Ausgewechselt

  • Jo grinste ihn nur an und ließ die Waffe sinken. „Beschwer dich nie wieder oder du hast danach ein drittes Nasenloch in deiner Stirn.“, knurrte er und stieg aus dem Transporter, als dieser anhielt. „Okay...unser Schiff wird in einer halben Stunde hier sein. Bis dahin muss die Beute verladefertig sein.“; stieß er aus und sah Jan an, der sich aus dem Laderaum mühte. Durch die Ritzen der Finger tropfte Blut auf seine Kleidung und den Boden. Mit glasigen Augen sah er zu Jo hinauf, der ihn nur ansah. „Komm mal mit...“, forderte er und stützte Jan, während er mit ihm nach hinten ging. Die anderen Männer luden aus und schafften die gesamte Beute in das große Lagerhaus hinein. Plötzlich ein großer Platsch. Schlagartig hielt Sascha in seiner Arbeit inne und er und Elias und die Anderen blickten auf, als Jo alleine wiederkam. „Was ist? Arbeitet gefälligst weiter.“, stieß er aus und wischte seine blutverschmierte Hand ab. „Jetzt sind wir nur noch zu viert.“, murmelte Jo und betrachtete sein Gesicht in einer schmutzigen, spiegelnden Oberfläche. „Ich wird mir mit dem Geld ein neues Gesicht machen lassen. Das ist ja nicht mehr zum Aushalten. Mit dem Kolben soll man Mädchen beeindrucken?“, knurrte er und fuhr sich mit den Fingern an der Nase entlang. Ein Geräusch ließ ihn aufhorchen. „Jo, das Boot ist da.“, rief Sascha ihm zu. „Gut, verladet die Beute und dann nichts wie weg hier.“, zischte er.


    Semir brauste die Strecke nach Duisburg entlang, ein Auge immer abwartend auf das Mikro gerichtet. „Semir...ich hab da was für dich.“, kam endlich die erlösende Meldung von Susanne. „Dann schieß mal los.“, forderte er. „Es ist die alte Frachterwerft abseits des Duisburger Hafen, nahe der Schnellbahnstrecke, die am Verladebahnhof vorbeiführt.“, erklärte sie. „Gut, schicke mir bitte das SEK dorthin.“, forderte Semir und hängte auf. Das Gelände kannte er. Es war weitläufig und vollkommen unübersichtlich. Doch er wollte diesen Kerl kriegen. Das war er Ben schuldig. Er konnte nur erahnen, was sein Partner in all der Zeit durchmachen musste. Neben den Schussverletzungen waren auch seine Wangen und das linke Auge geschwollen, wie Semir sehen vorhin sehen konnte. Diese Mistkerle. Ben wurde von diesen Kerlen regelrecht als Sandsack benutzt. Für Semir Grund genug, diesen Kerl eigenhändig das falsche Gesicht von den Knochen zu ziehen. Seine Wut übertrug sich in seinen Fahrstil. Das Gaspedal war schon auf dem Niveau der Fußmatte und seine Knöchel umfassten das Lenkrad dermaßen, dass sie kreideweich hervortraten. Weit war er nicht mehr von der Stelle weg. Doch vom SEK fehlte noch jede Spur. Semir parkte den Wagen hinter einigen alten, leeren Ölfässern und zückte im Aussteigen seine Waffe. Ungeduldig und abwartend sah er sich um. Wo blieb nur das SEK? Alex und seine Truppe war doch sonst so zuverlässig. Doch nach zehn Minuten des Wartens wurde es Semir zu bunt. „Dann eben solo.“, knurrte er und zwängte sich durch ein Loch im Zaun.
    Vorsichtig schlich sich der Deutschtürke durch die engen Gassen der Boote und der verfallenen Werkanlagen. Immer auf der Hut nach dem kleinsten Geräusch. Die Waffe presste er sich dicht an den Körper, bereit auf jeden anzulegen, der ihm zunahe kam. „Macht mal ein bisschen schneller...in einer Stunde will ich hier weg sein.“, hörte er die Stimme von Bens Doppelgänger zischen. „So leicht wirst du hier nicht wegkommen.“, knurrte Semir leise und machte sich bereit. Vorsichtig hob er den Kopf und sah durch einen kleinen Spalt. Es waren insgesamt vier Bewaffnete. Die würde er doch schaffen. Er musste es aber geschickt anstellen. Wenn ihm das SEK im Stich ließ, dann musste sich Semir Gerkhan eben selbst helfen, dachte er nur bei sich und überprüfte seine Waffe. Vorsichtshalber steckte er ein frisches Magazin hinein und atmete noch einmal heftig ein. Bei Drei...dachte er kurz und zählte er runter. Drei...zwei...eins! „Hände hoch...Polizei...“, schrie Semir und fuhr auf. Die Kerle waren überrascht, aber nicht so überrascht, wie Semir erwartet hätte. Sofort schlugen ihm die blauen Bohnen um die Ohren. Semir gab einige Schüsse ab und verkroch sich dann wieder hinter das alte Boot. Das war es dann doch nicht...dachte er und musste sich was anderes einfallen lassen. Just in diesem Moment klingelte sein Telefon. „Das ist jetzt sehr unpassend.“, dachte er und sah auf den Display. Oh nein...jetzt nicht diese Nummer...bitte nicht jetzt.


    „Andrea mein Schatz...kann ich dich zurückrufen?“, stieß Semir aus und hob vorsichtig den Kopf. Eine Kugel zischte haarscharf an seiner Schläfe vorbei. Sofort duckte er sich wieder. „Nein Semir...du hörst mir jetzt zu.“, fauchte es vom anderen Ende der Leitung. „Wenn du dich nicht in Zukunft mehr um deine Familie kümmerst, dann komme ich nicht wieder. Hast du das verstanden?“, fragte Andrea mit ernster Stimme. Semir zuckte zusammen, als eine Kugel in die Aluminiumlegierung neben seiner Schulter einschlug. „Verdammt noch mal.“, stieß der Deutschtürke aus. „Wie bitte?“ „Nein...Andrea, du warst nicht gemeint, mein Schatz.“, beteuerte Semir. „Wann...wann kommt ihr wieder zurück?“, fragte er. „Wenn du dich als Familienmensch zeigst und endlich mal die Arbeit nicht an erste Stelle stellst. Denn da sollten wir stehen.“ „Andrea...können wir später darüber reden. Es ist gerade mehr als schlecht. Mir fliegen hier dicke Dinger um die Ohren.“, forderte Semir und schoss einige Male auf seine Angreifer. „Andrea? Hallo? Hallo?“, stieß er aus, doch das Tuten im Ohr verriet ihm, seine Frau hatte aufgelegt. „Verdammt...sie muss ja auch gerade jetzt anrufen.“, knurrte Semir und schoss seine letzten Patronen des Magazins ab. Mit geübten Handgriffen ließ er das leere Magazin ausklinken und setzte ein neues ein. Die Kerle aber deckten ihn mit allem ein, was sie hatten. Semir musste sich was anderes einfallen lassen. Und vielleicht unbemerkt die Stellung wechseln. Vorsichtig presste er sich an den Boden und robbte von dem alten Boot zu einer Ansammlung alter Containern hinüber. Noch immer schossen die Kerle auf das Boot, vermuteten Semir dort. Doch jetzt konnte er sie überraschen. Wo blieb nur das SEK?


    ...

  • Alex instruierte gerade seine Leute, als er die Schüsse hörte. „Dieser Kerl kann doch nie warten.“, knurrte er und nahm seine kugelsichere Weste und schickte seine Leute los. „Schnappt sie euch...aber vorerst haut Semir raus.“, stieß Alex über das Funkgerät aus. Sofort griffen die SEK-Leute in den Kampf ein und drängten drei der vier Angreifer in eine Ecke, entwaffneten sie und legten ihnen Fesseln an. Doch Jo war von ihnen nicht zu fassen. Er schoss sich eine Gasse und sprang auf das Boot. Semir kam aus seinem Versteck und rannte auf die Anlegestelle zu, hechtete los und stieß sich vom Steg ab. Das Boot aber schnellte nach vorne und nahm volle Fahrt auf. Ehe der Deutschtürke reagieren konnte, landete er mit einem lauten Platschen im Rhein. „Woooooooahhh...“, stieß er einen Schwall Wasser aus, als er wieder an die Oberfläche drang. Wütend und mit schnellen Bewegungen schwamm er ans Ufer und sah dem Boot nach. War es das? Sollte der Kerl wirklich entkommen? Semir sah sich um und fing dann an zu grinsen, als ihm etwas besonderes in die Augen stach.


    Ben wurde von den Sanitätern durch die Gänge in den Operationssaal geschoben. „Die Kugel ist nicht mehr drin.“, murmelte Dr. Ceylan und besah sich die Röntgenaufnahme. „Aber der Blutverlust und die aufgebrochene Wunde machen mir Sorgen. Wir werden sofort operieren. Die Wunde muss gereinigt werden.“, erklärte er, legte die Aufnahmen weg und zog sich den grünen Operationskittel an, wusch sich die Hände und begab sich in den Operationssaal. „Dann beginnen wir mal.“, murmelte er, zog sich den Mundschutz über und nahm das erste Operationsbesteck. Vorsichtig säuberte er die Wunde und ließ seinem Patienten neues, frisches Blut zuführen. „Das Fleisch ist ziemlich verbrannt. Diese Delletanten...“, fauchte der erfahrene Chirurg und schnitt das verkrustete Fleisch weg. „Doktor, der Herzschlag flimmert. Er wird leicht instabil.“, kam es von der Schwester, die beim Monitor stand. „Noch nicht...geben sie ihm etwas, damit er sich beruhigt. Ich brauche hier noch mindestens eine halbe Stunde. Ich muss sehen, ob die Kugel keine inneren Schäden verursacht hat.“, murmelte er und ließ sich den Schweiß von der Stirn wischen. Doch sofort traten die kleinen, salzigen Tröpfchen wieder hervor. Das Fleisch war sauber von der Kugel durchbohrt worden. Keinerlei Splitter fand der Arzt und auch die Knochen schienen vollkommen in Ordnung zu sein. „Okay...ich mache ihn zu. Er hat es gleich überstanden.“, erklärte Ceylan und nahm Nadel und Faden zur Hand. Eine gefühlte Ewigkeit und drei Wasser aufgesaugte Tupfer später war die OP beendet und Ben konnte auf die Station gebracht werden.


    Semir schwang sich mit all seiner Kraft auf den Jetski und drehte den Zündschlüssel um. Ja, es funktionierte. Der Motor heulte auf und genug Benzin schien auch im Tank zu sein. „Alex...versucht an einer Brücke eine Falle aufzustellen. Ich verfolge diesen Schweinehund und gebe euch Bescheid, wo der Kerl hin will.“, erklärte Semir und brauste davon, ehe Alexander Hoffmann eine Antwort geben konnte. Das Wassermotorrad brauste durch die Wellen und steuerte auf das schnelle Boot vor ihm zu. „Ich krieg dich, Jo, da sei dir mal sicher.“, fauchte Semir und zog mit dem kleinen, motorisierten Fahrzeug vor dem Boot hinüber. „Hey...der Bulle ist noch da.“, stieß Sascha aus, der sich an das Steuer des Schnellbootes geschwungen hatte. „Fahr weiter...ich schalte ihn aus.“, knurrte Jo und zielte mit seiner Waffe auf Semir und schoss. „Verdammt...halte das Boot doch mal ruhig.“, fauchte er. „Kann ich nicht...ich kann den Wellengang nicht kontrollieren.“, zischte Sascha zurück und wich dem Zickzack fahrenden Jetski immer wieder aus. Jo musste sich festhalten...bei diesem Fahren konnte er unmöglich schießen. Das ist genau das, was dieser Kanake will, dachte er und sah immer wieder auf den Jetski. Der Türke grinste ihn förmlich an. „Das Lachen wird dir gleich vergehen.“, stieß er aus und schoss die letzten Kugeln ab. „Verdammt...dieser Türke ist ein Flummi. Halt doch mal das Boot still...“, schrie Jo, vollkommen außer sich vor Wut. „Ich kann nicht. Ich...Ahhhhhhh...“, stieß Sascha auf einmal aus. Jo riss die Augen auf und hob die Arme vors Gesicht, als er sah, was da auf sie und das Boot zukam.
    Semir fuhr den Kerlen immer wieder in die Spur und hoffte so, die Kerle zu irgendwelchen falschen Manövern zu verleiten. Dann kam es überraschend. Das Boot driftete, von einer Welle getroffen, nach rechts ab, schoss über eine Rampe und schlug gegen große, zur Pyramide gestapelten Rohre. Krachend blieb das Boot auf den zusammenbrechenden Rohren liegen. Semir steuerte sein Fahrzeug dicht an die Rampe und sprang ab. Mit schnellen, hastigen Schritten war er am Boot, die Waffe gezückt und entsichert. „Alex, die Kerle sind fünf Kilometer weiter in das Stahlwerk gefahren. Komm mit deinen Leuten sofort hier her.“, forderte Semir über sein Handy, während er sich dem Boot immer weiter näherte. Vorsichtig umklammerte er mit seinen Fingern die Reling und schwang sich dann hinauf. „Polizei...keine Bewegung...“, stieß er aus und presste dem Mann die Waffe ins Genick. „Jetzt hab ich dich, du Dreckschwein.“, fauchte Semir. Der Mann drehte sich langsam um und Semir erschrak. Das war nicht Bens Doppelgänger...das war nicht Jo. „Wo ist er?“, zischte der Deutschtürke den Mann an, nachdem er ihm Handschellen angelegt und ans Steuerrad gekettet hatte. „Er...er ist rausgesprungen.“, keuchte Sascha, dem aus einer großen Schnittwunde Blut über das Gesicht lief. „Wo ist er hin?“, fauchte Semir und packte den Verbrecher hart an. „Das...das...“, kam es schwach von ihm, doch dann verstummte er und Blut schoss aus seinem Kopf. Semir sprang sofort zur Seite und erkannte auf einem Geländer über ihm einen Schatten. Jo...dachte er nur und schwang sich wieder aus dem Boot. Jetzt hol ich dich...und dann mach ich dich fertig.


    ...

  • Jo sah auf das Boot hinunter, legte an und schoss. Verdammt, nur diesen Söldner getroffen, dachte er und rannte über die Treppe aufs Dach hinauf. Hier waren hinter den Lüftungskästen und Klimaanlagen genug Möglichkeiten, sich zu verstecken. Und hier würde er diesen Türken endlich in einen Hinterhalt locken können. Er hörte schon die Schritte auf der Treppe. Jetzt musste er es geschickt anstellen. Jo brachte sich in eine gute Position zum Ende der Treppe hin, sodass der Türke ihn nicht wahrnehmen würde. Dann war er geliefert. Warte nur, kleiner Türke...gleich ist es vorbei.
    Semir rannte aufs Dach der Fabrik und hielt inne. Verdammt, hier waren genug Versteckmöglichkeiten für einen Hinterhalt. Wenn er jetzt nur einen falschen Schritt tat, dann würde ihn der Kerl ohne mit der Wimper zu zucken erschießen. Immerhin hatte er den Kerl dort unten einfach abgeschossen. Mit ihm würde er es genauso machen, dachte Semir und schlich bis zum Rand des Daches. Von hier konnte er die Reihen durchgehen ohne in den Rücken geschossen zu werden. „Jo, ich weiß, dass du hier bist.“, fauchte Semir und tat einen Schritt vor den anderen. Keine Antwort. Semir konnte aber spüren, dass er hier war. Sicherlich war er nicht weit von ihm. Immer wieder drehte sich der Hauptkommissar um. War er hinter ihm? Oder noch vor ihm? Semir blieb stehen und sah sich um. Er musste doch hier irgendwo sein. Plötzlich schrammte eine Kugel an Semir vorbei. Vollkommen lautlos...Semir warf sich auf den Boden und legte in die Richtung an, aus der er die Kugel vermutete. Er schoss einfach und hörte danach ein Rennen auf dem Kies. Semir rappelte sich auf und rannte hinterher. Jo rannte vom Dach runter und wollte auf die Straße fliehen. Von da aber kamen die schwarzen Wagen des SEKs angefahren. Jo bremste und wich in die große Schmiedehalle aus. Semir sah ihn durch die Tür rennen. Da drinnen würde es mehr als heiß werden. Und das nicht nur durch die Schmelzöfen.


    Semir hielt sich die Hand vor die Augen, als er in die Halle trat. „Jetzt Türke...jetzt ist es aus mit dir.“, hörte er aus den Tiefen der Halle schreien. Vor dem Brennofen konnte er einen Schatten erkennen. War das Jo oder nur ein Arbeiter? Semir legte an und wollte schießen. Doch er zögerte. Was, wenn es ein Unschuldiger war? Wieder zischte es dicht an seiner Stirn vorbei. Also doch nicht...sofort riss Semir die Waffe hoch und schoss drei Mal. Ein Stöhnen entfuhr dem Schatten und brach zusammen. Semir kam vorsichtig näher, die Waffe noch immer in der Hand haltend und auf den am Boden liegenden Körper zielend. Der Deutschtürke hockte sich vorsichtig hin und streckte die Hand nach dem Mann aus. Plötzlich aber fuhr der Kerl rum und schlug dem Deutschtürken die Waffe aus der Hand. Vollkommen überrascht ließ sich Semir am Boden festnageln. Dann aber erwachte der Kampfgeist im Hauptkommissar und er drückte den Kerl von sich weg. Doch Jo griff ihn wieder an, drängte Semir zu den heißen Schmiedeöfen, die automatisch und ohne jegliche Kontrolle liefen. Noch schien die gewünschte Temperatur für das Eisen nicht erreicht zu sein. Kein Arbeiter griff ein. Also musste sich Semir selbst helfen. In der Tasche vibrierte sein Handy. Entweder Alex oder Andrea...doch melden konnte er sich nicht. „Ich mach dich kalt, du kleiner Türke.“, fauchte Jo und drängte Semir immer weiter zu einem brodelnden Kocher hinüber. Semir sah das hellrote, flüssige Eisen unter sich Blasen schlagen. Die Temperatur war erreicht. Sicherlich würde es gleich in die großen Gussformen gegossen werden. Das Eisengitter wackelte als Semir dagegen geworfen wurde. „Warte...gleich bist du im Himmel.“, höhnte Jo und kam wie ein wilder Grizzli auf Semir zu.
    Alex und seine Leute verteilten sich und suchten überall. „Verdammt Semir, warum gehst du nicht an dein Handy.“, fauchte der SEK-Leiter, als er sein Handy am Ohr hatte. „Alex, aus der Schmiedehalle kommen Schreie.“, stieß einer plötzlich aus. „Dann nichts wie hin.“, entgegnete Alex und riss die Tür auf. Ein heißer Luftschwall und grelles Licht schlugen ihm wie eine Faust entgegen. Doch der Polizist ging hinein und sah sich um. „Semir? Semir, wo bist du, du verdammter Kerl?“, schrie er durch die Gegend. Er kannte den Deutschtürken jetzt schon so lange Jahre und immer wieder brachte er sich in brenzliche Situationen, aus denen er ihn retten musste. War er hier jedoch jetzt zu spät gekommen? Niemand war hier...nur ein paar Patronenhülsen auf dem Boden. „Semir?“, rief er erneut, doch wieder keine Antwort von seinem Freund und Kollegen. „Chef...hier oben...auf der Balustrade.“, rief ein SEKler und sofort erklomm Alex die Stufen. „Oh großer Gott...Semir!“


    ...

  • Semir saß am Boden und hielt seine blutbeschmierten Hände vor sich her. „Wo...wo ist er?“, fragte Alex und blickte sich um. Doch Semir deutete nur auf das Geländer. Alex sah hinunter in den brodelnden Kessel. Es war nichts zu sehen, außer heißes, glühendes und vor sich hin schmelzendes Eisen. „Er...er ist auf mich zugekommen und ich hab ihn einfach dort hinunter geworfen.“, keuchte Semir und zog sich langsam hoch. „Dann ist es vorbei. Komm, ich bringe dich zum Krankenhaus. Sicherlich wird Ben schon auf dich warten.“, meinte Alex und stützte Semir etwas beim Hinuntergehen. Noch einmal sah Semir zu dem großen Eisenbottich hinüber. Das war es also...das war Bens Doppelgänger...geschmolzen und zu einer kleinen, klebrigen Masse eingeschrumpft. Jetzt gab es mit Sicherheit nur noch einen Ben. Und dieser wartete auf Semir im Krankenhaus. Es wurde eine ruhige Fahrt. Semir sah jedoch still aus dem Fenster. Dieser Fall war geschafft. Alles war wieder da und wurde zurück zur Bank gebracht. Jetzt hatte er nur noch ein Problem. Und das war Andrea...sofort nahm er sein Handy aus der Tasche und wählte ihre Nummer an. „Andrea, mein Schatz...“, setzte Semir an, doch sofort wurde am anderen Ende wieder aufgelegt. „Das...so nicht...nicht mit mir.“, knurrte er und wählte erneut. „Andrea...bitte leg nicht auf. Ich verspreche dir, wir fahren gemeinsam in den Urlaub...bitte...glaub mir doch.“, stieß er so schnell er konnte aus. Stille am anderen Ende. Dann endlich ein Seufzen und kurz darauf hörte er endlich wieder die ruhige, liebende Stimme seiner Frau.
    „Semir, diese Versprechen bekomme ich von dir jedes Mal zu hören.“, kam es genervt von Andrea zurück. Semir atmete erleichtert aus. Immerhin redete sie mit ihm. „Aber Andrea...bitte, ich kann dir alles erklären. Komm zu mir zurück und wir reden darüber. Bitte...die Kinder brauchen ihren Vater.“, erklärte er und sah zu Alex nach vorne, der gekonnt das Gespräch der Beiden ignorierte. „Ja, sie brauchen ihren Vater. Also benimm dich endlich auch wie einer und sei mehr für uns da. Mehr verlange ich nicht.“, knirschte Andrea zurück. Semir schloss die Augen. Wie sollte er ihr klar machen, dass er das alles nur für seine Kinder tat? Sie sollten einmal in einer besseren Welt leben. Deswegen riskierte er doch ständig sein Leben. „Andrea, bitte komm zu mir zurück.“, flehte er erneut. „Gut...wo bist du jetzt?“, fragte sie. „Auf dem Weg ins Krankenhaus. Ben ist bei einem Einsatz verletzt worden.“, entgegnete er. Die Einzelheiten würde er ihr hinterher erklären. „Oh Gott...dann wünsch ihm gute Besserung von uns. Ich komme hin.“, erklärte sie und legte auf. Semir grinste nur in den Rückspiegel. „Hab ich nicht eine wunderbare Frau?“, fragte er und lächelte zufrieden. „Mich wundert, dass sie es so lange mit dir aushält.“, stichelte Alex nur und bog zum Krankenhaus ein.


    Ben wachte langsam aus seiner künstlichen Ohnmacht auf und sah sich langsam und vorsichtig um. Es roch hier so merkwürdig, dachte er bei sich. War er wieder im modrigen Keller. Doch dann bewegte er seinen Arm und merkte, dass er frei war. Ein Gefängnis war dies hier schon einmal nicht. Vorsichtig stützte er sich ab und setzte sich auf. Natürlich...das war das Marienhospital. Hier war er doch schon öfters...entweder als Patient oder um Semir zu besuchen. Semir...sofort fiel ihm sein Partner ein. Ob er den Kerl bekommen hatte? Sicherlich...Semir kriegte jeden Gangster. Plötzlich klopfte es. „Ja bitte...“, kam es über Bens Lippen. Die Tür öffnete sich und Semir steckte seinen Kopf vorsichtig durch die Spalte. „Hallo Partner...kann ich rein kommen?“, fragte er und blieb im Rahmen stehen. „Klar...warum solltest du nicht? Aber bitte... schrei nicht so. Mein Kopf dröhnt noch etwas.“, gab Ben gepresst zu. „Dann wird das hier wohl nichts für dich sein.“, grinste Semir und legte eine große Tafel Schokolade auf den Nachttisch. „Warum denn nicht? Her damit...“ Gierig griff Ben danach und wollte die Verpackung aufreißen, als ein Schmerz durch seinen Arm fuhr. „Verdammt...“ „Hey, du musst dich schonen. Du wurdest doch gerade erst frisch operiert.“, mahnte Semir ihn und nahm ihm die Süßigkeit wieder aus der Hand. Wieder klopfte es und der Arzt trat rein. „So Herr Jäger...sie sind ja schon wach. Das ist gut. Dann seh ich mir gleich mal die Wunde an.“ Der Arzt nahm die Decke weg und besah sich den Verband. „Na das sieht doch schon sehr gut aus. Die Schulter braucht jetzt einige Wochen Ruhe. Am Besten sie machen Urlaub. Dann wird alles sehr schnell verheilen. Ich komme nachher noch mal wieder.“, meinte er und verabschiedete sich wieder. Einige Minuten später klopfte es wieder.
    Ben und auch Semir drehten den Kopf. Semir schlug die Augen auf. „Andrea...du kommst zurück?“, fragte er und machte einige Schritte auf seine Frau zu. du kommst zurück?“, fragte er und machte einige Schritte auf seine Frau zu. Doch Andrea hob nur die Hand. „Semir...ich bin bereit, dir zu verzeihen. Aber...ich will, dass du dein Versprechen auch einlöst.“, forderte sie und sah ihn eindringlich an. „Ja, kein Problem...du meinst den Urlaub? Ich fahr mit dir überall hin. Hauptsache ist, wir sind wieder zusammen...und verbringen wieder einmal Zeit miteinander.“, meinte Semir und nahm seine Andrea in die Arme. Erst hielt sie die Arme am Körper, doch langsam umschlang sie ihren Mann und drückte ihn fest an sich. Ben saß nur da und verstand erst mal nicht, warum sich die beiden Eheleute wieder gestritten haben. Doch Semir schien ihm mit den Augen zu verstehen zu geben, dass es jetzt nicht mehr so wichtig war...nach der Versöhnung. „Und wohin wollen wir fahren?“ Andrea sah ihren Mann nach der Frage an und überlegte. Als sie ins Krankenhaus kam, hatte sie an der Cafeteria ein großes Poster von...nein, das würde sie Semir noch nicht sagen. „Lass dich überraschen, mein geliebter Mann.“, lächelte sie und küsste ihn. Semir ließ sich die Liebkosungen gefallen und war froh, dass seine Frau wieder bei ihm war. Es war ihm vollkommen gleich, wohin es ging. Für ihn zählte die freie Zeit mit seiner Frau.



    Ende.



    Aber Semir und Ben ermitteln weiter ... „Die Bar“

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