Sein oder Nichtsein

  • Mit feinfühligen Schlägen ließ er die fellbesetzten Schläger auf das gespannte Fell der Kesselpauken niedersausen und legte sofort seine Hand rauf, wenn eine kurze Note gespielt werden sollte. Dann kam das Finale der Ouvertüre und der Jungkommissar und eigentlich Gitarrist legte sich noch einmal gebührend ins Zeug, um nicht aus seiner Rolle zu fallen. Dann endlich der Schlussakkord und der obligatorische Strich mit dem Taktstock durch die Luft. „Okay... das hat mir schon sehr gut gefallen.“, meinte Christopher und sah zufrieden in die Runde. Jeder konnte die sich schon langsam auf seinem Hemd abzeichnenden Schweißflecken sehen. „Gut, noch einmal und dann machen wir mit den nächsten Stücken weiter.“, meinte er und hob wieder den Taktstock.


    Sebastian wartete auf seinen neuen Freund, als dieser geschafft zu ihm stieß. „Wow, was ist denn mit dir passiert?“, wollte der junge Student wissen. „Dieser Dirigent kennt kein Erbarmen.“, knurrte Ben und ging dann mit seinem Begleiter zum Essen in die Mensa der Universität. Sie suchten sich einen freien Platz und Ben sah sich um. Die große Anzeigetafel schoss ihm sofort in die Augen. „Oh man... reichhaltiges Angebot.“, dachte er laut und steuerte sofort auf die Essensausgabe drauf zu. Schnell war ein Tablett genommen und Ben stellte sich dann hinter dem letzten Mann bei Essen 3 an. Unweigerlich lauschte er dabei einem interessanten Gespräch. „Wir müssen jetzt aufhören, Christian. Bestimmt sind die schon hinter uns her.“, hörte er vom linken Vordermann. „Ach was, sei nicht so ein Angsthase. Man André, unsere Einnahmequelle ist versiegt. Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass wir alle Mitwisser loswerden. Drei sind schon...“, plötzlich hielt der rechte Vordermann inne und drehte seinen Kopf langsam zur Seite. Schnell setzte Ben ein unbeteiligtes Gesicht auf und drehte sich nach Sebastian um. Dieser erschien im rechten Augenblick. „Und, was wird hier geboten?“, fragte der junge Mann und schielte an Ben vorbei in die Behälter der Köchin. „Fisch? Oh nee, den hatte ich doch gestern erst.“, grummelte er und ging weiter. Ben nahm sein Essen entgegen, bezahlte und ging zu seinem Platz, wo Sebastian kurz danach ebenfalls eintraf. „Sag mal Basti, wer waren die beiden Männer, die vor mir anstanden? Weißt du das?“, fragte Ben sein Gegenüber. Dieser beugte sich langsam vor. „Wen meinst du denn?“, entgegnete Sebastian Obeth und Ben zeigte ihm die beiden Männer, die nicht weit von ihm entfernt, aber zumindest außer Hörweite saßen, was bei der momentan gut besuchten und frequentierten Mensa kein großes Problem war. „Ach die beiden... also pass auf... der linke ist André Menger, das Mädchen für alles von Professor Heimann. Der, der ihm gegenüber sitzt, ist Christian Acker, ein ziemlich scharfer Dozent, bellt und beißt gerne.“, erklärte Sebastian und Ben nickte. Das, was er vorhin da gehört hatte, ging ihm nicht aus dem Kopf. Er musste unbedingt Semir davon unterrichten. Das war doch zu interessant.

  • Da er seine Unterlagen über die Vorlesung noch hatte, ging Semir die Anwesenheitsliste durch, die er sich kopiert hatte und suchte nach dem Namen, den er gefunden hatte. Doch mit jeder Seite, die er ohne Ergebnis umblätterte, schwanden seine Hoffnungen, dass sich der Student mit dem Namen dabei befand. Und was sagte ihm schon ein Name? Davon gab es doch viele an der Uni, die mit Vornamen Sascha hießen. Aber wie viele davon waren drogenabhängig? Da half nur scharfe Beobachtung und Bens sicheres Auge. Hoffentlich meldete sich der Kerl bald, dachte Semir, und wie durch magische Gedankenübertragung ertönte auch schon das schrille Klingeln des Telefons.


    „Na endlich, ich warte schon auf deinen Anruf, Ben.“, begrüßte Semir seinen Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung. „Ähhh Semir, hier ist Hartmut... muss dich leider enttäuschen.“, hörte er den Techniker durchs Telefon und sah ihn förmlich grinsen. „Schon okay Hartmut... was gibt es denn, dass du extra deswegen anrufst?“, wollte Semir dann wissen und blieb an seinem Platz sitzen. „Hör mal, wir haben die Laborsachen durchgecheckt, die wir im Versteck von Robert Schneider gefunden haben. Dabei ist mir etwas sehr merkwürdiges aufgefallen.“, kam es von Hartmut. „Aha, und was?“, wollte Semir wissen. „Nun ja, ist es nicht ungewöhnlich, wenn sich ein Spediteur, der obendrein verdächtigt wird, mit Drogen zu handeln, bei der Universität von Köln Laborgeräte borgt?“, wollte Hartmut wissen. „Was sagst du da?“, staunte Semir und war aufgesprungen, ließ sich aber gleich wieder in seinen Stuhl zurückfallen. „Ja, jedenfalls ist nichts in den Akten vermerkt, dass die Uni einen Diebstahl angezeigt hat. Also...“ „Also hatte er einen oder mehrere Komplizen an der Uni.“, dachte Semir laut und sah sich um. „Entweder das oder sie haben jemanden bestochen, um an die Geräte zu kommen.“, erklärte Hartmut. „Okay, schick mir den Bericht. Ich setze mich sofort mit der Uni in Verbindung.“, beendete Semir das Gespräch und erkundigte sich bei der Uni-Leitung. Doch diese verwiesen ihn nur an das Institut für Biologie und Chemie. Auch hier wurde Semir noch einmal weiter verbunden, ehe er einen der für die Labors zuständigen Professoren am Telefon hatte.

  • „Professor Holger Bunsenbrenner, Uni Köln.“, meldete sich am anderen Ende der Leitung endlich einer. „Semir Gerkhan, Kripo Autobahn.... ich grüße sie. Sagen sie, sie sind doch für die Laboratorien an der Universität zuständig, oder?“, fragte Semir. „Das ist richtig. Aber warum interessiert sich die Polizei, und dazu noch die Autobahnpolizei, dafür?“, wollte Bunsenbrenner wissen. Semir erklärte ihm in wenigen Worten den Fall und den Verdacht, der sich eben durch Hartmut ergeben hatte. „Was? Das kann ich gar nicht glauben. Sind sie sicher?“, fragte der Biologieprofessor. „Es ist wahrscheinlich so. Jetzt muss ich nur ihre Laboratorien sehen um festzustellen, ob wirklich die Geräte fehlen, die sichergestellt wurden.“, erklärte Semir. „Okay, dann würde ich vorschlagen, dass wir uns in einer halben Stunde vor den Biologielaboratorien der Universität treffen. Wissen sie, wo das ist?“, wollte der Professor wissen. Semir bejahte dies und fügte mit Nachdruck hinzu, dass er pünktlich sein werde. Danach legte er auf, schnappte sich seine Jacke und seinen Schal und fuhr los.


    Steven war nach der Probe sofort nach Hause aufgebrochen und kam zeitgleich mit seiner Mutter vor der Haustür seines Wohnhauses an. „Hallo mein Junge.“, begrüßte Heike ihren Sohn und küsste ihn kurz auf die Wange. „Mama...“, quengelte der erwachsen werdende, junge Mann und wischte sich die Reste des Lippenstiftes seiner Mutter ab. „Komm, zeig mir deinen Freund.“, bat sie und beide gingen in die Wohnung hinauf. Sascha saß dort, zusammengerollt in einer warmen Decke, auf der Couch und schwitzte das Gift aus seinem Körper. „Sascha, ich bin's.“, rief Steven durch die Wohnung und sah sich alle Räum an, auf der Suche nach seinem Freund. Dann entdeckte er ihn auf der Couch sitzend, die Augen glasig, der Blick vollkommen leer und abwesend dreinblickend. „Ah, hier bist du... ich habe meine Mutter mitgebracht. Sie therapiert Süchtige und will dir helfen.“, meinte Steven mit Freude in seiner Stimme. Doch Sascha drehte nur seinen Kopf zu den beiden, für ihn vollkommen verschwommen gesehenen Gestalten. Kein Laut brach sich über seine Lippen. Nur sein Kopf hob und sank sich leicht wieder. Das war alles, was er an Kenntnisnahme von sich brachte. „Er ist sehr geschwächt.“, meinte Heike und sah ihren Sohn an. Dann ging sie in die Küche, werkelte dort herum und kam nach einigen Minuten wieder, die Steven wie eine vollkommen dauernde Ewigkeit vorkamen.


    ...

  • „Hier, trink das, Sascha.“, meinte sie und setzte sich neben den vollkommen entkräfteten jungen Mann mit dem blonden Pferdeschwanz. Dieser blickte sie kaum an, starrte nur auf die Tasse mit der dampfend heißen Flüssigkeit in ihrer Hand. Langsam streckte er seine zitternden Hände danach aus und ergriff das Gefäß. Vorsichtig führte er es zu seinem Mund, immer mit der Hilfe von Heike, und trank langsam und vorsichtig kleine, aber stärkende Schlucke. „Das tut gut.“, kam es heiser von ihm. Steven lächelte und seine Miene erhellte sich von diesen kleinen drei Worten. „Du bist sehr geschwächt, Sascha. Du brauchst etwas Festes im Magen.“, mahnte Heike und sah ihren Sohn dabei an. „Steven, mach ihm eine kräftigte Suppe. Er muss unbedingt etwas zu sich nehmen. Aber sei vorsichtig mit dem Würzen. Der Körper verträgt im Moment nicht viel.“, erklärte Stevens Mutter und der junge Mann nickte, machte sich sofort auf in die Küche und kam nach dreißig Minuten mit einem Teller warmer Suppe wieder, stellte sie vor Sascha ab und setzte sich ihm gegenüber. „Iss.“, bat ihn die erfahrene Suchttherapeutin. Der Angesprochene nahm vorsichtig den Löffel und begann nach und nach die Suppe zu essen. Während sein Freund dies tat, sah Steven seine Mutter fragend an. „Er wird es bald überstanden haben. Aber danach beginnt die eigentliche Arbeit.“, meinte sie mit eindringlicher Stimme.


    Ben entschuldigte sich bei Sebastian und verschwand kurz auf die Toilette. Dort angekommen, kontrollierte er jede Kabine, ob sich ein unwissentlicher Zuhörer darin befand. Als dem nicht so war, schloss er sich in die abgelegenste Kabine ein und holte sein Handy hervor. „Semir? Ben hier... pass auf, ich muss dich unbedingt treffen... jetzt. Ich hab da was ganz interessantes erfahren.“, fing der Jungkommissar an und wartete ab, was sein Kollege dazu sagte. „Das habe ich auch Ben. Wusstest du eigentlich, dass Rolf Schneider seine Drogen mit Hilfe der Universität hergestellt hat?“, erwiderte Semir und sofort wurde Ben hellhörig. „Was?“ „Ja, Hartmut hatte mich vorhin angerufen und mir gesagt, dass die sichergestellten Laborutensilien aus dem Bestand der Universität sein müssen.”, erklärte der Deutschtürke. „Interessant, und ich glaube, ich weiß auch, wer das an Schneider vertickt hat.“, entgegnete Ben und verabredete sich mit Semir zu einem Treffen auf dem Parkplatz der Universität.

  • Als er in den Speisesaal zurückging, sah er, wie Sebastian versuchte, eine scheinbar ihm bekannte Studentin zu becircen. Doch Bens geschulter, weitreichender Blick zeigte ihm, dass ihn das Mädel mit einem Lächeln und einer leicht unterkühlten Schulter abblitzen ließ. Geschlagen ging Bens Kommilitone zum gemeinsamen Platz zurück und vergrub seinen Kopf in den Händen. „Na, ist wohl nicht so gut gelaufen, was?“, fragte Ben lachend und klopfte ihm aufmunternd auf die Schultern. Doch Basti blickte nur auf. „Sag mal, hast du ne Freundin? Ich meine, so wie du aussiehst, müssen dir doch die Frauen reihenweise hinterher rennen.“, dachte Basti laut und sah seinen Gegenüber an. Ben grinste nur und sah seinen Gegenüber an. „Im Moment bin ich auch solo... es gab vor einem Jahr die große Liebe meines Lebens, doch...“, Ben hielt inne. Wie ein Lava speiender und vollkommen unberechenbar ausbrechender Vulkan kamen die Gefühle an Saskia wieder hoch. An seine große Liebe, der er es nicht schaffte, seine wahren Gefühle zu gestehen. Die dann so plötzlich eines tragischen... „Ben? Alles in Ordnung mit dir?“, holte ihn die Stimme von Sebastian in die Gegenwart zurück. „Ja, ich ... ich hab nur an schlechte Zeiten denken müssen.“, meinte er dann und griff nach seinem Pudding, den er noch nicht gegessen hatte. Normalerweise würde der Jungkommissar solch eine Süßspeise schnell verschlungen haben, doch, nachdem er sich an Saskia erinnert hatte, konnte er einfach nicht schnell essen, ohne dabei unweigerlich an ihre Kommentare zu denken, die sie ihm immer zuwarf, wenn er zu schnell aß. Basti sah ihn noch kurz an, wandte sich dann aber ab, um nach einer neuen, potentiellen, weiblichen Errungenschaft Ausschau zu halten.


    Semir kam, trotzt des winterlichen Verkehrs, auf dem Parkplatz des Biologieinstitutes der Uni an, parkte gekonnt ein und ging dann auf das Gebäude zu, um sich bei Professor Bunsenbrenner zu melden. Doch er schien den Kommissar schon erwartet zu haben. „Herr Gerkhan?“, kam es plötzlich hinter Semir hervor. Sofort drehte sich der Polizist um und hatte die Hand routiniert an seinem Gürtelhalfter. Nachdem er aber binnen Bruchteilen von Sekunden die Situation abgeschätzt hatte, verschwand die nervöse Hand wieder vom Halfter und damit von der Waffe. „Herr Professor Bunsenbrenner?“, entgegnete Semir seinerseits die Frage. Der angesprochene Mann, ein kräftig in die Höhe gewachsener Mann mit andeutender Halbglatze und einer Pfeife im Mund nickte kurz und bat dann den Hauptkommissar, ihm gleich zu den Laboren zu folgen. Semir tat, wie von ihm verlangt wurde und begann sogleich mit der mündlichen Untersuchung.


    ...

  • „Wann haben sie denn die Laborräume zum letzten Mal benutzt?“, wollte der Deutschtürke gleich wissen und ging neben dem Akademiker schnell, so gut es der frisch gefallene und ziemlich hoch liegende Schnee zuließ, her. „Tja, lassen sie mich mal überlegen... Wir mussten die Gerätschaften allesamt auslagern, da wir vor Weihnachten einen größeren Unfall hatten.“, erklärte er. „Einen Unfall? Was ist passiert?“, fragte Semir, entsetzt und neugierig zugleich. „Tja, eines unserer eigens vorbereiteten und lang andauernden Experimente hatte sich in gewissermaßen verselbstständigt. Wir hatten einige chemischen Vorgänge untersucht, haben unsere Studenten immer darauf hingewiesen, dass sie nach der letzten Veranstaltung alles mitnehmen sollten. Wir wissen bis heut nicht, was passiert ist oder wie es zu diesem Unfall gekommen sein kann. Auf jeden Fall war am nächsten Tag der gesamte Raum mit chemischen Müll verunreinigt. Wir mussten die hoch empfindlichen Geräte hinausschaffen und haben sie in einem stillgelegten Seminarsaal eingelagert. Aber sie sagten, dass sie Geräte von uns bei einem Drogendoktor gefunden haben? Das kann ich gar nicht glauben.“, stieß Bunsenbrenner aus. „Ich fürchte, es ist so und wenn ich richtig vermute, dann sind die Geräte nicht mehr in dem Zwischenlager und, wenn sie wollen, würde ich mit ihnen wetten, dass dies auch kein normaler Unfall war.“, erwiderte Semir nachdenklich. Abrupt blieb der Mann stehen und sah mit einem vollkommen entgeisterten Blick zu Semir hinüber, der einige Schritte weiter gegangen war. „Was? Sie wollen doch nicht etwa andeuten, dass dies kein gewöhnlicher Unfall war?“, stieß der Professor aus. „Das weiß ich noch nicht. Erst, wenn ich sehe, dass die Laborgeräte im Zwischenlager sind, dann bin ich sicher, dass es ein normaler Unfall war. Andernfalls kommt mir die Sache dann doch zu spanisch vor.“, kam es von Semir und nach wenigen Minuten standen sie vor dem provisorischen Lager für die hochempfindlichen und sensiblen Chemielaborgerätschaften. „Jetzt werden wir es gleich wissen.“, dachte Semir laut und wartete, dass der Professor die Tür öffnete.

  • „Oh man... das darf doch wohl nicht wahr sein.“, stieß der Professor aus und sah ihn den leeren Raum hinein. Auch Semir blickte in die Leere und sah sich in seinen Verdacht bestätigt. „Das... das kann ich mir nicht erklären, Herr Gerkhan. Ich meine, wir haben das Lager immer wieder kontrolliert. Da war noch alles vorhanden.“, stammelte der Akademiker und sah den kleinen Kommissar an. „Könnte es sein, dass die Geräte schon wieder an ihrem angestammten Platz sind?“, wollte Semir wissen. „Nein, nein, das kann nicht sein. Der Unfall ist doch erst drei Wochen her. So schnell verflüchtigen sich Chemikalien nicht.“, erklärte er und sah sich den fast ausgeräumten Raum an. Nur noch die festen Tische, die Reagenzgläser und die Waschbecken standen in den großen Ecken und der leeren Mitte im Raum. „Demnach hatten sie Recht, Herr Gerkhan.“, kam es vollkommen verstört von Professor Bunsenbrenner. „Ich dachte mir schon, dass dies der Fall sein würde.“, kam es von Semir. „Jetzt muss ich alles über den Unfall wissen. Haben sie eine Überwachungskamera hier in den Gebäuden?“, wollte der Kommissar wissen und sah den Akademiker an. „In den Gebäuden selbst nicht, aber an den Eingängen zum Laboratorien und den Lieferanten- und Hintereingängen schon.“, erwiderte er und Semir nickte. „Dann würde ich gerne die Aufzeichnungen der beiden Nächte nach dem Unfall sehen.“, bat Semir und Bunsenbrenner geleitete den Hauptkommissar zum Videoraum, wo er aus einen Festplattenrecorder von der jeweiligen Aufzeichnung eine Kopie auf einen CD-Rohling packte und sie an Semir übergab.


    Semir ging vom Gelände und suchte auf dem Parkplatz nach Ben. Angelehnt an Semirs kostbaren und eingeschneiten BMW stand sein Partner und fror. „Da bist du ja endlich. Man, ich steh hier bestimmt schon eine halbe Stunde. Wo warst du denn?“, wollte er wissen. Doch Semir grinste nur. „Wolltest du dich mal als Schneemann fühlen?“, lachte er nur und stichelte Ben. „Sehr witzig.“ „Hör mal, während du dich hier den Annehmlichkeiten des Studentenleben hingibst, habe ich einen Fall zu lösen.“, meinte Semir und tat dabei schwer arbeitend. „Äh Semir? Wir haben einen Fall zu lösen. Oder willst du mich nicht mehr als deinen Partner haben?“, wollte Ben mit gespielter Beleidigtheit wissen. „Ist ja schon gut, aber was wolltest du mir erzählen?“, fragte der Deutschtürke und Ben berichtete ihm von dem Gespräch, dass er in der Mensa belauscht hatte. „Hm, sehr interessant. Zumal ich die beiden Herren vom Sehen her kenne. Wir sollten doch mal überprüfen, ob es zwischen ihnen und Rolf Schneider eine Verbindung gibt. Ich glaube zwar nicht, dass sich angehende Akademiker mit einem Drogenboss einlassen würden, aber sicher ist sicher.“, kam es nachdenklich von Semir. „Das denke ich auch.“, entgegnete Ben.


    ...

  • „Hast du dich schon mit Steven Liniek angefreundet? Konntest du rausfinden, mit wem er in der Bibliothek gesprochen hat?“, wollte Semir wissen. „Nein, wir hatten heute nur eine Vorlesung zusammen. Da wollte er nichts von mir wissen.“, erklärte Ben. „Und auf der Orchesterprobe konnte ich mich ja wohl schlecht mit ihm unterhalten, oder?“, fügte er grinsend hinzu. „Klar, du drückst dich aber auch immer um deine Arbeit.“, stichelte Semir und wich dem geworfenen Schnee von Ben aus. „Mach das du hier wegkommst.“, lachte er und warf eine weitere Portion nach seinem Partner. Dieser stieg in seinen Wagen und rauschte davon. Ben ging wieder zur Mensa zurück, wo er noch seine Tasche und sein Instrument bei Sebastian geparkt hatte, und nahm dafür den längeren Weg durch das Gebäude. Unweigerlich kam er dabei an einer offenen Tür vorbei. „Hör mal zu, Steven, so geht das nicht weiter. Wenn Sascha noch einmal vollgedröhnt zu einer Probe kommt, kann er die Hauptrolle vergessen.“, hörte der Kommissar eine aufgebrachte Stimme aus dem Raum erklingen. Sofort war seine kriminalistische Neugier geweckt. Jedes Detail, dass auch nur etwas Licht in diesen verzwickten Fall bringen konnte, war von unschätzbarem Wert. Manches Mal verglich er den Beruf eines Hauptkommissars eher mit dem eines Bildhauers, der nach und nach aus einem groben Klotz Marmor ein wunderbares und gut erkennbares Bild formte. Einen Unterschied besaßen jedoch die beiden Berufe. Der Bildhauer hatte eine Vorstellung schon im Kopf, sah genau, was er wollte. Der Hauptkommissar hingegen musste diese Vorstellung erst suchen. Es war alles wie ein großes, im Schatten liegendes Puzzle, dass nach und nach ein klares Bild der Ereignisse freigab.


    „Ich weiß, Cedric, aber ich kann dir sagen, dass alles wieder ins Lot kommt. Sascha wird sich bis zur nächsten Probe wieder erholen.“, versicherte Steven und Ben hörte alles. Das könnte es sein, dachte er, doch er lauschte weiter. „Das will ich hoffen, ansonsten werde ich die Rolle spielen.“, kam es von dem Mann, den Ben durch den schmalen Türschlitz nicht sehen konnte. „Dann wird die Premiere ein Schlag ins Wasser.“, knurrte Steven und ging auf die Tür zu. Schnell huschte Ben auf die andere Seite und drückte sich so dicht er konnte an die Wand. Vorsichtig nahm er sein Handy hervor. „Semir... ich bin's. Hör zu, ich weiß vielleicht, wie wir herausfinden, wer mit Steven in der Bibliothek gesprochen hat. Hol mich an der Uni ab und dann folgen wir unserem gemeinsamen Freund.“, versprach Ben und hörte, wie Semir mit quietschenden Reifen wendete. „Ich komme sofort.“, hörte er Semir noch, bevor das Gespräch beendet wurde.

  • Steven ging zu seinem kleinen Wagen und stieg ein. Er bemerkte seinen eintreffenden und durch Ben verstärkten Verfolger nicht. „So, dann folge dem blauen Renault da mal...“, meinte Ben und Semir nickte nur. „Was hast du denn jetzt gehört, dass ich hier auf diesen schneeverwehten Straßen ein sehr riskantes Wendemanöver fahren musste.“, knurrte der Deutschtürke und sah seinen Partner an. Ben grinste. „Du hast doch nur Angst, dass dein BMW einen Schaden davonträgt.“, lachte er. „Jaaa... das habe ich. Pass auf...“, und Ben erzählte Semir, was er gerade gehört hatte. „Wow, da kommen wir endlich mal voran. Denn diesen Namen Sascha hab ich doch in den jeweiligen Terminkalendern und Handyorganizern unserer drei Toten gefunden.“, kam es erstaunt von Semir. „Hmm... dann hoffe ich, dass wir diesen Fall bald zu den Akten legen können. Ich hab keine Lust mehr, auf diese Art von Undercover.“, kam es nur von Ben. Jetzt war es Semir, der lachte. „Komm schon, das macht dir doch Spaß und ich wette, du hast schon nach ein paar hübschen, zierlichen Beinen Ausschau gehalten.“ Doch von Ben kam nur ein vielsagender Blick. „Nein, ich bin doch im Einsatz.“ „Schon klar...“, kam es von Semir und er folgte weiterhin dem kleinen Renault. „Wo will er denn nur hin? Das ist doch nicht der Weg zu einem der Institute, oder?“, dachte Semir laut und sah seinen Partner an. „Tja, er wird sich vermutlich mit seinem Freund treffen. Ansonsten würden wir ihm ja nicht folgen, oder?“ „Stimmt.“, meinte Semir und tatsächlich endete die Fahrt vor einem der Wohngebäude, nicht weit von der Universität entfernt. „So, dann wollen wir mal...“, meinte Ben und beide stiegen aus, gingen dem ebenfalls aussteigenden Steven nach.


    Der junge Student stieg die Treppen hinauf und merkte nicht, dass ihm die beiden Kommissare hinterher gingen. „Jetzt bin ich aber mal gespannt, was bei der ganzen Sache rauskommt.“, kam es nachdenklich von Semir. „Bist du immer noch der Meinung, dass Steven etwas mit der ganzen Sache zu tun hat?“, wollte Ben wissen. „Du meinst, dass er was mit dem Drogenring zu tun hat? Mit den drei Toten auf dem Rastplatz? Und mit dem Verschwinden der Laborgegenstände? Das werden wir gleich sehen.“, entgegnete Semir und klingelte an der Tür, wo Steven vor wenigen Minuten hineingeschlüpft war. „Ich denke jedenfalls, er weiß irgendwas, was mit alledem zu tun hat.“, kam es anfügend vom Deutschtürken. Ben nickte und sah auf, als sich die Tür öffnete und eine Frau in Semirs Alter den beiden Kommissaren gegenüber stand.


    ...

  • „Guten Tag, Gerkhan und Jäger von der Kripo Autobahn. Wir würden gerne mit ihrem Sohn sprechen. Geht das, bitte?“, wollte Semir wissen und sah die Frau an. Heike blickte die beiden vor der Tür stehenden Männer abwechselnd an. Ihre Augen waren weit aufgerissen, als sie die beiden Dienstausweise sah und blickte dann wieder in die Augen der Kommissare. „Wenn es unbedingt sein muss.“, meinte sie kühl und gab den Weg frei. Ben und Semir gingen in die geräumige Wohnung, betraten den Flur, wo mehrere Zimmer abgingen. Gleich zu Anfang befanden sich Bad und Küche. „Wo ist ihr Sohn und sein Freund Sascha?“, kam Semir gleich zur Sache und drehte sich zu der Frau um, die hinter den Kommissaren hergegangen war. „Warum wollen sie meinen Sohn und seinen Freund sprechen?“, kam es erstaunt von ihr. „Tut mir Leid, aber das würden wir gern selbst mit ihm besprechen.“, erklärte Ben nur schnell und nahm dann eine Bewegung an der Tür neben sich wahr. Schnell war der Jungkommissar im Raum und hielt den an der Tür vorbei gehuschten Schatten am Arm fest. „Lassen sie mich los.“, schrie der junge Mann, den Ben am Wickel hatte und mit starkem Griff festhielt. „Nichts da... Du bist sicherlich Sascha?“, kam es von Ben und sah im gleichen Augenblick, wie Steven vom Sofa aufsprang und auf ihn losgehen wollte. „Lass ihn los.“, fauchte er, doch Semir kam dazu und drückte den jungen Studenten zurück aufs Sofa. „Jetzt reicht es. Du hast mich, als wir uns unterhalten haben, über Drogensüchtige und der Bekämpfung der Sucht ausgefragt. Und ich sehe eine Flasche Methadon auf den Tisch. Woher hast du das? Es ist verschreibungspflichtig. Also, ich will, dass du mir alles sagst oder ich stelle einen Zusammenhang zwischen dir, einem Einbruch ins Biologielabor und drei Morden her.“, fauchte Semir und der Junge bekam große, ängstliche und entsetzt dreinblickende Augen.


    „Was sagen sie da?“, kam es plötzlich von Heike, die sofort im Raum stand und die beiden von den Kommissaren festgehaltenen Studenten ansah. „Mein... mein Junge ist kein Mörder... das wüsste ich. Eine Mutter spürt, wenn sich ihr Kind verändert. Nein, Steven ist keiner, der mordet.“, zischte sie und drehte sich zu Semir. „Wenn sie das spüren... aber das ist kein Beweis. Ich habe Steven unwissentlich belauscht. In der Bibliothek, vor etwa zwei Wochen... und jetzt will ich wissen, wer das war oder ich werde sehr, sehr ungemütlich.“, knurrte Semir und sah Steven mit scharfen Augen an.

  • „Er hat mit mir geredet.“, kam es erschöpft von Sascha, der sich langsam aus Ben Griff löste. Ben ließ ihn gewähren und der junge Student mit den langsam zurückgehenden Entzugserscheinungen ließ sich aufs Sofa sinken. „Ich... ich war drogenabhängig und wäre es immer noch, wenn ich nicht Steven gehabt hätte. Dieser Kerl hat mich gerettet. Ich weiß nicht, wie, aber er hat mich nicht aufgegeben. Ich ... ich kam mit dem Stress im Studium und auf der Bühne nicht mehr klar. Sie wissen ja gar nicht, was das für ein Druck ist, der auf einem lastet.“, klagte er. Ben und Semir hörten gespannt zu. „Haben sie die Drogen bei Jochen Mahlzahn, Peter Gräulich und Konstantin Nieder gekauft?“, wollte Semir wissen und sah Ben vielsagend an. Sascha nickte nur. „Diese drei Männer sind tot und wir wollen wissen, was ihr mit dem Tod zu tun habt.“, erklärte Ben und sah, wie die beiden Jungs zu schwitzen anfingen. „Was? Das... das kann nicht sein... Ich meine, das sind doch Kommilitonen von uns ... gewesen.... Ich werde ihnen sagen, von wem ich das Methadon habe, aber ich schwöre, mit den Morden haben wir nichts zu tun.“, erklärte Steven und sah Sascha an, der überhaupt nichts mehr sagte.


    „Okay, dann erzähl mal, von wem du das Methadon hast.“, forderte Semir und Ben stellte sich hinter die Couch. „Ich habe meinen Vertrauensdozenten von Saschas und meinen Problemen erzählt. Er hat mir dann versichert, dass er das Methadon besorgen könnte. Er hat es besorgt und es hat Sascha geholfen.“, erklärte Steven. „Hast du eine Ahnung, woher er es haben könnte?“, wollte Ben wissen und stemmte sich auf die Rückenlehne der Couch. Der junge Student drehte sich um. „Leider nein, ich weiß nur das, was man sich unter Studenten erzählt.“, entgegnete Steven. „Aha... was erzählt man sich denn so unter den Studenten?“, wollte Semir wissen. „Man munkelt, dass Christian Acker in einer der ruchlosesten Studentenverbindungen in den Achtzigern war und noch immer die alten Kontakte pflegt, um sich das zu beschaffen, was er gerade braucht.“, kam es erklärend von Steven. „Sehr interessant.“, kam es nachdenklich von beiden Kommissaren. „Meinst du, wir sollten diesen Dozenten mal besuchen?“, schlug Ben vor. „Aber sicher... der Tag ist noch jung.“, konterte Semir und beide verabschiedeten sich von den Dreien, die nun allesamt auf der Couch saßen. Die Kommissare der Autobahnpolizei bestiegen ihren Wagen und fuhren zur Universität zurück.


    ...

  • Christian Acker saß in seinem Büro und hatte einige Stapel Arbeiten vor sich. Immer wieder nahm er sich eine Arbeit in die eine Hand, den Rotstift in die andere, korrigierte die Lage seiner Brille auf der Nasenspitze und legte mit der Korrektur los. Mit schnellen Strichen entschied er über richtig und falsch, korrekt formuliert oder umständlich geschwafelt, bestanden oder nicht bestanden. Als er die Hälfte der Arbeit kontrolliert hatte, klopfte es an der Tür. „Ja bitte.“, rief er und legte alles beiseite und sah auf. André Menger kam ins Büro gehechtet, blickte sich wie ein gejagtes Tier um. „Was ist denn mit dir los?“, wollte der Akademiker vom Mitarbeiter wissen. „Hast du es noch nicht gehört?“, fragte er vollkommen außer Atem. „Was soll ich gehört haben?“, kam die Gegenfrage. „Die Polizei war an der Uni und hat sich nach gestohlenen Laborgeräten erkundigt. Weißt du davon?“, kam es keuchend von ihm. Schnell zog er einen kleinen Inhalator aus der Tasche und zog die Luft aus dem kleinen Ding tief ein. „Wie soll ich davon wissen, wenn du mir gerade erst davon erzählt hast?“, knurrte Christian und war aufgestanden. „Dann kannst du dir ja ausrechnen, wie lange es dauern wird, bis die Polizei zu uns kommt.“ „Nicht, wenn du die Videoaufnahmen gelöscht hast, wie du solltest.“, meinte der Akademiker und goss sich lässig einen Kaffe ein. „Willst du auch einen?“ „Wie gelöscht? Das wolltest du doch machen.“ Scheppernd ging die Kaffeetasse zu Boden und das schwarzbräunliche Gebräu ergoss sich über den Teppich. Mit gieriger Schnelligkeit sog der beige Teppichboden das Getränk ein. „Verdammt, wie konnte uns das passieren?“, zischte Christian und hatte sich erschrocken umgedreht. „Wie kann man nur so dämlich sein? Man, darauf sind wir doch gut erkennbar... So eine...“, stieß er aus und drehte sich um, als es erneut an der Tür klopfte.


    „Wer ist da?“, fragte er rüde. „Polizei... Herr Acker, wir müssten mal kurz mit ihnen sprechen. Es geht um etwas sehr dringendes. Dürfen wir reinkommen?“, hörten beide eine bekannte Stimme. „Das ist dieser kleine Bulle, der vor einigen Wochen bei uns war. Was machen wir jetzt?“, zischte André und sah seinen Kompagnon an. „Nur keine Sorge... das machen wir schon.“, erwiderte Christian und sah sich um. Da... sein Brieföffner auf dem Schreibtisch. Wie aufs Stichwort, dachte er, schnappte sich das kleine Messer und versteckte es hinter seinem Rücken. „Bitte.“, meinte er nach draußen und im nächsten Moment ging die Tür auf.

  • Semir und Ben traten in das kleine Büro ein und blieben direkt an der Tür stehen. „Herr Acker?“, fragte Semir und deutete auf André, doch dieser zeigte auf seinen Nebenmann. „Ich bin Christian Acker. Was kann ich für sie tun?“, wollte er wissen. „Es geht um einen Studenten, den sie betreuen.“, erklärte Semir, sah dann aber vielsagend zu André Menger. „Wenn es geht, unter vier Augen...“ „Sicherlich.“, entgegnete der Dozent und stellte sich neben Ben, aber so, dass man nicht auf sein Rücken sehen konnte. „Gehen wir doch in die Cafeteria. Da sind wir ungestört.“, erklärte er und wies Semir mit einer Geste seines Armes an, als erster zu gehen. Dankend nahm Semir an. Jetzt ging alles ganz schnell. Ehe sich jemand versehen konnte, hatte Christian sich Ben geschnappt, in den Schwitzkasten genommen und hielt ihn das spitze Messer an den Hals. Erschrocken verharrte Ben. Sein ganzer Körper versteifte sich und er musste in die Knie gehen, da der Mann einen Kopf kleiner war, als er selbst. „Wenn sich einer rührt, ist er tot.“, fauchte er und sah die übrigen im Raum stehenden Personen mit weit aufgerissenen Augen an. Alles an ihm, seine Haltung, seine Körpersprache und die Tatsache, dass er ein Messer in der Hand hielt und damit einen Hauptkommissar der Kölner Autobahnpolizei bedrohte, verriet Semir und André, dass mit ihm nicht mehr zu spaßen war.


    „Was soll das, Acker? Lassen sie meinen Kollegen gehen. Dann können wir über alles reden.“, versuchte Semir den Mann zu beruhigen, doch dieser drehte sich mit Ben und versuchte, zum Ausgang seines Büros zu gelangen. „Halts Maul und wirf deine Waffe in den Papierkorb.“, harschte Christian Acker den Deutschtürken an und drückte Ben zum Nachdruck den Brieföffner weiter in den Hals. Der Jungkommissar stieß einen kurzen Schrei aus und merkte, wie sein Blut langsam seinen Hals hinunterlief. „Bitte... Semir... tu, was er sagt.“, kam es nur von Ben und sein Partner nickte. Langsam zog der Hauptkommissar seine Waffe aus dem Halfter und warf sie in den Papierkorb. „Sehr schön, und jetzt, da du sicherlich deine Handschellen dabei hast, wirst du dich jetzt an meinem Bürostuhl festmachen.“, fauchte Christian und durchsuchte mit der freien Hand Bens Körper nach seiner Dienstwaffe. Als er die fand, warf er den Brieföffner weg und bedrohte nun seine Geisel mit dessen Dienstwaffe. „Was soll das Acker? Wir wollten nur mit ihnen reden.“, stieß Semir aus, als er den Anweisungen nachkam. „Sicher und danach stecken sie mich in den Knast, weil ich drei Menschen ermordet habe.“, kam es wie aus der Pistole geschossen. „Sie? Sie haben die Morde an den Dealern begangen? Aber warum?“ „Warum? Warum, warum, warum, warum wirft einer sein ganzes Le „Warum? Warum, warum, warum, warum wirft einer sein ganzes Leben weg? Wegen des Geldes, des verfluchten Geldes. Was meinen sie, was ich verdiene? Denken sie, ich krieg bei dem Gehalt hier goldene Eier zu kaufen, oder was?“, fauchte er und würgte Ben stärker, je mehr er sich in Rage redete.


    ...

  • „Dann waren sie es auch, der die Laborsachen gestohlen hat.“, schlussfolgerte Semir, ohne es zu ahnen, aber nach diesem Geständnis wurde ihm einiges klar. „Natürlich, als Universitätsmitarbeiter haben sie zu allen Gebäuden uneingeschränkten Zugang. Also haben sie für Rolf Schneider, der die nötige Ausrüstung für sein Drogenlabor brauchte, einen geschickten Unfall im Chemielabor inszeniert.“ „Ich war schon immer gut in Chemie.“, lachte Christian Acker und stieß Ben zu seinem Partner. „Los, auf den Boden setzen.“, forderte er. Ben tat, was von ihm verlangt wurde, und fasste sich an seinen geschundenen Hals. „Der Rest war einfach, oder?“, harkte Semir nach und wollte von Acker ein Geständnis erzwingen. Er sollte selbst reden. Scheinbar hatte er damit auch kein Problem. „Einfach? Nein, einfach war nichts. Wissen sie, was ich alles anstellen musste, um meine Spuren zu beseitigen? Musste in die Werkstatt und die Liste abreißen. Leider hat mich dabei mein letztes Opfer gesehen und mich zu erpressen versucht. Da ich die Waffe nicht mehr hatte, musste ich meinen alten Studentendegen nehmen. Tja, die beiden ersten wirtschafteten einfach zu viel in ihre eigene Tasche. Sie waren aber bei mir angestellt.“, knurrte er und richtete die Waffe immer abwechselnd auf Semir und auf Ben. André stand die ganze Zeit daneben und rührte sich nicht. „Nur noch eine Frage, bevor sie uns das Licht ausknipsen... Warum haben sie Steven Liniek das Methadon für seinen Freund gegeben?“, wollte Semir wissen.


    Christian Acker lachte verächtlich auf. „Tja, ich hatte Mitleid mit dem Jungen. Hat mich irgendwie an mich selbst erinnert, als ich Student war. So voller Tatendrang, voller Idealismus, voller Liebe zu seinen Freunden. Und jetzt? Jetzt ist alles hin, aber außer euch dreien weiß keiner, dass ich der Täter bin.“, lachte er und richtete die Waffe auf Ben. Dieser riss die Augen weit auf und verkrampfte sich vollkommen. Muskeln und Nerven, selbst seine wuscheligen Haare waren bis zum zerreißen gespannt. „Tja, dann fang ich wohl mit dir an, oder?“, knurrte Christian und grinste diabolisch. Langsam, fast zögerlich legte er den Finger um den Abzug und spannte ihn langsam an. Immer mehr wich der Hahn vor dem Druck des Fingers zurück. „Sag auf wiedersehen, Bulle.“, kam es nur von Christian Acker und nun zog er den Finger vollkommen durch. „NEEEEEEEEIN.“, schrie Semir und alle Beteiligten schlossen die Augen.



    ...

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  • Als alle Beteiligten die Augen wieder aufmachten, war nichts passiert. Erschrocken blickte Christian in die aufgerissenen Augen von Ben. Dieser hatte gecheckt, was passiert war. Die Sicherungssperre seiner Waffe war noch intakt. Jetzt musste er schnell handeln, bevor sich dieser Wahnsinnige dessen bewusst wurde. Mit einem tigerartigen Satz sprang er auf und warf sich auf den Akademiker. Dieser war dermaßen erschrocken, dass er eine Sekunde sich nicht wehrte. Doch dann ging alles schnell. Ben wälzte sich mit dem Mann hin und her, versetzte ihn immer wieder einen Schlag, den Christian Acker aber mit Bravur parierte und dann zum Gegenschlag ausholte. Ben wich aus, hielt das Handgelenk mit der Waffe fest umklammert und schlug es immer wieder gegen das Tischbein, bis sein Gegner die Pistole fallen ließ. „So, jetzt ist aber genug mit den Spielchen.“, fauchte Ben schnaufend und drehte dem Mann die Arme auf den Rücken, legte ihm dann die Handschellen an, die er noch bei sich trug. „Lassen sie mich los, sie Scheißkerl.“, fauchte Christian Acker, war sich aber im nächsten Moment seiner ausweglosen Situation bewusst.


    „So, alter Mann, jetzt werde ich dich erstmal befreien.“, lachte Ben, als er sich aufraffte, um Semir von seinen Fesseln zu befreien. „Nun mach schon, damit wir nach Hause und diesen Fall abschließen können.“, knurrte Semir. „Bin ja schon da...“, lachte Ben und ließ die Handschellen aufschnappen, nachdem er den Schlüssel herumgedreht hatte. Sofort war Semir aufgesprungen und kam auf Christian zu. „So, und jetzt wird es mir ein großes Vergnügen sein, sie persönlich in Handschellen über den ganzen Campus zu unserem Wagen zu führen.“, fauchte er voller Genugtuung und sah nicht, wie Christian einen tödlichen Blick zu André warf, der sich aus der ganzen Sache still und heimlich rausgehalten hatte. Ohne ein Wort an den Mitarbeiter zu richten, verließen die Kommissare mit ihrem geständigen Verdächtigen das Büro und fuhren auf die PASt.

  • Eine volle Woche später. „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage: / Ob’s edler im Gemüt, die Pfeil’ und... und ... und Schleudern / Des wütenden Geschicks erdulden, oder / Sich waffnend gegen eine See von Plagen, / Durch Widerstand sie enden.“ Semir, Ben und Andrea lauschten dem Monolog von Hamlet, brillant dargestellt von Sascha Hirsch, dem jungen Studenten, der vor wenigen Tagen noch an den Erscheinungen einer drastischen Entziehungskur litt. Gebannt lauschten alle drei den Worten, die Shakespeare niedergeschrieben hatte und von diesem munteren, jungen Mann ausgesprochen wurden. In ihrem Bericht hatten sie das Drogenproblem dieses Studenten unter den Tisch fallen lassen. Darauf hatten sich beide Kommissare geeinigt, da sie fanden, er habe mit den nachfolgenden Schmerzen und mit den Krankheitserscheinungen schon genug zu kämpfen. Christian Acker hatte ein vollkommen umfassendes Geständnis abgelegt, was durch das Video unterstützt wurde. Die Aussage, die seinen Kompagnon, André Menger, belastete, konnte jedoch durch keinen Beweis gestützt werden. Weder durch das Video, auf dem nur Christian Acker zu sehen war, noch durch ein ausgiebiges Verhör des studentischen Mitarbeiters. So mussten sie ihn wieder laufen lassen.




    Nach dem Theaterabend kam Steven zu den beiden Kommissaren, als er sie im Foyer der Universität stehen sah. „Ich wollte mich noch einmal persönlich bei euch bedanken. Dafür, dass ihr Saschas Ausrutscher unter den Tisch habt fallen lassen.“, meinte der junge Student sichtlich erleichtert. „Schon gut, aber du solltest dafür sorgen, dass er nicht wieder rückfällig wird.“, meinte Ben und klopfte ihm auf die Schulter. „Keine Angst, das werde ich. Wie es scheint, habe ich über das ganze Studieren hin, das Gespür für die Sorgen meiner Freunde verloren. Das werde ich aber ändern.“, versprach Steven und ging wieder nach hinten. Die Kommissare blickten ihm nach. „Was meinst du, ob wir das Richtige getan haben?“, wollte Ben wissen. „Keine Ahnung, jedenfalls war es nicht das Falsche.“, erwiderte Semir, reichte seinem Kollegen den Mantel und beide gingen zu Andrea, die am Eingang wartete. Gemeinsam verließen sie dann das Gebäude und ließen einen verworrenen Fall mit allerlei Rätseln und Mysterien aus der Welt der Universität gelöst zurück.



    Ende.



    Aber Ben und Semir ermitteln weiter... „In the Army now“

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