War er so gut vorbereitet gewesen und hatte die Polizei durchschaut oder hatten sie sogar auf das falsche Pferd gesetzt? Doch Ben fiel einfach niemanden ein, der gemeinsam mit ihm und Anja Ärger gehabt haben könnte. Oder gab es da jemanden von dem Jägern nicht wusste, dass er Ärger mit Anja gehabt hatte.
    Mittlerweile glaubte auch Selling nicht mehr daran, dass an dem Abend noch irgendetwas passieren würde. Als Bäßmann nach einer weiteren Stunde nicht den Anschein machte irgendetwas anderes zu unternehmen als sich zu unterhalten und es schon halb zwölf war, verließ auch Ben die letzte Hoffnung und er ließ deprimiert den Kopf hängen. Er hatte so gehofft Anjas Mörder an diesem Abend festnehmen zu können. Doch nichts Annäherndes seitens Bäßmanns, dass das veranlassen könnte geschah. Den Rest des Abends stand Ben unschlüssig im Saal herum und beteiligte sich nur einsilbig an Gesprächen. Als sich dann die meistens Gäste um kurz nach zwei auf den Weg nach Hause machten und die Musik leiser gedreht wurde, lehrte sich langsam der Saal. Gereizt rieb Ben sich die Hände als er sah wie Max Bäßmann das Gebäude verließ. Nur eine knappe Minute später wurde ihm durch sein Mikrofon mitgeteilt, dass Bäßmann in seinen Wagen gestiegen war und das Grundstück verlassen hatte. Doch Kollegen würden ihn zwar noch eine Weile mit einem zivilen Fahrzeug verfolgen, doch Ben war sich sicher, dass das zu nichts führen würde. Als plötzlich nur noch seine alte Band, Manuela und nur weniger Leute aus der anderen Klasse anwesend waren, entschied Ben sich dafür nun abzubrechen und zum Einsatzwagen zu fahren. Schnell verabschiedete er sich von allen, wobei er mit Absicht Manuelas Blick mied. Sie versprachen sich noch alle gegenseitig wieder enger in Kontakt zu treten und begaben sich dann vereinzelt zum Ausgang. Ben drehte sich nochmal ein einziges Mal nach Markus, von dem er sich noch verabschieden wollte, um, doch er konnte ihn nicht entdecken. Siedner war wie vom Erdboden verschluckt. Dann muss er wohl schon abgehauen sein, nur komisch, dass ich ihn nicht gehen gesehen habe, dachte Ben verwundert, machte sich dann aber auch auf den Weg zum Ausgang, stieg in Semirs BMW und fuhr zum kleinen Einsatzwagen, wo Semir und Kim bereits auf ihn warteten.


    .

  • Ich weiß ich hab euch etwas in die Irre geführt...aber ich hoffe die Spannung steigt mit dem Kapitel weiter und es gefällt :D und schön weiter feeden;DD



    Im langsamen Tempo bog Ben, darauf bedacht, dass niemand hinter ihm war, in den kleinen Schleichweg ein, indem der Einsatzwagen platziert war. Dort angekommen, stellte er den Motor aus, und starrte frustriert auf das Lenkrad. Sie waren an diesem Abend dem Mörder von Anja keine Spur näher gekommen und dieser Typ lief draußen immer noch frei herum. Wütend fuhr Ben sich durch die Haare und stöhnte laut auf, wobei er die ganze Luft aus seiner Lunge presste. Er konnte es einfach nicht glauben, in diesem Moment war er einfach nur verwirrt und wusste nicht wie er weiter ermitteln könnte. Einen Augenblick später trat Semir aus dem Wagen und ging auf seinen BMW, in dem Ben immer noch saß und seinen Kopf zurückgelegt hatte, zu. Schnell war er bei seinem Auto und zog die Türe auf. Sein Partner schaute ihn aus enttäuschten Augen ein. Mit einer leichten Geste forderte er Ben auf auszusteigen und ihm zu folgen. Der Jünger nickte nur und stieg aus, Semirs Hand beruhigend auf seiner Schulter. Wortlos ging Jäger an der Chefin und Selling vorbei, geradewegs zur kleinen Umkleidekabine. Dort entledigte er sich seinem Smoking und zog sich schnell seine bequemen Klamotten an. Als er wieder herauskam, teilte Selling gerade Krüger und Gerkhan mit, dass seine Männer ebenfalls abgebrochen hatten und sich wieder auf den Weg Richtung Düsseldorf machten. Kim erblickte Ben und ergriff das Wort: „Jäger, sie fahren jetzt mit Gerkhan zurück nach Düsseldorf, um den Rest kümmern wir uns in den nächsten Stunden.“ Und die Chefin hatte Recht, es war bereits halb drei und der neue Tag hatte bereits begonnen. Semir versuchte mit Mühe ein Gähnen zu unterdrücken und schließlich hatten sie ja eine Fahrt vor sich, bis sie sich in die gemütlichen eigenen Betten legen konnten.


    Markus sah Ben in dem silbernen Wagen steigen und dann durch das Eisentor verschwinden. Alles hatte perfekt geklappt, nun konnte er endlich zur Tat schreiten, nun musste er nicht mehr warten. Voller Vorfreude lockerte er seine Krawatte und machte sich ebenfalls auf den Weg zu seinem grauen Volvo. Siedner wägte sich vollkommen in Sicherheit und setzte sich entspannt in seinen Wagen. Die Hälfte der Polizei muss schon abgerückt sein, denn es ist ja nichts Spektakuläres passiert, dachte sich Markus und zog sich die strenge Krawatte endgültig vom Hals und schmiss sie achtlos neben sich auf den Beifahrersitz. Mit einem weiteren Handgriff zog er das Foto aus dem Handschuhfach auf dem dieses Miststück abgebildet war, sofort war er wieder konzentrierter und startete sein Auto. Mit einem normalen, nicht auffallenden Tempo, verließ er das Burghotel Arras und beschleunigte seine Geschwindigkeit erst als er auf der Hauptstraße angekommen war. Wenn er sich beeilen würde, dann könnte er sie noch erwischen, denn sie hatte nur ein paar Sekunden vor Ben die Burg verlassen. Wieder trat er auf das Gaspedal, schielte aber immer mal wieder nach hinten um sich zu vergewissern, dass ihn niemand verfolgte. Den Wald hatte er bereits hinter sich gelassen und hinter ihm warfen die gewaltigen Bäume große Schatten, die von dem großen Vollmond bestrahlt wurden. Da es vorher geregnet hatte, war es nun sehr klar und man konnte viele funkelnde Sterne am Himmel erkennen. Ein weiteres Mal sah er nach hinten. Kein Auto war zu sehen, niemand folgte ihm. Niemand schenkte ihm Beachtung. Dreckig begann er zu grinsen und richtete seinen Blick wieder nach vorne auf die Straße, die sich vor ihm erschreckte. Plötzlich konnte Markus in gut hundert Metern Entfernung ein kleines Auto erkennen. Er erlaubte sich wieder schneller zu fahren um genau erkennen zu können, ob es sich um das Fahrzeug handelte, das er suchte. Als Siedner noch gut sechzig Meter Abstand hatte, mäßigte er sein Tempo und erkannte den Wagen sofort. Sein Grinsen wurde immer breiter. Schnell schaltete Markus seine Scheinwerfer aus, damit er nicht auffiel, und fuhr verdeckt hinter ihr her. Da der Vollmond ausreichend Licht spendete, so konnte Siedner das kleine Auto gut erkennen und unbemerkt verfolgen. Markus wusste, dass Manuela Reichenbacher in Essen wohnte, und dass diese noch eine Strecke vor sich hatte. Doch er wusste sie zu verkürzen, denn sie musste ja irgendeinmal anhalten. Dann würde er zuschlagen! Auch wenn Siedner sie auch erst bei sich zu Hause abfangen konnte, so genügte ihm das ebenso, auch wenn er dadurch mehr zu Fahren hätte um dieses Miststück in seiner Absteige unterzubringen.


    Doch nach einer halben Stunde fuhr Manuela auf einen kleinen Rastplatz, der jedoch genügend beleuchtet war, sonst hätte sie sich nicht getraut auszusteigen. Sie merkte wie die Schnittchen vom kalten Buffet ihr schwer im Magen lagen, was Manuela signalisierte eine Toilette aufzusuchen. Ein gefährlicher Fehler, aber sie konnte es ja nicht wissen. Ihr Wagen fuhr auf den Platz und Manuela stieg aus, allerdings merkte sie nicht wie ein weiteres Auto, im Schatten verborgen, ebenfalls auf dem Rastplatz parkte. Schnell zog sie sich noch ihre Jacke über, da der Wind ihr um die Ohren pfiff. In Richtung des Klohäuschens gehend, hörte die junge Frau plötzlich ein Rascheln hinter sich. Hastig drehte sich Manuela um, doch es war weit und breit nichts zu erkennen. Ihre Nackenhärchen stellten sich auf. Mit schneller werdenden Schritten ging sie auf das Häuschen zu, ihr Herz beschleunigte sich, ihr Atem wurde flacher. Ein weiteres Mal schaute sie sich eingeschüchtert um. Angst beschlich sie, eine gewaltige Angst. Doch es war immer noch nichts zu sehen. Aber dann ertönte von vorne ein lautes Knacken und die hübsche Frau fuhr erschrocken herum. Vor Schreck gefror ihr das Blut in den Adern, ihr Herz raste und Adrenalin baute sich in ihrem Körper auf. Ihr stockte der Atem als sie knapp fünf Meter vor sich eine große schmale Gestalt erkannte. Sie stand ihm Schatten eines Baumes, wo das Licht der Parkplatzläuchten und die des Mondes nur gedämpft hinkamen und nur Umrisse zu erkennen waren. Manuela war wie erstarrt und sie konnte sich nicht rühren als die Gestalt sich auf sie zu bewegte. Der Wind heulte gespenstisch auf und bereitete Manuela nahezu eine metertiefe Gänsehaut. Bei jedem Schritt, den die Gestalt auf Reichenbacher zu bewegte, versteiften sich die Gliedmaße der jungen Frau immer mehr. Sie wollte rennen, einfach so schnell wie möglich weglaufen um dem hier zu entkommen, doch sie konnte einfach nicht, in den Maßen beherrschte die Angst und die Furcht ihren Körper, obwohl das Adrenalin in ihrem Blut rauschte.


    .

  • .



    Siedner sah sie einiger Meter vor sich stehen, er bewegte sich immer mehr auf sie zu. Wie eine Salzsäule sah sie aus, kreidebleich und ihr Gesicht vor Angst verzerrt. Das starke Zittern ihres Körpers war mehr als deutlich zu erkennen und es bereitete Markus einfach nur Freunde zu sehen wie sie bereits psychisch litt. Noch immer war sein Gesicht von den massigen Schatten eines großen Baumes verborgen. Nun war er nur noch maximal drei Meter von ihr entfernt, und die Frau machte immer noch keine Anzeichen fort zu rennen. Siedner sah wie weit ihre dunkel Augen aufgerissen waren, was ihn dazu verleitete dreckig aufzulachen. Aber plötzlich kam wieder Leben in Manuela, die drehte sich schnell um und wollte in ihrem roten Abendkleid zu ihrem Auto laufen. Doch Markus hechtete ihr schnell hinterher, gegen ihn hatte die junge Frau keine Chance. „Na warte, jetzt bist du dran Miststück!“ Markus wusste nicht ob er es laut ausgesprochen oder nur gedacht hatte. Es brachte jedoch auch keinen Unterschied, er packte sie an der Schulter und warf Manuela Reichenbacher auf den Boden.


    Hart landete sie auf dem Boden, als die Hand sie an der Schulter packte. Schnell versuchte Manuela sich wieder aufzurappeln und drehte sich auf den Rücken. Augenblicklich sah sie die irren Augen, die sie anstarrten. Ihre Gedanken überschlugen sich als die junge Frau die Person erkannte. Es war Markus Siedner, der über ihr stand und sie mit einem hasserfüllten, aber auch verrückten Ausdruck im Gesicht musterte. „Ma …Markus“, stotterte Manuela leise und versuchte rückwärts von Siedner weg zu robben. „Hallo Schlampe“, erwiderte der Mann, er war deutlich rauszuhören wie sehr er die Reichenbacher verabscheute. Im der ersten zehntel Sekunde war sie erleichtert gewesen, das es nur die alte „Pickelvisage“ war, doch als sie das von ihm Gesagte und seinen wirren Gesichtsausdruck im Kopf schnell zusammenfügte und die Tatsache, dass er sie zu Boden geworfen hatte und sich bedrohlich vor ihr aufgebaut hatte, erkannte, bekam es Manuela nun endgültig mit der Angst zu tun. Schnell versuchte sie wieder aufzustehen um zu ihrem Wagen zu flüchten, aber sie hatte keine Chance. Die junge Frau wurde von Siedner wieder auf den Boden gestoßen und an den Beinen fixiert, damit diese sich nicht mehr bewegen konnten, als Markus sich auf sie kniete. Ihr früheres Opfer holte aus seiner Tasche einen schmutzig aussehenden Lappen hervor, der mit irgendetwas durchtränkt war, und Manuela musste schockiert mitansehen wie sich das Tuch ihrem Gesicht immer mehr näherte. Sie ahnte schon was für eine Flüssigkeit in großen Mengen auf den Fetzten geträufelt sein musste. Die hübsche Frau versuchte sich zu wehren und drehte den Kopf abwehrend zur Seite. Doch es brachte nichts. Das Tuch wurde fest auf ihre Mund und Nasenpartie gedrückt. Erst hielt Manuela die Luft an, aber dann musste sie doch wieder Sauerstoff einatmen, wodurch das Chloroform tief in ihre Lungen trat. Sofort benebelten sich ihre Sinne und ihre Abwehrversuchte stellten sich augenblicklich ein. Mit verschleiertem Blick bekam sie noch mit wie Siedner etwas Unverständliches murmelte, jedoch den eisernen Griff um ihren Hals nicht lockerte und den in Chloroform getränkten Lappen immer noch fest auf ihren Mund und ihre Nase drückte. Doch nach ein paar Sekunden erschlaffte ihr Körper vollständig, ihre Augen schlossen sich und die schwarze Dunkelheit umhüllte sie.


    Markus Siedner lachte tückisch in sich hinein, als er sie reglos unter sich am Boden liegen sah. Er kniete noch immer auf ihr, seine Augen ruhten auf ihrem Gesicht. Jetzt war Markus nicht mehr ihr Opfer, sondern nun war sie, dieses Biest, sein Opfer. Schon allein die Tatsache bereitete ihm pure Freude und Vergnügen. Wie bei Anja und Ben genoss er diesen Anblick, indem sein Opfer so hilflos war, für einen Moment in vollen Zügen. Aber dann stand er schnell auf und warf sich Manuela über die Schulter, nachdem er sich den schmutzigen Fetzten mit der für ihn wertvollen Flüssigkeit in die Hosentasche gesteckt hatte. Als er sie in seinen Kofferraum geworfen hatte, verschnürte er ihre Arme und Beine fest mit Kabelbändern und klebte ihr ein großzügiges Stück Klebeband auf den sinnlichen Mund. Noch dazu band er ihr einen alten Schal um die Augen, damit Manuela später, wenn sie aufwachte, erst mal nichts erkennen konnte. Mit dem Wissen, dass die Reichenbacher gut verpackt war, ließ er den Kofferraum zuschnallen und machte sich auf den Weg zu seiner Absteige, wo er bereits alles vorbereitet hatte, um seinen Racheplan voran zu treiben.


    .

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!