La Mort - Der Tod sucht dich heim

  • Bei Niles konnte der Notarzt, genau wie Semir vorher, nur noch den Tod feststellen. Dann wandte er sich der schwer verletzten Frau zu, die immer noch von ihrem Mann, der wie in Trance da saß, festgehalten wurde. Die Sanitäter versuchten ihn, von der Verletzten loszueisen, doch erst die hilfreichen Hände von Semir schienen den verwundeten und schreienden englischen Geschäftsmann zur Vernunft zu bringen. Dennoch blieb er neben ihr auf dem Boden sitzen und starrte auf den leblosen, in das grüne Abendkleid gehüllte Körper seiner geliebten Frau. "Wird sie durchkommen, Doktor?", fragte Semir und sah auf das starre Gesicht von Christopher Holmes. "Das kann ich noch nicht sagen. Die Kugel steckt dicht am Herzen. Sie muss sofort ins Krankenhaus gebracht werden.", erwiderte der Notarzt, ließ Maggie auf eine Trage schnallen und sie sofort ins nicht weit entfernte Rhein-Krankenhaus bringen. Semir sah zu Christopher hinunter, der immer noch auf die blutbefleckte Stelle schaute, wo seine Frau gelegen hatte. Dann ging er zu Andrea. "Könntest du ein Auge auf ihn haben? Ich will sehen, ob Ben und die Kollegen schon was gefunden haben.", meinte Semir und legte seine Hände auf die Schultern seiner Frau. Er spürte, wie auch Andrea noch am ganzen Körper zitterte, dann nickte sie und tat, um was Semir sie gebeten hatte.


    Währenddessen leuchteten Ben, Hartmut und die Kollegen der SpuSi das Grundstück und den angrenzenden Wald ab, wo sie die Schussposition vermuteten. Semir kam dazu. "Scheint ja ein lustiger Abend gewesen zu sein?", bemerkte Ben ironisch. "Bis zum Dessert war auch alles wunderbar.", erwiderte Semir und sah sich auf den azusgeleuchteten Waldboden um. "Da wollte euch wohl einer den Nachtisch nicht gönnen, hm?" Doch Bens ironische Antwort wurde von Semir nur mit einem bitteren Blick gewürdigt. "Hartmut, hast du schon was gefunden?", wollte der Hauptkommissar wissen. Hartmut, gerade mit Lupe, Pinzette und einer Stirnlampe auf dem Boden unterwegs, sah so schnell zu Semir und Ben hoch, dass die starke Lampe den Beiden in die Augen strahlte. "Mensch, Hartmut.", schrien beide aus. Mti einem gedrückten "Tschuldigung" drehte er die Lampe aus und kam aus der knienden Haltung wieder hoch. "Und?", fragte Semir erneut. "Also, ich habe mehrer Patronenhülsen gefunden, die eindeutig aus der gleichen Waffe stammten." "Ja, und stimmen die irgendwie mit denen vom gestrigen Angriff überein?", fragte Ben ungeduldig. "Wie soll ich das von hier aus machen? Ich werde die Patronen erstmal untersuchen müssen, denn wisst ihr, jede Patrone hat eine eigene Kennung, so wie jeder Mensch einen einzigartigen Fingerabdruck hat. Wir können also...." "Ja, ja Hartmut. Die Kurzversion bitte und so, dass ich es auch verstehe.", meinte Semir und strich sich durch die Haare. "Also, jede Waffe hinterlässt auf der Patrone ein bestimmtes Muster, woran wir sie punktgenau zuordnen können.", erklärte Hartmut und tütete die Patrone ein.


    Ben und Semir gingen ins Haus zurück. Christopher saß auf einen Stuhl, hielt zitternd ein Glas mit Portwein in der Hand und wagte nicht daraus zu trinken. Sein Blick war starr und leer. "Herr Holmes, wir müssen ihnen einige Fragen stellen.", fing Ben an und schien nur wenig Mitgefühl in seiner Stimme zu tragen. "Ich will zu meiner Frau.", stammelte Christopher nur und nippte am Glas. "Bitte nur einige kurze Fragen.", bat Semir und war dabei mitfühlender als sein Kollege. "Kennen sie Theo Renack?", fragte Ben dann ganz frei heraus und merkte, wie sich der Körper von Christopher wieder mit Leben füllte. "Hat er auf meine Frau geschossen?", fragte er und hatte dabei racheschürendes Feuer in den Augen. "Wir nehmen es an.", erwiderte Semir und verspürte die Gefühle, die sich in seinem Gegenüber erhoben. "Ich will zu meiner Frau.", rief Christopher und warf das Glas zu Boden, ging zur Tür hinaus und stieg in den von seinem Chauffeur gelenkten Wagen. Ben und Semir stiegen in ihren Wagen und fuhren hinterher.


    Im Rhein-Krankenhaus lief Christopher vor der Tür des OP's auf und ab. Sein Chauffeur, Frédéric, und Semir, Ben kümmerte sich weiter um den Fall, saßen auf der Bank gegenüber der Tür. Nach einigen Stunden des Wartens kam ein grüngekleideter Arzt aus der Tür und atmete schwer durch. "Doktor, wird sie durchkommen?", fragte Christopher besorgt und warf sich fast flehend auf die Knie. "Nun, wir konnten die Kugel entfernen, aber sie hat sehr viel Blut verloren." "Wird sie wieder gesund?", fragte dann Semir, als er sah, dass Christopher Holmes fast zusammenbrach. "Wir mussten sie ins Koma versetzen. Alles weitere liegt in der Hand Gottes.", erwiderte der Arzt und ging schweren Herzens. Christopher wankte und seine Knie wurden weich. Sofort fingen Semir und Frédéric den geschwächten Geschäftsmann auf.


    ...

  • Die beiden hatten alle Mühe den Mann zu halten und ihn auf einen Platz zu setzen. Christopher vergrub sein Gesicht in seine Hände und weinte bitterlich. Semir setzte sich neben ihn und, obwohl er Christopher erst seit zwei Tagen kannte, legter er, vorsichtig und zurückhaltend, dann aber auch fest, seine Hand auf dessen Schulter. Der Geschäftsmann ließ dies ohne ein Gegenwort zu. Ihn war es jetzt wichtig, irgendjemanden zu haben, der ihm in dieser beschissenen Situation beistand. Nach wenigen Minuten richtete sich der Engländer auf, wischte sich mit seinem Taschentuch die Tränen aus dem roten Gesicht und sah dann nur gebannt an die Wand. Semir stand auf und wollte gerade gehen, als Christopher eine Bemerkung machte, die er als Polizist nicht ignorieren konnte. "Ich bringe diesen Bastard um, für das, was er meiner Frau angetan hat.", fauchte Christopher und ballte seine Hände. Semir drehte sich um, sah ihn ernst aber bittend an. "Das werden sie nicht tun. Überlassen sie das bitte mir. Ich verspreche ihnen, dass wir den Täter finden werden und ihn für lange Zeit wegsperren." "Das reicht mir nicht. Er kann mein Leben haben. Ich habe viel gesündigt. Aber niemand, verstehen sie, niemand vergreift sich ungestraft an meiner Familie.", entgegnete Christopher, stand wutentbrannt auf und ging zu seiner Frau auf die Intensivstation. Semir schüttelte den Kopf, dachte dennoch über die Worte nach. Ihm war noch nicht klar, welch Macht dieser Mann entfesseln würde. Dennoch musste er die Androhung sehr ernst nehmen. Aber erstmal wollte er zurück zu seiner Andrea, die zu Hause auf ihn wartete.


    Christopher betrat die ITS und sah seine Maggie voller Schläuche und an kalten, digitalen Maschinen angeschlossen. Am liebsten wünschte er sich, das Ganze wäre ein Traum aus dem er gleich von seinem kleinen Sohn, der jeden Morgen zu den Beiden ins Bett gehüpft kam, aufgeweckt werden würde. Aber es war Realität. Vor ihm lag seine heiß und innig geliebte Frau, von den Ärzten ins Koma gelegt. Er setzte sich zu ihr, starrte auf das engelsgleiche Gesicht mit den geschlossenen grünen Augen und den roten Haaren. "Maggie my love, ich schwöre dir bei allem, was mir heilig ist, ich finde ihn und dann wird er den Tag seiner Geburt verfluchen.", schwor der Engländer, hielt ihre Hand und hatte Tränen der Wut und der Verzweiflung in den Augen. Als er die Station wieder verließ, nahm er sein Handy zur Hand und wählte eine bestimmte Nummer. "British Import - Export", meldete sich eine weibliche Stimme. "I would like to speak to George Ferguson.", erwiderte der Engländer zu seiner Landsfrau. "And the reason?" "Das Wetter ist schön, besonders zu Weihnachten.", flüsterte Christopher Holmes und sah entschlossen aus.


    Semir schloss die Tür seines Hauses hinter sich und atmete schwer. "Semir?", rief eine Stimme fragend aus dem Wohnzimmer. Er ging direkt auf die Stimme zu und leiß sich neben Andrea auf die Couch fallen. "Wie geht es Maggie?", fragte Andrea besorgt. "Die Ärzte mussten sie in ein künstliches Koma legen und sehen kaum eine Überlebenschance.", erwiderte er schwermütig. "Oh Gott", Andrea war bestürzt über diese Nachricht und hielt sich die Hand vor Entsetzen vor den Mund. "Wie wird ihr Mann damit fertig?" "Er hat dem Mörder Rache geschworen. Auch irgendwie verständlich.", erwiderte Semir und zog sich die sperrige Krawatte langsam vom Hals. "Ist das ein Wunder? Du würdest doch genauso reagieren, wenn mir oder Aida etwas passieren würde.", erwiderte Andrea und streichelte ihrem Mann behutsam über den Kopf. "Allerdings. Aber ich bin Polizist und muss dem Gesetz Stärke verschaffen. Ich möchte nun wirklich nicht auf diesen Mann eines Tages schießen möchten.", sinierte Semir und nahm dann seine Frau in die Arme.


    Christopher ließ sich von Frédéric wieder nach Hause fahren. Das Haus kam ihm so leer und einsam vor. Am liebsten wäre er im Krankenhaus geblieben, doch er musste sich um seinen Sohn kümmern, den er schon rufen hörte. Just in diesem Moment klingelte es an der Tür. Christopher sah seinen alten Freund und ehemaligen Kameraden George Fergusen durch das Glas.


    ...

  • Christopher drehte sich auf der Stelle um und öffnete die Tür. "George, danke, dass du so schnell gekommen bist.", sagte der Geschäftsmann und warf sich seinem Freund an die Brust. Dieser klopfte ihm nur stärkend auf den Rücken und hörte das Schluchzen von Christopher. "Was ist passiert?", fragte George und war noch nicht von der Situation im Bilde. "Wenn du den Geheimcode benutzt, dann muss dir ja der Teufel im Nacken sitzen.", meinte er scherzhaft. Sein Lachen verschwand aber, als er Christophers verweintes, entsetztes und rotes Gesicht sah. "Was ist geschehen?", fragte George. Christopher ging mit ihm ins Wohnzimmer und erzählte ihm, was vorgefallen war.


    "Thats increadable. Weißt du schon, wer es war?", fragte George und schlug die Beine übereinander. "Die Polizei hat einen Verdächtigen. Theo Renack, der Sohn des Mannes, der sich vor 12 Jahren erhängt hat.", erwiderte Christopher und zog an seiner Pfeife. "Du musst mir helfen, George. Ich will diesen Mistkerl vor der Polizei finden.", fauchte der Engländer und knetete wutentbrannt seine Hände. "Ich werde meine Jungs auf ihn ansetzen. Wir werden ihn finden. Ich weiß, wie viel dir Maggie bedeutet.", erwiderte George und legte seine Hand aufmunternd auf Christophers Schulter. "Ja, und er soll für das, was er meiner Familie angetan hat, büßen.", drohte Christopher. George kannte seinen Kameraden aus Militärzeiten. Beide dienten damals bei der Garde zu Fuß und schieden zur gleichen Zeit aus dem Dienst aus. George hingegen diente seinem Land weiter. Er war der Leiter des britischen Geheimdienstes im Ausland. Dennoch unterhielt er weiter die Freundschaft zu seinem ehemaligen Kameraden und lieferte ihm von Zeit zu Zeit einige Informationen über seine Geschäftsgegner. Auch dieses Mal würde er ihm wieder zur Seite stehen. Schließlich war er Christophers Trauzeuge und der Patenonkel seines Sohnes. Plötzlich ging die Wohnzimmertür auf und ein kleiner, etwa fünf Jahre alter Junge kam zur herein. "Papa, wo ist Mama?", fragte der kleine Junge und rieb sich verschlafen die Augen. Christopher kam auf den Kleinen zu. "Papa, ist ja da. Mama kann leider nicht.", meinte der Vater mit liebevollem Blick und nahm seinen Sohn auf den Arm. "George, ich denke, wir telefonieren morgen miteinander. Dann besprechen wir die Einzelheiten.", verabschiedete er seinen Freund. "So, und jetzt bringen wir dich ins Bett.", meinte er dann zu seinem Sohn.


    Am nächsten Tag kam Semir zur PASt und sah Ben schon fleißig bei der Arbeit sitzen.


    ...

  • "Ah, guten Morgen, Herr Kollege. Auch schon da?", fragte Ben sarkastisch. Semir sah ihn komisch an. "Wieso bist du denn schon hier?", fragte er erstaunt. "Tja, der liebe Ben hat sich früh an die Arbeit gemacht und auch schon was gefunden.", erwiderte der Kommissar und wippte fröhlich hin und her. Semir hing seine Jacke über den Stuhl und sah seinen Kollegen mit hochgezogener Augenbraue an. "Na, dann schieß los, bevor du platzt.", meinte Semir und setzte sich. "Erst mal das trockene Theoretische. Hartmut hat die Kugeln verglichen und sie stimmen wirklich überein." "Und das Praktische?", fragte Semir und sah Ben nachdenklich an. Der lächelte nur und wartete etwas, um die Spannung zu steigern. "Na, nun sag schon.", forderte Semir ungeduldig. "Unser vermintlicher Mörder hat eine Freundin. Ihr Name ist Maria Bartoli, Leipziger Straße 85 in Neuss. Ich wette mit dir um was du willst, dass er sich dort verkrochen hat.", meinte Ben grinsend. "Okay, dann sehen wir uns da mal um.", entgegnete Semir, griff sich sofort wieder seine Jacke und verschwand aus dem Büro. "Ja, wie wäre es mal mit einem Dankeschön oder einem Haste gut gemacht.", rief Ben hinterher und schnappte sich ebenfalls seine Jacke. "Okay, hast was gut.", meinte Semir nur kurz.


    Nach einer hablen Stunde auf der Autobahn, lenkte Ben den Mercedes von der Schnellstraße und fuhr in eine Einbahnstraße ein. Vor einem renovierten Altbau brachte der Kommissar das Auto zum Stehen. "Noble Gegend. Was ist sie nochmal von Beruf, du Sherlock Holmes?", fragte Semir mit spitzfindigem Gesicht. "Freie Journalistin.", erwiderte Ben und sah seinen Partner mit giftigem Blick an. "Dann soll sie uns mal sagen, wo sich ihr Freund aufhält.", meinte Semir und wollte gerade klingeln, als eine ältere Dame die Tür öffnete. Ben hielt freundlich die Tür auf. "Oh, danke junger Mann. Es gibt doch noch Kavaliere.", meinte sie freundlich und ging ihrer Wege. "Wenigstens eine Anerkennung am Tag.", meinte Ben und schaute Semir vielsagend an. "Naja, wenigstens etwas.", erwiderte dieser und grinste. Da konnte Ben nur noch den Kopf schütteln. Semir und Ben stiegen daraufhin die Treppen in den vierten Stock hinauf und klingelten an der mittleren Wohnungstür. Doch nichts passierte. Ben klingelte erneut, dachte er doch Schritte zu hören, und dieses Mal etwas länger. Dann öffnete sich die Tür und die beiden Autobahnpolizisten sahen in ein verweintes, zerschlagenes Gesicht einer jungen Frau mit blutender Nase.


    Ben sah die Frau entsetzt an. "Jäger, Kripo Autobahn, mein Kollege Gerkhan. Was ist passiert?", fragte der junge Beamte. "Zwei Typen haben mich in die Mangel genommen.", sagte sie und weinte wieder. Semir stützte die Frau und brachte sie mit helfender Hand ins Wohnzimmer. Das ganze Zimmer war auf den Kopf gestellt worden. "Was wollten diese Männer von ihnen?", fragte Ben und reichte der Frau ein Taschentuch. "Sie haben mich nach meinem Freund ausgefragt. Sie wollten unter allen Umständen wissen, wo sich mein Freund aufhält.", erzählte sie und wischte sich das Blut von Mund und Nase ab. "Das würden wir auch gerne wissen. Ihr Freund steht unter dem dringenden Tatverdacht des Mordes, Mordversuches und der schweren Körperverletzung.", meinte Semir und hob ein zerschlagenes Foto auf. Darauf waren Maria und Theo zu sehen. Sie saßen vor einer Waldhütte und küssten sich. "Das kann ich nicht glauben. Ich weiß nicht, wo sich Theo aufhält. Das habe ich den Typen auch gesagt.", schrie sie schluchzend. "Scheinbar haben sie ihnen auch nicht geglaubt.", meinte Ben ernsthaft. "Wer waren denn die Typen?", fragte Semir und hielt immer noch das Bild interessiert in den Händen. Maria sah die beiden Polizisten an. "Sie haben sich als Kollegen von ihnen zu erkennen gegeben.", erwiderte sie. Ben und Semir sahen sich erstaunt an.


    ...

  • "Können sie die Männer beschreiben? War irgendwas auffälliges an ihnen?", wollte Ben wissen und hatte sich in eine mitfühlende Pose neben die junge Frau gesetzt. Semir sah mit zweifelndem und argwöhnischen Blick auf die Frau hinunter. "Der Eine war noch jung und athletisch. Sah eigentlich gar nicht so schlecht aus, wenn er seine Wut nicht an mir ausgelassen hätte.", fing sie an zu erzählen, zitterte dennoch am Körper. "Und der andere?", fragte Semir mit kritischem Blick. "Der war etwa in ihrem Alter.", erwiderte sie und drehte sich zum Kommissar um. "Er hatte einen Schnauzer und stellte mir die Fragen, während mich der andere festhielt und mich schlug.", fügte sie hinzu. "Sonst noch etwas?", fragte Ben und sah Marie an. "Ja, da fällt mir ein, dass die beiden mit englischem Akzent gesprochen haben.", entgegnete die Frau. "Was?", erregte sich Ben und sah Semir mit bösem Blick an. "Sind sie sich sicher?", fragte Semir ungläubig und hatte den Blick seines Partners genau registriert. "Ja, ich weiß doch, was ich gehört habe.", meinte Marie erbost.


    Die beiden Kommissare verließen wieder das Haus und gingen zu ihrem Wagen. Ben sah mit bösen Blicken auf Semir. "Du kannst mir sagen, was du willst, aber für mich steht fest, dass dieser Holmes diese Frau zusammenschlagen ließ. Sie weiß mit Sicherheit den Aufenthaltsort ihres Freundes.", fauchte Ben und öffnete die Zentralverriegelung. "Das denke ich auch, aber ich teile nicht deinen Verdacht wegen Christopher.", erwiderte Semir. "Ah, ihr duzt euch schon. Dann kannst du deinem Freund ja ausrichten, dass er sich aus dem Fall raushalten soll, wenn er nicht selbst in Gefängnis will." "Was meinst du, was ich zu ihm gesagt habe, als er dem Täter Rache geschworen hat." "Er hat Rache geschworen? In deinem Beisein? Und da sind bei dir nicht sofort alle Alarmglocken angesprungen?", fragte Ben vorwurfsvoll und öffnete die Fahrertür. "Was erwartest du von mir? Sollt ich ihn in Schutzhaft nehmen? Man, seine Frau ist angeschossen worden und hat kaum die Möglichkeit zu überleben. Was würdest du da machen?", fragte Semir und war über diese Engstirnigkeit seines Kollegen doch sehr verwundert und, so der Klang seiner Stimme, ein wenig erbost. "Fahr du mit der Zeugin zum Revier zurück und lass die Phantombilder anfertigen. Ich suche meinen speziellen Freund auf.", befahl Semir dann energisch und schlug die Wagentür wieder zu. Ben brauste, ohne ein Wort dagegen zu sagen, mit Marie ab. Semir nahm sich ein Taxi und fuhr zu Holmes Manor.


    Dort angekommen öffnete ihm keiner. Doch Semir spürte, dass jemand zu Hause war. So ging er ums Haus rum und sah durch das gläserne Wohnzimmer. Im Sessel vor dem Kamin saß jemand.


    ...

  • Semir lehnte sich dicht an die Scheibe. Erst jetzt sah er auch, dass auf der Couch jemand saß und auf den Mann im Sessel einredete. Unverholen klopfte Semir an die Scheibe und erregte damit die Aufmerksamkeit der beiden Männer. "Oh, jetzt nicht der auch noch.", meinte Christopher etwas genervt. "Hör zu, George, wir sehen uns im Krankenhaus.", verabschiedete der Mann seinen Freund und ging dann an die Terrassentür, schob sie beiseite und sah in Semirs wartende Augen. "Wer war das?", fragte Semir und trat ohne zu fragen ein. "Ein Freund. Ich konnte jetzt nicht alleine sein.", erwiderte Holmes. "Warum bist du dann nicht im Krankenhaus?", fragte der Kommissar. "Entschuldigen sie mal, aber ich muss mich ja auch um meinen Sohn kümmern.", erwiderte Christopher mit gedämpftem Zorn. Semir erwiderte nichts, spürte aber die Spannung die hier in der Luft lag. "Kann ich einen Moment mit dir sprechen?", fragte Semir und sah dem Mann nach, der gerade aus dem Haus gegangen war und in einen silbernen Peugeot stieg. "Aber nur kurz.", erwiderte der Geschäftsmann und bot Semir einen Platz an.


    "Wir waren gerade bei der Freundin von Renack und haben sie nach dem Verbleib ihres Freundes gefragt.", fing Semir an zu verzählen. "Offenbar wurde sie von zwei Männern zusammengeschlagen." "Was habe ich damit zu tun? Ich habe im Moment andere Probleme.", fauchte Christopher und knetete nachdenklich einen braunen Stoffteddy. Semir sah dieser Prozedur geduldig zu. "Die Männer redeten mit englischem Akzent. Da frage ich mich doch, wer sie dazu beauftragt hat.", meinte Semir beschuldigend. Christopher antwortete nicht sondern starrte auf den Teddy. "Weißt du, Semir, diesen Teddy habe ich meiner Maggie bei unserem ersten Date geschenkt. Damals gab ich ihr das Versprechen, alles für sie zu tun und sie zu beschützen, auch wenn ich dabei mein eigenes Leben riskieren würde.", fing Christopher an und sah ab und zu Semir hinüber. "Solch eine Situation ist jetzt gekommen. Ich werde alles tun, um meine Frau zu beschützen. Ich werde jeden Versuch unternehmen, das Schwein zu fassen und unschädlich zu machen. Das schwöre ich, bei meinem Leben.", fügte Holmes hinzu. "Ich habe dich schon mal drum gebeten, es uns zu überlassen. Lass den Hass dich nicht übermannen. Du wirst ihn nicht wieder los. Ich bitte dich, lass es. Um unserer neuen Freundschaft willen.", redete Semir auf den Mann ein. Zum Schein und mit seinem besten Poker-Face ging Christopher darauf nickend ein. "Ich werde jetzt meine Frau besuchen." "Da komm ich mit, wenn du nichts dagegen hast.", unterbrach Semir ihn und stand auf.


    Von Frédéric wurden die Beiden ins Rhein-Krankenhaus und gingen auf die ITS. George kam kurz nach den Beiden dort an. Christopher überlegte, wie er sich mit George unterhalten konnte, ohne, dass es dieser Polizist mitbekam. Da fiel ihm ein, dass er und George drei Jahre lang in Frankreich als Austausch- und Beobachtungsoffiziere waren und in dieser Zeit nur über Französisch miteinander kommuniziert haben. 'Hoffen wir, dass er kein Französisch versteht', dachte Christopher und fing gleich mit seinem Plan an. Er quaselte George förmlich mit französischen Wörtern zu. Dieser verstand alles, was Christopher sagte, nur Semir sah verwirrt und vollkommen überrumpelt die Beiden immer wieder an. "Ihr hättet das Mädchen nicht verprügeln dürfen.", fauchte Christopher auf französisch und wirkte dabei, als ob er seinem Gegenüber eine alltägliche Situation schilderte. "Dafür haben wir etwas erfahren.", erwiderte George in der gleichen Sprache. Mit dieser Situation etwas überfordert, merkte Semir wie sein Handy klingelte. "Ben hier, die Freundin hat geredet. Sie hat mir was von einer Waldhütte erzählt. Wo bist du?" "Im Rhein-Krankenhaus. Hol mich mal ab.", erwiderte Semir und sah Christopher schief und wieder etwas vorwurfsvoll an. "Tschuldige, ich muss weg.", verabschiedete sich der Kommissar und lief den Gang hinunter. George und Christopher sahen ihm nach. "Sind deine Leute bereit?", fragte er dann wieder in Deutsch. "Sie werden sich an ihn hängen. Keine Angst, er führt uns zu Renack.", erwiderte George. "Ich will den Jungen lebend, klar? Ach, und verschont den Kleinen.", entgegnete Christopher, deutete damit auf Semir und setzte sich dann ans Bett seiner Frau. Ein Arzt stand neben dem Bett und las die Geräte ab. "Wie gehts ihr, Doc?", fragte Holmes verzweifelt. "Sie schläft immer noch, aber das Fieber ist zurückgegangen." "Wann wird sie aufwachen?" "Das können wir noch nicht sagen. Tut mir Leid."


    ...

  • Semir sprang in Bens Wagen, der gerade vorgefahren kam, und schon ging die Fahrt weiter. Auch George Ferguson sprang zu seinen beiden Mitarbeitern in den Wagen. "Follow him.", gab er nur von sich und deutete auf den dunkelsilbernen Mercedes, der gerade vom Eingang wegfuhr. Der junge, adrette Kerl am Steuer, der schon Maria Bartoli zum "Reden" gebracht hatte, hing sich unauffällig an Ben und Semir ran. Da sich die beiden zu unterhalten schienen, merkten sie nichts von ihrem Verfolger.


    "Und, was hat sie gesagt? Wo ist er?", fragte Semir, konnte er dann endlich den Mörder fassen und ihn zu verurteilen. Somit konnte er einen Freund vor einer großen Dummheit bewahren. "Sie hat mir den Weg zu einer einsamem Waldhütte beschrieben, die etwas vor der Grenze liegt. Dort haben sie sich so manches Mal getroffen, hat sie erzählt.", meinte Ben und lenkte das Fahrzeug auf die Autobahn Richtung Luxemburg. Der silberne Peugeot folgte im Abstand von drei Wagen. Ben hatte das Radio angestellt und Semir sah nachdenklich aus dem Fenster. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Christopher nicht so einfach aufgeben würde. Dazu hatte er viel zu viel Erfahrung, aber seine Menschenkenntnis sagte ihm, dass er diesem Mann trauen sollte. "Woran denkst du gerade?", wollte Ben wissen und drehte das Radio etwas leiser. Semir drehte seinen Kopf zu seinem Partner und sah Ben mit hochgezogener Augenbraue an. "Nicht so wichtig.", gab Semir als Antwort und drehte sich wieder weg.


    Nach einer Stunde Fahrt bog Ben in einen Waldweg ab. Da es langsam auf den Winter zuging und es die letzten Tage durchweg geregnet hatte, war der Weg schlammig, rutschig und voll Laub. So war es kein Wunder, dass Bens schwerer Wagen nach einiger Zeit in einer tiefen, mit Wasser und Schlamm gefüllten Mulde feststeckte. "Och Nee.", schrie Semir aus, als der Wagen abrupt stehenblieb. "Was machst du denn?", fragte der Hauptkommissar dann. Ben jedoch schaute ihn neutral an und antwortete nur: "Ich fahre Auto." "Ja, das sehe ich.", erwiderte Semir und schmiss die Wagentür auf. Ben tat es seinem Kollegen gleich und trat dabei in die Pfütze. "Wie ekelig.", stieß er aus. Semir sah sich inzwischen um, doch kein Anzeichen von Hilfe in Sicht. "Wo müssen wir lang?", fragte er seinen Kollegen und ging um das Auto herum. "Den Weg hier lang und dann an der nächsten Abzweigung nach rechts.", erwiderte Ben und schüttelte seinen nassen Fuß. So stiefelten die Beiden den nassen Weg entlang, nicht ahnend, dass ihnen die drei Verfolger auf den Fersen waren.


    Nach einer halben Stunde Fußweg kamen die Kommissare in Blickweite der Hütte. Hinter einen Baum suchten sich Ben und Semir Deckung und sprachen sich ab, wie sie vorgehen wollten.


    ...

  • "Also, wie wollen wir vorgehen?", fragte Ben und brannte darauf loszuschlagen. "Erstmal auskundschaften. Die Hütte hat sicherlich einen zweiten Eingang.", erwiderte Semir und sah auf die Waldhütte hinunter. "Okay, du von vorn und ich die hintere Tür.", meinte Ben und schlich, nachdem Semir bestätigend nickte, um die Hütte rum. Semir ging an der vorderen Front in Stellung und warf einen kurzen Blick durch das Fenster. Die Hütte war scheinbar nur sehr spärlich eingerichtet. Ein roter Kachelofen stand neben einer Sitzecke, davor ein schwerer Tisch. Semir sah einen mit einer Decke eingehüllten Gegenstand auf dem Tisch liegen. Die Form konnte zu der Waffe passen, mit der auf Christopher, Niles und Maggie geschossen wurde. Vorsichtig drehte er den Blick nach links und sah ein frisch gemachtes Bett. "Mist, scheinbar keiner da.", dachte er bei sich, doch dann kam unter dem Bett ein Körper hoch. Sofort duckte sich Semir und konnte nur die fluchenden Worte des Mannes hören. "Verdammte Maus. Wenn ich dich erwische, ...", stieß der Mann wütend aus und hielt eine leergefressene Falle in der Hand. Dann nahm Semir sein Handy und rief Ben an. "Ben, er ist da. Bist du bereit?", fragte er und ging langsam und geduckt Richtung Tür. "Ja, ich bin jetzt an der Hintertür. Brauchst bloß Kommando zu geben.", erwiderte sein Kollege. "Pass auf, wenn ich auflege, zählt jeder bis drei und dann stürmen wir. Das Gewehr liegt auf dem Tisch und ich hoffe mal, er ist unbewaffnet.", erklärte Semir und sah nochmal kurz durch das Fenster. "Okay, also auf drei.", meinte Ben und legte auf.


    George und seine Mitarbeiter waren ebenfalls an der Hütte angekommen und beobachteten von einer erhöhten Böschung aus, was die Polizisten vorhatten. George sah durch sein Fernglas. Er sah den Kleinen am Fenster stehen und durchsehen, dann sah er auch Theo Renack in der Hütte und sah überlegend zu seinen beiden Mitarbeitern. "Wie wollen wir vorgehen?", fragte der Jüngere. "Wir werden gar nichts machen. Sollen die Deutschen für uns die Arbeit erledigen.", erwiderte George und sah dann zu dem Älteren mit dem Schnauzer. "Felix, hast du die Nebelgasbombe bei?", fragte er. "Ja Sir.", erwiderte dieser und holte sie aus der Manteltasche. "Gut, sobald die Polizisten ihre Arbeit erledigt haben, wirfst du sie in die Hütte. Bei dem Durcheinander wird Renack bestimmt die Flucht ergreifen und uns direkt in die Arme laufen.", mutmaßte George und lächelte. Dann griff er zum Handy und wählte eine Nummer. "George hier, ich wollte nur sagen, der Koffer ist gleich gepackt." "Gut, bringt ihn dann zu unserer Lagerhalle am Hafen.", erwiderte sein Gesprächspartner. "Ich fahre jetzt nochmal ins Büro und komme in einer Stunde auch dort hin.", damit war das Gespräch beendet. "Okay Gentlemen, gleich ist es soweit.", meinte George und sah nochmal durchs Fernglas.


    Semir zählte nun langsam in Gedanken bis Drei. "EINS - ZWEI - DREI", flüsterte er und trat dann kräftig gegen die Holztür. Vom Poltern überrumpelt kniete Theo vor dem Bett und sah Richtung Tür. "Polizei, Hände hoch!!!", schrie Semir, doch musste er sich gleich ducken, weil Theo mit einem Besen nach ihm schlug, den er sich blitzartig gegriffen hatte. Semir rappelte sich wieder auf, legte auf Theo an, doch wieder war er schneller und hatte mit dem Stiel Semir die Waffe aus der Hand geschlagen. "Ah.", stieß dieser vor Schmerzen aus. Wieder hob Theo den Schaft und wollte ihn auf Semir Kopf niedersausen lassen. Dann polterte es ein zweites Mal und Ben stand in der Hütte. "Den Besen runter, ganz langsam !!!", schrie er und hielt die Pistole in Theos Nacken. Dieser war sofort starr und gab auf. Langsam ließ er den Besen sinken und Ben legte ihm die Handschellen an. "Sag mal, wo bleibst du denn so lange?", fragte Semir etwas außer Puste und hielt sich die Hand. "Wieso du sagtest doch auf Drei.", erwiderte Ben und war sich keiner Schuld bewusst. "Ja, eins - zwei - drei und nicht eins - und - zwei - und - drei. Man, man, man. Bist du früher auch so langsam gewesen?", fauchte Semir fragend. "Entschuldige mal, ich war einer der Spitzenmänner bei MEK.", erwiderte Ben und ließ seine Brust stolz anschwellen. "Davon hab ich nichts gemerkt.", meinte Semir dann wieder spitzfindig und zwinkernd. Plötzlich brach die Scheibe und etwas Metallisches kam durchgeflogen. Sofort füllte sich das Zimmer mit Nebel und hüllte die drei Männer völlig ein.


    ...

  • Theo nutzte die Gelegenheit und rannte aus der Hütte. Doch weit kam er nicht. Erstens hinderten ihn die Handschellen an einem schnellen Vorwärtskommen, zum anderen bekam er von hinten einen Schlag auf den Kopf. "Los, schnell. Ehe die Deutschen wieder zur Besinnung kommen.", rief George und spornte seine Jungs an. Die griffen sich den gefesselten Körper von Theo und schleppten ihn zu ihrem Peugeot, der in einer Biegung hinter Bens Wagen parkte. Doch plötzlich kamen Ben und Semir aus der Hütte und holten hustend Luft. Nach wenigen Minuten fiel Semirs Blick auf die drei Männer, die mit ihrem Gefangenen abhauten. "Halt, stehen bleiben.", schrie Semir hustend und sofort kassierten sie Schüsse. Ben und er sprangen gleichzeitig zur Seite. Dann wollte er zur Waffe greifen, doch sie lag noch in der Hütte. So erwiderte Ben das Feuer, während Semir auf allen Vieren zurück in die Hütte rannte und seine Waffe vom Boden aufhob. Durch das zerschlagene Fenster nahm er die Angreifer unter Feuer, doch die waren schon längst außer Reichweite und verließen den Wald mit Ben und Semirs Gefangenen. "Verfluchte Scheiße.", stieß Ben aus und stampfte vor Wut mit seinen Füßen auf den Waldboden. "Los komm, zum Wagen.", rief Semir und rannte aus der Hütte. "Weißt du, was mir in den Sinn kommt?", fragte Ben auf dem Weg zum Auto. "Na, sag schon.", meinte Semir schwer atmend. "Dein Freund Holmes hat hier garantiert seine Finger im Spiel. Da verwette ich meinen Wagen drauf.", erwiderte Ben und riss die Wagentür auf. "Kunststück, kannst dir ja auch bei deinen familiären Beziehungen einen Neuen kaufen. Was meinst du, wo wir jetzt hinfahren werden?", entgegnete Semir und schwang sich auf den Fahrersitz. Mit schnellen Händen hatte er den Rückwärtsgang drin und trat das Pedal kräftig durch und war nach wenigen Umdrehungen der Räder aus der Mulde heraus. An der Kreuzung wendete er und fuhr nun wieder Richtung Autobahn und nach Köln zurück. Innerlich kochte er vor Wut, diese Hitze merkte sogar Ben, da sein Kollege noch riskanter als sonst fuhr. Da sie das Auto der Entführer nicht gesehen hatten, konnten sie wissen wohin sie fuhren. George jedoch, der den silbernen Peugeot fuhr, sah im Rückspiegel wie ein dunkelsilberner Mercedes raketenartig auf der äußeren linken Spur angeschossen kam. Im Vorbeifahren sah er nur die Wuschelhaare von Ben und die ständig blinkende Lichtanlage des Blaulichtes. Als der Wagen an ihnen vorbei war, griff er zu seinem Handy und wählte die Nummer seines Freundes. "Ja, George hier. Bist du noch im Büro?" "Ja, noch. Warum fragst du?" "Es wäre besser, du verschwindest. Der Kleine ist unterwegs und ziemlich in Fahrt.", meinte George und legte wieder auf. Christopher nahm die Warnung zur Kenntnis, doch der Schutz seiner Familie war ihm wichtiger als sein eigenes Schicksal. Auch wenn er dabei eine neue Freundschaft begraben und mit dem Gesetz brechen musste. Pfeife rauchend stand er an der gläsernen Fensterfront seines Büros und sah über die Stadt und das Land, das ihm so lieb geworden wurde.


    Semir parkte den Wagen direkt vor dem Eingang des großen Glastowers und stiefelte mit geladener Wut im Bauch zum Eingang, Ben hinterher. Schweigend fuhren sie in den obersten Stock hinauf. Dort angekommen steuerte Semir direkt auf die Bürotür zu. "Moment, wo wollen sie hin?", fragte die Sekretärin lauthals und stellte sich vor die Tür. "Zu ihrem Chef. Ich hab ein Hühnchen mit dem Herrn zu rupfen.", erwiderte Semir in beträchtlicher Lautstärke und versuchte sie zur Seite zu schieben. Christopher blieb der Krach draußen nicht verborgen. Er löschte seine Pfeife, schnappte sich seinen Mantel und ging zu seinem Expresslift, der gegenüber der Tür war und direkt in die Tiefgarage führte. "Machen sie uns bitte Platz oder wir nehmen sie wegen Widerstand gegen die Justiz fest.", fauchte nun auch Ben, hob die Frau einmal an und stellte sie beiseite. Semir riss die Tür auf und sah mit wütenden Augen, wie Christopher vor ihm in den Fahrstuhl stieg und sich die Türen schlossen. Er rannte hin, in der Hoffnung das Ding aufzuhalten. Doch vergebens. "Wohin führt dieser Schacht?", fragte er. "In die Tiefgarage." Sofort sprinteten die Kommissare zum öffentlichen Lift und fuhren ins Erdgeschoss.


    ...

  • Als sie unten waren, stiegen sie in ihren Wagen und wollten gerade zurücksetzen, als der silberne Aston Martin DB5 mit brachialer Geschwindigkeit aus der Tiefgarage geschossen kam, neben Semir und Ben zum Stehen kam. Beide sahen zur Fahrerkabine und in ein schelmisches, englisches Grinsen seitens Christopher, der dann das Pedal völlig durchdrückte und hinter der nächsten Kreuzung verschwand. "Wartest du auf ne Extra-Einladung? Gib dem Pferd die Sporen.", maulte Semir Ben an. Dieser stieß zurück, setzte den Vorwärtsgang rein und brauste dem Engländer hinterher. Semir schaltete das Blaulicht ein, während Ben scharf um die Kurve fuhr. Nach wenigen Minuten hatte Ben das Auto gesichtet. "Da, da vorne ist unser Spezi.", meinte er und trat kräftig aufs Gaspedal. Christopher sah durch seinen Rückspiegel und sah das näher kommende Blaulicht. "So, Gentlemen. Dann versucht doch mal den Fuchs zu fangen.", meinte er, schob eine CD in den Player und trat sein Gaspedal ebenfalls durch.


    So schoß der Aston durch die engen und verkehrsreichen Straßen Köln, ihm dicht folgend der Wagen von Ben und Semir. Hupend machten die geschnittenen Autofahrer auf sich aufmerksam. Ben musste einige Male abbremsen und wieder neu anfahren, weil ihm die Autos, die von Christopher geschnitten oder irritiert wurden, abrupt abremsten und kaum eine vernünftige Verfolgung zuließen. "Mensch, fahr deine Karre aus dem Weg.", schrie Ben, als sich ein kleiner Opel Corsa auf der Kreuzung quer stellte, weil der Aston ihm die Vorfahrt nahm. Immer wieder sah Christopher routiniert in den Rückspiegel und musste über seine Verfolger schmunzeln. Aus dem Radio klang, für ihn passend, ein Medley der besten Bond-Songs, die seine Frau so über alles liebte. Plötzlich musste er bremsen. Vor ihm stand eine ganze Wagenkolonne und es bot sich für ihn kein Durchkommen. "Shit.", rief er aus und schlug auf sein Lenkrad. Im Rückspiegel bemerkte er, wie Semir und Ben näher und näher kamen. Würde er nicht gleich einen Ausweg finden, dann wäre es aus und vorbei. Dann fielen Christophers Blick auf die Straßenbahnschienen neben ihm. Sofort riss der das Lenkrad rum und fuhr auf den in einer separaten Straße und von den Autos mit einer Schwelle abgetrennten Schienen weiter. "Da drüben fährt er.", rief Semir und zeigte auf die Schienen hinüber. "Klasse, wollt schon immer Trambahn spielen.", meinte Ben und lenkte seinen Wagen über die Bodenschwelle.


    Christopher musste langsamer fahren, vor ihm fuhr eine der rot-weißen Trambahnen und erreichte die nächste Haltestelle. Da aber Ben aufschloss, musste sich der Engländer zu einem gewagten Schritt entschließen. So überholte er die Bahn links. Doch ihm kam noch eine Bahn entgegen. Das markerschütternde Klingeln hallte durch die Straße, dennoch trat der Engländer das Gaspedal bis zum Anschlag durch. "Das schafft er nie.", meinte Semir mit großen, angsterfüllten Augen. "Die Bahn ist viel zu dicht.", fügte Semir hinzu und wollte eigentlich gar nicht hinsehen. Ben konnte nicht anders, er musste hinsehen. Immer dichter kam die Bahn und das schrille Klingeln wurde immer lauter. Da plötzlich riss Christopher das Steuer rum und kam durch. Dann rauschte die Bahn an ihm nur haarscharf vorebi und nun aber direkt auf Semir und Ben zu. "Aaaaahhhh. Brems doch.", schrie Semir und riss seine Augen auf. Ben sprang in die Eisen. Der Wagen kam kaum einen Zentimeter vor der Kupplung des Zuges zum Stehen, der ebenfalls in die Notbremse gegangen war. Semir atmete schwer durch. Schweiß stand ihm im Gesicht, Ben ging es nicht anders. Christopher sah nur in seinen Rückspiegel und schmunzelte. "England Eins, German Police Zero.", lachte er und bremste seinen Aston auf normale Geschwindigkeit runter. Nun näherte er sich dem Hafen und seiner Lagerhalle.


    ...

  • Christopher sah noch einmal in den Rückspiegel, doch seine Verfolger schienen ihn verloren zu haben. So sah es jedenfalls aus. Mit seinem Aston hatte er nur noch wenige Minuten Fahrt bis zum Hafen. Sein Sportwagen fuhr rountiniert durch das kaum überwachte Hafentor und fuhr durch das nicht allzu große Hafengebiet. Er parkte sein Auto hinter den silbernen Peugeot seines Freundes. Aus dem Handschubfach nahm er eine Pistole und überprüfte kurz das Magazin. "Ein Magazin wird wohl reichen.", dachte er bei sich. Doch als er die Waffe so in der Hand hielt, fing seine Hand zu zittern an und Schweiß trat ihm aus jeder Pore seine Haut. Der Schweiß rannte in seine Augen und brannte fürchterlich. Dann jedoch steckte er die Waffe schnell in seinen Mantel und stieg aus. Tief und schwer durchatmend, stand er neben seinem Wagen und lehnte sich dagegen. Nach wenigen Minuten ging er dann doch in die Halle.


    Die Halle war mit Kisten und Regalen nur so vollgebaut und nur schmale Gänge ermöglichten ein Durchkommen. Christopher zwängte sich durch die Kisten zur hinteren Treppe. Er stieg die Stufen mit schweren Schritten hinauf und hörte schon die Stimme von George, der nicht zimperlich mit Theo Renack umzugehen schien. Gerade als der Engländer im obersten Stock angekommen war, sah er wie sein Gegner von George und seinen Mitarbeitern richtig in die Mangel genommen wurde. "Stop, that's enough.", rief Holmes laut und sofort ließen die drei von Theo Renack ab. Christopher näherte sich dem auf einen Stuhl gefesselten Körper und sah ihn mit einem hasserfüllten Blick an. Dieser Junge war es also, der sein Leben so aus dem Ruder geworfen hatte, seinen Butler getötet und, was für ihn schlimmer war, seine Frau so schwer verletzt, dass sie mit dem Tode rang. Theo sah mit seinem blutverschmierten Gesicht zu Holmes hoch und hatte die gleichen Gefühle in den Augen. Wäre er nicht gefesselt und die Beiden allein gewesen, wäre er ihm glatt an die Gurgel gesprungen. Vor ihm stand der Mann, der seinen Vater auf dem Gewissen hatte. Der Mann, der seine Familie zerstört hatte. "Du weißt, warum ich dich herbringen ließ?", fragte Christopher mit gedämpften Zorn und ballte immer wieder seine Fäuste. Theo sah ihn fordernd an. "Wenn sie mich umbringen wollen, wird ein anderer meinen Platz einnehmen und die Rache beenden. Sie werden nie wieder Ruhe vor dem Namen Renack haben.", erwiderte er und hielt sein Gesicht hoch.


    Der Zorn übermannte Christopher und voller Wut schlug er mit geballter Faust Renack ins Gesicht, sodass dieser fast vom Stuhl fiel. Georges Mitarbeiter richteten den Mann wieder auf. George nahm seinen Freund zur Seite. "Ist es klug, ihn hier fertig zu machen? Man wird den Mord, denn nichts anderes wird es für die Polizei sein, dir sofort zuschreiben. Da kann nicht einmal ich dir dann helfen.", meinte George warnend und sah seinen Freund eindringlich an. "Soll er meine Familie immer weiter tyrannisieren, bis einer von uns drauf geht?", fauchte Christopher verzweifelt. Dann fasste er in seine Tasche und förderte mit zittriger Hand die Pistole hervor. "Ich werde es jetzt ein für alle Mal beenden.", meinte der Engländer und George sah das Zittern seiner Hand und seines Armes. "Ist es immer noch wegen damals?" "Es ist nie weggegangen." Dann trat George beiseite. Christopher nahm die Pistole und lud durch. Er setzte sie Theo direkt auf die Stirn. Dieser sah ihn mit großen Augen an, schloss sie jedoch und signalisierte, dass er keine Angst vorm Sterben hatte. Christophers Arm zitterte unentwegt, als stünde er unter Strom. Sein Kopf sagte ihm, er solle abdrücken, doch sein Herz weigerte sich. Schweiß stand dem sonst so kühlen Geschäftsmann und er musste absetzen. Tief atmend legte er ein zweites Mal an, doch auch dieses Mal konnte er es nicht tun. Tränen füllten seine Augen. "Bei Gott, ich kann es einfach nicht.", schrie er und ließ die Pistole sinken. Theo öffnete die Augen und sah einen gebrochenen Mann. Plötzlich ertönte ein schrilles Klingeln. Es war Christophers Handy. Zitternd nahm er es in die Hand und drückte auf den grünen Knopf. George gab dem jüngeren Engländer durch ein Kopfnicken zu verstehen, dass er Renack ruhig stellen sollte. Dieser nahm aus seiner Tasche ein Tuch und stopfte es dem jungen Belgier unter Protest in den Mund und hielt es mit der Hand fest. "Holmes.", meldete sich Christopher. "Herr Holmes, hier ist Doktor Andresen vom Rhein-Krankenhaus. Ihre Frau ist soeben aus dem Koma erwacht. Sie lebt und ist auf den Weg der Besserung.", verkündete der Arzt freudig. Dem Engländer fiel ein Stein vom Herzen. "Gott hat mein Gebet erhört.", dachte er und hob seine geschlossenen Augen gen Dachfenster in den strahlenden Himmel. "Danke, Doc.", dann legte er auf, wandte sich George zu. "My friend, its all okay. Maggie has survived.", meinte er freudestrahlend und dennoch mit Tränen in den Augen. "Ruf den Kommissar an. Sag ihm, wo ich und Renack bin und dann verschwindet. Danke für deine Hilfe.", bat Christopher seinen Freund und reichte ihm die Karte von Semir. George umarmte seinen alten Freund zum Abschied, band dann Renack an einen Pfeiler so fest, dass er nicht weg konnte, und tat, worum Christopher ihn gebeten hatte.


    Erleichtert verließ Christopher das Gebäude, setzte sich auf die Kante des Hafenbeckens und ließ seine Gedanken kreisen. Erleichtert und völlig aufgelöst vor Freude ließ er seinen Tränen freien Lauf. Dann fiel sein Blick auf die noch immer in der Hand haltenden Pistole. Welch kleines Ding hätte ihm fast zum Mörder gemacht. Nicht lange überlegend holte er aus und schleuderte das Ding inmitten des Rheins. Von all seinen Sünden erlöst, wartete er nun auf das Eintreffen von Semir und Ben.


    ...


    Feeds please ;)

  • Ben und Semir parkten hinter dem Aston und tiegen flotten Schrittes aus dem Wagen aus. "Sieh mal dort.", meinte Ben und zeigte auf den messingen Hafenpoller. Semir sah auf Christophers gekrümten Rücken. Dann sah er wieder zu Ben mit einem bittenden Blick, dass jeder Stein geschmolzen wäre. "Okay, ich hol Renack. Der kann ja bloß hier drin sein.", meinte Ben und zog seine Augenbraue hoch. Semir näherte sich mit vorsichtigen Schritten der gebeugten Figur und setzte sich auf den Poller daneben. Er wurde nicht sofort bemerkt. Schweigend sah er mit teils zornigem, teils besorgtem Gesicht zum Engländer hinüber. Dann durchbrach Christopher die Stille. "Sie lebt, Semir. Meine Frau wird leben.", sagte er und schaute auf den Rhein hinaus. "Was hast du mit Renack gemacht?", wollte der Kommissar wissen. "Nichts. Er ist dort oben, verschnürt wie ein ... wie sagt ihr ... Rollbraten.", erwiderte Christopher und ließ den Kopf sinken. "Aber ich dachte...", fing Semir an. "Ich konnte es nicht. Glaub nicht, dass ich es nicht vorgehabt habe. Doch ich konnte es nicht tun. Mein Verstand sagte, Schieß oder er mordet weiter, aber etwas hielt mich davon ab.", entgegnete Christopher, stand auf und tigerte vor Semir hin und her, dabei die Hände auf den Rücken. Dem Kommissar fiel das Zittern auf. "Es war, als ob mich eine schützende Hand davor bewahren wollte, Unglück über mich zu bringen.", meinte der Engländer und blieb stehen, dann drehte er sich zu seinem deutschen Freund um und streckte ihm die zittrigen Hände entgegen. "Sieh her, sie zittern schon seit einer Stunde." "Was ist passiert?", fragte Semir und stand neben ihm. "Es war mein letzter Einsatz in Nordirland. Meine Einheit und ich hatten einen Stützpunkt der IRA entdeckt und ihn ausgehoben. Als wir sie abführten, gerieten wir unter Feuer. Zwei meiner Kameraden wurden tödlich getroffen.", er stockte und musste sich setzen. Semir stand nun dicht neben ihn und sah auf ihn herab. "Ich rannte zurück ins Haus, stieß die Tür auf und feuerte ohne nachzudenken. Als ich mein halbes Magazin verbraucht hatte, ging ich in das Zimmer und sah ...", Christopher schluckte und schluchzte. "dass ich einen vierzehnjährigen Jungen erschossen hatte.", jetzt kam wieder alles hoch und er musste jede einzelne Träne schwer zurückhalten. Tief und schwer war sein Atmen. "Nach diesem Tag reichte ich meinen Rücktritt ein und schwor, nie wieder eine Waffe in die Hand zu nehmen oder abzufeuern." "Und dennoch hattest du es vor. Der Wille deine Familie zu schützen war stärker.", Semir schien ihn zu verstehen. "Doch für die Entführung wirst du dich verantworten müssen. Tut mir Leid.", fügte der Hauptkommissar zu und zog Christopher sanft am Arm hoch. Zur gleichen Zeit kam Ben mit Renack aus dem Lagerhaus und steckte ihn in den Wagen. "So, das wars dann wohl, Freundchen.", meinte er und knallte die Tür zu. "Ben, fährst du den Wagen? Christopher und ich fahren hinter euch im Aston zur PAST zurück.", fragte Semir und ging an seinem Kollegen vorbei. "Ja klar, du nutzt natürlich jede Gelegenheit, um mit einem schicken Auto durch die Stadt zu kurven.", feigste Ben und Semir grinste nur gelassen.


    Zurück im Büro musste sich Christopher einen langen Vortrag von Anna Engelhard und Frau Schrankmann anhören, wie Selbstjustiz in diesem Lande gehandhabt wird. Derweil waren Semir und Ben mit dem Verhör von Theo Renack beschäftigt. Das Gewehr aus der Hütte hatte Hartmut eindeutig als Tatwaffe identifiziert, auch waren Renacks Fingerabdrücke darauf nur so verteilt. Aber auch Fischers fanden sich an unbedeutenden Stellen. "Tja, Renack, sieht echt beschissen für sie aus.", meinte Ben, nachdem er dem jungen Mann die Beweislage eröffnet hatte. Theo lachte nur überheblich. "Glauben sie, sie können uns aufhalten? Holmes wird sterben, auch wenn ich hier sitze.", erwiderte er und ließ sich lässig nach hinten fallen. "Was meinen sie damit?", fragte Semir und nahm die Drohung sehr ernst.


    ...

  • "Glauben sie allen ernstes, ich würde alleine gegen einen Mann wie Holmes kämpfen?", fragte Renack überheblich. "Ich nehme an, Fischer hat ihnen geholfen.", mutmaßte Semir und stemmte sich auf den Tisch. "Fischer, der war doch nur Mittel zum Zweck.", erwiderte Theo und knackte mit seinen Fingern, was Ben langsam wahnsinnig machte. "Deswegen haben sie ihn ja auch getötet.", fauchte er dann und schlug einmal kurz auf die Hände von Theo. Dieser zuckte ohne einen Ton zurück. "Er wollte noch Geld für sein Schweigen, doch soviel konnte ich nicht aufbringen. Er drohte zu Holmes zu gehen und ihm alles zu sagen.", meinte Renack kalt und keinerlei Reue zeigend. "Da haben sie ihn kurzerhand erschossen, aus nächster Nähe.", meinte Semir und wurde in seinem Tonfall lauter. "Er war ein Hindernis, das beseitigt werden musste.", bemerkte Renack eiskalt. "Und wer soll dann an ihrer Stelle weitermorden? Der Heilige Geist oder wie?", fragte Ben sarkastisch. Renack lachte laut. "So ähnlich. Es wird jemand sein, der mich sehr gut kennt.", erwiderte er und ließ sich dann abführen. "Was könnte er damit meinen?", frage Ben seinen Partner mit nachdenklichem Blick. Doch Semir zuckte mit den Schultern.


    Derweil saß Christopher Anna und der Staatsanwälting gegenüber und hörte sich deren harsche Vorwürfe an, die er nicht zurückwies sondern nur mit englischem Charme und einem Quentchen gespielter Freundlichkeit bestätigte. "Was haben sie sich eigentlich dabei gedacht? Auch ein für die Polizei wichtiger Geschäftspartner kann sich nicht das Gesetz so auslegen, wie er es gerne hätte. Dafür werden sie ziemliche Schwierigkeiten bekommen.", fauchte die Staatsanwältin und sprang dabei vor Wut wie Rumpelstielzchen herum. "Ich weiß und es war ein Fehler, den ich eingesehen habe, dank Mister Gerkhan.", erwiderte der Engländer und lächelte immer noch, was die Staatsanwältin nur wütender zu machen schien, aber insgeheim wusste sie wie wichtig diese Verbindung für die Polizei war. Anna nahm die Staatsanwältin etwas beiseite. "Frau Schrankmann, ich weiß, dass sie ihn am liebsten bestrafen würden, aber ich denke, er hat eingesehen, dass es falsch war. Herr Gerkhan hat mir berichtet, was in der Lagerhalle vorgefallen sein muss. Und ich verstehe ihn, würden sie nicht genauso handeln?", fragte Anna. Die Chefin spürte kurz wie Schrankmann nachzugeben schien. "Gut, dieses eine Mal noch. Dennoch werden sie eine Strafe erhalten. Wie sie wissen hat diese Dienststelle den größten Verschleiß an Dienstwagen im ganzen Bundesland. Ich sehe von einer Anzeige ab, wenn sie in Zukunft die neuen Dienstwagen stellen, damit meine ich finanziell stellen.", gebot sie und lächelte dabei etwas diabolisch. "Thats okay, ich sende den Vertrag dann zu.", meinte Christopher und stand auf. "Jetzt entschuldigen sie mich, ich will zu meiner Frau ins Krankenhaus.", entgegnete er, verabschiedete sich und verschwand.


    Derweil grübelten Ben und Semir immer noch über das eben gehörte. Ben sah sich die Akten akribisch an und hoffte da irgendwas zu finden, während Semir sich die Fotos von Renack und seiner Freundin Maria an. Von Minute zu Minute wandelte sich sein Blick. Ihm fiel immer mehr die Ähnlichkeit zwischen den Beiden auf. "Konnte das sein?", fragte er kurz, schnappte sich die Lupe und sah sich das Bild genauer an. Bens Neugier war nun ebenfalls geweckt.


    ...

  • "Was hasten da gefunden?", fragte Ben und sah über Semirs Schulter. "Sieh dir mal die Fotos genau an und sag mir, ob dir etwas auffällt.", meinte Semir und reichte Lupe und Fotos an Ben weiter. Der junge Kommissar sah genau wie sein Kollege durch die Lupe und stutzte genauso. "Die sehen sich verdammt ähnlich.", mutmaßte Ben. "Ähnlich? Ich wette mit dir, das sind Geschwister.", entgegnete der Hauptkommissar und sprang aus seinem Stuhl empor. "Wenn du recht hast, dann ist dein Freund noch immer in Gefahr.", meinte Ben und sah Semir mit entsetzten Gesicht an. Dieser jedoch überlegte nicht lange, sprintete aus dem Büro und warf die Tür zu Annas Büro auf. "Chefin, wo ist Christopher Holmes?", fragte Semir aufgeregt und sah sich um. "Der ist gerade raus. Wollte ins Krankenhaus. Was ist denn los, zum Teufel?", fragte Anna verwirrt. "Wir haben Grund zum Verdacht, dass Maria Bartoli die Schwester von Theo Renack ist und nun an seiner Stelle die Rache vollendet.", erklärte Semir das unhöfliche Eindringen. "Chefin, wo ist er? Bitte, ich muss es wissen.", fragte Semir und stemmte seine Hände auf den Schreibtisch von Anna Engelhardt. "Er ist ins Krankenhaus zu seiner Frau gefahren." "Frau Schrankmann hat ihn einfach so gehen lassen?", fragte Semir neugierig, obwohl er dafür überhaupt keine Zeit hatte. "Sie hat mit ihm einen Deal vereinbart. Er übernimmt bis auf weiteres die Kosten für ihre geschrotteten Dienstwagen und wird dafür vom Gesetz verschont.", erwiderte Anna, bevor Semir aus dem Raum entschwand. Ben hatte schon den Wagen vorgefahren, sodass Semir nur noch auf den Beifahrersitz sprang und seinem Kollegen das Ziel gab. "Los Ben, schnell zum Rhein-Krankenhaus. Ich hab so eine böse Vorahnung.", meinte Semir drängend. Ben gab Vollgas und lenkte den Wagen vom Parkplatz Richtung Krankenhaus, dass etwa zwanzig Minuten Fahrt entfernt war.


    Während die beiden Autobahncops auf dem Weg zum Krankenhaus waren, saß Christopher am Bett seiner Frau und hielt ihre Hand. "My Love, ich bin so froh, dass Gott dich bei mir lässt.", meinte er leise und streichelte ihre Hand. "Ich danke ihm dafür, dass er mich bei dir und unserem Sohn lässt.", erwiderte sie hauchend. "Ist es ausgestanden?", fragte sie dann und sah ihren Mann abwartend und hoffend an. "Ja, es ist vorbei. Semir hat den Täter verhaftet. Es ist vorbei. Sobald du hier raus bist, gibt es nur noch dich, mich und unseren Sohn.", erwiderte Christopher und küsste zärtlich die Wangen seiner Frau. "Herr Holmes, ich bitte sie jetzt zu gehen. Ihre Frau braucht Ruhe.", meinte die Oberschwester höflich, aber energisch. "Okay, ich komme später noch einmal wieder.", meinte er und verließ die Intensivstation. Im Gang kam er an einem Kaffeeautomaten vorbei, zog einen Euro aus seiner Hosentasche und steckte ihn in den Kasten hinein. Sofort sprang ein Becher heraus und füllte sich bis zum Rand mit kochend heißer Brühe, die man kaum als Kaffee bezeichnen konnte. "Bäh, wie eklig.", stieß er aus, als er einen Schluck davon nahm und verzog angewidert das Gesicht. Er bemerkte nicht, wie sich eine Frau mit einem glitzernden Gegenstand in den Händen von hinten näherte. Christopher ahnte nichts von der drohenden Gefahr. Fluchend warf er die schwarze Plörre von Kaffeeimitat weg und wischte sich mit seinem Taschentuch den Mund ab.


    Ben bremste scharf, als er den Eingang des Krankenhauses erreichte. Semir sprang raus und rannte durch die Glastür den Flur zur ITS hinunter. Ben folgte ihm in einem gewissen Abstand. Schliddernd kam Semir um die Ecke und sah Maria Bartoli, wie sie einen glitzernden Gegenstand hoch über ihren Kopf schwang und auf den Engländer einstechen wollte. Geistesgegenwärtig zog der Kommissar seine Waffe, zielte kurz und schoss. Schreiend fiel erst das Messer dann Maria zu Boden, Semir hatte sie genau in der Schulter erwischt. Christopher wusste nicht wie ihm geschah, warf sich ebenfalls zur Seite, als er den Schuss hörte und blickte dann in ein hasserfülltes, weibliches Gesicht. "Was zur Hölle?", fragte der Engländer und richtete sich wieder auf. Semir kam zu ihm und stützte ihn etwas. "Semir, was ... was ist passiert?", fragte er und sah auf Maria hinunter. "Sie wollte dich töten, Christopher, genau wie ihr Bruder.", erklärte Semir und hob das Skalpell auf. "Theo ist nicht mein Bruder, er ist mein Halbbruder.", fauchte Maria und warf einen verteufelnden Blick zu Christopher. "Er hat unseren Vater ruiniert und unsere Familie in die Armut gestürzt. Er ist kein menschliches Wesen, er ist ein kaltes, berechnendes Reptil, dass alles und jeden verschlingt.", warf sie Holmes an den Kopf, bevor sie von Ben hochgezogen, verhaftet und weggebracht wurde. "Gehts?", fragte Semir aufmunternd. "Danke, danke für alles." "Gar nicht für, dafür sind Freunde da.", erwiderte Semir mit smartem Lächeln.



    Ende.

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