Fluchtpläne

  • So, nun will ich nochmal den Versuch starten und eine story schreiben. Ich weiss zwar selbst noch nicht, was genau dabei rauskommt, aber mal sehen! Viel Spass dabei! :D
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    Harry Keller lag auf der unbequemen Pritsche in seiner Zelle im Untersuchungsgefängnis und grinste vor sich hin.


    Er saß hier bereits seit mehreren Wochen ein und wartete auf seinen Prozeß wegen Banküberfall und Mordes an drei Bankangestellten. Er hatte mit seinen Kumpels Pete und Milan eine Bank hochgenommen und mächtig Kohle eingesackt. Alles war auch prima gelaufen. Die drei Angestellten hatte er kurzerhand beseitigt. Er konnte keine Zeugen gebrauchen. Leid taten sie ihm jedenfalls nicht. Sie waren abgehauen und versteckten die Beute an einem vorher festgelegten Platz.


    Plötzlich verfinsterte sich seine Mine. Er dachte daran, wie ihnen der Autobahnbulle in die Quere gekommen war. Bei der Verfolgung wurde Milan erschossen und er und Pete saßen seitdem hier ein. Wenn sie verurteilt wurden, dann bekamen sie lebenslänglich. Harry schlug mit der geballten Faust gegen die Zellenwand. Immer wenn er daran dachte, kochte die Wut in ihm. Die Wut auf den verdammten Bullen! Ohne ihn säße er jetzt irgendwo in der Karibik und würde sein Leben genießen. Plötzlich glitt wieder ein Lächeln über sein Gesicht. Er hatte nicht vor, hier seinen Lebensabend zu verbringen - und er hatte auch schon einen Plan, einen perfekten Plan!


    Da hörte er, wie sich ein Schlüssel in der Zellentür drehte und der Wärter die Tür öffnete. "Kommen Sie, Keller, Sie haben Besuch von Ihrem Anwalt." Keller grinste in sich hinein und schwang die Beine von der Liege. Na bitte, es klappte doch alles prima. Mit den Händen in den Hosentaschen ging er neben dem Wärter her ins Besucherzimmer.


    Im Raum stand ein Mann im schicken Anzug mit Aktentasche - Kröger, sein Anwalt. Sie gaben sich die Hand und Kröger gab dem Wärter die Anweisung, draussen zu warten. Keller grinste. Normalerweise ging das nicht so einfach, aber jeder war bestechlich - auch ein Gefängniswärter. Mit ein paar Scheinchen konnte man hier drinnen eine Menge möglich machen. Er setzte sich Kröger gegenüber. "Und? Läuft alles nach Plan?" fragte er mit gedämpfter Stimme. Kröger nickte. Er war ein unsymphatischer Typ - genau der Typ Anwalt, den Keller brauchte. Und er war käuflich! Kröger öffnete den Aktenkoffer und nahm ein Klappmesser heraus, das in einem doppelten Boden versteckt gewesen war. Keller ließ es grinsend im Ärmel verschwinden. Er wusste zwar nicht, wie Kröger es geschafft hatte, das Ding hier reinzuschmuggeln, aber das war ihm auch egal. Hauptsache, er hatte es getan.


    "Morgen rufst du den Bullen an und sagst ihm, ich hätte ihm noch etwas dringendes mitzuteilen - und nur ihm. Verstanden?" Kröger grinste "Ja sicher doch. Und er wird kommen - garantiert." "Gut." Keller nickte zufrieden. "Ich habe nämlich nicht vor, länger als nötig in diesem Loch hier zu bleiben. Und Pete bestimmt auch nicht. Morgen steigt die Sache." Die beiden Männer verabschiedeten sich und Keller schlenderte wieder neben dem Wärter zu seiner Zelle. Als sich die Schlüssel wieder im Schloß gedreht hatten, legte er sich auf die Pritsche und betrachtete zufrieden das Messer. "Der Bulle hat mich hier reingebracht und der Bulle wird auch wieder dafür sorgen, dass ich hier rauskomme."

  • Semir und Tom waren gerade auf dem Weg zurück zur Past. Es war ein sonniger, warmer Tag. Tom saß auf dem Beifahrersitz und hatte die Scheibe heruntergedreht, um etwas Luft zu bekommen. Im Wageninnern war es schon ganz schön warm. "Kannst du mir mal verraten, warum wir an so einem schönen Tag Dienst schieben müssen?" fragte er seufzend mit einem Seitenblick auf Semir.


    "Na deswegen," meinte Semir grinsend und deutete auf zwei junge Frauen, die in knappen Shorts vor ihnen die Straße überquerten. Semir winkte Ihnen lächelnd zu. Tom blickte ebenfalls nach vorne. "Na hör mal, du bist liiert, hast du das vergessen? Also konzentrier dich gefälligst auf den Verkehr," kam es mit gespieltem Vorwurf zurück. Aber auch er konnte sich einen Blick auf die beiden Schönheiten nicht verkneifen. "Das sagt gerade der Richtige. Wer verrenkt sich denn gerade den Hals?" Tom grinste. "Ich bin nur Beifahrer, ich kann gucken, wohin ich will." "Ob das Petra auch so sieht, wenn ich es ihr gleich erzähle?" Semirs Stimme klang herausfordernd. "Untersteh dich....!" Tom knuffte Semir in die Seite. Beide mussten lachen.


    Als sie in der PAST ankamen, steuerte Semir geradewegs auf Petra zu. "Hallo Petra, weisst du, was.....?" weiter kam er nicht, denn Tom war schon neben ihm und schob ihn in das gemeinsame Büro. "Wage es nicht..." Semir drehte sich um und hob abwehrend die Hände. "Hey, Partner, ich wollte doch nur....." "Ich weiss, was du wolltest. Schluss jetzt, wir haben ne Menge Arbeit."


    Er zog die Jacke aus und setzte sich an seinen Schreibtisch. Semir tat es ihm gleich, immer noch mit einem Grinsen im Gesicht. Da steckte Hotte den Kopf zur Tür herein. "Tom, dieser Kröger hat eben angerufen....du weisst schon....der Anwalt von diesem Harry Keller, den du vor ein paar Wochen festgenommen hast." Tom nickte. "Ja, und? Was wollte er?" "Keller will dich sprechen. Gleich morgen. Er hat dir anscheinend was Dringendes mitzuteilen." Tom war erstaunt. "Will er mir etwa doch noch verraten, wo er die Beute versteckt hat? Das hätte ich von ihm nun ganz und gar nicht erwartet." Erstaunt blickte er Hotte an. Dieser zuckte nur mit den Schultern. "Weiß ich nicht, Tom, ich sollte dir das nur ausrichten." Damit verließ er das Büro. Semir lehnte sich im Schreibtischsessel zurück. "Keller? .... War das der Banküberfall vor 2 Monaten, als ich in Urlaub war?" Tom nickte, "Ja, genau der. Die Kerle haben damals 3 Bankangestellte regelrecht hingerichtet. Skrupellos! Als ich damals die Tatortbilder gesehen hab, wurde mir regelrecht schlecht. Ich hab die Kerle eher zufällig erwischt. Sie sind mir regelrecht vor die Füße gelaufen."
    "Na da bin ich mal gespannt, was der dir so Wichtiges zu sagen hat," erwiderte Semir und widmete sich seiner Arbeit. Tom blickte nachdenklich vor sich hin. "Ich auch. Ich werde gleich morgen früh ins Untesuchungsgefängnis fahren. Kommst du mit?" fragend sah er Semir an. Dieser blickte kurz auf. "Och , sei mir bitte nicht böse, aber ich hab hier noch so ne Menge Arbeit liegen....... das schaffst du doch sicher auch alleine, oder?" "Klar, wenn du dafür einen Teil meines Schreibkrams erledigst, dann ja." Semir verzog die Mundwinkel, sagte aber nichts mehr dazu.

  • Harry Keller lag auf seiner Pritsche und hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Er blickte auf das vergitterte Zellenfenster, durch das das Mondlicht hereinschien.


    Wenn alles klappte, dann war das die letzte Nacht, die er hier auf der harten Pritsche verbringen musste. Morgen um diese Zeit wollte er schon über alles Berge sein - mit Hilfe des Bullen! Leise lachte er in sich hinein. Kröger, sein Anwalt, war schon ein gerissener Kerl, aber die Aktion kostete ihn auch eine Stange Geld. Aber das war es ihm wert. Wenn er erst mal draussen war, würde man weitersehen .....vielleicht ergab sich auch eine Möglichkeit, Kröger loszuwerden, wenn er íhn nicht mehr brauchte. Kröger und den Bullen! Keller drehte sich zufrieden zur Seite und war in kurzer Zeit eingeschlafen.


    Am nächsten Morgen schaute Tom noch einmal in der PAST vorbei. "Semir, ich fahr dann mal, willst du nicht doch mitkommen anstatt hier festzuwachsen?" Semir schüttelte lachend den Kopf. "Nein, Partner, mach das mal alleine, ich hab hier zu tun. Bis nachher." "Na dann eben nicht," meinte Tom grinsend, drehte sich um und verließ die Dienststelle.


    Im Untersuchungsgefängnis angekommen, musste er zuerst seine Dienstwaffe abliefern. Das war hier Vorschrift. Wie leicht konnte sie in falsche Hände geraden. Das wollte man mit dieser Vorsichtsmaßnahme vermeiden. Tom ging hinter einem Wärter her, der immer wieder eine Gittertür aufschloß, mit Tom hindurch ging und gleich wieder absperrte. Die Schritte der beiden hallten durch die kahlen Gänge. Tom konnte sich nicht vorstellen, hier Jahre - vielleicht sogar sein ganzes Leben - verbringen zu müssen. Er würde zu Grunde gehen. Aber die, die hier saßen, waren ja selbst schuld an ihrem Schicksal und hatten es nicht besser verdient. "Bitte sehr, Herr Kommissar. Warten Sie hier, Herr Keller kommt gleich." Tom betrat das Besuchszimmer und wartete. Plötzlich hörte er, wie jemand zur Tür herein kam. Er drehte sich um und sah Keller in Anstaltskleidung vor ihm stehen. Der Wärter setzte sich neben die Tür auf einen Stuhl.

  • Tom stand mit verschränkten Armen vor Keller. In ihm stieg ein Gefühl der Abscheu gegen diesen Mann hoch. Er hatte plötzlich wieder die Bilder der erschossenen Bankangestellten im Kopf. Wie konnte ein Mensch nur so skrupellos sein. Er würde das nie verstehen.


    "Sie wollten mich sprechen?" begann Tom. Und aus seiner Stimme konnte man die Ablehnung heraushören, die er empfand. Keller nickte."Ja, ich dachte, dass sie das interessieren würde, Herr Kommissar." Er trat einen Schritt auf Tom zu.


    "Was würde mich interessieren? Wo sie die Beute versteckt haben, oder ob es ihnen leid tut, dass sie drei Menschen brutal getötet haben?" fragte Tom provozierend.


    Keller sah sich kurz nach dem auf dem Stuhl sitzenden Beamten um. Dieser saß nur da und sah vor sich hin. Er hatte sich längst abgewöhnt, den Gesprächen, die in diesem Raum stattfanden, zuzuhören. Mit der Zeit interessierte einen das einfach nicht mehr. Keller trat noch einen Schritt auf Tom zu. "Ich werde ihnen sagen, wo die Beute ist." Er hatte geflüstert, so dass Tom sich etwas vorbeugen musste, um ihn gut zu verstehen. Und genau in dem Augenblick zog er blitzschnell das Messer aus seinem Ärmel und hielt die scharfe Klinge Tom an den Hals.


    Tom war zuerst völlig perplex. Er hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit. Woher hatte der Kerl das Messer? Was bezweckte er damit? Glaubte er allen Ernstes, dass er hier einfach so rausspazieren konnte? Seine Gedanken überschlugen sich.


    Der Vollzugsbeamte war aufgesprungen und stand etwas ratlos da. Er konnte nichts tun, ohne den Mann zu gefährden. Keller genoß die Situation. "Los, nimm deine Handschellen und fessel dem Bullen die Hände auf den Rücken," herrschte er den Beamten an. Dieser sah hilflos zu Tom. "Na los, wirds bald?" Tom nickte ihm zu. Der Beamte hatte ja keine andere Wahl. Er trat hinter Tom und ließ die Handschellen um dessen Gelenke klicken. Keller hielt immer noch die spitze Klinge an Toms Hals.


    "Und nun verschwinde hier und hol mir Pete hierher. Bring zivile Klamotten mit und lass dem Direktor ausrichten, dass er mir ein Taxi bestellen soll." Er lachte höhnisch über seinen "Witz" und hielt dabei immer noch das Messer an Toms Hals. Die Spitze hatte die Haut aufgeritzt, so dass einige Tropfen Blut hervorquollen und an Toms Hals hinunterliefen.


    Tom hatte sich inzwischen wieder etwas gefangen. "Keller, sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass das funktioniert. Sie kommen nie hier raus." Keller verstärkte den Druck des Messers wieder, so dass Tom einen Moment die Augen schloss. Als er sie wieder öffnete sah er Kellers Gesicht ganz nah vor sich. Seine Stimme klang gefährlich leise. "Und wie ich hier rauskommen werde, Kranich. Du bist meine Garantie für die Freiheit. Du schuldest mir noch etwas. Du hast mich hier rein gebracht - du wirst mich auch wieder hier rausbringen." Tom schluckte. Er spürte die Gefährlichkeit dieses Mannes mit jeder Faser seines Körpers. "Sie haben sich selbst hier reingebracht und es auch nicht anders verdient." Als Antwort erhielt er von Keller einen brutalen Faustschlag in den Magen, der ihn zusammenklappen ließ. Da traf ihn auch schon ein zweiter Schlag ins Genick. Tom ging japsend zu Boden. Keller stand lachend vor ihm und Tom wurde bewusst, dass die nächsten Stunden keine leichten werden würden.....!

  • na dann will ich mal nicht so sein...... :]
    hier noch ein Stückchen.....
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    Semir saß an seinem Schreibtisch und erledigte die verhassten Schreibarbeiten. Das war ihm immer noch lieber, als die gesiebte Luft in der Untersuchungshaft, und die Arbeit musste schließlich gemacht werden.


    Als die Tür aufging, hob er den Kopf und sah, dass die Chefin hereinkam. "Ah, Chefin....Tom ist noch nicht da, er ist noch ....."


    "Ich weiss," unterbrach ihn Anna Engelhardt und an ihrem Gesichtsausdruck konnte Semir sehen, dass irgendetwas nicht stimmte. "ist was?" fragte er ahnungsvoll. Anna Engelhardt hatte inzwischen die Tür hinter sich geschlossen und stand vor Toms Schreibtisch. Einen Moment lang blickte sie schweigend auf die Tischplatte. "Semir, der Gefängnisdirektor hat mich eben angerufen. Dieser Keller hat Tom in seiner Gewalt und verlangt, dass er und Pete Rehnert freigelassen werden, ansonsten würde er Tom umbringen." Semir starrte seine Chefin ungläubig an. "Das ist jetzt aber ein Witz, Chefin, oder?" Anna Engelhardt schüttelte schweigend den Kopf. Semir sprang auf und ging im Raum auf und ab. "Aber wie ist das möglich? Tom lässt sich doch nicht so einfach überwältigen. Ausserdem war ja sicher auch ein Wärter dabei, oder nicht?"
    "Keller hatte ein Messer. Damit bedroht er Tom."
    "Ein Messer? Woher bitte hat er ein Messer? Im Gefängnis?" Semir konnte es kaum glauben.
    "Das weiss ich auch nicht. Ich weiss nur, dass wir beide jetzt ins Gefängnis fahren werden und uns einen Überblick verschaffen. Herzberger und Bonrath kommen auch mit. Dieser Keller ist brandgefährlich." Semir nickte. "Ich weiss, ich habe mir vorhin mal die Tatortfotos angesehen....! Der Kerl ist ein Tier." Semir schnappte sich die Jacke und eilte hinter Anna Engelhardt her. Die beiden fuhren mit Semirs Dienstwagen zur JVA.


    Der Gefängnisdirektor wartete schon in seinem Büro auf sie. Er war sichtlich nervös. "Ich weiss nicht, wie das passieren konnte. Unsere Sicherheitsvorkehrungen werden penibel eingehalten." Aufgeregt ging er im Raum auf und ab.
    "Das sieht man," konnte sich Semir eine Antwort nicht verkneifen. Er hatte eine Mordswut im Bauch gepaart mit Schuldgefühlen, weil er Tom alleine hatte losfahren lassen. Wäre er mitgekommen, wäre das wahrscheinlich nicht passiert.Aber nun war es zu spät.


    "Schildern Sie die Sachlage," bat Anna den Direktor.
    "Sie sind im Besucherzimmer. Keller hat Ihren Kollegen und unseren Wärter in seiner Gewalt. Der musste Pete Rehnert, den Komplizen Kellers aus der Zelle holen und zu den beiden bringen. Offenbar hatte Keller das von langer Hand geplant."
    Anna nickte. "Bringen Sie uns zu ihnen. Ich will mit Keller verhandeln." Gemeinsam gingen sie die langen Gänge entlang bis zum Besucherzimmer.

  • Tom saß auf einem Stuhl. Immer noch schmerzten sein Magen und sein Nacken von Kellers schlägen. Inzwischen hatte der Wärter Pete Rehnert geholt. Auch der war im Besitz eines Messers und hielt damit den verängstigten Wärter in Schach. Tom hatte sich immer wieder gefragt, wie die Kerle an die Messer gekommen waren. Irgendjemand musste den beiden geholfen haben, anders war es nicht zu erklären.


    Plötzlich hörten sie von draußen Stimmen. Keller hatte die Tür absichtlich offen gelassen, er wollte alles im Blick haben. "Keller," Tom erkannte Annas Stimme. "hören Sie, mein Name ist Anna Engelhardt. Ich möchte mit Ihnen reden." Anna erschien in der Tür, blieb aber stehen. Semir stand neben ihr und starrte auf die Szenerie, die sich ihnen bot. Keller setzte wieder sein diabolisches Grinsen auf. "Ah, Frau Engelhardt. Wollen Sie sehen, wie es ihrem Kollegen geht?" Bei diesen Worten packte er Tom an den Haaren und zog ihm den Kopf in den Nacken. Zugleich strich er mit dem Stilett an Toms Hals vorbei. Sofort wurde ein roter Streifen sichtbar, aus dem Blutstropfen quollen. Tom sog die Luft ein. "Lassen sie das, Keller, wenn sie ihn umbringen, kommen sie nie hier raus und das wollen sie doch, oder?" Annas Stimme klang sicher und ruhig, obwohl sie das innerlich beileibe nicht war. Keller riß noch einmal an Toms Haaren. "Was soll das jetzt werden? Psychogequatsche, oder was? Ich will einen Wagen und freien Abzug. Und den Superbullen hier nehmen wir mit, damit niemand auf dumme Gedanken kommt."


    Semir trat einen Schritt vor. "Glauben Sie wirklich, dass das so einfach geht? Geben Sie doch auf, sie haben nicht die geringste Chance."


    Keller funkelte Semir an. "Noch so ein superschlauer Superbulle, was? Lasst euch eines gesagt sein: ich diskutiere nicht. Entweder ihr tut, was ich verlange, oder....."
    Ohne den Satz zu beenden, schoß blitzschnell seine Hand vor und er rammte das Stilett in Toms Schulter. Tom stöhnte auf und biss die Zähne aufeinander. Der Schmerz in seiner Schulter war fast nicht auszuhalten, aber er wollte sich nicht die Blöße geben, zu schreien, nicht vor Keller.


    "Das war nur eine Warnung. Wenn ihr nicht spurt, hat er es auszubaden. So einfach ist es." Mit diesen Worten drehte er das Messer in der Wunde, ehe er es mit einem Ruck wieder herauszog. Nun schrie Tom doch auf, zu groß war der Schmerz, um ihn zu unterdrücken. Blut quoll aus der Stichwunde und lief über sein T-Shirt. Semir und Anna Engelhardt standen wie erstarrt. Keller hatte bewiesen, dass er nicht lange fackelte.

  • "Ist ja schon gut," Semir hob beschwichtigend die Hände. "Sie bekommen, was sie wollen, aber lassen sie ihn in Ruhe, ja?"


    Keller grinste wieder, während er das Blut, das am Messer haftete an Toms T-Shirt abwischte. "Na also, warum nicht gleich so? - Mein Freund hier," er deutete auf Tom, "wird es euch danken."


    Semir musste sich sehr beherrschen, um dem Kerl nicht an die Gurgel zu springen. Er sah zu Tom. Der biss die Zähne zusammen, dass die Kiefermuskeln hervortragen. Er musste starke Schmerzen haben. Ausserdem blutete die Wunde stark.


    "Lassen sie wenigstens einen Arzt zu ihm, der ihn verbindet....bitte." Das "Bitte" fiel Semir schwer, aber er tat es für Tom. Er durfte Keller nicht noch weiter reizen.


    Keller schüttelte langsam den Kopf. "Kranich braucht keinen Arzt....nicht wahr Kranick? Du bist doch sicher hart im Nehmen." Tom antwortete nicht. Ihm war schwindlig und er hörte die Geräusche in seiner Umgebung im Moment wie durch Watte. Er befürchtete, umzukippen.


    "Mein Kollege hat recht, Herr Keller," Anna Engelhardt versuchte Keller zu überreden, "Der Kollege braucht einen Arzt. Was nützt es ihnen, wenn er umkippt?"


    Semir sah in Kellers Augen wieder ein Blitzen. "Nein," kam schneidend die Antwort. "Ich gebe euch 1 Stunde, um einen Wagen bereitzustellen und uns gehen zu lassen," er machte eine kurze Pause, "...andernfalls werde ich mich nochmal mit ihm hier beschäftigen," meinte er bedeutungsvoll und deutete mit der Messerspitze auf Tom.


    "Ok, wir regeln alles und sind gleich wieder da." Mit einem Blick zu Tom meinte Semir: "Halt durch Partner, du schaffst das." Tom nickte, obwohl er sich da nicht so sicher war, aber er wusste, wie Semir es meinte. Er wollte ihm Mut zusprechen."


    Semir und Anna Engelhardt zogen sich zurück, während Herzberger und Bonrath vor dem Besucherraum Stellung bezogen.

  • Also gut, dann kommt doch noch ein kleines Stück. Wenn ich so lieb gebeten werde! :P


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    Semir ging nervös im Büro des Direktors auf und ab. "Chefin, wir müssen auf die Forderung Kellers eingehen, nur dann hat Tom eine Chance. Der Kerl ist kaltblütig genug, Tom umzubringen, wenn die Stunde um ist."


    Anna Engelhardt nickte. "Das glaube ich auch. Dem ist völlig gleichgültig, was mit ihm passiert." Sie überlegte kurz. "Wir müssen darauf eingehen, die Zeit ist einfach zu knapp. Aber wir müssen auch so schnell wie möglich rausfinden, wer die Waffen hereingeschmuggelt hat. Es gibt zweifellos einen Komplizen, der das bewerkstelligt hat." Mit einem Seitenblick auf den Direktor fügte sie hinzu: "Wenn ich mir auch beim besten Willen nicht erklären kann, wie er das geschafft hat." Der Vorwurf in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Das spürte auch der Direktor, er sagte aber nichts dazu.


    "Kann ich mal telefonieren? Ich muss die Staatsanwältin informieren. Mir ist zwar egal, ob sie zustimmt, oder nicht, aber wir müssen es ihr sagen, was hier abläuft." Der Direktor nickte und Anna Engelhardt griff zum Telefon um alles Nötige in die Wege zu leiten.


    Semir baute sich vor dem Direktor auf: "Von wem bekam Keller Besuch?" Die Frage kam schärfer, als er eigentlich gewollt hatte, aber er war wütend über die Schlamperei, die hier offensichtlich herrschte. Wären die Sicherheitsvorkehrungen eingehalten worden, säße Tom jetzt nicht in der Klemme.


    "Warten Sie, ich werde die Protokolle kommen lassen," kam es dienstbeflissen vom Direktor. Er war froh, etwas tun zu können. Ihm war die Angelegenheit äußerst unangenehm.


    Währenddessen saß Tom immer noch mit auf dem Rücken gefesselten Händen auf dem Stuhl.Die Wunde schmerzte und blutete immer noch leicht.Keller saß vor ihm auf dem anderen Stuhl und spielte mit dem Messer. "Na Kranich? Angst?" Seine Stimme troff vor Hohn. Tom sagte nichts. "Ich hab dich was gefragt, Bulle! Antworte mir gefälligst," herrschte ihn sein Gegenüber an. Tom


    "Ja, ich habe Angst. Verrückte sind bekanntermaßen unberechenbar." So, das musste einfach raus. Tom wusste, dass er riskierte, das Messer in die Rippen zu bekommen, aber das war ihm im Moment fast egal.


    Aber Keller sah ihn zuerst etwas erstaunt an und begann dann laut zu lachen. "Hört euch den an, wird auch noch frech. Ich muss sagen, ganz schön mutig von dir." Wieder drehte er das Messer zwischen den Fingern und sah Tom einen Moment an. Dann beugte er sich zu ihm vor und flüsterte: "Aber das wird dir nichts nützen, Kranich. Wenn wir erst hier raus sind, wirst du dafür bezahlen, dass du mich hier rein gebracht hast. Dann wirst du dir wünschen, du wärst nie Bulle geworden." Während er das sagte starrte er Tom in die Augen. Die Kälte, die von diesen Augen ausging, ließ Tom frösteln.


    "Hier, ich habs," der Direktor hielt Semir eine Akte hin und deutete auf ein paar Namen. "Keller hatte eigentlich nur von einem Besuch, und das iwar sein Anwalt, Jens Kröger." Semir nahm die Akte, zog die Augenbraue hoch und sah Anna Engelhardt an.


    "Dann kann es nur dieser Anwalt gewesen sein. Ich werde sofort veranlassen, dass er observiert wird. Wenn er da mit drin steckt, dann führt er uns womöglich zu den Kerlen, wenn sie draussen sind.

  • Anna sah auf die Uhr. "Der Wagen müsste gleich hier sein. Ich hab Hartmut angewiesen, einen Peilsender anzubringen und..." Semir unterbrach sie. "Chefin, wenn Keller den Sender findet, ist Tom geliefert," meinte er besorgt. "Wir müssen versuchen, ihnen so zu folgen." Anna legte Semir beruhigend eine Hand auf die Schulter. "Keine Angst, Semir, Hartmut hat einen Ort gefunden, an dem sie ihn bestimmt nicht finden werden. Es wäre viel zu riskant ohne Sender." Semir nickte, aber wirklich beruhigt war er nicht. Er war sich sicher, dass Keller Tom nie frei lassen würde, dafür hasste er ihn viel zu sehr."


    "Kommen Sie, Semir," die Chefin riss ihn aus seinen Gedanken. "Wir gehen wieder zu Keller und teilen ihm mit, dass der Wagen gleich kommt."


    Als Semir und die anderen vor dem Besucherzimmer eintrafen, hatte sich die Lage nicht verändert. Tom saß immer noch auf dem Stuhl. Man sah ihm an,d ass ihn der Blutverlust geschwächt hatte. Der Wärter saß in einer Ecke auf dem Boden und war die personifizierte Angst. Er wurde von Pete in Schach gehalten und war kreideweiss im Gesicht.


    Semir sah wieder zu Tom. Er trat einen Schritt vor. "Lassen Sie ihn gehen, nehmen Sie mich mit. Es nützt ihnen doch nichts, wenn sie ihn mitschleppen müssen." Anna Engelhardt sah zu Semir und hielt die Luft an. Was würde jetzt kommen?


    Keller sah Semir an. Er war ganz ruhig. "Nein! Kranich kommt mit. Wir beide sind uns doch viel zu sehr verbunden, oder nicht?" Hämisch grinsend blickte er zu Tom. Dieser schluckte. "Ja sicher, ich komme mit." Er wollte nicht, dass sich Semir für ihn in Gefahr begab. Ausserdem hätte Keller dem Tausch sowieso nicht zugestimmt. Tom hatte inzwischen genau begriffen, dass es ihm in erster Linie um Rache ging - um Rache an ihm.


    Keller drehte sich zu Anna und Semir um. "So, dann wollen wir mal. Mir fällt der Abschied bestimmt nicht schwer. Sie sorgen dafür, dass hier alle verschwinden. Steht der Wagen auf dem Hof?" Anna nickte. "Vollgetankt! Der Schlüssel steckt."


    "O.K." Keller war zufrieden. "Ach ja, noch etwas: Falls ich auch nur den Hauch von einem Verdacht habe, dass uns jemand folgt, dann ist Kranich geliefert. Ist das angekommen? - Sie wissen inzwischen ja, dass ich nicht scherze." Semir nickte ebenfalls.


    Keller riss Tom am Arm in die Höhe. Tom stöhnte auf und war zuerst etwas wacklig auf den Beinen. Pete schnappte sich den Wärter und gemeinsam gingen sie durch die Tür Richtung Ausgang. Beim Hinausgehen trafen sich noch einmal Toms und Semirs Blicke. Semir sah genau die Angst in Toms Augen. Er musste ihm helfen!

  • Die kleine Gruppe ging die langen Gefängnisgänge entlang bis sie schließlich am Ausgangstor angekommen war. Der Pförtner drückte auf einen Knopf und die Automatik ließ das Tor aufgehen.


    Keller blieb kurz stehen. Tom spürte immer noch die Messerspitze an seinem Hals. In ihm arbeitete es. Unauffällig ließ er seinen Blick wandern. Er konnte ein paar SEK-Leute ausmachen, die sich auf dem Dach und hinter parkenden Wagen verschanzt hatten. Aber wofür? Was konnten sie tun? Sobald auch nur ein Schuß fiel, würde ihm Keller das Messer in den Hals rammen - dann war es vorüber. Aber er wusste auch, dass die Chefin ein solches Risiko niemals eingehen würde - und Semir schon gar nicht. Sicher hatten sie den Wagen mit einem Sender versehen, um ihnen unauffällig folgen zu können. Semir würde ihn schn hier raus holen, darauf vertraute er. Er musste darauf vertrauen, eine andere Chance gab es nicht.


    "Einsteigen," kam der barsche Befehl Kellers. Er gab ihm einen Stoß, der Tom mit dem Kopf gegen den Türrahmen prallen ließ. Er hatte ja noch immer die Hände auf dem Rücken gefesselt und konnte sich nicht abstützen. Ein scharfer Schmerz durchzuckte ihn und dann spürte er auch schon, wie Blut von seiner Stirn lief. Beim Einsteigen saß er noch einmal zu Semir. Der stand neben der Chefin im Eingangstor und erwiderte seinen Blick. "Hoffentlich war das nicht das letzte Mal, dass ich dich sehe, Partner," schoß es durch Toms Kopf. Dann setzte er sich auf den Rücksitz des Wagens. Keller schob sich neben ihn.


    "Die Memme lassen wir hier." Er deutete auf den Wärter. Pete grinste und stieß den verängstigten Mann von sich, so dass dieser unsanft auf dem Pflaster landete. Dann setzte er sich auf den Fahrersitz und fuhr los. Tom saß mit geschlossenen Augen da und versuchte, den Schmerz zu bekämpfen, der hinter seiner Stirn tobte. Er wünschte sich, dass das alles nur ein Traum wäre, aus dem er gleich wieder erwachen würde.


    "Ich werde mich dranhängen. Petra soll mir immer den genauen Standort durchgeben. Und ich will wissen, was dieser Kröger für einen Wagen fährt." Anna nickte. "Semir - seien sie bitte vorsichtig. Keller darf sie nicht bemerken, sonst....." Semir nickte. Er wusste ja, dass er unsichtbar bleiben musste. Aber das war ihre einzige Chance, Tom zu folgen.

  • Rehnert fuhr den Wagen in flottem Tempo durch die Stadt. Tom achtete darauf, wo es hinging, aber die Route war irgendwie willkürlich. So hatte er jedenfalls den Eindruck. Nach etwa einer halben Stunde Zickzack-Kurs fuhren sie auf den Parkplatz eines großen Einkaufcenters. Was sollte das jetzt werden.Wollten die Kerle erst mal Frühstück einkaufen? Tom konnte sich keinen richtigen Reim darauf machen. "Soll ich jetzt einkaufen gehn, oder was?" Er konnte sich den Kommentar nicht verkneifen. Keller drückte im das Messer in die Seite und herrschte ihn an. "Klappe halten, Kranich. Dich hat keiner gefragt. Du wirst schon sehen, was kommt." Die Spitze des Stiletts bohrte sich schmerzhaft durch Toms Shirt in seine Nierengegend. Rehnert ließ den Wagen im hinteren Teil des Parkplatzes, der nicht sehr frequentiert war, neben einem 5er BMW ausrollen.


    "Umsteigen," kam der Befehl von Keller. Tom gefror das Blut in den Adern. Der Kerl hatte aber auch an alles gedacht. Mit dem Wechsel des Wagens sanken seine Chancen, von Semir gefunden zu werden gegen null. Wieder spürte er den Druck des Messers. "Na los Bulle, oder glaubst du wir sind so blöd, mit dem Wagen hier weiterzufahren. Der ist doch hundertprozentig mit Sendern gespickt. Also raus hier." Langsam rutschte Tom zur Tür und stieg aus. Er wurde sofort von Keller auf den Rücksitz des BMW verfrachtet. Die Hoffnung, dass Passanten sie beobachteten und vielleicht Verdacht schöpfen würden, begrub Tom sofort wieder. Die Menschen, die zu sehen waren, strebten dem Eingang des Supermarktes zu oder waren damit beschäftigt ihre Einkäufe im Wagen zu verstauen. Ausserdem standen sie in dem entlegensten Winkel des Parkplatzes. Niemand kümmerte sich um sie.


    Erst als Tom auf dem Rücksitz saß, bemerkte er, dass bereits ein Fahrer hinter dem Steuer des BMW saß.Rehnert hatte sich bereits auf dem Beifahrersitz niedergelassen. Der Fahrer blickte durch den Rückspiegel zu Tom, sagte aber nichts. Plötzlich durchschoß Tom die Erkenntnis: das war Jens Kröger, Kellers Anwalt! Nun war ihm auch klar, wer die Waffen besorgt hatte! Kröger! Er war Kellers Fluchthelfer und wurde wahrscheinlich mit einem Teil der Beute fürstlich dafür bezahlt. Tom hatte den Anwalt zwar nur ein oder zweimal gesehen, aber er war ihm von Anfang an unsymphatische gewesen. Nun hatte er die Bestätigung!


    Keller ging suchend über den Parkplatz Richtung Ausfahrt. Dort saßen zwei Jungs mit einer Coladose und unterhielten sich. "He Jungs! Habt ihr Lust auf eine Spritzfahrt?" Keller ging lachend auf die beiden zu. Die sahen sich an. "Ich will einem Kumpel einen Streich spielen. Da drüben steht ein Opel Vectra, hier ist der Schlüssel." Keller hob den Schlüssel hoch. "Ich geb euch 50 Mäuse, wenn ihr mit dem Wagen eine Spazierfahrt macht. Kreuz und quer, wie ihr wollt. Wenn der Tank leer ist, stellt ihr ihn irgendwo ab." Die Jungs waren aufgestanden und kamen ungläubig auf Keller zu."Hey, ist das dein Ernst, oder was? Wir können wirklich mit der Karre fahren, so lange wir wollen??? Und bekommen noch Kohle dazu?" Keller nickte wohlwollend. "Sagte ich doch. Will einem Kumpel eine Lektion erteilen." "Mann, ist ja irre. Ist gebongt, machen wir!" Keller übergab den Schlüssel und ging grinsend zurück zu dem BMW und setzte sich neben Tom.


    "So, nun sind deine Kollegen eine Weile beschäftigt und wir haben unsere Ruhe. Bis die das schnallen, sind wir über alle Berge." Er lachte laut und Rehnert stimmte ein. Ihr Plan war einfach genial.

  • Semir saß in seinem Wagen und wartete einige Minuten. Er wollte nichts riskieren. Er würde ja von Petra über Funk immer den genauen Standort des Wagens durchgegeben bekommen. Für einen Moment hing er seinen Gedanken nach. Hoffentlich kam Tom heil da raus. Er hatte diesmal gar kein gutes Gefühl. Bisher hatten sie sich gegenseitig immer wieder aus den verzwicktesten Situationen rausgehauen, aber ob das diesmal auch klappte?


    Plötzlich riss ihn Petras Stimme aus den Gedanken. "Semir?.... Semir, wie ging es Tom, als......?" Semir hörte die Angst in Petras Stimme. "Petra, mach dir keine Sorgen, Tom gings gut." Er hörte ein räuspern. "Aber, er ist doch verletzt, oder?" Semir schluckte. "Ja, aber das haut ihn nicht um, glaub mir." Nach einer kurzen Pause sprach er weiter. "Petra, du gibst mir jetzt bitte alle paar Minuten den Standort durch, ich häng mich dran, ja? ..... Und Petra...." "Ja?" "Mach dir keine Sorgen, ich hol Tom da raus - versprochen." Petra nickte, aber das konnte Semir natürlich nicht sehen.


    Er hatte das Funkgerät eingehängt und dachte nur: " Ich muss es schaffen, ich muss Tom da raushauen." Dann fuhr er los. Immer in die Richtung, die Petra ihm gerade durchgab. Nach der x-ten Kursänderung fragte er skeptisch nach. "Petra? Bist du sicher? Die fahren ja kreuz und quer durch die Stadt. Ich dachte, die wollten so schnell wie möglich hier verschwinden?!?" "Natürlich bin ich mir sicher, Semir. Meine Angaben stimmen." Semir schüttelte den Kopf. Komisch. Er kam jetzt schon zum dritten Mal an der gleichen Stelle vorbei. Das hier glich eher einer Schnitzeljagd, als einer Flucht. Irgendetwas stimmte doch hier nicht.


    Tom saß auf dem Rücksitz und sah durch den Rückspiegel immer wieder, wie Kröger ihn ansah. "Na, Kröger? Als Anwalt verdient man wohl nicht genug, dass sie jetzt noch Taxifahren müssen?" Kröger lachte. "Den Humor hast du noch nicht verloren, das gefällt mir, Bulle." Keller blitze beide wütend an. Es gefiel ihm überhaupt nicht, dass der Bulle so viel quatschte. "Klappe!" herrschte er ihn an. "Oder du hast mein Messer in den Rippen."


    Er wandte sich wieder an Kröger. "Hast du die Knarren?" Kröger nickte. "Klar, wie versprochen - im Handschuhfach." Rehnert, der neben Kröger saß öffnete die Lade und kramte zwei Pistolen hervor. Zusätzlich noch eine Schachtel Munitiion. Er hob die Waffen in die Höhe und grinste. "Nun sollen die Bullen mal kommen."

  • Kröger hatte den Wagen inzwischen aus der Stadt rausgefahren. Sie befuhren eine nicht sehr stark befahrene Landstraße. Tom brauchte sich nicht zu fragen, warum ihm nicht die Augen verbunden wurden. Die Kerle hatten mit Sicherheit nicht vor, ihn freizulassen. Er musste sich irgendetwas einfallen lassen, um zu entkommen, aber er hatte noch keinen blassen Schimmer, wie er das anstellen sollte, zumal er durch die Verletzung nicht gerade in Topform war. Aber es blieb kein anderer Weg - er musste es einfach riskieren. Sie würden ihn sowieso umbringen, was machte es da für einen Unterschied, ob sie ihn bei einem Fluchtversuch abknallten oder ganz förmlich hinrichteten. So hatte er wenigstens noch eine klitzekleine Chance - und er hatte es versucht.


    "Hey, ich muss mal pinkeln." Tom sah Keller an. Dieser blickte angestrengt aus dem Fenster, als wenn er nach einem Weg suchen würde. "Jetzt nicht Bulle." kam es barsch zurück. Tom versuchte es erneut. "Soll ich euch auf den Sitz pinkeln? Ich muss wirklich ganz dringend." Zur Bekräftigung seiner Worte saß er mit zusammengekniffenen Knien da. "Wage es nicht," meldete sich Kröger von vorne. "Der Wagen ist fast neu."


    "Na dann lasst mich doch raus, wenns passiert, kann ich nichts dafür."


    "Ein Bulle der sich in die Hosen macht, das ist doch was!" Rehnert lachte wiehernd. Er fand das anscheinend urkomisch.


    "Na gut, Kröger halt mal an. Wollen den Bullen mal abheben." Auch Keller lachte. Sie fanden das urkomisch. Aber Tom machte es nichts aus. Er hatte erreicht, was er wollte. Zum Pinkeln mussten sie ihm die Hände losbinden. Er ging mal nicht davon aus, dass ihm einer der Kerle Hilfestellung leisten würde. Und sobald er die Hände frei hatte, würde er alle seine Kräfte mobilisieren! Es musste einfach klappen. Seine Nerven waren zum Zerreissen gespannt.


    Kröger hatte den Wagen am Straßenrand zum Stehen gebracht. Weit und breit war kein Wagen in Sicht. "Na dann wollen wir mal - aussteigen," befahl Keller und bugsierte Tom aus dem Wagen. Tom drehte sich mit dem Rücken zu Keller und hielt ihm die gefesselten Hände hin. "Du musst mich schon losmachen. Ich kann nicht pinkeln, wenn ich die Hände auf dem Rücken hab." Keller kramte in seiner Hosentasche und beförderte den Schlüssel der Handschellen hervor. "Na gut, aber wenn du was versuchst, wirst dus bereuen, ist das klar?"


    Tom rieb sich die Handgelenke. Es tat verdammt gut, die Hände wieder frei zu haben. Er drehte sich um, und nestelte an seiner Hose. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Kröger und Rehnert noch im Wagen saßen. Das passte.....so konnten sie nicht alle drei gleichzeitig über ihn herfallen.


    Blitzschnell drehte er sich um und schlug Keller die Faust ins Gesicht. Der hatte nicht mit dem Angriff gerechnet und ging zu Boden. Tom fing an zu rennen. Er musste so schnell wie möglich hier abhauen. Hinter sich hörte er Keller brüllen. Schüsse ertönten. Verdammt nochmal, die Kerle waren verflixt schnell. Tom rannte durch das Dickicht, aber er hatte seine Kräfte gewaltig überschätzt. Sein Körper war geschwächt und zu einer sportlichen Höchstleistung nicht bereit.


    Wieder hörte er Schüsse. Er drehte sich kurz um und spürte schon den Einschlag in seinem Oberschenkel. Tom taumelte und knallte auf den Boden. Er wollte sich gerade wieder aufrappeln, da spürte er den Lauf einer Pistole an seiner Schläfe.
    "Ich hab dir doch gesagt, wenn du was versuchst, wirst dus bereuen, aber du wolltest ja nicht hören." Keller zog ihn brutal auf die Beine und stieß ihn vor sich her zurück zum Wagen. Rehnert verpasste ihm wieder die Handschellen und stieß ihn in den Wagen. Keller setzte sich neben ihn. "Das hättest du nicht tun sollen," sagte er gefährlich leise. "Das macht deine Lage nicht besser."


    Tom biss die Zähne zusammen. "Ihr bringt mich sowieso um, da war es doch einen Versuch wert, oder?" Er sog die Luft ein. Die Schußwunde brannte wie die Hölle.

  • Semir fuhr immer noch kreuz und quer nach Petras Angaben durch die Stadt, obwohl sich seine Zweifel inzwischen verstärkt hatten, dass hier etwas nicht stimmen konnte.


    Plötzlich hörte er Petras Stimme: "Semir.....der Wagen bewegt sich seit einigen Minuten nicht mehr."


    "Wo steht er?" Bei Semir klingelten alle Alarmglocken.


    "In der Nähe des alten Kinogebäudes."


    "Danke Petra. Schick mir bitte HOtte und Dieter als Verstärkung, ja?"


    "Geht in Ordnung Semir.....und bitte sei vorsichtig!"


    "Natürlich bin ich das, Petra. Ich werd da jetzt mal nach dem Rechten sehen. Gib der Chefin Bescheid." Mit diesen Worten hatte Semir aufgelegt. Er wendete und fuhr in die Richtung des alten Kinos. Als er ganz in der Nähe war, fuhr er im Schritttempo und versuchte, den Wagen zu entdecken. Da hinten! Direkt neben der Imbissbude stand er. Na die Kerle hatten ja Nerven, gönnten sich hier in aller Ruhe eine Currywurst mit Tom im Wagen! Semir fuhr langsam noch ein Stück näher. Er konnte von weitem 2 Personen im Wagen erkennen. Verdammt, wo war dann Tom? In dem Augenblick sah er Hotte und Dieter auf den Platz fahren. Semir stieg aus und ging zum Wagen der beiden.


    "Da hinten steht der Wagen. Ich kann aber nur zwei Insassen erkennen." Dieter schluckte. "Was haben die mit Tom gemacht?" Hotte gab ihm einen Knuff mit dem Ellbogen.


    "Das werden wir jetzt herausfinden. Ich komme von rechts, ihr von links und von hinten." Die beiden nickten und alle drei pirschten sich mit gezogenen Waffen an den Wagen heran. Semir sprang an die Fahrerseite und riß die Tür auf. Mit der Waffe im Anschlag schrie er: "Waffen weg und Hände hoch!" Erst dann bemerkte er die zwei verdutzten Gesichter von zwei Halbwüchsigen, die im Auto saßen und jeder eine Schale Pommes auf dem Schoß stehen hatten. Der eine erschrak so fürchterlich, dass die Pommes mitsamt Ketchup durch den Wagen flogen. Der andere stammelte nur: "Aber wir haben das Auto doch gar nicht geklaut."


    Semir, der natürlich inzwischen auch gemerkt hatte, dass er hier die falschen erwischt hatte, ließ die Waffe sinken und steckte sie weg. "Wie kommt ihr zu dem Auto, verdammt nochmal?"


    Einer der Jungs stotterte ängstlich: "Irgend so ein Irrer hat uns 50 Mäuse gegeben, damit wir den Wagen durch die Gegend schaukeln. Er wollte einem Bekannten einen Denkzettel verpassen."


    Semir starrte den Jungen an. Dieser Keller hatte sie doch alle an der Nase herumgeführt. Wie sollte sie jetzt noch eine Spur von Tom finden?


    Der Junge sah Semir an. "Das ist wahr, verdammt. Wir haben den Wagen nicht geklaut!" Semir nickte. "Ich glaub euch das ja. Aber aussteigen müsst ihr trotzdem. Der Wagen ist beschlagnahmt." Die beiden zuckten nur mit den Schultern und stiegen aus. Sie beantworteten Hotte noch ein paar Fragen und suchten anschließend das Weite. Während sie davonrannten sagte der eine zum anderen: "Ey, das war doch echt krass - wie im Film. Wenn wir das unseren Kumpels erzählen, dann glaubt uns das keiner."


    Semir saß im Dienstwagen und nahm das Mikro. "Chefin? Wir haben den Wagen gefunden. Von Tom und den anderen keine Spur."

  • "Wie bitte?!?" Anna Engelhardt konnte es kaum glauben. "Wie konnte das passieren?"


    "Die haben uns die ganze Zeit an der Nase herumgeführt. Ich fahre schon seit über einer Stunde hinter zwei Halbwüchsigen her, die eine Spritztour gemacht haben. Keller hat ihnen den Autoschlüssel gegeben und ist mit einem anderen Wagen weitergefahren."


    "Kommen sie zur PAST, wir müssen sehen, wie wir weiter vorgehen."


    Semir startete den Wagen und fuhr zur Dienststelle. Von unterwegs veranlasste Semir, dass der Wagen zu Hartmut gebracht wurde. Vielleicht fand der ja irgendetwas, das ihnen weiterhalf.


    Als Semir im Büro ankam, sah ihm Petra schon erwartungsvoll entgegen. "Weisst du schon etwas Neues über Tom?" Semir schüttelte betreten den Kopf. "Nein, aber wir finden ihn." Dann ging er direkt zum Büro der Chefin.


    "Was machen wir denn jetzt? Wie sollen wir Tom nun finden, er kann überall sein.?!?" In dem Moment kam Dieter zur Tür herein. "Semir, du wolltest doch wissen, was dieser Kröger für einen Wagen fährt. Es ist ein 5er BMW." Semir sah Dieter zuerst etwas verständnislos an, dann schlug er sich mit der flachen Hand an die Stirn. "Das hätte ich ja fast vergessen! Na klar! Ich bin mir fast sicher, dass Kröger da mit im Spiel ist. Wer sonst hätte die Waffen ins Gefängnis schmuggeln können? - Vielleicht sind die ja mit Krögers Wagen weitergefahren. Es wäre immerhin möglich."


    Anna Engelhardt sah Semir nachdenklich an. "Möglich wäre es," meinte sie nachdenklich, "Es ist zwar nur eine kleine Chance, aber im Moment die einzige, die wir haben. - Bonrath," sie sah zu Dieter. "Überprüfen Sie, wo sich dieser Kröger im Moment aufhält und schreiben sie seinen Wagen zur Fahndung aus. Aber ohne Zugriff. Wenn ihn jemand entdeckt, soll er uns nur Bescheid geben." Dieter nickte und machte sich an die Arbeit.


    Inzwischen waren Tom und seine Entführer in einem Waldstück angelangt. Sie fuhren über einen miserablen Feldweg und hielten plötzlich an. Tom hatte die ganze Zeit über eine Möglichkeit nachgedacht, seinen Peinigern doch noch zu entkommen. Aber ihm war nichts brauchbares eingefallen. Ausserdem hatte er starke Schmerzen im Bein und der Blutverlust der letzten Stunden hatte ihn zusätzlich geschwächt. Es sah nicht gut für ihn aus, daran war nicht zu rütteln.


    Kröger, Rehnert und Keller waren bereits ausgestiegen. "Raus jetzt, Bulle.Wir machen einen kleinen Spaziergang." Keller zog ihn unsanft aus dem Wagen und stieß ihn vor sich her. Tom hatte alle Mühe, auf den Beinen zu bleiben. Immer wieder knickte er mit dem verletzten Bein ein. Jeder Schritt bereitete ihm Schmerzen. Aber er biss die Zähne zusammen und stolperte mehr schlecht als recht vorwärts. Nach etwa 200 Metern erreichten sie eine kleine Hütte, die Tom erst im letzten Moment durch das Dickicht entdeckt hatte. Sie lag an einem Weiher und diente offensichtlich als Wochenendunterkunft.


    Kröger schloß auf und Keller gab Tom einen Stoß in den Rücken, dass dieser vorwärts stolperte und unsanft auf dem Bretterboden landete. Für einen Moment wurde es schwarz vor seinen Augen. Er drehte sich zur Seite und blieb liegen.


    "So, Kröger, wo ist nun die Kohle?" Kröger löste ein Dielenbrett und förderte eine Plastiktüte zutage. Keller riss sie ihm förmlich aus der Hand. Er drehte sie um und etliche Geldbündel landeten auf dem Boden. Keller grinste selbstzufrieden. "Da sind sie ja, die Scheinchen, die uns ein angenehmes Leben bereiten werden."


    Tom lag immer noch auf dem Boden. Er versuchte, durch gleichmäßiges Atmen den Schwindel zu unterdrücken. Hier also war die Beute versteckt. Der Anwalt war von Anfang an in den Fall verwickelt gewesen!


    "Bekomm ich jetzt meinen Anteil?" Kröger sah Keller fordernd an. Dieser nickte. "Natürlich bekommst du, was dir zusteht." Blitzschnell hatte er die Waffe gezogen und richtete sie auf Kröger. "Aber.....ich hab doch alles gemacht, was du wolltest...!" stammelte Kröger. Ihm trat der kalte Schweiß auf die Stirn. Er wusste, dass Keller keine Skrupel kannte. "Ich dachte.....er sollte....ins Gras beißen..." Er zeigte auf Tom.Krögers Angst wurde übermächtig. Keller stand vor ihm und grinste ihn an. "Wird er auch, keine Sorge, aber zuerst bist du dran. Tut mir leid, ich kann keine unnötigen Mitwisser gebrauchen...!" Tom hörte den Schuß krachen und fast gleichzeitig fiel Krögers Leiche neben ihm auf den Boden. Aus einem kleinen Einschußloch in der Stirn sickerte etwas Blut. Tom schob sich mit den Beinen rückwärts an die Wand und starrte auf Kröger. Keller stand vor ihm und sah höhnisch auf ihn hinunter.

  • Na gut, noch ein kleines Stückchen, damit es nicht zu lang wird bis morgen:
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    Tom rechnete jeden Moment damit, dass er die Pistole wieder heben und abdrücken würde. Aber nichts geschah. Stattdessen steckte Keller die Pistole wieder in den Hosenbund.


    "Worauf wartest du noch? Mach ihn kalt, damit wir endlich hier verschwinden können." Rehnerts Stimme klang ungeduldig. Er wollte endlich hier weg, bevor doch noch die Bullen auftauchten.


    Keller griff in die Hosentasche und hielt plötzlich das Klappmesser in der Hand. "Ich hab es mir anders überlegt. Eine Kugel ist für dich viel zu schade. Du bekommst eine Sonderbehandlung." Mit einem "Klack" schnappte die Klinge aus dem Messergriff. Tom schluckte. Ihm wurde mit einem Mal heiss und kalt zugleich. "Damit kommen sie nicht durch, Keller." Toms Stimme klang rauh. "Mein Partner wird sie finden - egal wo sie sich verstecken." Keller begann spöttisch zu grinsen. "Oh - dein Partner, der kann dir jetzt auch nicht mehr helfen. Bis dein Verein geschnallt hat, was passiert ist, bin ich über alle Berge. Und ausserdem...." Keller beugte sich zu Tom hinunter und strich ihm mit dem Messer übers den Hals, "...haben wir beide noch eine kleine Rechnung zu begleichen, oder?" Kellers Stimme klang gefährlich leise.


    Plötzlich packte er Tom und riss ihn unsanft auf die Beine. Tom hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Er verfluchte zum x-ten Mal, dass er die Hände nicht frei hatte. Mit den beiden hätte er fertig werden können ..... aber mit den Händen auf dem Rücken?


    "So Kranich, dann verabschiede dich mal so langsam von dieser Welt ... es ist Zeit zu gehen." Rehnert stand neben den beiden und hatte das Gesicht zu einem breiten Grinsen verzogen. Der Bulle hatte es nicht anders verdient. Jeder tote Bulle war ein guter Bulle.


    "Semri wird sie finden - und dann Gnade ihnen Gott....." Tom blickte in die hasserfüllten Augen seines Gegenübers. Er sah ein kurzes Aufblitzen, sah, wie Keller ausholte ......und spürte einen furchtbaren Schmerz in seinem Bauch. Keller hatte ihm das Messer mit voller Wucht in den Bauch gerammt. Der Schmerz breitete sich in Sekundenschnelle in seinem Körper aus, verstärkte sich, als Keller die Klinge wieder herauszog. Tom stöhnte auf und sackte auf die Knie. Bunte Lichter tanzten vor seinen Augen. Wie aus weiter Ferne hörte er die Stimme Kellers: "Fahr zur Hölle, Bulle!" Er fiel zur Seite und blieb zusammengekrümmt liegen. Schemenhaft bekam er mit, wie Keller und Rehnert das Geld zusammenpackten und verschwanden.


    Tom lag auf dem Boden und versuchte, die Schmerzen, die seinen ganzen Körper erobert hatten, zu bekämpfen. Wenn ihn hier nicht bald jemand fand, dann hatte er nicht den Hauch einer Chance zu überleben. Aber wer sollte ihn hier finden? Das war eine Gottverlassene Gegend, in die sich höchstens mal ein Ausflüger verirrte. Er starrte in die toten Augen Krögers und schickte einen stummen Hilferuf an Semir: "Semir hilfmir! Lange halte ich nicht mehr durch!"

  • Zur selben Zeit stand Semir am Fenster seines Büros und sah auf den Hof. Es war inzwischen Abend geworden und immer noch hatten sie keine Spur von Tom gefunden.


    Er hatte ein komisches Gefühl im Bauch. Ihm war, als ob Tom ihn gerufen hätte. Er glaubte zwar nicht an übersinnliches und den ganzen Kram, aber er war sich sicher, dass Tom dringend Hilfe brauchte. Er war in großer Gefahr.Semir spürte das. Vielleicht gab es doch so was, wie Gedankenübertragung.....?!?


    Da ging die Tür auf und Petra kam herein. "Semir.....ich hab mal recherchiert....Kröger besitzt seit vielen Jahren eine Anglerhütte.....vielleicht...." Semir war sofort hellwach. "Mensch Petra, prima, wo ist die Hütte?" Petra erklärte es ihm. Es war zwar widerum nur ein kleiner Hoffnugnsschimmer, aber es war besser, einer kleinen Hoffnung nachzugehen, als tatenlos aus dem Fenster zu starren. Sofort ging er zu Anna Engelhardt und berichtete ihr von Petras Entdeckung!


    "Gut gemacht, Petra. - Semir, sie fahren sofort mit Hotte und Bonrath da hin. Das SEK kann ich leider nicht mobilisieren, dafür ist die Spur zu vage." Semir nickte. "Macht nichts, Chefin, wenn die Kerle sich dort versteckt halten, werden wir auch alleine mit ihnen fertig." Anna Engelhardt sah Semir scharf an. "Das werden sie nicht, Semir. Falls sich jemand dorf aufhalten sollte, werden sie mich sofort informieren und warten, bis Verstärkung kommt. Ist das klar? Ich will nicht riskieren, dass ihnen auch noch etwas passiert - sie habe ja gesehen, wozu Keller fähig ist...!"


    "Geht klar, Chefin. Ich fahr da jetzt sofort hin." Er war schon aus dem Büro und winkte Hotte und Bonrath zu. "Kommt mit, wir haben vielleicht eine Spur, wo Tom sein könnte." Semir wollte schon aus der Tür stürmen, da hielt ihn Petra am Ärmel fest. "Semir - wenn ihr Tom gefunden habt....gibst du mir dann Bescheid?" Semir sah an ihren Augen, dass sie Angst hatte. "Natürlich Petra, du wirst die erste sein, die es erfährt, versprochen." Petra nickte und sah den dreien nach, wie sie das Büro verließen. Sie hatte eine unsagbare Angst um Tom.


    Tom versuchte, sich aufzurappeln. Er musste es irgendwie schaffen, zur Straße zu kommen. Er durfte sich nicht darauf verlassen, dass Semir ihn hier fand. Nach einer endlos scheinenden Zeit stand er endlich auf den Beinen. Er stolperte aus der Tür und musste sich gleich wieder an die Wand lehnen. Die Schmerzen in seinem Bauch verstärkten sich mit jeder Bewegung und auch die Wunde am Bein pochte schmerzhaft. Er wunderte sich, was ein Mensch alles aushalten konnte, wenn es sein musste. Er sah hinaus auf den Weiher, wo gerade die Sonne unterging. Eigentlich war das hier ein richtig idyllisches Plätzchen - unter anderen Umständen. Er gab sich einen Ruck. Er musste weiter, ehe es ganz dunkel wurde. Es waren nur wenige hundert Meter bis zur Straße, aber für ihn eine fast unüberwindliche Entfernung. Langsam, Schritt für Schritt schleppte er sich vorwärts. Aber schon nach kurzer Zeit war ihm klar, dass er das niemals schaffen würde.

  • Semir war gerade auf die Autobahn eingebogen, als ein Funkspruch von Petra kam. "Cobra an Cobra 11!"


    "Ja, Petra, was gibts?"


    "Semir, ich hab grad eine Meldung reinbekommen, die Kollegen haben Krögers Wagen gesehen."


    Semir atmete tief durch, das war doch mal eine gute Nachricht. "Wo war das?" Petra gab ihm den genauen Standort durch und Semir informierte Hotte und Bonrath, die hinter ihm fuhren. "Kursänderung Hotte, der Wagen von Kröger wurde gesehen, wir fahren sofort da hin." Er gab ihnen den Standort duch und drückte das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Der BMW raste mit Blaulicht über die Autobahn, dahinter der Porsche mit Dieter und Hotte.


    Nach einer halben Stunde Fahrzeit sah Semir den Wagen direkt vor sich. Er überholte und stellte sich quer, so dass Keller scharf bremsen musste. Semir, Dieter und Hotte verschanzten sich hinter ihren Wagen.


    "Keller, geben sie auf. Steigen sie mit erhobenen Händen aus!" Wegen der Dunkelheit konnte Semir nicht genau sehen, was Keller tat, doch plötzlich krachten Schüsse durch die Nacht. Eine Kugel pfiff knapp an Semirs Kopf vorbei. In ihm kochte die Wut hoch. Er hatte die Schnauze endgültig voll. Geduckt lief er im Schutz der Dunkelheit auf die andere Seite des Fluchtwagens, riß die Tür auf und hielt Rehnert die Pistole an den Kopf. "Aussteigen - sofort!" Rehnert war so verdutzt, dass er keine Gegenwehr leistete. Semir fesselte ihn mit Handschellen an den Haltegriff. Keller leistete schon mehr Gegenwehr. Immer noch fielen Schüsse. Semir sah Keller hinter dem Wagen sitzen und auf Hotte und Bonrath schießen. Auf ihn achtete Keller nicht, er war zu sehr mit den beiden beschäftigt. Semir schlich sich an und hielt die Pistole im Anschlag. "Keller, gib auf. Es ist vorbei." Keller ruckte herum, sah Semir und zielte auf ihn. Zwei Schüsse fielen kurz hintereinander. Keller schrie auf, die Waffe fiel ihm aus der Hand. Semir hatte ihn in den Arm getroffen.


    Sofort war Semir bei ihm, kickte die Waffe zur Seite und hielt Keller in Schach, bis Hotte mit Handschellen ankam und ihn fesselte. Dieter sah ins Wageninnere.
    "Semir, Tom ist nicht da." Hilflos blickte er Semir an. "Auf dem Rücksitz ist viel Blut,Semir....."
    Semir packte Keller am Kragen. "Wo ist Tom?" Keller grinste nur.
    "Wo ist Tom?" Semir wurde lauter. Er hätte dem Kerl am liebsten eine verpasst, aber das brachte ihn auch nicht weiter.
    "Sucht ihn doch," kam es plötzlich von Keller, "....aber lasst euch ruhig Zeit......es ist sowieso zu spät.....der Kerl hat seine verdiente Strafe erhalten!" Semir packte Keller wieder am Kragen und wollte grad zum Schlag ausholen, als ihn Hotte zurückhielt. "Semir, das bringt doch nichts."
    Semir ließ die Rechte wieder sinken. "Schafft das Schwein hier weg. Mir wird schlecht, wenn ich ihn noch länger ansehe."
    Er ging zum Fluchtwagen und sah hinein. Der Rücksitz war blutverschmiert. Das konnte nicht alles von der Wunde in der Schulter sein. Die hatte fast nicht mehr geblutet. Das bedeutete......! Semir dachte den Gedanken nicht mehr zu Ende. Angst kroch in ihm hoch - Angst, dass Keller die Wahrheit gesagt hatte und Tom bereits tot war!
    Trotzdem, sie mussten sich beeilen und Tom finden - solange er nicht gefunden war, bestand immerhin noch ein Funken Hoffnung, dass er noch lebte.
    "Lasst die Kerle abholen, dann kommt nach, ich fahr zu der Anglerhütte."
    Dieter sah Hotte an. "Was ist, wenn Tom wirklich tot ist?" Hotte sah ihn vorwurfsvoll an. "Sag doch nicht sowas!" Aber insgeheim hegte auch er den Verdacht, dass es so sein könnte. Er traute sich nur nicht, es auszusprechen.


    Tom hatte sich mittlerweile weitergequält. Durch die Dunkelheit und die Schmerzen, merkte er nicht, dass er nicht in Richtung Straße ging, sondern genau entgegengesetzt. Einige Male war er schon zu Boden gegangen, hatte sich aber immer wieder aufgerafft, aber nun merkte er, dass er nicht mehr konnte. Er fiel vornüber und blieb einfach liegen. Er war zu schwer verletz, der Blutverlust war zu groß, als dass er es noch einmal schaffen konnte, auf die Beine zu kommen. Mühsam drehte er sich auf die Seite. Er sah durch die Bäume den Mond herabscheinen und dachte: "Nun ist es also soweit - hier werde ich sterben." Und der Gedanke daran machte ihm nicht einmal mehr etwas aus. Wenn nur die verdammten Schmerzen endlich aufhören würden, die in seiner Eingeweide tobten, wie ein wildes Tier. Jetzt, da er auf dem feuchten Waldboden lag, spürte er sie noch heftiger, als zuvor. Wieso wurde er nicht endlich ohnmächtig?

  • Als Semir an dem Waldweg ankam, der zu der Anglerhütte führte, war es schon fast stockdunkel. Er kramte eine große Taschenlampe aus dem Kofferraum und machte sich zu Fuß auf den Weg. Hoffentlich war er hier überhaupt richtig. Wenn er falsch abgebogen war und hier stundenlang umsonst im Wald rumlief, dann sanken Toms Chancen rapide. Plötzlich klingelte sein Handy. Hotte war dran. "Semir wir sind gleich da. Wo bist du?"


    "Rechts rein und immer dem Weg nach. Aber bringt Taschenlampen mit, hier ist es stockdunkel." Er legte auf und verstaute das Handy wieder in der Jackentasche. In der Rechten hielt er die Waffe und in der linken die Lampe. Er wusste ja nicht, dass Kröger tot war und musste damit rechnen, ihm hier vielleicht zu begegnen.


    Schritt für Schritt tastete er sich durch die Dunkelheit vorwärts. Nach einigen Minuten sah er im Schein der Taschenlampe eine kleine Hütte vor sich. Das musste es sein. Er blieb kurz stehen, atmete einmal tief durch und pirschte sich heran.


    Tom lag immer noch auf der Seite, die Hände auf dem Rücken gefesselt, auf dem Boden. Er hatte es nicht mehr geschafft, auf die Beine zu kommen. Vor seinem geistigen Auge sah er Semir und sich selbst in den verschiedensten Situationen. Wie sie sich gegenseitig immer wieder aus den schlimmsten Lagen rausgehauen hatten. Dann sah er Petra am Schreibtisch in der PAST sitzen - er lächelte schwach. Mit ihr hätte er sich vorstellen können, eine Familie zu gründen, aber nun war es zu spät. Plötzlich bekamen wieder die übermächtigen Schmerzen die Oberhand und er krümmte sich stöhnend zusammen. Er wollte gar nicht wissen, wie es in seinem Bauch aussah, was diese teuflischen Schmerzen verursachte. Wenn sie nur endlich aufhören würden! Er wurde immer schwächer und dämmerte schließlich nur noch vor sich hin.


    Semir war inzwischen bei der Hütte angekommen und hatte die Lampe gelöscht. Langsam schob er die Tür, die nur angelehnt war, nach innen. Seine Nerven waren zum Zerreissen gespannt. Er hörte keinen Laut.
    "Tom? - Bist du hier?"
    Keine Antwort.
    Semir ging noch ein paar Schritte weiter und stieß plötzlich mit dem Fuß gegen etwas, das auf dem Boden lag. Er knipste die Taschenlampe an und erschrak. Es war das Bein eines Mannes, gegen das er gestoßen war. War es Tom?
    Der Lichtkegel der Lampe wanderte weiter und plötzlich starrte in Kröger aus kalten Augen an. Er hatte ein kleines, kreisrundes Loch in der Stirn. Ein schmaler Blutfaden lief über seinen Kopf zum rechten Ohr. Er war tot.
    Im selben Augenblick hörte er hinter sich ein Geräusch. Blitzschnell fuhr er herum, die Waffe im Anschlag. "Mensch Dieter," Semir atmete aus. "musst du mir so einen Schreck einjagen?"
    "Entschuldige Semir, aber wir wollte hier nicht rumkrakelen, wir wissen ja nicht, wer sich hier noch rumtreibt," verteitigte sich Dieter.
    "Schon gut, ist ja nichts passiert."
    Dieter sah auf Kröger und ließ den Lichtstrahl seiner Lampe durch die Hütte wandern. "Semir .... hier.......sieh mal..." Semir folgte seinem Blick und sah eine große Blutlache etwa einen Meter neben Kröger. Er musste schlucken. Das Blut konnte unmöglich von Kröger sein. "Meinst du, das ist von Tom?" Dieters Blick sprach Bände.
    Semir nahm sein Handy und rief die Chefin an. "Chefin, Semir hier....nein wir haben ihn noch nicht gefunden. Aber Kröger ist tot und neben ihm eine große Blutlache. Tom muss schwer verletzt sein. Schicken Sie bitte sofort einen RTW mit Notarzt. Wir suchen ihn jetzt." Er legte auf und dachte: "Tom, wo steckst du denn?"

  • "Wir müssen ihn suchen," Semirs Stimme klang sorgenvoll. Er wusste auch, dass es bei dieser Dunkelheit sehr schwierig werden würde, Tom zu finden - wenn er überhaupt hier irgendwo war, aber ihnen blieb keine andere Wahl. Sie konnten nicht bis zum Morgen warten.


    Dieter stand mit seiner Lampe da und breitete die Arme aus. "Und wo fangen wir an? Er kann überall sein?!?" Semir nickte. "Wir teilen uns auf." Da läutete Semirs Handy, Anna Engelhardt war am Apparat. "Semir....ich habe ihnen eine Hundestaffel geschickt, die werden ihnen beim Suchen helfen. Sie müssten in ein paar Minuten bei ihnen sein." Semir atmete auf. "Danke Chefin, das wird uns bestimmt helfen."
    "Und Semir......"
    "Ja, Chefin..?"
    "Rufen Sie mich sofort an, wenn sie Tom gefunden haben, ja?"
    "Geht klar, Chefin.....und wir werden ihn finden!"
    Als er aufgelegt hatte, machten sich Dieter und Semir an die Suche. Hotte ging zum Wagen zurück um die Hundestaffel einzuweisen.
    Langsam, Schritt für Schritt drangen die beiden in einigem Abstand ins Unterholz vor, aber die Suche gestaltete sich schwierig, denn ausserhalb des Lichtkegels konnte man absolut nichts sehen. Es war also durchaus möglich, dass sie nahe an Tom vorbeigingen, ohne ihn zu sehen. Aber sie durften nicht aufgeben!
    "Tom! .....Tom!....Wo bist du???" Immer wieder riefen sie nach ihm, aber es kam keine Antwort.


    Tom dämmerte immer noch vor sich hin. Er hatte zwar einmal kurz das Bewusstsein verloren, war aber wieder aufgewacht. Pechschwarze Nacht war um ihn und er war alleine mit sich und seinen Schmerzen. Wann hatte das denn endlich ein Ende?
    Wieder durchfuhr ihn der Schmerz, er stöhnte und zog die Knie an, aber es wollte nicht aufhören.


    Semir stand einen Moment ganz still und lauschte. Da! Da war doch etwas. Es klang wie ein Stöhnen! "Dieter bleib mal ruhig stehen!" Dieter, der etwa 20 Meter neben ihm ging, blieb stehen und lauschte ebenfalls. "Ich hör nichts." Er wollte weitergehen, aber Semir gab ihm ein Zeichen, stehen zu bleiben. Da....da war es wieder.....eindeutig ein Stöhnen!


    Semirs Herz klopfte. "Tom! Tom......wo bist du?" Er ging zielstrebig auf die Stelle zu, wo er meinte, etwas gehört zu haben. Der Lichtkegel der Lampe strich über den Waldboden. Und tatsächlich....da lag jemand!
    "Dieter komm, ich hab ihn gefunden!" Semir rannte zu der Stelle und fiel neben Tom auf die Knie. Tom lag auf der Seite, er hatte die Hände mit Handschellen auf den Rücken gefesselt. Semir nestelte den Schlüssel aus seiner Tasche und befreite Tom zuerst von seinen Fesseln. Dann drehte er ihn behutsam auf den Rücken. Dieter, der inzwischen dazu gekommen war, beleuchtete das Szenario mit der Lampe.
    "Oh Gott....." entfuhr es ihm. Auch Semir erschrak, als er Tom genauer ansah. Er sah furchtbar aus. Sein Gesicht war blutverschmiert. Sein Shirt war blutgetränkt. Tom war kreideblich. "Diese Schweine, diese verdammten Schweine...! Semir zog seine Jacke aus und legte sie unter Toms Kopf.
    "Tom.......Tom.....sag was!"
    Toms Lider flatterten. "Se.....mir ..." Semir merkte, dass Tom Schmerzen hatte und griff nach seiner Hand.
    "Keller.....er....hat....mich...einfach abgestochen.......das tut.....so verdammt weh.......!"
    Semir schluckte. "Ich weiss Tom, aber jetzt ist es vorbei. Halt durch, gleich kommt der Notarzt."
    Tom lag mit geschlossenen Augen da und zitterte leicht. Dieter, der inzwischen die Kollegen informiert hatte, zog seine Jacke aus und legte sie vorsichtig auf Toms Oberkörper. Wenigstens etwas, das er für ihn tun konnte, wenn es auch nicht viel war.
    Semir kniete neben Tom, hielt dessen Hand und prüfte mit der anderen immer wieder dessen Puls. Er war kaum fühlbar und Tom war nun auch nicht mehr ansprechbar. Wo blieb nur der verdammte Arzt? Es konnte doch nicht sein, dass Tom jetzt hier in seinen Armen starb?!?

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