Taub (Teil 2)

  • Verzeiht mir! Ich hab euch mal wieder hängen lassen! Bin grad mit Umzug von Aschaffenburg nach Stuttgart beschäftigt! Kündigungen schreiben, Wohnung suchen, Couch und Küche bestellen. Lauter so Sachen! Aber ich freu mich riesig!


    Hier ein weiterer Teil von der Story:
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    Als Jannis, Ben und Ike mittags von der Stadt wieder zu Hause waren, nahm Ben erst mal eine Dusche. Mit einem Handtuch um die Hüften griff er in seinem Zimmer zu seinem Reisekoffer und legte ihn auf das Bett. Gedankenverloren strich er mit dem rechten Zeigefinger am Reißverschluss entlang. Kurze Zeit später drehte er sich vom Bett weg, zog sich Jogging Hose und T-Shirt an und packte alle restlichen Klamotten in den Koffer. Sein Entschluss stand fest. Er war jetzt seit drei Monaten hier, genug Zeit um über alles nachzudenken und auch mal seinem Leben zu entfliehen. Er musste wieder nach vorne sehen, die Zeit der Schonfrist war vorbei. Als er eine viertel Stunde später alles in dem Koffer verstaut hatte, zog er den Reißverschluss zu. Ein klopfen an der Tür unterbrach ihn in seiner Tätigkeit. „Hey Ben, ich hab gekocht…“ Jannis stand in der Tür und blickte auf den Koffer vordem sein Schulfreund stand. „Du hast gepackt…?“ fragte der Hundezüchter mit belegter Stimme. „Ich… ja… also es ist so, dass…“ mit erhobener Hand wurde der Autobahnpolizist von dem Blonden unterbrochen. Jannis betrat den Raum und setzte sich auf das Ben neben den Koffer. „Ich versteh´s Ben. Irgendwann muss du mal wieder nach Hause und nach dem Rechten sehen.“ Sprach Jannis. „Ja, ich hab mich lange genug versteckt. Ich bin meinem Leben davongelaufen. Für den Anfang mag das richtig gewesen sein, aber jetzt wird es Zeit mein neues Leben in Deutschland aufzubauen.“ Wie gerufen kam Ike in das Zimmer und ging direkt zu Ben. Schwanzwedelnd und mit dem Kopf in Schräglage zu Ben hochschauend fragte er um eine Streicheleinheit an. Automatisch begann Ben den Kopf des Hundes zu Kraulen. „In ihm hast du echt einen treuen Freund gefunden.“ Sprach Jannis und nickte zu Ike hinunter. „Ja das stimmt, er ist wirklich eine treue Seele.“ Antwortete der Polizist. „Ich möchte, dass du ihn mit nach Deutschland nimmst. Ich hab euch beobachtet, ihr habt euch gegenseitig aufgebaut. Ich glaub so eine Stütze kannst du in Deutschland gut gebrauchen.“ Schlug der Hundezüchter vor. „Aber… Jannis so ein Geschenk kann ich nicht annehmen! Ich weiß wie wertvoll deine Tiere sind.“ Antwortete Ben unsicher. Wieder war ein abwinken von dem Züchter zu sehen. „Schau ihn dir an! Er hat sein Herrchen doch längst gewählt! Also gib gut auf in acht! Denn Huskys haben ihren eigenen Kopf und es ist echt selten, dass sie sich zu einem Menschen so hingezogen fühlen wie Ike zu dir!“ Ben ging auf seinen alten Schulfreund zu und umarmte diesen mit Tränen in den Augen. „Das vergess ich dir nie Jannis! Vielen Dank für deine Hilfe!“ Beide Männer lagen sich in den Armen. Ike stand schwänzelt daneben und beobachtete die Situation.

  • hallo ihr Lieben!
    Danke,dass ihr Verständnis für meine Situation habt! Heute gibts mal wieder nen kleinen Teil.Liebe Grüße!


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    Als Semir verstummte blieben die letzten gesprochenen Worte im Raum hängen. Jan schluckte hart, er wusste nicht was er dazu sagen sollte. Ein Blick zu seinem Partner hinüber verriet ihm, dass Semir Tränen in den Augen hatte. Auch er schien die Situation noch nicht richtig verarbeitet zu haben. „Noch ein Bier?“ fragte Semir mit belegter Stimme nach einigen Momenten des peinlichen Schweigens. Er erhob sich aus der Couch und sah das zustimmende Nicken des Jüngeren nur noch aus dem Augenwinkel, als er sich auf den Weg in die Küche begab. Als er wieder kam, setzte er sich seufzend auf seinem Platz zurück. Noch immer hatte sich Jan nicht gerührt. Gedankenverloren sah er in den Garten hinaus und blickte nun Semir direkt in die Augen, als er ihm die neue Flasche Bier hinhielt. „Mein Gott…“ sprach er, als er die Flasche entgegennahm, „Ich… weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll… das ist ja schrecklich! Für dich… für deinen Partner der noch so jung ist! Das Leben ist doch einfach so was von ungerecht! Da versuchst du Gerechtigkeit in die Welt zu bringen… und was bekommst du als Dank dafür? Ein zerstörtes Leben!“ Als Jan das sagte, glitt sein Blick auf den Fußboden vor seinen Füßen hinunter. Jetzt sah er wieder in Semirs Augen. „Ich kann deinen Partner wirklich verstehen, dass er das Weite gesucht hat. Ich weiß, dass ist keine Entschuldigung für dich… aber…“ er schluckte schwer und sprach dann weiter, „ Nach Indiras Tod… da… da hat mich alles an sie erinnert. Jede Straße in Köln, die Tuning- Werkstatt, meine Wohnung… Ich… Ich konnte das auch nicht Semir. Nichts ist so hart wie Erinnerung, wenn du sich nicht haben möchtest. Dann kommen sie erstrecht immer und immer wieder! Beim Einkaufen an der Kassenschlange, Bei einer Roten Ampel, in der Nacht wenn du einschlafen willst…“ Er schluckte schwer. Nach einer kurzen Pause sprach er weiter:“ Das macht dich wirklich krank, das raubt dir den Verstand, du wirst Wahnsinnig wenn du nicht fliehst!“ Beide Männer sahen sich an, Semir nickte verständnisvoll. „Von wem reden wir eigentlich? Von dir oder von Ben?“ fragte er nach kurzen mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Jan wog dem Kopf hin und her, als er über diese Frage nachdachte:“ Ich denke, wir reden von zwei Männern, die, wenn auch auf unterschiedlicher Weise, zwei sehr ähnliche Situationen durchgemacht haben.

  • man höre und staune aber nach 13 Monaten hab ich es doch echt mal geschafft, die Story fertig zu schreiben! Es war mir immer ein Anliegen, auch wenn viele die Story schon vergessen haben. Für meine Untreue entschuldig ich mich schon gar nicht mehr..... ;)


    also wie versprochen: der Schluss der Story:



    „Hast du alles?“ fragte Jannis, als die Beiden jungen Männer am nächsten Morgen vor dem Flughafen standen. Ben fasste in jede Jacken- und Hosentasche:“ Reisepass, Geldbeutel, …Wohnungsschlüssel hab ich ja keinen mehr… das wird das erste sein was ich mach, mir erst mal ne Wohnung suchen… Hundegerecht versteht sich!“ mit einem Grinsen im Gesicht blickte er auf die Rückbank, wo Ike saß. Erwartungsvoll blickte er Ben an. „Ja… ich denk ich hab alles.“ Sprach dieser. „Okay, dann ist jetzt wohl der Moment des Abschieds gekommen.“ Antwortete der Hundezüchter und stieg aus dem Auto aus und ging zu Ben auf die Seite. Auch dieser verließ das Auto und umarmte seinen Freund mit Tränen in den Augen. „Ich kann dir nicht sagen, wie sehr du mir geholfen hast und wie dankbar ich dir bin!“ sprach Ben mit belegter Stimme. Jannis klopfte seinem Schulfreund aufmunternd auf den Rücken. „Ich hab dir gern geholfen und wenn der Schuh drück, ihr zwei seit immer Willkommen bei mir!“ sprach dieser. Beide lösten sich aus der Umarmung und Jannis öffnete den Kofferraum, um Bens Gepäck auszuladen. In der Zeit holte Ben Ike von der Rückbank und leinte in an. Jannis ging vor dem Husky in die Hocke und kraulte seinen Kopf. „Dass du mir ja gut auf den Knaben aufpasst, verstanden?“ sprach er zu dem Rüden. An Ben gewandt fragte er: „und du bist sicher, dass ich euch nicht bis ans Gate begleiten soll?“ Ben schüttelte den Kopf und nahm den Rollkoffer entgegen. „Ne, dank dir, aber von Abschiedsritualen halt ich nicht so viel…“ Jannis nickte. Gut alter Freund, melde dich, wenn du zu Hause angekommen bist.“ „Mach ich, versprochen.“ Mit diesen Worten stieg Jannis in seinen Wagen und Ben überquerte die Straße und ging in die Flughafenhalle. Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie sich der Wagen in Bewegung setzte und in der nächsten Kurve verschwand. „Dank dir, alter Freund“ murmelte Ben zu sich und ging seinen Weg Richtung Heimat.




    Gegen 23.30 verabschiedete sich Jan von Semir. Zwar hatten die Beiden Polizisten jetzt am Wochenende frei, aber das Gespräch über Ben hatte beiden müde gemacht, zudem hatte Semir morgen die Kinder zu betreuen. Müde ging Semir in sein Bett, nachdem er die Reste im Wohnzimmer aufgeräumt hatte. Doch an einschlafen konnte er nicht, er dachte noch lange über das Gespräch nach.
    So ging es auch Jan. Gedankenverloren fuhr er durch die dunklen Straßen der Kölner Innenstadt. Er verglich die Situation von Ben mit seiner eigenen und konnte den jungen Kollegen mit seiner Handlung nur allzu gut verstehen. Er hoffte für ihn, dass auch er seinen Weg finden wird, so wie er selbst ihn gefunden hat.



    Ben landete am nächsten Tag in Köln. Kaum hatte er Ike, der zum Glück den Flug gut weggesteckt hatte, bei der Tierorganisation abgeholt, ging er mit Koffer und Hund zum nächsten Taxistand. Auf dem Flug hatte er sich überlegt, erst mal zu seinem Vater zu fahren. Dort würde er mich Sicherheit nicht verstoßen werden, er könnte so lange dort wohnen, bis er eine geeignete Wohnung gefunden hat. Auf der Fahrt zur Villa spielte er mit dem Handy in der Hand. Sollte er Bescheid geben, dass er wieder zu Hause war, bevor er bei seinem Vater ankam? Sollte er Semir schreiben? Schnell spürte er, dass er erst mal für sich bleiben wollte. Richtig ankommen, sich Zeit lassen… ja, er war nichtmehr der Ben, der damals Deutschland verlassen hatte.

  • Nach einer guten Stunde Fahrt stand er vor der großen Eingangstür der Villa seines Vaters. Er betätigte die Klingel und kurze Zeit später wurde ihm die Tür geöffnet. Eine rundliche Dame Mitte sechzig stand vor ihm und bei dem Anblick des Gastes weiteten sich ihre Augen, „Ben!!!“ mehr kam nicht von ihr und so schnell konnte der angesprochene nicht reagieren, wie er schon in den armen der kleinen Frau lag. Herzlich drückte sie ihn. „Ben! Du bist wieder da!!“ kam es freudig. „Malia, ja ich bin zurück. Kam es freudig auch von Ben. Die Haushälterin war seit über dreißig Jahren bei den Jägers angestellt. Malia kannte Ben als er noch in die Windeln machte. Sie war für ihn die Mutter, welche für die Jäger Kinder viel zu früh verstorben war. Als Ben sich von der Umarmung löste wurde er gleich begutachtet. „Du siehst hungrig aus mein Junge, ich mach dir schnell eine Suppe.“ Kam es von ihr. „Das ist eine gute Idee. Ich geh in der Zeit zu Papa, wo finde ich ihn?“ fragte Ben als er sein Gepäck im Flur abstellte. Jetzt kam auch Ike in das Haus. Malia zog die Augenbraue hoch. „Du hast einen Hund?!“ kam es ungläubig von ihr. „ja… lange Geschichte.“ Ging Ben darauf ein. Mit einem Kopfkrauler wurde der Hund von der Haushälterin begrüßt. „komm mit in die Küche mein Freund, ich wette, ich finde was für dich. Und du Ben, du gehst in aller Ruhe zu deinem Vater. Ihr habt euch sicher viel zu erzählen.“ Malia zwinkerte dem großen Mann zu und ging mit dem Husky in die Küche um das Kochen für Hund und Halter zu beginnen. Ben atmete schwer durch und setzte seinen Weg nach links in den Arbeitstrakt des Hauses fort.


    Zögernd klopfte er an der geschlossenen Bürozimmertüre seines Vaters, ein brummendes „Herein“ war zu hören. Bens Vater mochte es nicht, wenn er bei der Arbeit gestört wurde, das hatte der junge Mann schon in frühen Kindheitsjahren gelernt. Doch jetzt musste er ihn stören. Langsam öffnete er die Türe und in dem Moment hatte Ben etwas bedenken. Wie würde sein Vater reagieren? Ob er ihn anschreien wird, was zum Teufel ihm einfällt von jetzt auf gleich die Koffer zu packen und zu verschwinden und ein paar Wochen später ohne ein Wort auf einmal in seiner Villa erscheint? Oder ob er seinen Schritt verstehen würde? Ben kannte seinen Vater. Überall, wo er keinen Einfluss drauf nehmen konnte, das verabscheute er. Doch es half alles nichts. Er konnte jetzt nicht mehr zurück und er wusste auch nicht wohin. Um ehrlich zu sein, Ben hatte sich über sein plötzliches Wiederkehren genau so wenig Gedanken gemacht, wie um sein plötzliches Verschwinden von den Einen auf den Anderen Moment. Er hatte sich keine Gedanken darum gemacht, wie es seinem Umfeld damit ging. Jetzt fragte er sich, ob er nicht etwas egoistisch gehandelt hatte…
    Doch er hatte keine Wahl, er trat einen Schritt in die geöffnete Tür und stand im Büro seines Vaters. Derselbe Anblick wie sonst bot sich ihm: Sein Vater saß hinter einem massiven Holzschreibtisch, seine Front zu ihm gerichtet, jedoch den Blick auf einem Papierstapel vor sich gerichtet. Auf der Nase saß eine Lesebrille, die er just in dem Moment abstreifte, als er genervt durch die Störung mit zornigem Blick auf den Gast blickte.

  • Sofort erhellte sich Konrads Miene und er legte die Brille auf den Tisch. Sogleich war er aufgestanden und umrundete den großen Schreibtisch, näherte sich mit ausgebreiteten Armen seinen Sohn. „Ben! Du bist wieder da?!“ kam es freudig aber überrascht von Konrad Jäger. Kaum stand er vor seinem Sohn, schon umschloss er ihn in einer herzlichen Umarmung, die Ben alle Zweifel der Vergangenen Sekunde abschütteln ließ. Ihm viel dank der freundlichen Begrüßung seines Vaters ein riesen Stein vom Herzen. „Ja Dad, ich bin wieder zu Hause.“ Kam es durch die Emotionen geflutet mit belegter Stimme von ihm. Beide lösten sich aus der Umarmung. Konrad legte seine Hände auf die Oberarme von Ben und hielt ihn so von sich weg um seinen Sohn zu begutachten. Ein schmales Lächeln kam bei dem Älteren zum Vorschein. „Gut siehst du aus!“ sprach er, nachdem er sich seinen Sohn betrachtet hatte. „Seit wann bist du wieder in der Stadt?“ fragte er. „Bin vor gut ner Stunde erst gelandet.“ Antwortete der Sohn. „Warum hast du nicht angerufen? Ich hätte dich vom Flughafen abgeholt?“ sprach der Hausherr und deutete seinem Sohn den Weg aus dem Büro. „Nun ja ich… wollt erst mal alleine sein, denk ich…“ kam es stockend von Ben. Beide gingen in den Wohntrakt des Hauses. „Ich wollte dich fragen, ob es dich stört, wenn ich die nächste Zeit hier bleibe, bis ich eine Wohnung gefunden habe…?“ kam es stockend von Ben. „Wie kommst du denn auf die Idee, mein Sohn?“ fragte Konrad lachend. „Du darfst so lange bleiben, wie du möchtest!“ Beide betraten das mehr als geräumige Wohnzimmer. „Milia?!“ Rief Konrad die Haushälterin, welche sogleich aus einer Seitentür erschien. Als er sie erblickte lächelte er sie freundlich an. „Bitte richten sie für Ben ein Zimmer, er wird eine Zeit lang unser Gast sein.“ Kündigte er an. Die Angesprochene nickte und zwinkerte Ben zu, als Konrad sich mit dem Rücken zu ihr drehte um sich auf die Couch zu setzten. Ben zwinkerte ihr zurück und setzte sich neben seinen Vater.

  • „Na kommt ihr zwei, wir wollen doch noch zu den Elefanten, oder?!“ fragte Semir als er seine kleine Tochter auf den Arm nahm und sich von dem Affengehege entfernte. Die größere der beiden Kinder lief strahlend neben ihrem Papa her. Viel zu selten hatte ihr Papa für solche Ausflüge Zeit. Auch Semir freute sich, mal wieder einen ganzen Tag lang nur für seine Kinder da zu sein. Natürlich war es auch nicht ohne mit den Kids und der Deutschtürke zog den Hut vor seiner Frau, die sonst täglich die Kinder hütete. Er wusste, dass es durchaus stressig ist, so einen Flohhaufen zu hüten. Daher gönnte er seiner Frau einen Wellnesstag mit ihren Freundinnen, so wie es heute der Fall ist. Gemeinsam machten sich die drei auf den Weg zu den Elefanten.


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    Nachdem Ben die mit liebe zubereitete Suppe gegessen hatte, verzog er sich auf den wunderschönen großen Balkon, hinter der Villa. Die Sonne strahlte vom Himmel, da es noch Frühjahr war, hatte es in Köln angenehme 18 Grad. Ben genoss es mal wieder nur im Pullover in der Sonne sitzen zu können. Er blickte auf das Waldgebiet, welches sich vor ihm erstreckte. Mit dem Handy in der Hand saß er an der Brüstung. Ike lag neben ihm und ließ sich sie Sonne auf das Fell scheinen. Ben freute sich, dass dem Husky der Temperaturunterschied scheinbar nicht viel ausmachte. Nach kurzer Überlegung wählte er Kais Nummer. Nach zweimaligen Tuten hörte Ben die freundliche Stimme seines ehemaligen Krankenhausfreundes. „Hey Kai, ich bin´s Ben… der aus dem Krankenhaus, erinnerst du dich?“ kam es zögernd von Ben. Ein Lachen war zu hören. „Ob ich mich an dich erinnere? Hör mal, du hast mein Krankenzimmer in eine Schlachtbank verwandelt, mit deiner Blut-Aktion. Wie kann ich das vergessen?“ sprach der Querschnittsgelähmte neckend. Auch Ben grinste. Damals hatte er sich gegen die Anweisung des Arztes gestemmt und war trotz Warnung der Schwester alleine Aufgestanden und musste ihm wahrsten Sinne des Wortes dafür Bluten. Kai war ihm nicht nur in dieser Situation eine große Hilfe gewesen. Generell fühlte sich Ben bei seinem neuen Freund sehr verstanden, daher der Grund seines Anrufes. „Wie geht es dir?“ kam es ernster von Kai. Ben erzählte, was in der Zeit seit seiner Krankenhausentlassung alles passiert war. Auch Kai war wieder zu Hause und berichtete seinerseits war es so neues gab. „Was hast du jetzt vor?“ war von Kai zu hören, nachdem ein längeres Schweigen entstanden war. „Gute Frage, mal sehen… erst mal hier wieder ankommen.“ Antwortete Ben. „Wenn du nichts vorhast, kannst du ja mal vorbei kommen?“ fragte Ben und erhoffte sich seine positive Antwort. Kai tat ihm gut. Seine durch und durch positive Einstellung trotz all der Niederlange in seinem Leben sprang geradezu auf ihn über, so etwas konnte Ben jetzt echt gebrauchen. „Klar, gib mir die Adresse, ich komm heute Abend mal vorbei, wenn´s recht ist.“ Ben freute sich und nachdem er die Daten durchgegeben hatte, legte er auf.
    Mittags legte er sich noch etwas hin, der Jetlag machte ihm doch mehr zu schaffen als er dachte und nachdem er geduscht hatte, begrüßte Ben seinen Freund an der Tür. „Du hast ein Auto?“ fragte Ben staunend, als er Kai dabei beobachte, wie er in den Hof vorfuhr und dann mit Hilfe eines speziellen Systems mit seinem Rollstuhl ausstieg. „Klar, gibt’s alles, wenn man weiß wo man es kaufen muss. Du als Autobahnpolizist solltest das doch wissen!“ kam es keck von Kai zurück. Ben errötete bei der Bemerkung. „Ja stimmt eigentlich, aber um ehrlich zu sein: Ich hab mir da noch nicht so viel Gedanken drum gemacht…“ gab er zu. Kai wischte die Peinlichkeit mit einer Handbewegung beiseite und rollerte in die Villa, Ben hielt ihn die Tür auf und folgte ihm. „Kein Problem, wie gut, dass man sich als gesunder Mensch da keine Gedanken drum macht. Hab ich auch nicht…wow, also schlecht geht’s dir mal nicht…“ kam es beeindruckt von ihm, als er die Empfangshalle sah. „Ich kann mich nicht beschweren, komm, wir gehen auf den Balkon.“ Dort angekommen brachte Milia den Beiden Getränke und meldete sich für den Abend ab. Nachdem sie alleine waren, wurden erst mal die alten Erinnerungen aus dem Krankenhaus aufgefrischt. Von einer ständig meckernden Schwester wurde gesprochen, dem typischen Krankenhaus essen usw. es wurde viel Gelacht. Ike lag bei Kai und dieser streichelte den Kopf des Tieres. Ben hatte am Telefon schon von seinem Hund berichtet.
    Dann schwiegen beide Männer und genossen das Vogelgezwitscher in der dunklen Nacht. „Hast du dich schon bei Semir gemeldet?“ fragte Kai. Ben zögerte bei der Antwort und der Querschnittsgelähmte schlussfolgerte: „Also nein…“ „Ich hatte Bedenken, wie er reagieren wird. Ich kann ja schlecht auf einmal vor seiner Haustür auftauchen und sagen: Hey, bin wieder da. Bock auf ein Bier?“ antwortete Ben. „Warum nicht? Er weiß doch, was du durchgemacht hast. Er war doch immer da für dich. Außerdem: Wie willst du es herausfinden, wie Semir reagiert, wenn du es nicht probierst?“ provozierte Kai. „Hör mal, Semir ist ein echt guter Kumpel von mir und gerade weil er so viel für mich gemacht hat, möchte ich es mir gut überlegen, wann und wie ich wieder vor ihn trete.“ Kam es von Ben. „Ja Ben… gerade weil er dir viel bedeutet solltest du ihn nicht so lange in der Ungewissheit lassen. Das ist nämlich scheiße für ihn. Er will doch nur für dich da sein, ist seine Hilfe so schwer anzunehmen?“ fragte Kai provokant. „Du hast mich doch auch angerufen.“ Setzte er hinzu. „Das ist was anderes, Kai. Du verstehst mich, aber Semir, der kann das nicht nachvollziehen.“ Antwortete Ben ehrlich. „Aber du gibst ihn doch nicht mal die Change, es zu versuchen. Sei mir nicht böse, aber Semir hatte noch keine Gelegenheit dir zu helfen. Du hast ihm ja jede Möglichkeit verwehrt. Im Krankenhaus hast du ihn zurückgewiesen und kaum warst du zu Hause, schon bist du abgehauen…“

  • Ben schwieg und dachte über das Gesprochene nach. Ja verdammt! Kai hatte schon Recht. Aber damals konnte er einfach nicht anders… all dieses Mitleid, das brachte ihn um den Verstand! Er musste einfach gehen, raus aus der Situation kommen. Daher sein damaliges Verhalten. Aber so richtig erklärt hatte er sich damals bei Semir nicht. Das sollte er nachholen, schloss er seinen Gedanken.
    Beide saßen da und Schwiegen. Jeder hing seinen Gedanken nach. Irgendwann brach Kai das Schweigen
    „Hör mal alter Knabe…“ kam es nach einer Zeit von Kai, „Ich hab das Gefühl, du kannst ein paar Tipps brauchen. Das mit dem Auto…“ Kai deutete mit dem Daumen hinter sich, „ das ist ja nur der Anfang. Außerdem ein Autobahnpolizist ohne Auto?! Was ist das denn bitte?“ grinsend sah er Ben. Dieser nahm einen Schluck aus seiner Bierflasche und sah dann seinen Freund an. „Ich bin kein Autobahnpolizist mehr Kai, dass weißt du doch.“ Kam es traurig. Kai ließ die Situation nicht ins Negative kippen. „Wie auch immer, du brauchst ein Auto und ich glaube…“ er wedelte mit seiner linken Hand einmal über seinen Kopf, „am Geld hapert es nicht bei dir.“ Er grinste Ben an, dieser grinste zurück. Die Anspielungen über den Wohlstand seiner Familie war er zum einen schon gewohnt und außerdem merkte man Kai an, dass es lustig gemeint war und in keiner Weise eifersüchtig war. Als Ben zustimmend nickte beschloss Kai: „ja super, dann lass uns doch gleich am Montag mal schauen.“
    Der Abend neigte sich langsam dem Ende zu, nachdem sich die Männer für Montag verabredeten, verabschiedeten sie sich. Ben war schlag kaputt und ging darauf direkt ins Bett.
    Am Sonntag kam Julia zu Besuch die Geschwister machten einen langen Spaziergang mit Ike. Julia war sofort in das schöne Tier verliebt, nur Konrad Jäger akzeptierte zwar den Hund, konnte ihm aber nicht sehr viel abgewinnen. Doch er wusste, dass das Tier für seinen Sohn wichtig war, daher warf er ihn nicht hinaus.


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    Montags morgens betrat Semir das Büro der PAST. Er freute sich, wieder einen professionellen Kollegen in Jan gefunden zu haben. Das erleichterte den Arbeitsalltag ungemein. Dass Ben wieder in Deutschland nur wenige Kilometer von ihm entfernt war, davon hatte der Deutschtürke keinen Schimmer. Kurz nachdem Semir sich einen Kaffee geholt hatte, betrat auch Jan das Büro. Beide fuhren kurz darauf ihre Routinetour.



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    Nachmittags saßen Kai und Ben wieder auf dem Balkon. Beide hatten ein Auto für Ben bestellt, damit er trotz seiner Lebensumstände mobil war. „Was hast du beruflich so geplant?“ Fragte Kai. Er wusste, dass Ben nun ein paar Anstöße braucht, denn sonst war die Gefahr groß, dass er in ein depressives Loch fallen könnte. Ben schwieg einen Moment. „Keine Ahnung, ich wird ich mal informieren, was es alles so gibt. Aber Innendienst schieb ich nicht, das sag ich dir gleich!“ stellte Ben fest. Kai grinste und fischte etwas aus seiner Jeansjacke. Ein gefaltetes Papier wechselte seinen Besitzer. „Wie gut, dass ich da so ein paar Recergen getätigt habe.“ Sprach Kai und gab ihm das Papier. Ben zog die Stirn in Falten und faltete das Papier auseinander. „Ach… du spinnst doch!“ kam es grinsend von ihm, als er das Papier gelesen hatte.

  • „Darf ich wissen, wie du an den Stellenpool der Polizei gekommen bist?“ fragte Ben grinsend und zog dabei eine Augenbraue hoch, als er Kai von der Seite ansah. Dieser winkte nur ab und sprach nebenher „Naja ich hab halt auch meine Kontakte.“ Beide grinsten. Diese Idee war einfach zu gut! „Ich glaub, du solltest mal deine Chefin um eine Empfehlung bitte oder ein Arbeitszeugnis, oder wie das bei euch geht und endlich mal ne Bewerbung schreiben…“ Ein Lachen war von Ben zu hören „Ein Arbeitszeugnis?!“ sprach er ungläubig. „Ich geh doch davon aus, dass du möchtest, dass das mit der Stelle klappt, oder?“ er faltete das Papier wieder zusammen. „Aber ich kann sie mal anrufen und fragen, ob sie nen Draht hierzu hat.“ Er steckte sich das Papier in seine Jeanstasche und Kai nickte zufrieden. „Wie auch immer du das anstellst, alter Knabe, das musst du wissen. Aber bei der Gelegenheit kannste gleich mal Semir guten Tag sagen.“ Sprach er aus. „ja…. Das hab ich mir auch grad gedacht…“ kam es nachdenklich von Ben


    Kim Krüger saß gerade an einem Berg von alten Berichten und las diese gegen, als ihr Telefon klingelte. „Krüger!“ meldete sie sich in ihrem gewohnten barschen Ton, doch dieser verflog sofort, als sie hörte, wer da am anderen Ende saß. „Herr Jäger!“ kam es freudig von ihr. Lange hatte sich nichts von ihrem ehemaligen Angestellten gehört. Sie veranlasste damals alles, um ihn so lange wie möglich zu beurlauben. Das war derzeit noch Bens Stand bei der Polizei. Er hatte ihr zwar eine Kündigung geschickt, aber die hatte sie… naja sie sagte immer dass sie… leider verlegt wurde. Ben war damals total durch den Wind, voreilige Schlüsse wurden später oft bereut. Eine Kündigung, welche zum kompletten Ausschluss der Polizei führte, konnte jeder Zeit nachgearbeitet werden, wenn es denn von Nöten gewesen wäre. Wie sich soeben herausstellte, war ihre Entscheidung richtig gewesen. „Ja natürlich können Sie vorbeikommen.“ Sprach die Chefin der PAST und legte kurz danach auf. Ihr ging die Situation sehr nahe. Sie sah, wie Semir, ihr bestes Pferd im Stall, nach dem Unfall schwer litt. Von Ben ganz zu schweigen! Ben bat sie, den Mitarbeitern der PAST nichts von dem Anruf zu erzählen. Sie verstand es und nachdem sie ihre Gedanken bei Seite schob, arbeitete sie weiter den Berg von Berichten ab.

  • Ben steckte sein Handy in die Jeanstasche zurück. Morgen also sollte es soweit sein. Er würde zu seiner ehemaligen Chefin, Kim Krüger gehen, um mit ihr seinen beruflichen Lebensweg zu besprechen. Danach würde er das Gespräch mit Semir suchen. Er ließ sich extra einen Termin geben, wo er genau wusste, dass Semir noch auf der Autobahn seine Streife fahren würde. Die Routinezeiten dafür kannte er nur zu gut. Anschließend würde er auf Semir warten. So zumindest war sein Plan und er hoffte, dass Semir in der PAST nicht komplett ausrasten würde. Nachdenklich streichelte er über Ikes Fell. „Mein Großer, morgen muss ich dich mal für ein paar Stunden alleine lassen. Aber ich bin mir sicher, Malia wird sich blendend um dich kümmern.“ Sprach er zu dem hübschen Husky.


    Am nächsten Morgen machte Ben nach einem ausgiebigen Frühstück erst mal einen langen, wenn auch langsamen Spaziergang im Wald. Immer und immer wieder überlegte er, wie es nachher wohl laufen könnte und was er in welcher Situation sagen würde, je nachdem wie sich Semir verhalten würde. Die Tatsache, dass er sich etwas auf das Gespräch vorbereitete, beruhigte ihn. „Es wird schon schief gehen“ sprach er zu sich selbst, als er den letzten Hügel vor der Villa erklomm. Die Freundschaft zu Semir bedeutete ihm viel und jetzt, im Nachhinein gesehen, sah er, dass er nicht fair zu Semir war. Er hoffte, der Deutschtürke würde ihm verzeihen. Immerhin wurde er durch seinen ehemaligen Partner auch alleine gelassen. Semir hatte die Situation Ben einmal bei einem Männerabend erzählt. Dem jungen Mann entging nicht, dass es Semir damals nahe ging. Würde er das ganze nochmal für Ben durchmachen und vergessen können?

  • „Was meinen sie zu der Idee?“ fragte Ben kurze Zeit später seine ehemalige Chefin, als er mit seiner Ausführung endete. Kim grinste ihn an. „Ich finde, das ist eine hervorragende Gelegenheit um in dem Polizeiberuf wieder Fuß zu fassen.“ Sprach sie. „Wie geht das jetzt, muss ich mich beim Innenministerium melden, und wieder ne Aufnahmeprüfung machen?“ sprach Ben. Immerhin, so glaubte er, war er ja aus dem Polizeidienst ausgetreten. Wieder war ein grinsten von ihr zu sehen. „Wissen Sie, Herr Jäger…“ Sie bückte sich leicht um den Inhalt der geöffneten Schublade herauszuholen… „Irgendwie hab ich ihre Kündigung verlegt und sie ist mir rein zufällig erst heute Morgen wieder in die Hände gefallen…“ kam es von ihr und sie legte um ihre Worte zu unterstreichen Bens Kündigungsschreiben vor ihn auf den Tisch. Ben fehlten erst mal die Worte. Ausgerechnet seine Chefin, die Paragraphenreiterin in Person, hat gegen offizielle Dienstwege verstoßen? Jetzt war von Ben ein Grinsen zu sehen. Er nahm das Papier in die Hand und konnte es noch immer nicht recht glauben. „Aber Chefin… das heißt…?“ kam es stockend von ihm. „…das heißt, dass Sie den Polizeidienst nie quittiert haben.“ Endete Kim den Satz. „Das heißt für Sie: Kein melden im Innenministerium, keine Prüfungen oder sonstige Wiederaufnahmeverfahren. Einfach nur eine Bewerbung an die Stelle schicken und abwarten.“ Kam es von ihr. Ben konnte es nicht glauben. „Tja also das ist natürlich ein schwerer Verstoß gegen die Dienstwege…“ kam es ironisch von ihm. Kim konterte: „Sehen sie es als Abschiedsgeschenk der Autobahnpolizei. Ich wünsche ihnen wirklich viel Erfolg bei ihrem neuen Lebensweg, Ben.“


    Susanne hatte die vergangene Sunde den Eingang der Wache nicht mehr aus den Augen gelassen. Dieter und sie, beide waren höchst gespannt auf die Situation, wenn Semir die PAST betreten würde. Vor einer Stunde war ihr ehemaliger Kollege und Freund Ben mehr als überraschend im Büro aufgetaucht. Man redete kurz miteinander und dann seilte sich Ben auch schon wieder mit den Worten „Ich hab nen Termin bei der Chefin“ ab. Seither schauten die beiden mehr auf die Eingangstür, als auf ihre Arbeitsunterlagen. Ben war vor 20 Minuten in sein ehemaliges Büro gegangen und hatte dort die Tür hinter sich geschlossen. Alleine war er an seinem ehemaligen Arbeitsplatz, denn Semir und Jan waren noch auf Streife. Er bemerkte einige Veränderungen im Raum. Auf dem Kleiderständer hinter der Glastür hing ein Jackett, welches wohl Jan gehörte, denn er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Semir seinen Klamottenstil so geändert haben sollte. Außerdem wäre ihm das Kleidungsstück viel zu groß. Ben kannte Jan nur aus Erzählungen. Susanne berichtete ihm beim Betreten der PAST, dass Jan, zu Semirs Freude, wieder zurückgekehrt war. Ben gönnte es seinen Freund. Nachdem er spurlos verschwunden war, hatte er das Glück bei der neuen Partnersuche wirklich verdient. Susanne hatte den Teil der Erzählung, welcher beinhaltete, dass es Semir verdammt schlecht ging nach seinem Verschwinden, extra unerwähnt gelassen. Das sollte die Beiden untereinander klären. Jetzt war Ben in dem Raum, wo er vor einigen Wochen noch so viel Zeit darin verbrachte, dass es ihm so vorkam, als hätte er hier gewohnt. Er lief ans Fenster und Blickte hinaus. Ein Streifenwagen war soeben vorgefahren und die beiden Beamten, welche ausgestiegen waren und nun über den Hof liefen unterhielten sich und lachten. „So wie wir früher…“ sprach Ben traurig zu sich selbst.


    Nach nochmals 20 Minuten betrat Semir endlich die PAST. Susanne und Dieter wussten nicht, ob sie vor Erleichterung aufatmen konnten, oder jetzt noch mehr angespannt waren, als sie den Deutschtürken erblickten. Susanne schoss sofort in die Höhe und ging Semir entgegen. So stand sie unmittelbar in der Nähe von Dieters Schreibtisch. Jan war nicht mit hineingekommen. „Ähm Semir warte mal kurz…“ kam es kleinlaut von der Sekretärin. Semir runzelte die Stirn und blickte abwechselnd zu Dieter und der Blondine. „Was gibt’s denn?“ fragte der Deutschtürke. Dieter nickte in Richtung der Glaswand, hinter der Bens Silhouette zu sehen war. „Du hast Besuch…“ kam es kleinlaut auch von seinem Kollegen in Uniform. Semir verstand das Benehmen der Beiden nicht. Stirnrunzelnd blickte er zu seinem Büro und ging langsam darauf zu.

  • Die Gestalt, welche er durch die Jalousie nur schemenhaft wahrnahm, stand am Fenster und Blickte auf den Hof der PAST. Viel konnte er nicht erkennen nur, dass es sich um einen Mann handelte, welcher Jans Größe hatte. Doch kaum hatte er die Bürotür geöffnet, sah er, um wen es sich handelte. „DU?!“ kam es sprachlos von Semir. Für mehr war er in der momentanen Situation nicht in der Lage.


    Ben drehte sich sofort um, als er hörte, dass die Bürotür geöffnet wurde. Er wusste, dass der große Moment gekommen war. Gleich würde sein ehemaliger Arbeitskollege vor ihm stehen. Nachdem er ihn erblickte, kamen von ihm nur diese zwei Buchstaben. In seiner Stimme lag eine Mischung aus Überraschung, Wut aber auch ein Hauch von Freude. Den Blick, mit welchen Semir Ben anblickte, konnte der Jüngere schwer deuten. Fragend, Fordernd, Traurig, Verwirrt. Alle Emotionen liefen der Reihe nach in Semirs Gesicht ab.


    Da das halbe Büro die Situation beobachtete, schloss Semir genervt die Tür hinter sich und nahm sogleich auf seinem Bürostuhl Platz. „Aber ich dachte…?“ kam es stockend von Semir. „…bist du nicht in Grönland?“ endete er verwirrt den Satz. Ben konnte sich erst jetzt aus seiner Starre lösen und ging auf seinen ehemaligen Büroplatz zu und nahm Semir gegenüber Platz. Er räusperte sich, als er sich setzte. „Ich…ja, war ich auch…hallo erst mal.“ Kam es stockend und gleichermaßen verwirrt von ihm. Die Reaktion von Semir hatte all seine Pläne, wie er seinem Freund gegenübertreten wollte über den Haufen geschmissen. Er konnte nicht Deuten, ob Semir nur wüten war oder erfreut. Um ehrlich zu sein, hätte er die Situation gerne für einen, seinetwegen auch, wütenden Semir eingetauscht. Immerhin wäre das für Ben eine klare Emotion gewesen und nicht so ein Misch-Masch, was er jetzt ertragen musste.


    Beide blickten sich stumm an, es vergingen einige Sekunden und Ben konnte beobachten, wie Semir die Situation erneut begriff und verarbeitet. Also sprach er ein, für sich erklärendes, „also ich bin wieder da…“ in den Raum. So langsam löste sich auch die Schockstarre von Semir er erhob sich und ging um den Schreibtisch auf Ben zu. „Was kommt jetzt?“ dachte sich Ben. „Haut er mir eine runter oder schreit er mich nur an?“ fragte sich der Jüngere. Eins stand fest: So verwirrt und neben sich stehend hatte er seinen Freund noch nie in all den Dienstjahren erlebt.

  • Mit allem hätte Ben gerechnet, aber nicht mit dem, was folgte: Kaum war Semir vor ihm angekommen, da nahm er ihn in den Arm. Eine erneute Schockstarre folgte für Ben, denn damit hatte er mal überhaupt nicht gerechnet. Verwirrt starrte er über Semirs Schulter hinweg die Wand an, auf die er blickte. Erst nach einigen Sekunden konnte er sich lösen und umarmte seinerseits erleichtert seinen Freund. „Ich hab mir solche Sorgen gemacht!“ kam es mit belegter Stimmt von Semir. „Ich war Nächste lang wach, und hab mir solche Sorgen gemacht!“ sprach er weiter. Ben kamen die Tränen und er schniefte, als sich die Erste ihren Weg über seine Wange suchte. Er löste sich von Semir und dieser Blickte ihn an. „Es… es tut mir so leid…“ kam es stockend von Ben. „Ich weiß auch nicht, was los war ich… „ Ben wurde durch eine Handbewegung von Semir unterbrochen. „Beruhig dich erst mal.“ Kam es tröstend von ihm und er ging wieder um den Schreibtisch und zog sich den Bürostuhl zu Ben auf die Seite herüber und nahm neben ihm Platz. Der Jüngere wischte sich mit seinem rechten Jackenärmel die Tränen aus dem Gesicht. Doch es folgte bereits die Nächsten. Ben konnte seinen Emotionen nicht Herr werden und das tat Semir so leid, dass auch ihm die Tränen in die Augen schossen.
    Nach einer gewissen Zeit, in der Ben sich wieder gefangen hatte, setzte er erneut zu seiner Entschuldigung an: „Semir, ich war unmöglich damals. Aber ich wusste nicht was tun! Ich war total überfordert von der Gesamtsituation. Ich wusste nicht wohin, und mit wem ich darüber reden konnte. Ich… ich fühlte mich alleine! Einfach nur einsam und ich konnte das alles hier nicht mehr ertragen. Ich war froh, als ich Deutschland und Europa verlassen habe. Alles war auf einmal so weit weg. Die Probleme und die Trauer… alles hier gelassen. Daher hab ich mich nicht gemeldet und wollte auch nichts von dir hören oder sehen. Ich hatte für kurze Zeit meinen Frieden gefunden. Klar, es war nicht wie früher aber es war in Ordnung, für eine gewisse Zeit. Natürlich holte mich das alles auch in Grönland wieder ein. Also musste ich lernen, dass Weglaufen auch nicht das Mittel der Wahl war. Eines, und das kann ich dir versichern, dass ist mir klargeworden: Ich habe dich verstoßen und mich wie ein absoluter Volltrottel benommen! Und das tut mir leid, es tut mir wirklich sehr leid!“
    Semir hörte sich schweigend an, was sein Freund ihm zu sagen hatte. Wie ein Häufchen Elend saß Ben neben ihm und berichtete unter Tränen, was damals los war mit ihm. Er erinnerte sich auch an das Gespräch am Rhein. Ben war damals so anders, so verzweifelt und so traurig. Semir wäre ihm so gerne damals eine Stütze gewesen, doch er musste lernen, dass Ben das nicht wollte. Er war ein Kämpfer und Hilfe von außen hatte er schon immer nur schwer angenommen. War es da wirklich so verwunderlich, dass Ben damals wie ein angeschossenes Tier geflohen war? Auf und davon, vor den Problemen weggelaufen war? Semir schellte sich in den Moment für sein Benehmen seinem Verletzten Freund gegenüber. Ben hatte so viel mit sich zu kämpfen und es fiel ihm nichts Besseres ein, als ihn auch noch zusätzlich Vorwürfe zu machen? Natürlich war es auch eine harte Zeit für den Deutschtürken gewesen, aber musste er das Ben jetzt so aus Butterbrot schmieren?!
    Wieder nahm er seinen Freund, der nach wie vor mit den Tränen kämpfte, in den Arm. Diesmal ließ es Ben gleich zu und erwiderte die Umarmung. „Es tut mir leid.“ Kam es diesmal von Semir. „Ich wollte dir keine Schuldvorwürfe machen.“ Sprach er. „Aber du hast doch recht!“ entgegnete Ben. „Ich hab mich so daneben benommen… ich hätte dir zumindest ab und an eine Sms zukommen lassen können.“ Antwortete er. „Ist jetzt egal, es ist Vergangenheit und ich bin froh, dass du den Weg zurück gefunden hast.“ Schweigend lagen sich beide noch ein wenig in den Armen. Danach blickte Semir seinen Freund an, welcher sich die letzten Tränen aus dem Gesicht wischte. Semir gefiel was er sah. Natürlich war es nicht mehr der alte Ben, der freudestrahlend und mit einem kecken Grinsen im Gesicht vor ihm saß. Aber Ben schien sich wieder mehr gefangen zu haben. Er sah im Allgemeinen besser aus. „also hat ihm der Abstand gut getan“ dachte sich der Deutschtürke.
    „Wie geht es dir?“ sprach er laut aus. „Besser.“ Antwortete Ben unter einem Schniefen. „man gewöhnt sich an die Situation und Kai zeigt mir, was es alles so für Möglichkeiten gibt.“ Endete der Angesprochene. Semir nickte wissend. Kai tat ihm schon in der Klinik sehr gut. Er freute sich, dass der Kontakt scheinbar noch anhielt.


    Beide Männer unterhielten sich noch etwas und tauschten das Neuste aus, bis sie 20 Minuten später von der geöffneten Tür unterbrochen wurden. Jan stellte sich Ben vor und man unterhielt sich noch etwas zu dritt, bis sich Ben verabschiedete. „Lasst uns mal auf ein Bier treffen.“ Schlug er vor, als er die Beiden verließ. Der Vorschlag wurde gerne angenommen.


    Drei Tage später wurde der Plan schon in die Tat umgesetzt. Ben betrat freudestrahlend die Stammgaststätte in der Kölner Innenstadt, wo seine Freunde Kai, Jan und Semir schon gespannt auf ihn warteten. Mit einem Zettel wedelnd kam er an den Tisch der drei Männer. „Und?!?“ fragte Semir ganz aufgeregt, als Ben in Hörweite war. Er war aufgesprungen und ging Ben die letzten paar Meter entgegen. Auch die beiden anderen Männer blickten gespannt auf Ben. „Bin drin“ kam es knapp aber freudig von ihm. Er strahlte von einem Ohrläppchen zum nächsten. „Ehrlich?!“ kam es freudig auch von dem Deutschtürken. Auch von den beiden Männern am Tisch war ein Freudenjubel zu hören und Ben lachte noch mehr darüber. „So fröhlich hab ich ihn seit dem Unfalltag nicht mehr gesehen.“ Dachte sich Semir und sprach: „Ja Mensch! Dann trinken wir auf deine neue Stelle als Hundetrainer bei der Hundestaffel!“ und mit den Worten nahm er zwei frische Flaschen Bier von dem Männertisch und reichte eines davon Ben. Es wurde angestoßen und Semir und Ben nahmen bei Kai und Jan am Tisch Platz. „Das Beste ist: Ich kann Ike mit auf die Arbeit nehmen!“ sprach Ben freudig. „Mensch das ist ja echt klasse!“ kam es freudig auch von Kai.
    So wurde der Abend noch lang und man unterhielt sich über die neue Stelle, welche Ben in zwei Tagen antreten würde. Zwar war er nicht mehr bei der Autobahnpolizei, aber er war noch Polizist und hatte einen Beruf, der ihm Freude bereitete und auch mit seinen Beinen ausgeführt werden konnte. Er hatte ein neues Leben und zusätzlich in Kai und Jan zwei gute Freunde gewinnen können. Die vier Männer unternahmen regelmäßig etwas miteinander und tauschten Neuheiten aus dem Berufsalltag aus. So hatte Ben auch wieder ein stabiles Umfeld, was für ihn sehr wichtig war. Bald hatte er auch eine neue Wohnung gefunden und natürlich halfen ihm die Freunde beim Umzug und Neukauf von Möbeln.
    Ben hatte seinen Lebensmittelpunkt wieder gefunden. Er lachte wieder so viel wie früher und genoss nun jeden Tag, denn es war ihm bewusst, dass er damals mehr Glück als Verstand hatte. So sah er sein neues Leben nicht als Laster, sondern als Geschenk.


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    ich würde ich riesig über ein ehrliches abschluss-feedback freuen!!

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