Racheengel

  • "So, Frau Mendel, ich geh dann mal.", meinte Christopher Holmes zu seiner Sekretärin und ging Richtung Aufzug. "Viel Glück in England.", erwiderte sie und griff dann zum klingelnden Telefonhörer. "JB Enterprizes, Sekretariat Mendel. Womit kann ich helfen?", meldete sich die routiniert eingespielte Dame. "Semir Gerkhan, ich würde gerne mit Christopher Holmes sprechen.", meinte Semir am anderen Ende der Leitung. "Tut mir Leid, aber der Chef ist gerade außer Haus." Semir fiel in sich zusammen. "Kann ich ihn sonst irgendwie erreichen?", wollte er dann wissen. "Tut mir Leid, aber Herr Holmes fährt zu einem wichtigen Gipfeltreffen nach London und ist die nächsten vier Tage nur über Handy erreichbar." "Dann hätte ich gerne die Handynummer.", fauchte Semir und war drauf und dran die Sekretärin durch den Hörer zu würgen. Widerwillig gab sie die Nummer preis. Semir legte auf und wählte die Nummer auf seinem Handy.


    "Holmes?", meldete sich Christopher, als er den Rule-Britannia-Klingelton seines Handys vernahm und aus der Innentasche seines Mantels das Handy angelte und es aufschob. "Christopher, endlich erreiche ich dich.", meinte Semir erleichtert und lief in Annas Büro auf und ab. "Semir? Schön, deine Stimme zu hören. Was verschafft mir das Vergnügen?", fragte Christopher. "Ich brauche deine Hilfe. Können wir uns treffen?", fragte Semir. "Du, ich bin auf dem Weg zum Flughafen. Können wir das nicht auf ein anderes Mal verschieben?", fragte Christopher, dann jedoch hörte er das angstentsetzte Seufzen in Semirs Stimme. "Okay, in zehn Minuten am Rastplatz.", meinte Christopher und hörte dann ein etwas freundlicheres "Klasse". Irgendwie schien Christopher eine Vorahnung zu haben, aber er verwarf das schnell wieder.


    Semir legte mit besserer Miene auf und sah dann zu Anna rüber. "Und, wird er ihnen helfen?", fragte sie. "Das werde ich gleich wissen. Ich treff mich mit ihm.", meinte Semir. "Ich kann nur wünschen, dass er ihnen hilft. Er ist der einzige, der ihnen in dieser Situation helfen kann." "Dennoch würde ich sie gerne da raus halten Chefin, schon allein, um Andrea nicht zu gefährden." "Semir, sie wissen doch, wie unberechenbar dieser Schöffler ist. Sie werden jede erdenkliche Hilfe brauchen.", erwiderte Anna eindringlich. "Danke Chefin, aber die Übergabe muss ich alleine machen. Ich will Andreas Leben nicht noch einmal gefährden.", meinte Semir und verließ dann das Büro. Mit seinem BMW fuhr er zum Treffpunkt.


    Währenddessen vermisste Schöffler junior seinen Mitbewohner, Tobias Halmer. Tobi, wie er selbst gern lieber genannt wurde, hatte mit Hilfe seines Freundes bisher jeden Drogentransport ausschalten können, den Schöffler Senior auf die Reise geschickt hatte. Da Tobi Informatik und Computertechnik studierte, war es für ihn ein leichtes, sich in den Privat-PC des Vaters einzuhacken und die Daten zu klauen. So wusste er immer, wann der nächste Transport veranschlagt wurde und welche Route er nahm. So war es für ihn ein Leichtes das weiße Pulver zu vernichten, was seinen Bruder und seine Schwester umbrachte. Alexander half ihm dabei nur mit der Beschreibung der Fahrtrouten und borgte ihm sein Auto. Er selbst studierte Theaterwissenschaften und Musik und konnte so einige passende Verkleidungen für Tobi zusammenstellen, was ihm den Namen des Phantoms einbrachte. Doch nun meldete er sich schon seit zwei Tagen nicht mehr. "Irgendwas stimmt da nicht.", meinte Alex und machte sich langsam Sorgen. Dann fiel ihm die Karte von Semir in die Hände.


    ...

  • Währenddessen lag Andrea auf ihrem Bett und hatte etwas geschlafen. Dann wurde sie jäh aus dem sowieso schon unruhigen Schlaf gerissen. "So, komm Mädchen. Du wirst jetzt mit deinem Mann sprechen, damit er weiß, dass du noch lebst.", meinte Ronald Simon und zerrte sie barsch am Arm empor. "Sie tun mir weh.", rief Andrea und versuchte sich dem Griff zu entziehen. Doch es war nichts zu machen. Sie wurde zu Hannes Schöffler gebracht, der draußen sich die Zeit mit einigen Schneeballwürfen auf einen schmalen Baum vertrieb. "Ah, Frau Gerkhan. Sie dürfen mit ihrem Mann sprechen.", meinte er, warf den kalt-weißen Ball, traf den Baum und gab ihr sein Handy. Dann packte er sie am Kragen. "Aber ein falsches Wort ...", fauchte er und drückte ihr seine Waffe, mit der er auf Ben geschossen hatte, in den Bauch. Angsterfüllt nahm Andrea das Handy in die Hand und wählte Semirs Handy an.


    Semir wartete auf dem Parkplatz und lief wie ein nervöser Tiger im Käfig auf und ab. Immer wieder sah er in die Richtung, aus der er kam, ob der silberne Aston seines Freundes schon zu sehen war. Doch noch war nichts zu sehen. Dafür klingelte sein Handy. "Ja Semir?", meldete er sich und erschrak, als er Andreas Stimme hörte. "Semir hol mich hier raus.", hörte er die zittrigen Worte von Andrea durch den Apperat. "Andrea? Gehts dir gut, Liebling?", fragte er mit sorgenvoller Stimme. "Noch geht es ihr gut, Gerkhan.", hörte er Schöfflers Stimme mit Hohn durchs Telefon. "Schöffler, ich schwöre, ich bringe sie um, sollte meiner Frau irgendetwas passieren." "Nun mal langsam, sie können ihre Frau in zwei Tagen wiedersehen.", meinte Schöffler. Semir schwieg. So recht wollte er das nicht glauben. "Passen sie auf, sie werden den LKW morgen Nacht zum Rastplatz Aachen West bringen. Sie werden ihn dort abstellen und auf das Eintreffen meiner Männer warten. Wenn diese mit dem Laster weggefahren sind, bekommen sie ihre Frau unbeschadet wieder und alles ist vergessen.", meinte Schöffler lachend und legte dann auf, bevor Semir irgendwas erwidern konnte. Mit offenem Mund stand Semir da und hielt immer noch das Handy in seiner Hand.


    Alexander Schöffler saß immer noch in seiner Wohnung und versuchte seinen Mitbewohner auf dem Handy zu erreichen, doch es ging nur die Mailbox ran. Wie sollte er denn auch wissen, dass sein Freund in der Kühlkammer der Pathologie und das Handy in der Asservatenkammer lagen. Dann ging er an den Schreibtisch seines Freundes und durchsuchte ihn. "Irgendwo muss sich doch ein Anhaltspunkt finden lassen.", dachte er bei sich. Dann fand er, hinter ein Foto geklebt, einen Schlüssel, der mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Schließfach gehörte. Sofort machte er sich auf zum Hauptbahnhof, suchte das Schließfach mit der Nummer 893 und öffnete es mit dem Schlüssel. Er zog einen dicken, verschlossenen Umschlag aus dem engen Fach und öffnete ihn. "Hallo Alex.", las er. "Wenn du das hier liest, lebe ich schon nicht mehr. Dein Vater hat mich auf dem Gewissen.", Alex musste schlucken und sich einige Tränen verkneifen. Schniefend wischte er sich eine Träne aus dem Gesicht. "Im Umschlag findest du, außer diesen Zeilen, das gesammelte Beweismaterial gegen deinen Vater. Übergib es in meinem Namen der Polizei. Ich wollte meine persönliche Rache, die mich schließlich selbst ins Grab brachte.", las Alex und zog einige Fotos hervor, die seinen Vater bei einem eindeutigen Deal mit einigen dubiosen Gestalten zeigten. "Das bricht dir das Genick, Alter Mann.", fauchte Alex und steckte den Umschlag ein.


    Währenddessen erhellte sich Semirs Miene, als Christopher mit seinem Aston auf den Parkplatz fuhr und neben seinem BMW zum Stehen kam. "So, alter Junge, wie kann ich dir helfen?", fragte Christopher und rückte den Kragen seines Mantels zurecht. Semir erklärte mit kurzen knappen Worten, was passiert war und warum er seine Hilfe benötigte. "Okay, ich werde dir helfen." "Und wie" "Besser du weißt es nicht. Ist gesünder für dich und dein Gewissen.", erwiderte Christopher und lächelte verstohlen. "Pass auf, du solltest dir für heute Nacht ein Alibi zurecht legen. Sonst kommt noch jemand auf die Idee, du hast was damit zu tun. Und das wollen wir ja nicht.", meinte Christopher und lächelte etwas teuflisch. In diesem Moment hatte sogar Semir etwas Angst vor seinem englischen Freund, doch ihm blieb nichts anderes übrig, als ihm zu vertrauen. "Keine Angst, ich werde mich an Bens Krankenbett setzen. Wann und wo kann ich den LKW abholen?" "Ich lasse ihn in meine Lagerhalle bringen. Ich gebe dir meine Securitycard. Damit hast du freien Zutritt zum Lager und kannst ihn dann ohne Gefahr holen." Jetzt war Semir sichtlich wohler. In etwa 40 Stunden konnte er Andrea wieder in die Arme schließen.


    ...

  • "Noch was Semir.", meinte Christopher dann und packte den Kommissar bei der Schulter. "Was denn?" "Sei um Gottes Willen vorsichtig.", erwiderte er dann und setzte sich in seinen Aston. Schnurrend wie eine Kartze brauste er dann davon unhd ließ Semir wieder allein auf dem Parkplatz stehen. Dieser hielt die Sicherheitskarte fest wie einen Schatz. Dabei merkte er fast gar nicht, wie sein Handy klingelte. "Ja Semir?", fragte er etwas vorsichtig. "Herr Gerkhan, hier ist Alexander Schöffler.", meldete sich der Student. Semir war verwundert über die Ähnlichkeit der Stimmen. "Ja, was kann ich für sie tun?", fragte Semir etwas verwirrt. "Ich muss sie treffen. Wo können wir uns sehen?", fragte Schöffler junior. "In einer Stunde am alten Kraftwerk.", erwiderte Semir, legte auf und stieg in seinen BMW.


    Mit voller Fahrt fuhr Semir in die Stadt und zum alten Kraftwerk. Dort stand auch schon ein kleiner VW-Käfer, blau, dass man man aber unter dem schon wieder angefangenen Schneesturm nicht sehen konnte. Er parkte neben dem kleinen Schneehaufen und stieg aus. Eine der alten Werkhallentüren war angelehnt und Semir ging hinein, jedoch mit einem mulmigen Gefühl. Doch es war unbegründet. Er war wirklich allein. Alexander saß auf einem alten Fass und wartete mit dem Umschlag unterm Arm auf Semir. "Also, warum wollten sie mich sprechen?", fragte Semir und blieb in sicherem Abstand stehen. Alexander stand auf. "Sie trauen mir wohl nicht?", meinte er fragend. "Ich hatte lange mit ihrem Vater zu tun. Da bildet sich eine gewisse Vorsicht heraus.", erwiderte Semir und sah mit kritischem Blick zu dem jungen Mann hinüber. Lächeld sah Alex auf den Boden. "Ich weiß, was sie meinen. Dennoch ich habe Beweise, die meinem Vater für sehr lange Zeit hinter Schloss und Riegel bringen würden.", kündigte der junge Mann an, legte den Umschlag auf den Boden und schob ihn Semir zu. Wundernd hob der Kommissar den Umschlag auf und öffnete ihn. Er zog diverse Fotos hervor, die einen eindeutigen Drogendeal zeigten. Schöffler war darauf eindeutig zu erkennen. "Woher haben sie die Fotos?", wollte Semir wissen. Dann erklärte der Junge alles. Dass sein Mitbewohner durch seinen Vater Bruder und Schwester verlor, dass er seitdem eine Vendetta gegen Hannes Schöffler führte und so weiter.


    "Würden sie mich bitte begleiten. Ich glaube, ich weiß, wo ihr Mitbewohner ist.", meinte Semir. Beide fuhren zur Pathologie und Alex identifizierte die Leiche, die man in dem alten Theater gefunden hatte, als seinen Mitbewohner Tobias Halmer. "Ich bringe dieses Schwein um.", fluchte er tränenerfüllt und schlug mit beiden Fäusten auf den metallenen Tisch, sodass ein grollendes Scheppern durch die Pathologie ging, dass die Toten hätte aufwecken können. Der Kommissar fuhr den Jungen nach Hause. Dann kam er kurz zur PASt zurück, um Susanne um einen Abgleich der auf dem Foto befindlichen Personen mit denen in der Kartei zu bitten. Die Chefin merkte nicht, wie Semir dann wieder klammheimlich verschwand und ins Krankenhaus fuhr.


    Dort saß Ben aufrecht in seinem Bett, hatte einen breiten Verband um seine Hüften geschnallt bekommen und kaute langsam an seinem Apfel, den er als Desert zu seinem Abendessen bekommen hatte. "Herr Jäger, sie haben Besuch.", meinte die Krankenschwester und gab die Tür frei. Bens Miene erhellte er sich, als Semir ins Zimmer trat. "Hallo Partner, wie gehts dir?", fragte er. "Abgesehen vom Bauchweh ganz okay.", erwiderte Ben und sah Semir förmlich an, dass er etwas vor ihm zu verbergen versuchte. "Du hast doch irgendwas?", meinte Ben dann, als die Schwester sie alleine ließ. Semir erzählte ihm, was er vorhatte, um Andrea zu befreien. "Du willst was? Bist du wahnsinnig. Willst du deinen Job riskieren? Junge, du hast nicht mehr alle Lichter am Christbaum.", fauchte Ben und fasste sich an die Stirn.


    ...



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  • Semir sah stur gerade aus. "Ben, es geht hier um meine Frau. Ich will sie wiederhaben und ich muss alle Chancen ergreifen." "Semir, du bewegst dich da auf schmalen Pfaden. Wenn dich die Schranke dabei erwischt, bist du deinen Job los und landest womöglich noch im Knast.", malte Ben schwarz. "Ben, ich pass schon auf mich auf. Außerdem werd ich ja gar nichts tun, sondern brav hier an deinem Bett sitzen und Wache halten.", erwiderte Semir und grinste leicht. Ben verstand zwar nicht, doch er konnte sich seinen Teil denken. "Was hast du vor?", fragte Ben und sah seinen Partner mit schiefem, fast strafenden Blick an. Semir schüttelte nur unschuldig blickend den Kopf. "Gar nichts." "Semir?" "Ben, bitte ich will dich da nicht mit reinziehen.", begründete der Hauptkommissar seine Entscheidung. "Hey, wir sind Partner. Entweder stehen wir das gemeinsam durch oder du suchst dir gleich nen anderen.", drohte Ben mit etwas lauterer Stimme, zog dann aber sofort sein Gesicht zusammen, weil er seine Wunde etwas strapaziert hatte. Das saß voll. Semir wusste nicht, wie ihm geschah. Plötzlich purzelten ihm die Worte einfach so aus dem Mund. Bens Drohung hatte einen gewaltigen Stein ins Rollen gebracht.


    Schöffler war gerade in der Hütte dabei, den Kamin zu befeuern und es für seinen "Gast" etwas gemütlicher zu machen, als plötzlich. "Schöffler, hier sind sie also. Ich suche sie schon die ganze Zeit.", sagte plötzlich eine mit Akzent sprechende Stimme. Als er sich schlagartig umdrehte, stand Signore Modena mit drei weiteren Männern in der Tür. Angstschweiß brach auf seiner Stirn aus. Er hatte das Geschäft mit den Italienern zwar nicht vergessen, doch er war so mit Semir und der Wiederbeschaffung der Drogen beschäftigt, dass er das vorab stattfindende Treffen glatt verschwitzt hatte. "Signore Modena ... ich ... ich. Wie komme ich zu der Ehre?", fragte er stockend und suchte irgendwie nach einem Fluchtweg, doch der war durch die drei Gorillas in den schwarzen Wintermänteln versperrt. Auch Andrea, die auf der Schlafcouch saß, bekam nun noch mehr Angst. "Wer ist das?", fragte Modena mit gefährlicher Stimme. "Das ist ein Pfand dafür, dass ich meinen LKW wiederkriege.", erwiderte Schöffler vorsichtig. "Etwa der LKW, mit meiner Ware? Etwa der LKW, der nun auf dem Hof der KTU in Köln steht und damit unter Polizeiaufsicht?", fragte Modena wütend, drückte die Spitze seines Gehstocks gegen Schöfflers Brust und drängte ihn immer weiter an die Wand.


    "Deswegen ist sie ja meine Geisel. Der Beamte, der den Fall bearbeitet, ist ihr Ehemann. Mit ihr will ich den Wagen wiederbeschaffen.", erklärte sich Schöffler und rang mit der Todesangst. "Dann ist ja alles klar.", meinte Modena, wandte sich ab, drehte sich dann aber blitzschnell um und schlug dem Mann mit dem Knauf ins Gesicht. Dieser ging getroffen zu Boden. "Los, nehmt ihn mit.", befahl Modena seinen Leuten. "Und die Frau auch.", fügte er hinzu. Als sie aus der Hütte traten, lag im Schnee der Leichnahm von Ronald Simon. Er war von Schlägen und Tritten maltretiert worden, sein Genick war gebrochen. Alles sah nach einem Kampf aus. "Nur als Warnung, Schöffler. Sie werden mir meine Ware wiederbeschaffen oder sie sind der nächste.", fauchte Modena als er beide in einen Landrover verladen ließ. "Was sollen wir mit der Leiche machen, Padrone (Meister auf Italienisch)?", fragte einer der Gorillas. "Lasst ihn hier. Soll die Polizei ihre eigenen Schlüsse draus ziehen.", erwiderte der Mann und stieg in den ersten Landrover.


    ...

  • Semir war sichtlich mit den Nerven fertig, als er Ben erzählt hatte, was er vorhatte. "Du bist ja verrückt.", meinte Ben kopfschüttelnd, schlug dann die Bettdecke zurück uund wollte aufstehen. "Was wird das, wenns fertig ist?", fragte Semir und wollte seinen Kollegen wieder zurück ins Bett drücken, doch dieser packte nur seine Hand. "Ich komm mit dir. Du glaubst doch nicht, dass ich dir den ganzen Spaß überlasse.", erwiderte Ben augenzwinkernd und stand dann auf. Er biss sich auf die Unterlippe um kein schmerzendes Stöhnen von sich zu geben. "Ne, ne, ne, du bleibst schön hier.", meinte Semir und wollte seinen Kollegen abermals aufs Bett zurückdrängen. Doch Ben ließ sich nicht davon abbringen. "Hilfst du mir mal bei der Hose?", fragte er und reichte Semir seine Jeans rüber. Obwohl er wusste, dass es Wahnsinn war, half Semir seinem Freund in die Klamotten. Er war nur froh, nicht mehr allein zu sein.


    Andrea wie auch Schöffler saßen die ganze Fahrt über nebeneinander und hatten gleichviel Angst um ihre Leben. Andrea wagte es nicht ihren ehemaligen Peiniger und jetzigen Mitleidenden anzusprechen. Ihr gegenüber saß ein schweigsamer Muskelprotz von einem Italiener. Sein Gesicht zierte eine lange Narbe, die scheinbar von einem Messer herrührte. Er sah abwechselnd zu den Beiden hinüber und vergewisserte sich, dass Schöfflers Hände gefesselt waren. Die beiden Wagen fuhren auf ein riesiges Anwesen, dass mit einer mannshohen, undurchdringlich wirkenden Hecke umgeben war. Dann standen beide Wagen. "So aussteigen.", fauchte der junge Italiener mit akzentfreiem Deutsch. Anscheinend war er hier geboren, dachte sich Andrea.


    Sie stieg als erstes aus und sah das prachtvolle Haus aus rotem Backstein, dass trotzt seiner Schlichtheit wie ein Palast aussah. "Bringen sie die junge Dame in das große Gästezimmer.", wies Modena den jungen Italiener an. Dieser berührte Andrea nur leicht am Arm, sogleich zuckte sie zusammen, war dann aber ganz ruhig und ließ sich in das Zimmer geleiten. Schöffler aber wurde von den zwei anderen ins Arbeitszimmer von Modena gebracht. Über dem Kamin, vor dem der große Schreibtisch stand, hingen zwei gekreuzte Säbel. "So Schöffler, dann besorgen sie mir mal meine Waren wieder.", forderte Modena und hielt ihm das Handy hin. Zögernd nahm er das Mobiltelefon und wählte die Nummer von Semir.



    "Ja, Semir?", fragte der Kommissar. "Herr Gerkhan, Schöffler hier. Haben sie den Truck?", fragte Schöffler und war sichtlich nervös, was Semir auffiel. Semir sah auf seine Armbanduhr. Christopher müsste nun den LKW auf seinem Gelände zu stehen haben. "Ja, habe ich. Wie geht es weiter?", fragte er, doch dann meldete sich eine ihm fremde Stimme. "Herr Gerkhan, wir hatten noch nicht das Vergnügen. Mein Name ist Aurelio Modena." "Was soll das?", fragte Semir böse. "Schöffler ... nun sagen wir, er ist mein Lieferant. Und ich möchte nun endlich meine Ware haben.", meinte Modena böse. "Was ist mit meiner Frau?" "Sie ist augenblicklich mein Gast. Ich muss sie beglückwünschen, sie haben wirklich Geschmack, Signore. Aber das wird sich ändern, wenn ich nicht bekomme, was mir zusteht." "Keine Angst, das werden sie.", meinte Semir und fragte, was er tun solle. "Holen sie den LKW und fahren sie mit ihm zum Rastplatz Kerpen. Weitere Anweisungen folgen und es versteht sich, dass sie alleine kommen.", meinte Modena und legte dann auf. Semir sah Ben erschüttert an, der alles mitbekam, da Semir den Lautsprecher angeschaltet hatte. "Okay, ich besorg eine Handyortung und frage bei den Kollegen nach Modena.", meinte Ben. "Okay, wir treffen uns in einer Stunde an Holmes Lagerhalle.", erwiderte Semir. Beide fuhren getrennt weg und machten sich an die Arbeit.



    ...

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  • Ben betrat die PASt und ging sofort zu Susanne. "Ben? Was machst du denn hier?", fragte sie erstaunt. "Keine Zeit für lange Erklärungen. Orte mal dieses Handy.", bat er sie, sah dann zum Büro der Chefin. "Ist sie da?", fragte er Susanne. "Ja, aber sie telefoniert gerade mit der Staatsanwältin.", erwiderte die Sekretärin. "Warum das denn?", wollte Ben wissen. "Der Laster von Schöffler wurde vom Asservatengelände gestohlen und Frau Schrankmann meint, dass Semir etwas damit zu tun haben könnte.", erklärte Susanne und sah auf ihren Bildschirm. Ben ging dennoch zur Chefin. Er hatte Semir versprochen zu helfen, doch mit seiner Bauchverletzung würde allenfalls eine gute Zielscheibe abgeben und, soviel wusste er schon, die Chefin würde ihre Männer niemals im Stich lassen.


    Ben betrat stürmisch das Büro, doch Anna hatte gerade in diesem Moment ihr Gespräch mit der Staatsanwältin beendet. "Ben? Ich denke, sie liegen im Krankenhaus?", meinte Sie erstaunt und sah zum jungen Kommissar auf. "Ach wissen sie, mir gefiel es da nicht so.", meinte er grinsend, dann verschwand es wieder. "Chefin, wir brauchen ihre Hilfe.", fing er an. "Das glaube ich auch. Eben hat mir die Staatsanwältin gehörig den Marsch geblasen. Der Laster mit den Drogen wurde uns gestohlen. Sie wissen zufällig nichts darüber?", fragte sie mehr rhetorisch, als ersnthaft. "Äh, nun ja, es könnte ... nein, ich denke nicht.", meinte Ben erwidernd und haspelnd. "Dacht ich doch. Also, was gibt es für ein Problem?", fragte Sie. Chefin, Semir ist drauf und dran, sich um seinen Job zu bringen und vielleicht sogar um sein Leben.", erzählte Ben. "Dieser alte Sturkopf.", rief sie nur aus. "Er soll den Laster heute nacht noch übergeben. Wir müssen schnell handeln. Es scheint, dass Schöffler für einen gewissen Aurelio Modena arbeitet, für den die Drogen eigentlich bestimmt waren. Er hat jetzt Schöffler und Andrea in seiner Gewalt und fordert immer noch die Drogen von Semir.", erklärte Ben. Anna hörte angespannt zu.


    "Wir können ihn das nicht alleine durchziehen lassen.", meinte die Chefin dann. "Er wird sich dabei umbringen lassen.", dann griff sie zum Telefonhörer und rief Alex an. "Ja Engelhardt hier, Alex wir brauchen mal wieder die Hilfe deiner Jungs." "Um was oder wen gehts diesmal?", fragte der SEK-Leiter nur. Er kannte schon die speziellen Wunschaufträge von Anna und ihren Kollegen. "Um eine heikle Befreiungsaktion. Pass auf, komm mit deinen Jungs zur ... " "Lagerhalle von JB Enterprizes im Düsseldorfer Hafen.", gab Ben bekannt und Anna leitete das an den SEK-Mann weiter. "Okay, wir sind in einer viertel Stunde vor Ort.", meinte er, bevor er auflegte. "So, und wir fahren jetzt zu Semir.", meinte Anna daraufhin, schnappte sich Jacke und Waffe. Ben sah sie fragend an. "Ja, glauben sie, ich lasse meine besten Leute im Stich?", erwiderte sie auf das fragende Gesicht von Ben. "Danke Chefin.", meinte er nur.


    Semir stand nervös vor dem eisernen Tor der Lagerhalle. Mit zittriger Hand zog er die Magnetkarte durch das Lesegerät. Ein kurzes Piepen verriet ihm, dass es geklappt hatte. Langsam fuhr das Tor zur Seite. "Semir Gerkhan, was machst du hier eigentlich?", dachte er bei sich, als er den LKW vor sich sah. Dann hörte er Schritte die sich von hinten näherten. Blitzschnell hatte er sich umgedreht und blickte in das Gesicht seines Partners. "Ben, man musst du mich so erschrecken?", fragte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann sah er auch seine Chefin, die hinter Bens Rücken auftauchte. "Chefin, was machen sie denn hier?", fragte er und war etwas verwirrt. "Glauben sie allen ernstes, sie können das alleine durchziehen. Wir helfen ihnen selbstverständlich." "Danke Chefin.", kam etwas kleinlaut von Semir.


    Nach weiteren Minuten trafen auch Alex und seine Leute ein. Zwölf SEK-Beamte mit ihren schweren Geräten standen nun um Semir, Ben, Anna und Alex herum und hörten ihren planenden Ausführungen zu. "Ich habe mir von Susanne einige Informationen über Modean besorgt. Er besitzt ein Haus am Rande des großen Waldgebietes zwischen Köln und Düsseldorf. Die Handyortung hat dies nochmals bestätigt.", meinte Anna. "Wie wollen wir vorgehen?", fragte Semir etwas ungeduldig. "Ben und vier SEK-Leute werden sich im hinteren Teil des Lasters verbergen und als Trojanisches Pferd aufs Grundstück kommen. Sobald sie die Leute auf dem Hof überwältigt haben, kommen wir von der Straße aus und nehmen den Rest fest.", erklärte sie und sah dann auf die Uhr. "Okay, wir haben nicht mehr viel Zeit. Bereiten sie alles vor.", meinte sie und sofort machten sich alle an die Arbeit.


    Nach wenigen Minuten waren Ben und eine kleine Gruppe der schwarzvermummten Beamten hinter den vielen Kisten verborgen und Semir brauste mit dem LKW in Richtung Rastplatz ab. Zur Sicherheit hatte Anna ihm noch einen kleinen Sender in seine Socke gesteckt. Hartmut versicherte ihr noch, dass das Ding niemals versagt hätte. "Na hoffentlich geht das gut.", meinte sie zu Alex und folgte dem Laster in gebührendem Abstand.


    ...

  • Es hatte wieder zu schneien angefangen, und dieses Mal stärker und dichter, als die anderen Male. Semir klebte förmlich an der Frontscheibe, um ja nicht die Ausfahrt zu verpassen. "Warum gerade jetzt?", murrte er und sah kurz gen Himmel, der sich schwarz und bedrohlich über ihn zusammengezogen hatte. Mit Mühe versuchte er den LKW gerade zu halten. Dann war die Ausfahrt vor ihm ausgeschildert. Semir bremste den LKW langsam ab und setzte dann auf den Bremsstreifen rüber. Ben und die Männer auf der Ladefläche wurden durch die zum Teil rasanten Manöver seines Kollegen ziemlich durchgeschüttelt. "Semir, du fährst mal wieder wunderbar.", meinte Ben sarkastisch, als er durch die Lenkbewegung zur Seite fiel und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht sein Bauch hielt. Einer der Männer half ihm wieder auf die Beine. Ben klopfte sich den weißen Staub ab, der durch einige aufgeplatzte Kisten entstanden war, von seinen Klamotten ab.


    Semir hielt auf den um diese Zeit völlig menschenleeren Rastplatz an. In der Ferne meinte er ein Auto stehen zu sehen. Langsam stieg er aus und hoffte innerlich, dass der ganze Spuk bald vorbei war. Der Hauptkommissar schlug seinen Kragen hoch und hielt seine Hand schützend gegen seine Augenbraue, um etwas im Schneegestöber erkennen zu kennen. Und wirklich nach einer Weile kam ein schwarzer Wagen aus den Dichten des Schnees hervorgefahren und hielt wenige Meter vor Semir. Die Seitentüren gingen auf und vier Mann stiegen aus dem Wagen aus. "Signore Gerkhan?", fragte der Mann, der Andrea in ihr Zimmer gebracht hatte. Semir nickte bloß etwas verhalten. Der Italiener gab zwei seiner Begleiter ein Zeichen. Diese besetzten sofort den LKW und fuhren damit an der kleinen Gruppe vorbei. Semir sah dem Laster etwas nervös nach. "Was ist mit meiner Frau? Wir hatten einen Deal.", meinte er protestierend und beunruhigt. "Sicher.", sagte der Italiener und lächelte, griff dann in seinen Mantel und zog eine Pistole hervor.


    Schützend und völlig hilflos hob Semir die Hände. "Los, einsteigen." "Was soll das? Ich hab ihnen ihr Zeug gebracht. Jetzt will ich meine Frau haben.", schrie Semir nervös. "Sicher, sie werden ihre Frau sehen. Ein letztes Mal. Der Padrone mag es nicht, wenn sich jemand ihm seine Geschäfte unnötig versaut.", erwiderte der Italiener. Danach wurde Semir vom verbleibenden Mann gepackt, seine Arme schmerzhaft auf den Rücken gedreht und gefesselt. Der Hauptkommissar versuchte sich aus dem Griff zu befreien, doch es klappte nicht. Semir trat nach hinten aus, doch er unterließ es bald, als ihm der junge Italiener den kalten, stählernen Lauf seiner Waffe unters Kinn drückte. Semir hielt inne und ließ alles über sich ergehen. Brutal wurde er auf die Rückbank gestoßen und der Wagen setzte sich in Bewegung.


    ...



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  • Da er auf dem Sitz lag, sah er nicht wohin die Fahrt ging. Er spürte nur die Geschwindigkeit und spürte dann plötzlich, wie der Wagen langsamer wurde und in einen Weg einzubiegen schien. Er konnte förmlich den Schnee unter den Reifen spüren. Dann hielt der Wagen und Semir wurde abrupt hoch- und aus dem Wagen gezogen. Noch immer schneite es. Sein Haar wurde in wenigen Minuten völlig weiß und nass. Der Hauptkommissar sah sich interessiert im Hof um. Dicht am Haus stand der Laster, seine Türen waren noch verschlossen. Einzelne Leute mit Maschinenpistolen liefen am Haus und im Gelände Patrouille. Semir schätzte ihre Zahl auf ein Dutzend. "Hoffentlich beeilt sich die Chefin.", dachte er und wurde unsanft am Arm die Treppe raufgezogen.


    Derweil hatten Anna und Alex genau das Treiben auf dem Parkplatz beobachtet. "Verdammt, was soll denn das schon wieder?", fauchte die Chefin nervös, als Semir bedroht wurde. "Wieso können diese Typen sich nie an die Regeln halten?" "Hast du je erlebt, dass sich solche Leute an die Regeln halten?", erwiderte Alex fragend und gab seinen Leuten die neue Lage durch. "Fahren wir hinterher?" "Blöde Frage, natürlich. Und verlier sie ja nicht.", meinte Anna besorgt. "Hey, ich mach das nicht zu ersten Mal.", erwiderte Alex grinsend und hängte sich in gebührenden Abstand an den Alfa. Durch den Schneesturm war das nicht so einfach, aber da Anna Semir den Peilsender eingesteckt hatte, konnten sie ihm auch ohne Blickkontakt folgen.


    Semir wurde brutal durch die Tür gestoßen, wobei er fast zu Boden ging. "Hier bleiben.", fauchte der große Italiener und gab ihm einen Schlag mit der flachen Hand in den Nacken. Semir sah ihn böse an, wagte aber nicht mit dem Fuß nach ihm zu treten. Wer weiß, was dann passiert wäre. So blieb er im Zimmer stehen und sah sich um. Neben ihn prasselte ein warmer Kamin, der die Schneeflocken auf seinem Kopf zu Wasser werden ließ, was ihm nun das Gesicht runterlief und zum Teil in die Augen kam. Blinzelnd sah er sich weiter um. An der Wand hingen alte Waffen, Gewehre aus alter Zeit, Säbel und ein mittelalterlicher Morgenstern. Tief in einer Ecke stand eine ganze Ansammlung Altmetall zu einer Ritterrüstung zusammengeordnet, dessen linke Hand sich auf ein Schild stützte und mit der anderen eine lange Lanze mit Fahnentuch hielt.


    "Wie finden sie meine Sammlung?", fragte ihn dann eine kratzende Stimme, die ins Zimmer getreten war. Semir drehte sich blitzschnell um. Vor ihm stand nun ein etwas dicklich wirkender, dennoch groß und gefährlich aussehender Mann, gestützt auf einen Gehstock. Sein silbernes Haar war mit Gel nach hinten gekämmt. Mit einem eleganten Hinken ging der Mann an Semir vorbei, stellte sich vor ihm und reichte dem Kommissar die Hand hin. "Aurelio Modena.", stellte er sich vor. Semir sah ihn vielsagend an. "Oh, entschuldigen sie, aber sie sind ja gehandycaped.", meinte er lachend und zog seine Hand wieder ein. "Es ist besser, sie bleiben es auch.", sagte er vor sich hin. "Was soll das, Modena? Ich habe ihnen ihre Ware gebracht, jetzt halten sie sich an die Abmachung.", fauchte Semir und versuchte dabei so überzeugend und nicht zittrig zu klingen. "Oh, sie werden ihre Frau sehen. Ein letztes Mal, bevor sie drei sterben werden.", meinte der Italiener und goss sich ein Glas ein. Semir sah ihn mit angsterfüllten Augen an. Der Padrone deutete auf sein Bein. "Sehen sie, ein Andenken an Sizilien. Von da an habe ich gelernt, niemals Zeugen zu hinterlassen. Sie, ihre Frau und Schöffler haben mich wertvolle Zeit und vor allem Geld gekostet. Das lasse ich nicht ungestraft.", sagte er leise und schlang das Glas Wasser hinunter. Dann ging er zu seinem Schreibtisch und nuschelte was in die Sprechanlage.


    ...

  • Nach wenigen Minuten wurde Andrea von demgleichen Italiener ins Zimmer gebracht, wie schon Semir. Sofort fiel sie ihrem Mann um den Hals und brach in Tränen aus. "Gehts dir gut?", fragte er und hätte sie gerne in den Arm genommen, doch die engen Handfesseln hinderten ihn daran. Sie sah ihn mit ihren verweinten Augen an und nickte schweigend. Modena kam dicht an beide heran. "Wie schön doch so eine Familienzusammenführung ist. Da geht mir regelrecht das Herz auf. Ich meine, wenn ich eins hätte.", lachte er teuflisch und humpelte mit seinem Gehstock wieder zum Schreibtisch hin. "Schöffler soll kommen.", sprach er in die Sprechanlage. Dann wies er an, Semir die Fesseln abzunehmen. Dieser rieb sich die Hände und nahm dann endlich seine Frau fest in den Arm. "Hey, es wird alles gut. Es dauert nicht mehr lange.", flüsterte er und sah dann in ein erleichtertes Gesicht seiner Frau.


    Schöffler wanderte indes noch frei im Haus herum. In der Küche verspürte erplötzlich ein ungutes Gefühl. Dann fiel sein Blick auf eines der Steakmesser, die an der Wand hingen. "Vertrauen ist gut, aber Leben ist besser.", murmelte er und ließ das Messer in seinen Ärmel gleiten. Kurz darauf, als er aus der Küche wieder ins Erdgeschoss trat, wurde er von zwei Männern gepackt, seine Arme unsanft auf den Rücken gedreht und mit Seilen zusammengebunden. "So, der Padrone will dich sehen, du Schwein.", fauchte einer der Beiden, dessen Stimme Schöffler so bekannt vorkam.


    Plötzlich wanderten alle Blicke zur Tür, denn Schöffler trat nicht alleine ein. Sein Sohn Alex brachte seinen gefesselten Vater in das große Zimmer und warf ihn auf die Sitzcouch. "Was machst du denn hier?", fragte Semir erstaunt. "Sie wissen gar nicht, wie teuer so ein Musikstudium ist.", erwiderte er und grinste fies. "Alexander ist einer meiner fähigsten Mitarbeiter. Von ihm hatte ich auch den Tipp mit der Blockhütte.", meinte Modena erklärend. Dann wandte sich Alex seinem Vater zu. "Du hast Tobi auf dem Gewissen. Dafür werde ich dich töten.", sagte er und sah seinen Vater mit hasserfülltem Gesicht an. "Alex, ich bin dein Vater..." "Mein Vater? Du hast Mama in den Selbstmord getrieben mit deinen Affären und deinen Geschäften. Du hast meinen Freund auf dem Gewissen und jetzt wolltest du auch noch eine junge Familie zerstören. Du bist mein Vater nicht mehr.", schrie er den alten Mann an, der regungslos in der Couch verharrte. Doch insgeheim ließ das Messer aus seinen Ärmel gleiten und begann vorsichtig die Fesseln zu durchtrennen. Modena holte aus seiner Sammlung eine alte Pistole, die noch zu funktionieren schien, und drückte sie Alex in die Hände. Dieser spannte den Hahn und legte auf seinen Vater an. "Alex, tun sie das nicht.", versuchte Semir den Jungen zu beruhigen. Doch würde er wirklich auf seinen Vater schießen?


    Derweil konnten sich Ben und die vier SEKler unbemerkt aus dem LKW steigen. Vorsichtig nahmen sie Deckung und warteten auf den richtigen Augenblick. Ob die Befreiung gelingen würde?


    ...

  • Langsam pirschte sich Ben an die große Eingangstür ran und wollte sie gerade öffnen, als ein Hühne vor ihm stand. Beide sahen sich entsetzt an und der Hühne hob langsam seine Waffen. Ben registrierte dies und schlug so fest zu wie er konnte. Wie ein gefällter Baum ging dieser zu Boden. Ben schüttelte sich schmerzhaft die Hände. "Das gibt mehr als nen blauen Fleck.", meinte er grummelnd. Dennoch wurden sie entdeckt und sofort unter Beschuss genommen. Die Männer suchten sich ihre Deckungen und erwiderten das Feuer. Auch Ben musste von der Tür weichen und kniete sich hinter einen großen Marmorpfeiler der Treppe und behielt sowohl Hof, wie auch Tür im Auge.


    Die Beteiligten im Zimmer drehten sich alle erstaunt nach den Schüssen um. "Geben sie auf, Modena. Meine Kollegen sind da. Sie haben keine Chance mehr.", meinte Semir. Doch der Italiener grinste nur. "Meine Männer werden damit schon fertig. Und bevor ihre Kollegen hier sind, werden sie bereits tot sein.", lachte er teuflisch. Alex hielt immer noch die Pistole auf seinen Vater gerichtet. "Worauf wartest du?", fragte Modena ungeduldig. "Drück ab.", befahl er. Doch Alex verfolgte scheinbar seine eigenen Pläne: Rachepläne. Blitzschnell drehte er sich zu Modena um, legte an und feuerte. Der Feuerstoß und der Pulverqualm der antiquaren Waffe legten sich wie Nebel in den Raum. Langsam ging Alex zum sich krümmenden Modena, warf die Waffe neben ihn auf den Boden. "Ich verachte meinen Vater, aber dich Scheißkerl hasse ich.", raunte er und spuckte dem sterbenden Mann ins Gesicht, bevor er den letzten Atemzug tat. Alex drehte sich zu seinem Vater um, der sich inzwischen von seinen Fesseln befreit hatte. "Komm, es ist vorbei.", sagte Alex mit beherrschter Stimme. Doch auch Schöffler schien noch andere Pläne zu haben.


    "Du irrst, es ist noch nichts vorbei. Hier im Raum ist jemand, mit dem ich noch abrechnen muss.", flüsterte Hannes Schöffler seinem Sohn zu. Dann drehte er sich zu Semir um und ging langsam auf ihn zu, dabei hatte er einen der Säbel von der Wand genommen und hielt ihn drohend in die Richtung des Kommissars. "Andrea, lauf raus. Geh zu Ben. Ich habe hier, was zu erledigen.", meinte Semir mit ernster Stimme. Andrea hielt seinen Arm fest. "Semir, willst du dich umbringen lassen? Lass diese Spiele und lass ihn.", bat sie ihren Mann, doch der wollte nicht hören. Wie in Trance hatte er sich ebenfalls einen Säbel von der Wand genommen und kreuzte mit Schöffler die Klingen. Klirrend schlug das Metall aufeinander. Obwohl Semir dies noch nie gemacht hatte, schien er sich gegen den in diesem Sport geübten Schöffler behaupten zu können.


    Die Szene lief fast identisch wie die aus einem alten Musketierfilm ab. In der einen Ecke des Zimmers standen Andrea und Alex Schöffler und sahen den beiden Streithähnen dabei zu, wie sie sich mit den Schwertern zu treffen versuchten. Dabei glitt das scharf geschliffene Schwert nur wenige Zentimeter an Semirs Körper vorbei. Doch er fing jeden Schlag auf und parierte ihn bravurös. Einige Male kam er dabei Schöffler gefährlich nahe. Dann konnte er ihm mit den Säbel im Gesicht erwischen und hatte ihm eine lange Wunde auf die Wange gezeichnet. "Schöffler, ergeben sie sich.", meinte er, völlig außer Puste. "Glauben sie wirklich, ich würde mich so leicht geschlagen geben?", erwiderte Schöffler und schaute den Kommissar listig an. Da passierte es. Er holte aus, schlug Semir das Schwert aus der Hand und verpasste ihm einen Stich in den Oberarm. Aufschreiend und völlig von dieser Attacke überrumpelt, stolperte er über den Teppichläufer und lag hilflos auf seinem Rücken.


    Angst stieg in ihm auf. Er presste seine Hand auf die Wunde im Arm. Schöffler stand über ihm und hielt das Schwert unter Semirs Kinn. Der Kommissar war Schach-matt. Das wars, dachte er, und Andrea sieht zu. "Haben sie noch einen letzten Wunsch?", fragte Schöffler siegessicher. Doch Semir antwortete nichts. "Wie sie wollen." Schöffler holte zum finalen Stoß aus, doch dann stockte er. Das Schwert glitt ihm aus der Hand und fiel neben Semir zu Boden. Taumelnd wankte der Spediteur nach hinten und fiel in das Sofa zurück. "Ich habe dir gesagt, es reicht.", schrie ihn sein Sohn an. Er hatte mit dem Messer, womit Schöffler sich die Fesseln aufgeschnitten hatte, Semir gerettet. Erleichtert blickte Semir auf. Endlich war alles vorbei.


    Auch draußen war alles okay. Die Chefin, Ben und das SEK hatten alles unter Kontrolle. Anna war erleichtert ihren Kommissar nur mit einem "Kratzer" wiederzusehen und versprach, dass sie sich, sollte die Staatsanwältin Zicken machen, für ihn einsetzen würde. "Danke Chefin.", meinte Semir und fuhr mit Andrea nach Hause. Er woltle die verlorene Zeit mit ihr so schnell wie möglich nachholen.


    Tatsächlich gab es noch ein Nachspiel. Die Staatsanwältin tobte und schäumte vor Wut, doch auf Bemühen Annas und des neuen britischen Konsuls für NRW war sie schließlich überstimmt worden und immerhin konnte sie einen mehr oder weniger gezielten Schlag gegen das organisierte Verbrechen ausführen. Das sollte doch mehr wert sein, als einen kleinen Polizeibeamten zur Rechenschaft zu ziehen, der in einer Notsituation etwas überhitzt gehandelt hat. "Wie britischer Konsul?", fragte Semir, als Anna ihm das erklärt hatte. "Wer soll das denn sein?" Anna deutete nur auf die Tür. Semir drehte sich um und traute seinen Augen nicht. "Na, da staunst du aber, was?", meinte Christopher mit einem schelmisch britischen Lächeln. "Was du, der neue Konsul?", fragte Semir und konnte es immer noch nicht fassen. Vor lauter Dankbarkeit fiel er ihm um den Hals, so gut es eben bei einem zwei Meter Riesen ging. "Gern geschehen. Ich habe dir nur einen Freundschaftsdienst erwiesen.", meinte Christopher. Semir bedankte sich nochmals. So hatte auch dieser Fall ein gutes Ende genommen.



    Ende ...


    Aber Ben und Semirs nächster Fall wartet schon ... "Stille Nacht"

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