Verletztes Vertrauen

  • Die alarmierte Feuerwehr, das SEK und auch das Rettungsteam trafen zeitgleich ein und es wurde sich sofort um Ben gekümmert. Er wurde an alle möglichen Geräte angeschlossen, die daraufhin lautstark alle Einzelheiten über Bens alarmierenden Zustand kundgaben. Verschiedene Zugänge wurden ihm gelegt und er wurde sofort mit diversen Medikamenten und frischem Sauerstoff versorgt. Ben ließ alles mit halb geöffneten Augen über sich ergehen. Doch als der Sanitäter versuchte die Rippenfraktur zu stabilisieren wurde er irgendwann ohnmächtig. Die starken Schmerzen waren zu einer Monsterwelle mutiert und hatten sein Bewusstsein weggeschwemmt, an einen Ort der weit weg von diesem lag. Ben lag nun völlig leblos auf der Trage, aber Semir wusste, das er in guten Händen war und hoffte das Beste.


    Kim Krüger trat neben Semir. Er hatte sie bereits kurz über alle Ereignisse informiert. “Er wird es schaffen. Er ist stark”, sagte sie und legte Semir eine Hand auf die Schulter. “Sie haben das Richtige getan. Ein Leben zu retten ist nie verkehrt”. “Aber die Entscheidung zu treffen ist verkehrt”, erwiderte Semir bitter. “Sie hat die Entscheidung selbst getroffen, indem sie Sie angewiesen hat zuerst Ben raus zu schaffen. Sie wollte es so… Fahren Sie mit dem RTW mit ins Krankenhaus und passen sie auf Jäger auf. Er braucht sie jetzt”. Semir nickte dankend und stieg ein. Die Türen schlossen sich und der RTW fuhr ab Richtung Marienkrankenhaus.


    In der Notaufnahme kam Ben noch einmal kurz zu sich. Der Raum begann sich augenblicklich heillos zu drehen. Wo war er? Er erkannte die weiße Decke und die Leuchten eines Krankenhauses über sich und entspannt sich augenblicklich. Er war nun nicht mehr in Gefangenschaft. Nicht mehr in Gefahr. Sein Körper wechselt in Sekundenschnelle von Angriff auf Ruhe. Das fehlende Gewicht auf seinen belastenden Gedanken war geradezu erlösend, auch wenn er noch nicht genau wusste, wie er hier hergekommen war. Seinen Erinnerungen waren so wage, dass er sie nicht fassen konnte. Ein Arzt taucht in seinem Blickfeld auf. Er erkennt ihn wieder. Es ist Dr. Gast. “Herr Jäger? Herr Jäger, hören sie mich?”
    Ben öffnete den Mund, versuchte der Stimme zu antworten. Aber alles, was er herausbekommt, ist ein hastiges, schmerzhaftes Luftholen. Ben versucht sich ein wenig aufzurichten. Der Arzt lächelt ihn warm an, hält ihn aber mit sanftem Druck auf der Liege. “Ganz ruhig, Herr Jäger. Sie sind im Marienkrankenhaus. Es ist alles in Ordnung. Wir werden sie jetzt operieren und ihnen die Kugel in ihrer Schulter entfernen. Gleichzeitig werden wir ihre Rippenfraktur richten. Ihr Freund wartet draußen. Wir bringen Sie jetzt in den OP. Entspannen Sie sich”. Ben sah, wie Dr. Gast eine Spritze mit einer milchigen Flüssigkeit in den Venenkatheter spritzt. Bens Augen schlossen sich daraufhin automatisch und er kann nichts dagegen tun. Dieses Zeug wirkt verdammt schnell und verdammt gut. Er hatte nicht mal mehr die Gelegenheit nach Nina zu fragen. Wie es ihr wohl ging? Ob sie verletzt war? Ob sie auch draußen wartete? Alles um ihn herum wird still. Der Schmerz verschwindet und hinterlässt eine tiefe, angenehme Ruhe in ihm.

  • Semir saß, mit einem Kaffeebecher in der Hand, zusammengesunken auf einer der Besucherbänke im Wartebereich der Notaufnahme. Seine Gedanken kreisten unaufhörlich und zermürbten ihn innerlich. Nicht einmal Andrea konnte ihn aufheitern. Er hatte sie kurz angerufen und ihr alles berichtet. Sie sollte zu Hause bei den Kindern bleiben. Semir liebte seine Frau und seine Kinder. Doch wollte er jetzt noch allein sein.
    Wie sollte er es Ben sagen? Wie sollte er ihm sagen, dass er Nina nie wieder sehen würde? Und das, nachdem sie ihnen das Leben durch ihren Einsatz gerettet hatte. Ben würde das nicht verkraften. Nicht noch einmal, nachdem er damals schon Saskia verloren hatte. Nicht das Ben ihm die Schuld dafür geben würde. Was ja auch stimmte. Aber er würde seinen besten Freund und Partner verlieren, dessen war Semir sich sicher. Und Semir wusste nicht, ob er selbst damit zurecht kommen würde. Er konnte sich noch genau an den Tag erinnern, als sie sich zu ersten mal auf dem Parkplatz der PAST getroffen hatten. Wie Semir sich geweigert hatte mit ihm zusammen zu arbeiten. Er hatte ihn für so eingebildet und arrogant gehalten. Und jetzt war er sein bester Freund. Der nun gerade im OP lag und vermutlich vielleicht noch um sein Leben kämpfte. Nicht ahnend, welcher Schicksalsschlag ihn ereilen würde, wenn er wieder aufwacht.


    Stunden vergingen, die Semir vorkommen, als wären es Jahre. Und er fühlte sich auch, als wäre er in der relativ kurzen Wartezeit um Jahre gealtert. Endlich öffneten sich die Türen der Notaufnahme und ein bekanntes Gesicht erscheint. Semir steht sofort auf und geht Dr. Gast entgegen, der sich gerade die Handschuhe auszieht und auf ihn zukommt. Er lächelt. Das ist wenigstens ein gutes Zeichen. “Wie geht es meinem Partner?” fragt Semir ohne umschweife. “Herrn Jäger geht es den Umständen entsprechend. Wir konnten die Kugel aus seiner Schulter entfernen. Die Rippenfraktur haben wir soweit stabilisiert, dass sie problemlos ausheilen wird. Allerdings ist sein Immunsystem stark geschwächt, deshalb haben wir ihn sofort auf die Intensivstation verlegt, um ihn weiter zu überwachen. Er wird bald aus der Narkose erwachen. Sie können gerne gleich zu ihm und dabei sein, wenn er aufwacht. Die Schwester wird Ihnen den Weg zeigen”. Semir war vollkommen erleichtert. “Danke Doktor. Ich werde gleich zu ihm gehen”.
    “Tun Sie das. Er wird sich sicher freuen dann ein bekanntes Gesicht zu sehen. Nach allem, was er mitgemacht hat, wie ich gehört habe. Ich muss dann wieder in den OP… Ihre Kollegin hatte nämlich leider nicht so viel Glück. Ihr Zustand ist sehr kritisch. Wir tun unser bestes…”

  • Semir starrte den Arzt entsetzt an. Hatte er sich eben verhört? “Ich verstehe nicht ganz…?”
    “Ihre Kollegin, Frau Lechner. Sie wurde eine gute halbe Stunde nach Herr Jäger bei uns eingeliefert”. Semir konnte es nicht fassen. “Entschuldigen Sie Dr. Gast, aber sind Sie sich da ganz sicher? Ich meine, sie wurde doch bei dem Feuer … getötet … dachte ich…”.
    “Herr Gerkan, ich habe vielleicht nicht alle Informationen. Aber laut der Sanitäter, die sie hergebracht haben, wurde sie ein wenig abseits des selben Gebäudes in einer Wiese gefunden. Vermutlich wurde sie von der Explosion erfasst und hinausgeschleudert. Sie hat durch die Wucht der Explosion schwerste innere Verletzungen und einige Verbrennungen erlitten und musste deshalb ebenfalls notoperiert werden. Ein Spezialist kümmert sich um sie. Ich kann Ihnen noch nichts genaues sagen. Ich muss deshalb zurück in den OP.”
    Semir wurde augenblicklich kreidebleich. Er hörte das Blut in seinem Kopf rauschen und hatte das Gefühl, der Boden würde unter seinen Füßen weggerissen. Nina lebte? Wie konnte das sein?
    Sie konnte sich anscheinend noch befreien und er hatte es nicht gemerkt. Er hatte sie alleine gelassen. Er hatte sie da liegen gelassen. Ganz allein. Er hatte sich seelenruhig um Ben gekümmert, während sie unbemerkt um ihr Leben kämpft. Weil er dachte sie wäre tot. Seine Schuld traf ihn wie ein Schlag.
    “Herr Gerkan, Sie sind ganz blass. Wollen Sie sich nicht einen Augenblick setzten?” Die Stimme von Dr. Gast brachte ihn wieder in die Realität zurück. “Ja, ich…” Semir stützte sich an der Wand ab und lies sich auf den Stuhl neben ihm fallen. “Es tut mir Leid Herr Gerkan, aber ich muss wirklich wieder zurück in den OP. Ich schicke Ihnen gleich eine Schwester. Sie wird sich um Sie kümmern. Bitte bleiben Sie noch einen Augenblick sitzen”. Semir nickte nur und sah dem Arzt hinterher. Das durfte alles nicht wahr sein. Wie sollte er das Ben erklären? Wie sollte er das Nina erklären? Semir vergrub das Gesicht in seinen Händen und fing an bitterlich zu weinen.

  • Erst die Stimme der Schwester riss ihn wieder aus seinem Dilemma. “Herr Gerkan, geht es Ihnen nicht gut? Kann ich irgend etwas für Sie tun?”. Die Schwester lächelte ihn mitfühlend an. “Nein danke. Alles gut” gab Semir zurück und wischte sich noch schnell eine Träne aus seinem Gesicht. “Ich bringe Sie jetzt zu Herrn Jäger. Bitte folgen Sie mir”. Die Schwester ging voraus und Semir folgte ihr. Es ging in den 4. Stock auf die Intensivstation. Nachdem sie mehrere Türen passiert hatten musste Semir sich erst die Hände gründlich waschen und eine dieser Schutzkleidungen anziehen. Dann waren sie endlich vor Bens Tür angelangt. Die Vorhänge vor der Glasscheibe waren zugezogen, so dass er noch nicht ins Zimmer blicken konnte. Zuvor gab ihm die Schwester noch ein paar Anweisungen. “Herr Gerkan, bitte bedenken Sie, dass Herr Jäger gerade aus dem OP gekommen ist. Er ist zwar vorhin schon mal ganz kurz zu sich gekommen, aber er wird noch mindestens eine Stunde schlafen. Bitte haben Sie Geduld. Es ist trotzdem alles in Ordnung. Wenn Herr Jäger aufwacht, wird er sich wahrscheinlich erst mal nicht orientieren können. Reden Sie anfangs nicht zu viel auf ihn ein. Er muss die Situation erst einmal verarbeiten. Er hat noch immer hohes Fieber und wird deshalb noch sehr schwach sein. Bitte sein Sie nachsichtig. Er ist ebenso noch an diverse Geräte angeschlossen, aber keine Angst, das ist nur zur Vorsicht. Haben Sie noch Fragen?” Semir schüttelte nur den Kopf. Alles was die Schwester sagte klang so bedrohlich. Er musste sich erst selbst mit eigenen Augen von Bens Zustand überzeugen.


    Semir betrat das kleine Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Er blickte zu seinem Partner, der allein im Zimmer lag. Er sah immer noch schrecklich aus. Eigentlich unverändert zu dem Zeitpunkt, als er das Kellerverlies betreten hatte und ihn am Boden liegen sah. Ben war so blass als wäre jegliches Leben aus ihm gewichen. Nur das piepen der Überwachungsgeräte zeugte davon, dass es im soweit gut ging. Der gleichmäßige Rhythmus seines Herzens ließ Semir erleichtert aufatmen. Er nahm sich den Stuhl von der Seite und stelle ihn neben Bens Bett. Er setzte sich und starrte seinen Freund einige Zeit nur an. Schon allein hier zu sitzen und ihn anzusehen erleichterte Semir ungemein und ließen ihn für einen Augenblick vergessen. Skeptisch betrachtete er die verschiedenen Instrumente. Die Geräte an der Seite des Bettes zeigten seine Herzfrequenz, Puls und Blutdruck an. Über eine Nasenkanüle wurde er mit zusätzlichem frischem Sauerstoff versorgt. Verschiedene Infusionen steckten in seinem Arm und Handrücken. Seinen Finger zierte der Pulsmesser. Die EKG-Pads an seiner Brust zeichneten seine Herztöne auf. Unter dem Krankenhaushemd konnte Semir den Verband um seine Schulter ausmachen. Wie konnte das alles nur so weit kommen. Semir merkte, wie ihm wieder Tränen in die Augen stiegen. Er war solche Anblicke einfach nicht gewohnt. Langsam und ganz vorsichtig nahm er Bens linke Hand, die kalt und schlaff neben seinem Körper lag. “Ben ich bin bei dir. Ich lass dich nicht mehr allein. Auch wenn du mir nicht verzeihen kannst bin ich immer für dich da”, flüsterte er und lies seinen Tränen wieder freien lauf.

  • Über eine Stunde verging, in der Semir nur so da saß, Bens Hand hielt und im gut zuredete. Er wollte sich gerade erheben, um sich noch einen Kaffee zu holen, als er plötzlich bemerkte, dass sich Bens Finger leicht bewegten. Semir konzentrierte sich auf Bens Hand, da er schon glaubte, er hätte sich das nur eingebildet. Doch da, noch einmal eine Bewegung. Auch sein Puls und Blutdruck gingen ein wenig in die Höhe, was Semir an den Geräten ablesen konnte. “Komm schon Ben, du schaffst das. Wach auf!”


    Langsam, wie in Zeitlupe öffnete Ben seine rot umrahmten Augen und hielt sie auch offen. Doch er schien Semir nicht richtig wahrzunehmen. Bens Augen fokussierten ihn nicht, sondern irrten ziellos im Raum umher. Wie die Schwester gesagt hatte konnte er sich wahrscheinlich nicht orientieren. Semir versuchte ihm beruhigend zuzureden. “Hey Ben, alles in Ordnung. Du bist jetzt in Sicherheit. Im Krankenhaus”. Semir strich ihm kurz durch die Haare. Endlich hatte er Bens Aufmerksamkeit, denn er drehte seinen Kopf auf die Seite und sah ihn an. “Ben, kannst du mich verstehen?” Ben wollte antworten, doch brachte er noch immer keinen Ton heraus. Nur seine Lippen bewegten sich leicht. Zur Bestätigung zwinkerte er deshalb mit den Augen. Das genügte Semir. “Hast du Schmerzen?”, war seine nächste Frage. Ben hörte in sich hinein. Er fühlte sich immer noch enorm kraftlos und schwach, aber er konnte ohne Schmerzen einatmen, was vorher unmöglich war. Ein leichtes Pochen strahlte von seiner Schulter aus, es war aber kaum der Rede wert. Ben schüttelte deshalb auf Semirs Frage hin langsam den Kopf, was Semir unheimlich erleichterte. Ben hatte in den letzten Stunden so viel durchmachen müssen. Er nahm nun all seine Kraft zusammen und setzte noch einmal zum sprechen an. Allerdings war es nicht mehr als ein heiseres Flüstern. “Ich… habe… Durst…”. Semir drehte sich sofort um, griff nach der Wasserflasche und schüttete ein wenig von dem kühlen Nass in ein Glas. Er führte es zu Bens Mund und hob seinen Kopf leicht an, damit er trinken konnte. Ben nahm drei Schluck und ließ sich erschöpft zurück sinken. Ben versuchte seine Augen weiter offen zu halten, aber er merkte, wie sie ihm immer wieder zufallen wollten. Semir entging das nicht. Er strich mit der Hand nochmals durch seine Haare. “Schlaf noch ein bisschen. Du wurdest operiert und bist noch sehr schwach. Ruh dich aus”. Eigentlich wollte Semir ihm noch mehr sagen. Er musste Ben sagen, das er Nina bereits aufgegeben hatte. Welchen Fehler er gemacht hatte. Doch er brachte es nicht übers Herz. Außerdem wusste Semir auch noch nicht, wie es im Moment um sie stand. Und Ben würde es in seinem jetzigen Zustand wahrscheinlich auch nicht verstehen. Außerdem durfte er sich auf keinen Fall aufregen. Semir musste sich also gedulden. Er sah seinen Partner noch einige Minuten an, der schon wieder tief und fest schlief. Dann verließ er das Zimmer.

  • Auf dem Gang sah Semir Dr. Gast, der gerade ein anderes Zimmer auf der ITS verließ. Semir hoffte schon neue Informationen zu erhalten und eilte auf ihn zu. “Dr. Gast, können Sie mir schon etwas neues über meine Kollegin sagen? Wie geht es ihr?”. Beiläufig blickte er durch die Scheibe in das Zimmer, aus dem der Arzt gerade gekommen war. Ihm blieb fast das Herz stehen. In dem Bett lag Nina. Und sie sah noch schlechter aus, als er es sich ausgemalt hatte. Semir musste wieder seine Tränen unterdrücken und schluckte sie hinunter. “Was ist mit ihr?”, fragte er mit belegter Stimme an den Arzt gewandt. “Ich will offen zu Ihnen sein, Herr Gerkan. Es geht ihr nicht besonders gut. In der 3-stündigen OP konnten wir die inneren Blutungen stoppen. Die Wucht der Explosion muss sehr stark gewesen sein, denn es sind viele Organe schwer geschädigt. Die Milz mussten wir komplett entfernen. Sie hat sehr viel Blut verloren. Ihr Kreislauf ist sehr geschwächt. Die äußeren Verletzungen, wie die Verbrennungen, konnten wir gut behandeln. Aber sie ist bis jetzt noch nicht aus der Narkose erwacht. Das ist leider kein gutes Zeichen. Wie gesagt, ihr Zustand ist immer noch sehr kritisch”. “Kann ich denn zu ihr?”, wollte Semir ohne Umschweife wissen. “Nein, leider nicht. Frau Lechner braucht absolute ruhe. Ihr Körper befindet sich immer noch in einem Schockzustand. Jede kleinste Belastung oder jeder Reiz könnte verheerende Folgen haben. Deshalb kann ich niemanden zu ihr lassen. Sie verstehen sicher”. Semir nickte wortlos, ließ den Blick nicht von Nina ab. “Hat Sie den Verwandte, die wir benachrichtigen können?” wollte Dr. Gast noch wissen. “Nein, ihre Eltern sind schon lange tot. Sie hat auch keine Geschwister oder nähere Verwandte” antwortete Semir.
    “Herr Gerkan, gehen Sie nach Hause. Sie können heute nichts mehr tun. Ihr Kollege wird heute Nacht durchschlafen. Und für Frau Lechner können wir im Moment sowieso nicht anderes als hoffen. Ruhen Sie sich aus, das wird ihnen gut tun. Sie werden ihre Kraft noch brauchen”. Dr. Gast legte Semir freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. “Sie haben wahrscheinlich recht. Ich werde nur noch einmal kurz nach Ben sehen”. Dr. Gast verabschiedete sich und versprach Semir sofort anzurufen, falls es bei einem der Beiden zu einer plötzlichen Veränderung kommen sollte. Semir betrat Bens Zimmer. Doch als er sah, dass dieser immer noch schlief berührte er nur kurz seinen Arm und flüsterte in sein Ohr. “Machs gut, Kumpel. Schlaf gut und pass auf dich auf. Ich komme morgen wieder.”

  • Als Ben das nächste Mal wieder erwachte war er allein im Zimmer. Er blickte auf die Uhr gegenüber von seinem Bett. Die Zeiger verrieten ihm, das er weitere vier Stunden geschlafen hatte. Es war bereits kurz nach ein Uhr in der Nacht. Semir war bestimmt nach Hause gegangen. Ben fühlte sich schon wesentlich erholter. Doch das lag sicher an den vielen Medikamenten, die er verabreicht bekommen hatte. Denn zeitweise hatte er das Gefühl, er würde über dem Bett schweben. Als sich die Tür öffnete, drehte er den Kopf leicht in die Richtung, in der Hoffnung, es könnte doch Semir sein, der ihm ein bisschen Gesellschaft leistete. Doch es war nur die Nachtschwester. “Na, Herr Jäger, wie fühlen Sie sich?” “Danke, es geht”, war Bens kurze und leise Antwort. Er hatte seine Stimme immer noch nicht richtig wieder gefunden. “Haben Sie zufällig meine Kollegin, Nina Lechner, schon heute hier gesehen?” Ben konnte es kaum erwarten sie zu sehen. “Tut mir Leid Herr Jäger, aber darüber darf ich Ihnen keine Auskunft geben”. Die Antwort verwirrte Ben. Wieso durfte die Schwester nicht sagen ob Nina ihn schon besuchen wollte? Doch bevor er weiter darüber nachdenken konnte redete die Schwester weiter. “Sie sollten sich noch ausruhen. Ich werde ihnen etwas geben, dass ihnen hilft wieder einzuschlafen”. Bevor Ben auch etwas darauf erwidern konnte sah er schon, wie die Schwester ihm durch eine Spritze eine trübe Flüssigkeit in den Venenzugang an der Hand spritzte und Ben augenblicklich in einen traumlosen Schlaf fiel.


    Semir hatte nun endlich sein Zuhause erreicht. Sein Hafen der Sicherheit und Geborgenheit. Es war schon spät und Andrea und die Kinder würden sicherlich schon schlafen. Er schloss die Türe leise hinter sich, ließ seine Jacke auf den Boden fallen, ging zu Kühlschrank und holte sich ein Bier heraus. Das war es, was er jetzt brauchte. Er öffnete die Flasche, ging ins Wohnzimmer und ließ sich auf die Couch fallen. Die Anstrengungen des Tages forderten ihren Tribut. Mit den Händen fuhr Semir sich durchs Gesicht. Er konnte Schritte hören. Als er wieder aufblickte stand Andrea vor ihm und sah ihn mitleidig an. Ohne ein Wort setzte sie sich neben ihren Mann und nahm ihn in die Arme. Das war genau, was Semir jetzt nötig hatte.
    “Das ist alles so schrecklich. Was willst du jetzt tun?” fragte ihn Andrea, nachdem Semir ihr in allen Einzelheiten die Ereignisse seit der Geldübergabe berichtet hatte. “Ich weiß es nicht mein Schatz”, musste Semir zugeben. So viele Gefühle plagten ihn. Schuld, Angst, Hoffnungslosigkeit. Er wusste nicht, wie er mit alledem umgehen sollte. “Leg dich erst mal schlafen und morgen sehen wir weiter”, meinte Andrea. Sie hatte womöglich recht. Seine Frau war für ihn immer der beste Ratgeber. Also folgte er ihr ins Schlafzimmer. Obwohl Semir dachte, seine Gedanken würden ihn auch diese Nacht verfolgen, war er doch so erschöpft, dass er binnen Sekunden in einen ebenfalls traum- und gedankenlosen Schlaf fiel.

  • Als Semir am nächsten Morgen Bens Krankenzimmer auf der Intensivstation betrat war seine erste Reaktion Erleichterung. Ben saß in seinem Bett, das Kopfteil war ein wenig hochgestellt. Die Nasenkanüle war verschwunden. Auch hatte er wieder ein wenig Farbe bekommen. Er sah deutlich besser aus als gestern kurz nach der Operation. Er lächelte ihn an. “Semir, da bist du ja endlich!”, begrüßte ihn Ben auf seine flapsige Art. Semir nahm sich den Stuhl und setzte sich neben Bens Bett. Nicht ohne ihn aber vorher freundschaftlich zu umarmen.
    Kurz zuvor hatte er sich auch bei Dr. Gast nach Nina erkundigt. Doch es gab zu gestern Abend leider keine nennenswerten Veränderungen. Ihr Zustand war weiterhin kritisch. Semir hätte sich eigentlich freuen sollen, dass sie noch am Leben war. Aber aufgrund ihres Zustandes wusste Semir nicht, ob Freude darüber wirklich die richtige Reaktion ist. Um sich selbst ein wenig abzulenken und noch ein wenig Zeit zu gewinnen begann er mit Ben ein wenig Small Talk. “Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Mach so was ja nie wieder, hörst du?” “Ja Papa”, war Bens flapsige antwort. Doch dann wurde er wieder ernst. Ben war noch sehr erschöpft und müde, was auch an dem Fieber lag, dass immer noch zu hoch war. Doch er musst endlich wissen, was passiert war. “Semir, ich kann mich kaum erinnern. Bitte erzähl mir was genau passiert ist?”


    Semir erzählte Ben also was seit seiner Entführung geschehen war. Das Nina aus dem Krankenhaus geflohen war. Das sie sich als Köder zur Verfügung stellte um das Lösegeld zu übergeben nachdem sie Bens Foto erhalten hatten. Die darauf folgende Übergabe und wie Semir ihren Peilsender verfolgte und sie beide dadurch gefunden hatte. Auch das er Runge erschossen hatte. Seegers Leiche wurde ebenfalls in dem verbrannten Gebäude gefunden. Das hatte ihm heute morgen die Chefin noch mitgeteilt. Also ging von ihnen keine Gefahr mehr aus. Um Melanie Mahler wird sich noch gekümmert, hatte Kim Krüger ihm am Telefon ebenfalls versprochen.


    Ben hatte von den Ereignissen im Keller nur noch vage Erinnerungen. Er hatte fast nichts mitbekommen, denn das hohe Fieber und die Schmerzen hatten jeden seiner Gedanken lahm gelegt. Er konnte sich erinnern, dass er Ninas Gesicht sah. Er hörte immer wieder ihre Stimme, auch wenn er dachte, er wäre nicht bei Bewusstsein gewesen. Er spürte ihre Hand auf seiner. Allein dieses Gefühl hatte ihn gerettet und ihm geholfen durchzuhalten. Er wollte sie endlich sehen. Ihre Berührung wieder spüren. Ihr für alles danken, was sie für ihn getan hatte.
    Semir sah Ben an. Er schien total in Gedanken versunken, nachdem Semir seine Erzählung an der Stelle gestoppt hatte, als er sie beide im Keller fand. Doch dann drehte Ben wieder seinen Kopf zu ihm und stellte die Frage, die Semir am meisten gefürchtet hatte.
    “Semir, ich hatte solche Angst. Nina hat mich am Leben erhalten. Wo ist sie?”

  • In Semirs Innerem krampfte sich alles zusammen. Jetzt war der schwerste Teil gekommen. Ben merkte, dass Semir seinen Blicken auswich. “Was ist los Semir? Wo ist Nina?” Semirs Reaktion und die Aussage der Nachtschwester warfen auf einmal wieder so viele Fragen in ihm auf. Ben musste endlich Näheres erfahren. “Ben, ich muss dir was sagen…“, setzte Semir an. Das war nicht sehr verheißungsvoll. “Schieß los, Partner“. Semir atmete tief ein. “Ich muss dir erzählen, was danach in dem Gebäude vorgefallen ist… Das Feuer hatte sich schnell ausgebreitet. Du warst bewusstlos und wir mussten dich raus schaffen. Dir ging es immer schlechter. Wir hievten dich die Treppen hoch. Auf dem Weg zur Tür hatte sich anscheinend ein Balken von der Decke gelöst. Ich habe es nicht bemerkt, aber Nina. Sie hat mich mit dir im Arm von sich gestoßen und uns somit gerettet. Ihr war nichts passiert, aber der Weg war versperrt. Sie hat gesagt, ich soll dich zuerst raus schaffen. Sie würde bestimmt gleich kommen. Ein weiterer Balken stürzte runter und der Kontakt war getrennt. Ich habe dich genommen und dich nach Draußen gebracht. In Sicherheit gebracht. Ich wollte gerade umkehren… dann gab es eine Explosion… Ich dachte, Nina hätte nicht überlebt… Ich hatte sie aufgegeben Ben. Ich hab sie einfach aufgegeben. Ich dachte sie wäre tot… Rettungskräfte haben sie aber dann gefunden als du schon im Krankenhaus warst. Sie wurde bei der Explosion aus dem Gebäude geschleudert und schwer verletzt. Es tut mir so Leid Ben! Wenn ich gewusst hätte…” Semir Stimme wurde bei den letzten Worten immer leiser und er konnte den Blick nicht mehr auf Ben gerichtet halten. Zu sehr schämte er sich.


    Ben indessen konnte nicht glauben, was Semir da eben gesagt hatte. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Es konnte nur ein schlechter Traum sein. Wahrscheinlich kommt Nina gleich durch diese Tür und belehrt ihn eines besseren. Doch die Tür blieb verschlossen.
    Semir blickte Ben wieder an. Er drehte sich um und schaute ebenfalls zur Tür, weil er sich frage, warum sein Partner dorthin starrte. Es war niemand zu sehen. Doch Semir meinte, seine Gedanken erkennen zu können. “Es wird sicher alles gut. Wir müssen Geduld haben”, sagte Semir, um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Er sah seinen Partner eine Zeit lang an, da dieser noch immer keinerlei Reaktion zeigte. Hatte er ihn nicht verstanden?


    Doch wie aus heiterem Himmel versuchte Ben sich mit den Ellenbogen auf seinem Bett abzustützen und wollte aufstehen. Die Geräte, an denen er zur Überwachung noch angeschlossen war, schlugen sofort Alarm, denn unter der Anstrengung ging sein Blutdruck, Puls und Herzfrequenz sogleich rasend nach oben. “Was machst du denn da?” fragte Semir ganz aufgewühlt. “Ich muss… zu ihr…” brachte Ben zwischen zusammen geknirschten Zähnen hervor. Er konnte sich kaum mit den Armen abstützen. Schon allein das war für ihn ein unglaublicher Kraftakt und ließ den Schmerz in seiner frisch operierten Schulter und an den Rippen wieder aufflammen. “Ben, nein… Du musst dich schonen. Du bist nicht stark genug. Bitte bleib doch liegen” forderte ihn Semir auf und versuchte ihn wieder sanft in die Kissen zu drücken.

  • Alarmiert durch die Geräte kam auch gleich eine Schwester ins Zimmer gestürmt. “Herr Jäger, was machen sie denn da? Sie müssen sich schonen”. “Nein, ich… ich muss zu ihr…” stöhne Ben und versuchte immer noch sich aufzurichten. “Bitte Herr Jäger, bleiben sie liegen, sie dürfen noch nicht aufstehen”. Die Schwester tippte an den Geräten, so dass die lauten Alarmsignale langsam verstummten. Zeitgleich stellte sie den Regler der Infusion mit den Schmerz- und Beruhigungsmitteln höher, dass diese schneller liefen. Ben merkte augenblicklich die Veränderung in seinem Körper und sank geschwächt in seine Kissen zurück. Ein Gefühl der Wärme, aber auch der leere breitete sich wieder in ihm aus und das ihm soeben verabreichte Beruhigungsmittel entfalteten ihre volle Wirkung. “Entspannen Sie sich Herr Jäger” hörte er noch wie durch Watte die Stimme der Schwester und blickte hilflos auf Semir. Der stand noch immer neben seinem Bett und sah ihn mitleidig und auch ein wenig machtlos an. “Ich… ich muss… zu ihr… bitte…“ sagte Ben schwach und schon ganz undeutlich an Semir gerichtet. Dann verschwamm alles in seinem Blickfeld und er war binnen Sekunden weggetreten.


    Semir plagte wieder sein schlechtes Gewissen, als er mit ansehen musste, wie verzweifelt Ben war. Wie er versuchte hochzukommen um bei Nina zu sein. Und welche Angst und Sorge in seinem Blick war kurz bevor er mittels der Medikamente ruhig gestellt wurde. Er fühlte sich so machtlos. Im selben Augenblick kam Dr. Gast ins Zimmer getreten. “Gibt’s irgendwelche Probleme?”, frage er, da er die Alarmsignale von draußen gehört hatte. Die Schwester erstattete ihm kurzen Bericht. “Was hat ihn denn dermaßen aufgeregt Herr Gerkan? Sie wissen doch, dass in seinem Zustand jede Aufregung Gift für den Körper ist”. “Es tut mir Leid Herr Doktor. Aber Ben wollte unbedingt wissen, was in den letzten zwei Tagen passiert war, da er sich kaum erinnern konnte. Und er hat nach Nina gefragt. Was hätte ich ihm sagen sollen, als die Wahrheit?” “Zum Glück ist ja nichts ernstes passiert. Seine Werte bekommen wir wieder in den Griff”, sagte der Arzt einsichtig. Doch Semir war noch nicht fertig. “Doktor, ich brauche ihre Erlaubnis, das Ben zu ihr kann wenn er wieder aufwacht. Wenn auch nur ganz kurz. Er muss sie sehen, bitte. Sie hat ihm das Leben gerettet“. “Ich weiß nicht, ob ich das erlauben kann. Aber wir werden sehen. Herr Jäger wird jetzt noch ein, zwei Stunden schlafen. Wenn er sich dann kräftig genug fühlt können wir ihn ja fünf Minuten zu ihr lassen. Wir müssen sehen”. “Danke, Doktor. Das wird ihm viel bedeuten. Ich werde hier warten. Ben wird sich sicher freuen”.

  • Semir saß die ganze Zeit neben Bens Bett. Mir Sorge beobachtet er allerdings, dass er sich zeitweise unruhig wand. Sein Körper bebte ab und zu und er stöhnte in seinem Schlaf. Seine Augen unter seinen Lidern zuckten stark hin und her. Wahrscheinlich hatte er Albträume. Ben nuschelte unverständliche Worte, doch Semir glaubte seinen eigenen Namen und den von Nina herausgehört zu haben. Semir versuchte Ben zu beruhigen wenn seine Vitalzeichen gelegentlich in die Höhe gingen, doch das gelang ihm immer nur kurz. Die Zeit verging viel zu langsam.
    Endlich schien Ben wieder wach zu werden. Er war noch vollkommen benebelt von den Medikamenten, wollte seine Augen öffnen, doch fielen sie ihm immer wieder zu. Die letzten Albträume hielten ihn noch gefangen, obwohl er sich gar nicht richtig erinnern konnte, was er eigentlich geträumt hatte. Aber sie hatten in ihm ein Gefühl der Angst und der Sorge hinterlassen. Ben konnte eine Gestalt im Zimmer sehen, aber es waren nur Umrisse. Semir strich Ben über den Arm. Er sah, dass Ben mühe hatte die Augen zu öffnen. Zu sehr hatten sie ihn doch mit diesem Zeug zugedröhnt. Seine Augen waren ganz glasig und verschleiert. Er fuhr ihm durch die Haare um wieder seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Sein Kopf war immer noch heiß vom Fieber. “Semir?… Semir… “, kam es stockend von Ben. “Ja, ich bin hier”, antwortete er. Er konnte die Verzweiflung in seiner Stimme hören. Langsam wurden Bens Gedanken klarer. “Semir… bitte hilf mir… ich muss sie sehen…”. Man merkte, dass diese Worte Ben viel Anstrengung kosteten, war er doch noch nicht ganz wach. “Ich weiß Ben. Ich habe schon mit dem Arzt gesprochen. Du kannst Nina sehen. Aber warte noch ein bisschen, bis du wieder ganz da bist. Ich bleibe bei dir”. Semir konnte die Erleichterung über diese gute Nachricht an seinen Gesichtszügen ablesen. Denn Ben entspannte sich zusehends und kämpfe nicht mehr gegen die immer noch anhaltende Wirkung der Beruhigungsmittel an. Zwar schlief er noch fast eine dreiviertel Stunde ruhig durch, doch als er wieder aufwachte, fühlte er sich deutlich besser.


    Semir kam schon mit einem Rollstuhl in sein Zimmer und eine Schwester folgte ihm. Die beiden halfen Ben in den Rollstuhl zu kommen, damit er zu Nina konnte. Ben wäre bei der Aktion beinahe vor Anstrengung wieder eingeschlafen. Doch als die Schwester sagte, wenn es ihm zuviel wäre müsse er hier bleiben, war er wieder voll wach, versuchte seine Schmerzen zu unterdrücken und sich nichts anmerken zu lassen. Kurz vor Ninas Zimmer stoppten sie noch einmal kurz. Ben konnte in seiner sitzenden Position noch nicht durch die Glasscheibe in ihr Zimmer sehen. “Ben, bist du dir sicher, dass du das wirklich willst?”, vergewisserte sich Semir abermals. Er selbst hatte Nina gesehen und machte sich so große Vorwürfe deswegen. Und er konnte sich denken, dass es Ben bestimmt nicht anders ging. Hatte er doch auch den Drang sie zu beschützen. Und sie hatte sich wegen ihm in Gefahr gebracht. “So sicher war ich mir noch nie”, war Bens antwort. “Ok. Aber denk dran, nur 5 Minuten…” und Semir öffnete die Tür und schob Ben in ihr Zimmer.

  • Ben blickte erst auf, als er mit dem Rollstuhl vor Ninas Bett zum stehen gebracht wurde. Er war augenblicklich wie gelähmt von ihrem Anblick. Ihm stiegen sofort die Tränen in die Augen und er musste ein schluchzen unterdrücken als Semir gerade den Raum verließ um die beiden allein zu lassen. Es waren mindestens genau so viele Geräte im Zimmer wie bei Ben selbst. Aber die Tatsache, dass es sich hierbei um eine Person handelte, zu der er sich hingezogen fühlte, machte den Anblick um einiges schwerer. Nina lag völlig reglos und blass da. Der Arzt sagte, sie hatte viel Blut verloren. Ein Arm war komplett eingebunden und auch im Gesicht konnte man Verbrennungen feststellen. Ben nahm ganz vorsichtig ihre Hand, führte sie zu seiner Wange und schloss die Augen für einen Moment.
    Er war zugegeben wütend auf Semir. Allerdings konnte er ihm kaum die Schuld dafür geben. Semir hatte sicherlich sein bestes getan und ihm blieb schließlich nicht viel Zeit zu handeln. Dennoch konnte Ben den Gedanken kaum ertragen, hier zu sitzen, wo es ihm relativ gut ging. Eigentlich sollte er an ihrer Stelle sein. Nur weil er sich in dieser Lagerhalle hatte so überrumpeln lassen und sich nicht selbst verteidigen konnte musste sie hier liegen und ihr Schicksal war ungewiss.
    “Nina, du musst wieder gesund werden, hörst du? Lass mich bitte nicht allein. Ich möchte dir noch so vieles sagen. Ich möchte Zeit mir dir verbringen. Ich möchte…”. Bens Stimme brach ab und er weinte leise, während seine Tränen Ninas Hand benetzten.


    Hatte sie eben eine Stimme gehört? War das Ben, der zu ihr sprach? Seit einer gefühlten Ewigkeit war sie hier in dieser Isolation gefangen. Sie spürte, dass ihr Körper anscheinend sehr mitgenommen war. Das ihr Geist sie hier gefangen hielt um ihren Körper zu schützen. Aber was war geschehen? Sie war in diesem Keller. Sie war bei Ben. Semir hatte sie gefunden und befreit. Da war Feuer. Ein Balken krachte von der Decke. Sie rief Semir zu er solle Ben raus bringen. Ben sollte in Sicherheit sein. Ben sollte nichts mehr geschehen. Dann war da ein Fenster. Sie schlug die Scheibe mit ihrem Ellenbogen ein. Die Scherben bohren sich tief in ihre Haut. Es war zu hoch zum springen. Aber das Feuer hinter ihr knistert bedrohlich. Sie klettert auf die Fensterbank. Sollte sie springen? Dann ein ohrenbetäubender Knall. Im selben Augenblick wird sie von einer derartigen Wucht erfasst. Die Schmerzen explodieren genauso schlagartig. Der Boden kommt immer näher. Wie in Zeitlupe spielt sich alles ab. Wieder eine Ewigkeit vergeht. Sie fühlt sich zurückversetzt in die Nacht des Autounfalls. Angst kriecht in ihr hoch. Allein. Hilflos. Wartend. Aber Ben ist in Sicherheit. Der einzige Gedanke der beruhigt. Plötzlich beugt sich ein Mann über sie. Er spricht zu ihr, aber sie kann ihn nicht verstehen. Er sieht besorgt aus. ´Stimmt etwas mit mir nicht?`. “Keine Angst, wir helfen Ihnen - Mike, zieh mir sofort ne Ampulle Ketamin und Midazolam auf. Wir müssen Sie sofort ins Krankenhaus bringen, sonst schafft sie es nicht - Bleiben Sie ganz ruhig, gleich geht’s Ihnen besser…” Dann die einhüllende Dunkelheit, aus der Sie sich seitdem nicht mehr befreien kann. Bis sie seine Stimme hörte…

  • Grelles Licht drang in ihre schmerzenden Augen und ließ sie stöhnen. Ihre Hand wurde gehalten, also drehte sie ihren Kopf leicht in die Richtung. Nina fühlte sich so erschöpft und müde, aber sie musste wissen, was hier vor sich ging. Erleichterung durchströmte sie, denn an ihrer Seite saß Ben. Er hatte die Augen geschlossen und ihre Hand an seine Wange gedrückt. Er weinte. Nina nahm all ihre Kraft zusammen und sprach ihn an. “Nicht weinen Ben. Es wird alles wieder gut”, sagte sie leise.
    Wie geschockt riss Ben die Augen auf und sah sie an. Blaue Augen sahen ihm entgegen. “Gott sei Dank, Nina, du bist wach?”, schluchzte er und drückte ihre Hand nun noch fester. “Ich hab dich gehört. Du hast mich zurückgeholt”, lächelte sie ihn an. Ben war so überglücklich, dass er augenblicklich alle Schmerzen und alle Anstrengung vergaß. “Ich bin so froh! Jetzt kann nichts mehr passieren”. Er küsste ihre Hand und drückte sie nochmals gegen seine Wange.


    Hoffentlich hatte er sich mit seiner Aussage nicht getäuscht. Eine stillschweigende Minute saßen sie so da und Ben konnte sein Glück kaum fassen sie wieder zu haben, als sich Ninas Gesichtsausdruck plötzlich veränderte. Irgend etwas stimmte nicht. Ihr Körper verzog sich vor Schmerzen und die Überwachungsgeräte spielten auf ein mal völlig verrückt. “Nina, was ist mit dir?”, fragte Ben panisch. Doch er erhielt keine Antwort, so dass er unweigerlich sofort den Notrufknopf neben ihrem Bett betätigte. Dr. Gast und eine Schwester kamen augenblicklich ins Zimmer gestürzt und schoben Ben ein wenig zur Seite. “Was ist passiert?”, fragte der Arzt. Völlig perplex antworte Ben. “Ich weiß es nicht… Sie ist wach geworden… Sie hat mit mir gesprochen… Sie war ganz normal. Dann hat sie… Ich weiß nicht…”. Der Arzt tastete nach dem Puls an ihrem Handgelenk, überprüfte Atmung und Pupillenreflexe. “Sie scheint wieder innere Blutungen zu haben - Verdammt! Wir müssen sie sofort in den OP bringen” sagte Dr. Gast. Nina blinzelte unmerklich und zeigte so, dass sie noch immer bei Bewusstsein war. “Frau Lechner! - Nicht einschlafen! - Bleiben Sie wach!”, sprach Dr. Gast auf seine Patientin ein, die einer Ohnmacht nahe stand. Sie konnte kaum noch gegen die bevorstehende Bewusstlosigkeit ankämpfen als ihr Körper von Krämpfen durchzogen wurde. Für Ben war es entsetzlich, mit anzusehen, wie Nina vor Schmerzen da lag und an die Decke starrte. Ein Gefühl der Hilflosigkeit überwältigte ihn, denn er konnte nichts tun. “Wir müssen uns beeilen”, sagte Dr. Gast und betätigte seinen Piper. Danach schenkte er Nina wieder seine gesamte Aufmerksamkeit und versuchte sie davon abzuhalten bewusstlos zu werden damit ihr Kreislauf nicht instabil wird. Ninas Körper entspannte sich zwar kurz, als Dr. Gast ihr ein zusätzliches Schmerzmittel spritzte. Aber auf dem Weg in den OP-Saal hatte ihr Körper den Kampf schon aufgegeben und sie lag regungslos in ihrem Bett. Jetzt mussten die Ärzte schnell handeln.
    Zurück blieb Ben, der noch immer fassungslos in ihrem Zimmer im Rollstuhl saß und das ganze noch nicht so richtig begreifen konnten. Eben erst meinte er, es wird alles gut und nun kämpft sie um ihr leben. Ob sie den Kampf diesmal auch gewinnt?

  • Semir hatte auf dem Gang Tumult gesehen und ging schnellen Schrittes auf Ninas Zimmer zu. Zu seinem entsetzen war es leer. Nur Ben saß zusammengekauert in seinem Rollstuhl in der Ecke des Zimmers. “Was ist passiert?”. “Nina… sie… ich”, stotterte Ben und vergrub das Gesicht in seinen Händen. “Ganz ruhig”, ging Semir auf ihn zu und strich im beruhigend über den bebenden Rücken. “Ich bring dich erst mal wieder zurück in dein Zimmer”. Semir fragte sich, was wohl passiert war. Aber Ben schien noch nicht in der Verfassung zu sein ihm irgendwas zu sagen. So schob er ihn zurück und half ihm wieder in sein Bett. Ben schien völlig apathisch. Im selben Augenblick betrat Dr. Gast den Raum. “Doktor, was ist passiert? Wo ist Nina?”. “Tut mir Leid, Herr Gerkan, aber Frau Lechner hat plötzlich wieder innere Blutungen bekommen. Wir haben sie sofort in den OP gebracht. Der Spezialist kümmert sich gerade um sie. Im Moment können wir leider nur ihre Verletzungen behandeln und hoffen, dass ihr Körper stark genug ist die Zeit zu überbrücken bis sie sich wieder erholen kann”, schilderte der Arzt, während er Ben wieder an die Überwachungsmonitore anschloss. “Was heißt das genau?”, wollte Semir wissen. “Nun, die nächsten 24 Stunden sind entscheidend. Es liegt an ihr. Sie kämpft. Aber die Chancen stehen bei solch schwerwiegenden Verletzungen nicht besonders gut”. Diese Nachricht war niederschmetternd. Damit hatte keiner gerechnet. Mit Sorge blickte der Arzt auf die Geräte von Ben. Dieser saß immer noch perplex da und konnte die Situation gar nicht einordnen. “Herr Jäger ich geben Ihnen besser wieder etwas zur Beruhigung“.
    “Vergessen Sie´s”, war seine barsche Antwort. “Die Person, die mich gerettet hat, mir das Leben gerettet hat, liegt immer noch im Sterben. Und ich will verdammt noch mal dabei sein wenn ihr Herz aufhören sollte zu schlagen“, ´auch wenn ich mir dadurch nur noch mehr Vorwürfe machen würde` fügte Ben im Geiste hinzu. “Ich werde nicht zulassen, dass es soweit kommt Herr Jäger. Aber bitte, ruhen Sie sich ein wenig aus. Die Anstrengung und Aufregung war doch ein bisschen viel für Sie”.


    Semir blieb noch bei Ben, bis dieser erschöpft eingeschlafen war. Er konnte selbst nicht glauben, wie schlecht es das Schicksal momentan mit ihnen meinte. Eben erst dachte er, er hätte Nina zurück gewonnen. Und jetzt sollte sie doch gehen? Er hoffte, das es nicht soweit kommen würde. Als Semir Zuhause war, erhielt er den Anruf, dass Nina die OP soweit überstanden hatte und die Blutungen erneut gestoppt werden konnten. Aber niemand durfte zu ihr. Mit Wehmut dachte er noch mal an Ben. Er war seit dem Vorfall nicht mehr aufgewacht. Zu sehr hatte doch die Anstrengung seinem Körper zugesetzt. Aber die Schwester versicherte ihm, dass alles in Ordnung sein. Also war er nach Hause gefahren. Dringend brauchte er eine heiße Dusch, ein wenig Schlaf und die Geborgenheit seiner Familie. Zwar wurden Aidas Fragen immer eindringender, warum denn Ben nicht mehr vorbeikam und ihr eine Geschickte vorlas. Oder warum er sie nicht anrief um mit ihr zu plaudern. Aber Semir versicherte ihr, Ben würde bald wieder kommen.

  • Einige Tage vergingen, als endlich die erlösende Nachricht kam, dass Nina über dem Berg war. Sie wurde in der Zwischenzeit in ein künstliches Koma versetzt, um ihrem Körper die Chance zu geben sich zu regenerieren. Heute Nachmittag sollte es soweit sein und sie konnte wieder aufwachen.
    Ben ging es von Tag zu Tag besser, obwohl ihn die Sorge um Nina nicht losließ. Er konnte bereits auf die normale Station verlegt werden und für morgen war seine Entlassung vorgesehen.
    Semir hatte seine Arbeit wieder angetreten. Zusammen mit der Chefin konnten sie bei der Staatsanwaltschaft durchsetzten, dass Melanie Mahler unverzüglich in ein Hochsicherheitsgefängnis verlegt wurde. Die Schrankmann hatte ihnen versichert den Fall nochmals aufzurollen und die Haftstrafe gegebenenfalls anzupassen. Wenigstens ein kleiner Sieg, dachte Semir.
    Doch so oft es ging besuchte er Ben natürlich. Bei Dr. Gast konnte er aushandeln, dass Ben zu Nina durfte, um dabei zu sein, wenn sie aufwacht. Semir machte dem Arzt klar, dass das für Ninas Gesundheit nur förderlich sein, wenn sie Ben sehen würde. Obwohl Semir ja gar nichts von Medizin verstand. Aber Dr. Gast war trotzdem einverstanden.


    So saß nun Ben in Trainingshose und T-Shirt neben Ninas Bett und wartete darauf, dass sie aufwachen würde. Seine Schulter war immer noch in eine Schlinge gelegt und um die Rippen trug er einen Stützverband. Aber die Wunden heilten gut und sollten ihn bald vergessen lassen. Währen da nicht die seelischen Wunden, die niemand sieht, aber mindestens genauso schwerwiegend sind. Doch Ben war eine Kämpfernatur. Er ließ sich so leicht nicht unterkriegen. Er war schon oft in schwierige Situationen geraten und hatte den Weg zurück ins Leben allein wieder gefunden. Selbst nach dem Tod von Saskia oder den schrecklichen Stunden im Sarg hatte er die Kraft aufgebracht weiterzumachen. Und er war selbst stolz auf sich das überwunden zu haben. Es hat ihn härter und zäher werden lassen. Aber dennoch hatte es nicht die Tür vor seinen Gefühlen verschlossen. Und so blickte er gespannt auf Nina, die ruhig atmend vor ihm lag und hoffte er können ihr bald wieder in ihre wunderschönen blauen Augen sehen und ihr sagen wie sehr er sie vermisst hatte.

  • Das erste, was sie spürte, war Kälte. Ihr war kalt und sie hatte das Gefühl gerade einen Dauerlauf absolviert zu haben. Wie lange war sie schon hier? Und die Frage war, wo war sie überhaupt? Ihre Gedanken waren so wirr, dass sie sie nicht ordnen konnte. Eine Stimme drang zu ihr hindurch, also öffnete sie vorsichtig die Augen. Die Helligkeit stach auf ihre Pupillen ein, sodass sie ihre Lider schnell unter stöhnen wieder schloss. Ben hatte dies natürlich bemerkt und beugte sich leicht über ihr Gesicht. Er strich ihr durchs Haar und flüsterte ihr zu. Als Nina die Augen ein zweites mal öffnet erscheint Ben in ihrem Fokus. Es tut gut ihn zu sehen. Sofort lächelt sie ihn an. Ben lächelt zurück, so erleichtert war er. “Schön, dass du wieder da bist“. Nina wollte antworten, aber ihre Stimme versagte noch ihren Dienst. “Der Arzt sagt, du brauchst noch Ruhe und darfst dich nicht zu sehr anstrengen”. Trotzdem konnte Ben auf Ninas Gesicht eine Menge Fragezeichen erkennen. Kurz schilderte er ihr deshalb, was geschehen war. “Du hattest wieder innere Blutungen. Es stand sehr schlecht um dich. Du wurdest in ein künstliches Koma versetzt, um deinen Körper zu schonen. Aber die Ärzte sagen, du bist nun außer Gefahr. Ich wäre fast gestorben aus Sorge um dich“. Bei diesem Satz lief Ben eine Träne über sein Gesicht. Nina hob ihre Hand und wischte sie mit ihrem Daumen weg. “Auch wenn ich schon viele Kämpfe verloren habe, manche sind es wert gewonnen zu werden”, sagte sie leise. Ben sah sie voller Zuneigung an. “Ich wollte nur sagen…”, lächelte Ben, doch sah er, dass Nina vor Erschöpfung schon wieder eingeschlafen war. “Ich wollte nur ´Danke´ sagen…”.


    Nach einer Woche durfte Nina endlich entlassen werden. Ben holte sie natürlich vom Krankenhaus ab. “Du kommst erst mal mit zu mir”, hatte er ohne Widerworte zuzulassen verkündet und half ihr beim einsteigen in seinen Mercedes. An seiner Wohnung angekommen hatte Ben schon alles vorbereitet und eine Decke und Kissen waren auf der Couch für Nina bereitgelegt. Dankbar kuschelte sie sich in die wohlige Wärme, während Ben ihr einen Tee kochte und immer wieder von der Küche zu ihr hinüber sah. Den ganzen Nachmittag unterhielten sie sich über die verschiedensten Dinge. Oft Belanglosigkeiten. Doch dann kam, was kommen musste. Die Sprache fiel wieder auf die letzten Ereignisse zurück. Zwar hatten sie schon sehr viel im Krankenhaus darüber geredete, denn Ben war keine Minute von ihrer Seite gewichen. Doch Nina hatte sich natürlich auch Gedanken zu dem Vorfall gemacht. Und ihren Entschluss machte sie sich keinesfalls einfach.

  • “Und du willst wirklich weiter als Polizist arbeiten, hab ich recht?”, vergewisserte sich Nina nochmals. “Natürlich… Meine Arbeit ist mein Leben. Ich könnte mir gar nichts anderes vorstellen”. Für Ben war es wie selbstverständlich. Er hatte sich diesen Beruf ausgesucht. Und die Zusammenarbeit mit Semir, seinem Partner und besten Freund, war einfach super. Zwar war ihm klar, das sein Job nicht ganz ungefährlich war, aber er war sich des Risikos bewusst und akzeptierte es.
    “Ich finde es erstaunlich, wie du mit solchen Situationen umgehen kannst und ich wünschte ich hätte deine Stärke. Aber die habe ich leider nicht“, fuhr Nina fort. Ihre Stimme stockte. “Ich könnte den Gedanken nicht ertragen dich jeden Tag in Gefahr zu wissen. Das dir etwas passieren könnte. Ich hatte selbst diesen Job und man nimmt das in Kauf. Aber dabei bin ich für mich selbst verantwortlich. Ich könnte mir nie verzeihen, wenn dir etwas zustoßen würde und ich dir nicht helfen könnte“. Ben sah sie etwas verwirrt an. “Aber wer sagt denn, das immer gleich etwas passierten muss. Ich werde ja schließlich nicht jeden Tag entführt oder angeschossen”, wand Ben ein. Als er die Worte ausgesprochen hatte bereute er sie doch sogleich, wusste er, dass er da bei Nina einen wunden Punkt getroffen hatte. “Ben, ich liebe dich! Aber dich in Gefahr zu wissen, damit könnte ich nicht leben. Zumindest heute nicht. Vielleicht würde sich das einmal ändern. Aber ich kann dir nicht antun darauf zu warten“. Ben biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. Er fürchtete sich regelrecht vor den Worten die jetzt wahrscheinlich folgen würden.


    “Ich weiß, das wirst du jetzt nicht gerne hören wollen. Aber es ist meine Entscheidung. Und ich bitte dich, das zu akzeptieren”. Nina stiegen Tränen in die Augen als sie Ben noch mal ansah. Aber sie wusste, das ist die richtige Entscheidung. Wenn sie bei ihm blieb, würde sie einen eventuellen Verlust niemals verkraften können. Egal in welcher Hinsicht. Und dazu fühlte sie sich nicht bereit, so sehr sie ihn doch liebte. Und sie konnte von ihm nicht verlangen seinen Job für sie aufzugeben. So wie sie es getan hatte, nachdem ihr Vertrauen so sehr verletzt wurde. Von den Menschen, denen sie vertraute. Für die sie gestorben wäre.


    Sie nahm seinen Kopf in beide Hände und küsste ihn zuerst zärtlich auf den Mund und dann auf die Stirn. “Lebe wohl und pass auf dich auf”. Danach drehte sie sich um, verließ die Wohnung und schloss die Tür leise hinter sich.


    ENDE

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