Taub (Teil 2)

  • Ben erwachte in seinem Zimmer. Die Sonne schien schon herein, es versprach wieder ein schöner Tag zu werden. Nachdem sich der junge Mann aus dem Bett begeben und im Bad gewaschen hatte, machte er sich auf den Weg in die Küche. Jannis war gerade dabei, am Herd die Rühreier zu wenden. „Gutes Timing wie immer.“ Kommentierte er Bens erwachen. „Ja der Geruch von Eiern lässt mich selten länger im Bett.“ Grinste Ben, als er am Tisch Platz nahm. „Ich muss heute mit zweien den Hündinnen zum Tierarzt. Ich hab sie neulich decken lassen und muss nun nachschauen lassen, ob sie tragen.“ Erklärte der Blonde sein Vorhaben. „Du kannst gern eine Runde mit den Jungs drehen, wenn du magst. Erklärt hab ich dir ja alles und die Rüden freuen sich über Bewegung. Natürlich nur, wenn es dir gut geht…“ setzte Jannis nach. Auf der einen Seite kannte er Ben und wusste, dass Schonung für ihn die Hölle war. Auf der anderen Seite wollte er seinen Freund aber nicht überfordern. Er versuchte sich einen guten Mittelweg zu suchen. Immerhin erschien der Auslauf der Hunde nicht ganz so anstrengend, wie das Saubermachen der Zwinger. „Ja klingt gut“ sprach Ben freudig.
    Direkt nach dem Frühstück packte sich Jannis die Hündinnen und half Ben noch bei dem Anspannen der Rüden vor dem Schlitten. Kurz gingen sie die verschiedenen Kommandos nochmal durch. Außerdem empfahl der Blonde seinem Besucher eine schöne Strecke, die für den Anfang auch noch nicht so lang war. Nachdem Jannis mit dem Auto über den Hof fuhr machte auch Ben sich auf den Weg. Er freute sich, mal wieder die Natur genießen zu können.

  • Kalt blies ihm der Wind um die Ohren, doch Ben genoss die atemberaubende Landschaft um sich herum. Seine drei Hunde Abaco, Ike und Jessy zogen ihn sicher und mit viel Spaß durch die verschneite Landschaft. Das Trio war so gut aufeinander abgestimmt, dass Ben fast nichts machen musste. Sicher lenkte der Rüde Abaco, welcher der Anführer des Rudels war, den Schlitten unter den verschneiten Bäumen hindurch. Ben war mit den Hunden und der Natur alleine. Wie beim Joggen früher, genoss er die Stille und die Einsamkeit. Hier hatte er seinen Ausgleich gefunden. War es früher das allmorgendliche Joggen, wo er auch keine Menschenseele traf, so hatte er hier das Schlittenfahren mit den Hunden für sich entdeckt.
    Mittlerweile war er bestimmt schon eine halbe Stunde unterwegs. Ben hätte ewig so weiterfahren können. Wenig später kam er an die von Jannis beschriebene Lichtung an. Er brachte den Schlitten zum Stehen und löste die Hunde davon. Anschließend packte er das Futter für die Tiere aus und füllte den Trinknapf. Gierig stürzten sich die drei Huskys darüber. Es war eine der wichtigsten Regeln für Jannis: Nimm immer Verpflegung für die Hunde mit. Immerhin machten sie, auch wenn sie Spaß daran hatten, einen harten Job.
    Ben sah sich auf der Lichtung um. Die Sonne schien und brachte den schneebedeckten Boden zum Glitzern. Es war ein rundum herrlicher Anblick. Ben wischte den auf einem Baumstumpf liegenden Schnee ab und nahm darauf Platz. Mit geschlossenen Augen saß er da, atmete die frische Luft tief ein und hörte den Klängen der Natur zu. Er hatte jegliches Zeitgefühlt verloren. Aber Zeit hatte er für die nächsten Monate genug. Mittlerweile war ihm klar geworden, dass er jetzt erst mal Zeit für sich brauchte und dann über alles andere wie Job, Hobbys, Familie usw. nachdenken konnte. Er setzte sich selbst auch kein Zeitlimit. Ihm war es egal wie lang er brauchte, um halbwegs in seinem veränderten Leben zu Recht zu kommen. Von daher war es ihm auch egal, wie lange er nun schon auf dem Baumstamm saß. Er genoss einfach das hier und jetzt. Also verharrte er weiter an seinem Platz, lauschte der Natur und atmete weiter die kühle Luft ein.
    Plötzlich wurde er mit den Gedanken wieder in die Realität geholt, als er ein markdurchziehendes Hundejaulen hörte. Das Geräusch ebbte nicht ab und so schoss Ben in die Höhe und lief dem Jaulen entgegen so schnell es ihm mit dem Untergrund und seiner Erkrankung möglich war. Er sah Abaco und Jessy, die eng aneinander neben Ike standen und ihn mit der Nase anstubbsten. Ben erkannt die Situation erst nicht. Vor lauter Fell und Hund konnte er nicht sehen, dass Ike verletzt im Schnee lag. Also schob er behutsam Abaco und Jessy bei Seite und beugte sich zu Ike herunter. „hey Junge, was ist denn los?“ sprach er mit dem Tier, welches erst ein Jahr und wenige Monate alt war. Nach wie vor lag das Tier im Schnee und leckte sich die linke Hintere Pfote. Das Blut hatte sich schon auf dem Schnee verteilt und stach mit seiner Farbe kraftvoll in Bens Augen. „Zeig doch mal her.“ Sprach Ben weiter beruhigend auf das Tier ein und nahm mit der linken Hand den Kopf des Tieres, damit er mit der Rechten die Pfote abtasten konnte. Dann erkannte er das Ausmaß der Misere. Ike´s Hinterlauf war mit Stacheldraht umwickelt. Wer auch immer den Draht hier liegen gelassen hatte, es wurde für den jungen Husky zu einer bösen Falle geworden. „oje komm her, das haben wir gleich.“ Sprach Ben weiter und löste vorsichtig den Draht. Wieder war ein leises Winseln zu hören und Ike leckte Bens Hand. „Ja gleich haben wir´s“ sprach Ben weiter als er die letzte Windung des Stacheldrahtes löste. Vorsichtig zog er den Rüden etwas bei Seite damit er nicht wieder im Stacheldraht hängen blieb. Wenig später erhob sich das Tier und hinkte einige Schritte zu seinen Rudelmitgliedern. Diese kamen ihm entgegengelaufen und mit eingeklemmtem Schwanz wurde Ike beschnüffelt. Ben ließ die Tiere gewähren und packte schon mal wieder alles zusammen. Sicherlich brauchte Ike noch zusätzliche Versorgung. Kurz darauf spannte er Abaco und Jessy an den Schlitten an und legte den verletzten Ike in den Schlitten. „Komm mein Junge, du hast jetzt ne Auszeit.“ Kommentierte er, als er den Hund sanft in den Schlitten bettete. Dieser winselte nur und legte sich ruhig in den Schlitten. Ben machte sich auf den Rückweg. Was Jannis wohl dazu sagen würde? Dachte er sich bei der Fahrt.

  • „Chefin bitte! Ich schätze meinen Kollegen wirklich, aber wir beide das…. Das konnte nicht gut gehen…“ erklärte Semir seiner Vorgesetzten. Er saß bei Kim Krüger im Büro und erklärte die Situation, warum er nicht mehr mit Hotte Dienst machen konnte. „Herr Gerkan! Man will nicht glauben, dass Sie zwei kleine Kinder haben! Im Moment benehmen Sie sich nämlich genauso: Wie ein Kleinkind! Nicht zu fassen, dass wir hier bei der Polizei sind! Wegen eines Streites kann man keinen Dienst mehr zusammen machen. Wenn man sich dann auch noch den genauen Grund des Streites ansieht, nämlich dass es Einer besser wusste eine Radarfalle aufzubauen als der Andere.... nein meine Herren! So läuft das hier nicht! In Zukunft können wir hier dann noch ein Bälle – Bad eröffnen, weil sich hier alle wie Kleinkinder aufführen.“ Kim kam aus dem Reden gar nicht mehr heraus. „Aber Chefin ich…“ „Nix da –aber Chefin-, Herr Gerkan!“ Kam es barsch von ihr. Ich will, dass sie die Angelegenheit klären und wieder gemeinsam die Verkehrsüberwachung auf der A3 aufnehmen! Haben wir uns verstanden?!“ sprach sie weiter und deutete auf die Tür. Semir zog den Kopf zwischen den Schultern ein und verließ das Büro. Langsam ging er auf den Schreibtisch von Hotte zu. Als er an Susannes ´s Sitzplatz vorbeikam verdrehte er die Augen. Die blonde Schönheit unterdrückte ein Lachen und beobachtete Semir, der an ihrem Schreibtisch entlang ging.


    Kim sortierte in der Zeit die Post. Ein größeres Kuvert bekam ihre Aufmerksamkeit. Stirnrunzelnd öffnete sie das Objekt und ließ ein leises Stöhnen fahren, als ihr, mal wieder, eine Bewerbungsmappe entgegengefallen kam. „Wie viele Gespräche soll ich noch führen, bis für Gerkan der Richtige dabei ist?“ kam es von ihr. Missmutig blätterte sie die Seiten der Bewerbung durch. Auf einmal kam sie ins Stocken. „aber… das ist ja… perfekt.“ Sprach sie aus, nahm den Hörer in die Hand und wählte die Nummer des Bewerbers.

  • Kurze Zeit später saß ein junger Mann mit hochgegelten Haaren und mit Hemd und Anzugshose gekleidet am anderen Ende von Kim´s Schreibtisch. "Und Sie sind sich sicher, dass sie wieder zu dieser Dienststelle und allgemein zu der Autobahnpolizei zurückkehren möchten?" Fragte Krüger in diesem Moment. "Ja, Frau Krüger. Da bin ich mir ganz sicher."


    Als der junge Mann die PAST seit langem heute wieder betreten hatte, waren nur fremde Gesichter zu sehen. Im Augenblick gefiel ihm das aber. Immerhin hatte er die Stelle noch nicht fest und er brauchte wohl lange um das Vertrauen der einzelnen Personen wieder zu gewinnen. Vor langer Zeit, nach seinem Undercover-Einsatz der schwere emotionale Folgen mit sich zog, verließ er die PAST ohne sich zu verabschieden. Nicht mal seine persönlichen Sachen holte er selbst ab. Er hatte einen Freund geschickt, um nicht all diese bemittleidenswerte Kommentare zu hören, die Blicke in seinem Rücken zu spüren oder einfach nur diese Schweigen ertragen zu müssen.
    Er hatte sich verliebt... und er dachte, dass sie auf der richtigen Seite stand. Leider musste er herausfinden, dass sie der Drahtzieher war und alle Banküberfälle damals geplant hatte. Als man sie und ihren Bruder stellen wollte, haben sich beide vor seinen Augen das Leben genommen.


    "Haben sie mir zugehört?" mit diesen Worten der Dienststellenleiterin wurde er wieder in die Gegenwart geholt. "Tut mir leid, was sagten Sie?" fragte er höflich nach. "Ich sagte, dass die ganze Sache noch ihren formellen Weg gehen muss, aber dass es im Moment gut aussieht." Sie schenkte ihm ein Lächeln, als sie ihm die Hand zum Abschied reichte.
    "Vielen Dank Frau Krüger, das freut mich wirklich sehr." Sprach Jan Richter noch, als er sich zum Gehen wandte.

  • Als Ben zu Hause angekommen war, versorgte er schnell die Zughunde und trug anschließend Ike in das Wohnzimmer. Auf den Weg dorthin rief er nach Jannis. Ben dachte sich zwar schon, dass es nicht zu Hause war, weil sein Auto nicht im Hof stand, aber er wollte auf Nummer sicher gehen. Das Schweigen bestätigte seinen Verdacht. Er griff zu der Wolldecke, welche auf einen der Sessel lag und bettete darin das verletzte Tier vor dem brennenden Kamin. Der junge Mann kam wenig später mit abgekochtem Wasser und Tupfern, sowie einer Mullbinde zurück. Langsam setzte er sich neben Ike und begann die Wunde zu säubern. Dabei ging er sehr behutsam vor, denn der Husky jaulte hin und wieder bei der Prozedur. „Gleich haben wir es mein Hübscher.“ Versuchte er seinen Patienten zu beruhigen. Er war gerade dabei die Pfote zu verbinden, als er einen Schlüssel in der Eingangstür hörte. Jannis war wieder zurück. Mit mulmigem Gefühl stand Ben auf und ging seinem Schulfreund entgegen. „Hey, schon wieder da?“ wurde er von Jannis begrüßt, als dieser gerade seine Mütze vom Schnee befreite. Bereits auf Ben´s Rückweg hatte das Schneetreiben begonnen und es hatte sich seither verstärkt. Die kalte Luft, welche Jannis von draußen mit hereinbrachte war im Flur deutlich zu spüren. „Gut, dass du da bist! Mir ist da echt was Blödes passiert.“ Begann Ben seine Erzählung. Gemeinsam gingen sie in das Wohnzimmer und Ben schilderte den Vorfall. Jannis nahm sich gleich dem verletzten Hund an und überprüfte alles genau. Das schlechte Gewissen war dem jungen Hauptkommissar deutlich ins Gesicht geschrieben, als er sich langsam in einen der Sessel nieder ließ und seinen Schulfreund bei der Begutachtung beobachtete. „hm… sieht nicht so gut aus.“ Waren Jannis erste Worte. Vorsichtig bewegte er die geschundene Pfote des Tieres und erhielt dafür kräftiges Protest-Gejaule. „Die Wunde ist tief aber du hast sie sehr gut gesäubert.“ Schlussfolgerte der Hundezüchter, nachdem er die Wasserschale auf dem Boden stehen sah. Ben sagte nichts. Jannis drehte sich zu ihm um und sah nach oben. „Was ist los?“ fragte er den Schweigenden. „Mir tut das so Leid… alles was ich im Moment anfasse geht schief…“ Bens Reue war ihn seiner Stimme deutlich zu hören. „Ach quatsch hör auf! Das hätte mir genauso gut passieren können. Die jungen Hunde sind leichtsinnig. Sie erkennen einen Gefahr oft erst zu spät.“ Führsorglich tätschelte er dem Husky den Kopf und erhob sich vom Boden. „Ich hab da noch ne Salbe von Abacos letzter Verletzung. Damit versorgen wir die Wunde und dann sehen wir weiter. Mehr können wir im Moment nicht machen. Morgen lass ich mal den Doc drüber schauen.“ Erklärte der Blonde das weitere Vorgehen und mache sich auf den Weg in das Bad. Der Abend war angebrochen, heute würde sie keinen Tierarzt mehr finden, der sich den Hund anschauen könnte. Ben seufzte und setzte sich neben den Husky auf den Boden. Er kraulte ihn hinter den Ohren und beide beobachteten das knisternde Feuer.

  • VIELEN LIEBEN DANK AN DIESER STELLE NOCHMAL ZUM VOTING "STORY DES JAHRES!" ICH BIN IMMERNOCH GANZ PLATT! ALS KLEINES DANKESCHÖN GIBTS HEUTE NOCH EINEN TEIL BEI DER STORY. SCHÖN, DASS ICH MEINE ALTEN LESER BEIBEHALTEN HABE! P.s: Hab gestern in der Nachtschicht ne neue Story angefangen, ihr hört in Zukunft also wieder mehr von mir ;) Vielen lieben Dank!!!


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    Jan zog die Glastür, welche in das Büro zu Kim Krüger führte, hinter sich zu. Das ging alles sehr schnell und auch sehr unkompliziert… irgendwie war alles noch nicht so ganz real. Er konnte er noch immer nicht begreifen, dass er gerade in der PAST stand, der Ort, an dem er schon so viel erlebt hatte… Er blickte zu seinem ehemaligen Büro hinüber. Die Tür war geschlossen, die Rollläden waren oben. Niemand befand sich in dem Raum. Das war auch schon so, als er vor knapp einer halben Stunde die PAST betreten hatte. Auch Susannes Schreibtisch war leer, scheinbar hatte sie Frei oder Urlaub… generell war heute keiner da, den Jan kannte. Zwar erhielt er ein höfliches Zunicken eines Beamten in Uniform, der gerade an ihm vorbeiging, aber sonst… kein Hotte, kein Dieter… niemand. Für einen Bruchteil einer Sekunde überlegte er sich, ob es vielleicht besser so war. Immerhin war er damals einfach von der Bildfläche verschwunden… hatte nicht Tschüss gesagt oder sonst etwas… Bilder der Vergangenheit überfluteten Jan in diesem Moment. Bilder und Erinnerungen von seinem letzten gemeinsamen Fall mit Semir. Wie er mit Indira Zärtlichkeiten austauschte, wie er in dem Tuner-Laden von dessen Bruder unter den Wagen eingeklemmt wurde, neben ihm eine Flasche Gas und ein Bunsenbrenner… und er dachte schon er würde sterben…. Doch dann starb Indira…. Gemeinsam mit ihrem Bruder stürzte sie sich in den Tod… er rannte noch hinterher… und er sah den Wagen fallen… Jan Schreckte hoch. Mit den Händen fuhr er sich über die Augen. Nein- es war gut, dass er heute kein vertrautes Gesicht gesehen hatte. Mit schnellen Schritten verließ er die PAST und fuhr nach Hause.


    Am Abend betrat Semir mit hängenden Schultern die PAST und ging schnurstracks auf sein Büro zu. Der Deutschtürke schloss die Tür hinter sich und fuhr seinen PC hoch, um die Berichte des heutigen Tages zu tippen. Mit einem Seufzten ließ er sich auf den Stuhl fallen. Da klopfte es an der Glastür. „Herein.“ Wurde die Anfrage von Semir beantwortet. Kim Krüger steckte ihren hübschen Kopf durch den Spalt. Semir blickte sie fragen an. „Guten Abend Herr Gerkan.“ Wurde er mehr als nett von der Dienststellenleitung begrüßt. Sie vergrößerte den Türspalt und trat in den Raum. Scheinbar schien der Streit von heute Mittag vergessen zu sein. „Ich habe gute Neuigkeiten.“ Begann sie ihr Erscheinen zu begründen. Semir legte den Kopf schief. Viel schlimmer als im Moment konnte seine Situation wohl kaum werden. „Ich habe einen neuen Partner für Sie, einen der wirklich zu ihnen passen wird.“ Gab sie mit einem Lächeln auf den Lippen bekannt. „Wie können sie sich da so sicher sein, dass wir gut zusammen passen werden?“ fragte Semir die Chefin. Ihr Lächeln wuchs bei dieser Frage. „Ich bin mir einfach zu 100% sicher. Morgen werden sie es verstehen. Dann werden sie mir recht geben.“ Sprach Kim in Rätseln weiter. „Ich wünsche einen schönen Abend.“ Mit diesen Worten schloss sie grinsend die Tür hinter sich und machte sich auf den nach Hause weg. Semir überlegte kurz, schüttelte dann den Kopf, als er sich keinen Reim darauf machen konnte und schrieb seine Berichte.

  • Jan rieb sich die Hände und blies seinen warmen Atem in die Fäuste. Um die Jahreszeit war es abends wirklich schon kalt geworden. Er saß im Auto und wartete auf eine ganz bestimmte Person. Natürlich hätte er den Motor starten und somit die Heizung anmachen können, doch war er sich seiner Entscheidung noch nicht 100%ig sicher. Irgendwie kam er sich komisch vor. Wie bei eine Überwachung, die er früher so häufig mit Semir bei Verdächtigen durchfuhren musste. Jetzt war es das Haus der Familie Gerkan, welches er überwachte. Er wartete auf Semir. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es bereits 19:38 war. Wie immer machte sein ehemaliger Partner mal wieder Überstunden. Zum hundertsten Mal machte Jan sich Gedanken darüber, ob es richtig war, was er hier tat. Sich hier auf die Lauer zu legen und wenn Semir dann kommt zu sagen „hey, schön dich wieder zu sehen, ich dachte ich schau mal vorbei. Übrigens: Ab morgen bin ich dein neuer Partner.“ – sollte er es wirklich machen? Oder war es besser, doch auf Morgen zu warten und Semir einfach zu überraschen? Nein, er wusste, die Entscheidung wäre noch schlechter gewesen. Damals war er einfach gegangen, hatte sich nicht mehr gemeldet und morgen sollte er von jetzt auf gleich wieder in das Leben des Deutschtürken zurückkehren? Jan´s Gefühl sagte ihm: Das wäre noch schlechter. Also rieb er sich wieder die Hände und setzte sich mit einem Seufzten bequemer hinter das Lenkrad.
    Nach einer viertel Stunde sah er ein Auto die Straße entlang fahren. Der BMW wurde kurz vor Semir Garageneinfahrt langsamer, der Wagen bog rechts ein. „Das muss es sein.“ Sprach Jan leise zu sich, fuhr sich mit der Hand nochmal durchs Haar, wie um sich selbst Mut zu zusprechen und öffnete die Fahrertür. Schnell lief er über die Straße. Er sah die Bewegungen des kleinen Mannes, welcher sich im Dunkeln aufhielt. Irgendetwas suchte er in seinem Auto. Langsam näherte sich Jan und damit er Semir nicht erschreckte und womöglich noch eine Paar Fausthiebe einstecken musste, räusperte er sich aus sicherer Entfernung. Scheinbar hatte der Deutschtürke, welcher sich auf dem Beifahrersitz hinübergelehnt hatte, um in einem Stapel Papier etwas zu suchen, ihn nicht gehört. Also nahm Jan all seinen Mut zusammen und sprach mit wackligen Worten: „Hallo Semir…“
    Er hatte die Worte genau gehört, immerhin hatte er sich eine Zeit lang täglich gewünscht, diese Stimme mal wieder zu hören. Sofort hielt er in seiner Bewegung inne. Konnte das wirklich sein…? Er spürte die Anwesenheit einer weiteren Person am Wagen… Ihm kamen die Worte seiner Dienststellenleiterin wieder in den Sinn. „Ich habe einen Partner für Sie, der zu 100% zu ihnen passen wird.“ Jetzt viel es ihm wie Schuppen von seinen Augen! Langsam drehte er sich zu der Person um. Groß, muskulös, mit einem schwarzen Mantel mit aufgestellten Kragen stand Jan vor ihm und blickte ihn schüchtern an. Fast wie ein Kind, welches im nächsten Moment eine Standpauke erwartete stand er an der offenen Autotür. Hatte er eine Standpauke verdient? Oder wollte er ihn einfach nur umarmen? Semir wusste es nicht. Wie perplex stieg er aus dem Wagen aus und stellte sich vor Jan. „…Du?“ War das einzige was er in der Situation herausbrachte. „… ja, ich. Schön dich wieder zu sehen.“ Kam es leise von Jan. Die Situation war für beide mehr als ungewohnt. Immerhin waren sie sehr gute Freunde gewesen. Dann kam dieser Fall, wo Jan alles verlor. Sein Herz, seine Liebe zum Beruf, seine Freude. Am nächsten Tag war er weg. Die Wohnung war verlassen, als Semir nach ihm schauen wollte. Ein Zettel auf dem Küchentisch gab Aufschluss über die Situation.
    Es tut mir sehr leid – Jan –
    Mehr hatte nicht draufgestanden. Handy aus, verschwunden war sein Partner aus seinem Leben. Das war nun 4 Jahre her. Jetzt stand er da und in seinen Augen konnte man seine Schuldgefühle genau sehen. Keiner der Männer sagte etwas oder war im Stande sich zu bewegen. So sahen sich beide einfach nur eine Zeit lang an, bis Jan irgendwann das Wort an sich nahm. „Lust auf ein Bier?“ fragte er und deutete mit dem Daumen in Richtung seines Autos. „… ja… ich muss nur…“ Semir deutete zu der Haustür. „Ist in Ordnung, ich warte im Wagen.“ Sprach Jan und ging voraus. Semir brauchte einen kurzen Moment bis auch er sich in Bewegung setzten konnte. Er sah seinem ehemaligen Partner nach, als würde es ihm Gewissheit geben, dass er die eben erlebte Situation nicht geträumt hatte. Dann machte er sich langsam auf den Weg zum Haus, schloss die Tür auf und erklärte Andrea mit kurzen Worten, dass er nochmal schnell wohin müsste und später kommen würde. Mehr sagte er nicht, immerhin wusste er selbst nicht, was los war. Nur, dass Jan wieder da war und scheinbar ab morgen sein neuer Partner werden würde.

  • Ben saß, mit dem Rücken gegen den Sessel gelehnt, auf dem Boden. Ike lag quer über den ausgestreckten Beinen des Hauptkommissars. Der junge Mann sah nachdenklich ins Feuer, während er den verletzten Hund hinter den Ohren kraulte. Dieser genoss die Streicheleinheit und hatte die Augen geschlossen. Nur das knacken des lodernden Feuer war hin und wieder im Raum zu vernehmen. Jannis stand in der Küche am Herd und machte für seinen Besucher und sich Abendessen. Hin und wieder blickte er in das Wohnzimmer und beobachtete die beiden. Sie schienen wie Leidensgenossen zu sein. Beiden hatten Probleme mit dem Laufen. Jannis hoffte, dass Ben sich nicht allzu große Vorwürfe machte. Morgen würde er mit Ike zum Arzt fahren und dann müsste man schauen wie es weiterging. Nach weiteren 10 Minuten ging der Blonde in das Wohnzimmer. „Hey, alles klar bei euch?“ fragte er seinen noch immer am Boden sitzenden Freund. „hmmm…“ sprach dieser nur bejahend. Jannis ging in die Hocke und Ben blickte ihn schuldbewusst an. „Mach dir bitte nicht so viel Gedanken, das bringt jetzt nichts.“ Versuchte der Züchter die Stimmung zu heben. „Morgen sehen wir weiter.“ Aufmunternd klopfte er Ben auf die Schulter. „Komm, essen ist fertig.“ Bei diesen Worten hob sich auch Ikes Kopf aufmerksam. „Ja und du hast auch schon was in deinem Napf.“ Sprach Jannis zu dem verletzten Hund. Alle drei machen sich auf den Weg in die Küche. Jannis voran, Ike hinterherhumpelt und das Schlusslicht machte Ben, der etwas länger zum Aufstehen brauchte. Es wurde zu Abend gegessen und anschließend machten sie es sich wieder im Wohnzimmer bequem, wo Ike den zweiten Teil seiner Streicheleinheit von Ben erhielt.

  • Die Fahrt in die Kölner Innenstadt verlief schweigend. Keiner der Beiden Beamten wusste, was er sagen sollte. Ganz automatisch fuhr Jan an die ehemalige Stammkneipe der beiden. Hier wurde früher öfters mal ein Feierabendbier getrunken. Als der jüngere den Motor abschaltete herrschte eine Stimmung im Auto, die es früher nie zwischen Jan und Semir gegeben hatte. Mit eine Räuspern durchbrach Jan die Stille und frage „Wollen wir…?“ mit einem langsamen Nicken des Deutschtürken wurde ihm die Frage beantwortet.
    Schnell war der damalige Stammplatz der beiden eingenommen, ein Tisch direkt an der Fensterfront, von wo aus man die vorbeifahrenden Autos beobachten konnte. Die Kneipe „Tonis Ecke“ war ein kleiner Gastraum mit noch sieben anderen Tischen. Davon waren vier besetzt. Leise spielte Musik, welche hin und wieder von den Geräuschen der beiden Spielautomaten am Tresen übertönt wurde. Kurze Zeit später war die Bestellung aufgegeben und der Zeitpunkt der Aussprache gekommen. Beide blickten sich an und dann wieder zur Seite, keiner wollte so recht den Anfang machen. „War lange nicht mehr hier…“ begann schließlich Semir das Wort an sich zu nehmen. Jan nickte. „Ja… stimmt….“ Sein Räuspern war zu hören: „Semir ich… ich weiß nicht wo ich anfangen soll…“ sprach er traurig. „Ich hab vieles falsch gemacht… ich hab mich mies benommen… ich hab dich hängen lassen…“ versuchte er sich zu entschuldigen und wurde von der erhobenen Hand Semirs unterbrochen. „Du hast dich nicht falsch verhalten und du hast dich auch nicht mies benommen… aber hängengelassen… ja hängengelassen hast du mich. Kam es traurig von dem Deutschtürken. „Ich hab es verstanden, wirklich. Du warst tot unglücklich und ich wollte dir helfen und du bist einfach gegangen. Ich hätte es verstanden, wenn du Zeit gebraucht hättest, wenn du dir einen Monat frei genommen hättest oder, von mir aus, sogar den Dienst quittiert hättest…“ Semir schluckte und sah Jan traurig an. „Aber einfach zu gehen, ohne ein Wort, ohne eine Erklärung… nur mit einem Zettel… das war egoistisch!“ Alle Emotionen von damals kamen wieder hoch. Semir hatte Jan nach dessen Verschwinden wochenlang gesucht. Er wusste ja nicht was passiert war. „Ich hab mir ausgemalt, wie du dich am Ende vielleicht selbst noch umbringst. Ein Zettel wo drauf steht „Es tut mir Leid…“ das kann so ziemlich alles bedeuten!“ sprach der Deutschtürke vorwurfsvoll. Jan blickte schuldbewusst zur Seite. Ja, sein ehemaliger Partner hatte Recht. Er hätte sich wenigstens mal melden können.
    „Es tut mir Leid, hätte ich gewusst, dass du dir solche Sorgen machst und du den Zettel so interpretierst, da hätte ich mich gleich bei dir gemeldet!“ Versuchte Jan sich zu verteidigen. „Mit –Es tut mir Leid- meinte ich eigentlich nur die Tatsache, dass ich vorerst nicht mehr als Polizist arbeiten werde und erst mal untertauche, Zeit für mich haben möchte…“ setzte er nach. Semir nickte wissend. „Ja… das dacht ich mir dann auch irgendwann, nachdem deine Leiche nach über einem Jahr noch nicht gefunden wurde.“ Das war ein heftiger Stich ins Herz für den Jüngeren. Schuldbewusst sah er seinen ehemaligen und bald wieder Partner an. „Ich kann es nicht mehr ändern Semir, ich kann dir nur sagen, dass es mir wirklich leid tut. Ich hätte dich angerufen, wenn ich gewusst hätte, dass du solche Gedankengänge hast. Natürlich wusste ich, dass es hart für dich sein würde, aber ich dachte mir: Irgendwann kommt ein neuer Partner für dich.“ Semir nickte. „Ja… ein neuer Partner… einer erschossen, der andere fast zu Tode gestürzt.“ Dies nuschelte der Deutschtürke eher vor sich hin, aber Jan verstand jedes Wort. „WAS?!“ fragte er entsetzt. Sein Freund blickte ihn mit Tränen in den Augen an. „Nichts, vergiss es. Ist ein anders Thema, gehört hier jetzt nicht hin.“ Wehrte er ab. Die Kellnerin kam und brachte die Getränke. Dies führte zu einer Pause in das laufende Gespräch und Semir fand seine Fassung wieder. „Also bist du der Partner, der so gut zu mir passt?“ fragte der ältere, als die Bedienung wieder verschwand. Mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen antwortete Jan: „Wenn du mich wieder nimmst, sieht es ganz danach aus…“ er griff nach seiner Bierflasche erhob sie zum Anstoßen. „Partner?“ fragte er entschuldigend seinen Gegenüber. Dieser ergriff auch seine Flasche. „Partner!“ und das klirren des Glases war zu hören.

  • Ben erwachte, als er ein Scharren an der Tür hörte. Er horchte schlaftrunken in seinem Bett ob er es vielleicht geträumt hatte, als er es wieder hörte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es 2:00 Uhr in der Nacht war. Jetzt war auch ein leises Winseln zu hören. Grinsend erhob sich Ben langsam aus seinem Bett. Jetzt wusste er, was ihn vor der Zimmertür erwartete. Ike blickte mit seinen wunderschönen blauen Augen zu dem Hauptkommissar hoch. Dabei wedelte er schüchtern mit der Rute. „Hey Großer!“ sprach Ben, als er den verletzten Hund erblickte. Er sah sich im Flur um, ob Jannis irgendwo war, aber alles lag ruhig da. So beugte er sich zu dem Hund herunter um ihm über den Kopf zu streicheln. „Was ist denn los?“ Ike ging einen wenig in Bens Richtung und somit auf die offene Tür zu, um ihm zu zeigen, was er wollte. „Fühlst du dich alleine?“ wieder ein schwänzeln zu sehen. „hm… ist ja auch blöd alleine im Wohnzimmer… wo all deine Freunde draußen sind und wir Menschen hier in unseren Zimmern… Na los, komm rein.“ Ben machte die Tür weiter auf und der Hund humpelte langsam in sein Schlafzimmer. „Aber ins Bett geht’s nicht, das sag ich dir gleich!“ sprach er die Schlafregel aus. „Warte, ich mach dir hier ein Plätzchen…“ Eine Wolldecke, welche über dem Stuhl im Zimmer hing wurde vor dem Bett auf dem Boden ausgebreitet. „So, du da (Ben deutete auf die Decke) und ich da (sein Finger ging zum Bett).“ Damit schien der Hund sich arrangieren zu können und nahm auf seiner Decke Platz. Ben krabbelte umständlich über den Hund in sein Bett zurück. Ein leises Schmatzen war von dem Husky noch zu hören, als Ben wieder in das Land der Träume abdriftete.

  • In der letzten halben Stunde hatte sich die Kneipe geleert. Da viele am nächsten Tag arbeiten mussten, gingen die ersten nach Hause. „Erzähl mal, wo hast du dich rumgetrieben?“ fragte Semir. Noch immer konnte er nicht glauben, dass er hier mit Jan saß und ein Bier trank. Dieser stellte soeben seine Flasche wieder ab, nachdem er einen Schluck genommen hatte und überlegte kurz. „hm… also ich war in Australien bei nem Bekannten, dann bin ich nach Italien und hab bei einem Security- Unternehmen mitgearbeitet.“ „Ehrlich?“ wurde er von dem Deutschtürken unterbrochen. „Ja klar, irgendwann war auch mein Geld aufgebraucht und ich musste wieder arbeiten gehen.“ Jan lachte an die Erinnerungen. „Das war echt spannend. Wie die mit den Leuten da teilweise umgegangen sind und was für Jobs wir da hatten… Das darf man echt keinem erzählen.“ Der Jüngere schüttelte den Kopf. Dass er die erste Zeit auch viel über das Leben nachgedacht hatte und da auch sehr negative Gedankengänge hatte verschwieg er lieber. „Und seit wann bist du wieder hier?“ fragte Semir weiter. „Seit nem Monat knapp.“ Erhielt er die Antwort. „Erst hab ich mich gar nicht getraut, wieder Kontakt zur PAST aufzunehmen, aber ich dachte mir: Was hab ich schon zu verlieren? Und bei dir? Wie geht es Andrea? Ihr seit doch noch…? Fragte Jan. „Ja klar sind wir noch glücklich verheiratet! Wir haben noch ein Töchterchen bekommen, Laila, so eine liebe sag ich dir.“ „Mensch toll, ich freu mich für euch!“ Sprach der Patenonkel von Aida. Gleich darauf erkundigte er sich nach seinem Patenkind. „Gut geht es ihr, sie geht in den Kindergarten und ist nach wie vor eine Rauferin.“ Berichtete der Deutschtürke. So wurde der Abend länger, bis alle Neuheiten ausgetauscht waren. Man sprach über alles Mögliche, außer Semir über seine Partner und Jan über seine schlechte Zeit in Australien.
    „Dann sehen wir uns also morgen Früh?“ fragte Jan als er Semir schließlich später als gedacht an seiner Haustür absetzte. „Gerne. Freu mich endlich mal wieder nen gescheiten Partner zu haben! Das was die mir da die letzte Zeit hingesetzt haben war ja nix!“ sprach Semir und öffnete die Tür. Jan grinste bei der Bemerkung. „Ich wette, da haben wir morgen Gesprächsstoff.“ Riet er. „Jede Menge!“ Sprach Semir, verabschiedete sich und schlug die Autotür hinter sich zu. Noch immer konnte er nicht glauben, was die letzten Stunden passiert war. Aber irgendwie konnte er Jan verzeihen. Sicher hatte auch er seine Gründe, warum er damals ging. Genauso wie Ben. Ben…. Wie es seinem Freund wohl ging? Verrückt! Da war sein alter Partner ausgewandert, sein ganz alter, jetzt wieder neuer Partner war wieder da…. Semir würde bestimmt noch ein paar Tage brauchen, bis er das alles verstand. Aber nicht mehr heute Abend. Er wollte nur noch ins Bett, morgen war ein neuer Tag. Ein Tag mit Jan und er freute sich schon sehr darauf. Mit großen Schritten setzte er sich in Bewegung und schloss die Haustür auf.

  • Als Ben erwachte blickte er sich im Zimmer um. Sein Blick viel auf die Decke vor seinem Bett. Ike lag nicht mehr darauf. Ob er im Wohnzimmer war? Dachte sich Ben und erhob sich. Er zog sich seine Jogging-Hose an, welche über dem Sessel lag und ging in das Wohnzimmer. Niemand war zu sehen. Auch in der Küche war keine Menschen- oder Hundeseele. Ein Blick aus dem Küchenfenster verriet Ben, dass Jannis wohl mit dem Auto unterwegs war. Bestimmt war er mit Ike beim Arzt. Der junge Mann schnitt sich Brot auf und deckte den Frühstückstisch. Hoffentlich würde alles gut gehen, überlegte er noch, als er sich einen Kaffee in die Tasse goss.
    20 Minuten später hörte er die Eingangstür ins Schloss fallen. Ben erhob sich und ging den beiden entgegen. „Und, was gibt’s neues?“ fragte er. Jannis hielt dem verletzten Hund die Tür auf, als er antwortete: „Naja… sieht nicht so gut aus. Die Bänder sind durch. Müssen wir schauen, wie es sich entwickelt. Ike soll nicht viel laufen und Schmerzmedikamente hat er erhalten.“ Als der Hund Ben erblickte Schwänzelte er und humpelte auf ihn zu. „Hey mein Großer, na? Das klingt nicht so toll.“ Sprach Ben, als er sah, dass der Hund auf ihn zukam. Er ging in die Hocke und kraulte den Husky am Kopf. Traurig blickte er zu Jannis hoch. „ Mach dich nicht verrückt Ben, das kann jedem passieren, es ist nicht deine Schule. Lass uns sehen wie es sich entwickelt.“ Versuchte er seinen Freund zu trösten. Ben nickte und hatte es sich bereits wieder mit seinem neuem Freund vor dem Kamin gemütlich gemacht. „Ich habe heute eine Gruppe Touristen, welche eine Schlittentour gebucht haben. Ich werde erst abends wieder nach Hause kommen.“ Erklärte der Blonde seinen Tagesablauf. „Ist gut, Ike und ich werden uns einen netten Mittag machen, keine sorge!“ sprach Ben vom Boden aus. Grinsend verließ Jannis das Haus und machte sich auf den Weg zu den restlichen Hunden. Diese mussten für die Gäste angespannt werden. Die zwei verstanden sich schon gut, bemerkte Jannis. Immerhin hatte er heute Morgen Ike aus Bens Schlafzimmer holen müssen.

  • Susanne traute ihren Augen nicht, als sie am nächsten Morgen von ihrem Schreibtisch aus auf den Eingang blickte. War das wirklich Jan, welcher soeben die PAST betrat? Die Sekretärin konnte es noch immer nicht glauben, als der hochgewachsene Mann mit einem Lächeln auf sie zukam. „Das glaub ich jetzt nicht.“! Sprach sie mit offen stehendem Mund. Sofort war sie um den Schreibtisch herum gelaufen und fiel dem jungen Beamten um den Hals. „Was machst du denn hier?“ fragte die Blonde freudig. „Ich bin wieder zurück – voll einsatzfähig und motiviert wie noch nie!“ erklärte Jan. Susanne löste sich aus der herzlichen Umarmung. „Das ist toll! Ich freu mich riesig!“ sprach sie. Im nächsten Moment war sie wieder ernst. „Weiß Semir schon, dass du wieder…?“ Jan hob die Hände zur Entwarnung. „Ich war gestern ein Bier mit ihm trinken, wir haben uns ausgesprochen.“ Erklärte er. „Das ist gut. Weißt du, Semir war am Boden, als du weg warst.“ Sprach die Hübsche traurig. „Ja ich weiß, ich hab großen Mist gebaut. Solltest du dir auch so große Sorgen gemacht haben, so möchte ich mich bei dir entschuldigen. Es tut mir leid, wie ich mich verhalten habe.“ Susanne winkte ab: „Alles vergessen, jetzt wo du wieder vor mir stehst.“ Strahlte sie und drückte ihn erneut. „Ist Semir schon da?“ fragte Jan, nachdem die Umarmung gelöst wurde. Die Jalousien des Büros waren herunter gelassen, so dass man das Innere des Raumes nicht sehen konnte. „Nein, du bist der Erste heute Morgen.“ Antwortete Susanne und war schon wieder auf dem Weg um den Schreibtisch herum und nahm auf ihrem Stuhl Platz. „Na dann will ich mal mein altes / neues Büro einweihen.“ Erklärte Jan sein weiteres Vorgehen und lief auf die verschlossene Glastür zu. „Ach Jan?“ wurde er von der Sekretärin nochmal gerufen. Er drehte sich zu ihr hin und fing reflexartig im nächsten Moment einen Autoschlüssel gekonnt mit einer Hand. „Willkommen zurück im Team.“ Sprach Susanne und wand sich wieder zu ihrem PC hin. Jan blickte auf den Schlüssel in seiner Hand. Ein Mercedes – Stern funkelte ihm entgegen. Mit einem kleinen Lächeln ging er in das Büro und schloss die Tür hinter sich. Es gab Dinge, die würden sich nie ändern: Semir einen BMW - und er einen Mercedes als Dienstwagen.

  • So dieses Kapitel bitte genießen, ich geh ab morgen eine Woche Snowboarden und muss euch leider auf "Diät" setzten. :) LG Krissi87 p.s: freu mich dennoch über Feeds ;)


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    Als Jannis die Haustür öffnete, hörte er heiteres Treiben aus dem Wohnzimmer. „Hey! Das ist nicht fair! Du schummelst Ike!“ hörte er Ben lachend zu dem Hund sprechen. Nachdem er Mütze und Jacke an der Garderobe abgelegt hatte, betrat der Blonde das Wohnzimmer und fand eine Herzerweichende Szene vor sich. Ben, lachend auf dem Rücken am Boden liegend, hatte beide Hände über seinen Kopf ausgestreckt. Ike, halb auf Ben sitzend, streckte sich nach den Händen des Hauptkommissars und wedelte bellend mit dem Schwanz. Jannis beobachtete die Beiden in ihrem Spiel, scheinbar hatte sein Schulfreund ein Leckerli in der linken Faust versteckt und Ike versuchte vergebens es zu mopsen. „Na ihr Beide habt wohl jede Menge Spaß.“ Kommentierte der Hundezüchter die Situation lächelnd. Seitdem Ben bei ihm war, hatte er ihn noch nie so fröhlich und ausgeglichen erlebt. Ike schien ihm wirklich gut zu tun. Das dachte er sich schon heute Morgen, als er den Husky aus Bens Schlafzimmer holte. „Ja, wir haben da so ein Spiel erfunden – such das Leckerli- heißt es, aber Ike schummelt.“ Sprach Ben lachend und wuschelte dem Hund über den Kopf. „Da hattet ihr also einen schönen Tag.“ Stellte Jannis fest und setzte sich in den Sessel neben Ben. Ike lief zu seinem Herrchen und begrüßte ihn. Somit war Ben bereit und er erhob sich vom Boden. „Ich hab was gekocht.“ Sprach der Polizist und begab sich in die Küche um die Nudeln aufzuwärmen. „Wunderbar, ich sterbe vor Hunger.“ Antwortete der Blonde. Kurze Zeit später wurde zu Abend gegessen. Natürlich schlief Ike an diesem Abend wieder bei Ben im Zimmer.

  • „Zentrale für Cobra 11! Wir verfolgen einen dunkelblauen VW Golf auf der A4 Richtung Hürth, erbitten Unterstützung!“ Jan lächelte bei diesen Worten. Lange hatte er sie nicht mehr ausgesprochen. Jetzt wurde ihm bewusst, wie er die Arbeit mit Semir vermisst hatte. Sie verfolgten den Flüchtigen, welcher bei einer Routinekontrolle plötzlich Gas gab und über die Autobahn heizte. Die beiden Autobahnpolizisten konnte sich noch nicht mal bei dem Flüchtigen ausweisen, gerade als sie den BMW von Semir verließen und sich dem Golf näherten gab dieser Gas und die Hauptkommissare nahmen die Verfolgung auf. Zu dumm für den Jungen, jetzt war klar, dass er etwas zu verbergen hatte. Hätte er sich bei der Kontrolle normal verhalten, wäre er vielleicht mit einem blauen Auge davongekommen. Jetzt war er fällig. Semir, mit beiden Händen fest das Lenkrad umklammert, steuerte seinen Dienstwagen im rasanten Tempo über die Autobahn. „Mensch Semir! Du bist wirklich alt geworden! Früher hättest du dich nicht so ohne weiteres von einem VW Golf abhängen lassen!“ Frotzelte Jan seinen Partner mit einem Grinsen im Gesicht. „duuu…. Früher hatte auch nicht jeder 150 Pferde mehr unter der Haube! Da war so etwas noch teuer! Da konnte es sich das nicht jeder Jungspunt leisten sein Auto zu tunen!“ argumentierte Semir seinen bisherigen Misserfolg. Auch er hatte ein grinsen auf den Backen. Sicher, er vermisste Ben, aber in Jan hatte er einen ebenbürtigen Partner und einen alten Freund wieder gewonnen. Für jede Tür die sich schließt, öffnet sich eine neue dachte er sich noch, als die Jagt auf der Autobahn weiter ging.



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    Ben saß im Wartezimmer von Dr. Miller. Es war 10:00 Uhr am Morgen und Ike hatte einen Kontrolltermin. Die Verletzung des Tieres lag eine Woche zurück. Ben hatte in der Woche die komplette Pflege des Huskys übernommen. Täglich wurde das Bein neu verbunden und Ben achtete auf die Schonung des Tieres. Dies gestaltete sich als schwierig, denn durch die Natur des Hundes wollte dieser immer wieder laufen und umhertoben. Ben hatte seinen Schaff, das Ike sich schonte. Eine Arzthelferin führte die Beiden wenig später in ein Behandlungszimmer. Mit Handschlag wurde Ben vom Mediziner begrüßt. Nachdem die Ultraschalluntersuchung abgeschlossen war, erklärte der Arzt das weitere Vorgehen. „Die Heilung der Bänder geht gut voran, aber ob sich sein Gang Bild normalisiert bleibt fraglich.“ Teilte er mit. „Was soll das heiße Doc?“ Fragte Ben, als er Ikes Kopf kraulte. „Sie können mit leichtem Lauftraining anfangen. Soll heißten, normales Gassi-Gehen, Treppen laufen, Kein Ziehen von Schlitten oder sonstige anstrengenden Sachen! Die Beschädigung der Bänder war kompliziert, es bleibt abzuwarten ob sie wieder vollständig verheilen.“ Ben schluckte schwer. Es war alles seine Schuld. Sollte der Hund nicht mehr richtig laufen und arbeiten können, so würde es auf sein Konto gehen. Sofort waren seine Schuldgefühle wieder wachgerufen. Nachdem Ben einen erneuten Termin in einer Woche bekam, ging er mit Ike an die nächste Bushaltestelle und fuhr nach Hause. Jannis war damit beschäftigt den Freilauf der restlichen Hunde umzubauen. Daher hatte Ben vorgeschlagen, dass er mit dem verletzten Tier in die Stadt fuhr, damit sein Schulfreund seiner Arbeit nachgehen konnte. Jetzt war er auf dem Rückweg, mit einer traurigen Nachricht für seinen Freund.



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    „Ich kann es immer noch nicht glauben.“ Jan schüttelte den Kopf als er die Tür vom BMW zuschlug und sich anschnallte. Semir startete in den Moment den Motor und fuhr wieder auf die Autobahn. „Tja, nicht nur dass dieser Dödel wegen einem Gram Dope eine Verfolgungsjagt eingeht und jetzt wegen versuchter Fahrerflucht eine Anzeige kassiert, nein dann ging ihm bei der ganzen Geschichte auch noch der Sprit aus und er fuhr einfach mal die nächste Tanke an. Was dachte er sich denn? Das wir seelenruhig warten, bis er mit Tanken fertig ist und dann weiter hinter ihm herfahren?“ Auch Semir schüttelte belustigend den Kopf. „Das Laster der Jugend! Eindeutig zu naiv!“ kommentierte Jan. Beide waren mit den Gedanken noch bei dem eben beendeten Fall, als Semir wieder auf der Autobahn entlangfuhr. Wenig später sprach der Deutschtürke: „Sag mal was hältst du davon, wenn wir heute Abend einen Männerabend machen? Andrea ist mit den Kids bei ihren Eltern. Ich hab sozusagen sturmfrei!“ sprach er grinsend. „Eine gute Idee! Zocken und Bier, so wie früher.“ Sprach Jan. Somit stand die Abendplanung fest.

  • „Hallo ihr Beiden, na wie ist es gelaufen?“ Begrüßte der Hundezüchter Ben und Ike, als sie ihnen im Freilauf entgegenkamen. Kaum sah der verletzte Husky sein Rudel, humpelte er freudig zu seinesgleichen. Ben ging zu Jannis. „Der Doc meinte wir müssen abwarten. Ike kann jetzt kleine Übungen machen und etwas mehr Bewegung ist jetzt auch drin.“ Sprach der Polizist. „Na das scheint er gleich sehr wörtlich zu nehmen.“ Kommentierte Jannis, als er sah, dass Ike bereist mit Abaco in einem spielerischen Kampf verwickelt war. „Der Doc meinte auch, dass man nicht sicher sein könnte, ob die Verletzung vollends ausheilt.“ Erklärte Ben traurig weiter. „Ja so ne Bänderverletzung braucht lange, bis sie ausgeheilt ist. Wir müssen einfach abwarten.“ Er legte seinen Hammerbeiseite. „Komm, lass uns reingehen Ben. Es ist kalt, wir trinken nen Kaffee und lassen Ike die Zeit bei seinesgleichen.“ Beruhigend klopfte er seinem Freund auf die Schulter. „Mach dir keine Vorwürfe Ben. Wie schon gesagt, das hätte mir genauso passieren können.“ Beide verließen das Gelände.




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    Die Beiden Hauptkommissare waren am Ende ihrer Streife. Auf dem Weg in Richtung PAST wurde der Abend genauer geplant. „Dann nehm ich was zu knabbern mit und du kümmerst dich um das Bier.“ Schlug Jan vor. Im Radio lief The Boss Hoss mit Don´t give me that. “Ja eine gute Idee, dann machen wir das so.“ Beide freuten sich auf den Abend. Schweigend fuhren sie die Autobahn entlang, bis sie an einem Pannenfahrzeug vorbei kamen. „Komm lass uns mal schauen, ob wir helfen können.“ Schlug Jan vor und deutete mit dem Zeigefinger auf die Standspur. Semir nickte und hielt wenige Meter vor dem BMW X5. Gemeinsam verließen sie ihr Fahrzeug und näherten sich der hilfebedürftigen Dame. Welche mit dem Oberkörper über der geöffneten Kühlerhaube stand. „Gerkan Kripo Autobahn, das ist mein Kollege Richter, können wir ihnen vielleicht helfen?“ fragte Semir freundlich, als er sich der braunhaarigen Dame näherte. Sie drehte sich auf dem Absatz um und Semir konnte seinen Augen nicht trauen.


    „Julia?!“ sprach er überrascht. Im nächsten Moment umarmten sich beide freundlich. „Hallo Semir! Mensch dich hab ich schon lange nicht mehr gesehen! Du kommst wie gerufen!“ sprach Bens Schwester als sie sich wieder von ihm löste. Doch Semir hatte den Pannenwagen erst mal vergessen, er hatte ganz andere Fragen. „Wie geht es dir Julia?“ fragte er und hörte im nächsten Moment ein Räuspern hinter sich. „Oh entschuldige.“ Sprach der Deutschtürke im nächsten Atemzug. „Das ist Jan Richter, mein neuer Partner.“ „Angenehm, ich bin Julia Jäger.“ Die Brünette hielt ihre schlanke Hand entgegen. Jan lächelte sie an und ergriff ihre Hand. „Freut mich.“ Kommentierte er und warf einen fragenden Blick zu Semir. „Julia ist die Schwester von Ben, meinem ehemaligen Partner.“ Erklärte der Ältere die Bekanntschaft. „Also erzähl, wie geht es dir und deinem Vater?“ fragte Semir erneut. „Es gut uns soweit ganz gut. Die Firma läuft, immer viel zu tun. Du weißt ja, wie das ist.“ Sprach sie. Wieder war ein Räuspern von Jan zu hören. „Ich werde mich in der Zeit mal den Wagen ansehen, wenn es recht ist.“ Schlug er vor. Julia nahm das Angebot dankend an. Gemeinsam mit Semir gingen sie ein paar Schritte der Standspur entlang und nahmen schließlich auf der Leitplanke Platz. Auf der Autobahn war derzeit kein Verkehr, sodass keine Gefahr zu befürchten war. Ein leichter Wind blies und wehte Julia eine braune Haarstäne in das Gesicht. Ein kurzes Schweigen breitete sich unter den Beiden aus. Sie hatten gemeinsam eine schwere Zeit durchgemacht. Als Ben Verletzt im Koma lag, waren sich beide eine gute Stütze gewesen. Seitdem Ben aus dem Krankenhaus entlassen wurde und nach Grönland ging, hatten sie nichts mehr voneinander gehört. Semir fasste sich ein Herz, er musste die Frage einfach stellen. „Hast du… ich mein hat sich Ben mal bei dir gemeldet?“ fragte er zögernd. Julia schluckte. Das Thema war nicht leicht für sie. Ihr Bruder bedeutete ihr alles. Sie hätte sich gerne um ihn gekümmert, hätte ihn gern unterstützt nach seinem Unfall. So wie es Semir gerne gemacht hätte. Doch Ben wollte keine Hilfe, er wollte seine Ruhe und ist nach Grönland geflohen. „Er hat letzte Woche mal kurz angerufen. Mir zum Geburtstag gratuliert. Ich hab mich wirklich riesig gefreut. Aber viel erzählt hat er nicht. Was ich rausgehört habe, geht es ihm ganz gut. Er mag die Hunde von Jannis und die Natur wäre sehr schön. Ich hab auch nicht genauer nachgefragt. Ich war einfach nur froh, dass er sich mal gemeldet hat.“ Erklärte die Schönheit. Semir nickte wissend. Er kannte Ben und er wollte niemanden zur Last fallen. „Na das klingt doch…. Ganz gut.“ Sprach der Deutschtürke. Julia erkannte die Trauer in der Antwort. „Er wird sich auch bei dir melden, wenn er soweit ist.“ Versuchte Julia ihn zu trösten. „Ja… ja ich denke du hast recht.“ Wie kommst du mit deinem neuen Partner aus?“ versuchte Julia das Thema zu wechseln. „Gut. Wir kennen uns von früher. Ihm ist so etwas Ähnliches passiert wie Ben, dann verließ auch er die Polizei. Jetzt ist er wieder da, ich hätte es nie gedacht, dass er wieder kommt.“ Ein kurzes Schweigen. „Von daher geb ich nie die Hoffnung auf, dass vielleicht auch Ben…“ sprach Semir die Gedanken der beiden aus. Julia nickte wissend. „Ja, mal sehen was die Zukunft bringt.“ Sprach sie
    „Alls in Ordnung?“ fragte Jan, als er die Tür des BMWs wieder zuschlug und sich anschnallte. Semir startete den Motor und sie fuhren weiter nachdem Julia vom Abschleppdienst abgeholt wurde. Leider konnten die beiden Autobahnkommissare das Auto nicht reparieren, so rief Jan einen Abschleppdienst und die beiden Männer warteten mit Julia bis dieser kam. „Alles gut.“ Sprach Semir kurz angebunden. Jan merkte, dass Semir nicht weiter über dieses Thema reden wollte. Schweigend ging die Streife weiter.

  • Ben beschmierte gerade sein zweites Brot am Frühstückstisch. Ike, nicht von seiner Seite weichend, lag neben seinem Stuhl und erhoffte sich den ein oder anderen Krümel vom Frühstückstisch. Natürlich wurde er von Ben nicht endtäuscht. Mit einem Grinsen kommentierte Jannis kopfschüttelnd die Situation. „Ich muss heute in die Stadt fahren, das Zuggeschirr ist ausgeleiert, ich brauch neues Equipment. Du kannst mit, wenn du magst?“ Schlug der Hundezüchter die Tagesplanung vor. „Wir kommen gerne mit.“ Bestätigte Ben Kauend. So war es beschlossen und kurz nach dem Frühstück brachen die Drei auf.


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    „Links!! Linksrum! Da ist ne Abkürzung!“ sprach Semir aufgeregt und deutete mit dem Finger auf den linken Rand des Fernsehers. Es war 19:30 und Jan war seit einer halben Stunde bei dem Deutschtürken zu Hause. Gemeinsam mit Bier und Knabbersachen hatten es sich die Beiden vor dem Fernseher gemütlich gemacht und spielten Need for Speed auf der Playstation. Jan war gerade in einem Autorennen verwickelt und Semir kommentierte und brachte Vorschläge vor. „Hab ich nicht mehr bekommen, sonst wär ich aus der Kurve geflogen.“ Antwortete Jan auf den Abkürzungsvorschlag. „Ja schau, jetzt biste zweiter, so wärste erster geworden. Komm, ich versuchs mal.“ Sprach der Ältere, als Jan über die Ziellinie fuhr.



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    „Komm schon, das schaffst du mein Junge!“ Ben stand mit der Leine in der linken Hand an einem Treppenaufgang in der Nähe des Geschäftes für Tierbedarf. Ike und ihn trennten acht Stufen zu einem höhergelegenen Park mit Bäumen. Ein netter Grünfleck mitten in der Stadt. Ben dachte sich, dies sei eine optimale Übungsstation für Ike. Mit der rechten Hand streichelte er den verletzten Husky, welcher nun wieder Treppen laufen durfte. Doch er hatte Angst, immerhin merkte er, dass mit seinem Hinterlauf etwas nicht stimmte. Winselnd sah er Ben an. „Schau mal, wir müssen das üben. Ich bin auch nicht so gut im Treppenlaufen, aber gemeinsam bekommen wir das hin.“ Langsam ging er wieder die erste Stufe nach oben und wartete bis Ike ihm folgte. Nach kurzem Zögern folgte er ihm auf die erste Treppenstufe. „Ja ganz prima!“ wurde er sogleich von seiner neuen Vertrauensperson gelobt. Nach kurzem Schwanzwedeln ging es weiter. Beide hatten ihre Probleme, Ben sah immer wieder auf seine Beine und Ike humpelte ihm hinterher. Oben angekommen stieß Ben die angehaltene Luft in einem aus. Auch Ike hatte jetzt die letzte Stufe erreicht und war auf dem Plateau angekommen. „Super gemacht Ike! Siehst du, ab und zu muss man eben über seinen eigenen Schatten springen und sich auch mal negativen Situationen ausliefern.“ Ike schwänzelte ihn an. „Ja… man muss zu seinem Handicap stehen und damit lernen umzugehen…“ sprach Ben gedankenverloren mehr zu sich als zu dem Hund.

  • „Ich passe für heute! Die Strecke ist zu schwer und wenn ich mich heut nochmal von dem Computer abzocken lasse, dann verfall ich in Depressionen!“ erklärte Semir und legte seinen Drücker aus der Hand. Jan tat es ihm gleich und griff stattdessen zu seiner Bierflasche auf dem Glastisch. Ihm entging nicht, dass sein Freund mit den Gedanken woanders war. Er hatte auch eine Vermutung, an was er dachte. Sollte er es wagen und den Deutschtürken darauf ansprechen. Ihm kam die Situation von heute Mittag wieder in den Sinn, nachdem der Abschleppdienst für Julia, die Schwester von Semirs ehemaligen Partner, kam. Mit all seinem Mut sprach er ihn darauf an: „Möchtest du über Ben reden?“ Semir, aus den Gedanken gerissen, sah Jan etwas verdutzt an. „Ich seh doch, dass du mit deinen Gedanken woanders bist. Früher haben wir über alles geredet. Ich möchte gerne, dass das wieder so ist.“ Schneller als er denken konnte gab Semir zur Antwort: „Früher hast du mich auch nicht sitzen lassen.“ Jan sah schuldbewusst auf den Boden. „Entschuldige, das war nicht so gemeint.“ Sprach er gleich hinterher, als er den traurigen Blick des Jüngeren sah. „Es ist nur…. Nun ja, es ist viel passiert…“ sprach der Deutschtürke weiter. „ Ich hab Zeit und wenn du willst… also du kannst mir alles erzählen. Manchmal soll das helfen… hab ich mir sagen lassen.“ Semir atmete tief durch, fuhr sich mit den Fingern durchs Gesicht, lehnte sich an der Couch an und begann zu erzählen. „Nachdem Chris gestorben war, kam Ben als mein neuer Partner auf die PAST… Ich werd unsere erste Begegnung auf der PAST Auffahrt nie vergessen….“ Er grinste kurz und erzählte dann die ganze Geschichte.

  • Verzeiht mir! Ich hab euch mal wieder hängen lassen! Bin grad mit Umzug von Aschaffenburg nach Stuttgart beschäftigt! Kündigungen schreiben, Wohnung suchen, Couch und Küche bestellen. Lauter so Sachen! Aber ich freu mich riesig!


    Hier ein weiterer Teil von der Story:
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    Als Jannis, Ben und Ike mittags von der Stadt wieder zu Hause waren, nahm Ben erst mal eine Dusche. Mit einem Handtuch um die Hüften griff er in seinem Zimmer zu seinem Reisekoffer und legte ihn auf das Bett. Gedankenverloren strich er mit dem rechten Zeigefinger am Reißverschluss entlang. Kurze Zeit später drehte er sich vom Bett weg, zog sich Jogging Hose und T-Shirt an und packte alle restlichen Klamotten in den Koffer. Sein Entschluss stand fest. Er war jetzt seit drei Monaten hier, genug Zeit um über alles nachzudenken und auch mal seinem Leben zu entfliehen. Er musste wieder nach vorne sehen, die Zeit der Schonfrist war vorbei. Als er eine viertel Stunde später alles in dem Koffer verstaut hatte, zog er den Reißverschluss zu. Ein klopfen an der Tür unterbrach ihn in seiner Tätigkeit. „Hey Ben, ich hab gekocht…“ Jannis stand in der Tür und blickte auf den Koffer vordem sein Schulfreund stand. „Du hast gepackt…?“ fragte der Hundezüchter mit belegter Stimme. „Ich… ja… also es ist so, dass…“ mit erhobener Hand wurde der Autobahnpolizist von dem Blonden unterbrochen. Jannis betrat den Raum und setzte sich auf das Ben neben den Koffer. „Ich versteh´s Ben. Irgendwann muss du mal wieder nach Hause und nach dem Rechten sehen.“ Sprach Jannis. „Ja, ich hab mich lange genug versteckt. Ich bin meinem Leben davongelaufen. Für den Anfang mag das richtig gewesen sein, aber jetzt wird es Zeit mein neues Leben in Deutschland aufzubauen.“ Wie gerufen kam Ike in das Zimmer und ging direkt zu Ben. Schwanzwedelnd und mit dem Kopf in Schräglage zu Ben hochschauend fragte er um eine Streicheleinheit an. Automatisch begann Ben den Kopf des Hundes zu Kraulen. „In ihm hast du echt einen treuen Freund gefunden.“ Sprach Jannis und nickte zu Ike hinunter. „Ja das stimmt, er ist wirklich eine treue Seele.“ Antwortete der Polizist. „Ich möchte, dass du ihn mit nach Deutschland nimmst. Ich hab euch beobachtet, ihr habt euch gegenseitig aufgebaut. Ich glaub so eine Stütze kannst du in Deutschland gut gebrauchen.“ Schlug der Hundezüchter vor. „Aber… Jannis so ein Geschenk kann ich nicht annehmen! Ich weiß wie wertvoll deine Tiere sind.“ Antwortete Ben unsicher. Wieder war ein abwinken von dem Züchter zu sehen. „Schau ihn dir an! Er hat sein Herrchen doch längst gewählt! Also gib gut auf in acht! Denn Huskys haben ihren eigenen Kopf und es ist echt selten, dass sie sich zu einem Menschen so hingezogen fühlen wie Ike zu dir!“ Ben ging auf seinen alten Schulfreund zu und umarmte diesen mit Tränen in den Augen. „Das vergess ich dir nie Jannis! Vielen Dank für deine Hilfe!“ Beide Männer lagen sich in den Armen. Ike stand schwänzelt daneben und beobachtete die Situation.

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