Nachts sind alle Katzen grau [Fortsetzung von "Und morgen kommt der neue Tag"]

  • Gibt es noch Leser? :(





    Endlich war der BMW zum Stillstand gekommen. Caro sah sich
    hektisch atmend um. Ihr war schrecklich schwindelig. Für einen Moment kniff sie
    die Augen zusammen. Und öffnete sie dann wieder.
    „Semir? Semir?!“
    Sie schüttelte den neben ihr im Gurt hängenden Semir an der
    Schulter. Endlich konnte sie wieder klar sehen. Erschrocken starrte Caro auf
    die Platzwunde am Kopf des Polizisten.
    „Semir?“ fragte sie noch einmal aber nun ängstlich. Er war
    doch nicht etwa…nein! Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein.
    In diesem Moment hörte sie ein schmerzvolles Stöhnen von
    ihm. Ihr viel ein ganzer Steinbruch vom Herzen. Ein Glück. Er lebte.
    „Semir…Semir, wir müssen hier raus!“
    Es kam keine Antwort. Caro biss sich auf die Lippen um die
    Tränen zurück zu halten. Was sollte sie jetzt tun? Hauptsache klaren Kopf
    bewaren, dachte sie sich.
    Mit aller Kraft rammte sie die Schulter gegen die verbeulte
    Tür. Einmal. Zweimal. Dreimal. Endlich gab sie scheppernd nach. Caro sprang aus
    dem Wagen und sah nun auch schon die Flammen hinten am Wagen aufzüngeln. Sie
    rannte zur Fahrerseite und versuchte nun auch hier die Tür zu öffnen. Mit aller
    Kraft zog sie am Türgriff, aber nichts tat sich. Die Tränen rollten ihr über
    die Wangen während sie verzweifelt versuchte Semir aus dem Auto zu befreien.
    „Semir!“ schrie sie immer wieder verzweifelt, aber dieser
    schien schon wieder bewusstlos zu sein.
    Dann hörte sie schnelle Schritte hinter sich. Endlich,
    dachte sie. Endlich schien sie jemand gehört zu haben.
    „Schnell! Sie müssen mir helfen.“
    Sie drehte sich um und erstarrte dann. Sie wollte schreien,
    weglaufen, aber es war schon zu spät. Der maskierte Mann war bei ihr, hielt sie
    fest und drückte ihr ein Tuch auf Mund und Nase. Sie versuchte um sich zu
    treten, zu beißen und zu kratzen, aber vergebens. Der Mann hielt sie mit
    eisernem Griff fest.
    Semir. Semir, dass war das letzte was sie dachte, dann glitt
    sie in die Dunkelheit.

  • Für Leni :)





    Kapitel 10



    Langsam wurde sie wieder wach. Alles um sie herum war
    dunkel. Eine schwarze undurchdringliche Dunkelheit.
    Was war geschehen? Wie war sie hier her gekommen?
    Kaum hatte sie das gedacht, kam die Erinnerung wieder
    zurück.
    Semir wollte sie nach Hause fahren. Der weiße Lieferwagen
    hinter ihnen. Der Unfall. Semir. Wie Ausschnitte aus einem Film tanzten die
    Bilder vor ihren Augen. Semir im Wagen. Die klemmende Tür. Semir. Das Feuer.
    Semir. Semir. Hämmerte es immer wieder in ihrem Kopf und die Tränen liefen ihr
    wieder heiß über die Wangen. Es war ihre Schult, dass er nicht mehr lebte. Ganz
    allein ihre Schult.
    Schluchzend wischte sie sich mit dem Ärmel über die Augen
    und weinte hemmungslos wie ein kleines Kind.
    Hilflos kam sie sich vor. Schrecklich hilflos. Wie Damals,
    als sie nichts unternehmen konnte. Wieder hatte sie nur tatenlos zusehen
    können. Wieder hatte jemand der mit ihr zusammen war es mit seinem Leben
    bezahlen müssen.



    Sie faltet ein letztes T-Shirt und legt es in den
    vollen Koffer. Morgen will sie mit ihrer Freundin in den Urlaub fahren. Noch
    nie zuvor hat sie sich das getraut. Schließlich hat ihre Freundin sie doch
    überzeugt. Sie meint mit 17 Jahren müsste man das unbedingt mal machen. Caro
    glaubt es gern. Und trotzdem hat sie ein schlechtes Gewissen.

    Nur ihre Mutter weiß davon. Ihr Vater hätte es nie erlaubt.
    Heimlichkeiten. Seltene, gestohlene Stunden.
    Warum kann es in ihrer Familie nicht so sein wie bei
    ihrer Freundin zu Hause? Saskia hat fast nie Probleme mit ihrem Vater. Er ist
    fast nie daheim und kauft ihr alles was sie will.

    Caro liebt ihren Vater. Und sie hasst ihn. Es fällt
    ihr schwer zu begreifen, dass diese Gefühle so nah beieinander liegen. Doch
    vielleicht hasst sie gar nicht ihn, sondern sich selbst, weil sie sich gegen
    ihn nicht wehren kann.

    Gerade will sie ihren Koffer zu klappen als sie wieder
    Schreie von unten hört. Sie zuckt zusammen und springt sofort auf. Sie weiß
    genau, dass er wieder einen Wutausbruch hat. Immer zwei Stufen auf einmal
    nehmen rennt sie die Treppe hinunter. Immer den Schreien und lauten Rufen nach.
    Im Wohnzimmer findet sie die Eltern schließlich.

    Die Mutter wehrt sich nicht gegen die Schläge des
    Vaters. Sie hat es längst aufgegeben und nur die Hände über dem Kopf
    zusammengeschlagen um sich zu schützen.
    Immer wieder schreit sie auf wenn sie ein Schlag oder ein Tritt trifft.
    Caro erstarrt für einen Moment. Dann rennt sie auf ihren Vater zu und stellt
    sich schützend zwischen ihn und die Mutter.

    „Hör auf damit! Du schlägst sie ja Tod!“
    Ihre Worte erreichen den Vater nicht. Er schlägt und
    schlägt. Es ist ihm egal wen er trifft. Caro duckt sich und versucht sich
    ebenfalls vor den Schlägen zu schützen. Die Mutter versucht sie wegzuschieben,
    doch sie lässt es nicht zu. Ganz unvermittelt hört der Vater auf. Er schaut sie
    an. Wütend. Zornig. Seine Hände zittern und sein ganzer Körper bebt.

    Caro hält seinem Blick stand so gut sie kann. Der
    Vater dreht sich mit einem Mal um und verlässt das Zimmer.

    Caro untersucht das Gesicht ihrer Mutter. Mit dem
    Ärmel ihres Pullovers tupft sie ihr das Blut von Lippen und Nase und nimmt sie
    vorsichtig in den Arm. Erst dann fängt sie an zu weinen. Ganz starr. Ganz
    still.



    ***

  • Find ich ja toll das es noch Leser gibt :)
    Dankeee
    :love:






    Caro hatte keine Ahnung wie lange sie dagesessen hatte. Sie
    hatte überhaupt kein Zeitgefühl mehr.
    Aber irgendwann waren die Tränen versiegt. Sie konnte sich
    nicht mehr mit Tränen Erleichterung verschaffen. Das einzige was sie spürte war
    eine Leere. Eine Leere in ihr drin, die sich wahrscheinlich nicht mehr füllen
    würde.
    Mit wackeligen Beinen versuchte sie aufzustehen, doch der
    Boden war nass und rutschig. Sie stürzte und fiel auf die Knie.
    „Hallo?“ flüsterte sie vorsichtig mit einer dünnen, hohen
    Stimme, die sie von sich selbst nicht kannte. Alles blieb still.
    „Hallo?“ dieses Mal sagte sie es etwas lauter, aber immer
    noch bebte ihre Stimme vor Angst und Unsicherheit.
    Als immer noch nichts geschah begann sie auf den Knien ihre
    Umgebung abzutasten. Immer noch konnte sie die Hand vor Augen nicht sehen.
    Ihre Finger glitten über feuchten Steinfließen. Über Pfützen,
    Erde und ein paar kleine Stöcke. Doch dann ertaste sie noch etwas anderes.
    Etwas Weiches, Warmes, das sich unter ihrer Berührung bewegte.
    „Ah! Verdammt!“
    Im ersten Moment zuckte Caro erschrocken zusammen, als sie
    den Mann fluchen hörte. Dann machte ihr Herz auf einmal einen riesigen Satz. Es
    war Semir. Er lebte. Er lebte. Immer wieder sagte sie es in Gedanken vor sich
    hin, als könne sie ihren eigenen Worten nicht trauen.
    „Semir?“ ihre Stimme war kaum mehr als ein leises Flüstern.
    Die Person die sich stöhnend neben ihr aufgerappelt hatte,
    hielt jetzt in der Bewegung inne und schien ebenfalls in die Stille zu horchen.
    „Caro?“ Semirs stimme war lauter und viel selbstsicherer als
    ihre eigene. Sie schämte sich dafür. Wie konnte man nur direkt aufgeben und
    anfangen zu flennen wie ein kleines Kind? Es war ihr furchtbar peinlich.
    „Ja, ich bin’s. Semir, was ist passiert?“
    „Frag mich was Leichteres…Wie geht’s dir?“
    „Mir?“ Caro war verdutzt. Er war doch eigentlich der jenige
    um den man sich Sorgen machen musste. Immerhin wäre er um ein Haar in seinem
    BMW verbrannt. Aber natürlich konnte er sich daran nicht erinnern. Er war ja
    bewusstlos. „Ist denn bei dir alles ok?“ erwiderte sie ohne ihm auf seine Frage
    zu antworten.
    „Ja, nur mein Schädel brummt gewaltig. Ah! Wenn ich diesen Idioten
    erwische dann…Wo sind wir hier eigentlich?“
    Ja, wo waren sie hier? Das fragte sie sich auch gerade.
    „Keine Ahnung.“
    „Naja, sehr komfortabel ist das hier ja nicht gerade….“
    Sie hörte wie Semirs Schritte sich langsam von ihr
    entfernten. Er schien die Wand abzutasten.
    „Na super, nur eine verschlossene, ziemlich stabile Tür.
    Kein Fenster, kein gar nichts! Handy weg. Waffe weg. Ausweis weg…“
    Sie hörte wie er langsam wieder näher kam.
    „Und kalt ist es auch noch!“ fügte er nach einer kurzen
    Pause hinzu und setzte sich neben sie auf den kalten Steinboden.
    Caro musste trotz der ernsten Situation schmunzeln. Das war typisch Semir.
    Wenigstens lebte er noch und sie war nicht allein. Das war
    erst einmal die Hauptsache.
    „Und was machen wir jetzt?“ Kaum hatte Caro diesen Satz
    ausgesprochen biss sie sich auf die Lippen. Wie konnte man nur so eine dumme Frage
    stellen? Es war doch mehr als offensichtlich, dass ihnen nur eine Option blieb.
    Und zwar warten.




    ***

  • So, endlich vom Praktikum zurück :)
    Dann kann's ja weiter gehen...






    Er hatte sich neben Caro gesetzt und einen Arm um sie
    gelegt.
    Fieberhaft überlegte er wie sie hier rauskommen könnten,
    aber das brachte nichts. Nur sein Kopf schmerzte dadurch noch mehr.
    Gerade hing er wieder seinen Gedanken nach als er auf einmal
    ein Geräusch hörte. Ein Kratzen an der Tür. Es hörte sich so an, als ob jemand
    den Schlüssel im Schloss drehte.
    Semir sprang auf und starrte zu Tür. Caro neben ihm tat es
    ihm nach.
    Für einen kurzen Moment sah er zu ihr hinüber und bemerkte dass
    sie zu Zittern begonnen hatte. Dann wurde auch schon die Tür von außen
    aufgestoßen. Mit einem lauten Krachen schlug sie gegen die Wand und gleißend
    helles Licht fiel in den Raum.
    Angestrengt blinzelte Semir dagegen an. So lange bis er die
    Umrisse einer Peron in der Tür ausmache konnte. Er blinzelte noch einmal. Die
    Person war maskiert und schwarz gekleidet. In der ausgeschleckten rechten Hand
    hielt sie eine Waffe. Seine Waffe. Er erkannte es sofort.
    Schützend stellte sich Semir vor das vor Angst zitternde
    Mädchen und sah zu dem Mann, der sich doch keinen Zentimeter bewegt hatte.
    „Was wollen sie?“ fragte Semir ihn mit betont ruhiger Stimme.
    Als Antwort nahm der Unbekannte Handschellen aus seiner
    Hosentasche und warf sie Semir vor die Füße. Mit einem Klirren landeten sie auf
    dem nassen Boden.
    „Hände auf dem Rücken fesseln und keine Tricks oder die Kleine
    ist Tod.“
    Semir erstarrte. Er kannte diese Stimme. Er kannte sie nur
    zu gut, aber das konnte nicht sein. Er war Tod, das hatte er doch selbst
    gesehen.
    „Na wird’s bald?!“ Streiber fuchtelte mit Semirs Waffe in
    der Luft rum. Er schien verunsichert, aber trotz allem furchteinflößend.
    Semir schluckte und bückte sich nach den Handschellen ohne
    den Blick von Streiber abzuwenden. Er hob sie auf und legte sie sich locker um
    die Handgelenke. Kaum waren sie eingerastet hörte er erneut die verhasste
    Stimme.
    „Her kommen.“
    Semir warf Caro einen kurzen Seitenblick zu und ging dann
    langsam in Richtung Tür.
    „Stopp!“ Streiber umrundete Semir und überprüfte die locker
    sitzenden Handschellen. Ein gehässiges Lächeln huschte über sein Gesicht und er
    drückte sie so eng, dass sie Semir jetzt schmerzhaft in die Handgelenke
    schnitten.
    Dann schob er Semir grob vorwärts. Kaum waren sie aus der
    Tür stieß er ihn zu Boden. Semir, der sich ja nicht mit den Händen abstützten
    konnte landete der Länge nach auf dem unnachgiebigen Boden. Er konnte sich ein
    Stöhnen nicht verkneifen, als er schmerzhaft auf der Schulter aufkam. Er biss
    die Zähne zusammen und sah zu Streiber auf, der jetzt einen Schlüssel aus der
    Tasche kramte und sich an der Tür zu schaffen machte. Semir hörte wie sich der
    Schlüssel abermals im Schloss drehte und dann spürte er eine raue Hand die ihn
    im Nacken packte und hoch zog.

  • Feeds? ;(





    „Na los, aufstehen!“ herrschte ihn Streiber an und Semir
    versuchte auf die Beine zu kommen. Gerade hatte er es geschafft als ihn
    Streiber auch schon wieder den Gang entlang stieß. Während Semir vorwärts
    stolperte, sah er sich um. Er versuchte sich den Weg so gut es ging
    einzuprägen. Sie schienen sich in einer Art Keller zu befinden, denn nur durch
    ein paar Fenster oben, an der Seite des Ganges fiel helles Sonnenlicht. Die
    meisten Fenster waren zerbrochen und Scherben, Steine und Schnee bedeckten den
    Boden. Sie bogen um eine weitere Ecke. Nun waren zur Rechten und Linken des
    Ganges viele weitere Zimmer. Manche hatten Türen manche nicht. In andern hingen
    sie nur noch schräg in ihren Angeln. Auf jeder Tür standen Zahlen. Im
    Vorbeigehen zählte Semir sie. 101. 102. 103. Verflixt! Warum hatte er sich
    nicht die Nummer von dem Zimmer in dem Caro war gemerkt? Hoffentlich hatte er
    später noch einmal Gelegenheit dazu.
    „Da rein!“ Streiber wies Semir in eins der Zimmer. Nummer
    109. Semir stolperte herein. Er wäre fast schon wieder gestürzt, konnte sich
    aber zum Glück noch rechtzeitig abfangen.
    Dieses Zimmer war nicht viel anders als die anderen auch.
    Hier gab es ein Fenster, and er Decke der gegenüberliegenden Wand. An den Wänden
    hingen ebenfalls alte, vergilbte Tapeten, die sich teilweiße schon von den
    Wänden gelöst hatten. Auch hier war der Boden nass und rutschig, von dem
    Schnee, der durch das Fenster hereinschneite.
    Streiber drückte Semir auf einen alten wackeligen Stuhl in
    der Mitte des Raums, der mit Ausnahme eines von Motten zerfressenen Sofas das
    einzige Möbelstück hier zu sein schien.
    Er kramte erneut in seiner Hosentasche und zog einen
    zerknitterten Zettel heraus, den er Semir in die Hand drückte. Semir nahm ihn,
    machte aber keinerlei Anstalten ihn zu lesen. Immer noch starrte er in
    Streibers maskiertes Gesicht.
    „Sie sind Tod.“ Sagte er schließlich und sah dabei in die
    nun zu Schlitzten verengten Augen.
    „Ließ!“
    Als Semir immer noch nicht reagierte traf ihn ein harter Schlag
    mitten ins Gesicht. Er versuchte noch ihm auszuweichen, aber es gelang ihm
    nicht. Ein Schmerz durchzuckte seinen ganzen Körper und er spürte wie ihm
    warmes Blut aus der Nase tropfte.
    Streiber hatte jetzt angefangen seinen Stuhl, wie ein
    Raubtier zu umkreisen. Semir bemerkte, dass er auf einem Bein stark hinkte. Bei
    jedem Schritt verzog er etwas das Gesicht. Er musste starke Schmerzen haben.
    „Sieh an, sie an. Ein richtiger Held, was?!“
    Er stand jetzt genau hinter Semir. Dieser starrte immer noch
    starr auf den Punkt an dem Streiber eben verschwunden war. Dann hörte er ein Rascheln
    hinter sich und im nächsten Moment eine raue Stimmer, ganz nah an seinem
    rechten Ohr.
    „Ließ den Zettel.“ flüsterte Streiber ihm zu. Der gefährliche
    Unterton in seiner Stimme, ließ Semir einen kalten Schauer über den Rücken
    laufen.
    Er schluckte, faltete den Zettel langsam auseinander und
    begann zu lesen.
    Bei jedem weiteren Wort begann sein Herz schneller zu
    schlagen. Nein! Das konnte er nicht von ihm verlangen.
    „Das mach ich nicht!“ Semir versuchte nach Außen hin ruhig
    und entschlossen zu klingen obwohl sein Puls gerade von null auf hundert zu
    steigen schien.
    Streiber, der über seine Schulter gesehen hatte lehnte sich
    nun seufzend zurück. Semir wollte schon aufatmen, als ihn plötzlich wieder die
    kalte Hand im Genick packte und seinen Kopf mit blitzschnellen Bewegung nach hinten
    zog.
    Vor lauter Schreck riss Semir die Augen weit auf und starrte
    in Streibers hasserfülltes Geicht über ihm.
    „Immer das Gleiche. Ihr lernt nie oder?!“ Auf einmal übertrieben
    lächelnd schüttelte er den Kopf.
    „Sie vergesse aber eins Herr Gerkan, es geht hier nicht nur um sie.“
    Auf einmal fiel es Semir siedend heiß wieder ein. Natürlich.
    Caro. Wie hatte er sie nur vergessen können? Für einen kurzen Moment schloss er
    geschafft die Augen. Was sollte er jetzt tun?
    Der Schraubstockartige Griff um seinen Nacken lockerte sich
    endlich und sofort riss Semir seinen Kopf wieder runter. Ein paar Mal atmete er
    tief durch. Immer noch starrte er auf einen Punkt an der Wand, nur um nicht in Streibers
    Gesicht zu sehen, das jetzt wieder dicht vor ihm auftauchte.
    „Vergiss er nicht Gerkan, für jeden Fehler den du machst,
    wird das Mädchen bezahlen.“ Seine Stimme klang gefährlich ruhig, als er schließlich
    das Handy aus seiner Tasche zog, wählte und es Semir ans Ohr hielt.
    Während Semir dem Freizeichen lauschte sah er immer noch zur
    Wand ihm gegenüber, aber er sah sie nicht, sondern durch sie hin durch in endlose
    Leere. Streiber hatte ihn fest in der Hand und er konnte nichts dagegen tun.

  • dumdidum =)







    Kapitel 11



    „Kranich.“
    „Ja, Tom ich bin’s!“ Tom erstarrte. Das war Semirs stimme.
    Kein Zweifel.
    „Semir, Semir wo steckst du? Was ist pas…“
    „Tom, hör gut zu.“ Wurde er von Semir unterbrochen. Seine Stimme
    klang hektisch und beunruhigt. Was um alles in der Welt war passiert?
    „Wir sind entführt worden. Er fordert eine Million in
    unnummerierten Scheinen bis Morgen früh, 16 Uhr. Du sollst das Geld
    überbringen. Keiner sonst.“
    Toms Herz begann zu rasen. Nein. Das konnte doch nicht war
    sein. Wie durch einen Schleier meinte er hören zu können wie Semir am anderen Ende
    der Leitung schluckte und dann zögernd weiter sprach.
    „Und zu niemandem ein Wort, sonst bringt er uns um.“
    Es klickte und die Verbindung brach ab. Immer noch hatte Tom
    das Handy am Ohr. Wie versteinert starrte er in die Leere während sein Herz
    immer schneller zu schlagen schien. Das Blut rauschte in seinen Ohren und sein
    Atem wurde hektisch.
    Das Handy rutschte ihm aus den zittrigen Fingern und er
    stand mit wackligen Beinen auf. Halb stolpernd erreichte er die Tür und drückte
    die Klinke hinunter. Benommen stolperte er weiter, bis zur Toilette. Er stieß
    die Tür auf und schwankte zum Waschbecken. Gerade noch rechtzeitig stützte er
    sich mit Beiden Armen am Rand des Waschbeckens ab. Sein Puls raste jetzt und er
    bekam schlecht Luft. Mit zittrigen Fingern griff er in seine Tasche und holte
    das kleine Döschen heraus. Er öffnete es und nahm eine der Tabletten. Er konnte
    nicht. Er durfte nicht. Aber er brauchte es…
    Mit einer schnellen Bewegung warf er sie sich in den Mund
    und schloss die Augen. Allmählich beruhigte sich seine Atmung wieder. Der
    Herzschlag normalisierte sich. Tief atmete er ein und aus und öffnete die Augen
    wieder. Mit glasigen Augen sah er in sein eigenes, blasses Gesicht im Spiegel.
    Wütend auf sich selbst und seine eigenen Schwächen.
    Der Spiegel beschlug unter seinem heißen Atem. Wenigstens
    konnte er so sein Gesicht nicht mehr erkennen. Es war ihm zuwider.
    Und mit einem Mal war alles wieder da.




    ***




    Kaum hatte er den letzten Satz beendet, nahm Streiber ihm
    das Handy vom Ohr und legte auf. Semir sah wie er gehässig lächelte.
    „Mal sehen wie wichtig du deinem Partner bist.“
    Semir schluckte. Was hatte er nur getan? Er wusste genau was
    Streiber vorhatte. Er wollte sich Tom wiederholen. Und er, er selbst hatte es
    zugelassen, aber was blieb ihm denn auch anderes übrig? Hätte er mit ansehen
    sollen wie er Caro umbrächte?
    „Steh auf.“
    Semir gehorchte, ohne zu wirklich zu merken was er tat. Es
    war sowieso alles hoffungslos.
    Streiber dirigierte ihn wieder den langen Gang entlang.
    Dieses mal hatte Semir weder Augen für die zahlen an den Türen, noch für den
    langen Gang, den er entlang gestoßen wurde.
    Er war so in Gedanken, dass er erst bemerkte, dass Streiber
    eine der Türen aufschloss und sie öffnete.

  • und weiter gehts... =)





    Semir sah hinein und erkannte, dass Caro in der hintersten Ecke
    des Raumes saß. Sie hatte die Knie eng an den Körper gezogen und umschlang sie
    mit Beiden Armen. Erschrocken blinzelte sie in das helle Licht.
    „Siehst du Gerkan, wenn du dich fügst, wird dir und dem
    Mädchen vorerst nichts geschehen.“
    Er lachte wieder dieses Lachen, das Semir so verabscheute.
    Dann stieß er ihn in den Raum hinein. Semir stolperte ein paar Schritte und
    drehte sich dann wieder um.
    „Was haben sie vor?“ fragte er mit bebender Stimme, obwohl
    er es eigentlich genau wusste.
    Streiber hatte gedankenverloren in Caros Richtung gesehen.
    Bei Semirs Frage jedoch wandte er ihm den Blick wieder zu und musterte ihn.
    „Hier, du darfst dir die Handschellen aufschließen.“
    Streiber warf Semir den Schlüssel für die Handschellen vor
    die Füße, warf ihm noch einen letzten Blick zu und verlies dann den Raum. Als
    die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, wurde es wieder dunkel im Zimmer. Semir
    stand immer noch in der Mitte des Raumes und starrte dorthin, wo eben noch die
    Tür zu sehen gewesen war.
    Noch nie hatte er sich so schrecklich wehrlos und verloren
    gefühlt.




    ***



    Die Methadon-Tabletten hatte ihre Arbeit getan. Tom konnte
    endlich wieder klarer denken. Was sollte er jetzt tun? Woher sollte er das Geld
    nehmen? Wie kam überhaupt jemand auf die absurde Idee dass er so viel Geld
    besäße?
    Er hatte keine andere Wahl. Er musste die Chefin einweihen.
    Aber was dann?
    Tom atmete tief ein und aus. Er musste mit Frau Engelhard
    reden. Jetzt sofort. Bevor es zu spät war.
    Mit einem Ruck stieß er sich vom Waschbecken ab und verließ
    die Toilette.
    Als er das Großraumbüro durchquerte sah keiner von seiner
    Arbeit auf. Tom überkam auf einmal der Zorn. Wie konnten sie nur alle dasitzen,
    sich unterhalten, lachen, während sein Partner und Caro in Lebensgefahr
    schwebten? Wie konnte sie das alles kalt lassen?
    Eine kleine Stimme, weit hinten in seinem Kopf sagte ihm
    zwar, dass sie keine Ahnung davon haben konnten, aber er hörte nicht auf sie.
    Ruckartig blieb er stehen und sah sich um. Ein Telefon klingelte
    irgendwo. Er hörte stimmengewirr. Lachen.
    „Ah Tom gut das ich dich treffe.“ Dieter Bonrath stand jetzt
    vor ihm und hielt ihm lächelnd ein halbes dutzend Fotos unter die Nase.
    „Die sind von der letzten Radarkontrolle. Wenn du Zeit hast
    könntest du ja…“
    Weiter kam er nicht, denn mit einem Mal schüttelte es Tom
    vor lauter Wut. Seine Hände Fingen an zu zittern und er bemerkte erschrocken
    wie sich der Zorn seines ganzen Körpers annahm.
    „Nein, ich hab keine Zeit!“ fauchte er ihn wütend an.
    Das Lächeln war aus Dieters Gesicht gewichen. Erschrocken
    sah er in Toms vor Wut blitzende Augen musterte ihn von Kopf bis fuß. Dann ließ
    er langsam die Fotos sinken.
    „Aber Tom. Was ist denn los mit dir?“
    Es war kaum noch zum aushalten. Am liebsten hätte er geschrien, irgendetwas
    auf den Boden geschmissen um sich Erleichterung zu verschaffen. Seine Brust
    fühlte sich an als würde sie jeden Moment bersten und auf einmal verschwamm
    Dieters Gesicht vor seinen Augen.
    Schnell drehte er sich auf dem Absatz um und verlies fluchtartig
    die PAST.
    Er musste weg. Weg von hier. Bevor er endgültig die
    Kontrolle über sich verlor.

  • Sorry bin erst jetzt wieder zum posten gekommen :S
    Endlich Wochenende =)







    Kapitel 12



    Die Sonne stand jetzt fast genau über ihm und malte dunkle
    Schatten auf den Boden. Die Häuser Spiegelten sich im Wasser am Rheinufer. Ein
    paar Vögel kreisten über ihm. Nur ihr Geschrei zerriss die Stille.
    Er selbst saß auf einem der Biertische nah am Ufer und ließ
    seinen Blick über den Fluss schweifen. Er saß schon lange hier. Eine dünne
    Schneedecke hatte sich wie Puderzucker auf seinen schwarzen Anzug gelegt und
    die Finger, in denen er immer wieder das Handy hin und her drehte hatten schon
    einen rötlichen Ton angenommen.
    Was war nur mit ihm geschehen? Wie hatte er so die Kontrolle
    über sich selbst verlieren können? Eins war ihm jedoch klar: Er war nicht er
    selbst gewesen, sondern jemand anders. Jemand, den schon das kleinste bisschen
    in Rage brache. Das war nicht er. Auf gar keinen Fall war er das gewesen.
    Nie hätte er sich träumen lassen, dass sich das was der
    Doktor ihm bei seiner Entlassung gesagt hatte bewahrheiten würde. Von
    Wutausbrüchen hatte er gesprochen. Von möglichen Rückfällen. Hatte ihm gesagt,
    dass er in solch einer Situation stark bleiben musste. Hatte ihm erklärt wie
    man sich dann zu verhalten hatte.
    Aber was hatte er getan? Nichts. Er hatte nichts tun können,
    außer wegzurennen. Er war schrecklich schwach.
    Tom seufzte geschafft auf.
    Nichts mehr an ihm erinnerte an den Mann, der eben Dieter
    Bonrath so erschrocken hatte. Im Gegenteil. Sein Gesicht wirkte ausgemergelt,
    die Schultern hingen schlaff herunter und in seinen Augen spiegelte sich die
    tiefe Traurigkeit wider.
    Immer noch schob er das Handy von der einen in die andere
    Hand. Ein paar Mal hatte er schon die Nummer von der PAST gewählt um dann
    schließlich doch wieder aufzulegen. Aber er musste sich jetzt beherrschen.
    Jetzt war eine schlechte Zeit um in Selbstmitleid zu versinken. Auch wenn er es
    nicht konnte, so musste er wenigstens versuchen stark zu bleiben. Für seinen
    Partner. Semir. Das war er ihm schuldig.
    Schon zum dritten Mal in der letzten halben Stunde drückte
    er auf die Wahl-Wiederholungstaste.
    „Autobahnpolizei, Engelhard?!“
    Tom schluckte. Sein Daumen zitterte erneut über dem roten Knopf.
    „Hallo?!“ hörte er die fragende Stimme der Chefin wieder
    verzerrt durch das Telefon an seinem Ohr. Er schaffte es nicht alleine. Er
    musst sie ins Bild setzten.
    „Chefin, ich bin’s Tom. Ich muss ihnen dringend etwas
    erzählen...“




    ***




    „Du sollst warten bis die Ampel auf gelb umschaltet und dann
    erst fahren.“ Hörte Tom Semirs Stimme wieder aus dem Handy.
    Er tat wie ihm geheißen und hielt an der grünen Ampel. Sein
    Atem beruhigte sich nicht, obwohl er versuchte gleichmäßig ein und aus zu
    atmen. Er warf einen Blick auf den Sitz neben sich. Kaum zu glauben, dass
    dieser schlichte, schwarze Aktenkoffer Semirs und Caros Lebensversicherung war.
    Bevor der Entführer ihn nicht hatte würde er sie wahrscheinlich am Leben
    lassen. Immer noch war es ihm ein Rätsel wie Anna Engelhard in der kurzen Zeit
    so viel Geld besorgen konnte. Es war ihm eigentlich auch egal.
    „Wenn die Ampel auf Rot umschaltet sollst du losfahren!“
    Tom drehte den Kopf schnell wieder nach vorne. Das grelle,
    grüne Licht blendete ihn. Doch er zwang sich hinzusehen. Das Hupkonzert hinter
    ihn wurde zusehends lauter. Einige Leute waren aus ihren Wagen ausgestiegen und
    schimpften lauthals. Unverständliche Wortfetzen drangen an sein Ohr. Er nahm
    sie nicht wirklich wahr. Sah immer noch wie versteinert auf das grüne Licht,
    das nun endlich in Gelb wechselte und dann schließlich in Rot.
    Ohne auch nur eine Sekunde weiter zu überlegen trat er das Gaspedal
    durch.
    Während er die Kreuzung hinter sich ließ warf er noch ein
    letzten Blick in den Rückspiegel. Ein paar wild gestikulierende Leute standen
    dort. Schrien ihm allem Anschein nach Beschimpfungen hinterher. Unter ihnen
    erkannte Tom auch Hotte und Dieter, die jetzt rennend endlich die Kreuzung
    erreicht hatten. Dann verschwanden sie aus seinem Blickfeld.

  • Kein einziger Feed? ;(
    Sagt doch ruhig was euch nicht gefällt, ich will mich doch bessern. :(








    „Fahr weiter bis durch, bis zum Rheinufer. Dort stellst du
    dann den Wagen ab.“
    Tom schluckte und folgte weiter den Anweisungen. Da kam auch
    schon das Ufer in Sicht.
    Achtlos stellte er den CLK im Halteverbot ab.
    „Ja Semir, hab ich was jetzt?“
    Eine Weile blieb es still am anderen Ende, dann hörte er
    erneut Semirs Stimme.
    „Am Ufer liegt ein Motorboot. Und in ihm eine Tasche. In
    diese Tasche packst du das Geld.“
    Tom verließ den Wagen, schnappte sich den Koffer vom Beifahrersitz
    und ging hastig den schmalen Fußweg entlang.
    Es war kalt und seine Schuhe hinterließen Abdrücke im
    frischen Schnee. Es hatte zwar aufgehört zu schneien, aber trotzdem war weit
    und breit keine Menschenseele zu sehen.
    Nach kurzen Suchen fand Tom das kleine, weiße Motorboot.
    Eine schwarze Tasche lag darin. Er zog sie an Land und öffnete sie. Dann sah er
    sich gehetzt um, was er sich aber eigentlich hätte sparen können. Noch nicht
    einmal der Lärm der nahen Straße drang zu ihm hinüber und sogar die wenigen Vögel
    schienen für einen Moment inne in ihrem Gesang zu halten.
    Mit einem Klicken öffnete sich der Koffer und Tom füllte das
    Geld Bündelweise in die Tasche um.
    „Fertig. Was jetzt?“ noch einmal sah er sich um, während er
    die Tasche mit der rechten Hand verschloss und mit der Linken das Handy umso
    fester ans Ohr drückte. Wieder war es erst einen Moment lang still.
    „Du sollst den Peilsender, den Ohrstecker und das Mikro abnehmen.“
    Auf einmal machte Toms Herz einen riesigen Satz. Was sollte
    er jetzt tun? Würde er den Anweisungen folgen würde er der Chefin jede Möglichkeit nehmen sie zu finden. Und
    wenn nicht…Er wollte gar nicht weiter denken.
    „Hab ich.“ Sagte er schließlich und versuchte seiner Stimme
    so viel Festigkeit wie möglich zu verleihen. Dieses Mal blieb es am andern Ende
    nicht lange still. Tom konnte ein lautes Klatschen hören und fast gleichzeitig
    Semirs lautes Stöhnen. Tom wusste genau was es war und seine Hand ballte sich unwillkürlich
    zu einer Faust.
    „Tom…Tom du sollst sofort beides sichtbar vor dir auf
    den…auf den Boden legen.“ Hörte er Semirs schmerzverzerrte Stimme.
    Toms Puls beschleunigte sich. Hektisch kaute er auf der Unterlippe.
    „Tom?“ hörte er plötzlich die Stimme der Chefin in seinem
    anderen Ohr. Erschrocken hätte er um ein Haar fast das Handy fallengelassen. Er
    hatte ganz vergessen, dass sie ja auch noch mithören konnte.
    „Tom, hören sie gut zu. Das werden sie nicht tun. Wir
    brauchen eine Verbindung um sie da raus holen zu können.“
    Abermals hörte Tom aus dem Handy ein Klatschen und dieses
    Mal folgte ein lauter Aufschrei von Semir.
    „So…sofort…“ Er konnte hören, dass Semirs Mund voller Blut
    war.
    „Kranich, haben sie verstanden? Egal was sie tun, behalten
    sie den Peilsender und…“
    Mit einem Ruck riss sich Tom den Ohrstecker raus. Dann nahm
    er das Mikro von seiner Brust und schließlich auch den Peilsender aus der Tasche.
    „Hab ich Semir, weiter?“ Tom hielt den Atem an, was ihm
    nicht ganz leicht fiel, denn sein Herz pochte inzwischen schmerzhaft in seiner
    Brust. Mucksmäuschenstill lauschte er. Dann kam endlich eine Antwort.
    „Werf die Sachen in den Rhein...und…und dann steigst du in
    das…in das Boot und fährt den zum anderen Ufer. Von dort kriegst du dann
    weitere Anweisungen. Steig jetzt…ins Boot und werf dann dein Handy ins Wasser…“
    Es klickte und das Gespräch war beendet.
    „Semir? Semir!“ Aber Tom hörte nichts als das monoton
    tutende Freizeichen. Um keine Zeit zu verlieren stieg er mit der Tasche ins Boot
    und startete den Motor.
    In diesem Moment klingelte sein Handy wieder. Blitzschnell
    zog es aus der Tasche und sah auf das Display. Engelhard ruft an. Stand da in großen Buchstaben.
    Fest biss Tom die Zähne aufeinander. Dann schmiss er das
    Handy mit einer schnellen Bewegung von Bord. Noch ein letztes Mal hörte er es klingeln,
    bevor es mit einem leisen Plop im Wasser
    ankam und versank. Tom startete den Motor und fuhr los. Desto weiter er sich
    vom Ufer entfernte und desto kälter ihm der eisige Winterwind um die Nase
    pfiff, desto hoffnungsloser fühlte er sich. Er hatte keine Ahnung was ihn am
    anderen Ede des Ufers erwarten würde und mit dem Peilsender hatte er die letzte
    Chance wieder lebendig aus der ganzen Sache herauszukommen außer Sicht
    gelassen.




    ***




    Semir hing in dem Anschnallgurt auf dem Rücksitz und hatte
    geschafft die Augen geschlossen. Immer noch schmerzte die Wunde am Kopf so
    sehr, dass ihm schon bei der kleinsten Bewegung schwindelig wurde. Seine Wange
    war dick angeschwollen und ein dünner Blutsfaden lief ihm aus dem Mund, über
    das Kinn. Die Handschellen schnitten tief in seine Handgelenke ein. Vorsichtig
    öffnete er wieder die Augen. Zuerst sah er alles doppelt. Zwei verschiedene
    Bilder, die sich erst als er die Augen etwas zusammenkniff schließlich zu einem
    zusammensetzten.
    Streiber hatte sich weit nach vorne über das Lenkrad
    gelehnt. Die Augen starr auf das kleine, weiße Motorboot gerichtet, das sich
    langsam dem Ufer näherte. Seit er ihm eben das Handy aus der Hand gerissen hatte,
    hatte er sich nicht mehr bewegt.
    Semirs Blick schweifte nun ebenfalls zu dem Motorboot, das
    sie jetzt fast erreicht hatte. Nun konnte er Tom erkennen. Unverkennbar. Es war
    eindeutig Tom.
    Hoffentlich hatte wenigstens er irgendeinen Plan. Hatte
    irgendeine Idee, wie sie hier wieder lebendig raus kämen. Sie Beide und Caro.
    Auf gar keinen Fall durften sie etwas tun, was das Mädchen gefährden könnte.
    Streiber hatte es von Anfang an so geplant, dass war Semir jetzt
    klar. Bewusst hatte er Semir auf dem Weg hier hin die Augen verbunden. War
    kreuz und quer gefahren, so dass es für Semir unmöglich war sich den Weg zu
    merken. Abgenommen hatten er Semir die Augenbinde erst hier, auf einem
    Parkplatz nah dem Rheinufer. Keinerlei Bäume oder Häuser versperrten einem die
    Sicht über den breiten Fluss, in dem sich in der Abenddämmerung tausende von
    kleinen Lichtern spiegelten.
    Das Boot hatte nun das Ufer erreicht. Semir konnte
    schemenhaft erkennen wie Tom mit der schwarzen Sporttasche in der rechten Hand
    an Land kletterte. Er ging ein paar Schritte und blieb dann stehen. Mit einem
    scharfen, suchenden Blick sah er sich um. Semir sah zu Streiber. Immer noch
    hatte er sich nicht gerührt, was hatte er nur vor? Die Sekunden zogen sich endlos
    in die Länge und die Stille drückte wie Watte auf Semirs Ohren. Er wagte nicht
    sich zu bewegen, nicht einmal zu atmen.

  • Dann endlich lehnte sich Streiber im Sitzt zurück. Semir
    konnte jetzt auch sein Gesicht erkennen. Der starre Gesichtsausdruck wechselte
    in ein heimtückisches Lächeln. Ein so kaltes Lächeln, das sich Semir die
    Nackenhaare zu Berge stellen.
    Streiber schaltete die Scheinwerfer ein und griff dann zum
    Türgriff.
    Durch die Frontscheibe des Wagens konnte Semir erkennen das
    Tom geblendet die linke Hand vor sein Gesicht hielt. Mit einem Mal stand er in
    hellem Licht und Semir konnte jeden seiner Gesichtszüge deutlich erkennen. Tom
    blinzelte, ließ die Hand schließlich sinken und sah zu dem schwarz gekleideten Mann,
    der soeben das Auto verlassen hatte.
    Semir sah Toms ungläubigen, erschrockenen Gesichtsausdruck,
    als er den Mann in der Tür erkannte. Meinte fast erkennen zu können wie sich
    sein ganzer Körper versteifte und sein Herz schneller zu schlagen begann.
    Meinte das blanke Entsetzten in seinen Augen zu sehen und die Angst zu spüren
    die sich mit einer rasanten Geschwindigkeit in seinem ganzen Körper
    ausbreitete.
    Tom stand da wie versteinert und starrte zu Streiber. Der Grifft
    der Sporttasche glitt aus seinen Fingern. Mit einem dumpfen Aufprall landete
    sie fast lautlos im Schnee. Kein Laut drang von der nahen Straße zu ihnen
    hinüber. Keine Stimmen waren zu hören. Kein Geräusch. Die Zeit schien still zu
    stehen.








    Kapitel 13



    Kein Zweifel. Er war es. Er würde ihn unter Hunderten, unter
    Tausenden wiedererkennen.
    Tom stand wie zu Stein erstarrt. Unfähig sich zu bewegen.
    Unfähig zu sprechen.
    Sah zu Streiber, der jetzt langsam und bedrohlich auf ihn
    zukam. Ein Bein zog er nach und verzog bei jedem Schritt schmerzvoll das
    Gesicht.
    Kaum sechs Meter trennten sie voneinander. Fünf. Vier.
    Was sollte er nur machen? Sein Atem ging jetzt stoßweise.
    Erschrocken bemerkte er wie sein ganzer Körper zu zittern begann. Weg. Er
    musste hier weg. Weg, bevor es zu spät war.
    Aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Hoffnungslos war er in
    ihm gefangen. Konnte nichts tun.
    Ein Schritt. Zwei Schritte. Dann stand Streiber genau vor
    ihm. Seine Augen fixierten Toms Blick. Ein kaltes Lächeln huschte über sein
    Gesicht, bevor er mit einer blitzschnellen Bewegung einen weißen Lappen hinter
    dem Rücken hervorzog und ihn Tom über Mund und Nase drückte.
    Mit einem Mal kamen die Lebensgeister zurück. Tom begann um
    sich zu schlagen und zu treten. Merkte, wie er mit der Hand gegen etwas Hartes
    stieß. Atmete den leicht süßlichen Geruch von Chloroform ein, ohne sich dagegen
    wehren zu können. Trat noch ein letztes Mal nach vorne aus, bevor das
    Schwindelgefühl die Überhand gewann. Er sah alles nur verschwommen und viel
    dann in endlose, tiefe Dunkelheit.
    Es war zu spät. Zu spät. Zu spät.




    ***

  • Wie ein Wahnsinniger trat Semir mit beiden Beinen unablässig
    gegen die Tür, ohne den pochenden Schmerz in seinem Kopf wirklich zu bemerken.
    Verzweifelt riss er an den Handschellen. Ohne Erfolg.
    Es machte ihn wahnsinnig tatenlos mit ansehen zu müssen wie
    Toms Körper langsam in Streibers Griff erschlaffte. Er musste ihm helfen.
    Unbedingt. Aber er hatte keine Chance.
    Semir sah durch die verschneite Scheibe des Wagens wie
    Streiber seinen bewusstlosen Partner achtlos auf den Boden fallen lies. Sah,
    wie er ihn unter den Armen packte und zum Wagen schleifte. Streiber öffnete die
    Beifahrertür und hievte Tom mühsam auf den Sitz. Dann kam er zu Semirs Tür und
    öffnete diese.
    Semir funkelte ihn hasserfüllt an. Wie er dieses Gesicht
    hasste. Diese Augen.
    „Wünsche süße Träume,
    Gerkan.“ Der Hohn troff aus seiner Stimme als er den Lappen wieder aus seiner Tasche
    zog.
    Semir erkannte sofort was er vorhatte. Mit einem gezielten Tritt
    traf er Streiber am hart am Schienbein. Dieser schrie vor Schmerzen laut auf,
    knickte ein und landete auf dem Boden.
    Jetzt musste es schnell gehen, das war Semir klar. Mit einem
    Satz sprang er aus dem Wagen.
    Immer noch lag Streiber vor Schmerzen gekrümmt auf dem
    Boden, mit beiden Händen das verletzte Bein fest umschlungen.
    Semirs Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment
    bersten, doch er achtete nicht auf den pochenden Schmerz, der sich von der
    Stirn aus in seinen ganzen Körper auszubreiten schien.
    In seinem Gehirn arbeitete es fieberhaft, während er in
    Streibers Taschen nach dem Schlüssel für die Handschellen suchte, sie hastig
    aufschloss und dann um den Wagen herumhastete.
    Was sollte er jetzt tun? Weglaufen? Hilfe holen?
    Das war zu riskant. Er konnte Tom nicht alleine lassen.
    Wie von Sinnen riss er die Beifahrer Tür auf. Tom lag immer noch in
    sich zusammengesackt auf dem Sitz. Die Augen geschlossen.
    „Tom! Tom, wach auf! Wir müssen schnell weg! TOM!“
    Semir tätschelte ihm die Wange doch es brachte nichts.
    Hastig und schwer atmend blickte Semir sich um. Waren sie denn
    wirklich die einzigen Menschen auf der Welt?
    „Tom, Tom bitte!“
    Semir sah jetzt durch die gegenüberliegende verschneite
    Scheibe. Er konnte Streiber nirgends entdecken.
    Gehetzt wandte er den Kopf zur Seite. Rechts. Links.
    Er hielt den Atem an. Sogar sein eigener Herzschlag schien
    ihn verraten zu wollen. Dann hörte er plötzlich hinter sich ein leises
    Rascheln.
    Noch bevor er sich umdrehte spürte er den harten Schlag des
    Waffenkolbens am Kopf. Der rasende Schmerz breitete sich in seinem ganzen
    Körper aus. Und er fiel ins Bodenlose.




    ***

  • Na wenn das so ist...
    dann extra für chrissy noch ein kleines Stück bevor ich morgen abend wieder da bin
    :P
    ich weiß aber nicht ob es dir gefallen wird :S







    Mit einem Schlag wurde er wach. Das eiskalte Wasser lief an
    seinem Gesicht hinunter und versickerte in seinem ohnehin schon durchnässten
    Pullover. Erschrocken riss er die Augen auf und begann zu husten. Als er vom
    Boden aufsah erkannte er Streiber mit einem Eimer in der Hand über sich.
    „Na Kranich? Hast dich ja gut erholt wie ich sehe!“ voller Abscheu
    spuckte er ihm die Worte vor die Füße, bevor er ihm das restliche Wasser über
    den Kopf goss.
    Tom versuche sich wegzudrehen, aber vergebens. Wie ein
    harter Schlag traf ihn das Wasser erneut im Gesicht.
    Nun warf Streiber den Eimer in eine Ecke des Raumes. Scheppernd
    landete dieser auf den nassen Steinfliesen. Der Raum lag im halbdunkeln. Durch
    ein paar winzige, schräg an der Wand eingelassene Fenster fiel das klägliche
    Mondlicht und malte bedrohliche Schatten auf den Boden.
    Immer noch lag Tom zu Streibers Füßen. Die Hände mit ein
    paar Handschellen auf dem Rücken gefesselt. Er wollte es sich selbst nicht
    eingestehen. Wollte es Streiber nicht zeigen, aber er hatte Angst. Schreckliche
    Angst vor dem, was ihn noch erwarten würde.
    „Weißt du eigentlich wie es ist wenn die Bullen einem sein
    Leben zerstören?“
    Abwesend sah Streiber zu Tom hinunter, der immer noch
    verbissen zu ihm aufblickte. Ein paar Wassertropfen rannen noch immer an seiner
    Stirn und seinem Kinn hinunter und die nassen Haare hingen ihm in der Stirn.
    „Weißt du wie es ist seine Frau und dann noch seine Tochter
    durch so ein paar unbedeutende Polizisten zu verlieren? Weißt du wie es ist
    wenn man sein Ziel schon fast erreicht hat und es dann doch nicht schafft nur
    weil jemand sich dir in den Weg stellt? Wie es ist nach Jahrelanger Planung
    doch umkehren zu müssen? Erneut Schmerzen zu erleiden?“
    Streibers Blick wurde jetzt wieder klarer und er suchte
    trotz der Dunkelheit Toms Augenkontakt.
    „Nein.“ erwiderter Tom mit bebender Stimme „Und es
    interessiert mich auch gar nicht.“
    Der Mondschein ließ Streibers Augen in seinem Licht
    aufblitzen. Jede Falte, jede Narbe in seinem hageren Gesicht schien sich noch
    deutlicher abzuzeichnen.
    „Steh auf.“
    Hörte Tom Streibers wütende Stimme. Tom bewegte sich nicht
    und versuchte Streibers Gesichtsausdruck zu deuten. Schmerzverzerrt sah er zu
    ihm hinunter. Voller Zorn war sein Blick, verzweifelt, voller Hass und
    Ungeduld.
    „Steh auf!“ schrie er jetzt, griff Tom bei den Haaren und
    zog ihn grob auf die Beine.
    Tom schrie auf wollte sich wehren, aber er hatte gegen
    Streibers Griff keine Chance.
    Was hatte er nur jetzt mit ihm vor? Würde er ihm wieder die
    Drogen verabreichen? Nein, dachte Tom sich. Nein, bitte nicht. Noch einmal
    würde er das nicht durchstehen.
    Er wurde vorwärts gestoßen. Zwei Schritte. Drei. Vier.
    „Stopp.“ Streibers Befehl hallte fast unmerklich von den
    Wänden wieder. Diese Stimme. Dieses Echo. Genauso wie damals. Ob es nur
    Einbildung war oder nicht, es genügte um Tom erneut vor Angst zusammenzucken
    zulassen.
    „Auf die Knie, Kranich!“ Jetzt war das Echo deutlicher zu
    hören. Tom bewegte sich nicht. Starr vor Angst stand er einfach nur da und wartete
    auf das Nächste was passieren würde.
    Dann spürte er auch schon die Hand im Genick. Fest packte Streiber
    ihn von hinten und zwang ihn mit einem geübten Griff auf die Knie.
    Die Steine bohrten sich schmerzhaft in seine Knie und die
    nassen Fliesen durchnässten seine Hose. Tom sah etwas Weißes vor sich. Eine Art
    Zuber. Eine Badewanne vielleicht bis zum oberen Rand gefüllt mit Wasser. Das
    klägliche Licht brach sich in der Oberfläche.
    Dann, ganz plötzlich, ohne irgendeine Vorwarnung wurde
    Streibers Griff wieder fester und er riss Toms Kopf nach unten. Das Wasser war
    eiskalt und diese Kälte breitete sich blitzschnell in seinem ganzen Körper aus
    sobald sein Gesicht vollständig unter Wasser war. Alles um ihn herum war mit
    einem Mal still. Das einzige was er hören konnte war sein eigener rasender Puls
    und der schnelle Herzschlag. Verzweifelt versuchte er um sich zu schlagen, aber
    die Handschellen gaben nicht nach. Der eiserne Griff in seinem Genick lockerte
    sich nicht. Er brauchte Luft. Schnell. Unbedingt. Seine Lungen schienen jeden
    Moment bersten zu wollen. Eine Leere breitete sich in seinem ganzen Kopf aus.

  • dann will ich mal nicht so sein :P






    Dann endlich lockerte sich der Griff und er riss den Kopf in
    die Höhe. Laut hustend rang er nach Luft. Die Haare hingen ihm triefend nass in
    der Stirn. Einzelne Wassertropfen fielen auf die unschuldig glitzernde
    Oberfläche. Er war noch nicht einmal richtig zu Atem gekommen, da spürte er
    wieder den Druck. Wieder tauchte sein Gesicht ein, in das eiskalte Wasser.
    Wieder ging ein Zucken durch seinen ganzen Körper, während er verzweifelt
    versuchte die Luft anzuhalten. Wieder ließ der Druck erst in letzter Sekunde
    nach und erlaubte ihm den Kopf erneut panisch in die Höhe zu reißen. Schlimmer
    als zuvor schüttelte ihn der erneute Hustenanfall. Seine Lungen schmerzten von
    der starken Belastung. Er zitterte am ganzen Körper.
    „Du wirst für das bezahlen was du mir angetan hast,
    Kranich.“ Die bedrohliche und vor Hass und Zorn bebende Stimme hallte in seinem
    Ohr wider. Nie würde er sie vergessen können. Nie wieder.
    „Ich mach dich fertig!“ vernahm Tom Streibers Stimme noch
    ein letztes Mal durch seine weiteren, hastigen Atemversuche. Dann spürte er
    wieder die Hand im Nacken, die ihn unter Wasser drückte.
    Ein paar mal wiederholte Streiber dieses perfide Spiel. Tom
    gab es auf die Male zu zählen. Gab es auf zu denken. Und schließlich auch sich
    zu wehren. Er hatte keine Kraft mehr. Lange würde er nicht mehr durchhalten,
    das war ihm klar. Wieder und wieder
    tauchte sein Kopf unter die glitzernde Oberfläche. Und schließlich wurde ihm
    klar, dass er hier nicht mehr lebendig rauskommen würde. Ergeben und am Ende
    seiner Kräfte erschlaffte sein Körper schließlich in Streibers Griff. Und er
    sank in die Dunkelheit.








    Kapitel 14



    Semir blinzelte. Er meinte ein verschwommenes Licht am Ende
    des schwarzen Tunnels zu sehen. Erneut schloss für einen Moment er die Augen
    und öffnete sie wieder.
    Das Licht wurde größer und größer.
    Er war wieder in einem der Zimmer, das wusste er sofort, auf
    den ersten Blick.
    Die Tapete löste sich von den Wänden. In einer Ecke stand
    ein alter Ofen. Steine und Glassplitter bedecken den Boden. Es roch muffig,
    nach Mottenkugeln und Staub. Auch in diesem Raum fiel das einzige Licht durch
    ein kleines Fenster an der Decke. Dennoch war dieses Licht hell genug um den
    gesamten Raum zu erhellen. Der nächste
    Tag musste schon angebrochen sein.
    Mit vor Wut zusammengebissenen Zähnen riss Semir an den Stricken,
    die ihn an die Armlehnen eines Stuhls fesselte.
    Das hier hatte er sich selbst zuzuschreiben, das wusste er.
    Warum, um alles in der Welt hatte er nicht am Vorabend fester zugeschlagen?
    Vielleicht hätten Tom und er dann eine Chance gehabt.
    Erschrocken hielt er in der Bewegung inne. Tom. Wo war Tom?
    Suchend sah er sich zu allen Seiten um. Von seinem Partner war nichts zu sehen.
    „Tom? Tooom!“
    Semir rief, schrie, doch niemand antwortete ihm.
    Wo war Tom? War er verletzt? War Streiber bei ihm? Bei dem
    Gedanken daran lief Semir ein kalter Schauer über den Rücken. Er wusste genau dass
    sein Partner immer noch mit der Vergangenheit zu kämpfen hatte. Einen erneuten
    Rückschlag würde er nicht verkraften, das war ihm klar.
    Wenn er nur wenigstens wüsste das es ihm gut ginge.
    Wieder und wieder riss er an den Seilen. Aber ohne Erfolg.
    Es war hoffnungslos. Geschafft schloss Semir die Augen, doch
    der pochende Schmerz in seinem Kopf ließ nicht nach.
    Dann, auf einmal hörte er etwas. Geräusche. Schritte. Erst
    leise dann immer lauter.
    Er machte die Augen wieder auf und horchte.
    „Na Gerkan, wieder wach?“
    Semir sah zur Tür. Streiber stand dort. Auf eine merkwürdige
    Weise furchteinflößend, taxierte er Semir mit seinem gehässigen Blick.
    „Schön, das sie sich entschieden haben doch noch etwas zu
    bleiben.“
    Semir verkniff die Antwort, die ihm schon auf der Zunge lag.
    Stattdessen blickte er starr zurück.

  • So, für die Leser und fleißige Feedbacker ein extra langes Stück:P






    „Was haben sie mit meinem Partner gemacht?“
    Aber Streiber hatte nicht die Absicht auf seine Frage
    einzugehen.
    „Schön hier nicht wahr?“
    Er hob die Hände zu einer alles umfassenden Geste und sein
    schmaler Mund verzog sich zu einem Lächeln, aber seine Augen lächelten nicht
    mit. Immer noch spiegelte sich in ihnen der Hass und Zorn wieder.
    „Was ist mit meinem Partner?“ fragte Semir noch einmal. Er
    versuchte ruhig zu bleiben. Dennoch bebte seine Stimme vor Zorn.
    „Abwarten. Erst einmal werden wir zwei unseren Spaß haben.
    Oder was meinst du?“
    Ohne eine Antwort abzuwarten ging Streiber zu dem kleinen,
    unscheinbaren Ofen, der and er Wand stand. Mit fahrigen Fingern zog er ein
    Feuerzeug aus der Tasche. Das Feuer loderte auf. Rot, gelb, orange und gefährlich.
    Die Flammen tanzten in Streibers Augen während er sie fast schon ehrfürchtig betrachtete.
    Semir wurde mit einem Mal heiß und kalt. Was hatte dieser
    Wahnsinnige vor? Er hatte ja schon mehrmals bewiesen, dass er zu allem fähig
    war und dass es ihm vor allem nicht das Geringste ausmachte über Leichen zu
    gehen. Auf einmal hatte er wieder die Bilder vor Augen. Bilder von Seichmann,
    mit einer grässlichen Schusswunde im Kopf, Tom, wie er in den Seilen auf dem
    Stuhl hing. Leblos. Am Ende seiner Kräfte.
    Streiber hatte sich nun aus seiner Starre gelöst und griff
    zu einer Eisenstange die auf dem Boden lag. Seine klammen Finger umschlossen
    das kalte Metall. Dann hielt er die Stange ins Feuer.
    Hastig blickte Semir immer wieder von Streiber zu der
    Eisenstange in seiner Hand, die er nun an einem Ende dick mit einem Tuch
    umwickelte. Die andere Seite befand sich immer noch im Feuer. Die bunten
    Flammen tanzten um das Metallstück herum und es dauerte nicht lange bis das
    Ende der Stange blutrot glühte.
    „Na, Angst Gerkan?“ das letzte Wort spuckte ihm Streiber nur
    noch mit Abscheu vor die Füße.
    Dann kam er betont langsam und bedrohlich auf ihn zu. Semir
    sah die glühend heiße Eisenspitze immer näher kommen. Näher. Und näher.
    Jetzt war sie nur noch eine Hand breit von ihm entfernt.
    Er konnte erkennen wie Streibers Mundwinkel gehässig
    zuckten. Sah wie sich seine pergamentartige Haut straff über die Fingerknöchel
    spannte als er das Tuch, das um den heißen Stab gewickelt war enger umfasste.
    Dann spürte er auch schon den brennend heißen Schmerz an
    seinem Hals. Es war schrecklich. Nicht auszuhalten. Noch nie hatte er damit
    vergleichbare Schmerzen gehabt.
    Der mühsam zurückgehaltene Schmerzenschrei bahnte sich jetzt doch seinen Weg nach
    draußen. Die Wände schienen unter ihm zu beben. Das Echo hallte Laut von den Wänden
    wider. Doch niemand kam Semir zu Hilfe. Niemand hörte die Schrei, die der
    gepeinigte Mann in seiner Qual ausrief. Niemand hatte auch nur die leiseste
    Ahnung, was in der verlassenen Jungenherberge, mitten im Wald vor sich ging.
    Denn die Bäume dämpften alle Geräusche.




    ***




    Erschrocken schreckte Caro aus ihrem unruhigen Schlaf hoch.
    Sie meinte einen Schrei gehört zu haben. Vorsichtig richtete sie sich auf und
    horchte in die Stille.
    Es dauerte nicht lange da war wieder ein markerschütternde
    Schrei zu hören. Dieses mal lauter als der zuvor.
    Caro glaubte zu wissen wessen Stimme es war und sie musste
    unwillkürlich schwer schlucken. Was machte dieser Mann mit Semir und was hatte
    er mit ihr selbst vor?
    Sie blinzelte um die Tränen, die sie erneut in der Kehle
    spürte fern zu halten. Stattdessen stand sie auf und tastete sich zur Tür.
    Wieder rüttelte sie an der Klinke. Aber wie schon so oft in den letzten Stunden
    zeigte das keinerlei Wirkung.
    Wieder waren zwei Schreie dicht hintereinander zu hören, die
    allmählich in ein leises Wimmern übergingen. Sie kannte Semir inzwischen gut
    genug um zu wissen, dass er wahnsinnige Schmerzen haben musste.
    Und ihr kamen nun doch die Tränen. Wo waren sie hier nur
    reingeraten? Dabei hatte doch alles so schön angefangen.
    Wieder kam sich schrecklich schwach vor, für ihre Tränen.
    Sie musste jetzt stark sein.
    Mit einer Hand wischte sie sich über die Augen und begann
    dann nachdenklich auf ihrer Unterlippe zu kauen. Es dauerte nicht lange, da
    hatte sie ihren Entschluss gefasst. Ihr Plan war riskant aber womöglich ihre
    einzige Möglichkeit hier raus zu kommen.
    Auf dem Boden kniend tastete sie mit Finger den Boden ab.
    Endlich fand sie was sie suchte. Mit dem Backstein in der zitternden Hand
    postierte sie sich rechts neben der Tür.
    Ihr Atem beschleunigte sich und sogar ihr laut pochendes
    Herz schien sie verraten zu wollen.




    ***

  • Sorry das es so lange gedauert hat






    Langsam kam Tom wieder zu sich. Alles um ihn herum war
    dunkel. Schwarz. Undurchdringlich.
    Was um alles in der Welt war passiert?
    Mit fahrigen Fingern tastete er seine Umgebung ab. Der harte
    Boden auf dem er lag war feucht und
    kalt. Wie der Winter draußen.
    Er stöhnte auf und hielt sich den Kopf. Doch mit einem Mal
    erstarrte er in der Bewegung.
    Die Erinnerung kam zurück und lies ihm einen eiskalten
    Schauer über den Rücken laufen.
    „Semir?“
    Tom hörte wie seine eigene Stimme von den Wänden
    widerhallte. Doch als das Echo verklang war mit einem Mal alles still.
    „Semir!“ rief er noch einmal, dieses Mal lauter, aber wieder
    antwortete ihm nur sein Echo.
    Gehetzt quälte er sich auf die Beine und tastete sich
    vorwärts. Es dauerte nicht lange, da hatte er die Wand erreicht.
    Seine klammen Finger glitten über nasse Steinwände. Dann
    über einen Türgriff. Er rüttelte an der Klinke. Vergebens. Sie gab nicht nach.
    Immer und immer wieder versuchte er es.
    „Seeemiiir!“
    Er wusste dass es hoffnungslos war und doch tat er es, bis ihn
    irgendwann die Kräfte verließen.
    Zähneklappernd vor Kälte und Angst kauerte er sich in die
    hinterste Ecke des kleinen Raums. Es schüttelte seinen ganzen Körper und seine
    Lungen schmerzten wieder.
    Immer noch triefte seine Kleidung vor Nässe.
    „Semir…“ flüsterte er noch einmal kraftlos.
    Er hatte noch nie in seinem Leben eine solche Angst gehabt.
    Denn er wusste jetzt dass ihm die schlimmste Prüfung seines Lebens bevorstand.
    Er musste diesen schrecklichen Alptraum noch einmal durchleben und konnte
    nichts dagegen tun.









    Kapitel 15



    Nur noch von den Seilen gehalten hing Semir schwach auf dem
    Stuhl. Die halb geschlossen Augen und das Gesicht zu einer schmerzvollen Maske
    verzerrt. Ein leises Stöhnen entfuhr seinem Mund.
    Endlich hatte Streiber die Eisenstange weggelegt. Er stand
    nun vor ihm. Breitbeinig. Groß . Sah von oben auf ihn herab und schien seine Machtposition
    in vollen Zügen zu genießen.
    „Gerkan, sie wollen doch nicht etwa jetzt schon schlapp
    machen? Wir fangen doch gerade erst an!“
    Semir sagte nichts. Er hatte nicht die geringste Lust über
    das nachzudenken, was ihm womöglich noch bevorstand.
    Sein Hals war scharlachrot angelaufen und immer noch schien
    die glühend heiße Eisenstange da zu sein. Er wagte es kaum den Kopf zu drehen,
    so groß waren die Schmerzen. Am liebsten hätte er geschrien, oder irgendetwas
    getan um sich Erleichterung zu verschaffen, aber diese Genugtuung wollte er
    Streiber nicht geben. Stattdessen fixierte er wieder einen Punkt an der
    gegenüberliegenden Wand. Versuchte sich von den Schmerzen abzulenken, aber
    vergebens.
    Streiber machte nun an den Fesseln an seinen Handgelenken zu
    schaffen. Kaum hatte er diese gelöst ließ er die Handschellen einrasten.
    Semir wollte sich wehren, aber er war eindeutig zu schwach
    dazu.
    Grob zog ihn Streiber hoch und bugsierte ihn erneut den Gang
    entlang.
    Diesmal nahm Semir keine Notiz von den vielen Türen. Er
    stolperte voran. Wäre mehrmals fast gestürzt. Die Schmerzen waren unerträglich.
    Dann kamen sie wieder an einer Tür an. Mit der rechten Hand griff ihn Streiber
    jetzt fest im Genick und zog mit der anderen die Schlüssel aus seiner Tasche.
    Semir biss sich auf die Lippen. Nur keine Schwäche zeigen,
    hämmerte es immer und immer wieder in seinem Kopf.
    Dann schwang die Tür mit einem leisen Knarren auf.
    Semir blickte in den scheinbar leeren Raum vor ihm, wartete
    auf Streibers Reaktion. Er meinte fast spüren zu können wie dieser fassungslos
    den Raum mit Blicken absuchte.




    ***




    Das hatte sie nicht bedacht. Geblendet schloss sie die
    Augen, als auf einmal das helle Licht den Raum flutete. Vor Schreck hätte sie
    beinahe den Stein in ihrer Hand fallen gelassen.
    Endlich hatten sich ihre Augen einigermaßen an das helle
    Licht gewöhnt. Immer noch stand die Tür offen.
    Caro wagte nicht sich zu bewegen. Nicht einmal zu atmen.
    „Los beweg dich!“ hörte sie dann eine barsche Stimme. Keine
    Zehn Zentimeter neben ihr stolperte Semir in den Raum. Hätte sie die Hand ausgestreckt,
    hätte sie ihn berühren können. Er sah furchtbar aus. Für den Bruchteil einer
    Sekunde kreuzten sich ihre Blicke und sie konnte erkennen wie er die Augen
    erschrocken aufriss als er den Stein in ihren erhobenen Händen sah.
    Jetzt musste es schnell gehen, das war ihr klar. Jetzt oder
    nie. Sie nahm allen Mut zusammen und sprang mit einem Satz aus ihrem Versteck
    im Schatten der Tür.




    ***

  • Kaum hatte er den ersten Fuß in den Raum gesetzt passierte
    es. Aus den Augenwinkeln sah er etwas von der Seite auf sich zurasen.
    Geistesgegenwärtig lies sich Streiber zu Boden fallen. Trotzdem spürte er einen
    harten Schlag an seinem Arm.
    Er schrie auf und riss Semir mit zu Boden. Keine zehn Zentimeter
    neben seinem Kopf hörte er den Backstein laut polternd zu Boden fallen.
    Erschrocken blickte er vom Boden auf und sah sie über sich. Caro. Mit vor Panik
    weit aufgerissenen Augen und immer noch zitternden, erhobenen Händen . So
    schnell es mit dem vor Schmerz pochenden Bein ging richtete er sich auf.
    Auf einmal spürte er Hass und Zorn in sich aufsteigen. Wie
    konnte sie es wagen. Schwer atmend stand er nun da. Wusste nicht recht was er
    tun sollte. Seine Hände bebten unter der Anstrengung sie ruhig zu halten. Mit einem
    Mal hatte er furchtbare Lust ihr ins Gesicht zu schlagen.
    Er sah, wie Caro ihn ansah. Erschrocken, voller Angst.
    „Caro. Komm her zu mir.“ forderte er sie mit bebender Stimme
    auf.
    Der Versuch einigermaßen zärtlich zu klingen, misslang ihm
    vollends.
    Er fixierte seine Tochter mit einem starren Blick. Und auf
    einmal war er sich sicher, dass sie ihn erkannte. Er sah, wie sie vor ihm
    zurückwich. Entsetzten und blanke Angst in den so schönen blauen Augen. Einige
    zerzauste blonde Strähnen fielen ihr in die Stirn. An ihrer Schläfe klebte
    getrocknetes Blut.
    Er machte einen Schritt auf sie zu, doch sie wich erneut
    zurück. Erschrocken blieb er stehen. Was war nur in sie gefahren? Wie konnte
    sie sich vor ihrem eigenen Vater fürchten? Was hatten diese zwei Bullen nur mit
    ihr gemacht? Hatten sie ihr wirklich so leicht den Kopf verdrehen können?
    Mit nachdenklichem und gleichzeitig besorgtem Blick musterte
    er seine Tochter, die kaum vier Schritte von ihm entfernt stand und den Rücken
    an die kalte Wand presste.
    „Ist doch alles gut.“ Versuchte er sie zu trösten. Wie
    damals, als sie noch klein war. Als ihre kleine Katze gestorben war. Aber wie
    auch damals schien es keinerlei Wirkung zu zeigen. Denn anstatt das sie sich
    beruhigte, konnte er erkennen wie ihr die Tränen die Wagen hinunter rollen.
    Ganz still stand sie da. Weinte und ihre Unterlippe begann zu zittern.
    Er machte noch einen Schritt auf sie zu. Streckte die Hand
    nach ihr aus. Wie sehr hatte er sich nach diesem Augenblick gesehnt, sie
    endlich wieder zu sehen. Nach all den Jahren. Aber nun, da dieser Augenblick da
    war erkannte er sie nicht wieder.
    „Na komm schon. Freust du dich denn gar nicht mich zu
    sehen.“
    Anstatt zu antworten schluchzte das vor Angst zitternde
    Mädchen auf.
    Gerade wollte er den letzten Schritt zu ihr tun, als er
    plötzlich, ohne Vorwarnung einen kräftigen Schlag am rechten Bein spürte. Ein
    unerträglicher Schmerz. Und er ging zu Boden.
    „Lauf Caro. Lauf!“ hörte er Gerkans schwache, aber
    entschlossen klingende Stimme.
    Vor Schmerzen zusammengerollt und sich das pochende Bein
    haltend, sah er wie durch einen Schleier hinauf zu Caro, die besorgt zu dem
    Bullen blickte.
    „Semir was ist mit dir ich kann dich doch nicht…“
    „Lauf. Bitte Lauf. Sonst war alles umsonst!“
    Weiter kam Semir nicht Streiber hatte sich nun immer noch
    auf dem Boden liegend zu ihm umgedreht und schlug auch ihm mit dem gesunden
    Bein die Beine weg. Semir, der sich durch die Handschellen nicht abstützen
    konnte, landete mit einem lauten Aufschrei auf dem Boden. Aus den Augenwinkeln
    sah Semir noch wie ihm Caro einen letzten besorgten und ängstlichen Blick
    zuwarf, bevor sie unsicher zu laufen begann. Erleichtert hörte er wie sich ihre
    Schritte entfernten.





    Sagt ruhig wenn euch etwas nicht gefällt oder ihr mehr wollt oder so...ich beiße nicht :P

  • Weil ich in der kurzen zeit sooo viel Feedback bekommen hab, gibts vor morgen doch noch ein kleines Stück :)
    Danke euch allen
    :love:






    Stöhnend drehte er sich auf die Seite und sah gerade noch
    rechtzeitig den Fuß auf sich zusausen. Dem ersten Tritt konnte er ausweichen,
    aber der zweite traf ihn mitten in den Bauch. Semir wusste genau, das es jetzt
    drauf ankam. Er musste versuchen Caro so viel Vorsprung wie möglich zu
    verschaffen.
    Die Schmerzen nicht beachtend trat er Streiber, der sich
    schon aufrappeln wollte ins Kreuz.
    Als dieser erneut zu Boden ging nutzte Semir die Gelegenheit
    und trat ihm mehrere Male, immer noch auf dem Boden liegend in den Bauch.
    Aber dieser Moment der Überlegenheit dauerte nicht lange.
    Streiber robbte auf dem Boden entlang bis zur Wand. Dort angekommen zog er sich
    an den Teilweise aus der Wand stehenden Steinen mühsam hoch.
    Semir schaffte es kaum sich aufzurichten, so sehr hatte er
    sich verausgabt in den letzten Minuten. Hatte seine letzten Kraftreserven
    aufgebraucht. Hielt mühsam den Blick nach oben gerichtet und sah in Streibers
    vor Zorn wild funkenden Augen. Er meinte förmlich spüren zu können wie sich das
    Donnerwetter über ihm zusammenbraute.
    Der laute Wutschrei bahnte sich seinen Weg aus Streibers
    Kehle und ließ die Wände beben. Semir wusste was jetzt kommen würde. Er wehrte
    sich nicht. Er hatte nicht die Kraft dazu.
    Er schloss die Augen.
    Und dann begannen auch schon die Schläge und Tritte auf ihn
    einzuprasseln. Einer traf die Schulter, einer mitten in die Rippen. Die
    Schmerzen steigerten sich ins Unerträgliche und er sehnte sich danach endlich ohnmächtig
    zu werden. Wollte dass es aufhörte. Wollte nicht mehr. Konnte nicht mehr.
    Dann. Endlich. Nach einer scheinbar unendlichen Zeit, begann
    es endlich um ihn herum dunkel zu werden. Dunkel. Schwarz. Empfindungslos.








    Kapitel 16



    Deutlich konnte sie den Schrei ihres Vaters hören. Ihr
    Vater. Wie absurd dieses Wort in ihren Ohren klang. Sie war davon ausgegangen,
    das sie es endlich geschafft hatte zu entkommen. Das er nicht mehr da war. In ihrem
    Leben. Das sie endlich mit der Vergangenheit abschließen konnte.
    Aber nun war alles anders. Er war wieder da. Und sie wusste
    auf eine merkwürdige Art und weiße das sie ihm dieses Mal nicht entkommen
    würde.
    Dann drang wie aus weiter Ferne Semirs Schrei an ihr Ohr.
    Für einen Moment überlegte sie ob sie nicht doch zurückgehen sollte. Sie musste
    ihm doch helfen. Aber sie wusste genau dass es nichts bringen würde. Sie musste
    unbedingt Hilfe holen.
    Also rannte sie weiter. Den langen, endlos scheinenden Gang
    entlang. Türen flogen an ihr vorbei. Alle waren offen und führten jeweils in
    einen weiteren, kleinen Kellerraum, in dem es dann schließlich doch nichts
    weiter gab als ein kleines, viel zu kleines Fenster an der Decke. Viel zu
    klein, als hätte sich auch nur der dünnste Mensch hindurchzwängen können.
    Der geschmolzene Schnee, der durch die kleinen Fenster
    hereinwehte machte das Vorankommen schwer. Ebenso wie die Steine die auf dem
    Boden verteilt lagen. Sie schlitterte um die nächste Ecke und stürzte
    schließlich. Hart prallte sie mit dem Ellenbogen auf den Boden. Ihre Lippe
    platzte auf, doch sie zwang sich zum Weiterlaufen.
    Nahmen denn diese Gänge kein ende mehr?




    ***

  • So, es geht weiter :)







    Immer noch kauerte Tom in der Zimmerecke und hatte
    inzwischen jegliches Zeitgefühl verloren. Seine Lungen schmerzten inzwischen
    höllisch von der nasskalten Luft und das Zittern war stärker geworden. Er hatte
    seine Taschen schon mehrere Male durchsucht doch anscheinend hatte ihm Streiber
    auch noch das Döschen mit den Methadon-Tabletten abgenommen. Sein Atem ging in
    rasselnden hektischen Zügen und das starke Zittern stammte längst nicht mehr
    allein von Kälte und Angst. Die letzten Stunden hatten schon so sehr an seinen
    Nerven gezerrt dass er sich inzwischen nichts sehnlicher Wünschte als endlich
    in diese andere Welt eintauchen zu können. Diese Welt aus lauter bunten Farben
    in der es keinen Schmerz und keine Kälte gab. Er schloss die Augen und bemerkte
    erschreck wie unruhig er wurde. Er ballte die Hände zu Fäusten um so den
    kommenden Wutausbruch zu verhindern.
    Aber schließlich hörte auch er die Schreie. Semirs Schreie.
    Die Angst machte sich in seinem ganzen Körper breit. Das Verlangen verschwand
    für einen Moment. Was machte Streiber mit seinem Partner? Das gleiche was er
    mit ihm getan hatte?
    Bei diesem Gedanken war er aufgesprungen und zur Tür
    gelaufen. Dort stand er nun immer noch und hämmerte mit beiden Händen gegen die
    Tür. Immer noch waren die Schreie zu hören. Sie folgten dich aufeinander. Undefinierbar
    von wem sie nun stammten.
    „Seeeeeemir!“ schrie er abermals, aber niemand schien ihn zu
    hören. Kraftlos hämmerte er weiter gegen die Tür, obwohl er eigentlich wusste dass
    es sinnlos war.




    ***




    Für einen kurzen Moment war Caro stehen geblieben. Nach Atem
    ringend stand sie jetzt da. Den Oberkörper weit nach vorne gebeugt und die
    Hände auf die Knie gestützt.
    Sie blickte sich um. Nun stand sie vor der Wahl. Sollte sie
    dem Gang nach links oder nach rechts weiter folgen? Nichts gab ihr auch nur
    irgendeinen Hinweis. Zu beiden Seiten schien es genauso trostlos weiter zu
    gehen wie bisher.
    Dann hörte sie es. Einen Klopfen. Leise, aber doch deutlich
    zu hören. Sie fuhr hoch und lauschte. Da. Wieder war es zu hören.
    „Seeeemir!“ hörte sie eine nur zu bekannte Stimme. Zuerst
    freute sie sich diese Stimme zu hören, aber dann verschwand dieses Glücksgefühl
    auch schon, so schnell wie es gekommen war und machte dem blanken Entsetzten platzt.


    Nein. Nicht auch noch Tom. Was um alles in der Welt machte
    er hier?
    „Tom? Tom bist du es?“ rief sie.
    Für einen Moment hörte sie wie das Klopfen verstummte. Jetzt
    waren nur noch die Schreie ihres Vaters aus der Ferne zu hören.
    „Caro? Hier. Hier bin ich!“
    Caro folgte der Stimme, den Gang links entlang und fand
    schließlich eine weitere Tür. Wie die anderen auch, nur verschlossen. Doch zu
    ihrer Verwunderung steckte der Schlüssel. Mit zittrigen Fingern machte sie sich
    an der Tür zu schaffen, bis diese schließlich aufsprang.
    Da stand er vor ihr. Tom. Blass, zitternd und mit einer
    klaffenden Wunde an der Stirn.
    Es machte ihr furchtbare Angst ihn so zu sehen.
    „Caro, wie geht’s dir?“ fragte er besorgt und blickte
    hektisch den langen Gang entlang.
    „Mir…mir geht’s gut, aber…aber Semir…er…“
    „Was ist mit Semir?“
    Erschrocken widmete er ihr wieder seine ganze
    Aufmerksamkeit. So viel Angst. So viel Besorgnis lag in seinem Blick.
    „Er…ist bei ihm…er schlägt ihn Tod.“
    Mit einem Mal waren die Tränen wieder da. Die ganze Zeit
    über hatte sie es gedacht, aber nicht gewagt es auszusprechen. Mit einem Mal
    hatte sie wieder die Bilder ihres Vaters vor sich. Wie er wie von Sinnen auf
    ihre Mutter einschlug. Sie kannte ihn. Kannten ihn nur zu gut und wusste das er
    zu allem fähig war.
    „Wo?“
    Toms Stimme war tonlos. Starr. Vor Angst? Sie wusste es
    nicht.
    Sie deutete in die Richtung aus der sie gekommen war. Unfähig
    ein Wort zu sprechen.
    „Hör mir jetzt gut zu. Du wirst fortlaufen. Hilfe holen.
    Verstanden?“
    Sie nickte nur. Und sah ihn an.
    Noch einen letzten Blick warf er ihr zu, bevor er loslief.
    Ohne das Geringste Zögern. Den Weg den sie eben gekommen war. Den Weg, der zu
    ihrem Vater führte. Und zu Semir. Semir. Wie gern hätte sie geglaubt, das es
    ihm gut ginge.

  • Kapitel 17



    Mit einem Mal war Tom alles gleichgültig. Die Angst. Die Hoffnungslosigkeit.
    Es gab nur eins was jetzt zählte: Semir.
    Immer den lauter werdenden Schreien folgend, spurtete er
    durch lange, endlose Gänge. Dann, endlich erreichte er die Tür, aber was er sah
    übertraf alle seine Vermutungen.
    Semir lag am Boden. Vor Schmerzen gekrümmt und Streiber über
    ihm. Immer noch schlug er auf ihn ein. Blut sickerte aus einer Wunde an Semirs
    Stirn. Sein Gesicht war dick angeschwollen und doch konnte man noch erkennen dass
    er die Augen geschlossen hatte. Er war wohl ohnmächtig. Oder war er etwa
    schon…Nein! Tom wollte diesen Satz nicht zu Ende denken.
    Er stoppte nicht aus seinem Lauf. Dachte nicht einmal
    richtig nach, sondern warf sich mit seinem ganzen Schwung gegen Streibers
    massigen Körper. Beide gingen zu Boden.
    Streiber schien überrascht. Wahrscheinlich hatte er in
    seinem Wutausbruch Tom nicht einmal kommen gehört.
    Das war Toms Glück. Blitzschnell rappelte er sich wieder
    auf und sah hinab auf seinen Gegner, der
    nun zu ihm aufblickte. Allmählich wurden Streibers Auge wieder klarer. Jetzt
    erst schien er zu registrieren was geschehen war und wer vor ihm stand.
    „Kranich.“ Hörte Tom ihn verbittert und bedrohlich flüstern.
    Für einen Moment lies ihn diese furchteinflößende Stimme
    Zögern. Für einen Moment nur, indem er in Streiber vor Wut blitzenden Augen
    sah. Für einen Moment, der kaum mehr als Sekundenbruchteile andauerte, aber
    dieser Moment war zu lange.
    Als Tom nach dem auf dem Boden liegenden Streiber trat,
    konnte dieser sich schon wieder abrollen. Schnell war er wieder auf den Beinen
    und sie standen sich jetzt genau gegenüber.
    Tom fluchte innerlich. Warum hatte er nicht früher gehandelt?
    Aber jetzt war es zu spät. Er musste kämpfen. Mit allen
    kläglichen Mitteln die ihm jetzt noch blieben. Er musste versuchen Semir und
    sich selbst hier raus zu holen. Vielleicht war das ihre einzige Chance zu
    entkommen. Zumindest wollte er Caro genug Zeit lassen hier raus zu kommen.
    Genau erinnerte er sich an den Moment an dem er Streiber zum
    ersten Mal seit langem wieder gegenüber gestanden hatte. Von den Scheinwerfern
    des Autos irritiert und dann bei Streibers Anblick zu Stein erstarrt. Er war
    unfähig gewesen etwas zu unternehmen. Aber jetzt war alles anders. Er hatte die
    Macht über seinen Körper zurück erlangt. War dem gewappnet was ihm jetzt
    bevorstand. Und er versuchte Streibers Blick so entschlossen wie möglich zu erwidern.
    All diese Gedanken schossen ihm durch den Kopf, während er
    vor seinem Entführer stand. All das dauerte nur wenige Sekunden, die dazu
    genügten, dass sich seine Nerven zu dünnen Drahtseilen spannten und sein Puls
    zu rasen begann.
    Dann war es auch schon so weit. Er sah wie Streibers Bein
    nach vorne schnellte und er wich geschickt aus. Gerade noch rechtzeitig. Der
    zweite Tritt rauschte auch unmittelbar an seinem rechten arm vorbei, doch der
    dritte traf ihn mit voller Wucht in die Rippen. Schmerzerfüllt schrie Tom auf,
    schaffte es jedoch zum Gegenangriff über zu gehen. Die Schmerzen ignorierend
    schlug er Streiber mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, die Faust ins
    Gesicht.
    Er spürte wie seine eigenen Fingerknöchel knackten, als sie
    auf etwas Hartes trafen.
    Streiber taumelte zurück und hielt sich benommen die Nase,
    aus der nun das Blut sickerte. Sein Blick wanderte von seinen Blutverschmierten
    Händen wieder zu Tom, der ihn nun herausfordernd ansah.
    Das machte ihn wütender als alles andere zuvor. Da kam
    dieser Bulle daher. Ängstlich und schwach und glaubte gegen ihn zu gewinnen?
    Gegen ihn?
    Was bildete er sich ein?
    Tom konnte Streibers Reaktion genau beobachten. Er sah
    deutlich, wie er die Hände von seiner gebrochenen Nase nahm, wie er die
    Kieferknochen fest zusammen biss. Meinte fast hören zu können wie er zornig mit
    den Zähnen knirschte.
    Dann sprang Streiber ihn auch schon an und riss ihn zu
    Boden.
    Ein höllischer Schmerz durchzuckte Toms ganzen Körper als er
    mit dem rechten Arm auf dem harten Steinboden aufkam. Streiber, der auf ihn
    gefallen war, machte diesen Schmerz keinesfalls erträglicher. Tom hatte sich
    schon halb zur Seite gedreht, als ihn eine starke Hand mit eisernem Griff im
    Genick packte und wieder zurück in Rückenlage zog. Streiber hatte die Knie auf
    seine am Boden liegende Beine gelegt und drückte sie nun Fest auf die nassen
    Steine. Den Ellenbogen des linken Armes setzte er nun blitzschnell auf Toms
    Hals. Noch bevor Tom wirklich registrierte was er vorhatte war es schon zu
    spät. Er spürte den heftigen Druck auf seiner Kehle. Seine vergeblichen
    Versuche zu Atem zu kommen scheiterten kläglich.
    Wild zappelt versuchte er mit den Händen um sich zu schlagen
    und versuchte sich mit den Beinen aus Streibers Griff zu winden. Vergebens.
    „Zeit zu sterben Kranich.“ Voller Abscheu spuckte Streiber
    ihm die Worte ins Gesicht. Ein höhnisches Lächeln auf den Lippen. Ein
    überlegenes, siegessicheres Lächeln.
    Seine schwachen Lungen schienen zu explodieren und eine gähnende
    Leere breitete sich in seinem Kopf aus. Eine Leere die alles andere verschlang.
    Alles Licht und auch den winzigen Funken Hoffnung, der noch eben in ihm erklommen
    war. Er spürte noch wie seine Glieder erschlafften. Das war das Ende. Das wurde
    ihm auf einmal auf eine schreckliche Art und Weise bewusst. Das einzige was er
    sicher wusste. Was die Leere noch nicht verschluckt hatte. Das Ende. Das Ende.
    Der Tod.




    ***






    Feed me please!
    :|

  • Damit ihr keinen Nervenzusammenbruch kriegt :P
    Aber ich glaube wohl kaum, dass euch dieser Teil dann besser gefallen wird als der letzte...
    :S







    Für einen kurzen Moment blieb Caro stehen um zu Atem zu
    kommen. Dann rannte sie weiter den langen Gang entlang. Sie musste jetzt
    schnell Hilfe holen.
    Als sie um die nächste Ecke schlitterte konnte sie ihren Augen
    nicht trauen. Da war tatsächlich eine Tür am Ende des Ganges. Keine normale,
    wie die anderen, sondern eine große Stahltüre. Caro rannte die letzten paar
    Meter.
    Konnte das hier wirklich ihre Rettung sein? War es wirklich
    die lang ersehnte Möglichkeit zur Flucht?
    Kaum hatte sie sie Tür erreicht, griff sie auch schon mit
    zittrigen Fingern zur Klinke.
    Bitte lass mich hier raus kommen, flehte sie innerlich.
    Bitte lass mich Hilfe holen können. Bitte. Bitte.
    Fast schon wie in Zeitlupe, drückte sie die Klinke hinunter.
    Als die Tür aufsprang schlug ihr das gleißend helle Sonnenlicht
    entgegen. Geblendet schloss sie die Augen und erstarrte für einen Moment in der
    Tür. Sie sah geradewegs in einen dicht bewachsenen Wald. Sah die Kiefern und Tannenbäume
    meterhoch vor sich in den blauen Himmel ragen. Die kleinen Schneeflocken, die
    unablässig vom Himmel fielen legten sich als kleine Wassertropfen auf ihr Haar.
    Die Vögel sangen. Sonst war alles still.
    Für einen kurzen Moment atmete sie in tiefen Zügen die
    klare, kalte Luft ein.
    Dann hörte sie es.
    „Caroline.“ Es kam aus dem Inneren des Hauses aus dem sie
    gerade eben noch geflüchtet war.
    „Caroline. Caro, mein Schatz wo bist du?“
    Erschrocken lauschte sie. Die Stimme schien immer näher zu kommen.
    So schnell sie ihre Beine trugen lief sie los. Einfach geradeaus, in den Wald
    hinein. Darauf hoffend eine Straße, ein Haus oder irgendetwas zu erreichen, was
    ihr helfen konnte.
    „Caroline?“
    Er war immer noch hinter ihr. Gehetzt stolperte sie weiter.
    Jeder Atemzug brannte wie Feuer in ihrer Kehle und die Äste und Büsche
    zerkratzten ihre Arme und Beine. Plötzlich stolperte sie über eine Wurzel am
    Boden und stürzte. Sie schrammte sich das Knie und den Ellenbogen auf, aber
    trotzdem rappelte sie sich wieder auf um weiter zu laufen.
    Tausende Gedanken schossen ihr dabei durch den Kopf.
    Was wenn sie es nicht schaffen würde zu entkommen? Was würde
    er dann mit Tom und Semir machen? Würde er sie umbringen? Waren sie etwa schon
    tot? Der Gedanke daran ließ sie noch schneller werden.
    „Caro. Komm doch her Kind. Es hat doch keinen Sinn.“
    Wieder diese Stimme hinter ihr. Dieser Mann. Ihr Vater, den
    sie so abgrundtief hasste. Der Mann der das Leben ihrer Mutter und auch ihr
    eigenes so zerstört hatte.
    Mit einem Mal flackern die Erinnerungen wieder vor ihrem
    inneren Auge auf. Wie Filmstreifen tanzen sie vor ihren Lidern. Dieser Wald.
    Dieses Gefühl. Diese Bilder die sie nicht wieder losließen.


    Warum hast du Mama wehgetan?“ traurig
    blickt sie auf zu ihrem Vater. Der weicht ihrem Blick aus. Sieht starr weiter
    auf den langen Waldweg vor ihnen. Die Schneeflocken tanzen vor ihren Augen. Sie
    blinzelt. Und lässt dabei ihren Vater nicht aus den Augen.


    Sie konnte nicht mehr. Sie war am Ende. Ihre Beine waren
    schwach. Die Hände zu Eis gefroren und die Lippen blau vor Kälte. Mit einem
    Ärmel ihrer Jacke blieb sie an einem Ast hängen. Sie riss mit aller Kraft an ihm und hörte schließlich das Geräusch
    reisenden Stoffs. Sie kümmerte sich nicht darum. Weiter muss sie. Einfach
    weiter. Egal wohin. Nur weg von hier.


    „Warum Papa?“
    Endlich schaut er sie an. Sein Blick erschreckt sie so
    sehr das sie wie erstarrt stehen bleibt.

    „Du bist zu jung um das zu verstehen.“ Seine Augen
    funkeln sie zornig an. Es hätte sie nicht gewundert wenn plötzlich Funken
    sprühen würden.

    „Warum Papa?“ ihre Stimme zittert jetzt vor Angst.
    Aber der Vater hilft ihr nicht. Grob nimmt er ihre
    Hand und zieht sie weiter mit sich. Caros Finger schmerzen aber sie sagt
    nichts. Sie weiß genau dass er dann wieder wütend wird. Also beißt sie die
    Zähne zusammen. Fest entschlossen stark zu sein, sieht sie wieder nach vorn auf
    den Weg.

    Vater ist groß und stark. Er wirft einen langen
    Schatten. Viel länger als ihr eigener ist der. Klein und schwach kommt sie sich
    gegen ihn vor. Und plötzlich wird ihr klar, dass dieser Schatten ihr immer
    folgen wird. Trotzdem hat sie das Bedürfnis vor ihm zu flüchten. Einfach
    wegzulaufen. Hinein in den dichten Wald. In eine andere Stadt, in der niemand
    ihren Namen kennt. In der er sie niemals finden wird…


    Erschrocken riss Caro wieder die Augen auf. Sie durfte der
    Erinnerung nicht nachgeben. Nicht jetzt.
    Äste schlugen ihr ins Gesicht. Peitschten über ihre
    zerkratzte Haut. Dann endlich hörte sie etwas. Geräusche. Lärm. Autos.
    Sie sah es durch die Bäume. Eine Autobahn musste es sein.
    Sie stolperte nun nur noch langsam vorwärts. Sie hatte auch noch ihre letzten
    Kraftreserven verbraucht. Endlich schien sich der Wald zu lichten. Sie
    stolperte einen verschneiten Abhang hinauf, bis zu einer Leitplanke. Verschwommen,
    wie durch einen Schleier sah sie nun Autos an sich vorbeirauschen.
    „Hilfe!“ rief sie mit einer hohen Stimme, die sie selbst
    nicht kannte. Fremd kam sie sich vor in ihrem eigenen Körper.
    Ein Auto rauschte nur ein paar knappe Zentimeter an ihr vorbei. Sie hörte das Gehupe. Wich
    einem weiteren Auto aus. Sprang zu Seite. Taumelte wieder vorwärts.
    Als sie ihren Blick wieder nach vorne richtete sah sie
    verschwommen zwei Scheinwerfer auf sich zu rasen. Sie blinzelte. Das Hupen
    wurde leiser. Endlich. Auf einmal breitete sich Stille aus. Eine unheimliche
    Stille die sich wie Watte auf ihre Ohren legte. Mit nur halb geöffneten Augen,
    sah sie immer noch in die Lichter, die unaufhaltsam näher kamen. Schneeflocken
    tanzen vor ihren Augen. Sie wirkten einschläfernd. Beruhigend.
    Ihr wurde schwindelig. Sie konnte nicht mehr. Die Scheinwerfer
    waren nun ganz nah. Ergeben schloss sie die Augen. Unfähig sich zu bewegen. Ihr
    Körper gehorchte ihr nicht mehr.
    Dann spürte sie den harten Aufprall. Dann die Schmerzen.
    Kaum, dass ihr Kopf auf dem harten Pflaster angekommen war wurde es auch schon
    schwarz um sie herum.




    ***





    weiter???
    :S

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