Rache [Fortsetzung von "Die Zeugin"]

  • So, hier ist endlich die Fortsetzung meiner ersten Geschichte. Es hat etwas gedauert, dafür ist sie auch länger geworden. Ich werde versuchen, möglichst regelmäßig neue Teile einzustellen; es werden allerdings immer ein paar Tage dazwischen liegen, da ich per Hand vorgeschrieben habe und noch fleißig abtippen muss. "Die Zeugin" ist inzwischen auf Seite 3 im Archiv gelandet, es wäre ganz gut, den Inhalt dieser Geschichte zu kennen, bevor man hier anfängt. Noch eine kleine Warnung vorweg: Ich war wieder gmein zu Ben...



    „Ach, so ein verdammter Mist!“ Mit einem krachenden Geräusch flog die Gitarre in die Ecke. In den Tagen zuvor war Ben wenigstens noch so bedacht gewesen, sie nur auf die Couch oder auf den Boden zu werfen, aber inzwischen war er so frustriert, dass ihm das auch schon egal war. Aber dieses Mal hatte es seiner Gitarre den Hals gebrochen. Er erstarrte. Soweit war es also schon mit ihm gekommen. Er ließ sich auf das Sofa sinken und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Den Schmerz, der dabei seine rechte Hand durchfuhr nahm er gar nicht wahr.Was war nur aus ihm geworden?Aufopferungsvoll war er nach dem schweren Angriff und der Folter vor 4 Monaten wieder ins Leben zurückgeholt worden. Alle seine Freunde und sogar seine Chefin hatten sich alle Mühe gegeben ihn nicht merken zu lassen wie knapp es gewesen war und ihn unterstützt, wo sie nur konnten und ihn mit Arbeit überhäuft, als er aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Eigentlich hätte er noch gar nicht arbeiten dürfen, aber zu Hause hielt er es nicht aus – er musste nach den traumatischen Erlebnissen unter Menschen sein. Zwar konnte er nur Innendienst schieben und Schreibtischkram war nicht gerade seine Stärke aber er war froh überhaupt etwas tun zu können.Seine Genesung schritt besser voran als erwartet, nur seine Hand ließ ihn noch zu oft im Stich. Sicher, er war es, der die Physiotherapie hatte schleifen lassen und wozu hatte es geführt? Am Anfang war alles so schnell besser geworden, dass er es gar nicht so ernst genommen hatte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sich die Genesung so lange hinziehen würde.Er blickte auf seine demolierte Gitarre, die am wenigsten für seine motorische Unzulänglichkeit etwas konnte. Er hatte die Misstöne zustande gebracht und nicht nur auf seiner Gitarre.
    Seufzend stand er auf. Das war’s dann erst einmal, mit seinen Versuchen, seine Finger wieder in den Griff zu kriegen. „So eine Scheiße“, fluchte er leise vor sich hin, als er das Instrument, nun wieder vorsichtiger, in den Koffer zurücklegte. Sein Nervenkostüm hatte in den letzten Wochen ganz schon gelitten. Es war frustrierend, dass irgendwie nichts richtig zu funktionieren schien. Es war jetzt immerhin schon fast drei Monate her, dass er aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Sogar einen Wagen mit Automatikgetriebe hatte die Chefin ihm zwischenzeitlich besorgt, damit er etwas mobiler wurde. Ben grummelte vor sich hin, als er an Semirs Grinsen dachte, als dieser den Wagen gesehen hatte. Aber Ben war froh gewesen, endlich mal aus dem Büro heraus Das mit der Physiotherapie hatte er auch nicht so ernst genommen und das hatte er jetzt davon. Aber am Anfang war alles so schnell besser geworden, dass er die Therapie hatte schleifen lassen kommen zu können. Die Chefin und Susanne hatten ihn bei seinem Innendienst anfangs sehr unterstützt, doch so langsam waren sie auch ganz froh gewesen, ihn zwischendurch auch mal loszuwerden. Kein Wunder, dass sie ihn nicht mehr ertragen hatten, so launisch, wie inzwischen geworden war. Ben seufzte erneut. Sie hatten ja Recht, es war wirklich nicht einfach mit ihm gewesen, vor allem seitdem er bemerkt hatte, dass er auf der Gitarre wie ein blutiger Anfänger klang und manche Akkorde noch gar nicht greifen konnte. Wenn das wenigstens besser klappen würde, könnte er sich hier ein wenig den Frust von der Seele spielen. Semir hatte ihn auch schon angefahren: „Mensch Ben, lass’ dich doch nicht so hängen!“ hatte er ihn angemeckert. „Du müsstest dich selbst mal sehen! Du bist im Moment echt nicht zu ertragen! Reiß’ dich mal zusammen!“ Leider musste Ben sich eingestehen, dass es stimmte, was Semir gesagt hatte. Sollten ihm doch Zweifel kommen, brauchte er bloß einen Blick auf seine Gitarre werfen, dann wusste er, wie es um seinen Gemütszustand bestellt war. Er hatte sich wirklich ziemlich gehen lassen. Susanne hatte ihn immer wieder ermuntert und motiviert, nicht aufzugeben. Ben fragte sich, woher sie nur die Geduld genommen hatte, zumal es gerade nicht so gut zwischen ihnen lief. Nachdem er sich einen Ruck gegeben hatte und auf sie zugegangen war, hatte es erst ganz gut geklappt. Sie waren öfter zusammen weg gewesen und Susanne hatte auch schon ein paar Mal bei ihm übernachtet, als es recht spät geworden war. Aber das war jetzt auch schon eine Weile her. Ben seufzte wieder. Kein Wunder, so mies, wie er drauf war. Nein, so konnte es nicht weiter gehen. Er hatte so viel Glück gehabt, mit dem Leben davon gekommen zu sein und was machte er jetzt daraus? Ohne seine Freunde hätte er es nicht geschafft. Er war ihnen und sich selbst etwas schuldig. Er atmete tief durch, setzte sich aufrecht hin, straffte die Schultern und griff zum Telefon. „Frau Stendal? Jäger hier. Ich würde gerne bei Herrn Dr. Gerber einen Termin für die Physiotherapie vereinbaren. – Ja, ich weiß, tut mir leid, ich weiß auch nicht, was los war. –Morgen schon? – Nein, das passt prima, vielen Dank!“ Erleichtert beendete Ben das Gespräch. Das war doch gar nicht so schwer gewesen. Morgen würde er wieder mit den Übungen beginnen und diesmal würde er es durchziehen. Er wollte endlich Gitarre spielen und seinen normalen Wagen fahren können. Und das mit Susanne würde er auch wider hinkriegen. Ben war voller Tatendrang. Er war froh, dass er sich aufgerappelt hatte.
    Zur gleichen Zeit saß Holger Weber am Bett seines Stiefbruders Jens Nieder.„Also Jens, die Sache mit den Belgiern geht klar. Sie haben einen Weg gefunden, die Ware so unterzubringen, dass die Polizei sie nicht findet.“ Er wusste nicht, ob Jens ihn hören konnte, dennoch besuchte er ihn einmal pro Woche, um ihm von den laufenden Geschäften zu berichten. Immerhin fühlte er sich verantwortlich für das, was geschehen war. Er hatte Jens nach dem Tod ihres Vaters mit ins Geschäft geholt und ihm dann die Angelegenheiten in Deutschland überlassen. Er selbst hatte seinen Wohnsitz nach Holland verlegt, um mit ihren dortigen Partnern zu expandieren und Kontakte nach Belgien zu knüpfen. Er hatte schon immer befürchtet, dass Jens’ Schwäche für hübsche Frauen ihn irgendwann in Schwierigkeiten bringen würde, doch dass es so enden würde, damit hatte er nicht gerechnet. Nachdem er von der Polizei informiert worden war, hatte er schnell dafür gesorgt, dass sein Bruder in eine Privatklinik verlegt wurde, die sich auf Komapatienten spezialisiert hatte. Es war angesichts des Zustandes seines Bruders nicht schwer gewesen, die Staatsanwältin davon zu überzeugen, dass Jens nie wieder eine Bedrohung für die Gesellschaft darstellen würde. Wut stieg in ihm auf, wenn er daran dachte, dass diese verdammte Lea Jens fast ins Jenseits befördert hätte, doch letztendlich war nur dieser verdammte Bulle Ben Jäger daran schuld, wie er herausgefunden hatte. Holger ballte die Fäuste, als er spürte, wie ihn eine Woge des Hasses überrollte. Eigentlich hätte er im Moment genügend Zeit sich dieser Sache anzunehmen, denn die Geschäfte liefen gut und es standen keine Aktionen an, die seine unmittelbare Anwesenheit erfordert hätten. Um die nächste größere Übergabe auf dem Rastplatz würden sich seine Leute kümmern. Holger sah Jens an. Irgendwie wirkte er heute anders. Er konnte nicht genau sagen, woran es lag, aber irgendetwas kam. ihm seltsam vor. Er glaubte gesehen zu haben, dass die Augenlider von Jens kurz geflattert hatten. Er beugte sich zu ihm, legte seine Hand auf den Arm und sprach ihn vorsichtig an. „Jens, kannst du mich hören? Ich bin’s, Holger.“ Angestrengt schaute er in das Gesicht seines Bruders. Doch nichts war anders als sonst. Gerade als sich wieder zurücklehnen wollte, öffnete Jens die Augenlider und blickte Holger direkt an. Es schien, dass er etwas sagen wollte, doch außer einem letzten verzweifelten Aufstöhnen kam kein Wort mehr über seine Lippen. Sein Blick wurde starr und die Geräte an denen er angeschlossen war, begannen Alarm zu schlagen. Im nächsten Moment füllte sich das Krankenzimmer mit Ärzten und Krankenschwestern und Holger wurde mit sanfter Gewalt aus dem Raum geschoben. Man hatte Jens nicht mehr helfen können. Holger saß auf dem Krankenhausflur und starrte die Wand an. Er nahm nichts von dem wahr, was um ihn herum passierte. Der Blick mit dem ihn Jens zum letzten Mal angesehen hatte sich in ihn eingebrannt und es war dieser Moment der ihm alle Skrupel nahm seinen Bruder zu rächen – koste es, was es wolle.

  • „Hey, was ist denn das?“ staunte Susanne, als sie nach Büroschluss vor die Tür der PAST trat. Eine lange, weiße Limousine war auf dem Parkplatz vorgefahren. „Überraschung!“ flüsterte Ben ihr liebevoll ins Ohr. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass er von hinten an sie herangetreten war. Er legte seine Arme um ihre Taille. „Das ist schon mal der Anfang meiner Entschuldigung dafür, dass ich mich in den letzten Wochen so wie ein Vollidiot benommen habe“, murmelte er etwas verlegen. Er hatte lange hin und her überlegt, wie er Susanne eine Freude machen könnte, aber im Moment war er sich nicht ganz sicher, ob es nicht doch etwas zu viel des Guten war. Aber ihm war einfach nichts anderes eingefallen. Und mit einem einfachen Geschenk wollte er Susanne nun wirklich nicht abspeisen, es sollte schon etwas Besonderes sein. Aber er hatte es auch nicht übertreiben wollen; er wusste, dass Susanne das eher unangenehm gewesen wäre. Von Susanne kam immer noch keine Reaktion, Ben wurde langsam nervös.


    Doch dann drehte sich sie zu ihm um, lächelte ihn an und seine Sorgen waren erst einmal vergessen. „Die Überraschung ist dir wirklich gelungen“, sagte sie. Mit einer solchen Aktion hatte sie nicht gerechnet. Sie hatte wohl gemerkt, dass Ben irgendwas vorhatte, aber sie einfach nur froh, dass er sich wieder aufgerappelt hatte. Die letzte Zeit war auch für sie wirklich nicht einfach gewesen. Sie musste sich eingestehen, dass sie sogar manchmal daran gedacht hatte, aufzugeben. Doch immer wenn sie ihn ansah und daran dachte, was er in den vergangenen Monaten durchgemacht hatte, konnte sie es nicht über's Herz bringen, ihm weh zu tun. Ben grinste. „Komm steig ein, ich habe einen Tisch reserviert.“ Der Chauffeur hatte die Tür geöffnet und die beiden stiegen ein. Nach einem leckeren Essen, bei dem sie endlich wieder einmal völlig ungezwungen und entspannt miteinander redeten und auch wieder lachten, fuhren sie noch an ihren Lieblingsplatz am Rhein. Auch hier hatte Ben vorgesorgt und sie kuschelten sich gemütlich in eine Decke. Es war ein wunderschöner Spätsommer gewesen, doch abends merkte man an den Temperaturen, dass es langsam Herbst wurde.


    Schon während des Essens hatte Ben sich mehrfach für sein Verhalten entschuldigt, trotzdem hatte er das Gefühl, dass er es nicht oft genug getan hatte. „Es tut mir wirklich leid, dass ich mich so idiotisch verhalten habe“, sagte er zum wiederholten Male an diesem Abend. „Ja, das hast du wirklich. Es kann also nur noch besser werden“, erwiderte Susanne. Sie war froh, dass Bens mürrische Zeit nun ein Ende haben sollte. Im Gegensatz zu ihr hatte ihre Freundin Vera kein Verständnis für Bens Verhalten gehabt. Sie hatte Susanne sogar immer wieder bedrängt, endlich Schluss zu machen. Das ein oder andere Mal war Susanne tatsächlich sogar kurz davor gewesen, dem Rat von Vera zu folgen und die Beziehung zu beenden. Diese Überlegung würde sie Ben allerdings verschweigen. Das hätte alles nur noch viel schwieriger gemacht und sie war ja bereit, es noch einmal zu versuchen. Trotz aller Vernunft und gegen den Ratschlag ihrer Freundin hätte sie es wohl doch nicht fertiggebracht, Ben zu verlassen. Wenn sie in seine Augen sah, war stets diese Vertrautheit da; das Gefühl, endlich angekommen zu sein. Sie hatte so etwas noch nie zuvor erlebt und war sich einfach sicher, dass Ben der Richtige war, auch wenn es im Moment schwierig war. Es hatte ihr oft sehr geholfen, sich bei Andrea auszuweinen. Semirs Frau kannte Ben gut und war ebenfalls mit einem Polizisten zusammen, mit dem es auch nicht immer leicht gewesen war. Vor allem am Anfang der Beziehung war es drunter und drüber gegangen. Sie konnte verstehen, was in Susanne vorging und sie darin bestärken, zu Ben zu stehen.


    „Nein, ist es nicht!“ unterbrach Ben ihren Gedankengang. Nachdem er sich endlich dazu durchgerungen hatte, seinem Leben neuen Schwung zu verleihen, hatte er das Gefühl, sich immer wieder bei allen entschuldigen zu müssen. Damit war er Semir schon fast auf die Nerven gegangen; mit ihm hatte er heute Nachmittag gesprochen. Er hatte versprechen müssen, sich nicht mehr so gehen zu lassen. Ben war klar geworden, wie schäbig er sich gegenüber den Menschen verhalten hatte, die seine Familie geworden waren. Und das mit Susanne wollte er wirklich nicht vermasseln, dazu war sie ihm viel zu wichtig, das war Ben inzwischen klar geworden. „Wenn dir noch irgendwas einfällt, womit ich meine schlechte Laune wieder gut machen kann…“, sagte er zu ihr, aber sie schüttelte nur den Kopf. „Ich bin einfach nur froh, dass es dir besser geht und du dich aufgerafft hast. Nach diesem wunderschönen Abend kann es ja nur noch aufwärts gehen.“ Sie sah ihn an, verwuschelte liebevoll seine braunen Haare und lächelte. Und jetzt darfst du mich nach Hause bringen, wir beide müssen morgen früh raus!“ „Ihr Wunsch ist mir Befehl!“ flachste Ben und sie machten sich auf den Weg zur Limousine.


    Nachdem der Fahrer erst Susanne abgesetzt hatte, fuhr er Ben zu dessen Wohnung. Dort ließ sich dieser erst einmal geschafft aufs Sofa fallen. Der Abend war wirklich gut gelaufen. Er war froh, dass Susanne ihm so schnell verziehen hatte, damit hatte er gar nicht gerechnet. So langsam wurde ihm klar, wie groß Susannes Gefühle für ihn sein mussten und er diese Erkenntnis machte ihn einfach nur glücklich. Sein Blick fiel auf die kaputte Gitarre. Gleich morgen würde er sich auch hier darum kümmern, dass der Schaden behoben würde. Und dann würde er wieder mit dem Üben beginnen. Zu müde, um noch ins Bett zu gehen, schlief er entspannt mit einem Lächeln auf der Couch ein. Dass dies das letzte Mal für lange Zeit gewesen sein sollte, konnte er an diesem Abend kaum ahnen.

  • Die Tage vergingen und langsam kehrte wieder der normale Alltag ein. Ben hatte akzeptiert, dass er sich gedulden musste und ging ohne zu Murren zur Therapie. Nachdem er auch endlich regelmäßig seine Übungen machte, hatte sich der Zustand seiner Hand erheblich gebessert und er konnte wieder mit Semir seinen Dienst auf der Straße aufnehmen. Auch bei Susanne musste er sich in Geduld üben. Sie hatte ihm zwar deutlich zu verstehen gegeben, was sie für ihn empfand, trotzdem wollte sie nichts überstürzen. Außerdem war sie doch noch ein wenig skeptisch, was die Stabilität von Bens Zustand anging. Sie wollte nicht schon wieder enttäuscht werden. Für Ben, der schon etliche kurze Beziehungen hinter sich hatte, war dieser Zustand des Abwartens eher ungewohnt. Doch es machte ihm nicht wirklich etwas aus, denn dieses Mal war er wirklich ernsthaft verliebt und wollte Susanne zu nichts drängen. Seit er auch wieder auf der Autobahn unterwegs sein konnte, hatte sich zudem ihre Zusammenarbeit im Büro wesentlich verbessert, da er deswegen einfach bessere Laune hatte.


    Als er jedoch eines donnerstags morgens das Büro betrat; zwar ein wenig zu spät, dafür aber in bester Stimmung, sah ihm Susanne kaum in die Augen, als er ihr ein fröhliches „Guten Morgen!“ zurief. Von einer Antwort ganz zu schweigen. Verwundert blieb er vor ihr stehen und wollte sie gerade fragen, was los sei, als er und Semir von der Chefin ins Büro gerufen wurden. Ihre Stimme verhieß nichts Gutes. „Ich bin gleich wieder da, ja?“ sagte er zu Susanne gewandt, die seinem Blick immer noch auswich. Ben konnte sich keinen Reim auf ihr Verhalten machen. Er überlegte, was er wohl falsch gemacht haben könnte. Er registrierte kaum, wie Semir ihn wegen seiner Verspätung aufzog. „ ….. gefunden?“ „Äh, was hast du gesagt?“ fragte Ben. „Ob du den Vorwärtsgang bei deiner Automatik nicht gefunden hast?“ kam es genervt von Semir. „Was? Nein, ich hatte eine rote Welle.“ Semir verdrehte die Augen, doch Ben hatte darauf jetzt keine Lust. „Schön, dass Sie es auch schon einrichten konnten!“ begrüßte Kim Krüger ihn in leicht ironischem Tonfall. Während Semir ein leises „’Tschuldigung“ murmelte, zog Ben es vor, lieber den Mund zu halten. Die Chefin sah nicht so aus, als hätte sie besonders gute Laune. Außerdem wollte sich Ben seit seinem schlechten Start mit Frau Krüger zusammenreißen. Vielleicht würde dann doch noch mal ein gutes Verhältnis draus. Er war mit seinen Gedanken sowieso bei Susanne, riss sich jetzt aber zusammen, um den Ausführungen von der Dienststellenleiterin zuzuhören.


    „Wir haben von einem zuverlässigen Informanten des LKA erfahren, dass übermorgen eine Übergabe einer beträchtlich großen Menge Rauschgift auf einem Rastplatz in unserem Abschnitt stattfinden soll. Es handelt sich um eine neue Designerdroge namens ‚Broken dream’“ Sie seufzte und fuhr fort: „Es gibt einen neuen Kopf, der hinter der ganzen Sache steckt. Der Name des Mannes ist Holger Weber. Er war wohl früher schon einmal in diesem Gebiet tätig, hat dann aber ein paar Jahre in Holland gelebt. Dort stand er auch im Verdacht, in größerem Maße zu dealen, aber die Kollegen dort konnten ihm nie etwas nachweisen. Lassen Sie sich von Susanne die Akte geben. Vielleicht finden Sie Verbindungen zu uns bekannten Personen.“ Sie zögerte einen Moment. „ Wir müssen davon ausgehen, dass Weber den Geschäftsbereich von Jens Nieder übernehmen will. Wie die beiden miteinander in Verbindung standen, wissen wir noch nicht. “


    Sie blickte zu Ben und bemerkte, wie auch Semir seinen Partner von der Seite musterte. Sie hatte zwar nur die Berichte gelesen, aber das hatte schon ausgereicht, um ihr einen Eindruck zu verschaffen, was ihr Beamter alles durchgemacht haben musste. Aber dieser neue Fall fiel nun einmal ihr Aufgabengebiet, auch wenn sie Herrn Jäger eine erneute Konfrontation mit diesen Schatten seiner Vergangenheit nun wahrlich nicht wünschte. Doch augenscheinlich schien ihm diese Tatsache nichts auszumachen.


    Doch in Bens Innerem sah es ganz anders aus. Er hatte gehofft, nie wieder mit diesem Namen konfrontiert zu werden. Es war ihm nicht entgangen, dass die beiden ihn beobachteten und auf eine Reaktion von ihm warteten. Doch Ben wollte nicht preisgeben, wie sehr ihn das Ganze noch beschäftigte. Die Alpträume waren zwar weniger geworden, doch bei der Nennung des Namens tauchten sofort die Erinnerungen auf, die er so gerne vergessen würde. Der Schmerz, die Angst und die unendliche Traurigkeit, als er erfahren hatte, dass das Leid umsonst gewesen war. Er hatte es Lea so sehr gewünscht, ein freies und glückliches Leben führen zu können. Ben konnte fast noch spüren, wie sich das Messer in seine Arme gebohrt hatte. Fast hätte er zu den Narben gegriffen, doch im letzten Moment konnte er sich zurückhalten. Er hasste diese Blicke, die ihn voller Mitleid ansahen; er wollte nicht mehr daran erinnert werden, er wollte nur nach vorne sehen. Und so stand er da und versuchte, einfach nur so auszusehen, wie ein gewöhnlicher Polizist, der auf weitere Anweisungen seiner Vorgesetzten wartete.


    Diese sah ihn noch einmal nachdenklich an. „Gehen Sie bei Ihren Nachforschungen vorsichtig vor, auch wenn sie mit den Kollegen vom LKA sprechen. Wir wissen immer noch nicht, wer Nieder damals zur Flucht verholfen hat. Dieser Jemand könnte auch jetzt seine Finger im Spiel haben.“ Sie nickte den beiden noch einmal aufmunternd zu und widmete sich dann wieder den Unterlagen auf ihrem Schreibtisch.


    Semir und Ben verließen das Büro und trafen auf Susanne, die etliche Akten in der Hand hielt. Sie drückte diese Semir in die Hand und vermied dabei jeglichen Blickkontakt zu Ben. „So, hier sind die Unterlagen, ich muss noch telefonieren.“ Mit diesen Worten verschwand sie wieder hinter ihrem Schreibtisch und hatte bereits den Hörer am Ohr, noch ehe Ben die Gelegenheit hatte, etwas zu sagen. So konnte er sich nur damit begnügen, sie fragend anzusehen. Sein Mund formte ein lautloses: „Was ist los?“, doch in diesem Augenblick hatte sich Susanne schon von ihm weggedreht. Er sollte nicht sehen, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Es tat ihr so weh, sich so zu verhalten, doch sie glaubte, keine andere Wahl zu haben.


    „Na, Stress, Casanova?“ flachste Semir, um Ben ein wenig von den soeben erhaltenen Informationen abzulenken . Er klang etwas gezwungen, da er nicht genau wusste, wie er sich in dieser Situation verhalten sollte. Er hatte keine Ahnung, wie Ben reagieren würde. „Ach, ich weiß auch nicht, was sie hat. Keine Ahnung. Frauen sind manchmal so komisch drauf. Vielleicht habe vergessen, ihren Lieblingsyoghurt zu kaufen“, kam es von Ben. Er hatte beschlossen, sich jetzt erst mal auf den Fall zu konzentrieren, da Susanne ja anscheinend wirklich nicht mit ihm reden wollte, warum auch immer. Er würde versuchen, das Ganze so emotionslos wie möglich anzugehen. Wahrscheinlich würde er so nicht seine beste Arbeit abliefern, aber das war ihm sein Seelenheil wert. „Lass’ uns die Akten durchgehen. Vielleicht finden wir ja was.“ Semir nickte und war froh, dass Ben sich anscheinend dazu entschlossen hatte, sich nicht aus der Bahn werfen zu lassen. Gemeinsam gingen sie zu ihren Schreibtischen, an denen sie bereits die entsprechenden Akten vorfanden.


    Nachdem sie etliche Stunden durch diverse Berichte und Verhörprotokolle gekämpft hatten, ohne eine wirklich brauchbaren Hinweis zu finden, gähnte Ben herzhaft und streckte sich. Ein langweiliger Tag auf der Autobahn war ihm allemal lieber als das hier. „Was ist, Partner?“ fragte er Semir, der sich auch schon die Augen rieb. „Wollen wir für heute Schluss machen?“ Semir schlug den Aktendeckel zu und stand auf. „Ja, ist eine gute Idee. Das ganze Lesen bringt sowieso nichts. Lass’ uns morgen persönlich mit den zuständigen Kollegen beim LKA sprechen und auch mal nachfragen, was genau der Informant gesagt hat. Vor allem interessiert es mich, wie glaubwürdig er ist.“ Ben nickte. Er griff seine Jacke und sie verließen ihr Büro. Ben sah sich um. Er hatte gehofft, Susanne noch zu treffen, doch sie war wohl schon weg. „Mach’ dir nichts draus“, versuchte Semir ihn aufzumuntern, als er Bens enttäuschten Gesichtsausdruck bemerkte. „Die kriegt sich schon wieder ein.“ Ben zuckte die Schultern. „Wer weiß“, erwiderte er nur. „Ich fahre jetzt nach Hause und mach’s mir da allein gemütlich.“ Semir nickte. „Dann mach’s mal gut. Ich seh’ dich dann morgen.“ Ben machte sich auf den Weg zum Parkplatz.


    Semir sah ihm einen Augenblick nach. Trotz Bens professionellem Auftreten war er sich immer noch nicht ganz sicher, ob er die ganze Sache wirklich verkraftet hatte. Immerhin war er fast gestorben. Er würde morgen noch einmal mit ihm reden. Vielleicht hatte Andrea auch einen Ratschlag für ihn, sie konnte mit solchen Angelegenheiten wesentlich besser umgehen als er. Semir wollte Ben zum Parkplatz folgen, als er feststellte, dass er seine Jacke im Büro vergessen hatte. Da es abends inzwischen schon recht schnell kühl wurde, drehte er noch einmal um, um sie zu holen. Er wollte gerade das Büro betreten, als auf einmal Susanne neben ihm stand. „Susanne?!“ sagte er überrascht. „Ist Ben schon weg?“ fragte sie ihn. Irgendwie machte sie einen gehetzten Eindruck auf Semir. „Ja, er ist eben gefahren, du hast ihn knapp verpasst“, antwortete er. Dass Ben gerne noch mit ihr geredet hätte, verschwieg er; das sollten die beiden unter sich ausmachen. Bei Beziehungsproblemen war Semir nicht gerade der beste Ansprechpartner. „Gut“, entgegnete Susanne, was Semir zwar verwunderte, aber auch noch einmal seine Ansicht bekräftigte, sich nicht einzumischen. „Hör zu, ich habe wenig Zeit“, begann Susanne, „aber es ist wichtig, dass ich kurz mit dir spreche.“ „Ist es wegen Ben?“ fragte Semir. „Ja“, erwiderte Susanne, „es ist wegen meines Verhaltens, ich…“ Doch an dieser Stelle wurde sie schon von Semir unterbrochen. „Ne, ne Susanne, da bin ich wirklich nicht der richtige Ansprechpartner“, winkte er ab. „Ruf doch mal Andrea an, die kann dir da sicher besser weiterhelfen. Ich muss dann auch mal los. Mach’s gut, bis morgen!“ Mit diesen Worten war er auch schon eilig aus dem Büro verschwunden. Genau so etwas hatte er befürchtet. Aber er wollte wirklich nicht zwischen die Fronten geraten. Während er zu seinem Wagen ging, sah er nicht, wie Susanne die Tränen über die Wangen liefen. „Ich kann doch nicht anders“, flüsterte sie.

  • Würde mich über Feeds freuen...


    Ben saß zuhause vor dem Fernseher und zappte sich durch die Kanäle, konnte sich aber nicht wirklich darauf konzentrieren, was er sah. Er fragte sich, ob er Susanne anrufen sollte. Aber dann wäre sie wahrscheinlich der Ansicht, er würde nerven. Aber wenn er sich nicht meldete, wäre es wohl Desinteresse. Ben seufzte. Wie man es auch drehte und wendete, irgendwas konnte man ihm immer vorwerfen. Er hatte auch immer noch keinen blassen Schimmer, warum Susanne so sauer auf ihn sein könnte. Er hatte sogar den Kalender zu Rate gezogen und nachgerechnet, ob er irgendein Jubiläum vergessen haben könnte, doch ihm war nichts eingefallen. „Das wird mir jetzt zu blöd“; murmelte er und griff zum Telefon. „Wir sind doch schließlich erwachsen!“ sagte er zu sich selbst, als Susannes Nummer eintippte.
    „König?“ meldete sich nach längerer Zeit. Sie klang irgendwie nervös, was Ben in diesem Moment aber nicht weiter auffiel. „Hallo Susanne, hier ist Ben“, redete er drauf los. Er wollte sie gar nicht erst zu Wort kommen lassen. „Hör mal, ich weiß wirklich nicht, was los ist, kannst du mir nicht einfach sagen, was ich falsch gemacht habe?“ versuchte er es nun auf dem direkten Weg. Doch er bekam keine Antwort. Erst als er erneut ansetzten wollte, begann Susanne mit leiser Stimme zu sprechen. „Ben, ich habe über unsere Beziehung nachgedacht.“ Bei diesen Worten bekam Ben ein ganz ungutes Gefühl in der Magengegend. Doch er sagte lieber erst mal nichts, erst wollte er wissen, was los war. Aber Susannes nächste Worte trafen ihn wie ein Schlag. „Ich glaube, dass mit uns hat keine Zukunft.“ Ben war viel zu sehr erschrocken über diese Wendung, als dass er etwas sagen konnte. „Wir sind einfach zu verschieden“, sprach Susanne mit etwas festerer Stimme weiter. „Außerdem ist eine Beziehung am Arbeitsplatz auch keine so gute Idee. Ich werde ab morgen meine Überstunden abbauen, dann müssen wir uns erst mal nicht mehr sehen. Vielleicht werde ich danach meine Versetzung beantragen, dann ist es für und beide einfacher. Mach’s gut.“ Mit diesem Satz legte sie einfach auf, ohne Ben noch einmal die Gelegenheit zu geben, zu Wort zu kommen. Ben saß wie versteinert da. Er starrte fassungslos sein Telefon an, aus dem nur noch ein Tuten erklang. Dies machte ihm unmissverständlich klar, dass Susanne das Gespräch tatsächlich beendet hatte. Er konnte nicht glauben, was sie gesagt hatte. Er musste unbedingt noch einmal persönlich mit ihr sprechen. Sie konnte doch nicht so einfach Schluss machen. Und überhaupt; warum hatte sie erst jetzt diesen Gedanken? Ob ihre Freundin Vera mal wieder die Finger im Spiel hatte? Diese Frau konnte ihn nicht leiden und das beruhte auch auf Gegenseitigkeit. Sie war der Meinung, dass Susanne etwas Besseres als ihn verdient hätte und machte daraus auch kein Geheimnis. Er sah auf die Uhr. Nein, es war zu spät, sie würde schon schlafen, bis er bei ihr wäre. Wahrscheinlich würde sie ihn überhaupt nicht reinlassen. Oder sollte er warten, bis sie sich wieder etwas beruhigt hatte? Ein wenig Abstand würde ihr vielleicht wirklich ganz gut tun. Dann würde sie bestimmt merken, wie sehr sie ihn vermisste, und dass eine Trennung eine blöde Idee gewesen war. Dieser Gedanke stimmte Ben einen Hauch optimistischer, als er ins Bett ging. Er musste einfach positiv denken.
    Susanne saß in ihrer Wohnung auf dem Sofa. Sie zitterte, obwohl sie die Beine an ihren Körper gezogen und die Arme fest darum geschlungen hatte. Er war wirklich gekommen. Es war keine leere Drohung gewesen. Warum war sie nur alleine nach Hause gegangen? Sie hatte sich im Büro zwar sicherheitshalber so verhalten, wie es in dem Brief gestanden hatte, den sie am Morgen vor ihrer Tür vorgefunden hatte. Es war ihr sehr schwer gefallen, Ben so aus dem Weg zu gehen, vor allem, weil er so hartnäckig gewesen war. Aber sie hatte nicht wirklich geglaubt, dass man ihr oder Ben etwas antun würde. Sie hatte es für einen schlechten Scherz gehalten. Jetzt wusste sie, dass es bitterer Ernst war. Sie hätte Semir noch mehr drängen müssen, ihr zuzuhören, aber es wäre ihr peinlich gewesen, wenn sich ihre Sorge als unbegründet herausgestellt hätte. Aber im Nachhinein betrachtet, sah alles anders aus. Es hatten Dinge in dem Brief gestanden, die eigentlich niemand hätte wissen können. Man musste sie schon länger beobachtet haben. Sie wünschte sich, sie hätte sich anders entschieden, jetzt war es zu spät. Sie blickte auf die roten Striemen an ihrem Arm, wo er so fest zugepackt hatte, dass sie beinahe geschrieen hätte. „Ich denke, er hat mir geglaubt“, sagte sie leise und Tränen liefen über ihr Gesicht. Es hatte ihr fast das Herz gebrochen, Ben all diese Dinge sagen zu müssen. Aber sie wusste, wenn sie tat, was man von ihr verlangte, wäre dies das kleinere Übel. Holger Weber grinste zufrieden. Dann nickte er seinen beiden Leuten zu und der größere der beiden ging auf Susanne zu.


    Währenddessen wälzte sich Ben in seinem Bett hin und her. Er kam sich vor, wie in einem schlechten Traum. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Nachdem sie sich endlich ausgesprochen hatte, sollte jetzt einfach alles vorbei sein? Oder war es für Susanne schon längst vorbei gewesen? War er zu dämlich gewesen, die Zeichen richtig zu deuten? Wenn er ehrlich zu sich selber war, wäre dies nicht das erste Mal gewesen. Doch das wollte ihm in diesem Fall einfach nicht in den Kopf gehen. Während er dalag und grübelte, beschloss er, noch einmal bei Susanne anzurufen. Irgendwie passte es ihm nicht, dass sie einfach so aufgelegt hatte. Er war nicht der Typ, der sich einfach so abkanzeln ließ. Doch niemand nahm ab. „Natürlich nicht“, grollte Ben vor sich hin und wurde langsam auch ein bisschen sauer. Er überlegte, doch noch zu ihr zu fahren, aber das würde jetzt auch nichts bringen, das war ihm klar. Wahrscheinlich würde sie ihn wirklich nicht reinlassen und er hatte nun wahrlich keine Lust, mitten in der Nacht in der Kälte rum zustehen. Er würde sie in paar Tagen sowieso wieder im Büro treffen, dann würde sich die Wogen bestimmt schon etwas geglättet haben. Also verkroch er sich unter seiner Bettdecke und war kurz darauf eingeschlafen.
    Und so erfuhr er nicht, dass Susanne ihre Wohnung in Begleitung dreier Männer verlassen hatte, von denen einer eine gewisse Ähnlichkeit mit Jens Nieder hatte.

  • Ich seh' schon, ich muss wieder gemein zu Ben sein, um euch Feeds zu entlocken.... Kein Problem....






    Als Ben am nächsten Morgen ins Büro kam, hatte er ein seltsames Gefühl in der Magengegend, als auf Susannes leeren Platz blickte. Aus den Augenwinkeln sah er Hotte, der mit einem Aktenstapel, der ihm langsam aus den Händen zu rutschen drohte, auf den Schreibtisch zusteuern. Ben musste grinsen, als er an Semirs Erzählungen dachte, wie Hotte sich schon einmal als Ersatzsekretärin versucht hatte. Er war damals völlig überfordert gewesen, die ganze Ablage war im Chaos versunken und Hotte hatte wieder zu Zigaretten gegriffen. Ben konnte sich kaum vorstellen, dass Hotte damals noch unordentlicher gewesen sein sollte als er es jetzt war. Viel Zeit, um sich darüber Gedanken zu machen hatte er allerdings nicht, denn die Frau Krüger stand schon in der Tür und wartete auf ihn und Semir. Ihr Blick ließ nichts Gutes verheißen. „Meine Herren“, begann sie, nachdem dem Semir und Ben sich gesetzt hatten. Wenigstens in dieser Anrede unterschied sie sich nicht von Frau Engelhardt. „Es hat jetzt schon innerhalb kürzester Zeit vier Tote gegeben, die eindeutig durch den Konsum von ‚Broken dream’ gestorben sind. Dieses Zeug kommt inzwischen in Massen aus den Niederlanden ins Ruhrgebiet.“ Sie schwieg einen Moment und sah Ben kurz an, doch sie konnte keine Regung entdecken. Trotzdem war sie etwas misstrauisch, denn er wirkte eher ein wenig zu teilnahmslos. Ben hingegen bemühte sich, sich so wenig wie möglich anmerken zu lassen, wie sehr ihn das ganze aufwühlte. „Wir haben aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass auf dem Rasthof Eifeltor am Freitag eine Übergabe statt finden soll“ fuhr Frau Krüger fort. „ Wir werden dort gemeinsam mit dem LKA zugreifen. Wenn wir herausfinden, wie sie das Zeug über die Grenze bringen, sind wir schon ein ganzes Stück weiter. Oder haben ihre Ermittlungen schon etwas ergeben?“ Fragend sah sie die beiden Kommissare an, doch diese schütteln nur den Kopf. „Zudem ist der Informant relativ sicher, dass auch ein höherrangiges Mitglied des Dealerringes anwesend sein wird, da es sich um eine verhältnismäßig große Lieferung handeln soll.“ Sie sah Ben direkt an. „Sie kennen die Struktur der alten Gruppe um Jens Nieder. Normalerweise wäre es für mich selbstverständlich, dass sie in erster Reihe an diesem Einsatz teilnehmen und auch die Kollegen informieren. In Anbetracht ihrer Vorgeschichte muss ich sie allerdings fragen, ob sie sich das Ganze zutrauen.“ Ben schwieg einen Moment. Er bemerkte, wie auch Semir ihn von der Seite beobachtete. Er hatte nicht damit gerechnet, so direkt angesprochen zu werden. Aber die Chefin hatte sich gut informiert, dass musste man ihr lassen. Ihre Frage hatte Ben überrascht. Er hatte nicht gedacht, dass sie so fürsorgliche Züge zeigen könnte. Vielleicht war sie ja doch nicht so schlimm wie er zuerst gedacht hatte. Ben fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, schon wieder so nah an dieser Organisation dran zu sein. Aber schließlich war Nieder Geschichte und ein anderer hatte seinen Platz eingenommen. Es wäre etwas völlig anderes als damals. Also kein Grund mehr, sich nicht der Vergangenheit zu stellen. Hätte Ben geahnt, wie falsch er mit dieser Einschätzung lag, wäre seine Entscheidung anders ausgefallen. So antwortete er jedoch nur: „Kein Problem, Chefin.“ Also begannen sie, die Einzelheiten des Einsatzes zu besprechen. Das LKA hatte bereits die Planung des Einsatzes übermittelt, so dass sie sich gut einarbeiten konnten. Ben merkte schnell, wie sehr ihn das alles mitnahm und er große Probleme damit hatte, doch er bemühte sich, es vor den beiden zu verbergen. Da sie so ins Gespräch vertieft waren, bemerkten auch weder Semir noch die Chefin etwas von Bens Nervosität.

    Dafür kehrten in dieser Nacht die Alpträume mit voller Wucht zurück. Ben hatte so etwas schon fast befürchtet. Daher hatte er versucht, sich so gut wie möglich abzulenken und sich auszupowern, damit er in einen traumlosen Schlaf fand. Als er endlich ins Bett gegangen war, war er auch sofort eingeschlafen.
    „Bringt ihn in den Keller!“ Ben fluchte in sich hinein, wie hatte er sich nur so überrumpeln lassen können. Ein blutiger Anfänger wäre professioneller vorgegangen als er. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Er war sich seiner Sache einfach zu sicher gewesen. „Wo ist sie?“ dröhnte Nieders Stimme in seinem Kopf.
    Ben wälzte sich im Schlaf unruhig hin und her. Für ihn fühlte sich jeder Schlag, jeder Tritt, den er in seinem Traum einstecken musste, real an.
    Er wusste nicht, wie oft ihn die Fäuste und Stiefel schon getroffen hatten, als ihm ein besonders heftiger Tritt gegen die Brust den Atem nahm. Er versuchte, Luft zu holen, doch es ging nicht. Langsam geriet er in Panik, doch langsam glitt er der rettenden Ohnmacht entgegen. Nur noch wie durch einen Nebel hörte er die Worte: „Du sollst ihn nicht umbringen, der Boss hat noch was mit ihm vor“, bevor er bewusstlos wurde.
    In diesem Moment schreckte Ben in seinem Bett hoch. Verwirrt sah er sich um, bis er realisierte, dass er sich in seinem Schlafzimmer befand. Er zitterte und war völlig durchgeschwitzt. „Oh man“, murmelte er, „nicht das auch noch.“ Er hatte schon fast verdrängt gehabt, wie schlimm diese Träume vor allem in der ersten Zeit immer gewesen waren. Bis heute hatte er sich deswegen noch niemandem anvertraut. Das war einfach etwas, worüber er noch nicht reden konnte. Er wusste zwar, dass er sich dem irgendwann einmal stellen musste, um das Ganze wirklich verarbeiten zu können, aber jetzt war er einfach noch nicht soweit. Er legte sich wieder hin, wickelte sich in seine Decke ein und versuchte, sich zu entspannen. Er bemerkte kaum, dass er wieder einschlief, doch dann befand er sich wieder in diesem verfluchten Kellerraum.
    Er lag auf dem Boden, es schien keine Stelle an seinem Körper zu geben, die nicht wehtat. Das Atmen fiel ihm schwer und er konnte seine Umgebung nur noch verschwommen erkennen. Schuld daran war der letzte Tritt gewesen. Dieser hatte ihn am Kopf getroffen und Ben hatte nicht mehr ausweichen können, da er sich kaum noch bewegen konnte. Es schien so, als sagte jemand etwas zu ihm, doch er konnte nicht verstehen, was man von ihm wollte. Er nahm alles um sich herum nur noch undeutlich wahr, als er bemerkte, dass der Druck auf seine Brust fast unerträglich zu werden schien. Er kniff die Augen zusammen und erkannte, dass ein Messer auf ihn zukam. Es wirkte schon fast surreal; es schien sich in Zeitlupe zu bewegen. Ben konnte genau erkennen, wie es sich in sein Handgelenk bohrte und dann langsam wieder verschwand. Es war seltsam, doch er verspürte überhaupt keinen Schmerz. Dann traf das Messer auch noch die andere Hand und noch immer hatte Ben das Gefühl, gar nicht er selbst zu sein, vielmehr alles nur zu beobachten. Er war nur ein stummer Zuschauer bei seinem eigenen Sterben. Er konnte trotzdem irgendwie auch spüren, wie das Blut aus seinen Adern floss und eine Lache unter ihm zu bilden begann. Es war dunkelrot. Ben war noch nie aufgefallen, wie rot Blut doch eigentlich war. So sah also das Leben aus, vielmehr das schwindende Leben? Wie viel davon musste wohl noch auf den Boden fließen, bis das alles hier endlich ein Ende hatte? Er wusste, dass er diesen Raum in keinem Fall mehr lebendig verlassen würde. Ob er den anderen wohl fehlen würde? Er dachte an die Aufgabe, bei der er so fürchterlich versagte hatte. Wie es wohl ohne ihn weitergehen würde? Vielleicht war es die Sorge um Lea, die das letzte bisschen Überlebenswillen in ihm anstachelte und ihn sich auf den Bauch drehen ließ, um die Blutungen zu verlangsamen.
    Vom Piepen seiner Uhr geweckt, fuhr Ben völlig verstört hoch. Er sah auf seine Arme. Kein Blut. Er konnte nur noch zwei feine Narben erkennen, die ihn immer daran erinnern würden. Und es war nicht wirklich Lea gewesen, an die er in seinem Traum gedacht hatte. Die Frau, an die er gedacht hatte, war eher Susanne ähnlich gewesen. Ben verstand nicht, was das nun schon wieder zu bedeuten hatte. Er versuchte, tief durchzuatmen, um seinen Pulsschlag wieder auf ein erträgliches Niveau herunter zu bekommen. Er fragte sich ernsthaft, ob er in der Lage wäre, diesen Fall durchzustehen.

  • So, dann werden wir erst mal etwas Luft holen, bevor es dann richtig zur Sache geht....


    Als er zur Einsatzbesprechung auf der Dienststelle eintraf, waren die anderen schon im Gruppenraum versammelt. Semir sah ihn kurz von der Seite an und schien ihn etwas fragen zu wollen; kein Wunder, da Ben nicht gerade wie das blühende Leben aussah. Die Nacht hatte deutlich Spuren in seinem Gesicht hinterlassen, die weit über die Schatten unter seinen Augen hinausgingen. Doch da man nur noch auf Ben gewartet hatte, ging es sofort mit der Besprechung los und Semir musste sich gedulden. Der Zugriff sollte auf einem Rastplatz stattfinden, auf dem die Drogen übergeben werden sollten. Ben und Semir waren einem Team zugeteilt worden, dass sich im Hintergrund aufhalten sollte. Ihre Aufgabe war es, sich um mögliche Flüchtende zu kümmern, so dass die Kollegen, die den Zugriff durchführen sollten, sich um das zentrale Geschehen kümmern konnten. Ben war eigentlich alles egal, dennoch wunderte er sich ebenso wie Semir über diese Aufgabenverteilung. Eigentlich hatten sie mit einem aktiveren Part gerechnet. Doch wenn ein Team funktionieren sollte, musste man sich einfügen, schließlich galt es, einen gemeinsamen Gegner unschädlich zu machen.


    „… haben Sie das verstanden, Herr Hauptkommissar?“ wurden beide aus ihren Gedanken gerissen. „Ja, ja, natürlich!“ beeilte sich Semir zu sagen. „Nur Flüchtige aufhalten, auf dem Posten bleiben und nicht aktiv in das Geschehen eingreifen.“ Ben nickte nur. Der Einsatzleiter Volker Neumann sah beide noch einmal prüfend an und wandte sich abschließend an die ganze Truppe: „Denken Sie daran: Wir haben es hier mit äußerst gefährlichen Kriminellen zu tun, die keine Skrupel haben, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Unser Vorteil ist es, dass sie nicht die leiseste Ahnung davon haben, dass wir ihnen so dicht auf den Fersen sind. Seien Sie aber trotzdem sehr vorsichtig und passen Sie gut auf sich auf.“ Er nickte in die Runde und gab dann das Zeichen zum Aufbruch.



    Auch Semir und Ben begaben sich zu ihrem Wagen. Sie hatten noch im Büro die kugelsicheren Westen angelegt. Als auf der Autobahn waren, warf Semir hin und wieder einen Blick zu einem ungewöhnlich schweigsamen Ben. Aber was war in letzter Zeit schon gewöhnlich gewesen. Seiner Meinung nach sah Ben überhaupt nicht gut aus. Er war so blass und hatte tiefe Ringe unter den Augen. Eigentlich war Semir der Ansicht gewesen, es wäre Ben in den letzten Tagen wieder besser gegangen. Aber jetzt wirkte er so, als ob er völlig fertig sei. Volker Neumann konnte dies auch nicht entgangen sein, wahrscheinlich hatte er nur nichts gesagt, weil er die Leute der Autobahnpolizei kannte und wusste, dass sie professionell arbeiteten. Doch anscheinend wusste er nichts von der Vorgeschichte, vielleicht hätte er Ben dann gar nicht dabei haben wollen. Semir überlegte, ob er Ben ansprechen sollte, doch Ben kam ihm zuvor: „Ich glaube, ich werde gleich nach dem Einsatz ins Wochenende verschwinden. Wir werden an unserer Position sowieso nichts zu tun kriegen, da kann ich den Bericht auch am Montag schreiben. Falls wir uns dann später nicht mehr sehen, wünsche ich dir ein schönes Wochenende.“ Semir sah Ben verwundert an, da dieses Verhalten recht untypisch für ihn war. Aber er hatte ja eben noch darüber nachgedacht, dass Ben im Moment ziemlich neben der Spur war. Wahrscheinlich war es wirklich eine gute Idee, so schnell wie möglich zu verschwinden und Abstand zu gewinnen. Ben schien das Ganze doch mehr zu schaffen zu machen, als er bisher angenommen hatte. So nickte er also nur, nahm sich aber auch gleichzeitig vor, zu einem günstigeren Zeitpunkt noch einmal mit Ben zu sprechen. Vielleicht ging es Ben auch schon besser, wenn sie ein paar von den Typen aus dem Verkehr gezogen hätten.


    Erst als Ben bremste, bemerkte Semir, dass sie ihr Ziel schon erreicht hatten. Er war so in Gedanken gewesen, dass gar nicht registriert hatte, dass sie inzwischen an der Rückseite eines kleines Wäldchens befanden, welches parallel zur Autobahn verlief und durch das ein kleiner Trampelpfad zum Rastplatz führte. Der Waldabschnitt war zwar recht schmal, aber sehr dicht bewachsen, so dass man leicht einen Flüchtigen aus den Augen verlieren konnte. „Na dann wollen wir mal“, sagte Ben zu ihm und die beiden machten sich auf den Weg. Nach einem kurzen Fußmarsch hatten sie ihr Ziel schon erreicht. Die Bäume und Büsche waren wirklich sehr dicht aneinander gewachsen, so dass Semir zeitweilig das Bild eines Abenteurers, der sich mit einer Machete durch den Dschungel kämpft, vor Augen hatte. Ben blickte auf den Teil des Parkplatzes, den er durch die Büsche erkennen konnte. Er hoffte, dass niemand in ihre Richtung fliehen würde und ihre Anwesenheit somit unnötig wäre. Schließlich befand sich hier nur ein kleiner Fluchtkorridor, den wahrscheinlich gar keiner entdecken würde. Aber er befürchtete, dass es nicht so einfach werden würde. Es gab nur zwei Stellen, an denen ein Durchkommen war, daher war Einsatzleiter Neumann auch der Meinung gewesen, dass zwei Beamte ausreichten, um diesen unwahrscheinlichen Fluchtweg zu sichern. Warum die Wahl hierbei ausgerechnet auf Ben und Semir gefallen war, wussten die beiden auch nicht.


    Sie begaben sich auf die abgesprochenen Positionen, da es bald losgehen sollte. Ben hatte gut die Hälfte des Parkplatzes im Blick. Semir war nur wenige Meter neben ihm, um den anderen Teil zu beobachten. Was sie bei Planung allerdings nicht berücksichtigt hatten, war der dichte Wuchs der Büsche gewesen. Obwohl Semir ganz in seiner Nähe war, konnte Ben nichts von ihm entdecken. Er hatte das Gefühl, ganz allein zu sein. Diese Feststellung trug nicht gerade dazu bei, dass er sich besser fühlte. Auf einmal wirkte die Stille, diese Ruhe vor dem Sturm bedrohlich auf ihn. Ben spürte, wie sein Herz schneller zu schlagen begann. „Verdammt, reiß dich zusammen!“ fluchte er vor sich hin, als er merkte, wie ihm auch noch der Schweiß ausbrach. Er war schließlich nicht wirklich allein. Er versuchte, sich nur noch auf die vor ihm liegende Aufgabe zu konzentrieren und alles andere auszublenden.


    Wäre er in besserer Verfassung gewesen, hätte er trotz der Konzentration wahrscheinlich die beiden Männer bemerkt, die sich von hinten an ihn herangepirscht hatten. So jedoch nahm er die Schatten hinter sich erst dann wahr, als es zu spät war. Er konnte sich hinterher nicht mehr daran erinnern, was er in diesem Moment gedacht oder gefühlt hatte. Er wusste nur noch, dass er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrgenommen und einen heftigen Schmerz verspürt hatte, der sich vom Kopf bis in die Schultern zog und ihn sofort bewusstlos werden ließ. Er hatte keine Chance gehabt, sich zu wehren. „Bist du verrückt geworden?“ flüsterte eine der maskierten Gestalten. „Wir sollen ihn nur zum Boss bringen, nicht erschlagen!“ Aus seinen Worten klang Ärger heraus, aber wenn man genau hinhörte, konnte man bemerken, dass auch Angst darin mitschwang. Marco wollte dem Mann, der sein Auftraggeber war, auf keinem Fall Anlass zur Unzufriedenheit bieten. Er hatte selten jemanden kennen gelernt, der kein Gewissen zu haben schien. Ohne Skrupel setzte er mit allen Mitteln durch, was er erreichen wollte. Manchmal hatte Marco den Eindruck, es würde ihm regelrecht Spaß machen, Menschen auch einfach nur so körperlich und psychisch unter Druck zu setzten und zu verletzen.


    Sein Partner Alex ging neben dem Polizisten in die Hocke, betrachtete die blutende Wunde und fühlte den Puls. „Keine Sorge, alles in Ordnung“ sagt er. „Der Chef wird sich freuen, wenn ich ihm schon etwas Arbeit abgenommen habe.“ Marco sah ihn zweifelnd an. „Und außerdem kann er jetzt den anderen Bullen, der hier noch rum schleicht, nicht mehr warnen.“ Diese Aussage überzeugte Marco und so trat er auch zu Ben, um ihn mit Alex aus dem Wald zum bereitstehenden Wagen zu tragen. Der wenigen Lärm, den sie dabei verursachten, wurde von den Geräuschen, die inzwischen vom Parkplatz drangen übertönt. Dort war der Zugriff inzwischen in vollem Gange.



    Nachdem die Käufer und Verkäufer unmittelbar nacheinander eingetroffen waren, hatten die Beamten sofort zugeschlagen. Obwohl die Drogenkuriere und ihre Kunden kaum eine Chance gegen die Übermacht der Polizei hatten, versuchten sie nach allen Kräften, sich einer Verhaftung zu entziehen. Es war ein großer Deal und sie hatten viel zu verlieren, so dass sie sich auf ein hitziges Feuergefecht mit der Polizei einließen. Immer wieder vielen Schüsse aus verschiedenen Richtungen. Semir blieb wie befohlen in Deckung und achtete darauf, ob jemand in seine Richtung fliehen würde. Von seiner Position aus konnte er sowieso nichts ausrichten, denn ohne Deckung in die Schießerei zu laufen, wäre eine selbstmörderische Aktion und so konnte er nur zusehen. Eigentlich gefiel ihm das ganz und gar nicht, doch seit er Vater einer Tochter geworden war, war er doch vorsichtiger geworden, auch wenn er das nie zugeben würde. Er bemerkte, dass Ben sich auch zurückhielt. Wahrscheinlich war dieser froh, nicht direkt mit diesen Typen konfrontiert zu werden. Und so dachte Semir nicht weiter an seinen Partner, als er bemerkte, dass sich einer der Fahrer der Käufer in seine Richtung bewegte. Er schien den Kollegen entkommen zu sein, und Semir konnte schon sein Grinsen im Gesicht erkennen, denn er glaubte, sich aus dem Staub machen zu können. Um so überraschter war er, als Semir plötzlich vor ihm stand, denn er hatte hier nicht mit einem Polizisten gerechnet. „Polizei! Keine Bewegung! Heben Sie die Hände so, dass ich sie sehen kann!“ kam es energisch von Semir, der sich trotz aller Konzentration ein bisschen darüber ärgerte, dass Ben ihn nicht unterstützte. Natürlich würde er allein mit diesem Typen fertig werden, aber trotzdem waren sie Partner, die zusammenarbeiten sollten. Er würde doch noch einmal ein ernstes Wort mit ihm reden müssen. Semir hatte ja Verständnis für seine Situation, aber das er dem Ganzen jetzt so aus dem Weg ging, war wirklich nicht in Ordnung.


    Der Drogenkurier war viel zu perplex, um ernsthafte Gegenwehr zu leisten, seine Waffe war anscheinend leer geschossen. So konnte Semir ihm problemlos Handschellen anlegen und zu seinen Kollegen bringen, die es in Zwischenzeit auch geschafft hatten, die Lage unter ihre Kontrolle zu bringen. Durch die vielen Menschen, die jetzt aus der Deckung auf den Parkplatz strömten, um Verhaftungen vorzunehmen und Beweise zu sichern, wurde es sehr unübersichtlich. Da auch Semir reichlich Beschäftigung hatte, fiel ihm nicht auf, dass Ben nirgendwo zu entdecken war. Er ging einfach davon aus, dass Ben auch Aufgabe zugeteilt bekommen hatte und so seinen Beitrag zum Einsatz leistete. Es würde eine ganze Weile dauern, um alles abzuarbeiten, aber mit dem heutigen Einsatz hatten sie einen wichtigen Schritt getan, um Holger Weber das Handwerk zu legen.

  • Erst als Semir es sich an diesem Abend schließlich mit Andrea gemütlich gemacht hatte, versuchte er noch, Ben zu erreichen. Auch wenn er noch etwas sauer war, kam es ihm doch etwas komisch vor, dass er gar nichts mehr von Ben gehört hatte. Nachdem er ihn zuhause nicht erreicht hatte, versuchte er es über das Handy. Doch auch hierbei hatte er kein Glück, da er nur die Mailbox erreichte. Als er Ben nach einer weiteren Stunde immer noch nicht erreicht hatte, wurde er etwas nervös. Doch dann kam ihm ein Gedanke und er bat Andrea, Susannes Nummer rauszusuchen. „Was ist denn los?“ fragte ihn seine Frau verwundert, da sie gerade an Semirs Schulter eingenickt war. „Ach, ich kann Ben nicht erreichen. Das passt gar nicht zu ihm. Er hat mir zwar gesagt, dass er nach dem Einsatz direkt ins Wochenende verschwinden wollte, aber das er gar nicht erreichbar ist, ist eher ungewöhnlich.“ – „Du machst dir Sorgen?“ fragte Andrea, während sie in ihrem Adressbuch blätterte. „Na ja, er ist erwachsen und kann machen, was er will, aber es ist schon seltsam, dass er sich gar nicht mehr gemeldet hat“, antwortete Semir. „Da hast Du Recht, das ist nicht seine Art, auch wenn er in letzten Zeit ein wenig angespannt zu sein schien“ pflichtete ihm Andrea bei und legte Susannes Nummer auf den Tisch. „Was hatte er bei dem Einsatz denn zu tun?“ erkundigte sie sich. Semir überlegte einen Moment. Auf einmal wurde ihm bewusst, dass er Ben gar nicht mehr gesehen hatte, seit sie sich im Wald getrennt hatten. Auch über ihre Funkverbindung hatte er nichts von ihm gehört. Während des Einsatzes hatten sie natürlich Funkstille vereinbart, aber danach waren sie ja immer noch verkabelt gewesen. Es wäre doch nicht zu viel verlangt gewesen, wenn Ben sich dann wenigstens abgemeldet hätte Normalerweise hätte Ben sich kurz blicken lassen, um sich zu verabschieden. Semir bekam ein schlechtes Gewissen, dass ihm das nicht schon früher aufgefallen war und auch Andrea sah besorgt aus, als er ihr seine Gedanken mitteilte. Andreas hatte inzwischen Susannes Nummer gewählt, erreichte aber nur den Anrufbeantworter. Während Semir noch sorgenvoll die Stirn runzelte, begann Andrea zu grinsen, als sie die Bandansage hörte. Er schaute sie verwundert an, als sie auflegte. „Also“, begann Andrea, „Auf dem AB sagte Susanne, dass ‚wir’ über’s Wochenende nicht zu erreichen sind.“ Semir schaute sie verwundert an, doch dann begriff er, was sie meinte. „Du meinst, die beiden sind zusammen und wollten nicht gestört werden, stimmt’s?“ fragte er sicherheitshalber noch einmal nach. „Na überleg’ doch mal“, erwiderte Andrea. „Beide hatten Streit und sind jetzt nicht zu erreichen. Sie werden sich bestimmt gerade ‚versöhnen’“ Beim letzten Wort grinste Andrea schelmisch. „Also entspann dich. Du wirst beide am Montag gut gelaunt wieder sehen.“ Semir blickte Andrea noch einem Moment lang skeptisch an, gab ich dann aber doch der weiblichen Intuition geschlagen. „Wahrscheinlich hast du Recht“ sagte er, auch um sich selbst zu überzeugen und machte es sich wieder auf der Couch gemütlich. Aber es blieb bei ihm ein flaues Gefühl im Magen zurück. Irgendwas stimmte da nicht.


    Hätte er selber den Spruch auf dem Anrufbeantworter gehört, wäre ihm anhand Susannes Stimme vielleicht aufgefallen, dass diese sehr gezwungen geklungen hatte.

    Die Sonne schien warm auf Bens Gesicht. Er lag an Deck des Segelbootes, mit dem er und sein Vater so manche Tour unternommen hatten. Er schien im Mittelmeerraum zu sein, denn es war nicht zu heiß und die Wellen wiegten ihn nur sanft hin und her. Es war ruhig und friedlich, nur das sanfte Rauschen der Wellen war zu hören und eine leichte Brise streifte sanft über Bens Haut. Er fühlte sich einfach nur wohl, spürte eine vertraute Umgebung, die ihm ein Gefühl der Geborgenheit gab. Er wusste zwar nicht, wie er auf das Schiff gekommen war, doch das war ihm jetzt völlig egal. Auch, dass es eigentlich verkauft worden war, interessierte ihn im Moment überhaupt nicht. Er genoss einfach nur den Augenblick. Die Strahlen der Sonne wurden auf einmal stärker, sie waren jetzt richtig unangenehm. Sie schienen Ben regelrecht verbrennen zu wollen. Er schloss die Augen, weil das immer greller werdende Licht nicht ertragen konnte. Ein stechender Schmerz begann sich in seinem Kopf auszubreiten. Ben wollte aufstehen und in den Schatten gehen, doch er konnte sich nicht bewegen. Wie gelähmt lag er da und konnte nichts dagegen tun, dass die Schmerzen immer unerträglicher wurden. Er blinzelte und versuchte, die Augen wieder zu öffnen. Er blickte in ein sehr helles Licht, welches nicht von der Sonne kam, sondern von einer Lampe ausging, die unmittelbar vor sein Gesicht gehalten wurde. Ben wollte wenigstens die Hand heben, um seine Augen vor der Helligkeit abzuschirmen, doch es gelang ihm nicht.


    Er begriff nur langsam, in welcher Lage er sich befand. Von seiner Umgebung konnte er nicht viel erkennen, dass er sich nicht auf dem Boot seines Vaters befand, war ihm allerdings schon längst klar geworden. Er schien auf dem Boden eines Kellerraums zu liegen, seine Hände waren an eine Art Rohr gekettet worden, wahrscheinlich mit seinen eigenen Handschellen. Sein Kopf dröhnte immer noch und auch der Rest seines Körpers begann langsam, aber sehr energisch, gegen die unbequeme Lage zu protestieren. Vor allem seine Hand bereitete ihm große Schmerzen. „Na, wieder wach?“ hörte er eine hämische Stimme sagen. Irgendwie kam ihm ihr Klang bekannt vor, aber er konnte ihn nicht zuordnen. Wenigstens verschwand nun das grelle Licht von seinem Gesicht. „Wäre ja auch zu schade, wenn du den ganzen Spaß verschlafen würdest!“ Noch während dieser Worte nahm Ben einen schweren, dunklen Stiefel wahr, der regelrecht auf ihn zuschoss und mit voller Wucht seine Rippen traf. Ben schrie auf und krümmte sich so weit wie möglich zusammen, als ein unerträglicher Schmerz durch seinen ganzen Körper fuhr. „Das war erst der Anfang“, hörte er die Stimme wie durch einen Nebel sagen. Vor seinen Augen tanzten bunte Sterne und er wünschte sich nichts sehnlicher, als wieder auf dem Schiff zu sein. „Du wirst dafür bezahlen, dass du meinen Bruder auf dem Gewissen hast.“ Ben verspürte noch einen letzten Tritt gegen die Schläfe und verlor wieder das Bewusstsein.


    Erst nach einigen Stunden schlug er langsam erneut die Augen auf. Er blinzelte ein paar Mal, da er seine Umgebung nur verschwommen erkennen konnte. Im ersten Augenblick wusste er nicht, was passiert war, aber als er versuchte, sich zu bewegen, schnitten ihm Fesseln in Hand- und Fußgelenke. Sofort war Ben wieder klar, in welch aussichtsloser Lage er sich befand. Er war in der Gewalt des Mannes, dessen Bruder ihn fast umgebracht hatte. Das war also die Verbindung von Holger Weber zu dem Drogenring, der zuvor unter der Herrschaft von Jens Nieder gestanden hatte. Und Weber machte ihn für den Tod seines Bruders verantwortlich. Ben wollte sich nicht ausmalen, was alles auf ihn zukommen würde; er wusste genau, wie er sich fühlen würde, wenn jemand seiner Schwester auch nur ein Haar krümmen würde. Und Weber war ein Krimineller der übelsten Sorte. Darin schien er seinem Bruder in nichts nachzustehen. Ben hatte eher den Eindruck, dass Weber noch skrupelloser war und über bessere Kontakte verfügte. Wie sonst hätte es ihm gelingen können, Ben ohne Aufsehen aus einem Zugriff der Polizei zu entführen. Ben beschlich die dunkle Ahnung, dass es kein Zufall gewesen war, dass sie von der Übergabe erfahren hatten. Auch seine Rolle bei diesem Einsatz schien im Nachhinein viel zu sehr zu Webers Gunsten gewählt worden zu sein. Es war von vorne herein geplant gewesen, dass er Weber in die Hände fallen sollte. Dieser wollte Rache für seinen toten Bruder und diese Tatsache machte Ben große Angst. Ebenso, dass ihn vor Montag wahrscheinlich niemand vermissen würde. Er versuchte, sich aufzurichten, um seine Umgebung besser zu sondieren, da er inzwischen alles klar erkennen konnte, doch der Schmerz in der Rippengegend hielt ihn schnell davon ab. Er hoffte, dass nicht zu viele gebrochen waren. Als er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht vorsichtig auf den staubigen Boden zurückrutschen ließ, öffnete sich die Tür. Ben schloss die Augen, als ihn das helle Licht von draußen blendete.


    Das nächste, was er spürte, waren Hände, die sich zuerst an seinen Fesseln zu schaffen machten und ihn dann unsanft in die aufrechte Position zogen. Es waren zwei Personen, die sich rechts und links neben ihm befanden. Ben stöhnte auf und konnte sich kaum auf den Beinen halten, doch seine Arme wurden wie in Schraubstöcken festgehalten und so wurde er daran gehindert, einfach wieder auf den Boden zurückzusinken. „Na, na, na, wer wird sich denn wegen der paar Tritte so hängen lassen?“ hörte er eine Stimme sagen, die er nun eindeutig Holger Weber zuordnen konnte. Er klang so ähnlich wie sein Bruder, deswegen war ihm die Stimme so bekannt vorgekommen. Beide hatten eine Nuance in ihrer Stimme, die nichts Gutes verheißen ließ. Er hielt die Augen geschlossen, er wollte lieber gar nicht wissen, was auf ihn zukam. Doch als er ein leises Schluchzen vernahm, das von einer Frauenstimme zu kommen schien, öffnete er die Augen. Was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Das Entsetzen stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben und Weber schien dies regelrecht zu freuen. „Wie schön, dass sie sich nun doch entschlossen haben, uns Gesellschaft zu leisten“, sagte er süffisant. Ben war immer noch zu fassungslos, um überhaupt irgendwie zu reagieren.

    „Sie haben versprochen, ihn nicht zu töten, wenn ich tue, was Sie verlangen“, flüsterte Susanne mit tränenüberströmtem Gesicht. Sie stand neben Marco, dem größten unter Webers Schlägern. Ihre Augen waren rot vom Weinen und es lagen tiefe Schatten darunter. Sie konnte kaum in Bens Richtung sehen, da sie den Anblick nicht ertragen konnte. Obwohl Ben kaum klar denken konnte, verstand er auf einmal, was passiert war. Susannes merkwürdiges Verhalten machte jetzt einen Sinn. Anscheinend hatte Weber sie irgendwie unter Druck gesetzt, damit sie mit ihm Schluss machte und er darunter zu leiden hatte. Doch Ben wusste auch, dass dies noch längst nicht alles gewesen sein war. Er wollte eigentlich gar nicht wissen, mit welchen Drohungen Susanne dazu gebracht worden war. Ben wünschte sich nichts sehnlicher, als das sie ihn wirklich verlassen hätte und nun in Sicherheit wäre. Doch warum war sie jetzt hier? Es war seine Schuld. Er war dafür verantwortlich, dass Susanne so leiden musste. Ben wusste, dass Weber noch lange nicht am Ende angekommen war. Er musste irgendwie versuchen, Susanne hier raus zubringen. „Lassen Sie Susanne gehen“ flüsterte er. „Sie haben mich. Das ist es doch, was sie wollten.“ Er bemerkte, dass Susanne ihn bei diesen Worten verzweifelt ansah und den Kopf schüttelte, doch er ignorierte sie, denn er brauchte jetzt seine ganze Konzentration. „Stimmt“, erwiderte Weber scheinbar nachdenklich. Fast gleichzeitig drehte er sich zu Susanne und zog dabei seine Waffe, die in seinem Hosenbund gesteckt hatte. Noch bevor Susanne einen Versuch machen konnte, sich aus Marcos Griff zu befreien, hatte Weber bereits abgedrückt.


    Von der vollen Wucht der Kugel getroffen, sackte sie lautlos zusammen. Marco hatte sie losgelassen, so dass sie ohne Halt zu Boden fiel und dort regungslos liegen blieb. Aus einer großen Wunde in ihrem Bauch floss viel Blut. Ihren Augen waren geschlossen und auch aus ihrem Mund floss ein dünnes Blutrinnsal. Sie lag ganz still da. Ben konnte keine Bewegung mehr ausmachen. Verzweifelt versucht er zu erkennen, on Susanne noch atmete, doch da befahl Weber seinen Leuten: „Schafft sie mir vom Hals!“ Marco nickte und beugte sich zu Susanne. Er hob ihren reglosen Körper auf und verschwand mit ihr.


    Ben stand so unter Schock, dass er nicht mehr in der Lage war, einen klaren Gedanken zu fassen. Ein Teil von ihm wollte nicht glauben, was gerade passiert war, doch tief in seinem Inneren wusste er, dass man eine solche Verletzung kaum überleben konnte. Er schloss die Augen und hoffte, dass es auch für ihn bald vorbei sein würde.



    So das war's jetzt erst mal vor Weihnachten von mir!


    Es sei denn, es kommen mal wieder ein paar Feeds, vielleicht gibt's dann noch was am 23.12.!

  • Wie versprochen kommt hier noch ein Stückchen, damit ihr vor Weihnachten noch eure Nerven schonen könnt (zumindest ein bisschen....)


    Ich wünsche allen frohe Feiertage!


    Jürgen Walter drehte wie immer noch spät am Abend mit seinem Hund die große Runde durch den Wald nahe der Autobahn. Es war dort zwar immer recht laut, doch wenigstens war hier nie so viel los, so dass er seinen großen Schäferhundmischling auch mal frei laufen lassen konnte. Die Mauer zur viel befahrenen Autobahn war hoch genug, so dass Arco wohl kaum darüber springen würde. Normalerweise blieb der Rüde nur kurz außer Sichtweite, doch heute konnte ihn Jürgen schon längere Zeit nicht mehr entdecken. Suchend blickte er sich nach Arco um und pfiff nach ihm, als er plötzlich ein aufgeregtes Gebell vernahm. „Arco!“ rief er, doch der Hund schien sich nicht von der Stelle rühren zu wollen und bellte weiter. „Seltsam“ murmelte Jürgen, der so ein Verhalten von seinem Hund gar nicht kannte. So langsam kam ihm die Sache komisch vor und er machte sich daran, sich durch das Gestrüpp zu seinem vierbeinigen Begleiter zu kämpfen. Als er ihn endlich erreicht hatte, entdeckte er, was das Tier so in Aufregung versetzt hatte. „Ach du scheiße!“ stieß er hervor, als er sich über die junge Frau beugte, die vor ihm auf dem Boden lag. Ihr Gesicht und der Oberkörper waren blutverschmiert und sie regte sich nicht. Als ausgebildeter Rettungssanitäter wusste Jürgen genau, was nun zu tun war. Nachdem er den ersten Schreck überwunden hatte überprüfte er sofort die Vitalfunktionen und brachte sie erst dann in die stabile Seitenlage, als er erleichtert festgestellt hatte, dass Atmung und Puls, wenn auch nur sehr schwach, vorhanden waren. Er verständigte seine Kollegen und versuchte dann so gut wie möglich, die Wunde der Frau zu versorgen. Seiner Meinung nach handelte es sich um eine schwere Schussverletzung, die immer noch blutete. „O man, oh man, wer macht denn so was“ murmelte er vor sich hin, während er weiterhin immer wieder Puls und Atmung prüfte. Er war froh, als endlich der Rettungswagen eintraf und seine Kollegen mit der professionellen Ausrüstung übernehmen konnten. Nachdem sie die Frau soweit stabilisiert hatten, dass der Transport möglich war, fuhren sie mit Blaulicht ins Krankenhaus. Jürgen sah dem Fahrzeug eine Weile hinterher. Er hoffte sehr, dass sie es schaffen würde. Dann machte er sich mit Arco auf den Weg nach Hause, um dort schon einmal seine Aussage für die Polizei zu formulieren.

  • Ich wünsche Euch allen ein frohes neues Jahr!


    Mal sehen, was es für Ben, Semir und CO so bringt...



    Die Nachricht von einer schwer verletzten Frau, die mit einem Bauchschuss neben der Autobahn gefunden worden war, erreichte Kim Krüger am Montagmorgen als erste. Als sie sich im Büro umsah, fiel ihr Blick auf Semir, der soeben zur Tür hereinkam. Diese war nach einem entspannten Wochenende gerade gut gelaunt im Büro angekommen. Da er recht früh dran war, machte er sich auch keine Gedanken, als weder Ben noch Susanne entdecken konnte. Trotz aller Bedenken, die er gehabt hatte, musste er doch etwas in sich hinein lächeln. Andrea hatte wohl doch recht gehabt. Die beiden hatten sich versöhnt und die Tage miteinander verbracht, sonst wäre zumindest einer von ihnen jetzt schon hier gewesen. „Herr Gerkan?“ sprach ihn seine neue Chefin an. Nachdem Anna Engelhardt die Dienststelle verlassen hatte, war mit Kim Krüger eine junge, dynamische Frau an ihre Stelle gerückt. Zu Beginn hatte es ein paar Anlaufschwierigkeiten gegeben, aber inzwischen hatte man sich zusammengerauft. Nicht zuletzt hatte der gelungene Einsatz vor dem Wochenende dazu beigetragen. Und so blickte Semir jetzt interessiert zu seiner Chefin, während diese weiter sprach. „Eben erhielt ich die Meldung, dass Samstagnacht eine Frau mit einer Schussverletzung neben der Autobahn aufgefunden wurde. Ein Spaziergänger hat sie durch Zufall gefunden. Nun ja, eigentlich war es sein Hund, der ihn auf sie aufmerksam gemacht hat. Glücklicherweise ist der Mann Sanitäter, wer weiß, ob sie überlebt hätte, wenn es anders gewesen wäre. Fahren Sie bitte ins Krankenhaus und sehen Sie, ob Sie die Frau heute schon befragen können. Sie hatte keine Papiere bei sich und eine Beschreibung liegt auch noch nicht vor. Ich schicke Ihnen Herrn Jäger hinterher, sobald er eintrifft.“ Semir nickte und Frau Krüger verschwand in ihrem Büro, um sich weiterem Papierkram zu widmen. Er machte sich auf den Weg ins Krankenhaus. Als er die Eingangshalle betrat, hatte er wieder dieses seltsame Gefühl in der Magengegend, dass ihm auch schon am Freitagabend zu schaffen gemacht hatte. An diesem Abend hatte er es erfolgreich verdrängen können, doch jetzt meldete es sich umso stärker wieder. Das letzte Mal war er hier gewesen, um Ben abzuholen, nachdem dieser etliche Wochen hier gelegen hatte, um sich von der Attacke durch Jens Nieder zu erholen. Bei diesem Gedanken überlief Semir ein Schauer, doch dann atmete er tief durch, straffte die Schultern und begab sich auf die chirurgische Station. Es dauerte eine Weile, bis der behandelnde Arzt Zeit für ihn hatte. Diese sah sehr müde aus. Die Nachtschicht war wieder anstrengend gewesen, aber nichts im Vergleich zu Samstag, als er nur mit Mühe das Leben der jungen Frau retten konnte, die während seiner Schicht eingeliefert worden war. Aber es hatte sich gelohnt, ihr Zustand hatte sich während des gestrigen Tages stabilisiert. In solchen Situationen wusste er wieder, warum er Arzt geworden war. So konnte er dem Kommissar die Sachlage nun recht entspannt schildern: „Nun, Herr Gerkan, die Patienten wurde in der Nacht zu Sonntag bei uns eingeliefert. Ihre Schussverletzung war lebensbedrohlich; sie kann von Glück reden von einem Sanitäter gefunden worden zu sein. In einem anderen Fall, oder zu einem späteren Zeitpunkt wäre es für sie wohl tödlich ausgegangen. Vor allem der hohe Blutverlust und die Unterkühlung haben uns zu schaffen gemacht. Aber wir konnten die Kugel entfernen und alle Schäden, die sie verursacht hat, beseitigen“, endete der Vortrag des Mediziners. „In welchem Zustand befindet sie sich jetzt?“ wollte Semir wissen. „Ich weiß, worauf sie hinauswollen, aber sie ist noch sehr geschwächt und ist bisher nur einmal kurz aufgewacht. Wenn sie wollen, können Sie aber kurz zu ihr.“ Semir überlegte kurz. Eigentlich brachte ihn das jetzt nicht weiter. Er würde sowieso wiederkommen müssen, wenn sie aufgewacht war. Aber da er nun schon mal hier war, konnte er auch einen Blick auf sie werfen. Vielleicht konnte er dann die Vermisstenanzeigen durchgehen. Gemeinsam mit dem Arzt ging er zu dem Zimmer der unbekannten Patientin. Als Semir schließlich an das Bett der jungen Frau trat, glaubt er zuerst, seine Augen spielten ihm einen Streich. Er kniff diese zusammen und konnte immer noch nicht glauben, wen er da blass, und an viele Geräte angeschlossen, vor sich liegen sah. Er schüttelte den Kopf. Jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen, so dass er genau so bleich aussah wie Susanne, die tatsächlich in diesem Bett lag. „Herr Gerkan, geht es Ihnen nicht gut?“ hörte er den Arzt fragen. „Was?“ erwiderte er nur. Der Mediziner musterte ihn besorgt. In Semirs Kopf überschlugen sich die Gedanken. Was war nur passiert? Wer hatte auf Susanne geschossen und warum? Wo war Ben? Semir war schlecht und gleichzeitig wurde ihm heiß und kalt. „Das ist Susanne König“, hörte er sich sagen. „Sie ist die Sekretärin unserer Dienststelle.“ In diesem Moment schlug Susanne die Augen auf.


    Sie blinzelte. Im ersten Moment wusste sie nicht wo sie sich befand. Sie spürte, wie sich langsam Panik in ihr ausbreitete. Sie zwang sich, die Augen weiter zu öffnen und versuchte zu erkennen, wo sie sich befand. Sie fühlte sich unendlich müde und vor allem ihr Bauch tat sehr weh. Um sich herum konnte sie viel weiß erkennen. Langsam stieg ihr der Geruch von Desinfektionsmitteln in die Nase und sie glaubte, die Geräusche von medizinischen Apparaten zu hören. Langsam ließ ihre Panik nach, als sie eine Stimme hörte, die ungläubig ihren Namen nannte. Sie wandte den Kopf langsam in die Richtung, aus der die Stimme kam. Sie kniff ein wenig die Augen zusammen, um den Mann erkennen zu können, der dicht vor ihr stand. „Semir?“ flüsterte sie mit kratziger Stimme. „Wo bin ich?“, fragte sie. „Du brauchst keine Angst haben, du bist im Krankenhaus“, antwortete Semir, der sich bemühte, seine Stimme so fest wie möglich klingen zu lassen. „Was ist passiert?“ wollte Susanne wissen. „Du wurdest angeschossen“, sagte Semir, der sich inzwischen zu ihr gesetzt hatte. „Woran kannst du dich erinnern?“ Es kostete ihn viel Disziplin, um seine Stimme weiterhin so ruhig wie möglich klingen zu lassen, obwohl alles in ihm in Aufruhr war. Susanne schloss wieder die Augen. Erinnerungsfetzen kamen ihr in den Sinn. „Weber…“ flüsterte sie. „Ich wollte es dir sagen…“ Sie machte eine Pause. Semir war froh, dass sie die Augen geschlossen hielt und so sein entsetztes Gesicht nicht sehen konnte. Es lief ihm eiskalt den Rücken herunter. Es war an diesem Abend in der PAST gar nicht um sie und Ben gegangen. Susanne hatte irgendetwas bedrückt und sie hatte seine Hilfe gewollt. Es hatte etwas mit Weber und Ben zu tun gehabt, sonst hätte sie sich sicher an Ben gewandt. War sie bedroht worden? Semir hätte sich dafür ohrfeigen können, dass er ihr nicht zugehört hatte. Vielleicht wäre dann alles ganz anders gekommen. Susanne schien wieder eingeschlafen zu sein. Semir sah den Arzt fragend an und dieser nickte. Er fasst Susanne vorsichtig an der Schulter und sprach sie mit etwas lauterer Stimme an. „Susanne! Hör mir zu!“ sagte er zwar etwas gedämpft aber so energisch, so dass sie ihn wieder ansah. „Susanne, was ist mit Ben?“ Er hatte Angst vor dem, was sie sagen würde, doch er musste es wissen. „Weber…. Bruder… Jens….Rache… Haus… Wald…“ war jedoch alles, was Susanne noch hervorbringen konnte, doch es reichte, um Semir begreifen zu lassen, was passiert sein musste. Seine Eingeweide krampften sich zusammen, als er die ganze Tragweite dieser wenigen Worte begriff.

    Ben lag inzwischen mitten im Wohnzimmer des Wochenendhauses, in das er verschleppt worden war, auf dem Boden. Sein Blut sickerte aus vielen kleinen Wunden, die überwiegend durch Schläge verursacht worden waren. Er wusste nicht, wie viele davon und auch Tritte er von Webers Leuten hatte einstecken müssen. Eigentlich spürte den Schmerz mittlerweile gar nicht mehr richtig. Ihm war egal, was mit ihm passierte, seit er mit ansehen musste, wie Susanne erschossen wurde. Das Bild von ihr, wie sie dagelegen hatte, war förmlich in seine Netzhaut eingebrannt. Er war seine Schuld, dass sie nicht mehr am Leben war. Wenn er nicht mit ihr zusammen gewesen wäre, würde sie wahrscheinlich jetzt im Büro sitzen und dabei helfen, die Verhörprotokolle der Festnahmen von Freitag zu sortieren. Zumindest, falls heute Montag war. Ben hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Eine tiefe Verzweiflung machte sich in im breit. Warum musste das alles so enden? Er hatte doch nur ein normales Leben führen wollen, mit der Frau, die er liebte, an seiner Seite. Das konnte doch nicht zuviel verlangt gewesen sein. Warum war er nicht dazu in der Lage gewesen? Es musste an ihm liegen, irgendetwas stimmte mit ihm nicht. Wahrscheinlich war es besser, wenn das alles jetzt enden sollte. Dann würde den Menschen, die ihm nahe standen, seinetwegen nichts mehr zustoßen. Er wusste, dass er das Ganze nicht noch einmal ertragen konnte. Und so blieb er einfach liegen und wartete auf das Unvermeidliche.

  • Ich würd' mich mal wieder über Feeds freuen.... Gefällt's euch eigentlich noch ? ?(


    Als Weber persönlich zu ihm trat und sich direkt vor ihn hockte, starrten seine Augen ins Leere. Ben konnte seinen Atem auf dem Gesicht spüren, als Weber zu ihm sagte: „Na, wie fühlt es sich an, mal wieder eine Frau auf dem Gewissen zu haben?“ Ben schloss die Augen und atmete tief durch, entschlossen, sich nicht auf ein Gespräch mit diesem Abschaum einzulassen. Was konnte schon noch geschehen? Er hatte mit seinem Leben abgeschlossen. Finden würde ihn sowieso niemand, falls ihn überhaupt jemand suchte. Dazu war Weber zu gründlich. Nicht einmal Semir konnte das schaffen. Semir würde ihn vielleicht vermissen, aber er hatte schon den Tod anderer Partner verkraftet, da kam es auf ihn auch nicht mehr an. Er war in letzter Zeit sowieso ein schlechter Partner gewesen; einer auf den man ständig aufpassen musste, bald würde er Semir nicht mehr zu Last fallen. Weber grinste. „Nun, ich sehe, dass du keine Lust auf eine Unterhaltung hast. Das ist sehr unhöflich, du bist schließlich Gast in meinem Haus.“ Doch von Ben kam auch weiterhin keine Reaktion. „Dann werde ich dir eben etwas erzählen.“ Das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden und hatte einem grimmigen Ausdruck Platz gemacht. „Du bist dafür verantwortlich, dass mein Bruder getötet wurde. Und du wirst dafür bezahlen“ Ben verhielt sich weiterhin still. Das machte Holger Weber noch wütender. Er erwartet, dass der Bulle versuchen würde, sich zu rechtfertigen, um sein Leben betteln würde, wenn er die Ausweglosigkeit seiner Lage begriffen hätte. Aber nichts, gar nichts kam von ihm. „Nun gut“, knurrte Weber mit zusammengebissenen Zähnen. Er konnte es überhaupt nicht leiden, wenn sich seine Erwartungen nicht erfüllten. „Du wirst schon sehen, was du davon hast. Ich könnte dich jetzt schon zu deiner Freundin schicken, aber Unhöflichkeit muss bestraft werden. Ich weiß, dass mein Bruder es gespürt hat als es mit ihm zu Ende ging. Und wie sich das anfühlt, wirst du jetzt auch erleben.“


    Weber blickte auf den Mann, der Jens auf dem Gewissen hatte. Er würde leiden müssen, bis er sich wünschen würde, tot zu sein. „Ihr wisst, was ihr zu tun habt.“ Er trat zur Seite und wollte seinen Leuten das Feld überlassen, doch dann machte er doch einen Schritt auf Ben zu und trat ihm mit voller Wucht in den Brustkorb. Ben stöhnte auf und schnappte nach Luft, als er spürte, wie zwei Rippen brachen. Das knackende Geräusch war durch den ganzen Raum zu hören. Weber blickte abfällig auf Ben. Dann verließ er erst einmal den Raum, da er ein dringendes Gespräch mit den Holländern zu führen hatte und ließ seine Schläger das erledigen, wofür er sie bezahlte.


    Marco näherte sich Ben, der keuchte und versuchte, wieder besser Luft zu bekommen. Er hatte Schwierigkeiten, richtig zu atmen, es fühlte sich an, als hätten sich die gebrochenen Rippen in seine Organe gespießt. Er nahm kaum wahr, dass Marco sich zu ihm gekniet hatte und ein Messer in der Hand hielt. „Schönen Gruß vom Bruder des Chefs“, sagte der Schläger mit süffisantem Grinsen, als begann, die Klinge in Bens Arm zu bohren. Er hoffte doch sehr, dass der Bulle noch genug davon mitbekam. Als Ben begriff, was Marco vorhatte, versuchte er trotz des Schmerzes die Arme weg zuziehen. Das konnte er nicht noch einmal ertragen. Marco lachte. „Ach was, doch noch nicht hinüber? Keine Sorge, ich werd’ dich schon nicht aufschlitzen, das will der Chef persönlich übernehmen!“ Dann warf er das Messer weg, schwieg und tat das, was er am Besten konnte: Er ließ seine Fäuste für sich sprechen. Er wusste genau, wie er zuschlagen musste, damit sein Opfer möglichst lange etwas von der Tortur mitbekam.

    „Ja, verdammt noch mal, ich warte, aber beeilen Sie sich!“ fauchte Semir in den Telefonhörer. Er hätte eigentlich noch hinzufügen müssen, dass es um Leben und Tod ging, aber das war ihm zu melodramatisch. Zudem wollte er sich mit der zweiten Option im Augenblick gar nicht intensiver auseinandersetzten. Die anderen Krankenhausbesucher und auch einige Patienten sahen ihn skeptisch an, doch das störte ihn jetzt weniger. Vielmehr regte ihn die Urlaubsvertretung von Susanne auf, die anscheinend nicht mit dem Computersystem zu Recht kam. Nervös lief er auf und ab; jetzt schon loszufahren hatte keinen Zweck, da nicht einmal annährend wusste, welche Richtung er einzuschlagen hatte. „Herr Gerkan?“ hörte er eine eingeschüchtert wirkende Stimme am anderen Ende der Leitung. „Ja, was haben Sie herausgefunden?!“ versuchte er, nicht mehr ganz so unfreundlich zurückzufragen. Frau Lauer konnte ja nichts dafür, dass sie so kurzfristig einspringen musste und sich im Büro noch nicht so gut auskannte. „Wir haben mehrere Möglichkeiten, ich schicke Ihnen gleich die Daten des Hauses, das ihrem Standort am nächsten liegt. Herr Herzberger und Herr Bonrath sind auch schon auf dem Weg. Sie werden schnellstmöglich zu Ihnen stoßen. Zu den anderen möglichen Unterkünften sind bereits SEKs unterwegs. Ich hoffe, Sie finden Ihren Partner. Viel Glück und passen Sie auf sich auf.“ Mit diesen Worten hatte sie aufgelegt.


    Verdattert starrte Semir sein Telefon an. Was war denn das jetzt gewesen? Er nahm sich fest vor, seinen unfreundlichen Ton von eben wieder gut zu machen. Während er zu seinem Wagen rannte, erreichten ihn per SMS die Daten, auf die er so dringend gewartet hatte. Er hoffte inständig, dass er die richtige Adresse hatte. Er wollte es den Schweinen, die seinen Freunden das angetan hatten, persönlich heimzahlen. Als er endlich an seinem Ziel ankam, war von Hotte und Dieter noch nichts zu sehen. Semir fand das nicht weiter verwunderlich, da er wie ein Irrer gefahren war. Er hatte Glück gehabt, in keinen Unfall verwickelt worden zu sein. Sein Verstand hatte ihn zwar gemahnt, dass er lieber vorsichtig fahren und heil am Ziel ankommen sollte, aber die Sorge um seinen Partner hatte ihn vorangetrieben. Vor ihm lag jetzt eine Auffahrt, an deren Ende sich hinter einer Kurve das Haus befinden sollte. Semir stieg aus und zog sicherheitshalber sofort seine Waffe, als er die letzten Meter in Angriff nahm. Wenigstens schien jemand da zu sein. Vor der Tür standen zwei Wagen, einer davon kam Semir irgendwie bekannt vor. Aber er hatte jetzt keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Langsam und darauf bedacht, nicht entdeckt zu werden, näherte er sich der Haustür und begann vorsichtig, sich am Schloss zu schaffen zu machen.Auf die Verstärkung zu warten, fiel ihm in diesem Moment nicht im Entferntesten ein, er wollte nur so schnell wie möglich zu Ben. Er war so auf seine Aufgabe konzentriert, dass er nicht bemerkte, dass sich jemand von Innen der Tür näherte, zumal diese aus massivem Holz bestand. Als sie sich jedoch plötzlich vor ihm öffnete, blieb ihm fast das Herz stehen.


    Völlig paralysiert stand er da und blickte in die erstaunten Augen von Peter Neumann, dem Leiter des SEK. „Mensch Gerkan, sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen?“ zischte dieser böse, nachdem auch er sich von dieser Überraschung erholt hatte. Er zog den völlig irritierten Semir ins Haus und schloss leise die Tür. Dass er sich vorher noch davon überzeugte, ob Semir alleine gekommen war, bemerkte dieser nicht. Er war noch immer verwirrt, er fragte sich, ob er so neben der Spur war, dass er die Adressen verwechselt hatte? „Jetzt stecken Sie erst mal die Waffe weg, bevor noch was passiert; Sie stehen ja völlig neben sich!“ blaffte Neumann ihn an. Nun wurde Semir auch sauer. Er verstaute zwar seine Waffe im Holster, funkelte Neuman jedoch böse an. „Woher soll ich denn wissen, dass das SEK schon hier ist!“ Doch langsam dämmerte es ihm. Die Ersatzsekretärin war dann wohl doch nicht so fähig, wie es am Ende ihres Telefonates den Anschein gehabt hatte. In Gedanken strich er den Blumenstrauß. Dass ihm der Wagen bekannt vorgekommen war, verschwieg er lieber. Obgleich es ihn schon wunderte, dass nur ein Fahrzeug zu entdecken gewesen war. Und wo war eigentlich der Rest von Neumanns Truppe?


    „Kommen Sie mit! Wir gehen zu den anderen Kollegen, um das weitere Verfahren abzuklären. Nicht, dass Sie wieder irgendwo ungebeten reinplatzen. Das kann auch mal böse für Sie enden.“ Mit diesen Worten wies Neumann Semir den Weg ins Wohnzimmer, in dem sich noch weitere Personen zu befinden schienen. Semir zog es vor, im Augenblick den Mund zu halte und starrte nur finster vor sich hin. Er konnte es nicht fassen, dass sich dasselbe Muster wie bei der letzten Suche nach Ben zu wiederholen schien. Hätte er geahnt, was sich wenige Meter vor ihm abspielte, wäre er wesentlich vorsichtiger gewesen, als er auf einmal glaubte, ein Stöhnen gehört zu haben. „Was war das?“ fragte er misstrauisch, doch im selben befahl Neumann: „Los, rein da!“ und verpasste Semir plötzlich von hinten einen heftigen Stoß gegen die Schulter, so dass dieser in den Raum hineinstolperte. Auf den Anblick der ihn dort erwartete, war er in keinster Weise gefasst gewesen. Denn was er sah, war alles andere als die Kollegen von Peter Neumann.


    Ungläubig starrte Semir auf Holger Weber und zwei seiner Männer. Hinter ihnen lag ein Mann zusammengekrümmt auf dem Boden, Semir den Rücken zugewandt. Doch die braunen, wie immer verwuschelten Haare ließen keinen Zweifel aufkommen. Er hatte Ben gefunden, aber… „Was zum Teufel…“ begann er, doch da spürte er schon den kalten Lauf einer Waffe in seinem Nacken. „Ich darf dann mal bitten“, hörte er die süffisante Stimme von Neumann, als dieser Semirs Waffe an sich nahm. Er setzte erneut an, doch Neumann kam ihm zuvor. „Warum? Die bezahlen besser.“


    Damit war für Semir der letzte Zweifel beseitigt, er wusste, dass es jetzt auf sich allein gestellt war. Er machte sich unendliche Sorgen um Ben, der sich nicht regte. Weber trat jetzt zu seinem Freund und Kollegen und blickte abschätzig zu ihm herab. Er schien es zu genießen, dass er noch einen weiteren Zuschauer bekommen hatte. „Tja, ihr Kollege scheint ja nicht viel abzukönnen.“ Er grinste und trat Ben vor die Hüfte, so dass dieser auf den Rücken gedreht wurde. Sein Gesicht war blutverschmiert, die Augen waren geschlossen. Semir erschrak zutiefst bei Bens Anblick. Er hatte wieder besseren Wissens bis zuletzt gehofft, es könne sich doch um jemand anderes handeln. Ihm stockte der Atem, als Ben die Augen ein kleines Stück öffnete. Sein Blick zeugte von den Qualen, die er durchlitten haben musste. Und Semir wusste, dass es damit noch nicht vorbei war. Er erkannte das wahnsinnige Glitzern in Webers Augen. So sah die pure Mordlust aus. Es machte ihm einfach Spaß, Ben zu quälen. Dass er Ben anscheinend für den Tod seines Bruders verantwortlich machte, verstärkte die ganze Sache nur. Fieberhaft überlegte Semir, wie sie sich aus dieser Situation befreien könnten.

  • Erst einmal vielen Dank für eure Feeds, über die ich mich sehr gefreut habe. :)


    Heute kommt ein kürzeres, dafür knackiges Kapitel. Aber ich muss euch warnen, ich bin mit Ben noch nicht fertig, ;( also nicht die Nerven verlieren. Das vorletzte Kapitel kommt nächste Woche.




    Dass Neumann seinen Arm inzwischen wie einen Schraubstock umklammerte, machte das Ganze auch nicht einfacher. Weber hatte sich von Semir abgewandt und vor Ben gehockt. Dieser hatte zwar immer noch die Augen auf, schien aber nicht in der Lage zu sein, sich zu bewegen. Dann bemerkte Semir, dass Bens Blick sich veränderte. Es war Todesangst, die sich jetzt in seinen Augen widerspiegelte. Semir keuchte auf, als er erkannte, dass es sich bei dem kleinen schwarzen Kasten, den Weber in der Hand hielt, um einen Elektroschocker handelte. „Mein Bruder hatte eine Vorliebe für Messer“, sagte er mit einem diabolischen Grinsen, „aber ich bin den Möglichkeiten der modernen Technik nicht abgeneigt.“ Er streckte den Arm aus und drückte das eingeschaltete Gerät fest an Bens Hals. Dessen ganzer Körper verkrampfte sich und er begann, heftig zu zittern. Es sah aus, als ob er schreien wollte, doch kein Laut kam über seine Lippen. Auf einmal verdrehte er die Augen, so dass nur noch das Weiße zu sehen war, dann schlossen sich die Lider und er blieb still und bleich liegen. „Nein!!!“ schrie Semir verzweifelt und versuchte mit aller Kraft, Neumann zu entkommen, doch dieser hatte ihm inzwischen beide Arme so auf dem Rücken verdreht, dass Semir keine Chance hatte, so sehr er sich auch mühte. Weber war inzwischen aufgestanden und blickte verachtend auf Ben und schüttelte den Kopf. „Ein bisschen länger hättest du mir den Spaß schon noch gönnen können.“


    Er sah seine Männer an. „Ich habe noch etwas Geschäftliches zu regeln.“ Marco nickte und verschwand in Richtung Flur. Webers Blick wanderte zu Neumann. „Sie wissen, was sie zu tun haben.“ Neumann nickte und Weber verschwand. Neumann zerrte Semir zu Bens reglosem Körper. „Los, wir müssen jemanden begraben. Ich hoffe, du hast kräftige Arme.“ Semir liefen Tränen über das Gesicht. Er bemerkte kaum, dass Neumann ihn losgelassen hatte. Der korrupte SEK Leiter rechnete nicht mehr mit einer ernsthaften Gegenwehr. Er wusste, wann Menschen so unter Schock standen, dass sie handlungsunfähig wurden, und das war hier eindeutig der Fall. Semir ging neben Ben in die Knie und fühlte sich wie bei einem Deja vu, als er den Puls fühlen wollte.


    Doch plötzlich vernahm er aus Richtung des Flures Schreie und Gepolter. Auch Neumann war das nicht entgangen. Als dann auch noch die Worte: "Polizei, bleiben Sie stehen und halten Sie die Hände so, dass ich sie sehen kann!“ zu hören waren, sprang er auf und rannte aus der zweiten Tür des Wohnzimmers hinaus, ohne sich weiter um Semir zu kümmern. Fast unmittelbar danach öffnete sich die andere Tür und Dieter stürzte mit gezogener Waffe in den Raum. Als er seine beiden Freunde erblickte, blieb er stehen. „Semir, was…?“ begann er, doch Semir war aus seiner Starre erwacht und bereits aufgesprungen. Ben konnte er nicht helfen, doch er konnte denjenigen zur Strecke bringen, der ihm das angetan hatte. „Dieter, was ist mit Weber?“ fauchte er. „Der konnte leider entkommen“, antwortete Dieter zerknirscht. „Hotte hält den anderen in Schach, bis die Kollegen kommen. Nachdem sein Boss verschwunden war, hat er sich schnell ergeben. – Semir, ist Ben…?“ „Dieter, kümmere dich bitte um ihn, ich muss Weber kriegen. Und wenn dir Peter Neumann über den Weg läuft, verhafte ihn. Er ist die undichte Stelle beim LKA.“ Ungläubig sah Dieter Semir hinterher, als dieser aus dem Raum rannte. Dann ging er mit sorgenvollem Blick zu Ben und verständigte währenddessen den RTW. Er hatte Angst, was ihn erwarten würde, als er sich über den Kollegen beugte. Hoffentlich war es für den Jungen noch nicht zu spät gewesen.


    Währenddessen saß Semir schon in seinem Wagen. Sein Puls raste, er konnte spüren, wie sein Herz mit schnellen Schlägen das Adrenalin durch seinen Körper pumpte. Semir überlegte, wie er vorgehen sollte, während er die Auffahrt entlang fuhr. Als er auf die Straße bog, kamen ihm mehrere Polizeifahrzeuge entgegen. Weber hatte diese sicherlich auch bemerkt und begriffen, dass seine Männer ihm nicht mehr folgen würden. Er würde wohl versuchen, über die Autobahn schnellstmöglich nach Holland zu kommen, da er dort sicher noch gute Kontakte hatte. Wahrscheinlich hatte er auch nicht damit gerechnet, dass Neumann so schnell die Flucht ergreifen würde und glaubte nun, einen ausreichendenVorsprung zu haben. Den korrupten Beamten würden sie früher oder später schon kriegen, darüber machte sich Semir jetzt keine Gedanken. Es war immer besonders schlimm, wenn ein Polizist, der schon so lange dabei, die Seiten wechselte. Wer wusste schon genau, wann das angefangen hatte. Semir verscheuchte diese Gedanken, als er Webers Wagen entdeckte. Er brauchte jetzt seine volle Konzentration.


    Der Flüchtige fuhr tatsächlich nicht besonders schnell, wahrscheinlich wollte er nicht auffallen. Semir gab Gas und setzte sich links neben dessen Porsche. Aus den Augenwinkeln nahm er einen überraschten Blick von Weber wahr. Es war deutlich zu erkennen, dass er sich schon in Sicherheit geglaubt hatte .Semir ließ ihm keine Gelegenheit zu irgendeiner Aktion. Zu seinem Glück und Webers Pech war die Autobahn fast leer. Semir zog den BMW schwungvoll nach rechts und krachte gegen Webers Wagen. Dieser hatte mit so etwas überhaupt nicht gerechnet, so dass er das Lenkrad dermaßen verriss, dass er die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und mit voller Wucht gegen die Leitplanke krachte, die einem solchen Druck nicht standhalten konnte. Das Fahrzeug durchbrach die Abgrenzung und überschlug sich dann mehrfach, als es förmlich über einen kleinen Abhang flog. Mitten auf dem angrenzenden Feld kam es schließlich völlig verbeult zum Stehen. Semir bremste scharf, stellte seinen Wagen auf dem Standstreifen ab und rannte zu Weber. Mit gezogener Waffe riss er die Fahrertür auf.


    Doch Holger Weber würde keinen Widerstand mehr leisten. Davon zeugten seine Augen, die leer in den Himmel starrten. Der Kopf war in einem unnatürlichen Winkel verdreht. Er war nicht angeschnallt gewesen und das war ihm zum Verhängnis geworden. „Macht 30 Euro“, murmelte Semir. Seine Anspannung löste sich ein wenig. Er hätte Weber lieber für den Rest seines Lebens hinter Gitter gesehen, doch das Schicksal hatte es anders geplant. Er informierte die Kollegen und machte sich dann wieder zurück auf den Weg zu seinem Ausgangsort. Er ertappte sich dabei, dass er wesentlich langsamer fuhr als vorhin, als er noch auf der Jagd gewesen war. Er wusste, dass er einfach nur den Moment hinauszögern wollte, indem er sich der Wahrheit stellen musste. Was war mit Ben?


    Als er wieder am Haus ankam, waren die Beamten bereits dabei, die Verhafteten abzuführen und auch ein Notarztwagen stand vor der Tür. Langsam betrat Semir den Flur. Er blieb kurz stehen, atmete tief durch und wollte gerade das Wohnzimmer betreten, als ihm Hotte entgegenkam. „Semir!“ rief dieser erleichtert und beunruhigt zugleich aus. „Was ist mit Weber?“ fragte er. „Der ist Geschichte“, antwortete Semir bitter. „Wie geht es Ben?“ fragte er und wollte das Wohnzimmer betreten, doch Hotte fasste ihn am Arm und sagte leise: „Du gehst jetzt besser nicht da rein.“

  • Hallo Danara,


    heute gebe ich meine erste Antwort als Mitglied. Also, deine Gescichten sind sehr authentisch geschrieben. Gott sei Dank ist dieses Höllenabenteuer vorbei und Semir bringt diesen Schmierlappen Weber zur Strecke. Der hätte nicht gleich tot sein dürfen. Dieses Schwein hätte genauso leiden müssen wie der arme, arme Ben!!! Er wird doch nicht... sein???? ;( ;( ;( Bitte, bitte nicht! Schreib' schnellestens weiter, ich kann diese Ungewissheit kaum aushalten.


    glg


    Julie

  • So, hier kommt das vorletzte Kapitel; da bei mir im Januar arbeitsmäßig immmer viel los ist, ging es leider nicht eher. Ich hoffe, ihr habt die Wartezeit gut überstanden.


    Genug der Vorrede, jetzt will ich Euch mal erlösen (wenn auch noch nicht ganz.... :S )


    Semir erstarrte. Nein, dass durfte nicht passiert sein. Etwas zu grob schlug er Hottes Arm beiseite und trat durch die Tür. „Semir…“ hörte er Hotte noch bittend sagen, aber er hatte nur noch Augen für seinen Freund, der mir bloßem Oberkörper auf dem Boden lag. Auf Bens Brust waren verschiedene Elektroden befestigt, die zu einem kleinen Monitor führten und verschiedene Werte anzeigten. In den Venen seiner Armbeugen steckten Kanülen, über die er Medikamente bekam. Ein Sanitäter kniete neben Ben und beatmete ihn, denn er musste durch einen Tubus mit Sauerstoff versorgt werden.


    Etwas weiter abseits stand Dieter mit hochrotem Kopf und hängenden Armen. Er war völlig außer Atem. „Verdammt, wir verlieren ihn!“ hörte Semir einen Arzt fluchen, als der Monitor, der die Herztöne aufzeichnete, eine flackernde Linie zu zeigen begann. Zudem gab er ein noch unregelmäßiger klingendes Piepsen von sich, als er es ohnehin schon getan hatte. Die Mediziner um Ben herum wurden noch hektischer, es wurden Anweisungen gegeben, die Semir nicht verstand. Er konnte die Situation nicht wirklich erfassen. War es zu spät? War er zu spät gewesen? Warum hatte er nicht eher Verdacht geschöpft? Warum hatte er sein schlechtes Gefühl ignoriert? Eine gefühlte Ewigkeit später war es den Ärzten gelungen, Ben wieder so weit zu stabilisieren, dass er transportfähig zu sein schien. Sie legten ihn auf eine Trage, um ihn zum Hubschrauber zu bringen, der inzwischen eingetroffen war. Zu diesem Zeitpunkt war Semir immer noch nicht in der Lage, wirklich zu realisieren, was hier gerade geschah. Erst als einer der Sanitäter vor ihm stand und ihn ansprach, riss er sich zusammen.


    „Der Kollege dort sagte, Sie seien der Partner von Herrn Jäger?“ fragte er und deutete auf Dieter, der sich langsam wieder erholt hatte. Wovon er eigentlich so geschafft war, konnte sich Semir im Augenblick nicht erklären. „Ja“, antwortete Semir. „Und sein Freund“, fügte er dann noch hinzu. „Wie geht es ihm?“ traute er sich dann doch zu fragen. Der Sanitäter hatte einen undefinierbaren Gesichtsausdruck. „Nun, die größten Probleme machen uns im Moment die Beeinträchtigungen, die durch den Elektroschocker entstanden sind. Wie Sie eben selbst erlebt haben, hat dies dem Herz sehr zugesetzt.“ Semir nickte, während die Ärzte mit Ben an ihm vorbeigingen, um ihn schnellstmöglich ins Krankenhaus zu bringen. „Normalerweise handelt es sich bei so einem Gerät um eine nicht tödliche Waffe“ erklärte der Mann weiter, während beide den Ärzten folgten. „Aber da Herr Jäger bereits etliche Verletzungen erlitten hatte und sich in einem sehr geschwächten Zustand befand, waren die Auswirkungen bei ihm wesentlich gravierender. Zudem wurde das Gerät in der Nähe des Herzens angesetzt, so dass es immer wieder zum Kammerflimmern kam. Das heißt, dass das Herz viel zu schnell und flach schlägt, um noch ausreichend Blut durch den Körper zu pumpen. Dies führt dann unweigerlich zum Herzstillstand. Es ist nur Herrn Bonraths schneller Reaktion zu verdanken, dass wir ihn wieder zurückholen konnten.“ Semir sah fragend zu Dieter, doch der Sanitäter kam ihm zuvor. „Herr Bonrath hat eine Herzmassage durchgeführt und Herrn Jäger für den Moment so das Leben gerettet.“


    Er schwieg einen Augenblick. „Wir hatten Glück, dass wir ihn zurückholen konnten, er ist jung und hat ein kräftiges Herz, aber….“ An dieser Stelle stockte er, doch Semir sah ihn auffordernd an und so sagte er: „Ich habe große Zweifel daran, dass er es übersteht, zumal wir auch noch nicht genau abschätzen können, wie gravierend die weiteren Verletzungen sind. Es waren etliche Brüche zu erkennen und es könnte sein, dass zudem die Lunge oder Milz durch eine gebrochene Rippe verletzt wurde. Wir hoffen, dass es keine weiteren inneren Verletzungen gibt. – Herr Gerkan, Sie sehen auch wirklich nicht gut aus, sollen wir sie mit ins Krankenhaus nehmen?“ Semir sah zu Dieter und sagte nur: „Danke.“ Der große Polizist nickte und erwiderte dann: „Na los, fahr schon. Wir regeln das alles hier und kommen dann später nach.“ Auch wenn Semir Krankenhäuser zutiefst verabscheute, wollte er doch jetzt unbedingt in Bens Nähe sein. Und irgendjemand musste es auch Susanne sagen. Nein, das konnte warten, bis es ihr etwas besser ging. Er musste Andrea anrufen. Und die Fahndung nach Neumann musste organisiert werden. Tausend Gedanken schwirrten durch Semirs Kopf, als er mit dem Sanitäter zu Wagen ging, um dem Krankenwagen zu folgen. Er hatte furchtbare Kopf- und Magenschmerzen, doch das war nichts, wenn daran dachte, welche Qualen Ben durchlitten hatte. Er hoffte inständig, dass die Rettung nicht zu spät gewesen war.

    Trotz allem war Ben tief in seinem Inneren ein Kämpfer geblieben. Auch dass er sich eigentlich aufgegeben hatte, konnte an dieser Tatsache nichts ändern. Die Ärzte des Krankenhauses hatten sich im Gegensatz zum Sanitäter sogar vorsichtig optimistisch gezeigt, nachdem sie den OP verlassen hatten. Es war nicht leicht gewesen, sie hatten Mühe gehabt, Ben nach einem weiteren Herzstillstand zurückzuholen. Doch es war ihnen gelungen, seinen Zustand zu stabilisieren.


    Semir verbrachte seine meiste freie Zeit Tages bei Ben im Krankenhaus. Er hatte immer noch ein schlechtes Gewissen; er glaubte, er hätte ihm einfach eher helfen können. Susanne hatte ihm zwar deutlich gesagt, dass alles die Schuld von Weber war, trotzdem konnte er dieses Gefühl nur schlecht verdrängen. Ihm war zwar klar, dass Susanne eigentlich Recht hatte, aber er kam einfach nicht richtig dagegen an. Er bemühte sich sehr, entspannt zu klingen, wenn er Ben erzählte was außerhalb der Klinik so alles vor sich ging, doch richtig gelingen wollte es ihm nicht.


    Zwei Wochen später waren Bens äußere Verletzungen schon weniger zu sehen. Es würden wohl einige Narben zurückbleiben, aber damit konnte er leben. Wenn er sich dazu entschließen würde. Bisher war Ben noch nicht wieder aufgewacht.

    Man hatte den Tubus wieder entfernen können, da er wenigstens wieder selbstständig atmete. Es sah aus, als würde er schlafen, aber es war kein friedlicher Ausdruck in seinem Gesicht. Man konnte eher eine Art von Anspannung erkennen. Es belastete Semir sehr, dass er seinem Freund nicht helfen konnte. Dafür ging es Susanne inzwischen wieder etwas besser. Sie war allerdings immer noch sehr schwach und hatte bis jetzt nicht aufstehen dürfen. Im Büro war langsam wieder ein gewisser Alltag eingekehrt, sofern man überhaupt davon sprechen konnte. Die Stimmung war bei allen sehr bedrückt, so sehr sie auch versuchten, so weit wie möglich zur Normalität zurückzufinden. Semir hatte sein stummes Versprechen inzwischen wahr gemacht und die Sekretärin Frau Lauer mit einem großen Blumenstrauß überrascht. Sie hatte sich sehr darüber gefreut. Zwar musste Semir zugeben, dass Andrea ihn ausgesucht hatte, aber er hatte ja den Gedanken gehabt. Überhaupt war Andrea ihm in dieser schweren Zeit eine große Stütze. Sie hatten lange über Semirs Schuldgefühle gesprochen, denn auch Andrea fühlte sich im Nachhinein sehr unwohl mit der Annahme, die sie über den Verbleib von Ben und Susanne getroffen hatte. Doch Susanne hatte Semir verziehen, dass er ihr nicht zugehört hatte.
    „Es ist nun mal so wie es ist“ hatte sie gesagt. „Die Dinge sind passiert, wir können die Vergangenheit nicht ändern. Aber wir können uns auf unsere Zukunft freuen. Vor allem können wir darüber glücklich sein, dass wir überhaupt noch eine haben und das ist nicht zuletzt dein Verdienst.“Semir hatte Susanne bewundernd angesehen. Er wusste inzwischen, dass es bei ihr nicht nur dahergesagte Floskeln waren. Sie war wirklich von dem überzeugt, was sie sagte und handelte entsprechend. Sie war in der Lage, die schlimmen Ereignisse hinter sich zu lassen und nach vorn zu blicken. Ein wenig beneidete Semir sie um diese Fähigkeit. Ihm wollte dies oft nicht gelingen. Es fiel ihm schwer, negative Erfahrungen und Erlebnisse zu überwinden.
    Jetzt saß Semir, wie inzwischen jeden Abend, mit Andrea in der Cafeteria des Krankenhauses, nachdem er vorher lange an Bens Bett gesessen hatte. Andrea war währenddessen bei Susanne gewesen. „Du Semir“, sprach sie ihren Mann an, als ihr eine Idee kam. „Hm?“ kam es nur von ihm, denn er war wie in den letzten Tagen so oft, völlig in Gedanken versunken. „Was ist, wenn Ben gar nicht aufwachen will?“ fragte sie. „Was!?“ Nun war Semir wieder voll da und sah seine Frau erstaunt an. „Na ja, überleg doch mal“, begann sie ihre Erklärung. „Ben hat doch mit angesehen, wie Weber Susanne erschossen hat. Zumindest hat er geglaubt, dass sie tot ist. Überleg doch mal, was Susanne erzählt hat. Weber wollte, dass Ben es sieht.“ Semir dachte nicht gern an den Abend, als Susanne ihnen unter Tränen anvertraut hatte, wie sie von Weber bedroht, entführt und schließlich niedergeschossen worden war. Sie war sehr froh gewesen, nachdem sie erfahren hatte, dass Weber ihr nie wieder etwas antun konnte.


    „Ja, ich weiß“ antwortete Semir also. „Aber worauf willst du hinaus?“ Im Moment hatte er noch keine Ahnung, was im Kopf seiner Frau vorging. „Er glaubt, dass es seine Schuld ist, dass Susanne erschossen wurde“ erklärte Andrea ungeduldig. „Irgendwie müssen wir ihm zeigen, dass sie am Leben ist. Er muss ihre Stimme hören, ihre Hand halten! Also, was denkst du?“ fragend sah sie Semir an.


    „Ich glaube, du hast Recht“, antwortete dieser nach kurzer Überlegung. „Natürlich habe ich Recht!“ sagte Andrea mit Nachdruck. Sie war bereits aufgesprungen. „Was...?“ doch weiter kam Semir nicht, da sie ihn schon mitgezogen hatte. Glücklicherweise hatte Bens Arzt heute Spätschicht, so dass sie ihm sofort von ihrer Idee berichten konnten. Der Mediziner runzelte zwar die Stirn, als er Andreas Theorie hörte, sagte dann aber: „Wer weiß, vielleicht ist ja was dran. Wir könnten es zumindest versuchen, es kann ja nichts schaden.“ Andrea sah ihn mit bittenden Augen an. „Na gut“, seufzte der Mediziner. „Es ist heute Abend sowieso nichts los. Aber nur, wenn der Gesundheitszustand der Patientin es erlaubt“, fügte er streng hinzu.


    Doch darüber mussten sie sich keine Sorgen machen. Susanne war froh, dass man sie endlich zu Ben ließ. Sie hatte schon mehrfach darum gebeten, ihn besuchen zu dürfen, war von ihren Ärzten im Hinblick auf ihre Verfassung stets wieder vertröstet worden. Aber in einem Rollstuhl, mit einem Arzt und zwei guten Freunden an ihrer Seite konnte ihr doch nichts passieren. Doch als sie dann an Bens Bett saß, in dem er so still und reglos lag, konnte sie die Tränen nicht zurückhalten. „Ach Ben“, sagte sie leise und streichelte vorsichtig seine Hand. „Du musst wieder wach werden, hörst du? Wir haben doch noch so viel vor.“ Doch nichts ließ erkennen, dass Ben ihren Besuch wahrnahm.

  • So, hier kommt der letzte Teil meiner Geschichte. Ich habe mich mal für eine andere Art von Ende entschieden, damit man auch weiß, wie es in der Zukunft aussehen wird.


    Ich würde mich sehr freuen , wenn ihr mir eure Meinungen schreibt!



    In den nächsten zwei Tagen ließ sie sich so oft es ging zu Ben bringen, doch sein Zustand veränderte sich nicht. Als sie wieder einmal den Kopf neben Bens Schulter gelegt und die Augen geschlossen hatte, spürte sie einen leichten Druck an ihren Fingern, die in Bens sonst geöffneter Hand lagen. Sie sah auf und blickte in zwei müde aussehende Augen. „Ich bin also auch tot“, flüsterte Ben mit kratziger Stimme. „Nein“, hauchte Susanne und Tränen begannen an ihren Wangen herunter zulaufen. „Warum weinst du dann?“ fragte Ben und sah dabei sehr verwirrt aus. „Weil ich so glücklich bin“ antwortete Susanne. Ben verstand immer noch nicht, was das alles zu bedeuten hatte. Er einfach nur müde. „Schlaf nur“, sagte Susanne, aber da hatte Ben auch schon wieder die Augen geschlossen. Sein Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Es war jetzt ein friedlicher Schlaf. Susanne lächelte und drückte den Rufknopf für die Krankenschwester.



    EPILOG


    Einige Monate später…


    „Hmmmm…“ brummte Ben genüsslich vor sich hin, als Susanne mit ihren Fingerspitzen sanft über seinen Rücken strich. „Ben, wir müssen los…“, sagte sie bedauernd. Auch sie hatte den Urlaub in vollen Zügen genossen. Endlich mal raus zu kommen und etwas anderes zu sehen, hatte beiden gut getan.Ben drehte sich um und zog Susanne mit Schwung zu sich aufs Bett. Etwas überrumpelt von dieser Aktion hatte Susanne keine Gelegenheit, sich zu wehren und fiel ihm in die Arme. „Hey, so stürmisch, junge Frau?“ hörte sie Ben murmeln, der sein Gesicht in ihren Haaren vergraben hatte und zärtlich ihren Hals küsste. Ein wohliger Schauer durchlief sie und es kostete sie einiges an Überwindung, ihn von sich weg zu schieben und sich auf die Bettkante zu setzen. „Wir müssen bis 11 Uhr aus dem Zimmer raus sein“, versuchte sie mit möglichst fester Stimme zu sagen. Dann stand sie auf und begann, noch die letzten Kleinigkeiten zusammen zu packen. Ben betrachtete sie mit verliebtem Blick. Er war unsagbar glücklich, dass sie bei ihm war. Nur manchmal, meist wenn er gar nicht damit rechnete, tauchte dieses Gefühl wieder auf, welches er nie wieder spüren wollte. Die tiefe Verzweiflung, die er verspürt hatte, als er glaubte, Susanne für immer verloren zu haben. Nach solchen Augenblicken war er jedes Mal besonders froh über die Tatsache, dass die ganze Sache zu guter letzt doch so glimpflich ausgegangen war. Beide würden die Ereignisse nie vergessen können; dafür sorgten schon die Narben, die die Verletzungen zurück gelassen hatten. Aber sie hatten es gemeinsam überstanden, sich durchgekämpft und dieses Wissen gab ihnen die Kraft, auch mit den seelischen Verletzungen fertig werden zu können und ihr Leben neu zu ordnen. „Wo hast du die Mitbringsel für Andrea und Semir hingelegt?“ wurde er aus seinen Gedanken gerissen. „Die habe ich in die obere Schublade gepackt“, antwortete er und schwang schweren Herzens seine Beine aus dem Bett. Es half alles nichts. Ab Montag würde ihn der normale Alltag wieder eingeholt haben. Aber wenn er ehrlich war, freute er sich inzwischen auch wieder darauf, mit Semir loszuziehen. Glücklicherweise hatte er sowohl ihm als auch Andrea das schlechte Gewissen ausreden können. Ben erinnerte sich noch genau an das Gespräch:„Ähm, Ben, hör mal…“, hatte Semir begonnen. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen.“ An dieser Stelle hatte Ben ihn fragend angesehen, da er nicht die leiseste Ahnung hatte, worauf Semir hinauswollte. „Es war meine Schuld, dass wir dich nicht eher da raus geholt haben“, erklärte Semir. Er schwieg einen Moment. Man merkte, dass es ihm schwer fiel, darüber zu sprechen. „Nach diesem Einsatz auf dem Parkplatz war ich so sauer… Ich habe geglaubt, dass du dich so einfach verdrückt hättest…“, seufzte er. „Ich hätte es eigentlich besser wissen müssen!“ Während dieser Worte sah er wirklich wie das personifizierte schlechte Gewissen aus.Ben stöhnte innerlich. Das war es also, was Semir die ganze Zeit so beschäftigt hatte. Ihm war nicht entgangen, dass er die ganze Zeit etwas auf dem Herzen gehabt hatte. Er sah seinem Freund und Partner fest in die Augen, um mit Nachdruck zu sagen: „Also ehrlich, jetzt hör mir mal genau zu! Wenn du nicht gewesen wärst, säße wir heute hier nicht nebeneinander, sondern ich würde zu deinen Füßen in meinem Grab liegen.“ Semir zuckte bei dieser Vorstellung zusammen. „Ich werde dir und den anderen immer dankbar dafür sein, dass ihr mich rechtzeitig gefunden habt. Und für deine und Andreas Unterstützung für mich und für Susanne kann ich mich auch nicht genug bedanken.“ Er machte eine kurze Pause, da Semir ihn immer noch zweifelnd ansah. Es war wirklich nicht leicht, ihn zu überzeugen, dass er sich keine Gedanken mehr darüber machen sollte. Ben fuhr fort: „Außerdem hatte ich dir ausdrücklich gesagt, dass ich nach dem Einsatz sofort verschwinden wollte. Also hättest du dir überhaupt keine Gedanken machen müssen. Ich meine, wer kommt denn schon auf die Idee, dass Neumann uns extra so platziert, dass keinem auffällt, dass ich verschwinde. Und dass ihr nicht gemerkt habt, dass der Spruch auf Susannes Anrufbeantworter nicht freiwillig entstanden ist, lag einfach daran, dass die Qualität des Bandes so schlecht war. Da konnte man wirklich keine Nuancen heraushören.“ Er schwieg einen Moment. „Und allein dir ist es zu verdanken, dass Neumanns Flucht vereitelt werden konnte und vor allem, dass Weber uns nie wieder etwas antun kann.“Der korrupte Beamte war unmittelbar nach seiner Flucht aus Webers Haus überwältigt worden und wartete nun auf seinen Prozess. Da er nichts mehr zu verlieren hatte, zeigte er sich sehr kooperativ, um möglichst gute Haftbedingungen für sich aushandeln zu können. Es folgten viele Verhaftungen und der Kern der Organisation konnte gesprengt werden.Semirs Gesichtsausdruck hatte sich etwas entspannt. Doch etwas von dem Schuldgefühl, nicht rechtzeitig für seinen Partner da gewesen zu sein, würde immer in ihm bleiben. Der Urlaub vor dem erneuten Dienstbeginn war die Idee von Andrea und Semir gewesen. Sie waren der Meinung gewesen, dass Ben und Susanne mal richtig ausspannen und auch räumlich von allem Abstand nehmen sollten. Doch trotz allen Genusses kribbelte es so langsam bei Ben Zu viel Entspannung war auf Dauer auch nichts für ihn. „Jetzt steh’ hier nicht so rum, sonst verpassen wir noch unseren Flieger!“ Im gleichen Moment flog ein Handtuch vor Bens Brust. Er warf es zurück und grinste. „Ist ja gut, ich komm’ ja schon“, sagte er resignierend. „Wer holt uns eigentlich am Flughafen ab?“ fragte er. „Semir uns Andrea sind auf der Geburtstagsfeier von Andreas Mutter“ antwortete Susanne. „Semir wäre gerne gekommen, aber die Feier war schon lange geplant gewesen und mit Schwiegermüttern muss ‚Mann’ sich gut stellen.“ Bildete Ben sich das nur ein, oder sah sie ihn während dieser Worte irgendwie komisch an? Er wollte aber lieber nicht nachfragen. „Dieter ist so nett und kommt, er hat ja jetzt den Kombi, da passt alles rein“, fuhr sie fort. „Ich bin froh, dass ich mit dem ganzen Kram nicht in ein Taxi muss“, fügte sie erleichtert hinzu.Seit Dieter dafür gesorgt hatte, dass Bens Herz weiter schlug, bis der Notarzt zur Stelle gewesen war, sah Ben den lang gewachsenen Polizisten mit anderen Augen. Auch ihr Verhältnis zueinander war anders geworden. Irgendwie war Dieter jetzt wie ein großer Bruder für ihn und Ben war sich sicher, dass er immer auf Dieter zählen könnte, was auch passieren würde. Inzwischen waren er und Susanne fertig. Er trat zu ihr und nahm sie in den Arm. Sie schlang die Arme um seinen Hals und erwiderte seinen verliebten Blick. „Ich bin unglaublich froh, dass es dich gibt“, flüsterte er. Statt einer Antwort küsste sie ihn zärtlich. „Also, dann müssen wir wohl wieder in Richtung Alltag starten“, seufzte Ben, nachdem sich ihre Lippen wieder getrennt hatten und sie verließen das Hotelzimmer.
    In wenigen Tagen würde es ein Jahr her sein, dass er den Auftrag des LKA übernommen und eine Zeugin beschützt hatte. Es war viel Schlimmes in dieser Zeit viel passiert, aber das war die Vergangenheit und jetzt zählten nur noch Gegenwart und Zukunft. Ben hatte sich fest vorgenommen, dass Leben zu genießen, da man nie wirklich sicher sein konnte, wie lange das Glück andauern würde.





    So, dass war's! Ich habe halt doch den Hang zum Happy End, obwohl es mich diesmal ehrlich gesagt sehr gereizt hat, auch mal was anderes zu schreiben. Aber nach dem ganzen Leid musste was Schönes kommen. Mal sehen, was mir als nächstes einfällt...

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