Verlorene Zeit

  • „Hallo Hartmut. Was hast du denn für uns?“ Tom Klopfte seinem Kollegen von der KTU kurz auf die Schulter, als sie am Haus der Wächters angekommen waren. Im ganzen Haus waren Leute von der Spurensicherung in ihren weißen Anzügen unterwegs. Leon beobachtete das Treiben in seinem Elternhaus sehr misstrauisch.


    „Hallo Jungs.“ Hartmut sah kurz von seinem Laptop auf. „ Das war echt nicht leicht, es zu finden. Ziemlich gutes Versteck im Keller, in einem Heizungsroh. Das war echt ausgetüftelt. Wir haben es auch nur gefunden, weil…“


    „Hartmut! Was hat ihr denn gefunden?“ Semir verdrehte die Augen.


    „Ach so… ja. Eine CD. Bin gerade dabei die Daten zu entschlüsseln… Ist aber ganz schön kompliziert. Herr Wächter hat eine echt gute Verschlüsselung benutz. Mit dem Ding hier schaffe ich das nicht. Im Büro habe ich aber einen besseren Rechner, mit dem müsste das gehen. Allerdings muss ich dazu…“


    „Hartmut, wann bist du fertig?“


    „Äm… weiß nicht.“


    „Hast du denn schon eine Ahnung, was auf der CD sein könnte?“ fragte Tom weiter.


    „Nein. Keine Ahnung. Das wollte ich euch doch gerade erklären…“ Semir wandte sich an Leon.


    „Hast du eine Ahnung, was auf der CD sein könnte?“


    „Nein… ich verstehen nicht, warum mein… Warum die CD überhaupt versteckt war.“ Semir nickte.


    „Gut. Sonst noch was, Hartmut?“


    „Äm… nein. Erstmal nicht.“


    „Schön… Du meldest dich, wenn du was hast?“ Tom, Semir und Leon drehten sich um, und verließen das Haus wieder.


    „Danke Hartmut… Super das du die CD gefunden hast… Ist doch mein Job, kein Ding Jungs! ... Nein wirklich, das ist echt gut! “ Der Rotschopf sah den Polizisten mürrisch hinterher. Das sie seine Arbeit nie zu schätzen wussten!


    Dann zuckte er zusammen und der Laptop rutsche ihm vom Bein. Von draußen waren Schüsse zu hören!

  • So, hier ein extra großen Stück! Das muss aber auch bis Sonntag reichen! Gehe ab morgen die Hauptstadt unsicher machen:D 8) ...... Feedback ist überiges immer noch gerne gesehen :rolleyes: :D






    „Deckung!“ Semir hechtete hinter die Gartenmauer. Tom und Leon flogen neben ihm durch die Luft. Der Polizist hatte den Jungen aus der Schussbahn gerissen. Unsanft landeten sie neben Semir.


    „Das kommt von dem Auto da vorne!“ Semir hatte schon Angefangen die Schüsse zu erwidern.


    „Ist alles in Ordnung, Leon?“ Tom sah ihn an. Leon nickte und sah dann an seiner linken Schulter herunter. Die Kugel hatte ihn dort gestreift.


    „Mein Gott, du bist verletzt!“


    „Es ist nicht so schlimm!“ Leon schob Toms Hand beiseite. „Schnappt euch lieber die Typen!“


    Tom sah ihn aus großen Augen an.


    „Komm, Partner! Er hat recht! Die Kerle hauen ab!“ Ein roter Passat fuhr mit quietschenden Reifen an.


    „Geh ins Haus zu Hartmut! Und rühr dich nicht vom Fleck! Es kommen gleich Kollegen!“ Tom sprang auf und stieg neben Semir in dessen BMW.


    Leon sah ihnen nach. Hoffentlich fassten sie die Typen. Diese Männer waren dafür verantwortlich, dass sein Leben völlig aus den Fugen gerissen worden war! Er blickte ihnen noch einen Moment nach und ging dann, wie ihm geheißen, ins Haus zurück.


    „Mensch, was ist da draußen los?“ Der Rotschopf lugte hinter dem Sofa hervor. Leon zuckte mit den Schultern.


    „Das ist wieder so typisch! Wo Tom und Semir auftauchen fallen Schüsse und Autos fliegen durch die Gegend!“ Hartmut schüttelte missbillig den Kopf. Dann stutzte er. „Du blutest.“ stellte er fest.

    „Cobra 11 an Zentrale. Verfolgen einen roten Passat auf der Leipziger Straße in Richtung Innenstadt. Erbitten dringen Verstärkung! Und schickt Kollegen zum Haus der Wächters. Auf den Jungen ist geschossen worden! ... Pass auf Semir! Sie biegen ab!“ Tom warf das Funkgerät beiseite.


    „Na warte… Die kaufe ich mir!“ Semir schoss um die Ecke. Dabei geriet er um ein Haar in den Gegenverkehr.


    „Wow… immer schön vorsichtig, ja?“


    „Ist das etwa leise Kritik an meinen Fahrstil?“ Semir funkelte seinen Partner an.


    „So was würde mir im Traum nicht einfallen… Geht das hier eigentlich auch schneller?“ Tom grinste breit, während Semir das Gaspedal durchdrückt und über eine Kreuzung preschte.

    „Worauf wartest du eigentlich?“ Gruber sah seinen Komplizen wütend an. „Schaff uns die Bullen vom Hals!“ Neumann überlegte kurz. Ein Stück weiter vorne, fuhr eine Gruppe Motoradfahrer. Dann grinste er diabolisch, seine 9mm festumklammernd.


    „Fahr an den Fahrradfahrer da vorbei… Mal schauen, ob die Bullen Slalomfahren können…“


    Als sie neben den Motorräder waren, fing Neumann an einem nach dem andern abzuschießen.

    „Mein Gott!! Die schießen auf die Fahrer!!“ Tom und Semir wurden kreidebleich. Letzterer stieg voll in die Eisen. Um ein Haar hätten sie einen, der auf der Straße liegenden Fahrer, überrollt.


    Der Passat schoss um die nächste Ecke und zog eine Spur aus Blut hinter sich her…



    ***


    „Wenn ich die Kerle kriege… denen drehe ich persönlich den Hals um!“ Semir und Tom kamen in die Dienststelle gerauscht. Zwischen sich Leon.


    „Andrea, hat die Fahndung nach dem Passat schon was ergeben?“


    „Leider nein…“ Tom und Semir lenkte ihren Schritt in Richtung Büro der Chefin.


    „Semir, da würde ich nicht so…“ Die Tür zum Büro flog auf. „Reinplatzen“ beendete Andrea ihren Satz. Dann stand sie auf, holte Leon, den die beiden mitgeschleift hatten, aus dem Büro der Chefin und schloss die Tür hinter sich.
    „Chefin, wir haben sieben Tote und drei Schwerverletzte, von denen zwei die Nacht vermutlich nicht überleben werden!“ Semir lief aufgebracht hin und her.
    „Das ist sehr bedauerlich, aber kein Grund mich so anzuschreien, Gerkhan!“ Semir sah seine Vorgesetzte verständnislos an.


    „Die Fahndung hat bis jetzt leider noch nichts ergeben.“ Versuchte Tom die Lage zu beruhigen. „Alle Kollegen suchen aber fieberhaft. Es ist nur noch eine Frage der Zeit.“


    „Was wollte Hartmut von ihnen?“


    „Er hat eine CD gefunden und ist dabei sie zu entschlüsseln.“ Anna nickte.


    „Mehr können wir wohl l nicht machen.“


    „Leon wird erstmal weiter bei Tom und mir bleiben. Die Kerle hatte es auf ihn abgesehen.“ Mischte Semir sich wieder ein.


    „Tun sie, was sie für nötig halten.“ Sie sah ausweichend zur Seite. „Wie… wie geht es ihm eigentlich?“


    „Er hat Glück gehabt. Nur ein Streifschuss am Oberarm.“


    „Schön.“ Die Chefin war aufgestanden und begann ein paar Sachen zusammen zu suchen.


    „Ich mache Schluss für heute. Wenn etwas ist, rufen sie mich an.“ Tom sah Semir fragen an. Normalerweise war die Chefin die Letzte, die bei einem solchen Fall nach Hause ging.


    „Äm, natürlich. Machen wir Chefin.“ Sie nickte ihnen beim rausgehen kurz zu und verschwand dann.


    „Hab ich was verpasst?“ Tom sah ihr fragen nach.


    „Anscheinend, haben wir alle was verpasst.“



    ***


    Schon im Treppenhaus war die laute Musik deutlich zu hören. Etwas schneller ging Anna die Treppen hinauf. Eigentlich hätte sie die Nacht arbeiten müssen. Da sie sich aber hatte zweimal übergeben müssen, war sie von ihrem Chef nach Hause geschickt worden.
    Als sie jetzt die Wohnungstür aufschloss, glaubte sie nicht richtig zu sehen. Überall lagen Flaschen herum, hier und da stand ein Teller mit Essensresten und überall tummelten sich Jugendliche, die sie auf den ersten Blick alle zwischen 14 und 20 schätzte. Die Musik war ohrenbetäubend.


    Das veranstaltete Christina also, wenn sie Nachtschicht hatte… Eben diese, sah sie gerade panisch aus riesen großen braunen Augen an.


    „Anna… ich also…. Das kann ich erklären…“


    „In zwei Minuten sind alle Leute hier raus. Wer dann noch hier ist, den erschieße ich.“ Ihre Schwester nickte hastig und verschwand schnell.Anna ging in ihr Schlafzimmer und ließ sich an der Tür herunter gleiten. Sie bebte vor Wut und Enttäuschung. Dieses Kind fiel ihr in den Rücken wo es nur ging. Sie fragte sich ernsthaft, warum sie sich die Mühe überhaupt noch machte. Das Jugendamt war sowieso der Meinung, sie sei nicht in der Lage sich um Christina zu kümmern und das sie bei ihrem Vater besser aufgehoben wäre. Vielleicht stimmte das sogar.Sie erhob sich schwer und begann ihre Uniform gegen einen Schlafanzug einzutauschen.


    Anschließend holte sie sich in der Küche ein Glas Wasser.Christina hatte es wirklich geschafft alle Leute in kürzester Zeit aus der Wohnung zu schmeißen. Jetzt war sie dabei das Chaos zu beseitigen. Anna sah ihr dabei zu.


    „Du solltest mir jetzt ganz genau zuhören.“ fing sie schließlich an. Ihre Stimme bebte noch immer.„Das war der letzte Fehltritt, den du dir erlaubt hast. Ich will, dass du ab morgenwieder jeden Tag in die Schule gehst, deine Hausaufgaben machst und nachmittags hier lernst.“ Christina sah sie grimmig an. „Wenn du das nicht tust und dich weiter mit deinen sogenannten Freunden triffst, dann wirst du hier ausziehen.“ Jetzt sah ihre Schwester sie aus großen Augen an. Anna lächelte bitter.


    „Papa freut sich bestimmt…“


    „Das kannst du nicht machen…“ hauchte die jüngere schwach.


    „Ich kann und ich werde! Wenn du nicht sofort eine 180° Wendung hinlegst!“ Sie ging in Richtung Schlafzimmer. „Und bis morgen ist die Wohnung aufgeräumt und sauber!“


    Anna zitterte, als sie sich in ihr Bett fallen lies. Christina zu ihrem Vater zurück zuschicken wäre das Schlimmste überhaupt. Aber sie wusste nicht mehr, wie sie sich anders helfen sollte. Sie konnte nicht mehr. Seit ihre Mutter vor etwas mehr als einem Jahr gestorben war, lebte Christina bei ihr. Angeblich war es ein tragischer Unfal bei dem ihre Mutter ums leben gekommen war. Sie sei beim Fensterputzen ausgerutscht und in die Tiefe gestürzt. Mittlerweile war sich Anna aber sicher, dass ihre Mutter freiwillig gesprungen war.


    Christina hatte sie regelrecht angefleht bei ihr wohnen zu dürfen. Und es war selbstverständlich, dass Anna zugestimmt hatte. Sie hatte oft am eigenen Leib erfahren, was es hieß wenn ihr Vater, spät und betrunken nach Hause kam. Sein Gürtel hatte die ein oder andere bleibende Spur hinter lassen… Und da war sie wieder, die Übelkeit…


    ***


    „Du hast es wieder versaut! Der Junge ist immer noch am leben! Verdammt! Er hat nur einen Kratzer am Arm!“ Gruber war am Toben. Neumann zuckte nur mit den Schultern.


    „Der Bulle hat ihn aus der Bahn gestoßen…“


    „Anfänger!“ Grubers Handy klingelte. „Na toll… der Boss! Das erklärst du ihm!“ Gruber reichte sein Handy weiter.


    „Ja?... Nein, er lebt noch… Was? … Okay, wenn sie es sagen…“ Neumann legte auf.


    „Wir sollen das Balg fürs erste am Leben lassen…“


    „Was?“ Gruber sah ihn verwirrt an.


    „Keine Ahnung…“ Manfred schnaubte verächtlich.


    „Und wie sollen wir an den Jungen rankommen? Die Bullen bewachen ihn wie die Mona Lisa…“


    „Das entscheiden wir morgen. Ich habe hunger und will mich aufs Ohr hauen…“

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  • So, Mission Berlin erfolgreich abgeschlossen! :D Hoffe es gibt hier noch ein paar interessierte Leser!


    LG PP



    „Wo sollen wir jetzt mit ihm hin? Ich glaube es ist zu riskant, ihn zu einem von uns zu bringen.“


    Semir nickte. Die Kerle wussten vielleicht schon, wer sie waren und wo sie wohnten…


    „Ja ich weiß… Aber ich kann mir keine Wohnung aus dem Arm schlackern!“


    „Und wenn wir hier bleiben?“ schlug Tom vor. Semir schüttelte den Kopf. Ratlos sahen sich die Polizisten an.


    Dann grinste Tom plötzlich. „Ich glaube, ich habe da eine Idee…“ verschwörerisch grinsend ging er kurz telefonieren. Zwei Minuten später kam er wieder.


    „Unterkunft ist organisiert. Essen inklusive!“


    „Wen hast du denn jetzt bedroht?“


    „Sie schuldet mir noch einen kleinen Gefallen…“


    „Wer ist „Sie“ und was für ein Gefallen?“ Semir war hellhörig geworden. Tom lächelte nur.


    „Hey! Kommt rein! Essen ist gleich soweit.“ Christina Engelhardt grinste sie breit an.


    „Das glaube ich nicht…“ Semir stand mit großen Augen vor der Tür und hielt Tom am Arm fest, während Leon schon in die Wohnung ging.


    „Ihr seid doch nicht… oder?“


    „Nein… Aber was nicht ist, kann ja noch werden…“ Tom zwinkerte ihm zu.


    „Okay… Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt…“ Zusammen gingen sie rein.


    In der Küche war Christina dabei einen Auflauf aus dem Ofen zu holen.


    „Soll ich schon mal den Tisch decken?“ fragte Leon höflich.


    „Das wäre super lieb von dir. Geschirr ist da vorne im Schrank.“ Kurze Zeit später war der Tisch gedeckt und das Essen auf den Tellern.


    „Das schmeckt wirklich super!“ Semir war ausgiebig am Kauen.


    „Danke schön…“ Die junge Engelhardt prostete ihm zu.


    „Was ich dich noch fragen wollte… Was für ein Gefallen ist das, den du Tom schuldest?“


    „Sei doch nicht immer so neugierig!“ wurde Semir sofort von Tom getadelt.


    „Ist schon ok…“ Christina grinste spitzbübisch. „Ein lästiges kleines Foto, das mich den Führersein, mehrere hundert Euro und einen riesen Krach mit meinem Schwesterherz gekostet hätte…“


    „172km/h in einer Baustelle…“ Tom feixte.


    „Na! Schämst du dich denn gar nicht! Beweismaterial zu unterschlagen!“ Das galt Tom. Semir sah ihn gespielt entsetzt an.


    Leon neben ihm lachte nur. Es war das erste Mal, seit dem Unfall, dass er lachte.


    ***

  • Das kalte Wasser war eine herrliche Erfrischung. Gleichmäßig und wohltuend lief es an ihrem Körper herunter. Was würde Anna dafür geben, wenn sie all ihre Erinnerungen einfach wegspülen könnte um die Vergangenheit so zu begraben. Sie fühlte sich so hilflos, wie sie sich das letzte Mal vor 16 Jahren gefühlt hatte. Sie hatte absolut keine Ahnung wie es weiter gehen sollte. Ein bitteres Lächeln huschte über ihr Gesicht.


    Es stimmte also. Man konnte laufen so schnell man wollt. Die Vergangenheit holte einen letzten Endes doch ein. Wenn man einmal nicht auf der Hut war, oder durch einen dummen Zufall. Vielleicht war das ganze ja nur ein Albtraum, aus dem sie aufwachen konnte. Eine Verwechslung… Es konnte ja theoretisch sein, dass die Wächters von der Autobahn gar nicht die Wächters waren, die sie damals kennen gelernt hatte!
    Von der einen auf die andere Sekunde begann ihr Kopf wieder klar zu denken. Natürlich! Wächter war schließlich ein gängiger Nachname. Und auch Leon war ein aller Welt Name! Sie drehte das Wasser ab und griff nach einem Handtuch. Es gab nur eine Möglichkeit, dass rauszufinden. Zielstrebig lenkte sie ihren Schritt gen Arbeitszimmer. Dort stieg sie auf einen Hocker und suchte das Oberste Regalbrett ab. Nach kurzer Suche ertasteten ihre Finger einen kleinen Schlüssel. Damit bewaffnet ging sie in das Schlafzimmer.
    Anna zögerte, ehe sie ihren Kleiderschrank öffnete. Der Würfel am Boden, welcher als Ablage diente und auf dem sich ihre Pullis stapelten, war hohl und lies sich bewegen. Behutsam schob sie ihn zur Seite. Ihr Puls beschleunigte sich und eine kleine rote Box aus Metall kam zum Vorschein.


    Mit zitterigen Händen schloss sie die Schatulle auf. Noch ein letztes Mal durchatmend öffnete Anna sie. Der Inhalt bestand aus ein paar schwarzweiß Bildern und einem sorgfältig zusammen gefalteten weißen Blattpapier. Danach griff die Polizisten und ging weiter ins Wohnzimmer. In ihrer Tasche befanden sich die kompletten Personalien der Wächters, die sie aus dem Büro mitgenommen hatte. Die gefälschten Adoptionsunterlagen von Leon waren auch dabei. Diese kramte sie hervor und setzt sich anschließend an den Küchentisch, wo sie ganz langsam den Zettel auseinanderfaltete.


    Es war die Geburtsurkunde von Leon Engelhardt, der nur wenige Minuten existiert hatte und eine halbe Stunde nach seiner Geburt zu Leon Wächter wurde… Akribisch verglich sie die Daten. Dann hatte sie endgültig die Bestätigung, dass ihre Vergangenheit sie unaufhaltsam eingeholt hatte:


    Leon Engelhardt war auferstanden…



    :rolleyes: :D 8) ;) :P

  • „Morgen Andrea! Hat die Fahndung schon etwas ergeben?“ Semir lächelte ihr zu.


    „Ich wollte euch gerade anrufen. Der Passat wurde im Industriegebiet Süd an der A4 gefunden. Hartmut wartet schon auf euch.“


    „Danke dir!“ Die beiden Polizisten machten auf dem Absatz kehr und verließen die PAST wieder.


    Leon, den sie seit dem zweiten missglückten Mordanschlag überall mithin nahmen, schenkte Andrea sein charmantestes Lächeln. „Dürfte ich dich eventuell um einen Gefallen bitten?“


    „Klar doch. Du immer!“ Sie zwinkerte ihm zu.


    „Semir hat mir erzählt, das du mit deinem Computer wahre Wunder vollbringen kannst…“


    „Hat er das?“ sie grinste frech. „Ja. Kann ich.“


    „Kannst du vielleicht auch rausfinden, wer meine leiblichen Eltern sind?“ Andrea hatte mit der Frage gerechnet. Jetzt sah sie ihn etwas skeptischer an.


    „Naja… das ist nicht ganz so einfach. Versprechen kann ich es nicht. Aber wir können es versuchen. Setz dich doch.“ Der Junge strahlte sie an und nahm neben ihr platz. Eine gute halbe Stunde hämmerte sie auf die Tasten an ihrem Computer ein, kam dabei aber kein Stück voran.


    „Seltsam…“ Die Sekretärin lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und kratzte sich ratlos am Kopf. „Da ist nichts…“


    „Was soll das heißen? Es muss doch irgendwo Unterlagen oder so was geben…“ Wenn man genau hinhörte, konnte man einen leichten Anflug von Panik in Leons Stimme hören. Würde er wohlmöglich nie erfahren wer er wirklich war?


    „Naja… deine Adoption hat nie stattgefunden… Es gibt nichts über deine Geburt… Du tauchst irgendwann einfach auf…“


    „Aber ich habe die Unterlagen doch gesehen, die meine Adoption belegen!“ Andrea zucke hilflos mit den Schultern.


    „Ich weiß nicht, was da falsch gelaufen ist…“


    „Kannst du nicht noch mal gucken…“


    „Na schön…“ Sie hatte Leons Verzweiflung gespürt. „Aber das bleibt unter uns!“


    Verbotenerweise hackte sie sich in der Wiener Stadtverwaltung ein.

  • Zur selben Zeit betrat die Chefin das Büro. Ihre Miene verdüsterte sich noch mehr, als sie sah, wer da bei Andrea saß. „Morgen. Gibt es irgendetwas Wichtiges?“ Sie ignorierte Leon komplett.


    „Äm… was? Oh, Chefin… Sie sind es…“


    „Was machen sie da?“ Anna maß Andrea mit einem misstrauischen Blick. Sie kannte ihre Leute gut genug um zu erkenne, wenn sie etwas Verbotenes taten.


    „Ich äm…“ Die Chefin war um den Schreibtisch herum gegangen und blickte auf den Bildschirm.


    „Die Stadtverwaltungvon Wien? Was…?“ Jetzt bedachte sie Leon doch mit einem kurzen Blick.


    „Naja… Wir haben versucht etwas über seine Herkunft heraus zubekommen. Wer seine Leiblichen Eltern sind und so…“


    Anna hatte es befürchtet… Jetzt ging sie unter die Decke. „Haben sie eigentlich sonst keine Arbeit?“ Sie war schon fast am Schreien. „Wie kommen sie dazu, sich wegen so einer Lappalie in den Rechner des Wiener Rathauses einzuhacken?!“ Jetzt schrie sie.


    „Sie werden dafür bezahlt, die Arbeit zu tun, die ich ihnen gebe… Nicht dafür eigenmächtig Detektiv zu spielen!“ Andrea viel fast von ihrem Glauben ab. Was war denn jetzt los?


    „Ich will, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt! Verstanden?“


    „Ja Chefin..“


    „Sollte ich sie noch einmal dabei erwischen, wird das unangenehm Konsequenzen für sie haben!“ Andrea nickte stumm. Ihrer Sekretärin einen letzten wütenden Blick zuwerfend ging Anna in ihr Büro. Andrea schoss tödliche Blicke in ihren Rücken. Leon sah mit weitaufgerissenen Augen zwischen den beiden Frauen hin und her. Sein Blick blieb bei Andrea hängen. „Mein Gott… Ist das eine Giftspritze…“


    „Ja!“ Andrea seufzte. „Nein, eigentlich ist sie das nicht. Ich verstehe es gerade nicht…“


    „Das haben wir gleich…“ Leon war aufgestanden und marschierte in Richtung Büro der Dienststellenleitung.


    „Leon das ist gar keine gut Idee…!“ versuchte Andrea ihn noch aufzuhalten. Aber es war zu spät. Leon hatte die Tür schon aufgestoßen und verschwand im Büro. Andrea betete, dass er es in einem Stück wieder verlassen würde.

  • „Es war nicht Andreas Schuld! Ich habe sie darum gebeten zu suchen!“ Leon sprach lauter und wütender als er es eigentlich wollte. Sein eigentlich verschüttetes Temperament ging gerade mit ihm durch. Er hasst es, wenn andere für Taten herhalten mussten, die sich nicht begangen, oder für die sie nicht verantwortlich waren. Provokant stützte er sich auf dem Schreibtisch ab und sah seinen Gegenüber herausfordernd an. Einige Strähnen fielen ihm wieder ins Gesicht. „Wenn sie jemanden anschreien müssen, dann mich. Ich bin verantwortlich!“ Es war das erste Mal, dass sie ihm in die Augen sah. Dieses strahlende, helle Blau…


    Leon erschrak. In den paar Sekunden, in denen sie sich angeschaut hatten, hatte sich der Ausdruck in den Augen der dunkelhaarigen Frau vor ihm vollständig verändert. Sie war nicht mehr wütend und kampflustig. Stattdessen wirkte sie müde, traurig und fast schon ängstlich.


    „Ich will niemanden anschreien.“ Auch ihre Stimme klang unendlich müde. „Mein Aussetzer gerade war nicht richtig, da hast du recht.“ Während sie sprach, tasteten ihre Blicke aufmerksam sein Gesicht ab.


    „Äm… Ja… Ich…“ Leon wusste nicht weiter. Er hatte sich auf einen Kampf eingestellt. Aber nicht auf einen, bei dem sich sein Gegner von vorneherein ergeben würde.


    „Wenn du mich jetzt bitte alleine lassen könntest?“


    „Sicher…“ rückwärts gehend verließ er das Büro. Erst in der Tür drehte er sich um. Irdenetwas…

    In der Zeit, wo Leon im Büro der Chefin war, waren Tom und Semir wiedergekommen. Sie grinsten ihm zu.


    „Na, tapferer Kämpfer? Hast den Zusammenstoß mit unserem Revierdrachen ja ganz gut verkraftet.“


    „Habt ihr was in dem Auto gefunden?“ Wich Leon der Bemerkung aus.


    „Er war völlig ausgebrannt.“ Semir schüttelte den Kopf. „Das sind voll Profis. Die wissen genau was sie machen.“

  • „Und, hast du mittlerweile eine Idee wie wir an den Jungen ran kommen sollen?“ Manfred Gruber war damit beschäftigt seine P99 zu reinigen. „Wir gehen zur Autobahnpolizei, schmeißen ein paar Handgranaten, schnappen uns den Jungen und verschwinden dann wieder. So einfach ist das.“ Neumann spielte eben mit so einer Handgranate.


    „Genau. Super Idee! Und weißt du noch was? Den Weihnachtsmann gibt es wirklich!“ Manfred hätte seinen Partner am liebsten erschlagen.


    „Man ich hab doch auch keine Idee wie wir an dieses scheiß Kind rankommen sollen! Du hast ja selber gesehen, bei diesem kleinen Bullen, Gerkhan oder so, ist er nicht. Und bei dessen Kollegen, dem Vogel, ist er auch nicht! Bleibt vermutlich nur noch das Revier!“ Gruber grunzte.


    „Es wäre wirklich leichter an die Mona Lisa zukommen… Da wissen wir immerhin wo genau wir suchen müssen…“ Neumann schnaubte. Anschließend legte er die Handgranate beiseite und stützte das Kinn auf die Hände.


    „Was wäre denn, “ begann er „wenn wir Familienangehörige oder so was von den Bullen entführen…“


    „Als Pfand für den Jungen…“ beendete Gruber den Gedanken. „Gut… manchmal bist du ja doch zu was zu gebrauchen Tobias…“ Er grinste dreckig. „Wen?“


    „Hm… diesen Dunkelhaarige, die gestern da aufgelaufen ist, gefällt mir. Und ich glaube der Vogel hat ein Auge auf sie geworfen…“ Neumann blätterte kurz durch die Bilder, die er und Gruber von allen Personen, die die PAST betreten und verlassen haben, gemacht hatten. „Die hier… Nein, Moment…“ Er sah noch einmal hin. „Eigentlich meinte ich die… aber…“ Er verglich die beiden Bilder. Dann grinste er böse. „Schwestern… Das wird ja immer besser.“ Er reichte die Fotos an Gruber weiter. Der nickte höchst zufrieden.


    „Dann ist es egal wen von beiden wir entführen… aber von der habe ich sogar die Adresse…“ Er stand auf und holte seinen Laptop. Innerhalb kürzester Zeit hatte er die Seite aufgerufen, nach der er sucht. „Et voila! Die Bullen waren so freundlich mich einen Blick in ihre Personalakten werfen zu lassen… Darf ich vorstellen? Kriminalhauptkommissarin Engelhardt… Seestraße 7.“


    „Gut, nehmen wir halt die…“

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  • ***

    Semirs Handy klingelte.
    „Ja?“


    „Hartmut hier… ich habe den ersten Teil dieser CD entschlüsseln können.“


    „Super! Tom und ich sind schon auf dem Weg!“ Dieser lauschte auf. „Hast du mal auf die Uhr geschaut? Ich hatte vor einer Minute Feierabend!“ Er blickte empört drein.


    „Hartmut hat was für uns…“


    „Das ist natürlich etwas anderes… Hotte?“ Der Angesprochene sah auf. „Was gibt es denn Tom?“


    „Bringst du und Dieter Leon bitte zu Christina Engelhardt?“


    „Wird sofort erledigt.“


    „Gut, aber passt auf, dass euch niemand folgt!“


    „Wir sind ja keine Anfänger mehr…“ Tom grinste gequält. „Sicher nicht…“
    ***
    „Und Hartmut?“ Gespannt standen die beiden Cops in der KTU.


    „Formeln… ein riesiger Haufen Formeln!“


    „Aha. Und für was?“


    „Ich sag es ja ungerne, aber ich habe nicht die leiseste Ahnung!“ Der Rotschopf verschränkte pikiert die Arme vor der Brust.


    „Wie?“ Tom sah seinen Kollegen von der KTU ungläubig an. „Hartmut du kennst doch alles…“


    „Dachte ich bis jetzt auch… Ich kann euch nur sagen, das da ein paar Kohlenstoffverbindungen bei sind. Und einige Aminosäuren. Mehr kenne ich davon nicht.


    „Kannst du uns das irgendwie ausdrucken oder so?“ fragte Semir.


    „Das ist kein Problem… einmal aufs Zauberknöpfchen gedrückt…“


    „Vielleicht wissen die von Pharma Con ja was mit den Formeln anzufangen.“ Tom sah auf die Uhr. „Vielleicht... aber da werden wir jetzt bestimmt niemanden mehr fragen können. Das muss wohl bis morgen warten.“ Semir nickte und wandte sich an Hartmut. „Finde raus, was noch auf der CD drauf ist. Ich werde das Gefühl nicht los, dass sie der Schlüssel zu allem ist.“


    „Was glaubst du mache ich hier den ganzen Tag?“ Hartmut sah ihn feindselig an. „Darf ich vielleicht auch irgendwann nach Hause und Schlafen?“ Semir lächelte. „Sicher doch Hartmut…“


    „Gut, dann entschuldigt mich jetzt!“ Er klappte seinen Laptop zu und stand auf.


    „Der Ausdruck, Hartmut…“


    „Ach ja… hier.“ Er drückte Semir das Blatt in die Hand.


    „Danke Schön. Und träum was Süßes…“


    ***

  • ***


    „Da vorne kommt sie…“ Gruber und Neumann hatten in der Seestraße Stellung bezogen. Jetzt beobachteten sie, wie die Chefin ihrem Wagen entstieg und anschließend im Haus verschwand.


    „Warte noch einen kurzen Moment…“ Neumann nahm die Hand wieder vom Türgriff „Ich will erst noch die Lange weiter beobachten. Wir können uns keinen weiteren Fehltritt leisten.“


    In ihrer Wohnung angekommen, lies Anna ihre Tasche achtlos auf das Sofa fallen und setzte sich selber an den Küchentisch. Ihr Blick viel auf den Zettel, den sie am Abend zuvor auf dem Tisch liegen gelassen hatte. Es konnte so nicht weiter gehen! Die ganze Situation machte sie wahnsinnig! Sie hatte das dringende Bedürfnis mit jemandem da rüber zu sprechen… Und ihr viel nur ein Mensch ein, dem sie sich anvertrauen konnte. Den Zettel einstecken und nach den Autoschlüssel greifen verließ Anna die Wohnung wieder. Vor der Tür stieß sie mit einem hochgewachsenen blonden Mann zusammen.


    „Entschuldigung, ich habe nicht aufgepasst.“ Der Mann lächelte sie an. „Ist ja nichts passiert…“ Neumann sah fragen in Richtung Gruber. Der bedeutete ihm wieder zum Auto zu kommen. Lars tat wie ihm geheißen.


    „Warten wir noch ab… Mal schauen wo sie hinfährt.“ Manfred setzte sich hinter den dunkelblauen Audi.


    Die Fahrt endete auf der anderen Rheinseite vor einem dreistöckigen Wohnhaus. Die Polizistin klingelte und wurde ein paar Sekunden später herein gelassen. Neumann stieg aus. „Mal schauen wer da wohnt…“ Er überquerte die Straße und warf einen Blick auf die Klingeln.


    Sich die Hände reibend und breit grinsend setzt er sich wieder zu seinem Komplizen in den Wagen.


    „Jetzt können wir uns eine aussuchen… Die Schwester wohnt hier.“


    ***

  • „Anna?“ Diese hatte das Präsidium gerade betreten, als ihr Partner auf sie zukam. „Der Chef will dich sprechen.“ „Danke…“ Schweren Schrittes machte sie sich auf den Weg. Sie klopfte an und wurde auch sofort herein gebeten. „Ah, Frau Engelhardt. Setzen sie sich doch.“ Er deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch, wo sie auch platz nahm.


    „Was gibt es denn, Chef?“ Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu. „Es geht um ihre Bewerbung bei der Kripo.“„Ach das…“ Sie lächelte matt.


    „Die Kollegen waren sehr angetan und würden sich freuen sie ab März nächsten Jahres bei sich begrüßen zu dürfen.“ Er lachte sie an. Anna sah ihm ungläubig ins Gesicht.“Nun schauen sie nicht so. Sie können sich freuen! Ich habe ihnen immer gesagt, dass sie auf der Karriereleiter nach ganz oben kommen, wenn sie es nur wollen.“


    „Danke… Ich muss mir das noch einmal durch den Kopf gehen lassen.“ Ihr Chef sah sie jetzt fragen an. „Es ist zurzeit alles nicht so einfach…“ Er nickte verständnisvoll. „Das verstehe ich natürlich. Aber das ist eine einmalige Chance. Überlegen sie es sich gut.“ „Ich weiß… Danke“



    ***



    „Da bin ich…“ Der 20 Jahre ältere Mann lehnte sich neben ihr gegen das Geländer und schaute ebenfalls über den Rhein, während er ihr über den Rücken strich. „Worüber musst du denn so dringend mit mir sprechen, dass es nicht Zeit bis morgen hat?“ Er sah sie aus seinen hellen Augen erwartungsvoll an.


    „Magnus… es…“ Anna sah zu Boden„Hey… Was ist denn los?“ Er hob ihr Kinn an und strich ihr mit der anderen Hand eine Strähne aus dem Gesicht. „Nu los, was hast du auf dem Herzen?“ Er lächelte aufmunternd.


    „Ich… Ich bin schwanger…“ Das Lächeln viel ihm aus dem Gesicht. „Was?“ Unruhig fuhr er sich mit der Hand durchs Haar und ging einige Mieter auf und ab. „Schön.“ Sagte er, als er wieder neben ihr stand. „Dann lass es weg machen“Anna sah ihn aus weit aufgerissenen Augen an.


    „Selbstverständlich komme ich für die Kosten auf!“


    „Bitte?“ Sie konnte es nicht fassen. „Ist das alles was dir dazu einfällt!? Lass es weg machen?!“


    Magnus schnaubte kurz abfällig.„Ich bitte dich! Was hast du erwartet? Das ich vor Freude platze? Falls du es vergessen haben solltest: Ich habe bereits zwei Kinder… Und ich hatte nicht vor sie oder ihre Mutter zu verlassen!“ Kopfschüttelnd entfernte sich Anna einige Schritte von ihm.


    „Du bist ein Riesenarschloch…“ Er sah sie aus Schlitzaugen an.„Du musst entscheiden was du machst. Solltest du es behalten wollen, bedenke aber eins ganz genau:“ Er kam ein Stück näher. „Ich kenne viele Leute in der Stadt. Auch viele bei der Polizei. Solltest du als auf die dumme Idee kommen, mit meiner Frau zusprechen, oder sonst wem unter die Nase zu reiben, das ich der Vater bin, dann werde ich dafür sorgen, das du ans andere Ende der Bundesrepublik versetzt wirst und aus dir nie mehr als eine kleine Streifenbeamtin wird. Hast du das verstanden?“ Er sah sie noch einen Moment lang an, machte dann auf dem Absatz kehrt und stieg in seinen weißen Porsche.

  • „Anna? Was machst du denn hier?“ Christina sah sie fragend an.


    „Darf ich reinkommen?“


    „Natürlich…“ Sie schloss die Tür und ging hinter ihrer großen Schwester ins Wohnzimmer. „Sorry das ich das so formuliere, aber du siehst ganz schön scheiße aus…“


    „Ich weiß… Habe heute schon in den Spiegel geschaut.“ Anna lächelte matt. Christina grinste kurz, wurde dann aber sofort ernst. „Was hältst du davon, wenn ich uns einen Tee mache und du mir dann erzählst, was dich so fertig macht?“ „Das wäre gut…“ Die ältere lächelte erneut schwach und lies sich schwer auf die Couch fallen. Es dauerte nicht lange bis Christina das Wasser aufgesetzt hatte und sich neben sie setzte.


    „Also, was ist los? Ist auf dem Lehrgang irgendwas passiert? Seit du wieder da bist, erkenne ich dich kaum wieder…“


    „Nein… der Lehrgang war in Ordnung, es ist dieser neu Fall…“


    „Leons Eltern?“


    „Ja…“ Annas Herzschlag verdoppelte sich. „Woher weißt du davon?“

    „Weil ich hier erst mal wohne.“ Anna wirbelte herum. Leon lehnte lässig in der Tür und musterte sie mit leicht zur Seite geneigtem Kopf auf eine unendlich provokante Art.


    „Er wohnt hier?“ Die Chefin konnte es nicht fassen.


    „Ja… Tom hat mich darum gebet. Wo ist das Problem? Er hilft mir sogar im Haushalt.“ Ein Pfeifen aus der Küche signalisierte, dass das Wasser am Kochen war. Christina verschwand um den Tee fertig zu machen. Anna stand ebenfalls auf. Das konnte eigentlich nur ein böser Scherz sein. Egal wo sie hin ging… Leon war vor ihr da!


    „Wird das jetzt zur Gewohnheit, dass sie vor mir weglaufen?“


    „Was?“


    „Ja… Habe ich ihnen irgendetwas getan? Und sagen sie jetzt nicht, es ist wegen diesem dämlichen Glas!“ Er lächelte verschmitzt und machte einige Schritte in ihre Richtung.


    „Was für ein Glas?“ Anna ging langsam rückwärts in Richtung Tür.


    „Na, das was ihnen runter gefallen ist. In der Küche. Ich kaufe ihnen auch ein neues, wenn sie dann aufhören vor mir wegzulaufen. Versprochen!“ Er lächelte noch breiter. Anna hatte die Tür erreicht.


    „Okay… sagen sie mir, was ich machen muss…“ Sie öffnete die Tür.


    „Sie…“ sein Blick viel kurz auf die Couch wo die Polizisten, bis er den Raum betreten hatte, gesessen hatte. „Sie haben was verloren.“

  • Anna riss ihre Augen panisch auf, als sie sah, nach was Leon da griffe. Der Zettel war ihr aus der Hosentasche gerutscht!! „Hier…“ Der Junge hatte den Zettel aufgehoben und streckt ihn ihr entgegen. Mitten in der Bewegung verharrte er plötzlich. Das Papier war nicht ganz sauber gefaltet und er konnte die Überschrift lesen. Eigentlich ging es ihn überhaupt nichts an, was das war, aber die Überschrift hatte sein Ingresse geweckt, lies ihn seine gute Kinderstube vergessen und sein Herz schneller schlagen. Mit einer Handbewegung hatte er den Zettel entfaltet.


    „Nein!“ Jetzt war er es, der vor Anna, die nach dem Papier griff, ein paar Schritte zurück wich.
    Christina stand in der Tür zwischen Küche und Wohnzimmer, die Teekanne in der Hand und betrachtete die ihr gebotene Szene verwirrt.Während er den Zettel las, wurde Leon immer blasser. Zeitgleich wich ihre Schwester immer weiter von ihm zurück. Nach ein paar Sekunden lies Leon den Zettel sinken. Seine Augen waren vor entsetzen so groß wie Tennisbälle. Dann fing er an zu rennen.
    „Hey! Hallo! Leon Bleib hier!“ Sie stellte die Kanne ab und rannte in den Flur.„Du sollst stehen bleiben!“ rief sie durch den Flur. „Anna was..?“ Diese rannte ebenfalls an ihr vorbei.


    „Was geht denn jetzt ab?“ Christina griff nach ihrem Schlüssel und nahm die Verfolgung auf.
    Vor der Tür feierten Gruber und Neumann Weihnachten und Ostern zusammen. Gruber wollte gerade aussteigen, als der Junge persönlich aus dem Haus gerannt kam. Sie konnten sich diese lästige Entführung also sparen und mussten nur noch den Jungen einsammeln. Endlich war das Glück auf ihrer Seite!
    Auf der Straße hatte die jüngere Schwester ihre ältere eingeholt. „Hallo? Kannst du mir mal sagen was hier los ist? Seit ihr jetzt alle durchgeknallt?“ Anna entwand sich ihrem Griff. Suchend sah sich Christina um. Leon musste schon um die nächste Straßenecke gelaufen sein.


    „In welche Richtung ist er gelaufen?!“ Anna reagierte nicht, sonder schloss die Autotür und startete den Motor. Christina sah ihr fassungslos hinter her. „Habt ihr alle einen Hitzschlag, oder was?“ Kopfschüttelnd sah sie dem Auto nach.




    So, jetzt ist es raus! :D 8)

  • „Kranich?“ Tom ging mit einer düsteren Vorahnung an sein Handy. Er hatte Semir gerade nach Hause gebracht. Das konnte nur wieder die Arbeit sein…


    „Tom? Christina hier.“


    „Hallo!“ Erfreut, dass es nicht die Arbeit war, lachte er ins Telefon. „Schön deine Stimme zu hören“


    „Leon ist weg“


    „Was?“ Das Lachen viel ihm aus dem Gesicht. „Wie weg?“


    „Na weg halt! Er ist abgehauen!“


    „Wohin?“ Er schlug das Steuer scharfein und wendete das Auto.


    „Ich habe keine Ahnung… Er hat meine Wohnung vor 10 Minuten fluchtartig verlassen!“


    „Verdammt noch mal! Wie konnte das passieren?“ Er war wieder vor Semirs Wohnung angekommen und stieg mit dem Handy am Ohr aus seinem Wagen.


    „Da musst du deine Vorgesetzte fragen!“ zischte Christina in den Hörer.


    „Bitte?“ Tom verstand nun überhaupt gar nichts mehr. „Semir und Ich sind gleich da!“Aus der Gegensprechanlage tönte dessen Stimme. „Komm wieder runter! Leon ist verschwunden!“
    ***
    „Also, was genau ist jetzt passiert?“ Tom sah Christina durch den Rückspiegel an.


    „Ich habe keine Ahnung!“ Sie zucke Hilflos mit den Schultern. „Anna ist vorbei gekommen, weil sie mit mir reden wollte. Irgendetwas an dem Fall macht sie fertig. Mehr hat sie mir nicht gesagt. Leon ist zu uns ins Wohnzimmer gekommen und ich bin in die Küche gegangen um einen Tee zumachen. Als ich wieder gekommen bin, hat Leon wie vom Blitz getroffen auf ein Blattpapier gestarrt. Dann ist er weggelaufen.“ Beendete Christina ihren Bericht.


    „Du weiß nicht, was das für ein Zettel war, oder?“ fragte Semir.


    „Ich weiß es nicht, nein!“ Tom bog links ab hielt kurze Zeit später vor dem Haus seiner Chefin an. Christina zögerte beim Aussteigen kurz. Sie hielt es für keine gute Idee Anna jetzt zu befragen. Aber Leon konnte in ernsthafte Gefahr geraten… Langsam ging sie hinter Tom und Semir die Treppe zur Wohnung ihrer Schwester hinauf. Semir musste zwei Mal klingeln, ehe die Tür geöffnet wurde. Seine Chefin stutzte, als sie erkannte wer vor ihr stand.


    „Was wollen sie denn hier?“


    „Chefin wir müssen mit ihnen sprechen. Können wir bitte rein kommen?“


    „Nein.“


    „Chefin bitte! Es ist wichtig! Wir müssen wissen wo Leon ist! Warum ist er überhaupt abgehauen?!“


    „Ich kann ihnen nicht sagen wo er ist… Das andere ist unwichtig und geht sie nichts an!“


    „Verdammt noch mal!“ Tom trat ein Stück vor. „Wenn die ihn erwischen, bringen sie ihn ohne zu zögern um! Wollen Sie das verantworten?“


    „Nein… ich kann ihnen aber nicht helfen!“ Sie sackte langsam an der Wand zusammen. „Gott… es ist meine Schuld, dass es überhaupt soweit gekommen ist…“


    „Okay Jungs…“ Christina packte die beiden Männer an der Schulter und zog sie unsanft zurück. „Macht ihr eure Polizeinummer und findet Leon! Hier habt ihr nichts mehr zu suchen!“ Sie warf Tom einen warnenden Blick zu, da dieser etwas erwidere wollte.


    „Komm Tom… Sie hat vermutlich recht.“ Semir hielt ihn am Arm fest. Wiederwillig folgte Tom. „Wir lassen ihn am Besten sofort zur Fahndung ausschreiben! Jeder Polizist in der Stadt soll wissen wie er aussieht!“ Semir stimmte dem zu, während sie das Haus verließen.


    „Vielleicht ist er ja nach Hause gelaufen. Wir sollten vorbei fahren.“


    „Ja. Und wenn er da nicht ist, versuchen wir es an seiner Schule.“ Tom stieg in seinen Wagen, was ihm Semir gleich tat. Mit durchdrehenden Reifen fuhren sie los.

  • „Sag mir endlich was mit dir los ist.“ Christina hatte sich neben Anna auf den Boden gesetzt. In ihrer Stimme lag etwas Flehendes. „Ich habe dich nicht mehr so müde, traurig und… hilflos gesehen seit… Gott das ist eine Ewigkeit her!“


    „16 Jahre…“ Anna lächelte bitter.


    „Ja…“ Christina nickte. „Ich habe es damals schon nicht verstanden und ich verstehe es jetzt auch nicht. Damals habe ich geglaubt, dass ich der Grund war. Das du meinetwegen so fertig warst und dir das halbe Jahr, in dem du die Weiterbildung in Freiburg hattest, eine Auszeit von mir genommen hast. Aber ich war das gar nicht, oder?“ Anna sah sie bestürzt an. „Ich wusste nicht, dass du geglaubt hast…“


    „Das ist doch jetzt egal. Sag mir bitte einfach nur was los ist! Dann kann ich dir vielleicht helfen und…“


    „Ich war nie in Freiburg. Und diese Weiterbildung hat es auch nie gegeben.“ Unterbrach Anna sie.


    „Nicht? Wo warst du dann?“ Christina sah sie verwirrt an.


    „In Wien.“ Christina blickte skeptisch drein. „Warum die Geschichte mit Freiburg?“


    „Weil du nie erfahren solltest, warum ich in Wien war. Genauso wie der Rest der Welt.“ Sie sprach sehr leise und fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht.


    „Nimm es mir nicht übel, aber ich verstehe überhaupt nichts mehr.“

    Die ältere atmete noch einige Male tief durch, ehe sie weiter sprach. „Ich habe vor 16 Jahren in Wien ein Kind zur Welt gebracht. Einen Sohn…“ Christina klappte der Mund auf und die Augen fielen ihr fast aus dem Kopf. Sie hatte mit so Vielem gerechnet… Aber damit nicht! „Du hast…“ Ihre Gedanken überschlugen sich. Plötzlich ergaben einige Dinge einen Sinn. „Mein Gott… Leon?“


    Anna nickte mit gesenktem Kopf. Christina stand auf und lief einige Runde im Kreis. Anschließend kniete sie sich wieder vor ihre große Schwester. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du schwanger warst? “


    „Weil es unmöglich war das Kind zu behalten!“ Tränen stiegen in Annas Augen. „Ich wusste schon so nicht mehr wo mir der Kopf stand. Du brauchtest unendlich viel Aufmerksamkeit, der Job war stressig und ich hatte endlich die Chance weiter zu machen und nicht mein Leben lang in Uniform Streife zu fahren! Das Angebot der Kripo war einmalig…“ Tränen liefen nun in Strömen ihre Wange herunter. „Und dann noch ein Baby… Ich habe das Andere doch kaum noch geschafft…“ Christina drückte Anna fest an sich. Sie hatte keine Ahnung gehabt, wie schwer für sie die Zeit nach dem Tod ihrer Mutter gewesen war. Anna redete jetzt wie ein Wasserfall.


    „Gott ich habe mich so geschämt nicht einmal die Verantwortung für mein eigenes Kind übernehmen zu können… Deswegen sollte nie jemand erfahren, dass ich überhaupt eins habe! Die Wächters waren wie ein Wink des Himmels. Frau Wächter war hier in Köln angefahren worden. Ich war mit meinem Partner als erstes am Unfallort. Ihre Verletzungen waren so schwer, dass sie anschließend keine Kinder mehr bekommen konnte… Sie waren schon damals sehr wohlhabend und unheimlich nett. Ich war mir sicher, dass es dem Kind bei ihnen gut gehen würde. Damit hier niemand etwas mitbekommt, bin ich zu ihnen nach Wien gefahren. Meinen Chef habe ich um eine Auszeit gebeten, damit ich mich um dich kümmern kann. Dir habe ich die Geschichte mit der Weiterbildung erzählt… Es ist irgendwie gut gegangen…“ Ihre Stimme verlor sich.


    Eine ganze Zeit sagte keine der Frauen etwas. Christina war es, die die Stille durchbrach. Sie lächelte ihre große Schwester breit an. „Du musst dich für gar nichts schämen. Du warst jung und hast so verantwortungsbewusst gehandelt wie manche es mit 100 noch nicht können.“ Anna lächelte nur schwach. „Ich wünschte es wäre alles anders gewesen…“


    „Leon weiß es, richtig?“ fragte Christina schließlich.


    „Der Zettel… Es ist seine Geburtsurkunde…“ Anna sah Christina endlich wieder fest in die Augen. „Wir müssen ihn finden!“

  • Leon starrte die Tüte, die ihm unter die Nase gehalten wurde, an.


    „Nimm endlich! Was anderes zu Essen bekommst du hier nicht!“ Er sah den blonden Mann ausdruckslos an. Dann griff er nach der Tüte mit dem gelben „M“ und warf sie achtlos beiseite.


    „Schön… Wenn du meinst!“ Der Mann drehte sich ruckartig um und setzte sich zu seinem Partner an den Tisch, welcher an der Gegenüberliegenden Seite des kleinen Raumes stand.


    Leons Gedanken kreisten um das einfache Blattpapier, das er in der Hosentasche mit sich trug und das seine Welt vor ein paar Stunden erneut um 180° gedreht hatte. Jetzt wusste er, wer seine leibliche Mutter war… Und er konnte es noch immer nicht fassen. Automatisch glitte seine Hand in die Tasche und holte den Zettel hervor. Wieder und wieder las er jedes Wort einzeln, nur um sich zu vergewissern, dass er sich nicht täuschte. Und wieder las er es schwarz auf weiß: Anna Engelhardt, geboren am 16. September 1960 in Köln war seine Mutter. Vater unbekannt.

    Der Junge registrierte nicht, dass einer der Männer aufgestanden war und vor ihm stand.


    „Was starrst du eigentlich immer und immer auf diesen Zettel? Lass uns doch an seinem Inhalt teilhaben, wenn er so interessant ist.“ Gruber griff nach dem Zettel und warf einen interessierten Blick darauf. Erst kniff er seine Augen ungläubig zusammen. Dann las er noch mal und begann schließlich zu strahlen wie Tschernobyl.


    „Schau dir dass mal an… Das wird alles immer besser.“ Er reichte den Zettel an Neumann weiter. Leon starrte in Richtung Tisch. Nach ein paar Sekunden fing auch der zweite Mann an zu lachen und fixierte ihn.


    „Du wusstest es nicht stimmt’s? Sonst hättest du wohl mehr Farbe im Gesicht und würdest was essen.“ Er lachte dreckig. „Ich weiß gar nicht wo dein Problem ist. Ich wäre der Frau dankbar. Sie hätte dich auch in einem Blumenkasten verbuddel können… Ist doch eh viel cooler der Sohn eines reichen Bonzen zu sein, als von einer kleinen Beamtin, oder? Und wo die reichen Bonzen jetzt nicht mehr sind, kannst du mit ihrem Geld zu Mami gehen… Besser kann es doch gar nicht sein!“

  • Leon war aufgesprungen. Blitzschnell stand er vor dem Mann, der sich gerade über seine gesamte Existenz lustig machte und holte zum Schlag aus. Aber der Mann war schneller. Er packte ihn am Hals und drückte ihn zu Boden. „Immer schön locker bleiben, ja? Sonst breche ich dir das Genick und du wirst Mami nie wiedersehen…“


    „Lass ihn in Ruhe.“ Schaltete sich nun der Zweite ein. Es dauerte noch einen Moment, bis sich der Griff um seinen Hals löste. Der Mann setzte sich wieder auf seinen Stuhl und Leon kroch zurück in eine der Ecken. Ein Fünkchen Wahrheit war an dem, was der Mann gesagt hatte, dran: Es war ihm bei seinen Adoptiveltern gut ergangen. Er hatte eine glückliche, schöne Kindheit, von der andere Kinder nur träumen konnten…
    *** Tom schreckte hoch. Schläfrig und leicht verwirrt sah er sich um. Offenbar war er an seinem Schreibtisch eingeschlafen… Sich den Schlaf aus den Augen reibend und ausgiebig streckend sah er aus dem Fenster. Der Tag schien genau so heiß zu werden wie die Tage zuvor. Nach dem er gestern Nacht mit Semir noch an der Schule und im Haus der Wächters nach Leon gesucht hatte, waren sie schließlich ins Büro zurück gefahren um sich die Akten noch ein Mal vor zu nehmen. Sie hatten versucht etwas über die Verwandten oder Freunde der Familie in Wien raus zu bekommen. Vielleicht war der Junge ja zurück auf dem Weg nach Österreich. Schlauer waren sie aber auch jetzt noch nicht.
    Am Schreibtisch gegenüber erwachte auch Semir wieder zum Leben. „Man… Akten sollten aus weicherem Material gemacht werden. Dann schläft es sich auch besser darauf…“ Tom grinste. „Mach es wie ich: Leg sie vorher auf den Boden.“ Semir schnaubte.„Was machen wir jetzt?“ fragte er schließlich.


    „Hoffen, das die Fahndung nach Leon was ergibt. Und wir müssen noch zu PharmaCon, wegen den Formeln.“


    „Stimmt…“ Semir nickte. Das hatte er völlig vergessen.

  • „Guten Morgen…“ Herr Winter vom Empfang sah auf. Als er sie Polizisten erkannte, lächelte er.


    „Ah, die Herren von der Polizei. Möchten sie wieder zu Herrn Diller?“


    „Genau dahin wollen wir.“ Bestätigte Semir.


    „Den Weg kennen sie je bereits. Ich kündige sie schon mal an.“


    „Danke sehr.“ Die beiden Polizisten machten sich auf den Weg. Zwei Minuten später klopften sie an die Tür von Dillers Büro und wurden sofort herein gebeten.


    „Kommen sie doch rein und nehmen platz.“ Der stellvertretende Leiter von Pharma Con deutete auf die Stühle vor seinem Schreibtisch. Er wartete bis Tom und Semir saßen und fragte dann wie er helfen könne.


    „Können sie uns sagen, worum es sich hierbei handelt?“ Tom reichte ihm die Blätter mit den Formeln, die Hartmut ihnen gegeben hatte. Diller warf einen Blick darauf und sah sie dann mit weit aufgerissenen Augen an.


    „Woher haben sie das?“


    „Das haben wir im Haus von Herrn Wächter gefunden.“


    „Mein Gott…“ Diller fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht. „Ist das alles, oder hat er noch mehr?“


    „Die Daten befinden sich auf einer CD, auf der sich noch weitere befinden, ja. Unsere Techniker versuchen sie gerade zu entschlüsseln.


    „Ich muss sie dabei um strängst Diskretion bitten. Wenn die Konkurrenz diese Daten zu sehen bekommt…“


    „Keine Sorge. Wir sind an Firmenspionage nicht interessiert. Ich bin Türke. Kein Chinese... Worum handelt es sich denn jetzt bei diesem Zahlen- und Buchstabengewirr? Um ein Medikament?“ fragte Semir. Sein Gegenüber nickte.


    „Das Medikament gegen die Autoimmunkrankheit an dessen Entwicklung Herr Wächter beteiligt war. Ich verstehe nicht, warum er diese Daten bei sich zu Hause hatte. Das ist strengstens verboten und hätte ihn sofort den Job gekostet!“


    „Könnte das der Grund sein, warum er ermordet wurde?“

  • Es klopfte und ein hochgewachsener Mann im Designer Anzug betrat das Büro. Tom schätzte ihn auf Anfang 60. „Das ist Herr Schreiber. Er ist der Leiter dieser Firma. Die Herren sind von der Polizei.“ Stellte Diller sie vor.


    „Ah, ich nehme an, dass sie wegen Herr Wächter hier sind?“ Er reichte Tom und Semir die Hand. „Eine schreckliche Geschichte. Wissen sie denn schon etwas?“


    „Es könnte sein, dass wir gerade heraus gefunden haben, warum er ermordet wurde.“


    „Tatsächlich?“ Seine blauen Augen musterte sie aufmerksam.


    „Firmenspionage. Wir haben Daten über das neue Wundermittel von ihnen beim ihm gefunden.“ Semir musterte den Neuankömmling genauso aufmerksam.


    „Bitte?“ Schreiber bekam große Augen. „Nein, dass kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen! Herr Wächter ist… war ein überaus gewissenhafter Mann. Er hätte nie… Nein. Das glaube ich nicht.“


    „Fakt ist, das wir die Daten bei ihm gefunden haben.“


    „Darf ich sie mal sehen?“ Sein Stellvertreter reicht sie ihm. Der Chef sah sie gründlich durch. „Nun, das ist nicht einmal ein Viertel der chemischen Formel. Damit kann man noch gar nichts anfangen. Das Wichtigste fehlt. Damit könnte die Konkurrenz höchstens Bonbons gegen Halsschmerzen herstellen.“ Er lächelte.


    „Das ist auch nicht alles. Unsere Techniker haben den Rest der Daten, die wir gefunden haben, nur noch nicht entschlüsselt.“ Das Lächeln viel Schreiber aus dem Gesicht. Er sah Diller fragend an. Der schüttelte den Kopf. „Ich kann es auch nicht glauben.“


    „Wie auch immer. Wenn sie etwas Konkretes heraus gefunden haben, dann lassen sie es uns doch bitte wissen. Sie entschuldigen mich jetzt? Ich habe noch einiges zu tun.“ Er reichte Tom und Semir noch kurz die Hand und verschwand dann wieder.


    „Danke für ihre Hilfe. Wir müssen jetzt auch. Unser Techniker wird ihnen den Rest der entschlüsselten Daten schicken.“


    „Das ist sehr nett von ihnen.“ Diller stand ebenfalls auf und begleitete sie zur Tür.
    ***
    „Ja, Gruber?“


    „Wächter hat es tatsächlich geschafft die Daten raus zu schmuggeln.“ Gruber grinste. „Das habe ich ihnen doch gesagt…“


    „Schön für sie. Die Bullen haben die Daten jetzt. Sie müssen sie um jeden Preis wieder beschaffen! Noch haben sie nur unwichtiges entschlüsselt, wenn sie den Rest auch knacken…“


    „Ja ja… dann kann der Laden dicht gemacht werden. Ich weiß. Wir beschaffen sie ihnen. Durch eine praktische Fügung dürfte das kein Problem sein. Allerdings kostet das extra.“ Man konnte deutlich ein missbilligendes Schnauben durch den Hörer wahrnehmen.


    „Wie viel?“


    „Eine Millionen für jeden von uns.“


    „Na schön. Melden sie sich, wenn unser Problem endlich aus der Welt geschafft ist.“


    „Mit dem größten Vergnügen.“ Er klappte sein Handy zusammen und berichtete Neumann kurz was es Neues gab. Anschließend gingen sie kurz seinen Plan durch. „Wie du siehst, das reinste Kinderspiel.“ Beendete er seine Ausführung. Tobias nickte. „Ich gehe dann mal telefonieren.“

  • „Andrea hat die Fahndung nach Leon schon etwas ergeben?“ Anna hatte die PAST erst vor wenigen Minuten betreten.


    „Nein Chefin, noch nichts.“


    „Wo sind Tom und Semir?“


    „Bei Pharma Con. Sie müssten bald wieder hier sein.“


    „Schicken sie sie bitte sofort in mein Büro…“ Das Telefon auf Andreas Schreibtisch klingelte. „Autobahnpolizei Schäfer guten Tag. Was kann ich für sie tun?“ Andrea hörte kurz zu. „Ja einen Moment… Für sie Chefin.“


    „Stellen sie das Gespräch durch.“ Anna ging in ihr Büro und griff zum Hörer. „Ja, Engelhardt?“


    „Hören sie mir gut zu! Ich will, dass sie in zwei Stunden auf dem obersten Parkdeck am Bahnhof stehen. Kommen sie alleine und bringen sie die Daten mit, die ihre Kollegen im Haus von Frank Wächter gefunden habe mit. Alle!“


    „Und warum sollte ich das tun?“ Anna hatte mit hochgezogenen Augenbrauen gelauscht. Für wen hielt sich der Mann, der jetzt kurz lachte. „Weil ich nett gefragt habe…? Nein…“ Es rauschte kurz, dann war eine andere Stimme zu hören.


    „Wenn sie seine Forderungen nicht erfüllen, bringen sie mich um.“ Anna riss entsetzt die Augen auf.


    „Wie sie sehen, habe ich ein sehr schlagkräftiges Argument. Wenn sie nicht kommen, ist ihr Sohn in zwei Stunden tot.“ Das Freizeichen war zu hören. Anna lies sich schwer in ihren Stuhl fallen. Was sollte sie jetzt machen? Nach einer knappen Minute griff sie entschlossen nach ihren Wagenschlüsseln und ihrem Blazer. Das war das mindeste, was sie für Leone tun konnte. Sie war es ihm schuldig. Bevor sie die Dienststelle verließ, ging sie an den Waffenschrank und holte ihre Waffe heraus. Andrea hatte sie währenddessen skeptisch von ihrem Schreibtisch aus beobachtet.

    Gerade als Anna den Parkplatz verlassen hatte, kamen Tom und Semir wieder an der PAST an.


    „Andrea? War die Chefin gerade schon hier?“


    „Ja. Aber nur ganz kurz. Sie ist angekommen, hat ein Telefonat entgegen genommen und ist dann sofort wieder gefahren…“ Die Sekretärin machte eine kurze Pause. „Und sie hat ihre Waffe mit genommen.“


    „Was? Die liegt doch fast nur in ihrem Safe…“ Semir sah verwirrt zu seinem Partner. Der wirkte alarmiert. „Mit wem hat sie telefoniert?“


    „Ein Herr Meyer wollte sie sprechen…“ Tom schnaubte verächtlich. „Meyer… Hier stimmt was nicht. Versuch sie bitte mal über Handy zu erreichen.“ Andrea wählte die Nummer. „Es ist abgeschaltet.“ Sie zuckte mit den Schultern


    „Ein Versuch war es Wert…“ Semirs Hady klingelte. „Hartmut!“


    „Ich bin ein Genie! Ich hab den Rest der Daten entschlüsselt!“


    „Super! Schick sie bitte sofort an Herrn Diller von PharmaCon. Tom und ich kommen gleich vorbei.“ Er legte auf.


    „Hartmut hat die Daten.“ Wandte er sich an seinen Partner.


    „Wenigstens etwas…“

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