Deal um ein Leben

  • Boris schnüffelte an dem kleinen Fetzen Stoff, dass in einen Plastikbeutel eingeschweißt war. „Okay Boris, das ist unser einziger Hinweis. Du musst den Kerl finden.“, stieß Julian Bender aus und hielt seinem Schäferhund das Tütchen nochmals an die Nase. Der Deutsche Schäferhund biss einige Male hinein. „Sehr gut, er hat die Witterung aufgenommen.“, meinte der Hundeführer dann und drehte sich zu den beiden anderen Kollegen um. Frank Peters und Ilona Haase sahen den Mann an. „Dann lassen sie ihn mal von der Leine. Ich will dieses Monster noch fangen, ehe es ein siebtes Opfer gibt.“, stieß der Mann aus. Julian nickte, griff sich die Leine und ließ Boris dann ziehen. Immer die Nase auf dem Boden oder in der Luft suchte der Hund seinen Weg und führte die drei Beamten aus dem Dorf hinaus, direkt auf den Wald zu. „Der Wald ist groß. Wenn er sich darin versteckt, kann es Tage dauern, bis wir ihn finden.“, knurrte Ilona. „Ja, ich weiß. Aber wir müssen ihn finden. Noch einen Doppelmord können wir uns nicht erlauben.“, erwiderte Frank und klopfte seiner Partnerin behutsam und aufmunternd auf die Schultern. „Wir finden ihn. Wir müssen ihn einfach finden. Es wird schon alles.“ „Ich will das Schwein haben. Es hat immerhin meine kleine Schwester und ihren Freund auf dem Gewissen.“, fauchte Ilona und biss sich wütend auf die Unterlippe. „Ich weiß...ich weiß...“ „Der Hund hat eine Spur...“, rief Julian plötzlich.


    „Und, wie sehe ich aus?“, wollte Alex wissen, als er wieder vor Kim stand. „Wow...wie, als wenn du schon immer Arzt warst.“, grinste sie nur. Das Grinsen verschwand aber sofort wieder und sie reichte das kleine Equipment an den Einsatzleiter weiter. „Hier, das ist die kleine Kamera und das Mikro. Versuch es, unauffällig an Ben anzubringen. Und versteck die Kamera gut.“, mahnte Kim. „Keine Sorge...ich bin vorsichtig.“, erklärte Alex und zwinkerte kurz mit dem Auge, bevor er sich auf den Gefängnishof wagte. Er hatte die Kamera und das Mikro in den Sanitätskoffer gesteckt und unter Mullbinden und Desinfektionsmitteln verborgen. So würden sie es nie finden und er konnte es im rechten Moment hervorzaubern. Er sah nicht zurück, denn das würde die beiden Schwestern nur noch nervöser werden lassen. Alex ging langsam auf die geschlossene Tür zu und hob seinen Arm zum Klopfen, doch ehe er das tun konnte, wurde sie aufgerissen und zwei Hände packten den Mann, zogen ihn hinein und schon war die Tür wieder zu. „Konntet ihr irgendwas sehen?“, fragte Kim die einzelnen Posten. „Negativ...“, „Nein nichts...“ und ein erneutes „Negativ...“ waren die frustrierenden Antworten der Scharfschützen. „Jetzt bist du auf dich gestellt, Alex.“, murmelte sie nur und hoffte, dass die Schwestern nichts von ihrem Vorhaben mitbekamen.
    „Los, an die Wand da, Freundchen.“, fauchte Klara Weber und drückte Alex mit der Waffe von Ben an die nächste Wand, stieß seine Beine auseinander und fing an, ihn und seine Ausrüstung zu durchsuchen. Sogar den Koffer. Hoffentlich finden sie das Mikro und die Kamera nicht, dachte Alex und ließ die Tortur über sich ergehen. „Okay...da drüben ist ihr Patient. Sollten sie versuchen, seine Fesseln zu lösen oder sonst irgendwelche krummen Dinger drehen, verpasse ich ihnen auch eine Kugel. Haben sie das verstanden?“, knurrte Klara und fuchtelte mit der Waffe vor dem Gesicht des vermeintlichen Notarztes herum. Alex nickte und schritt dann auf Ben zu, der immer noch am Rohr kauerte und vor Schmerzen die Augen geschlossen hatte. Vorsichtig kniete er sich vor den jungen Hauptkommissar hin und tätschelte kurz dessen Wangen. Zuckend regte sich Ben und schlug die Augen auf. Sie schienen jeglichen Glanz verloren zu haben. „Muss der Knebel sein? Kann ich den wenigstens abnehmen?“, fragte er die Schwestern. „Nein...der bleibt, wo er ist.“, fauchte Svenja Alex an und sah ihm bei jedem Handgriff über die Schultern. „Ich bin Dr. Alexander Hoffmann. Es wird jetzt ein bisschen weh tun, aber ich muss ihre Wunde untersuchen.“, erklärte er und zog sich die Einweghandschuhe über und machte sich gleich daran, die Wunde zu ertasten. Ben stöhnte vor Schmerzen kurz in den Knebel, sah Alex dann aber fragend an. Dieser nickte nur. „Ich...ich muss ihm die Jacke aufschneiden. Kann ich wenigstens eine Hand aus der Schelle nehmen?“, wollte Alex wissen. „Du sollst deine Arbeit machen und nicht rumlabern.“, fauchte Svenja und stieß den Mann an. Alex murrte und machte sich daran, die Mullbinde und die Pinzette aus dem Koffer. Die Kugel musste raus, doch Ben würde dabei vielleicht verbluten, wenn er nicht besonders vorsichtig war. „Okay Junge, verzeih mir, aber das wird jetzt etwas weh tun.“, erklärte Alex und führte die Kneifzange langsam in die Wunde ein.


    Engin, vor drei Stunden aus seiner Ohnmacht erwacht, rieb wütend seine Fesseln an dem kantigen Tisch immer auf und ab. Dieser verdammte Gerkhan, knurrte er in Gedanken. Sofort scheuerte er seine fesseln kräftiger an der Kante ab, die schon einen leichten Riss aufwiesen. Mit einem inbrünstigen Wutschrei riss er die Fesseln entzwei und entwirrte auch den Knoten an seinen Füßen. „Jetzt nimm dich in Acht, Gerkhan, du bist fällig.“, knurrte er, nahm sich eine Waffe und rannte Richtung Ausgang. Als das erste Licht in den Gang fiel, bemerkte er die kleinen Blutflecken auf dem Boden. „Das wird einfacher als Eier suchen.“, lachte er und rannte los. Der sandige Staub klebte alsbald an seinen Schuhen und benetzte die schwarzen Beine seiner Hose. Seine Lungen brannten nach mehreren Minuten und so musste er sein Tempo verlangsamen. Doch Engin würde immer noch schneller als Gerkhan unterwegs sein und ihn sicherlich bald einholen können. Dieser kleine Türke war seiner Kragenweite doch nicht gewachsen. Immerhin war es seine Idee, dass sich seine Chefin als hilflose Zeugin ausgab, die den Lockvogel für die beiden Autobahnpolizisten spielte. Und er war es auch, der einen führenden Beamten in der höchsten Polizeibehörde auf ihre Seite ziehen konnte. Immerhin brauchten sie einen, der unter ihrem Sold stand. Engin kam an die Brücke vor dem Wald und sah auf die Planken. Da...da war wieder Blut. Gerkhan hatte also diesen Weg genommen. Bestimmt war er auch nicht weit vor ihm. Er musste jedoch immer auf die Spuren achten. Dieser Bulle war mehr als gerissen.


    ...

  • Bernd stieß seine Tür auf und bat seinen „Gast“ hinein. „So, setzen sie sich bitte dort auf die Pritsche. Ich sehe mir dann ihr Bein an. Wollen sie etwas essen?“, fragte er mit freundlicher Stimme und stellte seine Tasche weit weg von Semir ab. Ich könnte einen ganzen Hirsch essen, dachte Semir und ließ sich vorsichtig auf das Sofa fallen. „Danke...sie sind sehr freundlich. Ich nehme gerne was.“, erklärte Semir und sah auf den Verband. Sein Blut war wieder durch gesickert und benetzte langsam den Teppich der kleinen Hütte. Bernd verschwand kurz und wenig später hörte man es hinter einem Vorhang klappern und scheppern. Dann ein Zischen und ein Spritzen. Wenig später kam der Gastgeber wieder und hatte einige Mullbinden in der Hand. „So, jetzt werde ich mir ihren Fuß ansehen. Bitte, legen sie ihren Fuß auf mein Knie und halten sie ganz still, auch wenn es ein wenig weh tut.“, meinte Bernd. Noch wollte er zu diesem kleinen Türken freundlich sein, doch dann...dann würde er sein blaues Wunder erleben. Das Schlafmittel war schon in der Suppe und diese köchelte langsam vor sich hin. Semir sah dem Mann gebannt zu, wie er den Knoten löste und dann den Stoff langsam abrollte. Das Blut hatte die Fasern schon mit der Wunder verkrusten lassen, weshalb Semir einige Male einen spitzen Schrei ausstieß. „Ganz ruhig...ist ja schon vorbei.“, meinte Bernd und reinigte dann die Wunde mit Jod und verband alles anschließend. „So...damit können sie dann getrost bis zum nächsten Arzt kommen. Doch jetzt gibt es erstmal essen.“, lächelte Bernd, verschwand kurz und kam dann mit einem heiß dampfenden Teller wieder. Gierig nahm Semir den Löffel, pustete etwas und schaufelte den Teller Suppe gierig in sich hinein. Die Pilzsuppe verschwand binnen weniger Minuten im Magen. Aber mit dem ersten Löffel fing auch das Schlafmittel an zu wirken. Langsam driftete der Deutschtürke weg. „So ist es recht, kleiner Türke. Ich werde mich gleich mit dir beschäftigen, aber man soll nie mit leerem Magen morden. Das ist schlecht für das Gemüt.“, lachte Bernd und machte sich in der kleinen Küche ein Schnitzel, während er überlegte, wie er dieses „spezielle“ Opfer um die Ecke bringen sollte. Ha, draußen war doch der große Holzstapel. Daraus konnte man einen super Scheiterhaufen machen. Und mit der großen Stahlplatte würde das einen super guten Grill ergeben. Ja, so würde er es machen.


    Frank, Julian und Ilona rannten Boris hinterher. Der Schäferhund jagte fast durch den Wald, immer querfeldein. „Der Hund hat wirklich Witterung aufgenommen. Aber halt mal...riecht ihr das auch?“, stieß Ilona aus und sog die Luft in die Lungen ein. Es roch eindeutig nach Feuer. Hier machte irgendjemand ein Feuer und das bei den jetzigen sommerlichen Temperaturen. „Los, schnell weiter...“, feuerte Frank seine beiden Kollegen an und schon in der nächsten Sekunde sprinteten die drei Polizisten wieder hinter Boris her, der sie immer weiter in den Wald hinein führte. Julian, der Jüngste der Drei und der sportlichste, konnte dennoch kaum mit seinem Hund mithalten. Boris schien wie besessen von dem Duft zu sein. Der Hund rannte immer weiter. Die Leine an seinem Hals schien ihm kein Hindernis zu sein. Mit aller Kraft zog er den Menschen, der ihn versorgte, hinter sich her. Komm schon...hier entlang, wollte er damit sagen. Sie waren ganz nah am Ziel, das konnte er riechen. Doch die drei Menschen schienen nicht schnell genug zu sein. Das war aber Boris egal. Er musste die Menschen hinführen. Da war Gefahr...er roch die Gefahr.
    Engin rannte weiter und folgte noch immer den Blutspuren. Vor einigen Minuten sah er zufällig auf den Boden und bemerkte, dass die Tropfen vom Weg abwichen und direkt in den Wald führten. Seine Lungen brannten, doch er wollte Gerkhan mit seinen eigenen Händen erwürgen. Plötzlich stieg ihm beißender Geruch in die Nase. Er rannte weiter und immer weiter. Da machte doch jemand ein Feuer. Vielleicht dieser Wahnsinnige, von dem er schon gehört hatte. Wenn Gerkhan in dessen Hände war, dann musste er nur zusehen. Nein, er würde diesen Verrückten töten. Niemand sollte ihn um das Privileg bringen, Gerkhan selbst zu töten. Und das würde er voller Wohltat tun. Schließlich war er der Herr über Leben und Tod und der Mann, der sich alles ausgedacht hatte. Noch ahnte er nicht, dass er noch etwas anderes werden würde.


    Ben stöhnte auf, als die Pinzette in die Schulter eindrang, dort wütete und dann nach wenigen Minuten kam die blutverschmierten, kleinen Greifarme mit dem Projektil wieder aus ihm heraus. „Geschafft.“, meinte Alex und ließ die Kugel in seinen Koffer verschwinden. Ben keuchte erleichtert durch den Knebel und ließ für einige Momente den Kopf hängen. „Los, mach schon hinne, du Flicker. Näh ihn wieder zusammen und dann mach dich raus hier.“, zischte Svenja und kam gefährlich nahe an den Koffer heran. Wenn sie jetzt einen interessierten Blick auf den Inhalt riskierte, entdeckte sie vielleicht Mikro und Kamera. Vorsichtig ließ er die blutverschmierte Gaze auf die Sachen fallen und nahm sich eine neue, presste sie wieder auf Bens Wunde und nahm dann eine Mullbinde und das Mikro gleichzeitig auf, ließ das Mikro in Bens Brusttasche verschwinden und wickelte ihm dann das Mull um die Schultern und über die Wunde. Jetzt nur noch die Kamera anbringen. Doch wo? Er sah Ben an und dessen Blick folgte dem von Alex. Beide sahen in den Koffer und unmerklich nickte Ben, als er die Kamera sah, deutete mit seinen Augen Richtung gefesselte Hände. Jetzt sah Alex, was er meinte. Das kleine Knopfloch im Ärmel der Jacke reichte für die Linse der Kamera aus. Vorsichtig nahm der SEK-Leiter die Kamera hervor, führte seine Hand langsam zu dem Jackenärmel und ließ das kleine Ding geübt darin verschwinden. Ben krümmte sein Handgelenk und fummelte mit der anderen Hand die Kamera in die richtige Position. Er schloss kurz die Augen und Alex verstand. „Ich bin fertig.“
    Kim sah mit ihrem Fernglas auf den Hof. „Was geht da vor? Können sie irgendwas erkennen?“, fragte sie per Funk die einzelnen Posten. „Noch nichts...warten sie, Hoffmann kommt wieder raus.“, erklärte einer über Funk wieder. Sofort blickte Kim auf den Mann und wartete auf eine Reaktion von ihm. „Und...nun sag schon. Spann mich nicht auf die Folter.“, forderte sie sofort, als er das Gefängnistor hinter sich gelassen hatte. „Ich .... ich habe Ben die Kugel rausnehmen können. Sie haben den Armen mit seinen Händen nach oben gefesselt. Du glaubst gar nicht, was der Kerl für Schmerzen hat. Und geknebelt ist er auch. Jedenfalls hat er Mikro und Kamera bei sich.“, erklärte Alex und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Kim nickte angestrengt und gemeinsam gingen sie dann rüber zum Laptop, wo schon ein bekannter KTU-Techniker saß und mit seinen Fingern über die Tastatur schnellte. „Hartmut, haben sie schon ein Bild?“, fragte Kim. Er sah auf und nickte. Sofort gingen beide um den Tisch und sahen über die Schultern des Rotschopfes. Was sie sahen und hörten, war nicht gerade nach ihrem Geschmack.


    ...

  • Ben war sichtlich von Schmerzen überrollt. Dennoch hielt er wacker die Kamera an seinem Handgelenk und versuchte alles, um die Aufmerksamkeit ja nicht auf sich zu beziehen. „Was ist mit dem Geld?“, fragte Svenja ihre Schwester und setzte sich dem jungen Hauptkommissar genau gegenüber auf einen Tisch. „Wir warten, bis es hier ist. Sie haben noch zwei Stunden Zeit.“, erklärte Klara und legte die Waffe neben sich, griff dann zum Telefon. Sie wählte Kim Krüger an. „Wann ist das Geld bereit?“, fragte sie wütend durch den Hörer, als sie die Stimme der Polizistin am anderen Ende wahrnahm. „Bitte, geben sie uns noch Zeit. Wir müssen es erst noch beschaffen.“ „Sie haben noch zwei Stunden. Mehr nicht. Sie wissen ja, was dann mit ihrem Kollegen passiert oder soll ich ihm noch in die andere Schulter schießen? Oder in die Leistengegend? Das kommt bestimmt gut für ihn.“, lachte Klara gehässig, hob die Waffe und zielte auf Bens Lendengegend. Erschrocken stieß dieser sofort undefinierbare Laute aus, die vom Knebel erstickt und unterdrückt wurden. „Halt die Klappe...“, schrie Svenja und kam gefährlich nahe an Ben heran, holte mit der Hand aus und war drauf und dran zuzuschlagen. Mit der nächsten Sekunde verstummten jeglichen Geräusche vonseiten Ben. „Sie haben nur noch zwei Stunden. Geben sie sich Mühe.“, fauchte Klara und legte auf. Dann ging sie wieder zu ihrer Schwester und sah zu Ben hinunter. „Weißt du, eigentlich können wir ihm das Tuch abnehmen.“, grinste sie und löste den Knoten in Bens Nacken. Er spuckte den Knebel mit einem Ekel aus. Sein Mund fühlte sich an, als hätte er in der letzten Stunde unermesslich viel Sand geschluckt. Ein furchtbares Gefühl. „Ich...Durst...bitte...etwas zu trinken.“, keuchte er hervor. „Klara, der Kleine will Wasser haben.“, höhnte Svenja. „Dann hol ihm Wasser. Er soll uns ja nicht verdursten.“, grinste Klara.
    Svenja ging in die Küche und befüllte eine große Schüssel mit Wasser. Dann nahm sie einen Trichter und ging damit zurück zu Ben und Klara. „Los, mach den Mund auf.“, forderte Svenja. Ben ahnte, was die beiden Schwester vorhatten. Er presste seine Lippen fest aufeinander und wendete den Kopf ab. „Na los, oder soll ich lieber deinen kleinen Freud da unten mal etwas in Angst versetzen?“, knurrte Klara und entsicherte die Waffe. „Warte doch...er wird schon schlucken.“, kam es dann von Svenja und kurz darauf hielt sie Ben die Nase zu, sodass er, freiwillig oder nicht, seinen Mund aufmachen musste. Kurz darauf steckte der Trichter weit in seinem Rachen. Ein Brechgefühl machte sich bei Ben bemerkbar. Mit aller Macht versuchte er es zu unterdrücken. Svenja merkte das und zog den Trichter nur einige Millimeter wieder raus, doch er blieb in Bens Mund. „Du wolltest doch Wasser haben. Hier hast du es...“, lachte Svenja und goss die ganze Schüssel mit einmal in en Trichter. Ben keuchte und prustete, als der Schwall Wasser in seinen Mund gelangte. Waterboarding vom feinsten, dachte Ben nur und fühlte sich bald wie aufgeschwemmt. Was würden diese Frauen noch mit ihm anstellen?


    Semir kam langsam wieder zu sich und spürte eine schleichende Übelkeit in sich aufsteigen. Er wollte sich auf die Seite rollen, doch irgendwas hielt ihn auf dem Rücken fest. Und das Etwas schien sehr, sehr heiß zu sein. Jedenfalls wurde es immer heißer und heißer. „Hey...hey... was soll das?“, stieß er aus und versuchte alles, um sich von der „heißen Platte“ loszureißen. Um ihn herum loderten feuerrote Flammen auf und beißender Qualm stieg ihm in die Nase, nahm ihm sämtliche Möglichkeit zu atmen. Er hob seinen Kopf, suchte nach Hilfe, doch er fand nur den grinsenden Gastgeber, der an einem Baum lehnte und das Ganze genüsslich zu beobachten schien. „Hey...machen sie mich los.“, schrie Semir. „Nein, das werde ich nicht. Denn du bist mir gerade richtig gekommen. Weißt du, dass nach mir die Polizei sucht? Und sie werden mich finden, besser gesagt, werden sie dich für mich finden. Eine männliche, verkohlte Leiche. In der Hütte die Wertsachen von Mordopfern und das Tatmesser des Eifelschlitzers.“, lachte Bernd und machte einen Schritt auf Semir zu. Sofort schoss ihm die höllische Wärme entgegen. Dennoch blickte er in das panische Gesicht seines letzten Opfers. „Sie...sie sind der Pärchenmörder aus der Eifel.“ „Ganz richtig und du wirst für mich sterben. Ich werde mich nach Belgien oder Holland absetzen und dort ein friedliches Leben als Bauer verbringen.“, höhnte der Mann und sah auf, als er ein Knacken aus dem Wald hörte. Er sah auf und im nächsten Moment schoss eine rote Fontäne aus seinem Kopf und er sank leblos zu Boden. Erschrocken versuchte Semir einen Blick zu erhaschen, doch er sah nur die Beine des Toten, mehr nicht. „Sieh da, sieh da, sieh da...“, hörte er auf einmal jemanden sagen. Die Stimme kante er. Dieser Engin war hier. Wie auf Befehl tauchte das Gesicht des Gegners durch das Feuer auf. „Nun komme ich ja doch dazu, dein Ende live zu sehen. Und nicht erst, wenn der Boss sich um dich kümmern wollte.“, höhnte der Mann und legte altes Laub ins Feuer. Sofort qualmte es mehr und mehr. Semir hustete so viel, dass ihm fast die Lungen zu platzen schienen. „Wir wollen es doch schön warm haben.“, grinste der Mann.


    ...

  • „Weg von dem Mann.“, schrie plötzlich einer und im nächsten Moment wurde Engin von einem wütenden Hund angefallen, der sich in seinem Unterarm verbiss. „Polizei...sofort die Waffe weg.“, schrie eine Frau. Semir war sichtlich erleichtert, als es um ihn zu zischen begann. Ich bin gerettet...endlich, dachte er nur und sah hoch zum Himmel. Danke, mein Schutzengel...vielen dank, schickte er immer wieder stumm nach oben. „Oh mein Gott...sie müssen sofort zu einem Arzt.“, stieß einer aus, den Semir nicht erkennen konnte. Sicherlich hatte sein Bein bei all der Aufregung und Anstrengung wieder zu bluten angefangen. Das Feuer war gelöscht, doch die Platte mehr als heiß. Bei jeder kleinen Berührung zuckte Semir immer wieder zurück. Dann aber war es geschafft und der Deutschtürke stützte sich auf die Schultern eines Polizeikollegen. Gerettet war er, war er aber auch in Sicherheit?


    Ullrich Förster stand abseits von Kim und Alex und sah immer wieder auf sein Handy. Wo zum Teufel war die Nachricht von seinem Mitarbeiter, dachte er nur und steckte das Handy wieder weg. Besser, er sah selbst einmal nach dem Rechten. „Kim, ich muss kurz weg. In meiner Dienststelle hat sich was ereignet, was meine Anwesenheit erfordert.“, erklärte Ulli. Kim nickte. „Gut, fahr nur, aber du kommst doch schnell wieder, wenn das erledigt ist oder?“, fragte sie. „Sicher...“, erwiderte er, gab ihr ein Küsschen links und ein Küsschen rechts und verschwand dann zu seinem Wagen. Er brauste durch die Kölner Stadt, aber nicht auf dem Weg zum Büro, sondern zur Autobahn, auf dem Weg in die Eifel. „Verdammt, warum meldet sich der Kerl nicht?“, stieß er wieder aus, als er am Steuer telefonierte. Er fuhr und fuhr, kam nach drei Stunden am Ziel an. Doch die alte Bunkeranlage war leer. Verdammt, kein Engin und kein Gerkhan. Seine Augen fielen auf die Blutspur am Boden und folgten ihr zum Wald hinüber. „So eine Scheiße...“, knurrte er und stieg wieder in seinen Wagen, fuhr der Spur hinterher und stand bald im Wald, an derselben Stelle, wo schon Engin ins Gebüsch verschwunden war. Doch er fuhr weiter geradeaus, folgte dem Weg und sah dann, wie drei Polizisten aus dem Gebüsch traten. Zwei von ihnen hatten Engin im Schlepptau und einer stützte diesen Gerkhan. Wütend schlug er auf das Lenkrad, doch dann reifte in ihm eine Idee. Mit seiner Marke konnte er Gerkhan und Engin an sich nehmen, den einen entsorgen und mit dem anderen entkommen. Nur musste er es geschickt anstellen. Er konnte nicht einfach reinstürmen und sich die beiden Männer holen. Nein, er brauchte einen Plan.


    „Geht es?“, fragte Frank, als er Semir immer wieder stützte. Der Angesprochene nickte nur und setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Vor ihm ging Engin, bewacht von dem Schäferhund, seinem Hundeführer und der Frau, die das Feuer gelöscht hatte. Semir schwanden aber immer wieder die Kräfte. „Hey, bleiben sie auf den Beinen. Wir sind gleich im Ort und dann rufe ich ihnen einen Krankenwagen. Wie heißen sie eigentlich?“, wollte Frank wissen. Noch waren sie nicht dazu gekommen, sich vorzustellen. „Semir...Semir Gerkhan. Von der... von der Kripo Autobahn in Düsseldorf.“, kam es kaum hörbar von Semir. „Ah, ein Kollege...ich bin Frank Neuroth, da vorne geht meine Kollegin Ilona Heiler und der Mann beim Hund ist Julian Kapper.“, erklärte Frank und half Semir weiter. Alsbald hatten sie wieder Asphaltboden unter den Füßen und keine fünf Minuten später erreichten sie die kleine Wache.
    Semir ließ sich mit Mühe auf einen Stuhl nieder und legte sein Bein hoch. „Kann ich...kann ich bitte ein Glas Wasser haben?“, hauchte er und streckte seine Arme flehend nach einer Karaffe Wasser aus, dass wie auf Bestellung außerhalb seiner Armreichweite stand. „Klar...warten sie, ich gebe ihnen was.“, meinte Frank und reichte ihm ein reichliches Glas mit dem erfrischenden Nass rüber. Sofort stürzte sich Semir das erfrischende Nass die Kehle hinunter und reichte das geleerte Glas wieder an den Mann zurück, der sofort nachschenkte. Wieder schluckte er alles mit einem Mal hinunter. „Ich werde jetzt einen Rettungswagen rufen.“ „Warten Sie, rufen sie bitte auch meine Chefin an. Kim Krüger...“, meinte Semir und nannte die Nummer. Frank nickte und rief erst den Rettungsdienst und dann die von Semir genannte Vorgesetzte. „So, während wir warten, werde ich mal diesen Herren da drüben verhören.“, meinte Frank und ging mit Julian in den hinteren Teil, wo sich die Arrestzellen befanden. Semir blieb einfach sitzen und versuchte, sein Bein ruhig zu halten. Der von den Polizisten frisch angelegte Verband färbte sich nicht rot. Ein Zeichen, dass die Schließung der Wunde begonnen hatte. Dennoch, wenn sich ein Arzt das Ganze angesehen hatte, würde er viel beruhigter sein. Seine Gedanken schweiften. Was haben die beiden Schwestern mit Ben gemacht? Würden sie ihn töten, wenn sie von seinem Fluchtversuch erfuhren oder hatten sie es schon getan? Dann war er Schuld. Er trug die Schuld am Tod seines Partners. Schlagartig wurde Semir klar, dass er mit seiner Flucht das Leben seines Partners beendet hatte.


    ...

  • „Was machen wir jetzt, Kim?“, fragte Alex und blickte die Polizeirätin an. „Ich habe das Geld von Susanne herbeordern lassen. Es müsste gleich eintreffen. Da drinnen können wir sie nicht ausschalten. Also will ich sie rauslocken und dann zuschlagen.“, erklärte sie und sah auf ihr Handy. „Die Nummer kenn ich gar nicht.“, murmelte sie und nahm dann ab. „Krüger hier...“, meldete sie sich. „Frau Krüger, ich bin Frank Neuroth, Polizei Egersdorf. Wir haben hier einen ihrer Kollegen bei uns sitzen. Ich wollte sie nur informieren, da er schwer am Oberschenkel verletzt ist.“, erklärte der Mann am anderen Ende der Leitung. „Wie geht es ihm?“, fragte Kim sofort. „Wie gesagt, der Oberschenkel hat ein Belüftungsloch, wenn ich das so sagen darf. Anscheinend ist er auch dehydriert. Wir fanden ihn auf einer Platte im Wald. Man wollte ihn bei lebendigem Leib grillen.“, erklärte er. „Oh verdammt. Hören sie, ich kann hier im Moment nicht weg. Geben sie mir bitte ihre genaue Adresse. Ich schicke ihnen zwei Beamte, die dann meinen Kollegen abholen oder ihn ins nächste Krankenhaus begleiten.“, erklärte Kim und bedankte sich noch bei Frank für die Benachrichtigung. „Keine Ursache. Wir warten einfach auf die Kollegen. Die Kollegen der Rettung sind auch schon unterwegs. Den Verdächtigen werde ich dann ihren Leuten auch überstellen. Ist das in Ordnung?“ „Danke, das ist nett. Informieren sie mich doch bitte, wenn mein Kollege abgeholt wird.“, bat Kim und legte dann auf.
    Alex blickte sie an. Das Gesicht der Frau, die sonst so ernst und unnahbar wirkte, erhellte sich plötzlich durch ein Lächeln. „Was ist denn los?“ „Semir wurde gefunden. Er lebt, nur eine Wunde im Oberschenkel. Ich werde Bonrath und Herzberger hinschicken. Die sollen ihn abholen und wir holen jetzt Ben da raus.“, erklärte sie. Alex nickte und gab seinen Männern über Funk schon diverse Anweisungen, während sich Kim ans Telefon hängte, Hotte und Dieter in die Eifel zu Semir beorderte und ihnen einschärfte, dass sie im Krankenhaus bleiben sollten, bis Semir auf seinem Zimmer war. „Kim, das Geld ist da.“, rief Alex dann. Kim legte auf und blickte sich um. Tatsächlich fuhr ein Wagen vor und brachte das gewünschte Geld. Siggi stieg aus und kam mit den an sein Handgelenk geketteten Koffer auf die Chefin zu. „Hier das Geld, Chefin. Die Staatsanwältin hat sich erst gesträubt, doch der Polizeipräsident hat es genehmigt.“, erklärte er und reichte den abgeschnallten Koffer an Kim weiter. „So, dann lassen wir die Falle hier mal zuschnappen.“, fauchte sie und hob den Koffer an und ging damit zu Hartmut, flüsterte ihm was ins Ohr. Dieser grinste und nickte dann nur.


    Ullrich sah auf die kleine Polizeistation und wartete. Sicherlich würden Kims Leute kommen und Semir abholen. Warum spazierte er nicht einfach in die Wache und zeigte seinen Ausweis hervor? Das allein verlieh doch schon immer große Autorität. Ja, warum nicht? Er stieg aus und schritt schnell auf die Wache zu. „Hallo...Ullrich Förster, BKA. Ich soll hier im Auftrag von Kim Krüger Semir Gerkhan und einen Verdächtigen abholen.“, erklärte er mit einiger Selbstsicherheit. Die drei anwesenden Polizisten und auch Semir schauten erstaunt zur Tür. „Ja, aber ich habe doch gerade erst vor einer dreiviertel Stunde Frau Krüger angerufen. So schnell können sie doch nicht hier sein.“, meinte ein Mann mit einem stark ausgeprägten Oberlippenbart. „Ich war gerade in der Nähe. Frau Krüger hat mich angerufen, als ich auf den Weg nach Wiesbaden war.“, erklärte Ullrich. Semir sah den Mann an. Er konnte sich nicht helfen, aber irgendwas störte ihn diesem Kommissar. „Ich hole dann mal den Verdächtigen. Bitte warten sie hier.“, forderte die junge Frau und verschwand nach hinten, kam dann wenige Minuten später wieder. Semir besah nun jegliche Reaktion, denn er fühlte die Spannung in der Luft. „Was machst du denn hier?“, stieß Engin, bereute es aber sofort wieder. „Aha, sie stecken mit denen unter einer Decke.“, wagte Semir den Sprung in die Bresche. Alle blickten nun zu Förster, der regungslos im Raum stand. „Denken sie das wirklich?“, kam es dann von dem BKA-Mann. „Ja, das denke ich.“, erwiderte Semir selbstsicher und lehnte sich etwas vor, was seinem Bein nicht zugute kam.
    „Na schön...“ Blitzartig zog Ulli seine Waffe aus dem Halfter am Gürtel, legte auf Engin an und schoss drei Mal. Die Kugeln rissen große Wunden und Engin sackte tot zusammen. Doch sofort zogen Frank und Julian ihre Waffen und schossen zurück. „Nein...“, stieß Semir aus und sah nur noch, wie jetzt Ullrich Förster, von fünf Kugeln getroffen, in sich zusammensackte. „Verdammt...er hätte uns sagen können, was er weiß. Und was dieser Engin damit gemeint hat.“, stieß Semir aus. „Erschrocken blickte Ilona den Deutschtürken an. „Beide sind tot. Die können nicht mehr viel sagen.“, erwiderte sie. Ihr Herz klopfte und auf der hellblauen Uniformbluse waren mehrere Spritzer Blut zu sehen. Ein Schuss hatte Engins Hals durchlöchert und die Halsschlagader vollkommen zerfetzt. Eine große Lache bildete sich auf dem Boden. „Tja, ich muss die Zentrale verständigen und das BKA. Die werden doch wohl wissen, was der Mann hier gemacht hat.“, erklärte Frank und griff erneut zum Telefon. Semir sah auf die beiden Leichen. Damit war dann wohl eine hundertprozentige Aufklärung dieses Falles dahin.


    ...

  • „Hören sie, das Geld ist da. Der Fluchtwagen ebenfalls. Ich bringe jetzt den Koffer in den Hof und stelle ihn dort ab.“, rief Kim per Megafon durch und machte sich dann auf den Weg, als sie keine Antwort erhielt. Sie stellte den Koffer direkt in der Mitte des Hofes ab, und zwar so, dass die beiden Frauen nicht irgendwo in Deckung gehen konnten. „Okay Kim, alle meine Leute haben freie Sicht. Wir können finalen Schuss anwenden, falls es nötig wird.“, erklärte Alex über den Knopf in ihrem Ohr. „Gut zu wissen. Ich will diese beiden Schwestern aber lebend und die Gefahr für Ben möglichst gering halten.“, erwiderte sie und zog sich dann hinter die Absperrung zurück, wartete auf das, was da gleich passieren möge. Alles war vorbereitet. Der Wagen so von Hartmut präpariert, dass er an einer bestimmten Stelle der Straße einfach stehen blieb. Dort wartete ein weiteres SEK-Team auf den Zugriff. Sie konnten nur die Straße zur Autobahn nehmen, da war sich Kim absolut sicher. „Sie kommen.“, hörte sie dann über Funk Alex sagen. „Okay...macht euch bereit. In wenigen Minuten ist das alles hier vorbei.“ Kim zog sich die Schutzweste wieder an und entsicherte ihre Waffe. Diese beiden Schwestern würden ihr nicht entkommen. Ihr nicht.
    Klara sah nach draußen. „Okay, Koffer und Fahrzeug sind da.“, meinte sie. Svenja blickte ebenfalls durch die Tür. „Hmmm, ich kann das Geld schon riechen.“, grinste sie und sah dann zu Ben. „Wie wollen wir ihn da mitnehmen?“, fragte sie. „Den nehmen wir in unsere Mitte. Damit die da draußen keinen nervösen Finger haben.“, erklärte Klara und ging auf Ben zu. Dieser wusste was nun kam. Wenn sie die Kamera bei ihm finden würden, würde sich das hier noch sehr lange hinziehen. Unauffällig zog er die Kamera aus dem Knopfloch und ließ sie in seinen Ärmel verschwinden. „Los, komm hoch, Jungchen. Jetzt wird es zu Ende gebracht.“, erklärte Klara und zerrte den verletzten Hauptkommissar auf die Beine. „Jetzt geht es raus, an die frische Frühlingsluft. Und eine falsche Bewegung mit deiner Wimper und ich schieß dir ein weiteres Loch, aber dieses Mal in deine Rippen.“, knurrte sie. Ben nickte nur und versuchte, die Kamera so festzuhalten, dass sie nicht rausfiel. „Und los geht es. Svenja, du wirst den Koffer nehmen.“ Die Angesprochene nickte nur und öffnete die Tür, harkte sich danach bei Ben ein und gemeinsam gingen sie der Mitte des Hofes entgegen. Ihre Augen suchten alle höher gelegenen Punkte ab. Überall konnte ein Scharfschütze lauern, der sie aufs Korn nahm.


    Kim sah durch ihr Fernglas und sah, wie die beiden Damen mit Ben in der Mitte rauskamen. „Nicht schießen. Ich wiederhole...nicht feuern. Kein Feuerbefehl...“, forderte sie und sah, was sich auf dem Hof tat. Die Frauen kamen dem Koffer immer näher und Kim nahm etwas aus ihrer Tasche. Eine kleine Fernsteuerung. „Na los...nur noch etwas dichter....kommt schon.“, murmelte sie immer wieder. Die beiden Frauen gingen auf den Koffer zu. „Drei...zwei...eins...“, zählte Kim runter und drückte dann auf den Knopf. Der Koffer knallte auf und dichter Rauch nebelte alles im Umkreis von fünf Metern ein. „Okay...Zugriff. Sofortiger Zugriff...“, stieß Kim aus und rannte ebenfalls los. Sofort war die Nebelwand von den schwarz vermummten Polizisten eingekreist, die drei Personen aus dem Nebel zogen. Die beiden perplexen Frauen wurden brutal auf den Boden geworfen und sofort festgesetzt. „Ben, alles in Ordnung mit ihnen?“, fragte sie, als sie ihren Kollegen vor sich sah. „Ja...hust...hust...danke Chefin. Das...das war doch...hust hust...das war doch Hartmuts Spielerei, oder?“ Sie lächelte nur. „Sicher. Ohne ihn hätte ich das mit dem präparierten Auto durchziehen müssen. Und mir war wichtig, dass ich sie da noch vorher rausbringe.“, erklärte Kim. Ben nickte nur und ging dann mit Kim auf den bereitstehenden Krankenwagen zu. „Sie fahren jetzt ins Krankenhaus und ehe sie sich versehen, sind sie wieder mit Semir zusammen. Herzberger und Bonrath holen ihn gerade aus einem kleinen Dorf ab.“, erklärte Kim. „Das...das ist gut. Dann ist jetzt alles vorbei?“ „Ja, alles...“, erwiderte Kim und schloss die Tür des Rettungswagens.


    Hotte und Dieter sahen sich das leine Polizeirevier an. „Und hier soll Semir sein?“, meinte Hotte. „Ja gucken wir mal. Der Junge muss auch immer aus jedem Fall eine Weltreise machen.“, erwiderte Dieter und schritt die Stufen hoch. „Hallo, wir sind von der Kripo Autobahn und wollen Semir Gerkhan abholen oder besser ins Krankenhaus begleiten.“, meinte Dieter und sah die riesige Blutlache auf dem Boden. „Oh Gott...“ „Hey Hotte...Dieter, da seid ihr ja endlich.“, rief Semir ihnen aus einer Ecke entgegen. Sie sahen den kleinen Hauptkommissar auf einem Stuhl sitzen, das verletzte Bein auf einen anderen Stuhl sitzen und einen Kaffee trinken. „Semir? Alles in Ordnung?“ „Ja danke...aber es wäre nett, wenn ihr mich ins nächste Krankenhaus bringen könntet.“, meinte er, stellte die Tasse hin und humpelte zu den Beiden hinüber. Er sah Frank an. „Wir werden sie über alles informieren, was die Kollegen hier finden.“, meinte er dann. Semir nickte und ging mit seinen beiden Kollegen mit. „Was ist denn da drinnen passiert?“, fragte Dieter und half Semir auf die Rückbank. „Der BKA-Kommissar wollte mich abholen, wurde aber vom Verbrecher als Komplize entlarvt und haben sich dann gegenseitig erschossen.“, erklärte Semir knapp und hievte sein verletztes Bein in den Wagen hinein. „Kutscher, zum nächsten Krankenhaus bitte...und das Ganze pronto.“, grinste Semir Hotte durch den Rückspiegel an. „Späße kannste ja schon wieder machen. Also muss die Wunde nicht so schlimm sein.“, erwiderte der dickliche Polizist mit einem väterlichen Lächeln.


    ...

  • Semir wurde von den beiden Kollegen in die nächste Klinik nach Köln gebracht. „Gleich in den OP. Ich will mir die Wunde noch mal ansehen.“, forderte der Arzt und schon wurde Semir vorbereitet. Eine halbe Stunde später lag er unter dem Messer. Im Nachbar-OP, was aber eher dem Zufall entsprach, lag Ben und wurde an der Schulter wieder instand gesetzt. „Sehr gut...der Kollege hat die Kugel fachmännisch rausgeholt.“, murmelte der Arzt und säuberte den Rest der Wunde von etwaigen Knochensplittern. „Sieht sehr gut aus...“, meinte der Assistenzarzt. „Okay, zunähen und dann auf Zimmer 107.“, wies der Chirurg seinen Partner an. „Der Oberschenkelknochen ist in Ordnung. Da hat jemand gute Arbeit geleistet.“, meinte Semirs Arzt während der OP. „Er hat erzählt, dass ihn ein Tierarzt die Kugel rausoperiert hat.“, erklärte der Anästhesist. „Was? Nun gut, in der Not war das besser, als ihn einfach so vor sich hin leiden zu lassen.“, erklärte der Arzt dann und setzte die letzte Naht. „Gut, auf das Zimmer 107 dann.“, meinte der Arzt von Semir. Die Schwester nickte, koppelte den Mann von alle Geräte ab und schob ihn dann aus dem Raum hinaus. Kim lief auf dem Flur hin und her und verfolgte per Telefon die weiteren Ermittlungen der Kollegen vom BKA. Sie hatte inzwischen vom Tod von Förster erfahren, dann aber auch, dass dessen Kollegen schon seit Monaten ihn beschatteten. Er stand im Verdacht, mit ausländischen Waffenhändlern in Verbindung zu stehen.
    Kim konnte es nicht fassen. Ihr früherer Freund war auf die schiefe Bahn geraten. Sicherlich hat er mit den beiden Schwestern gemeinsame Sache gemacht. Die Kollegen versprachen, sie auf dem Laufenden zu halten und Kim sagte zu, dass sie alle Unterlagen bekommen würden, die der Autobahnpolizei zur Verfügung standen. Dann legte sie auf und sah auf, als die Tür zum OP-Bereich aufging. „Doktor, wie geht es den Beiden?“, fragte sie sofort und sah auf die beiden Betten. „Den Beiden geht es gut. Die Wunden waren zum Glück gut behandelt worden. Sie kriegen aber noch einige Blutkonserven als Vorsichtsmaßnahme und ansonsten können sie dann auf die normale Station.“, erklärte der Chefchirurg. Kim nickte dankend und ließ dann die Betten durch. „Ich werde sofort die Angehörigen informieren.“ Sie zog sich zum Telefonieren in den Park zurück und rief Andrea und Emily an. Beide versprachen, sofort zur Rheintalklinik zu kommen. Die Chefin ging wieder in die Klinik. Dieses Abenteuer hatte doch so harmlos für ihre beiden Männer angefangen und war dann so aus dem Ruder gelaufen. An zwei wilde Schwestern waren sie geraten, die alles versuchten, um die andere aus dem Gefängnis zu holen. Kim nahm sich vor, dass sie den Beiden eine Woche Urlaub verordnete, wenn sie wieder vollständig genesen waren. Jetzt konnte sie erstmal nichts anderes als darauf warten, dass beide wieder die Augen aufschlugen.


    Seine Lippen waren trocken und schmeckten bitter. Langsam flackerten die Augen und Helligkeit drang durch den winzigen Spalt und machte ihn immer munterer. Semir hob vorsichtig den Kopf und sah sich um. Das war ein Krankenzimmer, ein friedliches Zimmer mit einem Vorhang in der Mitte. Noch mit einem brummenden Schädel von der Narkose sah er sich um. Das war das typische Krankenzimmer. Sterile Wände, sterile Bettwäsche und alles in einem kargen, sterilen Weiß gehalten. „Hallo, mein Name ist Nikola Vollendorf. Ich wechsle nur schnell die Blutkonserve. Haben sie sonst irgendwelche Schmerzen?“, fragte die blonde Frau mit den großen Augen und dem energischen aber freundlichen Auftreten. Semir verneinte das durch ein Kopfschütteln und beobachtete dann, wie die Schwester den Tropf wechselte. „So, das läuft dann durch. Ich komme gleich wieder, wenn das durchgelaufen ist und befreie sie von dem sperrigen Teil. Jetzt geh ich erstmal zu ihrem Bettnachbarn und versorge ihn.“, meinte sie und verschwand hinter dem Vorhang. Alles was man dann hörte, war ihre Stimme, die den Mann im Nachbarbett das gleiche fragte, was sie schon Semir gefragt hatte. „Danke...das ist nett.“, kam es dann von einer bekannten, verschlafenen Stimme, die Semir sofort erkannte.
    „Ben? Ben, bist du das?“ „Semir? Hey, liegst du auch hier?“ Schon ging der Vorhang zur Seite und Bens schelmisches Grinsen wurde sichtbar. „Scheint, als ob wir im gleichen Krankenhaus gelandet sind.“, meinte der junge Hauptkommissar. „Sieht so aus. Danke Partner...“, kam es dann von Semir. „Wofür?“ „Dafür, dass du mich nicht allein gelassen hast.“, erwiderte Semir und dachte nur daran, was passiert wäre, wenn Ben nicht hier sondern im Keller der Pathologie liegen würde. „Das muss ich jetzt nicht wirklich verstehen oder?“, kam es nur von Ben zurück. Kim trat ins Zimmer. „Meine Herren, ich sehe, es geht ihnen gut.“, lächelte sie nur. „Danke, wie man sich halt mit einer Kugel im Oberschenkel fühlen kann.“, versuchte Semir zu scherzen. „Haben sie schon was von den beiden Schwestern gehört?“, fragte Ben. Kim nickte. „Das BKA war jahrelang mit den Machenschaften von Klara Weber vertraut. Jedoch bekamen sie nie einen Beweis und dafür sorgte Ullrich Förster, wie die Kollegen annehmen. Sie hatten ihn wohl schon länger in Verdacht und jetzt nach seinem Tod fangen die Ermittlungen offiziell an.“, erklärte sie in einem merkwürdigen Ton. „Das heißt dann, dass dieser Fall intern geregelt wird und wir ihn nicht zu Gesicht bekommen?“, fragte Semir nach. „So sieht es wohl aus, aber...bei dem Fall mit dem Waffenschmuggel von Klara Weber sind die Kollegen von Interpol dran und da habe ich einen guten Freund. Er rief mich vorhin an und sagte, dass sie den Empfänger heute morgen in Kairo festnehmen konnten. Laut ihren Informationen war Moosfinger nur eine Marionette, obwohl er Chef war. Die Fäden zog aber Frau Weber.“ „Man, so ein raffiniertes Miststück.“, fluchte Ben und rieb sich die verbundene Schulter. „Jetzt kurieren sie sich erstmal aus, meine Herren und dann nehmen sie einen Urlaub. Den haben sie sich verdient.“





    Ende.



    Aber Semir und Ben ermitteln weiter... „Botschaften aus dem Jenseits“
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    So Leute,
    das wars mit der Story. Ich danke allen meinen Feedern für ihre Feeds. Ihr seid einfach klasse. Da macht das Schreiben doppelt Spaß. Auf die nächste Story müsst ihr noch etwas warten. Am 01. November geht es dann mit "Botschaften aus dem Jenseits" weiter. ;)

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