Nachts sind alle Katzen grau [Fortsetzung von "Und morgen kommt der neue Tag"]

  • Für Elvira noch ausnahmsweise ein kleiner Teil :P
    im nächsten werdet ihr dann von Tom und Semir erfahren...
    8o








    Er sah es genau. Und konnte es doch nicht glauben. Gerade
    war er an der Leitplanke angekommen, sah er den dunkelgrünen Passat, der
    unaufhaltsam auf seine Tochter zu raste. Er schrie, stürzte über die Leitplanke
    und sah gerade noch wie Caro durch die Luft geschleudert wurde. Die Zeit schien
    still zu stehen.
    Alles um ihn herum verschwamm. Das Hupkonzert der Autos. Das
    Geschrei, die Rufe. Wie durch einen Schleier sah er wie sich eine hysterisch
    wirkende Frau über seine am Boden liegende Tochter beugte.
    „Sie atmet nicht! Einen Krankenwagen! Schnell!“
    Er wusste was das zu bedeuten hatte. Er hatte es noch
    gewusst, bevor sie von dem Wagen erfasst worden war. Seine Tochter. Seine
    einzige Tochter. Das einzige, was ihm noch geblieben war. Wofür es sich gelohnt
    hatte zu leben und zu kämpfen.









    Kapitel 18



    Anna Engelhard zuckte erschrocken zusammen als die Tür ihres
    Büros aufgerissen wurde. In der Tür stand Hotte. Er atmete schwer und hektisch
    und sein Gesicht war puterrot angelaufen. Normalerweise hätte Anna ihn schon
    längst genervt angefahren. Normalerweise. Aber im Moment herrschte
    Ausnahmesituation in der PAST. Semir, Caro und nun auch noch Tom waren
    verschwunden. Seit der schief gelaufenen Geldübergabe waren jetzt schon fast
    zwei Tage vergangen und noch immer hatten sie nicht die geringste Spur
    gefunden.
    „Etwas Neues?“ fragte sie also hoffnungsvoll und hoffte
    insgeheim das es eine gute Nachricht war die Herzberger bringen würde. Sie
    betete das Tom, Semir und Caro noch lebten. Nie würde sie es sich verzeihen
    wenn einer von ihnen sterben würde. Vor allem heran nicht Tom, den sie so blindlings
    ins Messer hatte laufen lassen. Sie hätte doch wissen sollen dass er
    unberechenbar gewesen war in dieser Situation. Wie töricht war sie doch
    gewesen.
    Hotte sah sie ein kurzen Moment lang sorgenvoll an. Immer
    noch atmete er in kurzen, hektischen Stößen.
    „Sie haben…sie haben Caro gefunden.“ brachte er dann
    schließlich den ersten Satz heraus.
    Bei diesem Satz erstarrte Anna. Nein. Caro war doch nicht
    etwa tot? Nein, sagte sie sich immer wieder. Nein, nein, nein.
    „Sie lebt?“ fragte
    sie deshalb. Fordernd, ja fast schon flehend sah sie zu ihrem Beamten auf, der
    noch immer in der Tür stand und nun die Lippen fest aufeinander presste und es
    vermied ihr in die Augen zu sehen.
    „Sie ist auf der Autobahn einer Frau vors Auto gelaufen und
    wurde sofort ins Krankenhaus gebracht. Eine Schwester hat mich eben angerufen,
    die Ärzte sind sich nicht sicher.“
    Anna schloss für einen Moment die Augen und fuhr sich dann
    mit einer Hand durch die Haare. Dann sah sie wieder zu Herzberger, der verloren,
    wie ein kleiner Schuljunge, da stand. Er sah verzweifelt aus.
    „Was jetzt?“ fragte er tonlos.
    „Ich werde ins Krankenhaus fahren und dort mit den Ärzten
    sprechen. Sie schnappen sich Bonrath und suchen alle möglichen alten Gebäude
    rund um die Stelle wo Caro gefunden wurde raus. Suchen sie nach irgendetwas.
    Verlassene Gebäude, alte Bunker, was weiß ich. Suchen sie einfach.“
    Bei diesen Worten war sie bereits aufgestanden.
    „Ja...ja klar…mach ich.“
    Eilig machte ihr Herzberger Platz und Anna verließ schnellen
    Schrittes das Büro.
    Viele drehten sich um, als sie das Großraumbüro durchquerte.
    Viele Blicke folgten ihr. Hoffnungsvolle Blicke. Besorgte Blicke, aber auch
    Blicke voller Angst und Verzweiflung.




    ***

  • damit Elvira nicht noch gefeuert wird 8| :P






    Das eben noch winzig scheinende Licht um ihn herum schien
    mehr und mehr zu wachsen. Jetzt war es ganz nah. Er wollte nach ihm greifen. Es
    berühren, aber seine Hände schienen Zentnerschwer zu sein.
    Dann, ganz plötzlich ohne irgendeine Vorwarnung kamen die
    Schmerzen zurück. Gequält stöhnte er auf. Jeder Zentimeter seines Körpers
    schien zu schmerzen, zu brennen. Es war kaum auszuhalten. Schwach versuchte er
    die Augen zu öffnen. Erst beim dritten Versuch gelang es ihm sie einen winzigen
    Spalt breit offen zu halten.
    Licht fiel durch ein kleines, halb geöffnetes Fenster direkt
    über ihm. Sonnenschein malte bunte Schatten auf den Boden und er konnte den
    Wind von draußen in den Bäumen rauschen hören. Die Stille drückte auf seine
    Ohren.
    Endlich gelang es Semir sich vorsichtig aufzusetzen. Ihm war
    schwindelig. Sein Oberkörper wiegte vor und zurück, bis er das Gleichgewicht
    wieder einigermaßen wieder gefunden hatte. Bei jedem Atemzug schmerzten ihm die
    Rippen und seine Schulter konnte er nicht bewegen. Mühsam biss er die Zähne
    zusammen um ein weiteres Stöhnen zu unterdrücken. Was um alles in der Welt war
    geschehen? Erneut schloss er die Augen und verharrte für einen Moment reglos in
    dieser wohltuenden Dunkelheit. Er erinnerte sich wieder. Die Bilder tanzten noch
    immer vor seinen Augen. Caro, ängstlich, den Rücken fest an die Wand gepresst,
    in der Falle. Streiber vor ihr, Streiber, was hatte er nur mit dem Mädchen zu
    tun? Er, Semir, selbst auf dem Boden. Er hatte zu ihnen aufgeblickt, vor
    Schmerzen den Blick verschleiert, aber dennoch hatte er alles sehen können. Mit
    aller Kraft, hatte er Streiber zunächst überwältigt und hatte Caro so die Chance
    zur Flucht ermöglicht. Genau sah er noch ihr besorgtes, zweifelndes Gesicht vor
    sich. Die angsterfüllten Augen und dann…ja, was war dann passiert? Er hatte mit
    Streiber gekämpft, danach war alles weg. Wie aus seinem Gedächtnis ausradiert.
    Warum hatte ihn Streiber nicht umgebracht? Warum lebte er
    noch? Warum war er noch nicht tot?
    Vorsichtig öffnete Semir wieder die Augen. Die Schmerzen
    hatten nicht nachgelassen. Im Gegenteil. Sie schienen noch schlimmer geworden
    zu sein. Sein Kopf schien jeden Moment bersten zu wollen. Die Kopfschmerzen
    waren unerträglich.
    Dieses Mal gelang es ihm die Augen geöffnet zu halten. Er
    konnte jetzt auch seine Umgebung endlich klarer wahrnehmen.
    Immer noch schien er sich in einem Raum, dieses
    merkwürdigen, verfallenen Hauses zu befinden. Eine mit Rosen verzierte Tapete
    schmückte blass die Wände. Die Farben waren ausgeblichen, kaum noch zu
    erkennen. Das schmale Fenster durch das das Sonnenlicht hineinfiel war das
    einzige im ganzen Raum. Dennoch war es hell genug das kaum zehn Quadratmeter
    große Zimmer zu erhellen. Eine Matratze lag ungefähr einen halben Meter von ihm
    entfernt an der Wand. Sie war schäbig und löchrig und an einigen Stellen waren
    deutlich die Federn zu sehen, die aus ihr herausragten. An der Wand über ihr hing
    ein Bild. Es zeigte ein schönes Haus in einem Wald, vor dem eine Gruppe Kinder
    stand. Sie waren mit Rucksäcken bepackt und lächelten glücklich in die Kamera.
    Auch dieses Bild war, ebenso wie die Tapete, von der Zeit gekennzeichnet.
    Vergilbt, hing es hinter der zerbrochenen Glasscheibe. Ein Sofa stand an einer
    anderen Wand. Steine und Dreck bedeckten den Steinboden. Es roch muffig nach
    altem Stoff und Staub. Der Boden war kalt und von dem hereinschneienden Schnee
    nass und rutschig.
    Mühsam wandte Semir den Kopf zur anderen Seite. Dort lag
    ebenfalls eine weitere Matratze und er konnte noch etwas anders erkennen. Eine
    Gestallt die am Boden lag.
    Alles verschwamm wieder vor seinen Augen. Mit aller Kraft
    versuchte Semir gegen die erneute Welle der Ohnmacht anzukämpfen. Wieder und
    wieder blinzelte er, bis er wieder ein klares Bild vor Augen hatte.
    Dort, an der gegenüberliegenden Wand, lag tatsächlich
    jemand. Jemand, der Semir das Gesicht mit geschlossenen Augen zugewandt hatte.
    Jemand der reglos, leblos auf dem Boden lag. Jemand den Semir nur zu gut
    kannte. Den er unter Tausenden wiedererkennen würde. Und ihm blieb bei diesem
    Anblick fast das Herz stehen.







    ahnt ihr etwas?
    :huh:

  • na gut, ihr habt es nicht anders gewollt 8o
    aber ich garantiere für nichts...






    „Tom?“ seine Stimme war zunächst nur ein tonloses Krächzten.
    „Tom!“ rief er wieder und bemerkte wie ihm erneut schwindelig
    wurde. Er sprang auf, ohne auf den pochenden Schmerz in seinem ganzen Körper zu
    achten. Und lief los. Doch er kam nicht weit. Kauf hatte er zwei Schritte
    getan, merkte er auch schon einen Zug an seinem linken Arm und er fiel zu
    Boden. Es kam ihm so vor, als hätte ihm jemand ein Messer in die Schulter
    gerammt, so stark war der Schmerz, der ihm für einen Moment den Atem raubte.
    Von den Schmerzen noch immer benebelt sah er zu seinem
    Handgelenk, um das ein eiserner Ring geschlungen war. Eine kaum zwei Meter
    lange Kette führte zu einem weiteren Ring, der in der Wand eingelassen war.
    Wieder und wieder riss er an seinen Fesseln, doch sie gaben nicht nach.
    Schließlich wandte er den Blick wieder nach vorn zu dem leblosen Körper vor
    ihm. Tom hatte sich immer noch keinen Zentimeter bewegt. Lag immer noch an der
    gleichen Stelle wie zuvor. Immer noch waren seine Augen geschlossen. Sein Gesicht
    zeigte keine Regung.
    Mit Schrecken wanderte Semir Blick über Toms Hals, der
    merkwürdig blau angelaufen war.
    Nein! Schrie es in seinem Kopf. Nein! Das konnte und durfte
    nicht war sein! Tom konnte nicht tot sein. Fieberhaft suchte er nach
    irgendeinem Lebenszeichen. Nach irgendetwas was ihm verriet das sein Partner
    noch lebte. Vergebens. Tom schlug nicht die Augen auf. Seine Finger zuckten
    nicht leicht. Sein Brustkorb hob und senkte sich nicht. Kein noch so leises
    Atmen war zu hören.
    Verzweifelt versuchte Semir loszukommen, obwohl sein ganzer
    Körper vor Schmerzen schrie. Er wollte zu seinem Partner. Er musste ihm helfen!
    Immer und immer wieder dröhnte es in seinem Kopf. Immer wieder der gleiche
    Gedanke, obwohl er irgendwo ganz tief im Inneren wusste dass für seinen Freund
    jede Hilfe zu spät kommen würde.




    ***




    „Frau Sommer ist noch im OP aber ich kann sie gerne hin
    bringen. Sie können auch dort warten.“
    Anna nickte dankbar und folgte der Schwester durch den
    langen Flur. Schon oft war sie in Krankenhäusern gewesen. Schon viel zu oft.
    Fast nie war es um sie selber gegangen. Tom und Semir. Die waren schon so etwas
    wie Stammkunden. Ein winziges Lächeln huschte ihr bei diesem Gedanken über das
    Gesicht. Wie gern würde sie nun in einen Raum links oder rechts des Ganges
    gehen. Würde Tom und Semir dort sitzen sehen. Würde Tom nörgeln und Semir
    Lachen hören. Würde Beiden einen Tag Krankenhausaufenthalt gegen deren Willen
    verordnen und sie erst einmal ordentlich für ihren Leichtsinn zusammenstauchen.
    So schnell wie das Lächeln gekommen war verschwand es
    wieder. Sie hatte von der Schwester bereits gehört wie schlecht es um Caro
    stand. Vielleicht würde sie es nicht schaffen. Wie würde es erst Tom und Semir
    gehen?
    Fast wäre sie in die Schwester hineingelaufen als diese
    plötzlich auf dem Gang stehen blieb und sich zu ihr umdrehte.
    „So, hier ist der OP-Raum in dem Frau Sommer behandelt wird,
    sie können gerne hier warten.“
    Einladend deutete sie auf die Stühle die an der Wand
    standen.
    „Vielen Dank.“
    Anna nickte dankbar und verzerrte ihr Gesicht zu einem
    dankbaren Lächeln. In ihrer Rolle als Chefin war sie es gewöhnt eine Gute Miene
    zum bösen Spiel machen zu müssen. Sie durfte nie ihre Gefühle auf der Stirn
    geschrieben zeigen. Nur so hatte sie es geschafft in ihrem Beruf so weit nach
    oben zu kommen. Es war schon immer ein Traum von ihr gewesen und trotzdem war
    es manchmal schwer die Fassung zu waren. Besonders wenn es um ihr Team ging.
    „Armes Mädchen.“
    Die Stimme der Schwester riss Anna erneut aus ihren
    Gedanken. Immer noch stand diese neben ihr und hatte anscheinend ihre
    Nachdenklichkeit bemerkt. Anna musterte die Schwester die nun fast schon abwesend
    auf irgendeinen Punkt in weiter Ferne sah. Dann sprach sie nachdenklich weiter.
    „Sie muss eine schwere Kindheit gehabt haben. Ich habe ja
    wie immer nach Angehörigen gesucht. Habe aber keinen gefunden. Keine Verwandte.
    Keine Geschwister. Die Mutter schon vor Jahren an Depressionen gestorben. Die
    Leiche des Vaters nie gefunden, aber für tot erklärt. Kann es vielleicht sein
    das sie deshalb vor das Auto gelaufen ist? Ich meine…Ach was rede ich da. Es
    geht mich ja wirklich nichts an. Es kam mir nur komisch vor.“
    Bei diesen Worten war ihr Blick wieder klarer geworden und
    sie sah zu Anna, die sie nun aufmerksam musterte.
    „Naja, ich muss dann mal wieder.“
    Gekonnt setzte die Schwester wieder ihr mechanisch wirkendes
    Lächeln auf. Es war ihr anscheinend unangenehm einer ihr Fremden ihre Gedanken
    anvertraut zu haben. Eigentlich waren auch diese Leute darauf geschult nicht
    allzu sentimental zu werden. Und trotzdem hatten diese Worte Anna zum
    Nachdenken gebracht.





    und? Killt ihr mich jetzt? :S

  • Ausnahmezustand 8|
    nur weil ich von euch sooo viele tolle Feeds bekommen hab :)
    Danke euch allen
    :love:







    Caro hatte auf sie immer einen fröhlichen unbeschwerten
    Eindruck gemacht. Aber nun fiel ihr auch erst auf, dass sie nie auch nur ein
    Sterbenswörtchen über ihre Familie verloren hatte. Nie hatte sie von
    Erlebnissen, Geschichten oder gar ihren Eltern geredet. Hatte auf die wenigen
    Fragen nur ausweichende Antworten gegeben.
    Warum war ihr das nie aufgefallen?
    Immer mehr Vorwürfe machte sie sich. Obwohl sie wusste das
    es nun schon viel zu spät war. Seufzend setzte sie sich auf einen der Stühle.
    Auf dem Gang herrschte reges Treiben. Stimmengewirr war zu hören. Eilige
    Schritte. Sie nahm alles nicht wirklich war. Ihr Blick fokussierte die große
    Uhr die an der gegenüberliegenden Wand angebracht war. Der leuchten rote
    Minutenzeiger zuckte gerade wieder ein Stück weiter. Zitternd verharrte er über
    dem langen schwarzen Strich, bis der Sekundenzeiger einmal um das Zifferblatt
    gewandert war. Dann ruckte er erneut ein paar Zentimeter vor. Anna war als
    könnte sie das leise Klacken in ihren Ohren widerhallen hören.
    Geschafft schloss sie die Augen. Irgendwo da draußen waren
    jetzt Tom und Semir. Irgendwo. Vielleicht verletzt. Vielleicht erfroren. Sie
    saß hier und konnte nichts tun. Außer warten. Warten und auf ein Wunder hoffen.
    Hoffen das wenigstens Caro überlebte. Vielleicht war sie sogar die einzige die
    wusste wo Tom und Semir sich befanden. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Diese
    Ungewissheit machte sie fast wahnsinnig und die Tatsache das sie so schrecklich
    wehrlos war nur noch mehr. Für einen Moment wünschte sie sich lieber an Caros
    stelle dort drin um ihr Leben zu kämpfen.








    Kapitel 19



    Streiber stand dicht an der Kante. Den Blick verschleierten
    nach unten auf den reißenden Fluss unter ihm gerichtete. Immer wieder
    verschwamm das Bild unter seinem Tränenschleier.
    Womit hatte er das nur verdient? Erst hatte er seine Frau
    verloren. Jetzt auch noch seine einzige Tochter. Er fühlte sich, als hätte man
    ihm den Boden unter den Füßen weg gezogen. Immer noch fiel er in dieses
    schwarze Loch, sobald er die Augen schloss. Dann sah er die lächelnden
    Gesichter von Maja, seiner Frau, und Caro vor sich. Er wollte sie endlich
    wieder sehen. Sie in die Arme schließen.
    Ein neues Leben hatte er geplant. Einen neuen Namen. Ein
    neues Land, in dem sie niemand kennen würde. Ihn und seine Tochter. Aber das
    ging nun nicht mehr. Für sie hatte er jahrelang gelebt, gekämpft, Rache
    geschworen, aber was nutzte das jetzt noch, wo er sie nie mehr wieder sehen
    würde? Er hatte seine Rache bekommen. Kranich war tot und Gerkan würde bald das
    gleiche Schicksal ereilen. Nie im Leben würden ihn die Bullen rechtzeitig
    finden.
    Stolz wäre er eigentlich auf sich selbst gewesen. Stolz,
    dass er das alles geschafft hatte was er sich vorgenommen hatte, aber jetzt
    schien mit einem Schlag alles sinnlos zu sein. Sein ganzes Leben. Einfach alles
    war nun wertlos und unbedeutend. Sein Blick wurde wieder klarer. Hier würde
    dieses sinnlose Leben ein für alle Mal ein Ende nehmen. Er wusste nicht warum,
    aber ihm war klar, dass er einen erneuten Sturz nicht überleben würde.
    Noch vor wenigen Tagen hatte er genau vor diesem riesigen Fenster
    der alten Fabrikhalle gestanden. War hoffnungsvoll
    gewesen.
    Entschlossen tat er den letzten Schritt vor und merkte wie er den Boden unter
    den Füßen verlor. Dann fiel er, fiel ins Bodenlose. Hörte den Wind um die Ohren
    rauschen. Spürte die Kälte. Sah den Boden, der mit rasender Geschwindigkeit
    immer näher und näher kam. Er atmete ruhig und gleichmäßig, schloss die Augen.
    Wieder sah er in die Gesichter der Menschen, die er so sehr liebte. Für die er
    alles tun würde. Für die er über Leichen gehen würde.
    „Ich komme zu euch.“ flüsterte er leise zu sich selbst.
    Dann spürte er auch schon den harten Aufprall. Den
    unerträglichen Schmerz. Dann wurde es endlich Schwarz und empfindungslos.




    ***

  • Sorry das es so lange gedauert hat, aber ich habe irgendwie einen Virus auf dem PC. Der stürzt andauernd ab :(
    Dafür hier ein extra langes Stück:





    Anna erschrak als auf einmal das Klingeln ihres Handys die
    Stille um sie herum durchbrach. Sie sprang auf und fingerte mit klammen Fingern
    das Handy aus ihrer Tasche. ‚Herzberger ruft an’ war dort zu lesen und sofort glomm
    ein winziger Hoffnungsschimmer in ihr auf. Hatten sie etwas herausgefunden?
    „Ja, Hotte. Habt ihr etwas von Tom und Semir?“
    „Chefin, ich bin’s.“ Meldete sich Hotte unnötiger Weiße.
    „Herzberger!“
    „Ähm…ja…nicht direkt…“
    Anna verdrehte die Augen. Sie konnte es nicht leiden wenn
    ihre Beamten so herumdrucksten.
    „Also haben sie mich einfach mal so angerufen?“
    „Ja…ich…Die alte Fabrikhalle…wo….wo wir damals Tom gefunden
    haben…also da haben Kinder gespielt und dann haben sie etwas gesehen…natürlich
    haben sie sofort die Polizei benachrichtigt…“
    „Herberger! Was?!“ fuhr ihm Anna mit Nachdruck ins Wort.
    „Sie haben gesehen wie Streiber sich umgebracht hat. Er…er
    hat sich aus dem Fenster gestürzt. Wir haben seine Leiche gefunden.“
    Anna stockte für einen Moment der Atem.
    „Streiber? Das kann gar nicht sein. Er musste schon früher
    tot gewesen sein. Semir…Semir hat es doch gesehen.“
    „Chefin, er muss es irgendwie überlebt haben. Da ist sich
    der Doc ganz sicher!“
    Immer noch stand Anna da wie versteinert. In ihrem Kopf
    arbeitete es fieberhaft. Natürlich musste Streibers tot etwas mit den
    Geschehnissen zu tun haben, aber was um alles in der Welt konnte es sein?
    Vermutlich hatte er Semir entführt um sich an ihm zu rächen. Schließlich hatte
    dieser ja damals seinen Plan vereitelt. Außerdem hatte er ihn als Druckmittel
    gebraucht um auch noch Tom zu kriegen. Ein eisiger Schauer lief ihr über den
    Rücken. Ob Tom und Semir noch lebten? Hätte Streiber sich einfach so umgebracht
    ohne seinen Plan zu vollenden? Nein. Niemals. Das wusste sie genau. Und
    trotzdem wollte sie es nicht wahrhaben das die zwei womöglich nicht mehr am Leben
    waren. Sie wüsste es wenn es so wäre. Oder nicht? Caro. Kam es ihr auf einmal
    in den Sinn. Genau. Caro. Wie passte sie in dieses Bild? Hatte Streiber sie
    einfach so mitgenommen als er Semir von der Autobahn abgedrängt hatte und sie
    im Wagen saß? Aber hätte er dann, wenn sie ihn gesehen hätte, sie nicht sofort
    genauso skrupellos umgebracht wie er es mit all den Anderen getan hatte? Das
    Alles ergab keinen Sinn. Aber sie war sich sicher, dass es einen Schlüssel zu
    diesem Rätsel gab. Sie musste ihn nur finden. Aber wo sollte sie suchen?
    „Chefin? Sind sie noch da?“
    „Sie dürfen hier nicht telefonieren!“
    Anna fuhr herum als ein Arzt vor ihr stehenblieb und sie
    tadelnd ansah.
    „Entschuldigen sie. Da habe ich nicht mehr dran
    gedacht…Herzberger, melden sie sich wenn sie etwas Neues haben.“ Beendete Anna
    das Gespräch schnell und sah dann dem Arzt hinterher, der bereits
    kopfschüttelnd weiter ging.
    Gerade wollte sie sich wieder auf den Stuhl fallen lassen
    als sich mit einem Mal die Tür des OP-Raums öffnete. Ein Arzt im weißen Kittel
    trat auf den Gang und sah sich suchend um. Dann erblickte er sie, setzte ein
    freundliches Lächeln auf und kam zu ihr.
    „Guten Tag. Mein Name ist Dr. Miebach.“
    „Anna Engelhard.“
    Anna schluckte. Ihre Hände wurden mit einem Mal kalt.
    „Frau Sommer hat die Operation gut überstanden. Sie ist
    außerhalb von Lebensgefahr. Sie hat unbeschreiblich großes Glück gehabt.“
    Anna stieß hörbar Luft aus und schloss für einen kurzen
    Moment erleichtert die Augen. Endlich. Endlich eine gute Nachricht. Die erste an
    diesem Tag.
    „Sie hat einen gebrochenen Arm. Einige gebrochene Rippen.
    Zum Glück keine inneren Blutungen. Eine Gehirnerschütterung. Sie sollte jeden
    Moment wach werden. Wenn sie möchten können sie kurz zu ihr. Aber bitte nur
    kurz und strengen sie sie nicht zu sehr an. Sie muss sich schonen.“
    Immer noch lächelnd wies er Anna den Weg in eines der
    Zimmer. Caro lag in einem Bett am
    Fenster. Sie war an mehrere Geräte angeschlossen, die monoton Piepen. Ihre
    Augen waren noch geschlossen. Sie sah furchtbar aus. Das Gesicht blau und
    geschwollen. Einen Arm verbunden. An dem anderen zahlreiche Schürfwunden.
    „Ich lasse sie einen Moment alleine.“
    „Danke.“ Anna erwiderte das Lächeln. Dieses Mal musste sie
    sich nicht sonderlich anstrengen.
    Als sich die Tür hinter Dr. Miebach schloss ging Anna die
    letzten paar Schritte zu Caro hinüber. Sie zog sich einen Stuhl neben das Bett
    und setzte sich. Eine Weile beobachtete sie Caro. Ihre Augenlieder zuckten leicht
    und auch die Finger verkrampften sich in einigen unregelmäßigen Abständen.
    Langsam streckte Anna ihren Arm aus und nahm behutsam Caros Hand in ihre.
    „Caro.“ Flüsterte sie kaum hörbar.
    Es war für sie selber unbeschreiblich wie nah sie diesem
    Mädchen in den letzten Wochen gekommen war. Sie hatte sich ausnahmslos bei
    jeden auf der PAST beliebt gemacht in der kurzen Zeit. Sie war Teil der Familie
    geworden. Und sie selbst machte hatte sich genauso viel Sorgen um sie gemacht
    wie sie sich um jeden anderen aus dem Team gemacht hätte.
    „Caro.“ Noch einmal sagte sie es. Sie wusste nicht was sie
    sonst sagen sollte. Sagen, wie Leid ihr das alles tat? Sagen wie erleichtert
    sie war das sie die ganzen Strapazen gut überstehen würde? Sie wusste es nicht.
    Dann spürt sie auf einmal einen leichten, kaum merklichen
    Gegendruck an ihrer Handfläche. Wie elektrisiert fixierte sie das Gesicht des
    Mädchens fest mit ihrem Blick. Und tatsächlich begann Caro zu blinzeln. Immer
    und immer wieder bis sie schließlich die Augen einen Spalt breit offen ließ.
    „Frau…Engelhard?“
    „Ja Caro, ich bin’s.“ Anna lächelte ihr aufmunternd zu. So
    glücklich war sie.
    „Semir…Tom…?“
    Mit einem Mal verblasste Annas Lächeln. Die ganze gute
    Stimmung war wie wegblasen. Das Lächeln. Wie weggewischt. Als ob es nie da
    gewesen wäre.
    „Caro. Hör mir gut zu. Weißt du wo sie sind? Kannst du dich
    an irgendetwas erinnern?“
    Caros Kopf kippte zur Seite weg. Immer noch hielt Anna ihre
    hand fest.
    „Der Wals…ich bin durch einen Wald gelaufen…geflohen vor
    ihm…ein Haus…ein großes…großes Haus…“
    Annas Hände wurden feucht. Konnte ihnen Caro tatsächlich
    helfen? Gespannt wartete sie bis Caro erneut genug Kraft gesammelt hatte um
    weiter zu Sprechen. Ihre Stimme war dünn und schwach. Das Reden schien sie sehr
    anzustrengen. Wie ein Schwamm saugte Anna gierig jede Information auf die sie
    bekam.
    „Keller…Viele Türen mit…mit Nummern…200…201…ein dunkler
    Raum…Semir war bei mir…und Tom…er hat geschrien…ich sollte weglaufen…Semir lag auf dem Boden…er…er hat ihn geschlagen
    immer weiter.“
    Caros Stimme versagte wieder und sie schloss für einen
    Moment die Augen. Auch Anna war nicht wohl bei dem was sie bis jetzt von Caro
    erfahren hatte. Es musste ein Alptraum für sie alle gewesen sein.
    „Tom ist los gelaufen…ich auch…ich habe ihre Schreie
    gehört…ich bin weiter gelaufen…Irgendwann habe ich ihn dann brüllen
    gehört…wütend war er…ich bin durch den Wald so schnell ich konnte…er
    hinterher…hat mich gerufen…immer wieder…“
    „Wer Caro? Wer?“ fragte Anna tonlos.
    „Mein Vater.“
    Caros atmete nun wieder schwerer. Sie schloss abermals die
    Augen. Das Reden hatte sie viel Kraft gekostet.
    „Frau Engelhard. Sie sollten gehen. Frau Sommer braucht
    jetzt Ruhe.“
    Der Arzt stand wieder in der Tür. Langsam stand Anna wieder
    auf. Sie sah noch einmal zu Caro. Diese schien schon wieder zu schlafen.
    „Ja…ja…ich werde morgen…morgen noch mal wiederkommen…“
    Wie in Trance verließ Anna den Raum. Die Gedanken surrten in
    ihrem Kopf herum. Streiber. Caroline. Semir. Tom. Alte Bilder sausten vor ihrem
    inneren Auge herum wie Filmstreifen. Sie tanzten vor ihren Liedern. ‚Seine Frau
    ist tot, an Depressionen gestorben. Seine Tochter verschwunden.’ Hörte er
    Hottes Stimme wie damals leise in ihrem Ohr widerhallen. ‚Er hat mir erzählt
    das ich nie wüsste wie es ist eine Familie zu haben. Er hat gesagt er wird mich
    das spüren lassen. Wie es ist sie zu verlieren.’ Toms hager wirkendes Gesicht
    tauchte vor ihr auf, wie er schwach in einen Krankenhausbett lag. Dann das Bild
    der Schwester: ‚Armes Mädchen. Keine Verwandte. Die Mutter schon lange tot, an
    Depressionen gestorben. Die Leiche des Vaters nie gefunden.’ Die Bilder begannen
    sich immer schneller zu drehen und mit einem Mal verschwanden sie.
    Wie versteinert blieb Anna Mitten auf dem Parkplatz stehen
    auf dem sie gerade angekommen war. Alles ergab einen Sinn. Es musste so gewesen
    sein. Abermals zog sie ihr Handy aus der Tasche und wählte Hottes Nummer.
    Ungeduldig wartete sie bis er endlich abnahm.
    „Chefin?“
    „Herzberger, haben sie irgendwelche Gebäude gefunden?“
    fragte Anna schnell ohne irgendwelche Zeit mit Höflichkeitsfloskeln zu verschwenden.
    „Ja, aber das sind dutzende. Eine Wohnsiedlung. Einige
    Bunker im Wald die uns bekannt sind. Es wird aber noch ein paar andere geben.
    Zwei Kapellen. Eine alte Kirche. Eine verlassene Jungendherberge. Einige
    private Waldhütten…“
    „Stopp. Jungendherberge sagen sie?“
    Sofort kam Anna Caros Aussage in den Sinn. Ein großer
    Keller. Viele Räume. Nummern an den Türen. Das musste es sein.
    „Ja. Die Jugendherberge liegt Mitten im Wald. Ungefähr zwei
    Kilometer entfernt von der Autobahn. Sie ist seit ein paar Jahren schon
    verlassen und hat keine unmittelbare Nachbarschaft. Nur ein unbefestigter Weg
    führt dorthin.“
    „Pfeifen sie einen Suchtrupp zusammen und fahren sie los.
    Ich komme vom Krankenhaus aus dorthin!“
    „Aber Chefin. Es gibt auch noch einige andere Orte die näher
    an der Autobahn liegen. Wieso ausgerechnet die Jungendherberge?“
    „Vertrauen sie mir einfach Herzberger. Ich erkläre es ihnen unterwegs!“
    Am anderen Ende blieb es für einen kurzen Moment still. Dann
    war Hottes entschlossene Stimme zu hören.
    „In Ordnung. Wir beeilen uns.“
    Ein Klicken war am anderen Ende der Leitung zu hören. Auch
    Anna steckte nun das Handy weg, fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Dann
    lief sie schnellen Schrittes zu ihrem Lexus und stieg ein.
    Es war vielleicht nicht eindeutig, aber es war einen Versuch
    wert. Irgendetwas sagte ihr dass sie dieses Mal den richtigen Riecher hatte.
    Sie würde Tom und Semir finden. Lebend. Ganz bestimmt.
    Hoffentlich.




    ***






    Hoffe ich habe genug vorgesorgt :P
    Weiß nämlich noch nicht wann mein PC wieder läuft
    :S

  • oh mann, ihr habt aber auch wahnsinniges Glück :D
    Mein Pc ist im Moment in Reperatur und zum Glück hatte ich die Story noch auf meinem USB-Stick 8)
    Jetzt kann ich ab und zu abends an den Computer von meinem Bruder bis meiner wieder funktioniert :)
    Also, lange Rede kurzer Sinn, wieder ein längeres Stück weil es mal wieder etwas länger reichen muss und ich euch doch unbedingt eins reinstellen muss weil ihr soooo lieb feeded im Moment
    :P :)









    Wie in Trance riss Semir an seinen Fesseln. Nur die leise Stimme,
    weit, weit hinten in seinem Kopf flüsterte ihm immer wieder zu, dass es
    hoffnungslos war. Tom war tot und er würde es auch bald sein. Tom war tot. Tod.
    Immer wieder gab er mit der Hand nach, um sie dann wieder
    umso fester nach vorn zu reißen. Wieder klirrte die Kette. Wieder gab er dem
    Schmerz nach um dann die Hand doch wieder nach vorn zu reisen.
    Sein Handgelenk war mittlerweile blau und blutig gescheuert.
    Es kümmerte ihn nicht. Er war so sehr in Gedanken, dass er alles um sich herum
    vergaß. Diesen Raum, mit der vergilbten Tapete. Streiber, der ihn hier zum Tode
    verurteilt, zurückgelassen hatte. Ja, sogar Caro, die es offenbar geschafft
    hatte zu entkommen, was Tom das Leben gekostet hatte. Er vergaß seine
    Schmerzen. Den Schleier, den er immer wieder abschüttelte. Den Schleier, den
    ihn vermutlich an einen anderen, besseren Ort bringen würde. Er vergaß die
    Tatsache dass er hier, in diesem Zimmer, früher oder später erfrieren würde.
    Alles.
    Andrea. Kam es ihm auf einmal in den Sinn. Er würde seine
    Frau nie wieder sehen. Aida, seine Tochter. Er würde sie zurücklassen müssen in
    dieser Welt. Sie würde alleine, ohne einen Vater aufwachsen müssen. Petra. Wie
    würde sie wohl auf Toms Todesnachricht reagieren, wenn sie von ihrer
    Fortbildung zurück war? Die Fortbildung. Fast schon hatte er es vergessen. Wie
    lange es her war seit dem er sich mit Tom darüber unterhalten hatte. Das sie
    zusammen gelacht hatten. Eine einsame Träne bahnte sich den Weg über sein
    Gesicht. Fest kniff Semir die Augen zusammen. Warum gönnte man ihnen kein
    normales Leben? Warum musste es so enden? Tom und er hatten doch noch so viel
    vorgehabt. Warum ausgerechnet sie? Warum? Warum?
    Sein Atem ging stoßweise. Der Mund war ausgetrocknet und er
    zitterte am ganzen Körper vor Kälte. Die Lippen waren schon blau gefroren und
    seine durchnässte, schmuddelige Kleidung wärmte ihn schon lange nicht mehr.
    Ergeben schloss er die Augen. Er hatte jeglichen Kampfgeist
    verloren, war gebrochen. Es hatte keinen Sinn mehr zu kämpfen. Er war einfach
    müde.
    Seine Hand erschlaffte in der monotonen Bewegung. Er wehrte
    sich nicht als der Schleier sich erneut, schwerer als zuvor, über ihn legte.








    Kapitel 20



    „Was ist denn wenn wir hier auch falsch sind? Was wenn Caro
    diese Jugendherberge gar nicht meinte?“ Die ganze Zeit über hatte Dieter
    Bonrath diese Worte gedacht, aber sich nie getraut sie auch auszusprechen.
    Besorgt blickte er zu seiner Chefin, die ihn kurz angesehen hatte, um dann
    jedoch den Blick gleich wieder nach vorn zu richten.
    „Ich bin mir sicher dass sie hier sind...Ganz sicher!“ fügte
    sie auf Bonrats fragenden Seitenblick hinzu. Sie konnte es auch nicht
    beschreiben, aber irgendetwas sagte ihr das sie dieses mal richtig waren.
    Irgendetwas hatte dieser Ort an sich. Irgendetwas Seltsames.
    Entschlossen schritt Anna Engelhard voran. Den Blick nach
    vorn gerichtet. Kaum war sie bei der Tür des Hauses angelangt, griff sie auch
    schon nach der Klinke. Zu ihrer großen Verwunderung sprang die Tür ohne
    weiteres auf und gab ihr den Blick in einen Langen Gang frei.
    „Los. Beeilung.“
    Die Gruppe folgte ihr. Allen war etwas mulmig zu mute. Schon
    allein der Gedanke daran das Tom und Semir hier in diesem alten, verfallenen
    Gebäude womöglich drei Tage lang gefangen gehalten worden waren was mehr als
    beunruhigend. Der Gang führte zunächst geradeaus. Der Putzt bröckelte. Es roch
    muffig und der Boden war nass und rutschig. Viele Zimmer befanden sich links
    und rechts des Ganges. Sie schauten in jeden Raum. Und kamen dadurch nur sehr
    langsam voran.
    Dann teilte sich der Gang. Eine Treppe führte in den Keller,
    eine weiter ins Obergeschoss.
    Anna Engelhard drehte sich so eilig um, dass Hotte, der
    dicht hinter ihr gegangen war, um auch ja nicht den Anschluss zu verpassen, in
    sie hinein lief.
    „Tschuldigung Chefin…“ murmelte er und seinen Wangen nahmen
    einen rötlichen Ton an.
    Anna hätte unter andern Umständen wahrscheinlich anders
    reagiert, nun aber schien sie es kaum wahrzunehmen.
    „Siggi, sie gehen mit den anderen hoch.“ Meinte sie nur und
    deutete auf das erste Dreiergrüppchen. „Bonrat, Möller. Sie suchen hier im
    Erdgeschoss weiter. Herzberger, sie kommen mit mir.“ Entschied sie kurzerhand
    und stieg auch schon als erste die Kellertreppe hinunter.





    ***




    Eigentlich kannte er Streiber nur aus den Akten. Trotzdem
    war er ihm vom ersten Blick an unheimlich gewesen. Genau konnte er sich an sein
    Foto erinnern. Das hagere Gesicht. Die harten Züge. Und die Augen. Die Augen.
    Das war das Schlimmste gewesen. Sie sprühten förmlich vor Zorn und Hass. Immer
    noch lief Hotte bei diesem Gedanken ein eisiger Schauer über den Rücken.
    Er traute sich nicht ausmalen, was er mit Tom und Semir angestellt
    hatte, wo er sie doch so sehr hasste.
    Hörbar stieß er Luft aus und versuchte durch ein heftiges
    Kopfschütteln die Gedanken daran abzuschütteln.
    „Herzberger, ist ihnen nicht gut?“
    Erst jetzt bemerkte er den taxierenden Seitenblick seiner Chefin.
    „Nein, nein, geht schon.“ Meinte er nur leicht erschrocken.
    Als ob man sich jetzt ausgerechnet um ihn sorgen müsste. Die Sorgen galten
    jetzt allein Tom und Semir. Wo hatten die zwei sich da nur wieder reingeritten.
    Er hoffte inständig, dass sie die beiden lebendig finden würden, obwohl die
    Chancen eigentlich mehr als schlecht standen…
    „Semir?!“
    Erschrocken zuckte Hotte bei der lauten Stimme Engelhards zusammen.
    „Tom?!“
    Aber niemand antwortete ihr. Er begann selbst zu rufen. Zu
    schreien. Das Haus blieb still. Immer weiter ging er hinter Anna her den endlos
    langen Gang entlang, der sich immer wieder, mal rechts, mal links schlängelte.
    In jedes Zimmer sahen sie hinein. Jede einzelne Tür öffneten sie. Nichts. Alles
    schien wie ausgestorben.
    Fast schon hatte er die Hoffnung aufgegeben. Fast schon wand
    sich der lange Gang um eine weitere Ecke, als er erneut eine Tür links des
    Ganges öffnete. Diese Tür war genauso schäbig wie die anderen. Als er sie mit
    einem Quietschen öffnete und einen Blick in den Raum warf, blieb ihm jedoch
    fast das Herz stehen. Mit weit aufgerissenen Augen, unfähig sich zu bewegen, verharrte
    er für einen Moment reglos auf der Türschwelle.
    „Chefin!“ Seine Stimme war tonlos. Kaum mehr, als ein entsetztes Flüstern.
    Sofort war Anna neben ihm auch sie sah starr in den Raum.
    War jedoch die erste die sich aus der Starre löste und zu der Person hastete
    die reglos, leblos auf dem Boden lag.
    „Semir!“
    Er hatte noch nie seine Chefin die Fassung verlieren sehen,
    aber jetzt schien alles anders zu sein.







    Und doch Elvira, das war ein langes Stück :D :D :D

  • kann endlich wieder für ein paar Minuten ins Internet :)
    Finde ich ja toll dass ihr alle wissen wollt wie es weiter geht :) :) :)
    Dann will ich mal nicht so sein... viel Spaß beim Lesen
    :P








    Semir hatte ihnen das Gesicht mit geschlossenen Augen
    zugewandt. Sein Gesicht war blutig. Hotte konnte eine Platzwunde am Kopf
    erkennen. Die Kleidung nass und schmutzig, an einigen Stellen zerrissen. An dem
    einen Handgelenk befand sich eine Kette, die an der Wand endete. Das Handgelenk
    war blau und blutig gescheuert.
    „Semir! Können sie mich hören? Semir!“ Selbst Anna verschlug
    es fast die Sprache.
    Sie kauerte nun direkt neben Semir am Boden und legte ihre
    Hand an seinen Hals um nach dem Puls zu fühlen. Ihre klammen Finger berührten seine
    Haut und sie konnte unter ihrer Bewegung ein fast unmerkliches Zucken fühlen.
    „Herzberger! Er lebt noch. Schnell! Rufen sie einen Notarzt!“
    Schnell zog sie ihre Jacke aus und bettete Semirs Kopf
    darauf. Dann wandte sie sich zu Hotte um, der wie versteinert in der Tür stand.
    „Herzberger nun machen sie schon!“
    Nun folgte auch Annas Blick dem ihres Beamten, aber auf das
    was sie sah, war sie nicht vorbereitet. Sie stieß einen kurzen, gellenden Schrei
    aus und schlug die Hände vor den Mund.
    „Nein!“
    Sie war so sehr auf Semir fixiert gewesen das sie nicht
    einmal auf die Idee gekommen war sich umzudrehen. Dort, im Schatten der offenen
    Tür verborgen lag noch eine Gestallt. Das Gesicht ihnen zugewandt.
    Dieses Mal war Herzberger schneller. Mit einer Schnelligkeit,
    die sie ihm nie zugetraut hatte war er in der gegenüberliegenden Ecke und
    kniete sich neben Tom nieder.
    Die Sekunden schienen sich wie Kaugummi endlos in die Länge
    zu ziehen. Anna stand da. Die Beine weich wie Wackelpudding und starrte zu
    Herzberger, der sie nun endlich ansah.
    „Er atmet nicht und ich spüre keinen Puls. Ich glaube…“ Ihm
    versagte die Stimme.
    Mit zittrigen Fingern fingerte er ein Handy aus der Tasche.





    ***




    Endlich war lautes Stimmengewirr zu hören. Schnelle Schritte
    näherten sich.
    Von einem der Ärzte wurde Anna freundlich aber bestimmt zur
    Seite geschoben. Mit der Hand musste sie sich an der Wand festhalten um nicht
    das Gleichgewicht zu verlieren. Trotzdem wandte sie den Blick nicht von den Ärzten
    ab die sich nun um ihre Beamten kümmerten. Zuerst verharrte ihr Blick auf
    Semir. Gerade wurde er auf eine Trage gelegt und ein weiterer Helfer
    durchtrennte die Kette die ihn an die Wand fesselte.
    „Ich brauche einen Zugang. Das muss schneller gehen. Los!“ hörte
    sie wie durch einen Schleier einen der Ärzte sagen.
    Danach wanderte ihr Blick zu Tom. Eine weitere Ärztin kniete
    über ihm.
    „Schwacher Puls. Er muss sofort ins Krankenhaus! Schneller,
    das muss schneller gehen!“
    Anna sah wie die junge Ärztin den anderen ein paar
    Anweisungen gab.
    Sie biss sich auf die Lippen, als Tom nun ebenfalls auf
    einer Trage an ihr vorbei aus dem Raum getragen wurde.
    Sie schluckte trocken und war so in Gedanken dass sie
    zusammenzuckte als ihr jemand von hinten eine Hand auf die Schulter legte.
    „Sie werden es schon schaffen. Ganz bestimmt. Die Beiden
    haben doch schon so einiges geschafft!“
    Sie sah in Hottes freundliches, besorgtes Gesicht. Wie gerne
    würde sie ihm glauben.
    „Soll ich sie ins Krankenhaus fahren?“
    „Nein, ich…ich muss noch Andrea…Andrea Bescheid geben…und…Petra
    weiß noch gar nichts von Tom…“
    „Das kann ich machen Chefin. Ich fahre sie jetzt ins
    Krankenhaus.“
    Widerstandslos lies sich Anna von Hotte durch den langen
    Gang zurück führen. Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten, so schlecht
    wurde ihr bei dem Gedanken was den beiden um ein Haar widerfahren wäre. Hätte Caro
    ihnen nicht sagen können wo sie festgehalten wurden, Tom und Semir wären
    anscheinend jämmerlich erfroren. Schon alleine der Gedanke daran lies sie
    frösteln. Wieder und wieder verfolgten sie diese Bilder. Tom und Semir am
    Boden. Verletzt. Verwundet. Fast todgeschlagen.
    Es gab viele schlimme Fälle und Taten mit denen sie sich in
    ihrem Beruf auseinander setzten musste, aber noch nie war ihr ein Fall so nahe
    gegangen wie dieser hier. Es war schrecklich auf diese Art und Weise zu
    erfahren in was für einer Welt sie hier lebten. In was für einer Welt, in der
    Menschen zu so etwas fähig waren. In der das Leben keinen Pfifferling mehr wert
    war und nicht geachtet wurde.
    Wieder und wieder sah sie Streibers Opfer auf den Bildern
    vor sich, dann wieder Caro im Krankenhaus, Tom, Semir. Es nahm kein Ende.
    „Chefin alles in Ordnung?“
    „Danke, Herzberger. Mir…mir geht’s gut.“
    Schnell drehte Anna den Kopf zur Seite. So konnte wenigstens
    niemand ihre stillen Tränen sehen.

  • Mann, mann Elvira...bring mich nicht noch auf dumme Gedanken,
    sonst werden einige sehr böse sein...
    :S 8| :D









    Kapitel 21



    Erschrocken fuhr Andrea hoch, als die Tür ihr gegenüber
    aufflog. Auch Petra schreckte aus ihren Gedanken hoch. Beide warteten schon seit mehreren Stunden
    auf irgendeine Nachricht, irgendeine Auskunft wie es um ihre Männer stand.
    Noch bevor der Arzt in der Tür stand waren sie bereits aufgesprungen.
    „Guten Tag Frau Gerkan. Frau Kranich. Ich bin Dr. Fischer. Der
    behandelnde Arzt von Herrn Gerkan und Herrn Kranich. Bei Herr Gerkan ist die Operation
    ausgezeichnet verlaufen. Wir behalten ihn noch etwas hier auf der
    Intensivstation, bis wir sicher sind das die Vitalfunktion sicher funktionieren.
    Er hatte eine starke Unterkühlung. Frau Engelhard hat uns gerade noch
    rechtzeitig angerufen. Zwei, drei Stunden später und es wäre womöglich zu spät
    gewesen. Dann hat er noch Verbrennungen zweiten Grades am Halsbereich. Dabei
    ist er eigentlich noch glimpflich mit einer kleinen Narbe davongekommen. Er hat
    außerdem drei gebrochene Rippen, zwei davon kompliziert gebrochen. Es wird
    einige Zeit dauern bis das wieder vollständig verheilt ist. Es ist uns gelungen
    die inneren Blutungen zu stoppen. Keine Lebenswichtigen Organe sind ernsthaft beschädigt,
    also dürfte er es ohne weiteres überstehen.“
    Andrea hatte ihm die ganze Zeit über ohne ein Wort oder eine
    Unterbrechung zugehört. Sie hatte gehofft, gebetet das Semir nichts geschehen
    würde. Zuerst konnte sie den Worten des Arztes kaum glauben. Dann spürte sie
    auch schon die Freudentränen in der Kehle. Sie blinzelte sie weg, aber trotzdem
    war sie sich sicher dass der Arzt es gesehen hatte.
    Dann riss sie auch schon Petras Stimme aus ihren Gedanken.
    Fast schon hatte Andrea vergessen dass sie noch dort stand. Sie schämte sich
    dafür.
    „Was…was ist mit meinem Mann?“ Petra musste schwer schlucken
    als sie diese Worte aussprach. Andrea merkte sofort dass ihr das Sprechen sehr
    schwer fiel. Es konnte nichts Gutes bedeuten, dass der Arzt eine so lange Pause
    machte, bis er endlich wieder anfing zu reden.
    „Frau Kranich, es tut mir Leid.“
    Ein eiskalter Schauer lief Andrea über den Rücken. Tom
    konnte nicht Tod sein! Sie bemerkte dass Petra neben ihr angefangen hatte zu
    zittern. Ohne den Blick von Dr. Fischer abzuwenden, der Petra immer noch
    besorgt musterte, suchte sie die Hand von Petra und ergriff sie. Ihre Hand
    schloss sich um Petras eiskalte Finger.
    „Die Lungen von Herrn Kranich waren vorher schon schwer
    geschädigt. Ich habe von einem Kollegen seine Krankenakte bekommen. Er hatte
    eine schwere Lungenentzündung und nun auch noch das. Um mich kurz zu fassen…“
    Dr. Fischer machte eine kurze, bedeutungsvolle Pause, dann wurde sein Gesicht
    noch ernster als vorher „Wir haben Herrn Kranich in ein künstliches Koma
    gesetzt. Es ist besser so. Die Lungen dürfen auf keinen Fall überstrapaziert
    werden. Sein Zustand ist labil und selbst wenn er stabil wäre…Er muss
    selbständig aus dem Koma aufwachen. Das bedeutet dass wir abwarten müssen. Vielleicht
    wacht er bald auf. Vielleicht erst in einem Monat, einem Jahr, aber wir müssen
    leider auch in Erwägung ziehen das er vielleicht nie wieder aufwachen wird. Es
    tut mir Leid.“
    Als der Doktor geendet hatte sah Andrea wieder zu Petra
    hinüber. Sie begann immer mehr zu zittern. Ihre Atmung war merkwürdig schnell.
    Sie sah in Richtung des Arztes vor ihnen, aber sie sah ihn nicht. Sah einfach
    durch ihn hindurch. In eine endlose Leere.





    ***




    Petra fühlte sich als hätte man ihr den Boden unter den
    Füßen weggezogen. Als hätte jemand mit einem Mal die ganze Luft aus ihrem
    Körper gepumpt.
    Ihre Finger in Andreas Hand fühlten sich merkwürdig taub an
    und alles um sie herum verschwamm.
    „Darf ich…darf ich zu ihm?“
    Diese Stimme. Sie kannte sie nicht. Als gehöre sie jemandem
    anders nicht ihr selbst. Sie war hier fremd. Fremd in ihrem eigenen Körper.
    „Sicher. Kommen sie.“
    Durch diesen verschwommenen Schleier sah sie jemanden auf
    sich zu kommen. War es Dr. Fischer? Sie wusste es nicht. Dieser jemand griff
    nach ihrer Hand und führte sie behutsam durch den langen Gang. Alles um sie
    herum verstummte. Das Gemurmel. Die Schritte. Die Rufe. Als hätte sich Watte
    auf ihre Ohren gelegt. Das einzige, was sie tief in sich hören konnte war ihr
    eigener Herzschlag. Und ein Gedanke, der sie nicht mehr losließ. Der sie nie
    wieder loslassen würde seit sie zum ersten Mal in seine treuen, grün-grauen
    Augen gesehen hatte: Tom. Nichts wünschte sie sich mehr als ihn endlich wieder
    in die Arme schließen zu können.




    ***

  • Damit ihr mir nicht nch umfallt :D
    aber eines sag ich direkt: ich werde erst erzählen ob Tom lebt oder stirbt wenn Elvira sich dazu erbahmt hat es endlich zu erzählen :P :P :P
    Bis dahin müsst ihr euch noch etwas gedulden.
    Aber biiiitte weiterhin so toll feeden, das wär schön
    8)






    Nachdenklich und besorgt sah Andrea ihrer Freundin nach, die
    von dem Arzt behutsam zu Toms Zimmer geführt wurde. Es widerstrebte ihr sie alleine
    gehen zu lassen, aber der Drang ihren eigenen Mann endlich wieder zusehen war
    stärker.
    Da riss sie plötzlich ihr Handy aus den Gedanken.
    „Ja, Gerkan?“
    Sie selbst bemerkte dass ihre Stimme merkwürdig leise und
    zittrig war, als sie sich am Telefon meldete. Immer noch fühlte sie sich
    ausgelaugt von der Schlaflosigkeit, der Unsicherheit und der Angst. Wie
    benommen stand sie da, das Handy am Ohr und lauschte der bekannten Stimme am
    anderen Ende.
    „Hallo Andrea. Ich...also…Herzberger hat darauf bestanden mich
    nach Hause zu fahren und…und jetzt wollte ich fragen wie es den Beiden denn
    geht. Ich…meine…“
    „Semir ist über den Berg. Ich wollte gerade zu ihm. Er
    müsste gleich aus der Narkose aufwachen.“ Andrea schluckte. Ihr Hals war rau
    und der Mund trocken. Es fiel ihr schwer die Sätze einigermaßen sinnvoll
    aneinander zu fügen.
    „Und Tom…“ sie stockte, wusste aber das sie ihrer Chefin
    nichts vormachen konnte.
    „Tom…Tom liegt im Koma. Die Ärzte sind sich nicht sicher ob
    er durchkommen wird.“
    Andrea hatte versucht die Worte möglichst schnell
    loszuwerden und trotzdem waren sie schmerzhaft. Erst jetzt wurde ihr wirklich
    klar was das bedeutete. Tom würde womöglich sterben. Was würde Semir wohl sagen
    wenn er es erfahren würde? Sollte sie es ihm überhaupt erzählen? Würde er es in
    seinem Zustand verkraften?
    Fast schon hatte sie vergessen, dass Anna Engelhard immer
    noch am anderen Ende der Leitung war, so still war es bis sie endlich wieder zu
    reden begann.
    „Andrea, sagen sie mir bitte Bescheid wenn sich etwas an dem
    Zustand der Beiden ändert. Ich will sie nicht weiter aufhalten.“
    Andrea horchte auf. So kurz und bündig hatte sich ihre
    Chefin gefasst. Als ob es sie nicht wirklich kümmern würde wie es Tom und Semir
    ging. Als wäre es nur irgendeine Routinefrage gewesen. Aber Andrea wusste es
    besser. Sie war sich sicher, dass es nicht im Geringsten so war. Für einen Außenstehenden
    war es vielleicht nicht bemerkbar, aber sie kannte ihre Chefin mittlerweile gut
    genug um dieses Verhalten deuten zu können. Anna machte sich ebenfalls sorgen.
    Große Sorgen. Sie schien sich mitverantwortlich zu fühlen für das, was passiert
    war. Dafür das sie Tom hatte gehen lassen. Dafür dass sie den Beiden nicht früher
    hatte helfen können obwohl sie ihr diesen Gefallen schon so oft getan hatten.
    Denn etwas, davon war Andrea felsenfest überzeugt, schwang in Annas Stimme mit.
    Etwas Untypisches für ihre sonst strenge, resolute Chefin. Etwas, was sich
    nicht wirklich ergründen lies.







    Kapitel 22



    Er blinzelte. Das gleißend helle Licht blendete seine Augen.
    Was war das?
    Dann spürte er auch schon wieder die Schmerzen. So stark,
    das er für einen Moment aufstöhnte. Verschwommen konnte er Umrisse wahrnehmen.
    Jemand hatte sich über ihn gebeugt. Ein warmes Lächeln konnte er erkennen.
    Es war ein Engel.
    „Semir?“
    Auch diese Stimme kam ihm so vertraut vor. Er kannte sie.
    Kannte sie nur zu gut.
    Die Augenlieder wurden wieder schwer. Für einen Moment
    musste er die Kräfte wieder sammeln, bis es ihm gelang erneut die Augen zu
    öffnen.
    Unter einer großen Kraftanstrengung gelang es ihm sie
    geöffnet zu halten.
    „Semir ich bin’s.“
    Wieder diese Stimme. So warm, voller Zärtlichkeit.
    „Andrea?“
    Lautlos formte er diese Worte mit den Lippen. Seine Stimme
    war kaum zu hören und dennoch schien Andrea ihn verstanden zu haben.
    Semir konnte sie leicht lächeln sehen. In ihren Augen
    glänzten die Tränen. Sie schien nicht wirklich zu wissen ob sie lachen oder
    weinen sollte.
    „Tom? Caro? Wo…“ Seine Stimme brach ab. Er hatte nicht die
    Kraft weiter zu sprechen. Wieder musste er für einen Moment die Augen schließen
    ehe er wieder zu Andrea aufblickte. Er sah ihr Gesicht nur verschwommen, dann
    wieder klarer. Wieder verschwommen. Ihre Miene wirkte verschlossen als wüsste
    sie nicht recht was sie ihm antworten sollte. Ihr Mund war schon zu einer Antwort
    geöffnet als sie ihn schließlich doch wieder schloss.
    „Ihnen…ihnen geht’s gut.“ brachte sie schließlich nach einer
    kurzen Pause mühsam hervor.
    Semir blinzelte. Er meinte zu wissen, dass Andrea nicht die
    Wahrheit sagte, aber er hatte keine Kraft mehr zu reden. Wieder schienen seine
    Augenlieder Zentnerschwer zu werden.
    Langsam, wie in Zeitlupe griff er sachte nach Andreas Hand
    und drückte sie leicht bevor sein Kopf erneut zur Seite wegsackte und ihn der
    Schlaf übermannte.




    ***





    PS. sieht gut für meinen Pc aus. Vielleicht krieg ich ihn bald wieder
    8o

  • Tut mir Leid das ich soooo lange nicht schreiben konnte :(
    aber jetzt gibts wieder ein Stück :)
    wen ihr wollt kann ich versuchen ob ich's heute abend noch mal schaffe etwas reinzustellen...
    :)








    Innerlich machte sie sich Vorwürfe, aber was hätte sie ihm
    sonst sagen sollen? Das Tom im Koma lag und es vielleicht nicht überleben
    würde? Nein. Unter keinen Umständen konnte sie ihm das in seinem jetzigen
    Zustand zumuten. Es stellte sich nun nur noch die Frage wann sie ihm es würde
    sagen müssen. Wann er es erfahren würde. Erfahren müsste.
    Andrea biss sich auf die Lippen. Das hatte noch Zeit, dachte
    sie sich. Wenigstens etwas Zeit, bis es Semir wieder besser ging. Er würde
    ohnehin nicht aufhören zu fragen.
    Andrea ging weiter den langen Krankenhausflur entlang. Der
    Arzt hatte Semir noch ein zusätzliches Schlafmittel gespritzt damit er die Nacht
    durchschlafen konnte. Er hatte Andrea schließlich überzeugt dass Semirs Zustand
    stabil war und sie morgen wieder kommen könnte. Nun wollte sie zu Petra. Sie
    konnte sich genau vorstellen wie sie sich nun fühlen musste und wollte ihr als
    gute Freundin wenigstens Beistand leisten in ihrer Lage. Mehr konnte sie im
    Moment nicht tun.
    Sie bog um die nächste Ecke. Schon von weitem erkannte sie
    Petra. Wie ein Häufchen Elend stand sie da. Einsam und verloren sah sie durch
    ein Fenstern das zum Hof hinaus führte.
    Andrea stellte sich neben sie und legte ihr behutsam eine
    Hand auf die Schulter.
    Petra sah starr geradeaus aus dem Fenster auf irgendeinen Punkt
    in weiter Ferne. So weit weg, das selbst Andrea ihn nicht erkennen konnte. Ihre
    Augen waren rot und vom vielen Weinen verquollen. Ihre Unterlippe bebte als sie
    schließlich mit dünner, heißerer Stimme zu Sprechen begann.
    „Die Ärzte sind jetzt bei Tom. Sie überprüfen die Werte. Sie
    haben mich weggeschickt. Sie meinen ich sollte nach Hause gehen und mich
    ausschlafen. Sie würden mich informieren wenn…wenn etwas passiert.“
    Sie biss sich auf die stark bebende Unterlippe und abermals
    rannen ihr die Tränen über die Wangen. Zitternd verharrten sie einen Moment an
    ihrem Kinn bevor sie hinunter auf die Fensterbank tropften und sich dort
    schließlich verliefen.
    Mitleidig sah Andrea zu ihrer Freundin. Wenn sie doch nur
    irgendetwas für sie tun könnte.
    „Andrea, ich weiß nicht was ich machen soll wenn Tom…“
    Petra versagte die Stimme. Sie schluchzte laut auf und
    begann nun bitterlich zu weinen.
    Ohne groß nachzudenken nahm Andrea sie in die Arme und
    wiegte sie wie ein kleines Kind.
    Petra erwiderte die Umarmung und ihre Tränen versickerten im
    Stoff von Andreas Pullover.
    „Tom wird wieder aufwachen ganz bestimmt. Er und Semir.
    Beide werden wieder gesund werden.“ Andrea versuchte ihren Worten so viel
    Festigkeit wie nur möglich zu geben, doch auch sie hatte mit den Tränen zu kämpfen.





    ***





    Petra wusste später nicht mehr genau wie lange sie so
    dagestanden hatten. So lange bis ihre Tränen alle versiegt waren. Nun fühlte
    sie sich schrecklich leer. Nur noch leerer als zuvor.
    Andrea hatte sie mit zu sich nach Hause genommen nachdem sie
    Aida von der Nachbarin abgeholt hatte.
    Aida hatte sich gefreut ihre Mutter und auch Petra
    wiederzusehen, sie schein allerdings nicht mehr so ausgelassen wie sonst.
    Andrea hatte dies auf die Müdigkeit geschoben und sie schließlich ins Bett
    gebracht.
    Nun saßen sie nebeneinander auf dem Sofa. Andrea hatte ihnen
    Tee gemacht. Der wärmte zwar auch von innen, konnte aber dennoch nicht die
    Leere füllen.
    Andrea erzählte. Sie erzählte von ihren Nachbarn, von Aida,
    von dem Alltag, von diesem und jenem. Sorgfältig mied sie jedes Thema das mit
    Tom, Semir oder der PAST zu tun hatte.
    Petra war ihr mehr als dankbar dafür. Sie selbst redete
    kaum. Sie hätte ohnehin kein Wort herausgebracht. Das einzige was sie sagte war
    ein gelegentliches ‚Ja’ oder ‚stimmt’. Manchmal sogar ein winziges, gekünsteltes
    Lächeln.
    Dann war ein Geräusch zu hören und die Tür öffnete sich
    langsam. Erschrocken fuhren Andrea und Petra herum.
    In der Tür stand Aida. Klein und zierlich. In ihren kleinen
    Kinderaugen spiegelte sich die Traurigkeit wider.
    „Ich kann nicht schlafen.“ Hörte Petra schließlich ihre
    dünne Stimme.
    Sofort stand Andrea auf und ging zu ihr. Sie kniete sich vor
    ihrer Tochter auf den Boden.
    „Was ist denn mein Schatz?“ fragte sie besorgt.
    Aida hatte nun ihre Unterlippe vor geschoben. Fast schon
    schmollend stand sie da. Bevor sie wieder zu ihrer Mutter aufblickte. Ihre
    Augen kugelrund schimmernd.
    „Mama, wann kommt Papa wieder?“
    Petra wandte den Blick ab. Sie konnte nicht länger hinsehen.
    Am liebsten hätte sie wieder angefangen zu weinen, so traurig machte sie diese
    Hilflosigkeit des Kindes. Aber da war nichts mehr da zum weinen. Wie ausgelaugt
    fühlte sie sich.
    Ein paar mal hatte Aida schon nach ‚Papa’ gefragt. Sie
    schien Andrea nicht glauben zu wollen dass er bald wieder kommen würde. Schon
    viel zu lange hatte Andrea ihr versprochen das Semir morgen wieder kommen
    würde.
    Petra hörte nicht was Andrea alles zu Aida sagte. Sie bekam
    nicht mit als sie sie schließlich wieder zu Bett brachte und dann wieder kam.
    Immer noch saß sie starr auf dem Sofa. Den Blick in weite Ferne gerichtet. Du
    musst jetzt stark sein, sagte sie sich immer und immer wieder. Aber wie konnte
    man stark sein wenn alles in einem drin in Scherben lag?

  • gar kein einziger Feed mehr??? ;(









    Kapitel 23



    Gerade erst färbte sich der Himmel blutrot am Horizont. Die
    Sonne war noch nicht zu sehen.
    Gedankenverloren sah Andrea aus dem Fenster. Alles wirkte so
    friedlich. Als wenn nichts gewesen wäre. Ein neuer Tag begann.
    Sie sah auf ihre Armbanduhr. 5:30 Uhr.
    Petra hatte es nicht länger zu Hause gehalten. Sie hatte
    auch nicht geschlafen. Sie hatte nur starr auf dem Sofa gesessen und gewartet dass
    die Zeit verging.
    Andrea tat es weh sie so zu sehen. Alle ihre Versuche sie zu
    trösten waren gescheitert. Petra hatte ihr nicht zugehört. Andrea schien es,
    als wäre sie für sie unerreichbar gewesen. Schließlich hatte sie es aufgegeben
    auf sie einzureden. Hatte einfach nur stumm neben ihr gesessen und ebenfalls
    kein Auge zu getan. Die Stunden hatten sie wie Kaugummi zäh und endlos in die
    Länge gezogen während sie beide ihren Gedanken nachhingen.
    An Schlaf war nicht zu denken gewesen. Also hatte sie
    beschlossen schon früh morgens mit ihr ins Krankenhaus zu fahren.
    Seit fünf Uhr waren sie nun schon dort. Andrea hatte Petra
    zu Tom begleitet. Eigentlich hatte sie erst einmal bei ihr sein wollen, aber
    schon nach kurzer Zeit war ihr klargeworden dass Petra einfach nur mit Tom
    allein sein wollte. Also war sie dann auch zu Semir gegangen. Immer noch saß
    sie regungslos an seinem Bett und wandte ihm nun wieder den Blick zu. Das EKG piepste
    in gleichmäßigen, monotonen Abständen und sie beobachtete wie sich Semirs Brust
    immer wieder hob und senkte. Es war nach all der Aufregung für sie einfach nur
    beruhigend hier zu sitzen und Semir zu beobachten wie er friedlich da lag und
    schlief. Wie viel würde sie dafür geben wenn Tom neben ihm liegen würde und
    ebenfalls jeden Moment die Augen aufschlagen würde.





    ***




    Die Tage vergingen. Fast schon zwei Wochen war es her seit
    dem Semir und Tom ins Krankenhaus eingeliefert wurden.
    Semir hatte sich dann schließlich doch gegen Andreas Willen
    nach fünf Tagen Krankenhausaufenthalt selbst entlassen. Immer noch hatte er Schmerzen
    in der Brust bei jedem Schritt den er tat. Man sah es ihm an, doch er beklagte
    sich nie über die Schmerzen.
    Er hatte den Dienst in der PAST schließlich wieder
    aufgenommen. Er wollte sich ablenken. Stunde um Stunde saß er nun im Büro. Dort
    schrieb er alte überfällige Berichte zu Ende, sortierte die Akten neu, räumte
    seinen Schreibtisch um. Ja, er mistete sogar die Schränke aus um irgendeine
    Arbeit zu haben, die ihn beschäftigte, die ihn ablenkte von seinen Gedanken und
    Sorgen. Wenn auch nur für kurze Zeit. Er tat all das eben, was für ihn
    untypisch war.
    Bald herrschte eine ungewöhnliche Ordnung in seinem Büro.
    Alles war penibel aufgeräumt, sortiert und gestapelt, mit Ausnahme von Toms
    Schreibtisch. Dort hatte Semir nichts angerührt. Immer noch lagen Blätter,
    Ordner, Akten und Kugelschreiber herum. Eine Kaffeetasse stand auf dem Tisch.
    Der Kaffee hatte sich schon längst auf dem Boden abgesetzt. Toms Mantel hing
    unordentlich über der Stuhllehne, als könnte er jeden Moment zur Tür herein
    kommen und sich über die Ordnung kaputt lachen.
    Immer wieder sahen die Kollegen durch die Glasscheibe in das
    Büro hinein. Oft stand dann Semir mitten im Raum und starrte gedankenverloren
    auf Toms Stuhl. Wehleidig war sein Blick dann, voller Verlust und voller
    Schmerz. Wenn er aber dann die besorgten Blicke der Kollegen bemerkte wandte er
    den Blick schnell ab und stürzte sich erneut in die Arbeit.
    Er hatte sich verändert.
    Seine sonst vor Lebenslust funkelnden braunen Augen wirkten merkwürdig
    glasig und der Blick war stumpf. Er gab nur einsilbige Antworten und vermied
    einen direkten Blickkontakt.
    Er hatte eine dicke Mauer um sich herum aufgebaut. Eine Mauer
    die ihn vor allem schützen sollte. Die niemanden an ihn heran ließ. Nicht
    einmal Andrea. Oft schon hatte sie versucht mit ihm zu reden. Er hatte
    abgelehnt oder nur knappe Antworten gegeben.
    Noch bevor Semir morgens ins Büro kam besuchte er Tom im
    Krankenhaus. Gegen 5 Uhr war es noch leer auf den Krankenhausfluren und er war
    ungestört. Wenn er sich unbeobachtet fühlte redete er mit Tom. Tom war der
    einzige dem er sich anvertraute, dem er seine Sorgen und Ängste ganz offen
    erzählte. Semir hatte keine Ahnung ob Tom ihn verstand und trotzdem redete er
    lange mit ihm. In der Hoffnung vielleicht irgendwann ein Zeichen zu bemerken.
    Ein Zeichen dass er verstand. So kam er jeden Tag alleine ins Krankenhaus.
    Pünktlich um fünf Uhr saß er an Toms Bett und redete mit ihm. Redete mit
    kleinen Pausen in denen er Tom aufmerksam musterte und auf etwas Unerwartetes
    hoffte. Nach zwei ein halb Stunden verließ er das Krankenhaus dann wieder und
    fuhr zur PAST. Dort stürzte er sich Hals über Kopf in die Arbeit. Gegen sechs
    fuhr er dann erneut ins Krankenhaus zu Tom. Nur um zu hören das sich an Toms
    Zustand immer noch nichts geändert hatte. Nur um sich erneut an Toms Bett zu
    setzten und ihm zu erzählen bis sein Mund trocken wurde. Wenn er dann
    schließlich abends um acht wieder zu Hause ankam fühlte er sich müde und
    ausgelaugt. Seine Rippen schmerzten wieder. Wie jeden Tag begrüßte er Andrea
    und seine Tochter mit einem gezwungenen Lächeln, brachte Aida zu Bett und wich
    Andreas Fragen geschickt aus. Abends fiel er dann müde ins Bett und schlief ein
    um dann wieder Mitten in der Nacht schweißgebadet aus seinen Alpträumen
    hochzuschrecken. Es dauerte dann immer ein paar Minuten bis er wieder
    einigermaßen zur Ruhe kam und registrierte dass er zu Hause war. Dann legte er
    sich wieder hin, starrte mit offenen Augen zur Decke und lauschte Andreas
    leisen gleichmäßigen Atemzügen. Dann hatte er immer Angst davor wieder
    einzuschlafen. Angst vor den Träumen die ihn dann wieder heimsuchten.
    So ging es Tag für Tag. Allem voran Andrea machte sich Sorgen
    um ihn weil sie Angst davor hatte was mit ihm geschehen würde wenn Tom
    tatsächlich sterben würde. Würde es dann so bleiben? Würde er sein Leben lang
    so weiter leben? Würde er es irgendwann wieder verkraften? Sie wusste es nicht
    und obwohl sie sich auch große Sorgen um Tom machte überwägte die Sorge um
    Semir.
    Sie war sich nicht sicher was schlimmer war. Dass Tom im
    Koma lag oder dass sie mit ansehen musste wie Semir innerlich kaputt ging.





    ***

  • Also wirklich! Stimm dir ganz zu Elvira! Sind echt viele sehr schreibfaul geworden :D :P
    aber so lange Elina und du noch lesen mach ich natürlich weiter :P
    Habe auch endlich meinen PC wieder, das heißt ich könnte auch wieder etwas öfter schreiben...naja mal sehen
    :rolleyes:






    Caro dachte nach während sie den langen Krankenhausflur entlang
    ging. Sie dachte oft nach in letzter Zeit. Über das was geschehen war und noch
    geschehen würde.
    Eine Woche war es her seit sie aus dem Krankenhaus entlassen
    worden war. Immer noch trug sie den linken Arm in einer Schlinge. Die Rippen
    schienen endlich langsam zu verheilen.
    Sie hatte die Nacht wieder nicht schlafen können. Wie so oft
    in letzter Zeit war sie Mitten in der Nacht zitternd und schweißgebadet aus
    einem ihrer Alpträume hochgefahren. Sie hatte einige Zeit gebraucht bis sie
    realisiert hatte dass es nur ein Traum gewesen war. Und trotzdem hatte sie
    nicht mehr einschlafen können. Also hatte sie beschlossen heute schon früher
    als sonst ins Krankenhaus zu fahren. Sie brauchte Ablenkung und sie wollte Tom
    sehen.
    Sie hatte es zuerst kaum fassen können was mit Tom und Semir
    passiert war. Sie war geschockt gewesen als Andrea sie schließlich über den
    Stand der Dinge informiert hatte. Und obwohl ihr sowohl Andrea als auch Petra,
    Frau Engelhard und all die anderen immer wieder sagten das sie keinesfalls
    Schuld trug, so nagte doch immer noch das Schuldgefühl an ihr. Schließlich war
    es ihr Vater gewesen, der Semir und Tom um ein Haar umgebracht hatte. Er hatte Semir
    fast tot geschlagen nur damit sie entkommen konnte. Und was hatte sie gemacht?
    War blind vor Angst auf die Autobahn gelaufen. Wie konnte sie nur so dumm
    gewesen sein?
    Mit Semir hatte sie noch nicht gesprochen. Sie hatte Angst
    davor ihm in die Augen zu sehen. Sie konnte es nicht und doch wollte sie ihm
    sagen wie Leid ihr das alles tat. Was sie getan hatte. Was ihr Vater getan
    hatte. Es hätte nie soweit kommen dürfen. Nie. Vielleicht wäre alles anders
    geworden wenn sie zu Hause geblieben wäre. Damals. Als ihr Vater noch im
    Gefängnis war. Vielleicht hätte ihn diese Zeit geändert. Vielleicht wäre ihre
    Mutter dann jetzt noch am Leben gewesen. Vielleicht hätten sie dann eine ganz
    normale Familie werden können. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wer wusste
    das jetzt schon.
    Sie hatte die Tür von Toms Zimmer erreicht. Gerade wollte
    sie mit der gesunden Hand nach der Türklinke greifen als sie etwas stutzen
    ließ. Die Tür war nur angelehnt und sie hörte eine Stimme. Eine bekannte Stimme
    und mit einem mal bekam sie eine Gänsehaut. So vertraut war ihr diese Stimme.
    So lange hatte sie sie nicht mehr gehört. Wie angewurzelt blieb sie stehen und
    lauschte während sie vorsichtig ins Zimmer spähte.
    „Ich weiß, du wirst es mir nicht glauben, aber ich habe
    wirklich alle Akten neu sortiert. Den Schrank hab ich auch mal aufgeräumt. Du
    glaubst gar nicht was da noch alles drin war…“
    Semir hatte ihr den Rücken zugekehrt. Er saß an Toms Bett.
    Dieser hatte noch immer die Augen geschlossen. Er war blass und zeigte
    keinerlei Regung.
    „Ich hab sogar noch einen Stapel mit alten Fotos gefunden
    Die musst du dir mal ansehen. Wie du da noch aussahst. Welche als wir vor einem
    Jahr im Sommer mit dem Wohnmobil weggefahren sind. Weißt du noch? Da hast du
    vergessen das Essen einzupacken. Oh Gott, da haben wir uns vielleicht in die Wolle
    gekriegt.“
    Und dann plötzlich hörte sie ihn lachen. Ein fröhliches,
    unbeschwertes Lachen, das sie neuen Mut fassen ließ. Wie sehr sie es vermisst
    hatte.
    Doch dann, ganz plötzlich verstummte es wieder. Für einen
    Moment war es ganz still. Caro verharrte reglos in der Tür. Dann begann Semir
    wieder zu sprechen, doch dieses Mal war seine Stimme wieder ernst und besorgt.
    „Deinen Schreibtisch räume ich aber nicht auf, hörst du. Den
    räumst du schön auf wenn du wieder da bist ok? Du kommst doch wieder oder?“
    Caro biss sich auf die Lippen. So hilflos war Semirs Stimme auf einmal.
    „Wir vermissen dich alle. Wirklich. Du hast mich lange genug
    warten lassen, Partner.“
    Jetzt kamen Caro doch die Tränen. Sie konnte nicht länger
    zusehen. Sie musste weg einfach nur weg.
    Langsam ging sie los. Die Bilder tauchten wieder vor ihren Augen auf.
    Diese Bilder. Diese schrecklichen Bilder. Sie schluchzte und schüttelte sich
    aber die Bilder verschwanden nicht. Ihre Schritte wurden schneller. Schließlich
    hatte sie den Ausgang erreicht. Die eiskalte Luft schnitt ihr ins Gesicht, als
    hätte man ihr einen Eimer mit eiskaltem Wasser ins Gesicht geschüttet. Es tat
    so gut. Nun rannte sie. Und merkte bei jedem Schritt wie es ihr besser ging.
    Rannte einfach geradeaus. Immer weiter nur nicht stehen bleiben. Rannte und
    rannte, bis die Schmerzen in ihren Rippen stärker wurden. Bis sie atemlos war
    und ihre Lippen blau. Bis die düsteren Gedanken verschwanden und sie endlich
    wieder klar denken konnte.







    Kapitel 24



    „Er träumt.“ Stellte Petra mit einem Blick auf Toms zuckende
    Augenlieder fest. Semir sah zu ihr hinüber. Während sie sprach wandte sie den Blick
    nicht von seinem Partner ab, der immer noch unverändert da lag. Es war nun
    schon drei Wochen her. Und immer noch hatte sich an Toms Zustand nichts
    verändert. Das EKG Gerät Piepste gleichmäßig.
    „Der Arzt meinte, dass ist ein gutes Zeichen.“ Petra biss
    sich auf die Lippen um die erneuten Tränen zu unterdrücken. Doch trotzdem kamen
    sie. Schluchzend wischte sie sich über die roten Augen. Ohne ein weiteres Wort
    nahm Semir sie in die Arme und wiegte sie wie ein kleines Kind. Petras Tränen
    versickerten im blauen Stoff seines Pullovers.
    Petra weinte hemmungslos. Sie war vollkommen fertig. Auch Semir musste
    schlucken.
    „Wenn es nur kein Alptraum ist…“ als er diese Worte
    aussprach sah Semir besorgt zu seinem Partner. Dessen Augenlieder zuckten noch
    immer in unregelmäßigen Abständen.




    ***

  • und dann wieder für Elina und Elvira :) :P






    Er war in seiner Wohnung.
    Merkwürdig fremd kam sie ihm vor. Die Möbel, die Bilder an den Wänden. Es war
    dunkel. Draußen tobte der Sturm. Da war auf einmal ein Geräusch zu hören. Ein Schrei.
    Ein Kind, es schrie um Hilfe. Schon war er auf der Treppe, sprang die Stufen
    hinunter bis zur Haustür.

    Es war Nacht, dunkel.
    Ein Blitzt zuckte über den Himmel und erhellte für einen Moment die Szenerie in
    seinem gleißend hellen Licht. Ein Mann stand dort in der Dunkelheit. Einem schreienden
    Mädchen den Arm um den Hals geschlungen. Das Messer in seiner Hand blitzte nur
    kurz auf. Dann war wieder alles Dunkel.

    Erschrocken tat Tom ein paar Schritte rückwärts.
    Er hatte den Mann erkannt und auch das Mädchen.
    Verzweifelt suchte er in den Taschen nach seinem Handy, doch anscheinend hatte
    er es oben in der Wohnung gelassen. Er drehte sich um und hörte nun zeitgleich
    mit dem nächsten Donnergrollen, die Tür hinter sich zuknallen. Kein Weg zurück.
    Der nächste Blitz zuckte über den Himmel. Der Mann und das Mädchen waren
    verschwunden.

    Dann war es auf einmal still. Das Gewitter verstummte.
    Erschrocken stolperte er rückwärts und dann
    fiel er in ein schwarzes Loch. Fiel tiefer und tiefer in die Bodenlose Schwärzte.

    Bilder sausten an ihm vorbei.
    Sie blitzten nur kurz auf und verschwanden dann gleich wieder.

    Er sah Streiber mit einer Spritze in der Hand. Sah wieder die bunten Farben um sich herum. Spürte
    das Schwindelgefühl. Dann sah er Semir vor sich. Wie er am Boden kauerte.
    Blutig und halb tot geschlagen. Sah in Caros entsetztes Gesicht. Die weit
    aufgerissenen, panischen Augen. Sah wieder in diese erbahmungslosen
    Hasserfüllten Augen Streibers. Roch den Gestank nach Schweiß und feuchter Erde.
    „Kranich…Kranich“ hörte er die höhnende Stimme zischen. Wie eine Schlange, die
    sich langsam um seinen Hals legte. Die ihm langsam aber sicher die Luft zum
    atmen nahm. Er spürte den Druck auf seinem Hals. Er wollte sich wehren, aber
    seine Hände gehorchten ihm nicht. Dann hörte er einen gellenden Schrei. So
    laut, das seine Trommelfelle zu bersten schienen. Es war sein eigener Schrei,
    doch er kam ihm auf einmal merkwürdig fremd vor.




    ***




    Petra wusste nicht wie lange sie so da gesessen hatte, den
    Kopf an Semirs Schulter gelehnt. Irgendwann waren die Tränen versiegt. Es gab
    nichts mehr in ihr drin. Das einzige was sie spürte war eine gähnende Leere.
    Schließlich löste sie sich aus Semirs sanftem Griff und sah
    erneut zu Tom. Immer noch zuckten seine Gesichtszüge. Ihre Finger umschlossen
    seine kalte Hand.
    „Tom, bitte, wach wieder auf. Tom.“ Erneut versagte ihr die
    Stimme. Es brach ihr das Herz ihn so zu sehen. So hilflos, sah er aus. Tom, der
    sich immer mit Händen und Füßen gegen einen noch so kurzen
    Krankenhausaufenthalt gewehrt hatte. Nun hatte er sich nicht dagegen wehren können.
    „Ich brauch dich doch.“ hauchte sie und verstärkte den Druck
    um seine Hand.
    Und dann, ganz plötzlich spürte sie es. War das nicht gerade
    ein Gegendruck gewesen? Oder hatte sie es sich nur eingebildet? Nein, ohne
    Zweifel. Da war es wieder.
    Fast schon erschrocken verharrte sie eine Weile reglos und
    wartete auf ein weiteres Anzeichen. Dann sah sie zu Toms Gesicht hinüber.
    Täuschte sie sich oder war das Augenzucken stärker geworden?
    „Semir! Semir, ich glaube er wacht auf!“ ihr Mund war
    trocken als sie diese Worte aussprach. Sie hoffte, flehte, das sich ihre Worte
    bewahrheiten würde.
    Mit einem Seitenblick sah sie das Semir sich ebenfalls
    wieder Tom zugewandt hatte. Er schien erstaunt, aber genauso hoffnungsvoll wie
    sie auch.
    „Komm schon, Partner!“ hörte sie ihn fast schon tonlos
    sagen. Auch er wartete fieberhaft auf
    ein weiteres Zeichen.
    Nur das immer schneller werdende Piepsen des EKGs füllte den
    Raum.







    Kapitel 25


    Er fiel weiter in das schwarze Loch.
    Immer noch hörte er den Schrei in seinen Ohren. Die Bilder
    sausten nun so schnell an ihm vorbei, dass er sie nicht mehr genau erkennen konnte.
    Der Druck auf seinem Hals wurde stärker. „Kranich…Kranich…“ Diese Stimme. Immer
    noch zischte sie erbarmungslos in seinen Ohren.

    Er wollte dass es aufhörte. Wollte dagegen kämpfen für all das was ihm wichtig war. Für all die
    die ihm wichtig waren. Dann hörte er wieder eine Stimme. Nicht wie die zuvor
    sondern sanft. Und leise. Hatte er sich getäuscht? War sie wirklich dagewesen?
    Nein, er hörte sie wieder. Sie rief seinen Namen. So vertraut war sie ihm. Eine
    andere Stimme, auch diese kannte er, ohne Zweifel. Dann war wieder Stille.
    Nein, er wollte diese Stimmen wieder hören! Wollte nicht aufgeben. Mit aller
    Kraft begann er gegen diese Leere in seinem Kopf anzukämpfen, doch der fehlende
    Sauerstoff erschwerte ihm die Versuche.

    Dann endlich merkte er wie der Schrei in seinem Kopf leiser wurde. Wie die Bilder langsam verblassten
    und einem hellen Licht Platz machten. Endlich schien er wieder festen Boden unter
    den Füßen zu bekommen. Der Schmerz in seinen Lungen raubte ihm fast den
    Verstand.

    Und er riss die Augen auf.




    ***





    hmmmm und was denkt ihr kommt jetzt??? :P

  • richtig geraten :D
    aber auch meine Geschichte neigt sich jetzt langsam dem Ende zu...
    Hoffe nur dass die letzte Teile nicht zuuu sentimental geraten sind
    :wacko:







    Semir blieb fast das Herz stehen. Seine Gedanken
    überschlugen sich.
    Tom hustete, röchelte. Und sah dann, ganz plötzlich mit
    offnen Augen an die Decke.
    Blitzschnell sprang Semir auf und drückte auf den roten
    Knopf neben Toms Bett.
    „Hey Partner. Schön dich wieder zu sehen.“
    Semir bemerkte wie Tom beim Klang seiner Stimme, für einen
    Moment inne in seinen verzweifelten Atemversuchen hielt. Nur ein winziger,
    magischer Moment. Bevor die Tür aufgerissen wurde und die Ärzte in den Raum
    stürzten.
    Semir wurde zur Seite geschoben. Petra ebenfalls. Aus den
    Augenwinkeln sah er dass ihre Augen wieder feucht schimmerten.
    „Entfernen sie den Tubus.“ hörte Semir Dr. Fischer zu einer
    Schwester sagen. Er überprüfte Toms Werte, den Puls und drückte ihm erneut eine
    Sauerstoffmaske auf das Gesicht. Toms Atem wurde allmählich ruhiger. Der Arzt
    gab der Schwester noch ein paar Anweisungen. Unverständliche Sprachfetzen
    drangen an Semirs Ohr.
    Dann kam Dr. Fischer auf sie zu. Ein freundliches Lächeln
    auf den Lippen.
    „Es scheint soweit alle in Ordnung zu sein. Herr Kranich hat
    sich wohl entschlossen doch noch eine Weile bei uns zu bleiben. Soweit ich es
    beurteilen kann ist er vorerst über den Berg. Es wird allerdings noch eine
    ganze Weile dauern, bis er wieder entlassen werden kann.“
    Semir fiel ein ganzer Steinbruch vom Herzen. Es schien als
    hätte man ihm einen Eimer mit kaltem Wasser über den Kopf gegossen. Erst jetzt
    konnte er wirklich realisieren was der Arzt gesagt hatte. Tom war außer
    Lebensgefahr. Er würde wieder gesund werden. Alles war gut gegangen.
    „Sie sollten ihm nun erst mal etwas Ruhe gönnen. Schlafen
    sie sich aus. Kommen sie morgen wieder. Es ist alles in bester Ordnung.“
    Dr. Fischer sah freundlich zu Petra, dann zu Semir und
    wieder zurück.
    Semir nickte nur glücklich. Schlaf, genau das brauchte er. Erst jetzt,
    bemerkte er wie müde er eigentlich war. Die ganzen Tage über hatte er kein Auge
    zugetan. Vielleicht konnte er ja jetzt, wo er wusste das es Tom besser ging
    endlich etwas Schlaf nachholen.
    Er warf noch einen letzten Blick zu seinem Partner, der
    gerade an eine Beatmungsmaschine angeschlossen wurde. Er sah müde aus. Mit halb
    geschlossenen Augen sah er an die Wand. Auch er schien erst einmal etwas Ruhe
    zu brauchen.
    Also folgte Semir Petra und Dr. Fischer aus dem Zimmer.





    ***




    Die Tage vergingen und Tom erholte sich zusehends. Schon am zweiten Tag nach seinem Erwachen aus dem Koma konnten die Ärzte die Sauerstoffmaske wieder entfernen. Tom konnte wieder selbstständig
    atmen sollte aber vorerst auf der Station bleiben. Semir besuchte ihn Tag für
    tag im Krankenhaus. Tom freute sich über die Besuche. Er wollte wissen wie es
    allen ging was im Moment auf der PAST geschah. Semir erzählte ihm alles
    haarklein und Tom hörte aufmerksam zu. Manchmal gab er ein gelegentliches ‚ja?’
    oder ‚achso’ von sich. Er hatte noch nicht die Kraft fiel zu reden. Dennoch
    lauschte er Semirs Stimme bis ihm irgendwann die Augen zufielen.
    Am fünften Tag kam Semir wieder ins Krankenhaus. Als er
    leise die Tür zu Toms Zimmer aufstieß sah er diesen aufrecht in seinem Bett
    sitzen. Den Blick abwesend auf das Fenster gerichtet. Er bemerkte Semir erst
    als dieser sich neben ihn setzte.
    „Hallo Semir.“
    Es war das erste Mal das Tom ihn begrüßte. Seine Stimmer war
    heißer und nicht besonders laut und dennoch freute sich Semir tierisch das sich
    Tom erholte.
    „Tom, weißt du was ich dir noch gar nicht erzählt habe? Als
    du…noch im Koma gelegen hast, also ich meine in der Zeit…Ich habe das Büro
    aufgeräumt. Den Schrank und die Akten habe ich sortiert. Ich weiß, du lachst
    mich bestimmt aus, aber ich hatte echt keine Ahnung was ich machen sollte so
    langweilig war das.“
    Semir lachte auf, verstummte aber als er sah das Tom den
    Blick wieder abwesend aus dem Fenster richtete. Er schien nachzudenken.
    „Tom? Ist irgendetwas?“ fragte Semir besorgt. Daraufhin
    drehte Tom ihm wieder den Kopf zu. Semir stellte erleichtert fest das sein
    Blick wieder klar war. Tom musterte ihn einen Moment lang bevor er mit seiner
    heißeren Stimme zu reden begann.
    „Ich weiß. Du hast es mir erzählt. Du hast mir von unserem
    Urlaub erzählt. Du weißt schon, mit dem Wohnmobil.“
    Semir stutzte, musste aber lachen als er Tom schmunzeln sah.
    Er musste schon ziemlich blöd aussehen wie er so verständnislos dasaß. Dann
    verstummte Semirs Lachen. Er sah zu Tom, der seinen Blick wieder aus dem
    Fenster gerichtet hatte. Semir biss sich auf die Lippen und dann sprach er
    endlich das aus, was ihn schon die ganze Zeit beschäftigte, was er endlich
    sagen wollte.

  • aufpassen! Es wird noch sentimentaler :rolleyes: :wacko:





    „Tom, ich…ich wollte mich bei dir bedanken.“
    Tom sah ihn jetzt verwundert an. Sein Gesicht wirkte durch
    die weiße Bettwäsche nur noch blasser. Die Wangenknochen traten hervor.
    „Wofür?“ krächzte er leise.
    „Du hast mir das Leben gerettet. Du hättest mit Caro fliehen
    können. Du bis aber zurück gekommen um mir zu helfen. Obwohl du wusstest das
    Streiber…“
    Semir erschrak als er sah, dass Tom unter dem Namen
    zusammenzuckte. Erschrocken sah er Semir an, als hätte dieser etwas
    Fürchterliches, Verbotenes ausgesprochen.
    Semir biss sich auf die Lippen und senkte den Blick. Jetzt
    war genau das geschehen was er hatte vermeiden wollen. Er hatte Tom doch Zeit
    geben wollen, bis er sich wieder ganz erholt hatte. Erst dann hatte er mit ihm
    über die Geschehnisse sprechen wollen. Warum hatte er es nun doch getan? Er
    wusste doch dass Tom noch nicht so weit war. Als er wieder aufsah wirkte Toms
    Blick merkwürdig verschleiert. Der Blick schien ins Leere gerichtet und doch
    wusste Semir genau was nun in seinem Partner vorging. Er kannte ihn schon zu
    lange um das nicht erkennen zu können.
    „Ich…ich bin gerannt. Dann habe ich dich gesehen auf dem
    Boden. Streiber über dir und überall war Blut…Ich habe nicht nachgedacht…bin
    einfach…einfach auf ihn los.“
    Semir sah auf Toms zuckende Augenlieder. Fast schon schien
    er die Bilder selbst vor sich zu sehen.
    „Er war überrascht. Ich hätte gewonnen…aber ich…ich habe
    gezögert. Seine Stimme, Semir. Seine Stimme...es tut mir Leid. Wir haben gekämpft. Ich wollte nur dass du da lebend wieder raus kommst. Dann war er plötzlich über mir. Ich habe keine Luft mehr
    bekommen…konnte mich nicht wehren…alles war mit einem Mal ausgelöscht…wir
    würden es nicht schaffen…ich hatte versagt…alles war dunkel. Und dann war der
    Druck endlich weg. Ich konnte die Augen nicht öffnen…konnte mich nicht
    bewegen…es war zu schwer. Ich wusste das er noch da war…ich habe es gespürt…“
    Ihm versagte die Stimme. Wie versteinert saß Semir da. Er
    konnte die Situation nun auch vor sich sehen. Dann sah Tom auf einmal wieder zu
    ihm. Sein Gesicht war vor Schmerzen verzerrt. In seinen Augen spiegelte sich
    die Verzweifelung.
    „Ich…ich habe die Luft angehalten damit er denkt ich wäre tot…“
    Toms Stimme war tonlos, kaum mehr als ein leises Flüstern
    und doch konnte Semir jedes Wort verstehen.
    Ohne nachzudenken nahm er Tom in die Arme. Er drückte ihn
    solange bis Toms Zittern allmählich schwächer wurde.
    „Er wird nicht wieder kommen. Er ist tot. Ich habe ihn
    gesehen. Alles wird wieder so werden wie früher.“
    ‚Hoffentlich’ fügte er in Gedanken hinzu. ‚Hoffentlich’
    Als er die Augen für einen Moment schloss sah er sich wieder
    vor Toms Bett sitzen. Damals, als er Tom versprochen hatte dass Streiber tot
    sei und nicht mehr wieder kommen würde. Damals, als er selbst noch von seinen
    Worten überzeugt gewesen war, obwohl er noch nicht einmal Streibers Leiche
    gesehen hatte. Wie töricht war er damals gewesen.
    Doch nun wusste er es besser. Er wusste dass er dieses Mal
    seinen eigenen Worten Glauben schenken konnte. Er hatte Streiber gesehen. Er
    wusste sicher dass er tot war. Vielleicht konnte sie Beide, Tom und er, nun
    endlich mit der Vergangenheit abschließen.





    So und morgen gibts dann den letzten Teil :)

  • Also dann hier für Elina den letzten Teil.
    Hoffe meine Story hat euch einigermaßen gefallen :S
    Und auch noch danke an alle die stumm mitgelesen haben :)
    Vielleicht werde ich ja irgendwann noch einmal eine Story schreiben
    :P



    Achso, bevor ichs vergesse: Wie wäre es vielleicht noch mit einem abschließenden, klitzekleinen Feedback??
    :love:







    Epilog



    Semir verließ gerade das Krankenhaus als er auf einmal Caro
    auf einer Bank am Eingang sitzen sah. Ihre Nase und die Wangen waren schon
    leicht gerötet und trotz des dicken Mantels und des Schals fröstelte sie. Als
    Caro ihn erblickte stand sie entschlossen auf und kam auf ihn zu.
    „Caro.“ Begrüßte Semir sie freundlich als sie schließlich
    vor ihm stand.
    Caro sagte zunächst nichts. Sie stand vor ihm wie ein
    Häufchen Elend und sah zu Boden.
    „Was ist los?“ fragte Semir sie besorgt. „Caro?“
    Als er immer noch keine Antwort bekam fasste er mit seiner
    rechten Hand behutsam an ihr Kinn und schob es etwas nach oben, sodass sie nun
    gezwungen war ihn anzusehen.
    Das Mädchen schluchzte und eine Träne lief an ihrer Wange
    hinunter.
    „Semir, es tut mir so Leid. Alles. Mit meinem Vater. Wäre
    ich damals nicht weggegangen…Es ist alles meine Schult.“
    Verwundert blickte Semir das weinende Mädchen an.
    „Was ist deine Schult?“ fragte er verständnislos.
    Caro schluchzte wieder. Sie schluckte und dann begann sie zu
    erzählen.
    Die Minuten verstrichen und jeder Satz den Caro sprach
    schien etwas mehr Licht ins Dunkel zu bringen. Semir unterbrach sie nicht in
    ihrem Redeschwall sondern hörte einfach nur stumm zu. Als sie schließlich
    geendet hatte waren ihre Tränen versiegt und sie schien erleichtert all die
    Worte endlich los zu sein.
    Und endlich verstand auch Semir. Er musterte Caro von Kopf
    bis Fuß. Nur schwer konnte er sich vorstellen, dass dieses nette,
    aufgeschlossene Mädchen die Tochter eines solchen Menschen sein konnte, aber er
    konnte sich auch gut vorstellen, dass ein Mädchen mit solch einem
    Selbstbewusstsein, wie sie es hatte, durchaus in der Lage war ihren eigenen Weg
    zu gehen. Sie wollte nicht in die Fußstapfen ihres Vaters treten, sondern
    eigene hinterlassen. Wollte grundverschieden sein. Und das war sie auch.
    „Caro, hör mir zu. Es ist nicht deine Schult. Niemand hat
    Schult. Wir haben es alle gut überstanden. Wir beide, und auch Tom wird wieder
    ganz gesund werden. Alles ist gut gegangen. Du brauchst dir nichts
    vorzuwerfen.“
    Caro sah ihn an. Sie schien seinen Worten nur zu gerne
    glauben zu wollen.
    „Komm, ich fahr dich nach Hause.“
    „Danke Semir. Für alles.“ Caro sah ihn an. So ehrlich, so
    dankbar war ihr Blick. Und mit einem Mal war Semir klar das nun endlich alles
    geklärt war. Mit Tom, mit Caro.
    Während er mit ihr langsam in Richtung Parkplatz schlenderte
    hatte es erneut zu schneien begonnen. Die Schneeflocken glitzerten in der
    Nachmittagssonne. Der Himmel war klar. Auch die letzte Wolke hatte sich nun
    noch verzogen.
    Im Grunde sind alle Menschen gleich, dachte sich Semir. Alle
    wollen sie eigentlich in ihrem Leben nur eines: Menschen haben denen sie wichtig
    sind. Wollen geliebt werden und selbst lieben und diese Liebe mit allen Mitteln
    verteidigen. Es gibt immer wieder Menschen, die aus lauter Verzweifelung
    handeln, wenn ihnen ein solcher Mensch genommen wird. Es wird sie immer geben. So
    war er selber, das war ihm klar. So waren auch Caro, Tom und all die anderen
    und vielleicht sogar Streiber. Alle in diesem Punkt identisch. Gleich. Wie die
    Katzen in der Dämmerung.










    Ende :)

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