Jenseits von Eden

  • Ein widerliches und eiskaltes Grinsen huschte über Saschas Gesicht und er holte aus und trat Ben mit voller Wucht in die Seite. Sofort kam ein gellender Schrei von dem Getretenen und dieser versuchte sich zusammenzurollen, um den aufkommenden Schmerz etwas zu kompensieren. Schwer nach Luft japsend rollte er sich von Sammy runter und begann zu husten. Aber damit hatte Sascha noch nicht genug, mit einem triumphierenden Lachen stand er ganz genüsslich auf Bens malträtierte Hand bis man ein leises Knacken hörte.

    Sofort wurde Sammy aktiv und stürzte sich mit ihrem ganzen Gewicht auf ihren Ex-Verlobten, so dass dieser fluchend auf den Boden knallte.

    Jetzt sah der Jung-Kommissar seine Chance und warf sich auf den am Boden liegenden Sascha. Sofort reagierte Sammy und zog den Schraubenzieher aus ihrem mittlerweile völlig verdreckten Krankenhaus-Kittel. Sie merkte, dass ihr Freund in seinem momentanen Zustand, nicht gegen den eigentlich viel schmächtigeren Guillard-Sohn ankam. Zudem reagierte nun auch der völlig perplexe Josef und wollte eingreifen.

    Blitzschnell warf sie Ben den Schraubenzieher zu, welchen dieser zum Glück auffing und mit der Spitze Sascha an die Kehle drückte.

    „Keinen Schritt weiter....oder dieser Bastard...hat gleich ein Loch ..in seiner.......... Halsschlagader.....“,versuchte Ben stockend seinen Angreifer zurückzuhalten.

    Seine verletzte Hand hatte er um den Hals von Sascha gelegt und hatte sichtlich Schwierigkeiten diese im Zaum zu halten.

    „ Hahaha, das glaubst du ja wohl selber nicht, schau dich doch mal an....hahaha......du kannst dich ja kaum selber auf den Beinen halten. Und jetzt gib mir das Werkzeug, dann verspreche ich euch, du bekommst eine kleine Verschnaufpause“, redete Josef auf seinen Gefangenen ein.

    „Oh nein... auf keinen Fall.....Sammy hau ab, schnell.....bitte lauf.....du sollst laufen...mach schon.....bitte, du musst Hilfe holen....“, flehte der immer mehr schwankende Polizist.

    Sie musste es wagen und rannte an Josef vorbei.

    Er musste ihr Zeit verschaffen, er durfte jetzt nicht schlapp machen und drückte den Schraubenzieher noch etwas fester an Saschas Kehle, so dass etwas Blut austrat. Plötzlich hörte er einen lauten Schrei und ein dumpfes Geräusch. Kurz darauf stand Jessica in der Tür, sie hatte ans Sammys Kehle ein Messer gehalten.

    „Kann man euch denn nichts alleine machen lassen, ich sagte ihr sollt die Gefangenen holen und hier keine Wer-ist-der-Stärkere-Spielchen vollführen. Ben wenn du nicht möchtest, dass deine kleine Freundin gleich eine aufgeschlitzte Kehle hat, dann lass jetzt meinen Bruder los!“

    Resigniert löste er den Druck um Saschas Hals und senkte den Schraubenzieher. Im selben Moment gaben seine Beine nach und er brach zusammen. Mit hasserfülltem Blick nahm Josef dem am Boden Liegenden das Werkzeug aus der Hand. Er wollte schon mit dem Fuß zu einen Tritt ausholen, als Jessica ihn zurückhielt.

    „Nein, wir müssen weg hier und wir kommen nicht voran wenn wir ihn hinter uns her schleifen müssen, also helft ihm hoch und Sascha du sorgst dafür, dass unsere Raubkatze nicht wieder abhaut.“

    Brutal wurde Ben an den Haaren hochgezogen und mit der Brust an die Wand gedrückt. Ben wusste nicht mehr wo der Schmerz am größten war, er hatte das Gefühl sein ganzer Körper war eine einzige große Qual. Der Polizist stöhnte leise auf, doch Josef kannte keine Gnade. Dieser riss Bens Hände auf den Rücken und zurrte einen Kabelbinder um seine geschundenen Handgelenke. Wenn sein Peiniger ihn nicht an den Haaren festgehalten hätte wären Bens Beine wieder weggeknickt. So hielt er sich an die Wand gelehnt, schwer nach Luft japsend auf den wackeligen Beinen.


    Sammy wurde von dem wütenden Sascha im Zaum gehalten. Man konnte ihr ansehen welchen Hass sie gegen ihren Ex-Verlobten hegte. Sie hielt sich verbal jedoch zurück, da sie Ben nicht noch mehr gefährden wollte. Sie wusste, dass alles was sie tat ihr geliebter Ben zu spüren bekam und im Moment konnte er nicht noch mehr Leid ertragen. Somit fügte sie sich Sascha.

    Sammy versuchte Blickkontakt zu Ben aufzubauen, dieser war jedoch so damit beschäftigt nicht umzukippen, dass er nicht zu ihr rüber schaute.

    Die zierliche Krankenschwester konnte es fast nicht ertragen ihren Freund so zu sehen. Wann würde dieses Martyrium für ihn endlich ein Ende haben, sie wollte ihn so sehr in ihre Arme schließen und ihn trösten. Die Striemen von den Schlägen mit der Peitsche waren zum größten Teil entzündet, seine Bauchwunde blutete wieder, ganz zu schweigen von seiner Hand. Diese war ungefähr auf das doppelte angeschwollen und über und über mit Blut verkrustet. Das um seine Hand gewickelte Tuch hatte Josef achtlos auf den Boden geworfen um Bens Hände auf den Rücken zu fesseln. Die Kabelbinder schnitten in seine Handgelenke ein und frisches Blut tropfte auf den Boden. Zudem standen Schweißperlen auf der Stirn des jungen Hauptkommissars, er hatte immer noch Fieber, was ja auch kein Wunder war. Er musste dringend etwas trinken, ansonsten sah sie schwarz.

  • „Bitte gebt wenigsten Ben etwas zum Trinken, ansonsten wird er nicht mehr lange durchhalten. Er ist jetzt schon völlig ausgetrocknet“, flehte sie ihre Widersacher an.

    „Sie hat recht, gebt Beiden etwas zu trinken und dann müssen wir endlich los,“ befahl Jessica und einer der zwei Schlägertypen kam mit einer Flasche Wasser und hob diese Sammy unter die Nase.

    „Da, das kannst du selber machen......!“ Und warf Sammy die Flasche vor die Füße. Nachdem Sascha sie notgedrungen los gelassen hatte, nahm sie die Flasche und eilte zu Ben, welcher noch immer schwankend an der Wand lehnte, um nicht wieder zu Boden zu gehen.

    Beherzt griff sie Ben unter den Arm und ließ ihn nun langsam hinunter gleiten. Sie öffnete die Wasserflasche und redete sanft auf den jungen Mann ein.

    „Ben, mein Schatz du musst etwas trinken, aber langsam....komm schon......mach deinen Mund auf…….bitte!“ Mit völlig leeren Augen schaute er seine Sammy an. Sie hatte es nicht geschafft diesen Ganoven zu entfliehen, das war alles seine Schuld.

    Er hatte keine Kraft mehr um sie zu beschützen. Was war er nur für ein Polizist, wenn er nicht einmal mehr seine eigene Freundin beschützen konnte? Doch er durfte jetzt nicht aufgeben, sie mussten durchhalten, Semir würde bestimmt bald kommen und sie beide retten.

    Langsam öffnete er den Mund und Sammy leerte ein paar Schlucke von dem kühlen Nass hinein. Nachdem er ordentlich getrunken hatte kam ein leises „ich liebe dich“ über seine Lippen. Das waren genau die Worte die Sammy jetzt brauchte und sie hauchte ihm einen sanften Kuss auf seinen Mund: „Dito!“

    Schnell trank sie die Flasche leer und warf sie dem Handlanger vor die Füße.


    Semir und Hartmut waren in der Zwischenzeit vor dem Versteck der Guillards angekommen und bereiteten sich darauf vor, unerkannt in das Haus zu gelangen.

    „Hartmut, bitte du musst dich beeilen, wenn die rausgefunden haben, dass ich diesem Guillardsöhnchen einen Sender untergejubelt habe, werden die das Revier wechseln und wir müssen wieder von vorne anfangen,“ drängte Semir den KTU-ler.

    „Ja, ja Semir ich beeile mich ja schon,“ während er hektisch auf seinem Laptop rum tippte.

    „Geschafft! Alle Kameras und Alarmanlagen offline, du kannst rein. Soll ich mitkommen oder hier die Stellung halten?“

    „Hartmut, ich kann da drin nicht auch noch auf dich aufpassen, nicht böse sein, aber du nützt mir hier draußen mehr. Wenn ich in 1/2 Stunde nicht wieder hier bin, ruf die Krüger an und erklär ihr was passiert ist. Sie soll aber auf keinen Fall das LKA einschalten, auch wenn es gegen die Vorschriften ist. Und sag ihr, dass ich es nicht verantworten konnte, Ben in den sicheren Tod zu schicken. Dann verliere ich lieber meinen Job, als Ben sein Leben.“

    Mit einem Klaps auf Hartmuts Schulter, lud Semir seine Waffe durch und verließ mit den Worten „keine Zukunft ihr Mistkerle“ das Auto von dem Rothaarigen.

    „Viel Glück und bring uns unseren Heißsporn an einem Stück zurück!“ Hartmut war ganz und gar nicht wohl bei der Sache, er kannte den kleine Halbtürken mittlerweile gut genug, um zu wissen, ihn von seinem Vorhaben nicht abbringen zu können.


    „Jetzt bewegt ihr euch gefälligst, lange genug ausgeruht!“ Grob wurde Sammy von Ben weggezogen und Sascha drückte die junge Frau fest an seine Brust um ihr klar zu machen, dass sie keine Fluchtmöglichkeit mehr hatte.

    Der verletzte Ben wurde von Josef brutalst auf die Beine gezogen und in den Rücken getreten, so dass dieser zu straucheln begann und fast stürzte.

    „Los vorwärts du Dreckstück,“ befahl er ihm.

    Jessica hatte schon alles vorbereitet. In einem kleinen Raum im Keller, schob sie schnell ein Regal zur Seite und öffnete eine dahinterliegende Stahltür.

    Als alle durch die Tür waren, schloss sie diese von der anderen Seite wieder ab. Sie mussten sich beeilen, wie befürchtet hatte sie oben in der Wohnung etwas gehört. Entweder es war das LKA, welches sich doch entschlossen hatte zu stürmen oder es war Bens Partner, Semir Gerkhan.

    Sie mussten sich jetzt sputen, bis die Geheimtüre gefunden würde, müssten sie aus den Gängen eigentlich schon lange draußen sein.

    Leider war das Vorankommen aufgrund der widrigen Umstände sehr mühsam!


    Mit ein paar geübten Handgriffen hatte Semir unbemerkt das Schloss der Haustür geöffnet und schaute sich vorsichtig in der Wohnung um. Er konnte mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass hier niemand mehr war. Vorsichtshalber schaute er noch in der oberen Etage nach, aber auch hier war alles wie ausgestorben. Das konnte nicht sein, zumindest Sascha Guillard müsste hier irgendwo sein, dieser hatte das Haus betreten aber nicht mehr verlassen. Panik stieg in Semir auf, hatte er seine letzte Spur zu Ben schon wieder verloren?

    Nein das durfte und konnte nicht sein! Jetzt blieb nur noch der Keller übrig und so schlich er leise die steile Treppe hinab. Er musste vorsichtig sein, vielleicht hatten sie ihn bemerkt und lauerten ihm irgendwo auf. Mit gezogener Waffe stieß er die erste Tür auf und sah sich um. In dem Raum lag eine modrige Matratze und ein paar blutverschmierte Decken.

    „Oh mein Gott!“ Hier wurden sie bestimmt festgehalten und das Blut war höchstwahrscheinlich von seinem besten Freund. Mit schnellen Schritten betrat er den nächsten Raum, in diesem sah es aus wie in einer Folterkammer. Von der Decke hingen Stahlketten mit Handschellen und was Semir jetzt auf dem Tisch liegen sah, ließ ihm den Atem stocken.

    In einer getrockneten Blutlache lagen mehrere abgezogenen Fingernägeln und ein paar rostige Nägel.

    Was haben diese Sadisten nur mit seinem Partner gemacht?

    Auch auf dem Boden war an mehrere Stellen Blut zu sehen. Nachdem er in den anderen Räumen ebenfalls niemand gefunden hatte, stand er vor einer Tür, welche sich nicht öffnen ließ. Das war vielleicht die Lösung, die Bande konnte durch einen Geheimgang unbemerkt verschwinden und Ben und Samantha haben sie mitgenommen.

    Panisch zog er sein Handy raus und rief Hartmut an.

    „Hartmut, jetzt hör mir bitte gut zu! Ruf die Spurensicherung und die Chefin an, ich brauche Verstärkung. Ben und Samantha wurden definitiv hier unten im Keller festgehalten. Ich befürchte sie sind durch einen unterirdischen Gang geflohen. Wenn ich noch länger warte, sind sie wahrscheinlich über alle Berge und wir werden Ben nie finden.“

    „Semir du kommst gegen diese Bande nicht alleine an, bitte warte auf die Verstärkung!“ Versuchte Hartmut ihn zur Vernunft zu bringen.

    Aber Semir hatte schon aufgelegt.


    Ben versuchte sich schwankend auf seinen Beinen zu halten, jedoch wollten diese nicht so wie er wollte. Seine verbliebenen Kräfte schwanden von Meter zu Meter, er wusste jedoch auch, wenn die Schlägertypen Hand anlegten, würde es unangenehm werden. Also schleppte er sich mühsam voran und hoffte, dass er durchhalten würde.

    Sammy wurde noch immer von Sascha festgehalten und dieser zerrte sie mehr als dass sie selbst lief. Die Krankenschwester versuchte Ben Zeit zu verschaffen, denn auch sie hatte bemerkt, dass dieser sich nur noch schwerlich auf den Beinen halten konnte.

    Doch dann war es endgültig vorbei, der junge Beamte stolperte und knallte mit dem Kopf gegen die Wand. Da seine Hände auf den Rücken gefesselt waren, hatte er keine Chance sich abzufangen. Mit voller Wucht traf er mit der Stirn auf und es wurde augenblicklich dunkel um ihn.

    Jetzt konnte Sascha die tobende Sammy nicht mehr zurück halten. Schnell war sie bei ihm und drehte ihn behutsam auf die Seite. Aus einer großen Platzwunde am Auge floss das Blut in Strömen über sein eh schon leichenblasses Gesicht.


    „Schnell, ich brauche etwas um die Blutung zu stoppen,“ brüllte sie Jessica an. Diese reichte ihr einen großen Schal und beugte sich ebenfalls zu dem Verletzten hinunter.

    „Das hat uns gerade noch gefehlt, könnt ihr nicht aufpassen,“ schrie sie ihre Handlanger an.

    „Wenn wir weiter so langsam vorankommen, kriegen die uns noch. Ihr Zwei werdet ihn ab jetzt tragen!“

    Sammy wickelte den Schal um Bens Kopf und dann ging es auch schon weiter. Ihr Freund sah nicht gut aus, jetzt musste endlich etwas passieren, er hielt definitiv nicht mehr lange durch. Die Schläger griffen Ben nun unter die Arme und trugen ihn weiter in Richtung Ausgang.

    Doch dann passierte etwas, womit keiner gerechnet hatte……

  • „Hände hoch, Polizei, lassen sie ihre Waffen fallen und ergeben sie sich. Sie haben keine Chance, sie sind umstellt“, kam es lautstark von hinten. Erschrocken zog Josef seine Waffe und hielt sie dem gerade wieder wach werdenden Ben an den Kopf.

    Seine Augenlieder waren unendlich schwer und der Schmerz in seinem Kopf explodierte förmlich. Ben öffnete mit flatternden Lidern langsam seine Augen und konnte die Situation zuerst nicht einordnen. Als er jedoch die unverkennbare Stimme seines besten Freundes vernahm, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Endlich, er hatte sie gefunden, jetzt würde alles gut werden. Semir würde sie aus dieser Hölle rausholen und er durfte seine Sammy in die Arme nehmen. Doch dann erkannte er, dass Josef ihm eine Waffe an den Kopf hielt und seine Hoffnung löste sich in Luft auf. Vor allem sah es so aus, als wäre außer Semir keine Kavallerie in Sicht.

    War sein Partner denn ganz alleine gekommen?

    Geistesgegenwärtig rief er Sammy zu. „Sammy schnell lauf zu Semir, schnell.“

    Diese trat Sascha nun ans Schienbein, so dass dieser in die Knie ging, dann rannte sie los.

    Semir schob die zierliche Krankenschwester hinter sich und schaute erschrocken auf seinen besten Freund.

    Ben sah furchtbar aus, über seine rechte Gesichtshälfte lief in Strömen das Blut, trotz des um seinen Kopf gewickelten Schal. Sein Gesicht war eingefallen und schmerzverzerrt.

    Was hatten sie seinem Partner nur angetan?


    „Wenn sie ihren Partner lebend wieder haben möchten, drehen sie sich jetzt um, nehmen die Kleine mit und lassen uns unbehelligt ziehen. Sie wollen hier doch kein Blutbad anrichten?Außerdem kann jeder sehen, dass sie wohl alleine gekommen sind. Ihre werten Kollegen wollten wahrscheinlich den ganzen Kuchen haben und nicht nur ein Stück. Habe ich recht Herr Gerkhan?“

    Semir traute seinen Augen nicht, sprach da gerade eine Tote mit ihm?

    Jetzt wurde ihm auf einmal klar, was Ben im Krankenhaus meinte mit „Semir, ich habe sie gesehen!“

    „Jessica Guillard, ich glaube ich sehe ein Gespenst. Wie ist das möglich, ich habe gesehen wie ihr Vater sie erschossen hat und ich habe den Autopsie-Bericht gelesen.“

    „Tja Herr Gerkhan, ich kann mich auf meine Leute eben verlassen, das sieht bei ihnen wohl gerade etwas anders aus. Der arme Ben wurde wohl geopfert.“

    „Lassen sie Ben frei, dann können sie gehen und ich verfolge sie nicht weiter,“ versuchte Semir die Situation zu retten.

    „Nein Herr Gerkhan, ich glaube nicht, dass sie in der Lage sind Forderungen zu stellen. Aber ich möchte ihnen ein wenig entgegenkommen. Sie können Bens kleine Krankenschwester mitnehmen und wir behalten dafür ihren Kollegen als Faustpfand. Sie werden sich nicht mehr einmischen, ansonsten ist ihr Partner tot. Sie werden dafür sorgen, dass das LKA auf eine falsche Fährte gelotst wird, ansonsten ist ihr Partner tot. Sie werden uns alle Schritte über das Vorgehen zur Verhinderung des Deals mitteilen, ansonsten ist ihr Partner tot.“ Erklärte Jessica Semir was sie für Bens Leben verlangte.


    „Das können sie komplett vergessen, ich werde hier nicht ohne meinen Partner raus gehen“, brüllte Semir die Gangsterbraut ungehalten an.

    Nach einem kurzen Zeichen Jessicas in Richtung Josef holte dieser ein Butterfly-Messer heraus und rammte dieses ohne zu zögern in Bens Schulter. Ein gellender Schrei entwich Bens Kehle und er blickte flehend zu Semir. Genüsslich drehte Josef das Messer, welches noch immer in der Schulter steckte, herum.

    „Semir bitte tu .....was sie sagt, sie meint es verdammt.....ernst. Bring... Sammy in....Sicherheit, ....bitte .......ihr darf nichts.....passieren......“, flehte Ben seinen Freund an.

    In dem Moment zog Josef das Messer aus Ben heraus und dieser sackte bewusstlos zusammen.

    „Schon gut, schon gut, aber lasst ihn in Ruhe, bitte tun sie ihm nichts mehr.“ Semir konnte den Anblick seines verletzten Freundes fast nicht ertragen. Sein bester Freund war nur noch ein Schatten seiner selbst und er wusste, dass Ben nicht mehr lange durchhalten würde.

    Aber jetzt erst mal hatte er verloren. Semir griff nach Sammys Hand und versuchte sie mit sich zu ziehen.

    „Nein, ich kann ihn nicht alleine lassen, er braucht mich.....lassen sie mich los....bitte...ich muss zu ihm. Warum lasst ihr ihn nicht gehen? Ihr könnt mich als Druckmittel behalten.“

    Schrie sie voller Verzweiflung.

    „Herr Gerkhan, entweder sie bringen diese Wildkatze jetzt hier raus oder ihrem Kollegen wird noch viel Schlimmeres widerfahren. Josef, zeig ihnen was ich damit meine.“

    Und schon setzte Josef sein Messer an Bens Oberarm und wollte zustechen.

    „Nein, schon gut Samantha wird ja mitkommen. Kommen sie, ansonsten schaden sie Ben nur noch mehr.“ Versuchte Semir sie zu überzeugen.

    Sammys Widerstand war gebrochen, als sie sich noch einmal umdrehte sah sie wie Ben langsam die Augen öffnete und ihr mit schmerzverzerrtem Gesicht hinterherschaute. Eine einsame Träne löste sich und Samantha hoffte, dass dies nicht das letzte Mal war, dass sie ihren Ben lebend gesehen hatte.

  • Semir blieb nichts andere übrig als zu der Geheimtür zurück zu laufen um Samantha Held in Sicherheit zu bringen.

    Als sie durch die Geheimtür stiegen, wimmelte es bereits von Leuten des LKAs, der Spurensicherung und den eigenen Leute der Autobahnpolizei. Frau Krüger empfing die zwei als Erste. Sie war sichtlich erleichtert, als sie die Geisel sah.

    „Wo ist Ben?“Erkundigte sie sich sichtlich besorgt, nach ihrem Beamten. Da stürmten auch schon ein paar hochgesottene LKA Schnösel herein, gefolgt von der Staatsanwältin Schrankmann.

    „Herr Gerkhan, diese Aktion wird Konsequenzen für sie haben, sie sollten sich doch nicht einmischen. Frau Krüger sie wissen was sie zu tun haben!“

    Das konnte Semir unmöglich auf sich sitzen lassen.

    „Was glauben sie eigentlich wer sie sind! Sie bestimmen hier über Leben und Tod, nur damit sie diese Bande auf frischer Tat ertappen können……… Die Opfer sind ihnen völlig egal.“ Jetzt kam Semir so richtig in Fahrt.

    „Frau Krüger, hier haben sie meine Dienstwaffe und meinen Dienstausweis. Ich weiß auch ihnen sind die Hände gebunden, aber ich....... Frau Krüger sie hätten ihn....sehen müssen“, fing Semir verzweifelt an zu stocken.

    „Er war nur noch ein Schatten seiner selbst und trotzdem dachte er in keiner Sekunde an sich, nein seine Sorge galt dem zweiten Entführungsopfers, ……er wollte sie in Sicherheit wiegen.“

    Verzweifelt ging er in die Knie, er konnte nicht mehr, er musste seinen besten Freund in den Fängen dieser Verbrecher zurück lassen.

    Als er ein leises Schluchzen vernahm, bemerkte er erst Sammy die ihn fassungslos anschaute.


    „Habe ich das jetzt richtig verstanden, sie hätten Ben und mich schon längst rausholen können.....haben es aber nicht getan, da sie .....oh mein Gott....er wird sterben... Semir..!“

    Sanft nahm er sie in die Arme.

    „Ich verspreche ihnen, dass ich nicht eher ruhen werde bevor ich Ben da nicht rausgeholt habe!“ Behutsam nahm er Sammy an der Hand und zog sie aus dem Haus in welchem sie so schreckliche Dinge erleben musste.

    „Kommen sie, ich bringe sie jetzt erst einmal ins Krankenhaus, die sollen sie durchchecken.“ Sammy ließ es ohne Gegenwehr geschehen, sie konnte es noch immer nicht fassen, dass Bens eigene Leute ihn verraten hatten.

    „Moment einmal, Herr Gerkhan sie können sie nicht mitnehmen, sie ist eine Zeugin, sie bringen sie nach dem Krankenhaus bitte zum Verhör aufs Revier.“ Die Oberstaatsanwältin hatte sich vor ihn geschoben und schaute ihm mit bissiger Mine entgegen.

    „Ich werde außer Semir niemanden etwas sagen, ihm vertraue ich, weil auch Ben ihm bedingungslos vertraut.“ Mit diesen Worten verließen sie endgültig das Haus des Schreckens.


    Nachdem Semir und Sammy ihn zurück lassen mussten, verlor Ben jegliche Hoffnung hier lebend heraus zu kommen. Als er seine Augen öffnete befand er sich in einer Art Steinbruch. Er saß auf einem feuchten harten Untergrund und seine Hände waren an einen Eisenring an die Wand gefesselt.

    Entsetzt musterte er seine malträtierte Hand, diese war angeschwollen, blutverkrustet und feuerrot. Besonders das Nagelbett welche keine Nägel mehr hatten war stark entzündet und irgendwie taub. Es war ihm unmöglich sich hinzulegen, da ihre Entführer die Fesselung weit über seinem Kopf, an einem rostigen Eisenring befestigt hatten. Seine Kräfte waren vollständig aufgebraucht und jeder Zentimeter seines Körpers strahlte ein Inferno aus Schmerz und Pein aus. Besonders seine Schulter brannte extrem, er erinnerte sich an die Messerattacke von Josef Van Gochen zurück und stellte erleichtert fest, dass die Wunde aufgehört hatte zu bluteten.

    Erschöpft lehnte er seine Stirn an die kalte, feuchte Wand um seinen glühend heißen Kopf etwas Abkühlung zu verschaffen. Nachdem er sich wieder etwas gefangen hatte, schweifte sein Blick durch den riesigen Steinbruch. In der Mitte standen Unmengen an Holzkisten. Wahrscheinlich befanden sich in diesen die Waffen für den bevorstehenden Deal.

    Und damit lag er goldrichtig, unweit von Ben hörte er Jessica reden. Sie unterhielt sich mit irgendjemandem, dessen Stimme Ben nicht kannte.


    „Wir müssen die Durchführung des Deals um zwei Tage verschieben, bitte kümmere dich darum. Der Türkenbulle muss uns den Rücken frei halten, wir haben seinen Partner als Druckmittel und er wird tun was wir von ihm verlangen. Lasst ihn überwachen, damit wir sicher gehen können, dass er nichts gegen uns unternimmt.“

    „Wird gemacht, Boss!“

    Als Ben merkte, dass sich Schritte näherten, stellte er sich schlafend. Eine kleine Hand berührte seine Wange und strich ihm eine verschwitzte Haarsträhne aus seinem Gesicht.

    Nachdem sich die Schritte schnell entfernt hatten und Ben sicher sein konnte, dass die Luft rein war, öffnete er vorsichtig seine Augen.

    Er war wieder allein.

    War das etwa Jessica?

    Vielleicht war seine jetzige Lage doch nicht so aussichtslos wie er bisher dachte.

  • Semir brachte Sammy erst einmal ins Krankenhaus zum Durchchecken, sie hatte keine großen äußerlichen Verletzungen erlitten. Wie es in ihrem Innersten aussah konnte Semir nur erahnen.

    Er dachte gar nicht daran Sammy aufs Revier zu bringen und somit nahm er sie, nach kurzer Rücksprache mit Andrea, mit zu sich nach Hause. Dort konnte sie ihm alles in Ruhe erzählen und vielleicht bekam er über Sam irgendwelche Anhaltspunkte, wo diese Verbrecher Ben jetzt festhielten.


    Als die Krankenschwester das Haus der Gerkhans betrat, spürte sie sogleich ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Sie konnte Ben nun sehr gut verstehen, als er ihr damals von seiner „Ersatzfamilie“ erzählte, sprach er ganz oft von Geborgenheit und Wärme.

    Andrea begrüßte sie herzlich und schon waren auch Ayda und Lilly zur Stelle und inspizierten sie neugierig. Sammy liebte Kinder sehr und war gleich Feuer und Flamme für die zwei Racker.

    „Sammy komm mit, du brauchst jetzt erst mal eine warme Dusche und ein paar frische Klamotten,“ ging Andrea gleich zum „Du“ über.

    „Du hast in etwa meine Kleidergröße da finde ich schon etwas Passendes für dich.“ Schon hatte Andrea das Eis gebrochen und Semir schaute sie dankbar an. Seine Herzensdame war so schön unkompliziert und somit drückte er ihr einen zärtlichen Kuss auf die Wange und ließ die zwei Frauen erst einmal alleine.


    Nachdem Sammy ausgiebig geduscht hatte und sie in frischen Klamotten steckte, ging es ihr schon viel besser. Sie hatte sich kräftig geschrubbt, in der Hoffnung den ganzen Dreck, die ganze Verzweiflung und die große Sorge um Ben einfach wegwaschen zu können.

    Als Semir die zierliche Frau erblickte, konnte er sehr gut verstehen, warum Ben sich in sie verliebt hatte. Ihre unbändigen langen, blonden Locken hingen ihr wirr ins Gesicht und ihre blauen Augen funkelten wie zwei Kristalle in dem bildhübschen Gesicht. Sie hatte eine schlanke zierliche Figur mit weiblichen Kurven an den richtigen Stellen und sie war mit Sicherheit so selbstlos wie Ben, ansonsten hätte sie wohl kaum diesen Beruf gewählt.

    Die beiden passten perfekt zusammen, aber irgendjemand oder irgendetwas gönnte Ben dieses Glück nicht.

    Es war schon zerbrochen ehe es anfangen konnte.

    „Komm rein Sammy, Andrea kocht uns gerade etwas Leckeres, du hast bestimmt einen großen Hunger.“

    „Ja, seit der Entführung habe ich fast nichts mehr gegessen, ich könnte ein Pferd verschlingen“, versuchte sie zu scherzen.

    Jedoch fiel die Fassade sofort wieder und sie brach in Tränen aus.

    „Semir, es war so schrecklich was sie Ben alles angetan hatten. Wie können Menschen nur so grausam sein?“


    Nach dem Essen, setzten sie sich zusammen ins Wohnzimmer und dann fing Samantha an zu erzählen. Andrea hatte zuvor noch die Kinder ins Bett gebracht und ihnen eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen.

    Gespannt lauschten sie Sammys Erzählungen und keiner der Beiden traute sich die junge Frau zu unterbrechen.

    Sie erzählte von der Entführung aus dem Krankenhaus und dem anschließendem Martyrium von Ben. Völlig entsetzt war Semir von der Brutalität der Täter, als Sammy von der Nagel-Aktion erzählte. Jetzt konnte sich Andrea auch nicht mehr zurück halten und ein paar stille Tränen flossen über ihre Wangen. Für sie war Ben immer wie ein großes Kind und wenn Ben mit ihren Kindern zusammen war, ging ihr das Herz auf. Er war so liebevoll und doch so draufgängerisch und genau das liebten Ayda und Lilly. Sie vergötterten ihren Onkel Benben.

    Sie hatte solch eine Angst um ihn, aber auch um ihren Mann, denn sie wusste, dass Semir alles für Ben geben würde und sich dabei unüberlegt in Gefahr begab. Semir würde es nicht noch einmal verkraften einen Partner und vor allem seinen besten Freund zu verlieren.

    „Haben diese Jessica oder dieser Josef irgendetwas über den Waffendeal in eurer Anwesenheit gesagt?“Fragte Semir dann aber doch nach.

    „Wir müssen jetzt jede Kleinigkeit über diese Jessica Guillard rausbekommen, vielleicht gibt es noch weitere Grundstücke, Anwesen oder Hallen welche auf ihren Decknamen laufen. Ich werde Susanne darauf ansetzen. Wir dürfen nichts riskieren, wir werden mit Sicherheit beschattet und wenn sie rausbekommen, dass ich weiter ermittle bringen wir Ben damit in Gefahr. Zudem bin ich meine Marke los, ich kann nur über Susanne, Hartmut oder Dieter etwas in Erfahrung bringen. Und du legst dich jetzt hin und schläfst, Andrea hat dir das Gästezimmer hergerichtet, in dem schläft normalerweise immer Ben.“ Fügte er noch etwas wehmütig hinzu.

    Hoffentlich würde Ben bald wieder in seinem Haus nächtigen. Sie würden grillen, Bier trinken, Fußball schauen und sich gegenseitig aufziehen. Ja das konnte man herrlich mit Ben, er war nicht gleich eingeschnappt und konnte auch einstecken ohne dass ihre Männerfreundschaft Schaden nahm.

    Nachdem die Frauen sich zurückgezogen hatten, nahm Semir sein Handy und wählte Susannes Privatnummer. Susanne versicherte ihm nichts der Chefin zu erzählen und alle nötigen Informationen über diese Jessica Guillard zusammen zu tragen. Auch würde sie ihren Freund und Geschäftspartner Josef Van Gochen und ihren Bruder gründlich durchleuchten. Sie war ebenfalls sehr in Sorge um Ben und war natürlich bereit alles zu tun, dass Ben schnellstmöglich gefunden wurde.

  • Fürs erste wurde Ben völlig in Ruhe gelassen. Er wunderte sich schon über die Fürsorge der zwei Handlanger, die ihn in einen kleinen Raum brachten. Dort gab es sogar ein Bett, ein kleines Waschbecken und eine Toilette. Sie stellten ihm einen Korb mit frischem Wasser und etwas zum Essen hin, zudem hatten sie noch einen Erste-Hilfe-Kasten und ein paar Schmerztabletten dazugelegt.

    Die Fesselung wurde komplett entfernt.

    Irgendetwas stimmte hier nicht, zuerst brachten sie ihn fast um und jetzt waren sie um sein Wohlbefinden besorgt. Für den Moment war er jedoch dankbar und stärkte sich erst einmal mit einem Stück Brot und etwas Käse. Er machte sich auch keine Gedanken darüber ob diese Verbrecher ihm irgendetwas untergemischt hatten. Wenn er zu Kräften kommen wollte musste er essen und trinken.

    Langsam begann er die Wasserflasche zu leeren und blickte dann erleichtert auf die Toilette. Wenigstens darüber musste er sich jetzt keine Gedanken mehr machen. Nachdem er das spärliche Mahl zu sich genommen hatte, schluckte er eine Schmerztablette.

    Sein Körper fühlte sich noch immer an wie ein brennendes Inferno.

    Mit schweren Schritten, quälte er sich in Richtung Waschbecken. Jede Bewegung war die reinste Qual für seinen geschundenen Körper. Mit seiner gesunden Hand drehte er das Wasser auf und wartete etwas ab, bis keine braune Brühe mehr aus dem Hahnen lief. Dann nahm er seine verletzte Hand und hob sie vorsichtig unter das fließende Wasser. Augenblicklich zog er diese wieder zurück und musste sich erst einmal am Waschbecken abstützen, damit er nicht zu Boden stürzte.

    „Ben, da musst du jetzt durch“, versuchte er sich selber Mut zuzusprechen. Somit ließ er erst einmal das kalte Wasser darüber laufen, was schon höllische Schmerzen verursachte. Dann begann er mit der anderen Hand vorsichtig das getrocknete Blut abzuwaschen. Die Hand war noch immer stark angeschwollen und die Löcher von den Nägeln waren allesamt entzündet. Das war aber auch kein Wunder, so rostig wie die Nägel waren.

    Er musste sich beherrschen um nicht laut aufzuschreien. Nach dieser Tortur war er völlig fertig und hatte Schwierigkeiten standhaft zu bleiben. Eigentlich sollte er auch noch seine anderen Wunden reinigen, aber hierfür fehlte ihm jegliche Kraft. Schwankend schaffte er es gerade noch sich auf das Bett fallen zulassen und fiel augenblicklich in eine erlösende Dunkelheit.


    Jessica hatte für Ben eine komfortablere Unterkunft gewählt, sie durfte nicht riskieren, dass er jetzt auf der Zielgerade schlapp machen würde. Ebenso musste sie sich eingestehen, dass sie dieser dunkelhaarige und durchaus gut aussehende Polizist sehr beeindruckt hatte. Er war ein Kämpfer und hätte sein Leben ohne zu zögern für seine kleine Freundin gegeben. Wahrscheinlich hätte er damals sein Leben auch für sie geopfert und dieser Gedanke verwirrte sie extrem.

    Schon so lange hatte sie dieses Gefühl von Mitleid nicht mehr gespürt, ihr Herz war kalt und hart wie ein Stein. Es war ein gutes Gefühl und zum ersten Mal seit ihrem vorgetäuschten Tod begann sie an ihrem Vorhaben zu zweifeln. Wobei wenn sie diesen Deal ohne Skrupel durchziehen würden, könnte sie sich zur Ruhe setzen und den ganzen Scheiß hinter sich lassen.


    Josef und Sascha waren erst einmal damit beschäftigt den kleinen türkischen Freund von Ben zu beschatten. Der schien jedoch die Füße still zu halten, vielleicht konnten sie den Deal ohne Zwischenfälle über die Bühne bringen.

    Jedoch erfuhren sie über einen Spitzel bei der Autobahnpolizei, dass über die Sekretärin der PAST Informationen über die Familie Guillard und auch über Josef Van Gochen eingeholt wurden.

    Sie mussten dem kleinen Bullen erst mal klar machen, was es für Konsequenzen für Ben Jäger haben würde, wenn er sich nicht an die Abmachungen hielt.


    Als Ben erwachte, kamen langsam seine Lebensgeister und auch sein Überlebenswille wieder zurück. Er fühlte sich schon etwas besser.

    Die Wunde an der Schulter blutete nicht mehr, seine Hand war zumindest nicht mehr auf das doppelte angeschwollen, man konnte schon wieder so etwas wie eine Hand erahnen.

    Seine gebrochenen Rippen schmerzten noch, jedoch nach dem erholsamen Schlaf in dem halbwegs weichen Bett waren diese erträglich.

    Vorsichtig erhob er sich und erleichterte sich erst einmal. Dann zog er sachte sein T-Shirt aus und begann seinen geschundenen Oberkörper vom Dreck und Blut zu reinigen.

    Er zog aus dem Erste -Hilfe-Set das Verbandsmaterial und versorgte provisorisch alle Wunden, soweit dies mit einer Hand möglich war. Schnell drückte er sich noch eine Schmerztablette heraus und schluckte sie hinunter.

    Er hatte furchtbar Hunger und so füllte er seinen Magen mit Wasser aus dem Wasserhahn.

    Sofort rebellierte sein leerer Magen gegen das kalte Wasser und die Schmerztablette und alles kam in einem Schwall wieder hoch. Da ihm jetzt auch noch furchtbar schlecht war, beschloss er sich wieder hinzulegen. Er musste hier irgendwie raus, seine Sammy war in Sicherheit und somit konnte er sie auch nicht mehr in Gefahr bringen. Verzweifelt versuchte er sich in Gedanken einen Fluchtplan zurechtzulegen, doch je länger er darüber grübelte, umso aussichtsloser wurde ihm seine Lage.

    „Semir, bitte hol mich hier raus“, begann er herzzerreißend zu schluchzen „ich will doch noch nicht sterben“. Er vergrub sein Gesicht in dem modrig riechenden Kissen und war schnell wieder eingeschlafen.

  • Als Josef den Gefangenen nicht da vorfand, wo er ihn angekettet hatte wurde er fuchsteufelswild. Jetzt würde er erst einmal Jessica zur Rede stellen, langsam hatte er das Gefühl sie würde ihn in Schutz nehmen.

    Und so wie die Lage aussah, hielt sich dieser Semir Gerkhan ganz und gar nicht an Jessicas Anweisungen. Die Tatsache, dass Bens Partner weiterhin versuchte sie zu überführen, machte Jessica wütend. Sie mussten ihn stoppen und sie wusste, dass dies nur über eine Abreibung der Geisel ging.

    Sie erklärte Josef und Sascha wo sie Ben untergebracht hatte und wusste auch, dass sie gegen diese Aktion nichts unternehmen konnte.


    Ben bemerkte seine Angreifer erst, als diese unmittelbar über ihm standen. Einer der zwei Schlägertypen zog ihn brutal hoch und drehte ihm seinen Arm auf den Rücken. Ein leises Stöhnen entwich dem Gefangenen, er hatte keine Chance gegen diesen Koloss. Nicht einmal wenn er nicht verletzt gewesen wäre.

    „Unser Benilein konnte sich ein wenig erholen, so …….damit du dich erst gar nicht daran gewöhnst....“, süffisant lächelnd trat dieser Verbrecher vor Ben und zog ihm genüsslich einen Verband nach dem anderen herunter.

    „Zieh dich aus!“ Befahl Josef nun.

    „Du kannst mich mal, mach’s dir doch selber, du Dreckschwein“, versuchte Ben sich wenigstens verbal zu wehren.

    „Wie du willst, dann werden das Ralf und Herbert wohl übernehmen müssen“, Josef schnippte mit den Fingern, „du hattest die Wahl.“

    Bevor Ben protestieren konnte schlug der eine ihm seine Faust in den Magen und er klappte zusammen wie ein Taschenmesser. Am Boden liegend musste er noch drei weitere Schläge einstecken, ehe sie ihm die Kleider vom Leib rissen. Nur noch mit seiner Boxershorts bekleidet lag er zitternd vor Schmerz und Kälte auf dem harten Beton und hatte diesen Grausamkeiten nichts entgegenzusetzen.

    Jessica beobachtete das Schauspiel von weitem, sie redete sich ein, dass das sein musste um dem kleinen Bullen zu zeigen, dass sie es ernst meinten.

    Als sie Bens Schreie hörte, zuckte sie unwillkürlich zusammen.


    „So jetzt werden wir für deinen Bullenfreund einen kleinen Film drehen, los bringt ihn rüber in den Steinbruch!“

    Ben wurde von Ralf und Herbert an den Armen und immer noch nur mit seinen Boxershorts bekleidet, in eine Nische des Steinbruchs geschleift. Durch den harten Untergrund wurden dem jungen Mann seine Füße aufgescheuert und als sie ihn am Zielort achtlos auf den Boden warfen, lief schon im Rinnsal das Blut heraus. Schwer schnaufend versuchte Ben in eine Ecke der Nische zu gelangen und schlang schützend seine Arme um die Beine. Sein Gesicht vergrub er auf seinem Schoß und begann wie in Trance hin und her zu wippen.

    Für Jessica, die sich nun auch zu der Runde gesellte, war der Anblick von Ben für sie kaum zu ertragen.

    Plötzlich hob Ben mühsam seinen Kopf und schaute ihr direkt in die Augen. Sein flehender Blick traf sie bis ins Innerste ihrer Seele und plötzlich fingen seine Lippen an sich zu bewegen. Er begann ihr Lied zu singen, „Bridge Over Troubled Water“, das Lied hatte er ihr, in der Zeit ihres Bündnisses, oft vorgesungen. Seine Stimmfarbe passte perfekt zu diesem traurigen melancholischen Song und spiegelte ihre damalige Gefühlswelt wieder.

    Als Josef sah was Ben in Jessica auslöste, rastete dieser komplett aus. Ein heftiger Schlag in Bens Gesicht beendete augenblicklich diesen magischen Moment zwischen den beiden.

    „Jetzt ist aber genug geplänkelt, macht ihn oben an den Ketten fest“, befahl Josef und zog einen Schlagring aus seiner Hosentasche.

    Als die Fesselung um Bens verletzte Hand geschlossen wurde, entwich ihm ein leiser Schmerzenslaut und Sascha zog seine Kamera aus einer Tasche und begann die folgenden Szenen, mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, zu filmen.

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  • Josef brachte seinen unbändigen Zorn auf seine Geisel, in jeden seiner Schläge kompromisslos und gnadenlos zum Ausdruck. Zuerst schlug dieser ihn, mit voller Wucht, auf seine schon sichtbar mitgenommenen Rippen, dann folgten zig Schläge auf den Rücken und ins Gesicht. Durch den Schlagring platzten die getroffenen Stellen augenblicklich auf und so war Ben innerhalb kürzester Zeit über und über mit seinem eigenen Blut besudelt.

    Immer und immer wieder wurde er hart im Brustbereich getroffen. Verzweifelt versuchte er Luft in seine schmerzenden Lungen zu pumpen, er japste und hustete und er hatte das Gefühl als würde seine Lunge jeden Moment explodieren. Der Schmerz war unerträglich und unbarmherzig und mehr als einmal hörte er dieses unbarmherziges Knacken von Knochen.

    Erst als Ben schlaff und ohne Bewusstsein in den Fesseln hing, ließ Josef von ihm ab.

    Jessica stand wie Paralysiert da und war nicht in der Lage einzugreifen.

    „Spinnst du jetzt komplett, du bringst ihn noch um…….,“ machte Jessica dann doch ihrem Ärger Luft.

    „Red keinen Quatsch, der Bulle ist hart im Nehmen, der steckt das schon weg.…….du wirst jetzt unsere kleine Videobotschaft, mit den richtigen Worten, an seinen türkischen Kumpel schicken!“ Unterbrach Josef sie forsch und schon stampfte er wütend davon. Er brauchte jetzt frische Luft, erst wenn er sich etwas beruhigt hatte, würde er in Ruhe mit seiner Verlobten reden.


    Sascha hatte alles gefilmt und war äußerst zufrieden mit dem Ergebnis. Schnell löste er die Fesseln, die Ben aufrecht hielten und ließ ihn auf den Boden gleiten.

    Er musste zugeben, dass Josef ganze Arbeit geleistet hatte. Der Bulle war mehr tot als lebendig und wenn man ihn jetzt nicht medizinisch versorgen würde, war der Spaß für ihn bald vorbei. Zuerst einmal musste jedoch Jessica seinem Türkenkumpel klar machen, was passieren würde, wenn dieser sich nicht an ihre Regeln hielt.

    Er holte einen Eimer kaltes Wasser und leerte diesen über dem Bewusstlosen aus.


    Erbarmungslos wurde Ben wieder in die Realität zurück geholt.

    Nur langsam registrierte er was geschehen war und mit voller Wucht drangen diese furchtbaren Schmerzen wieder in sein, noch immer vernebeltes Bewusstsein, ein. Warum konnte er nicht in dieser barmherzigen Dunkelheit bleiben, keine Schmerzen, keine Demütigungen und vor allem keine Hoffnungslosigkeit.

    Hektisch versuchte er Luft in seine Lungen zu pumpen, was ihm sofort höllische Schmerzen im Brustbereich einbrachte. Er schloss seine Augen wieder und begann flach und einigermaßen kontrolliert zu atmen, was ihm etwas Erleichterung verschaffte. Das eiskalte Wasser und die niedrigen Temperaturen jagten ihm einen Schauer nach dem anderen über seinen frierenden und geschundenen Körper und er begann unkontrolliert zu zittern.

    Jessica blickte entsetzt auf das am Boden liegende Bündel Mensch und augenblicklich stieg in ihr wieder dieses ungewohnte Gefühl von Mitleid auf. Sie konnte ihm nicht helfen, sie musste jetzt schauen, dass dieses Schauspiel schnell beendet würde, damit Ben aus der Kälte kam. Ansonsten würde er sich noch eine Lungenentzündung einfangen und das wäre in seinem Zustand höchstwahrscheinlich sein Todesurteil. Somit mimte sie gute Mine zum bösen Spiel und kniete sich neben den zitternden jungen Mann.


    Also zog sie seinen Kopf grob an dessen Haaren hoch, so dass Sascha das leidende und schmerzverzerrte Gesicht ihrer Geisel gut im Bild hatte und filmen konnte.

    „Herr Gerkhan, wir haben sie gewarnt. Sie haben sich nicht an die Regeln gehalten und weiter ermittelt. Dies ist die letzte Warnung! Das was ihr Kollege ertragen musste ist ganz alleine ihr Verdienst. Den nächsten Regelverstoß wird er nicht überleben! Sie werden jetzt ihre Kollegen vom LKA auf eine falsche Fährte führen, wie sie das machen bleibt ihnen überlassen. Erst wenn unser Deal ohne Vorkommnisse über die Bühne gegangen ist werden sie Ben Jäger wieder bekommen.“

    Schnell gab sie Sascha den Befehl, das Video über einen nicht zurück verfolgbaren Kanal Semir Gerkhan zukommen zu lassen.

    „Und ihr zwei bringt den Gefangenen erst mal zurück in seine Unterkunft,“ gab sie schnell noch Anweisung an ihre Schlägertypen.

  • Semir bekam gerade Besuch von Susanne, es war ihr zu riskant die Informationen ihrer Recherche per Telefon durchzugeben. Sollte Semir abgehört werden, würden sie Ben dadurch nur noch mehr in Gefahr bringen.

    Sammy wich Semir nicht von der Seite, diese wollte ihm helfen ihren Ben wieder zurück zu bekommen. Aufmerksam lauschte sie jedem Hinweis den Susanne recherchiert hatte.

    „Also, folgendes habe ich über diesen Josef Van Gochen herausgefunden. Er war damals die rechte Hand von dem Graf Guillard und hatte für diesen die Drecksarbeit erledigt. Seine Vorstrafenlatte geht von Drogenhandel über Körperverletzung, Menschenhandel bis hin zu versuchtem Mord. Er konnte damals flüchten, man vermutet, dass er die Organisation des Grafen in der Schweiz wieder aufgebaut hat. Da die Tochter von Guillard, Jessica Guillard, so wie du gesagt hast wohl doch noch am Leben ist, hat sie höchstwahrscheinlich von Köln aus die Fäden gezogen. Ich konnte nun in den Akten des LKA Hamburg....“. Susanne wurde von Semirs Türklingel unterbrochen.


    Semir kam mit einem kleinen Päckchen zurück welches er neugierig öffnete.

    Der Absender war nicht bekannt.

    In dem Päckchen befand sich ein USB-Stick, welchen Semir misstrauisch betrachtete.

    „Semir nun komm schon, schieb ihn in dein Laptop, vielleicht gibt dieser uns ja einen Hinweis wo wir Ben finden“, versuchte Sammy den Halbtürken zur Eile zu bewegen. Sie hatte so ein ungutes Gefühl, irgend etwas war mit ihrem Freund passiert, sie konnte es spüren.

    Der Polizist schob mit zittrigen Händen den Stick in den Slot und klickte dann auf die Videodatei.

    Was sie dann zu sehen bekamen, ließ ihnen allen den Atem stocken.


    Auf dem Video tauchte Ben auf, er war nur mit einer Boxershorts bekleidet. Mit den Händen hatte man ihn an Ketten gefesselt, welche von der Decke hingen. Sammy entwich ein entsetzter Schrei und Semir stoppte schnell das Video.

    „Sammy es ist glaube ich besser, wenn du dir das hier nicht anschaust..“, weiter kam er nicht. „Nein Semir, ich werde nicht gehen, ich muss wissen was sie mit ihm gemacht haben“, beschloss sie mit fester Stimme.

    Zögerlich ließ er das Video wieder starten.

    Ben sah furchtbar aus, seine geschundene Hand quoll an den viel zu festen Ketten hervor. Sie war feuerrot und man konnte erkennen, dass die Wunden entzündet waren. Seine Bauchverletzung war ebenfalls ohne Verband und die Wundränder blutverkrustet und ebenfalls stark entzündet. Auf dessen ganzen Körper verteilten sich dunkle Hämatome und blutige Striemen. Die Stichwunde an der Schulter blutete zwar nicht mehr, jedoch war der Einstich deutlich zu sehen. Als der Kameramann Bens Gesicht in den Fokus nahm, schnürte sich Semirs Kehle schmerzhaft zusammen.


    Ben war nur noch ein Schatten seiner Selbst, seine Augen lagen tief in den Höhlen, die Wangen waren eingefallen und blutverkrustet, sein Blick sah flehend in die Kamera. Als würden seine Lippen die Worte „Semir hilf mir“ formen. Noch konnte sich Ben auf den Beinen halten, jedoch schwankte er schon verdächtig.

    Doch was dann kam, brach Semir und allen Anwesenden das Herz. Dieser Josef Van Gochen begann mit einem Schlagring unkontrolliert und mit einer nicht zu glaubenden Brutalität auf den Festgeketteten einzuschlagen. Nach kürzester Zeit war Bens Körper über und über mit Blut verschmiert.

    Mit dessen eigenen Blut!

    Es tropfte auf den Boden herab und auch an den Wände, war dessen Blut zu sehen.

    Als Ben bewusstlos in den Ketten hing, wurde er los gemacht und dessen spannungsloser Körper glitt haltlos auf den harten Steinboden herab.


    Doch leider gönnten diese Verbrecher Ben diese schmerzfreie Auszeit nicht. Mit einem Eimer Wasser wurde dieser sofort wieder in die harte Realität zurückgeholt. Nun trat Jessica an seinen Partner heran und riss dessen Kopf rüde an den Haaren nach hinten, so dass alle das volle Ausmaß dieser Tortur erkennen konnten.

    Ohne jegliche Gefühlsregung erklärte die Guillard Tochter, was Semir zu tun hatte, um seinen Freund zu retten.

    Semir wurde immer bewußter, dass er vielleicht Bens Leben durch sein Handeln, auf dem Gewissen hatte.

    „Oh mein Gott, was habe ich nur getan? Die haben ihn fast umgebracht, nur weil ich unvorsichtig war!“ Erst jetzt blickte er auf und sah in das Gesicht der völlig aufgelösten Sammy.

    Sie weinte hemmungslos und auch Susanne konnte die Tränen nun nicht mehr zurück halten.


    „Semir, wenn sie ihn jetzt nicht medizinisch versorgen wird er sterben, er...oh..nein...warum muss immer er leiden? Semir du musst alles tun um ihn zu finden, er.. sie haben ihn ....,“ weinend brach sie zusammen.

    Susanne nahm sie nun behutsam in die Arme und ließ sie gewähren, bis keine einzige Träne mehr zu fließen schien.

    Auch Semir musste sich erst einmal sammeln, er musste seinen Freund finden, koste es was es wolle!

    Nachdem alle sich etwas gefangen hatten, begannen sie die Fakten auszuwerten. So schwer es ihm fiel, zog sich Semir mit dem Video zurück und schaute es sich immer wieder und wieder an.

    Irgendeinen Anhaltspunkt musste es doch geben!

    Dieses Gestein im Hintergrund war nicht alltäglich, es war sehr hell und Helmut könnte mit Sicherheit etwas dazu in Erfahrung bringen.


    Doch wie sollten sie Einstein das Video zukommen lassen? Diese Verbrecher durften auf keinen Fall etwas von ihrem Vorhaben bemerken, ansonsten würde dies höchstwahrscheinlich Bens Todesurteil bedeuten.

  • Als Ben wieder erwachte, lag er in seinem Gefängnis auf dem harten Boden. Seine Boxershorts waren noch immer triefend nass, so dass er davon ausging, nicht all zu lange im Land der Träume verweilt zu haben. Die Kälte ließ ihn augenblicklich zittern wie Espenlaub und er schlang seine Arme um seinen Oberkörper, um wenigstens das bisschen Wärme, welche noch in seinem Körper weilte, festzuhalten. Jedoch war nicht nur die klirrende Kälte ausschlaggebend für sein Zittern, zu allem Überfluss kehrten nun auch noch diese unbarmherzigen Schmerzen mit voller Wucht in sein Bewusstsein zurück.


    Diese überrollten ihn förmlich und er war nicht mehr in der Lage sich zu bewegen. Seine Atmung ging hektisch und doch gelang es ihm nicht, ausreichend Luft in seine brennenden Lungen zu pumpen.

    „Ben, du musst dich beruhigen!“ Super jetzt redete er schon mit sich selbst, langsam aber sicher wurde er verrückt, wenn nicht endlich diese furchtbaren Qualen aufhören würden.

    Er musste sich eingestehen, dass er verloren hatte, er war sowohl körperlich als auch seelisch am Ende.

    Er wollte und konnte nicht mehr, resigniert ließ er seinen Kopf wieder auf den Boden sinken und gab sich einer erneuten Bewusstlosigkeit hin.


    Nachdem Josef sich etwas beruhigt hatte, war er bereit für ein klärendes Gespräch mit seiner Verlobten. Jessica hatte sich in die Steinbruch Wohnung zurückgezogen, welche sie eben für diese Ausnahmesituation eingerichtet hatten.

    Gedankenverloren saß diese vor ihrem Laptop und hatte die Bilder der Überwachungskamera aus Bens Zelle vor sich.

    Nun trat Josef von hinten an sie heran und umarmte sie zärtlich.

    Erschrocken drehte sich Jessica zu ihm um und fauchte ihn wütend an.

    „Du siehst so sexy aus, wenn du wütend bist,“ versuchte Josef seine Freundin zu besänftigen. Er wusste, dass er über das Ziel hinaus geschossen war und es maßlos mit dem Gefangenen übertrieben hatte.

    Doch er war nur so ausgerastet, da dieser Bulle seine Jessica versucht hatte zu manipulieren.

    „Bis Du denn komplett übergeschnappt…, du hättest ihn fast umgebracht….….!“ Brüllte sie ihm lautstark entgegen und erklärte ihm was er mit seinem Ausraster angerichtet hatte.

    „Du wirst ihn jetzt nicht mehr anfassen, bis der Deal über die Bühne gegangen ist, …….tot bringt er uns rein gar nichts, du Idiot…..du gefährdest die ganze Operation mit deiner Rachelust.“ Stellte sie ein für alle mal klar.

    „Ich werde mich jetzt um ihn kümmern, wenn er nicht versorgt wird, überlebt er die Nacht nicht!“ Mit diesen klaren Worten drehte sie sich um und ließ Josef einfach stehen.


    Er konnte ja verstehen warum sie so ausgerastet war, er hatte sich einfach nicht mehr unter Kontrolle. Sollte sie doch diesen Bullen versorgen, dann hält er vielleicht noch ein Weilchen durch. Vor allem wollte er nicht, dass dieser ganze Spaß schon ein Ende fand, weil der Bulle das Zeitliche segnete.

    Er war mit ihm noch nicht fertig, ein bisschen leiden musste er dann schon noch.

    Mit einem hämischen Grinsen beschloss er sich erst einmal um den zweiten Bullen zu kümmern, nicht dass dieser noch auf blöde Gedanken kam. Somit holte er von seinen Spitzeln, Handlangern und Informanten die neuesten Erkenntnisse über Semir Gerkhan ein.


    Jessica hatte unterdessen einen Entschluss gefasst und setzte diesen, bevor es zu spät war, in die Tat um. Sie holte aus dem Erste-Hilfe-Schrank, welcher gut bestückt war, alle notwendigen Utensilien heraus, die sie dachte zu benötigen.

    Schnellen Schrittes steuerte sie auf Bens Unterkunft zu und öffnete diese.

    Und da lag er nun vor ihr, ein völlig geschundenes Häufchen Elend Mensch. Er lag noch immer in der Mitte des kleinen Raumes, genauso wie ihre Handlanger, diesen wie einen alten Sack, fallengelassen hatten.

    Gerade war sie noch so in Rage über das Verhalten ihres Freundes und dieses Feuer breitete sich beim Anblick des jungen Polizisten, sogleich zu einem ungezügelten Flächenbrand aus.

    Diesen sollte sie unbedingt löschen, bevor sie ihrem Verlobten wieder entgegentrat.


    Jedes Mal wenn sie ihn sah, breitete sich etwas in ihr aus, was sie zuvor noch nie so intensiv erlebt hatte.

    Ihr Herz empfand Mitleid, Geborgenheit, Verbundenheit, Vertrautheit und auch ein klein wenig Hoffnung. Sie durfte diese Gefühle nicht länger ignorieren, sie musste jetzt handeln, ansonsten war alles verloren. Plötzlich traten der Deal, das große Geld, die Macht und die Rettung der Organisation in den Hintergrund.

    Sie musste ihre eigene Seele retten und dies würde sie nur schaffen, wenn sie Ben Jäger rettete!

  • Ben hörte in weiter Ferne eine sanfte weiche Frauenstimme. War er jetzt gerettet, hatten sie ihn endlich gefunden?

    Konnte er jetzt gleich seine Sammy in die Arme schließen und dann würde alles gut werden? Eine weiche Hand berührte seine Wange und Ben versuchte sich durch den Nebel der Bewusstlosigkeit zurück zu kämpfen.

    Es musste so sein, „komm schon Ben, du musst nur noch deine Augen öffnen,“ versuchte er sich selbst anzuspornen.

    Seine Augenlider waren so unendlich schwer und erst nach einer Ewigkeit, gelang es ihm seine Augen einen Spalt weit zu öffnen. Erschrocken und mit einem Anflug von Panik, sah er die Person an, welche sich jetzt in sein Gesichtsfeld schob. Es war nicht seine geliebte Sammy, nein vor ihm kniete Jessica, die Jessy wie er sie kannte. Ihre dunklen Haare hingen ihr wild ins Gesicht und ihr bildhübsches Gesicht war voller Herzlichkeit und Besorgnis.


    Bevor er sich entscheiden konnte ob er sich über ihre Anwesenheit freuen oder ob er besser in Abwehrhaltung gehen sollte, kehrten die Schmerzen unbarmherzig und mit voller Wucht zurück. Völlig erschöpft schlossen er seine Augen wieder und versuchte seine hektische Atmung unter Kontrolle zu bekommen.

    „Ben, hey Ben, bitte nicht wieder ohnmächtig werden,……bleib bei mir,……komm schon! Du musst mir helfen, ich bekomme dich alleine nicht auf das Bett, komm schon....“, versuchte Jessy ihn wach zu halten.

    „Ich werde dir jetzt ein Schmerzmittel spritzen, dann wird das gleich etwas erträglicher für dich.“ Und schon setzte sie die Spritze an und jagte sie ihm in die Vene. Nach kürzester Zeit merkte Ben wie die Schmerzen nachließen und er in einen Zustand der Schwerelosigkeit verfiel.

    Er wollte nur noch schlafen und sich diesem schmerzfreien Gefühl hingeben. Doch Jessica wollte etwas ganz anderes von ihm, er sollte aufstehen und ihr bei irgendetwas helfen. Sein Verstand war zu verwirrt, als dass er den Ernst der Lage verstand. Jessica griff jetzt beherzt unter seine Arme und zog ihn bis zum Bett, dann wuchtete sie ihn auf die Knie und legte seinen schlaffen Oberkörper auf dem Bett ab.


    „Ben auf,….ein bisschen musst du schon mithelfen,“ flehte sie den Verletzten jetzt an.

    Und tatsächlich schienen sich ein paar Lebensgeister in dem Gepeinigten zu rühren.

    Jessica griff Ben abermals unter die Arme und gemeinsam schafften sie es dann doch, ihn auf das Bett zu wuchten.

    Jetzt konnte sie endlich mit der Behandlung anfangen.

    Da seine Boxershorts mittlerweile trocken waren, ließ sie ihm diese an und deckte seine Beine mit einer Decke zu.

    Völlig entsetzt betrachtete sie den geschundenen Körper, wo sollte sie denn da anfangen?

    Vor allem, sie war keine Ärztin oder Krankenschwester! Seine Sammy wüsste jetzt ganz genau was zu tun war!

    Vorsichtig begann sie mit dem mitgebrachten warmen Wasser seinen Oberkörper vom Dreck und Blut zu befreien.

    Es gab fast keine Stelle mehr an ihm, an dem keine Verletzung zu sehen war.


    Ben konnte kaum seine Augen offen halten, jedoch hatte er panische Angst, dass gleich Josef oder Sascha kommen würden und ihn wieder quälten. Er konnte es kaum glauben, dass die Jessica bei ihm war und sich um ihn kümmerte, welche er damals während seines Undercover Einsatz kennengelernt hatte. Eine Frau die sich gegen ihren Vater gestellt hatte, gegen das Böse gekämpft hatte, zusammen mit ihm!

    Seine Seelenverwandte!

    Nicht die Frau welche ihre Seele verkauft hatte und die Rache an ihm nehmen wollte.

    Nicht die Frau mit den eiskalten Augen und dem Herz aus Stein.

    Eine einsame Träne bahnte sich über Bens Wange und er stöhnte leise auf. Würde sie ihn auch weiterhin für ihr krankes Spiel missbraucht oder half sie ihm aus Mitgefühl?

    Der junge Polizist konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, es war als schwebte er über dem Bett und spürte kaum Schmerzen.

    Was war das nur für ein tolles Zeug welches sie ihm da gespritzt hatte?


    Jessica war froh, dass das Schmerzmittel Ben ein wenig Linderung brachte, so konnte sie ihn versorgen, ohne dass sie ihm noch weitere Pein zufügen musste.

    Nachdem sie die letzte Wunde versorgt hatte, fasste sie einen Entschluss!

    Sie strich ihrem Seelenverwandten noch einmal sanft über das Gesicht und überließ ihn dann einem schmerzfreien Schlaf.


    Josef hatte das Schauspiel voller Argwohn über die Videokamera beobachtet. Er sah wie seine Jessica diesen Drecksbullen wie ein rohes Ei behandelte. Wie sie voller Fürsorge seine Verletzungen reinigte und verband und vor allem wie sie ihm zärtlich über dessen Gesicht streichelte.

    Er musste jetzt etwas unternehmen, ansonsten würde er seine Verlobte und vor allem das viele Geld durch den Deal verlieren. Dieser war nun definitiv gefährdet! Der kleine türkische Bulle hielt zwar im Moment die Füße still, aber er traute ihm trotzdem kein Stück über den Weg. Heute kam die letzte Fuhre Spezialwaffen an und dann konnte es morgen endlich über die Bühne gehen.

  • So sehr Semir sich auch bemühte, die Schmerzen welche sein bester Freund ertragen musste auszublenden, es gelang ihm nicht mehr. Voller Wut stand er auf, so dass der Stuhl nach hinten kippte.

    Er begann alles was ihm in die Quere kam kurz und klein zu schlagen, darunter war auch ein Bild auf der Kommode, welches ihn und Ben bei ihrem letzten Männerwochenende zeigte.

    Er schrie und weinte und senkte traurig seinen Blick auf das zerstörte Bild in seinen Händen.

    Als Andrea und Susanne, von dem Lärm aufgeschreckt in der Tür standen, bot sich ihnen ein Anblick, welcher ihnen die Tränen in die Augen trieb.

    Semir saß völlig aufgelöst, mit Tränen in den Augen auf dem Boden, das Bild von ihm und Ben drückte er wie ein Rettungsanker an sich. Er redete mit seinem verschollenen Freund als hätte er ihn direkt vor sich.


    „Ben, du musst mir ein Zeichen geben wo du bist, ich wollte nicht, dass sie dich wegen mir so verletzen. Was soll ich denn nur tun, soll ich aufs Ganze gehen und weiter ermitteln und riskieren, dass ich auffliege und sie dich umbringen? Oder soll ich die Füße stillhalten und abwarten? Was würdest du tun? Bitte hilf mir doch!“ Abermals sah er auf das Bild und plötzlich veränderte sich sein Blick!

    Er musste einen Mittelweg finden!

    Weiter ermitteln aber so, dass sie es nicht merkten?

    Er hob seinen Kopf und sah Susanne fest in die Augen.

    Susanne verstand ihn ohne weitere Worte. Sie wusste, dass jetzt alles von ihr abhing.

    Irgendwo war der Feind!

    Sie wurden abgehört und somit durfte kein Wort mehr über die weitere Vorgehensweise fallen. Sie trat zu Semir und nahm in herzlich in den Arm, Semir schaltete sofort und ließ den USB-Stick unauffällig in Susannes Hosentasche gleiten.

    „Susanne, es tut mir leid, ich kann nicht weiter ermitteln, das würde Ben umbringen. Bitte stelle alle Ermittlungen ein. Wir müssen nun auf Ben unseren guten Freund vertrauen.“

    Susanne hatte verstanden, sie nickte ihm zu und verließ dann das Gerkhansche Haus.


    Susanne fuhr jetzt auf dem direkten Weg nach Hause. Sie hatte heute ihren freien Tag und hatte auch schon eine Idee, wie sie Hartmut unauffällig den Stick zukommen lassen konnte. Zuhause angekommen kritzelte sie schnell etwas auf einen Zettel und befestigte den Stick daran. Dann zog sie ihre Jogging-Klamotten an und verließ ihre Wohnung. Sie schaute sich kurz unauffällig um, bevor sie losrannte. Den Spitzel auf der anderen Straßenseite hatte sie natürlich sofort entdeckt. Soviel Gespür hatte sie mittlerweile durch ihre Polizeiarbeit bekommen, dass sie so etwas sofort erkannte.

    Nach ca. 1/2 Stunde kam sie an ihrem Lieblingscafé vorbei und hier begann ihr improvisierter Plan. Im Café kam ihr auch schon der rothaariger Kollege entgegen, so dass die Übergabe wie geplant, unauffällig und ohne große Worte ablief.

    Zur besseren Tarnung kaufte sie schnell noch 2 Donuts und joggte auf dem gleichen Weg wieder zurück. Ihr Anhängsel hatte wohl nichts bemerkt und so atmete sie erleichtert auf.

    Jetzt lag es an Hartmut seinen guten Kumpel zu retten, wenn er über das Video keinen Anhaltspunkt finden würde, wäre Ben verloren. Aber da sie Einstein schon seit Jahren kannte, wusste sie, dass er alles geben würde.

    Jetzt musste sie nur noch Teil zwei ihres Planes umsetzten und das war eindeutig der schwierigere.

    Sie musste ihre Chefin, Frau Krüger einweihen und da sie wusste, dass es ein Spitzel in der PAST gab, wählte sie eine etwas außergewöhnliche Kontaktaufnahme. Ihre beste Freundin Katharina, ließ sich wegen einem Autodiebstahl von Bonrath und Jenny, welche beide vorher ebenfalls eingeweiht wurden, verhaften. Das Verhör fand in einem abhörsicheren Raum der PAST statt. Katharina bestand darauf, ausschließlich von Frau Krüger verhört zu werden.

    Ansonsten würde sie nicht reden.


    Kim Krüger wusste sofort was zu tun war, sie war zu allem bereit um ihre Männer wieder zurück zu bekommen. Die Vorgehensweise des LKAs war ihr zuwider und sie war auch bereit, ihre eigene Karriere aufs Spiel zu setzten. Sie konnte und wollte Ben und Semir jetzt nicht im Stich lassen. Sie musste das LKA irgendwie in die Irre führen! Da Semir zur Zeit suspendiert war, lag es nun an ihr.


    Als Ben aus einem fast schmerzfreien und traumlosen Schlaf erwachte, wurde er schlagartig in die böse Realität zurückgeholt. Es war für ihn schon eine enorme Anstrengung seine Augen zu öffnen, geschweige den sich zu bewegen.

    Jede Faser in seinem Körper strömte augenblicklich einen unerträglichen Schmerz aus und er musste sich enorm zusammenreißen, dass er nicht sofort wieder in eine Ohnmacht abdriftete.

    Hatte er das mit Jessica nur geträumt?

    Hat er im Fieberwahn etwas gesehen, was gar nicht existierte?

    Behutsam hob er seinen Kopf und schaute unter die über ihn gelegte Decke.

    Nein, er hatte nicht phantasiert, seine Wunden waren versorgt.

    Alle offenen Verletzungen wurden mit einem Verband bedeckt und auch alle kleineren Kratzer, Risse und Striemen waren gereinigt und mit einer Salbe eingecremt. Ein unbändiger Durst überkam ihn, seine Kehle schien staubtrocken, zudem verspürte er einen eisenhaltigen Geschmack in seinem ausgetrockneten Mund.

    Das war ja auch kein Wunder, so oft wie er in letzter Zeit Schläge ins Gesicht kassiert hatte. Der widerliche Geschmack ließ ihn würgen und sogleich meldeten sich seine Rippen schmerzvoll zurück.


    Sehnsüchte schaute er zu der Wasserflasche welche sich für ihn in kilometerweiter Entfernung auftat. Er musste es versuchen und somit setzte er sich unter größten Schmerzen auf und hob schwerfällig seine Beine aus dem Bett. Sogleich fuhren tausende kleine Blitze auf seinen Schädel herab und malträtierten sein ohnehin in Chaos schwebendes Hirn.

    Er konnte nicht mehr klar denken, wollte aufgeben und sich wieder hinlegen, er wollte einfach nur sterben!

    Doch er konnte nicht, er musste kämpfen, für sich, für seine Liebe, für Semir seinen besten Freund.

    Dieser würde auch nicht aufgeben!

    Doch er konnte nicht mehr, sein Körper zeigte ihm ganz deutlich seine Grenzen auf.

    „Ben, was bist du nur für ein Weichei,……jetzt reiß dich zusammen! Aufgeben gibt es nicht!“, versuchte er sich selber aufzubauen und ein sarkastisches Lachen kam über seine Lippen.


    Er konzentrierte sich mental auf die zärtliche Berührung seiner Sammy und hörte ihrer tröstenden Worte zu. Er wußte, dass da noch ganz viel Schönes kommen würde, wenn er dieser Hölle entfliehen konnte. Unter größter Anstrengung kam er auf die Beine und hob sich krampfhaft an der Bettumrandung fest, um nicht auf der Stelle wieder umzukippen. Er musste feststellen, dass jegliche Kraft aus seinen sonst so gut trainierten Beinen verloren gegangen war.

    Dennoch schaffte er die kurze Strecke bis zur Wasserflasche und zurück. Gierig setzte er die Flasche an und trank sie in nur einem Zug aus.

    Erschöpft legte er sich wieder hin und fiel nach einer halben Ewigkeit, in einen schmerzgeplagten und äußerst unruhigen Schlaf.

  • Jessica war versucht Ben zu Hilfe zu eilen, als sie über die Überwachungskamera sah wie er sich quälte. Da jedoch ihr Verlobter gerade das Zimmer betrat um mit ihr zu reden, brach sie ihr Vorhaben ab.

    „Jessica, wir müssen über den Deal morgen reden und wie wir weiter vorgehen.“ Begann Josef und versuchte sie zärtlich in den Arm zu nehmen und zu küssen. Jessica wand sich jedoch aus seinen Armen und kehrte ihm den Rücken zu. Sie musste mit ihm reden, das wusste sie, aber wie sollte sie es ihm erklären.

    „Josef, ich kann so nicht mehr weitermachen, mir ist klar geworden, dass das was wir tun nicht richtig ist. Ich möchte Schluss machen mit dem ganzen Scheiß, es tut mir leid! Das mit uns hat so keine Zukunft.“ Erleichtert atmete sie aus, sie hatte es tatsächlich gemacht!


    Ihr Noch-Verlobter stand völlig geschockt da und starrte sie nur an. Entsetzt schüttelte er seinen Kopf und musste sich erst einmal hinsetzen. Was war denn in seine Freundin gefahren, woher kam dieser Sinneswandel?

    Wo war seine eiskalte, berechnende und nur auf ihren Profit fixierte Freundin geblieben? Er hatte zwar schon bemerkt, dass sie sich seit sie diesen Bullen als Geisel beherbergten sehr verändert hatte, aber damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet.

    „Jessica, das kannst du nicht machen, der Deal steigt morgen und dann haben wir ausgesorgt, wir können uns absetzen und wir werden heiraten ……und Kinder kriegen und wir müssen uns nie wieder über Geld Gedanken machen,“ versuchte er seine Jessy zu überzeugen.

    Doch diese schüttelte nur energisch ihren Kopf und begann herzzerreißend zu weinen.

    „Nein Josef, es tut mir leid aber mir ist klar geworden, dass ich dich nicht mehr liebe. Es ist alles eine große Lüge, ich habe mich immer hinter einer Fassade verstecken müssen. Ich bin es leid wie mein Vater zu sein. Ich werde den Deal morgen absagen, es ist einfach falsch. Wir beteiligen uns hier an der Ermordung Tausender von Menschen, nur um uns selbst zu bereichern.“

    „Das wirst du nicht, meine Liebe“, Josef zog seine Waffe und zielte auf sie. Jessica hatte mit so etwas schon gerechnet und schlug ihm schnell und gekonnt die Pistole aus der Hand.

    „Du mieses Dreckstück, diese Flausen hat dir doch dieser Drecksbulle in den Kopf gesetzt. Ich hätte ihn gleich umbringen sollen und nicht so zimperlich mit ihm umgehen sollen……. Liebst du ihn?…….. Er ist doch der Grund für deinen Sinneswandel, …..hab ich recht?“ Brüllte Josef sie nun ungehalten an.


    Jessica konnte und wollte nicht über ihre Gefühle zu Ben mit ihm reden. Sie forderte ihn auf sich die Handschellen umzulegen und sich an das Heizungsrohr zu ketten. Josef war am toben, dieser brüllte und schlug wild um sich.

    Sie durfte jetzt keine Zeit verlieren, sie musste Ben hier irgendwie raus bringen und sie musste dessen Partner informieren. Aber wie sollte sie zusammen mit Ben flüchten? Er war nun wirklich nicht in der Lage hier einfach raus zu spazieren.

    Auf dem Weg zu Bens Unterkunft wählte sie schon Semir Gerkhans Nummer.

    „Gerkhan“, hörte sie es am anderen Ende schon nach einmaligem klingeln.

    „Herr Gerkhan, hier ist Jessica Guillard, jetzt hören sie mir bitte ganz genau zu!“ Kam sie ohne großes Gerede sofort auf den Punkt. Zu weiteren Erklärungen kam sie jedoch nicht mehr. Sie spürte nur noch den Luftzug an ihrem Kopf und ein harter Schlag ließ sie nach hinten taumeln. Völlig entsetzt blickte sie auf die Person die sie niedergeschlagen hatte, bevor sie abdriftete ins Land der Finsternis.


    Semir saß wie auf Kohlen neben seinem Handy und wartete auf den erlösenden Anruf von Hartmut, welcher ihm hoffentlich gleich mitteilen würde, wo Ben steckte. Als er die Stimme von Jessica Guillard hörte, blieb ihm fast das Herz stehen.

    Er dachte, sie sei ihm auf die Schliche gekommen, da er über Umwege versuchte an Bens Aufenthaltsort zu kommen.

    Doch sie klang ganz und gar nicht drohend, nein ihre Stimme war gehetzt, fast schon panisch. Und nach diesem einen Satz war die Leitung wieder unterbrochen worden.

    Was hatte das zu bedeuten?

    Jetzt konnte der kleine Türke nicht mehr länger warten und nichts tun. Er spürte irgendetwas war geschehen und er musste schnell handeln, ansonsten würde ein Unglück geschehen.

    Semir spürte wie sich sein schweres Herz schmerzhaft zusammenzog, als ihm die Bilder von Bens grausamer Folterung wieder in den Sinn kamen. Entschlossen griff er zu dem Prepaid Handy welches er immer als Ersatz zu Hause hatte, ging in den Garten und wählte die Nummer von Hartmut.

  • Hartmut hatte nachdem ihm Susanne den Stick übergeben hatte sofort mit der Arbeit begonnen. Natürlich konnte er seine Untersuchungen nicht in der KTU machen. Er hatte sehr gute Hackerfreunde die ihm noch einen Gefallen schuldeten. Somit saß er schon 10 Minuten nach der Übergabe vor einem Computer und sah sich das Video an.

    Was er hierauf sah, ließ ihm den Atem stocken!

    Völlig geschockt von der Brutalität der Entführer versuchte er zuerst einmal seinen guten Freund, Ben auszublenden. All die Grausamkeiten welche diese Leute ihm hier angetan hatten beeinträchtigten seine Beobachtungsgabe. Er musste sich auf die Umgebung, dieses Gestein konzentrieren.

    Ja, das war ein nicht alltägliches Gestein.

    Das musste ein stillgelegter Kalksandsteinbruch sein. Das Gestein war sehr hell und somit hatte er innerhalb kürzester Zeit alle Steinbrüche in der Umgebung, welche in Frage kommen würden in einer Liste erfasst.

    Er hatte nach Ausschluss bestimmter Kriterien zum Schluss noch 3 Steinbrüche zur Auswahl. Da die Zeit drängte und Semir eine verlässliche Aussage von ihm wollte, bedarf es noch mehrerer Telefonate bis er sich zu einhundert Prozent sicher war.


    Er hatte schon sein für Notfälle reserviertes Prepaid-Handy in der Hand als dieses klingelte. „Hartmut, wir haben keine Zeit mehr, hast du etwas für mich? Bitte sag mir, dass du weißt wo Ben ist“, Semir hörte sich furchtbar verzweifelt an und Hartmut musste erst einmal schlucken.

    So hatte er den taffen Polizisten selten erlebt.

    „Ja, Semir, das ist der Stand der Dinge. Ich konnte den Aufenthaltsort von Ben zu nahezu hundert Prozent lokalisieren. ……Jedoch werde ich dir die Adresse erst geben, wenn du dich mit Susanne und Frau Krüger abgesprochen hast. Ich werde dich nicht alleine in dieses Himmelfahrtskommando schicken und ich weiß aus sicherer Quelle, dass du die volle Unterstützung von der ganzen PAST Familie bekommst. Wir wollen alle, dass Ben da heile rauskommt, aber wenn du jetzt im Alleingang versuchst ihn zu retten, dann geht das schief....“, versuchte der Rothaarige, seinen Kollegen zu überzeugen.

    „Also gut Hartmut, du hast ja recht, ich werde Susanne anrufen, …..vielen Dank Einstein, das war gute Arbeit, schick die Adresse an Susanne! Tschau, tschau, tschau,“ verabschiedete sich Semir erleichtert. Endlich konnte er etwas tun, er würde seinen Freund da jetzt rausholen.


    Sammy hatte das Angebot von Semir angenommen und war bei den Gerkhans geblieben. So bekam sie alles mit, falls sich bei der Suche nach Ben etwas ergeben würde.

    Nach der Videobotschaft von der Verbrecherbande war sie zusammengebrochen, sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.

    Sie hatte Angst Ihren geliebten Ben nie mehr wieder zu sehen und als Krankenschwester hatte sie ein Auge für die Verletzungen welche man ihm zugefügt hatte.

    Sie kannte auch die Vorgeschichte mit seinem Unfall und die Folter seiner Hand und die vielen Tritte und Schläge welche Ben in den letzten Tagen einstecken musste. Die Summe all dieser Verletzungen konnte kein Mensch ertragen, Ben war stark, ja das war er!

    Wieder konnte sie ihre Tränen nicht zurück halten, als plötzlich ihr Handy klingelte.

    „Hallo Sammy, hier ist Sascha, ich möchte dir ein Angebot machen.“



    ******

    Es war so unbeschreiblich schön! Als er seine Augen öffnete, musste Ben ein wenig blinzeln, die helle Sonne blendete ihn ein wenig.

    Er griff neben sich und fischte seine Sonnenbrille von dem kleinen Beistelltisch neben seinem Liegestuhl.

    Glücklich ließ er seine Blicke schweifen, hinüber zu dem azurblauen Wasser und dem endlos scheinenden Sandstrand.

    Am Horizont konnte er ein prachtvolles Segelschiff erkennen, welches Kurs auf offene See nahm.

    Dann erspähte er das wundervollste Geschöpf auf Erden, seine Augen begannen zu leuchten bei ihrem Anblick.

    Mit kleinen Schritten hinterließ sie ihre Fußabdrücke im schneeweißen Sand. Ihr blondes Haar glänzte im Schein der Sonne und ihre leicht gebräunte Haut unterstrich die perfekt geformten Rundungen.

    Der schneeweiße Bikini bedeckte gerade das notwendigste und ließ dennoch Raum für ganz viele Phantasien. Ihre prallen Brüste hüpften prachtvoll mit jeder ihrer Bewegung auf und ab.

    Fasziniert beobachtete er seine große Liebe, wie sie langsam zu ihm schritt.

    Ein umwerfendes Lächeln umspielten ihre vollen Lippen!

    Er wollte am liebsten aufspringen um ihr entgegenzulaufen, denn es kam ihm vor wie eine Ewigkeit,…… als würde sie auf der Stelle laufen!

    Verzweifelt streckte er seine Hand nach ihr aus, um sie schnell zu sich zu ziehen.

    Plötzlich veränderte sich ihr Gesichtsausdruck!

    Er konnte nun die pure Panik in ihren blauen Augen sehen!


    Auch sie streckte ihre Hände nach ihm aus, doch auch sie konnte ihn nicht ergreifen. Es war wie ein Magnet der sie immer weiter von ihrem Angebeteten wegzog.

    Er versuchte sich aus dem Liegestuhl zu lösen, doch zwei unsichtbare Hände hielten ihn eisern zurück.

    Was sollte er tun?

    Seine Geliebte entfernte sich immer weiter von ihm, bis er am Horizont nur noch die Umrisse ihrer Gestalt erkennen konnte.

    Nun wurde sein Herz von einer eiskalten Hand umschlossen und drohte augenblicklich zu zerbersten.

    Ein herzzerreißender Schrei entwich seiner Kehle.....

  • Schweißgebadet erwachte Ben aus seinen Träumen und schlagartig kehrten diese unbarmherzigen Schmerzen, ohne jegliche Vorwarnung zurück. Benommen schüttelte er seinen Kopf, um den Nebel aus seinen Augen zu vertreiben. Die ruckartigen Bewegungen lösten in seinem geschundenen Körper eine unbeschreibliche Schmerzenswelle aus, die ihn fast wieder abdriften ließen.

    Es war ihm so unsagbar heiß, seine Stirn fühlte sich an wie ein gleißender Feuerball und er verspürte einen unbändigen Durst.

    Toll, jetzt hatte er auch noch Fieber bekommen, als ob er nicht schon genug andere Baustellen hatte. Seine Verbände waren teilweise durchtränkt mit Wundwasser, Eiter und Blut. Wenn nicht bald ein Wunder geschah, würde sein Körper demnächst kapitulieren. Sein Verstand war zudem von dem hohen Fieber vernebelt, er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Er wusste nur eins, er war noch immer gefangen in dieser Hölle.

    „Mensch Semir.....wenn du..dich nicht...ein bisschen beeilst.....musst du dir .....bald einen.....neuen Partner suchen....fuck,fuck,fuck....bitte hilf mir .....mein Freund.....“, mit Tränen in den Augen schickte er seine Bitte an seinen besten Freund.


    Als Jessica ihre Augen öffnete, musste sie sich erst einmal orientieren. Sie hatte das Gefühl als würde ihr Kopf jeden Augenblick zerbersten. Lauter kleine helle Punkte tanzten in ihren Pupillen Samba und sie hatte Schwierigkeiten irgendetwas zu erkennen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schloss sie nochmals ihre Augen und massierte ihre Schläfen.

    Was war nur geschehen?

    Das letzte woran sie sich noch erinnern konnte, war dass sie Josef festgekettet hatte und zu Ben wollte.

    Dann wurde sie niedergeschlagen!

    Oh mein Gott, sie wurde niedergeschlagen von ihrem eigenen Bruder. Was war nur in ihn gefahren, sie mussten doch zusammenhalten.

    Jetzt hatte sich sogar ihr Bruder gegen sie gestellt!

    Zum Glück hatte sie schon vor dem Gespräch mit Josef einige Vorkehrungen getroffen. Im tiefsten Inneren wusste sie, dass sie sich zu Einhundert Prozent nur auf sich selbst verlassen konnte.

    Das war schon immer so gewesen!

    Sie konnte niemandem trauen, nicht einmal ihrem Bruder oder ihrem Verlobten. Sie musste dem ganzen nun ein Ende sitzen, auch wenn dies ihren sicheren Tod bedeutete. Auf dem Papier war sie dies ja sowieso schon und sie verspürte jetzt noch viel mehr den Drang, endlich das Richtige zu tun.


    Als Sascha in den Überwachungsraum trat und seinen Fast-Schwager an die Heizung gefesselt sah, musste er schmunzeln. Dieser war am Toben, er hatte vor Zorn einen hochroten Kopf und jede Ader an dessen Hals ragte Fingerdick heraus.

    „Mach mich los Sascha, wir müssen deine Schwester aufhalten, sie ist völlig verrückt geworden!…. Sie will den Deal absagen und dieser Bulle hat ihr auch den Kopf verdreht. Sie will sich von mir trennen und verdammte Scheiße......Sascha nun mach mich endlich los...“, brüllte er Sascha harsch an.

    „Ich mach dich erst los, wenn du runter gekommen bist, so muss ich ja Angst haben, dass du mich auf der Stelle umbringst.“

    Nachdem Josef sich etwas beruhigt hatte, löste der Guillardsohn die Fesseln und erklärte ihm, dass er dessen Schwester bereits außer Gefecht gesetzt hatte.

    „Aber jetzt werde ich erst ein ernstes Wörtchen mit diesem hinterlistigen Autobahnbullen reden. Er hat sie ganz berechnend auf seine Seite gezogen……. Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo er mich anflehen wird ihn doch endlich zu töten.“ Josef zog sein Butterfly-Messer heraus und ging schnaubend in Richtung Bens kleines Gefängnis.

    Als ihn Sascha versuchte zu stoppen, wurde er noch wütender. Grob schüttelte er Saschas Hand ab und stapfte weiter.


    „Josef, du darfst ihn nicht umbringen! …..Ich brauche ihn lebend für den Austausch!“

    Abrupt blieb er stehen und schaute Sascha fragend an.

    „Was bitte für ein Austausch, ……hab ich irgendetwas verpasst?“

    „Ich möchte ihn austauschen, gegen Sammy. Er hat sie mir genommen und nun wird sie zu mir zurückkommen, sie wird ihn nicht sterben lassen. Sie gibt ihr Leben für Seins, sie wird mit mir nach dem Deal ins Ausland gehen und mich heiraten und irgendwann wird sie mich auch wieder lieben. Ich kann ihr das Leben bieten das sie verdient, in Glamour und Reichtum.“ Beendete Sascha sein Vorhaben.

    Fassungslos stand Josef vor Sascha und wunderte sich über so viel Naivität. „Okay, ich werde ihn nicht umbringen, zumindest jetzt noch nicht, aber eine Abreibung werde ich ihm trotzdem erteilen. Du weißt selber, dass wir ihn nicht laufen lassen können. Er muss sterben so oder so.“

    Mit diesen Worten drehte sich Josef kopfschüttelnd um und setzte seinen Weg in Richtung des Gefangenen fort.

  • Ben hatte sich mit Mühe an das nahe gelegenen Waschbecken geschleppt, trank nun gierig das erfrischende Nass und versuchte sein fiebererhitztes Gesicht zu kühlen. Er wollte gerade anfangen seine blutdurchtränkten Verbände zu lösen, als die Tür zu seinem Gefängnis aufgestoßen wurde. Das zornverzerrte Gesicht von Josef ließ Ben nichts Gutes erahnen und damit hatte er vollkommen Recht.

    Ben hatte keine Chance auch nur im Entferntesten zu reagieren. Wutentbrannt packte Josef den überrumpelten Ben am Hals und schleuderte ihn an die Wand. Die Hand seines Peinigers quetschte ihn dann wie eine Spielzeugpuppe an den harte Beton und drückte grob zu. Sofort explodierte ein erbarmungsloser Schmerz an seinem Hals und er versuchte röchelnd, mit seiner gesunden Hand, sich aus dessen Würgegriff zu lösen.

    Seine Kräfte waren nahezu aufgebraucht, so dass er ohne Chance auf Erfolg verzweifelt versuchte, dessen Hand zu öffnen.

    Doch gegen dieses Muskelpaket würde er nicht einmal ohne diese ganze Verletzungen ankommen!


    Erst als sein Opfer ohnmächtig zu werden schien, ließ Josef ihn abrupt los, so dass Ben nun an der Wand herunter rutschte und unsanft auf dem Boden aufschlug. Nach Luft japsend und mit einer schon unnatürlichen blauen Gesichtsfarbe, versuchte dieser seine Lunge mit dem lebensnotwendigen Sauerstoff zu füllen.

    „Du verlogenes hinterlistiges Bullenschwein, dafür wirst du büßen……. Meine Jessy so zu manipulieren...“, schrie Van Gochen den auf dem Boden Kauernden an.


    Schlagartig wurde Ben klar, was passiert war!

    Er hatte es geschafft seine alte Jessica wieder zum Leben zu erwecken und das musste er jetzt schmerzhaft büßen. Doch er wollte sich nicht so einfach geschlagen geben, zumindest verbal konnte er diesen Koloss verletzen.

    Vielleicht würde es dann schneller gehen und sein Leiden hätte jetzt sofort ein Ende.

    „Das spricht ....nicht gerade für .....deine Qualitäten......, aber eindeutig ......für meine“, versuchte Ben so schadenfroh und selbstbewusst wie möglich zu wirken.

    Und tatsächlich traf er mit diesem einen Satz voll ins Schwarze!

    Nun rastete Josef völlig aus, dieser zog nun sein Butterfly-Messer aus der Tasche und kniete sich zu seiner Geisel hinunter.


    „Du glaubst wohl du bist schlau mein Freund, aber ich habe dich durchschaut, ………dein Tod wird kommen!……. Qualvoll und langsam.“

    Nun begann er einen Verband nach dem anderen mit seinem Messer zu zerschneiden. Dabei ging er nicht zimperlich vor und als die Verbände neben Ben ruhten, tropfte aus unzähligen Schnitten des Gequälten, das Blut auf den Boden.

    Zufrieden blickte der Schlächter auf sein schwer schnaufendes Opfer.

    Brutal zog er ihn nun auf die Beine und drückte diesen abermals an die Wand.


    Ben war nicht mehr in der Lage selbständig zu stehen, das Einzige was ihn noch oben hielt waren Josefs Arme. Aus leeren Augen blickte er seinen Peiniger an und wünschte sich, dass dieser ihm doch endlich sein Butterfly-Messer einfach in sein Herz rammen würde.

    „Los, nun....mach.....doch endlich.....bring es zu Ende....du bist....so ein Schwächling.....kannst ....nur gegen...jemand....der... sich nicht wehren kann.....“, und spuckte Van Gochen direkt ins Gesicht. Mit einem widerlichen Grinsen wischte dieser die Spucke aus dem wütenden Gesicht und rammte ohne jegliche Gefühlsregung, Ben das riesige Butterfly-Messer, mit voller Wucht in den Oberschenkel.


    Ein furchtbarer Schrei hallte durch das kalte Gemäuer!

    Wenn er dachte, die Schmerzen hätten schon längst seinen Höhepunkt erreicht, so wurde er jetzt eines besseren belehrt.

    Er brüllte und brüllte, doch dieser Folterer hatte keine Gnade!

    Erbarmungslos hielt er ihn in aufrechter Position und ließ das Messer in seinem Oberschenkel stecken.

    „Wenn du jetzt schön bitte sagst, dann erlöse ich dich von meinem Baby“, griff nach dem Messer und drückte es noch ein Stück weiter in das weiche Fleisch.

    Warum konnte er denn nicht einfach ohnmächtig werden, sein Körper schrie nach Erlösung aber sein Geist ließ ihn nicht gehen.

    Er war noch immer nicht bereit sich geschlagen zu geben, wenn er jetzt dieses eine kleine Wort sagen würde, hatten diese Verbrecher es geschafft.

    Sie hätten ihn gebrochen!

    Ein letzter Adrenalinstoß mobilisierte seine übrigen Kräfte und er griff nach dem in seinem Oberschenkel steckenden Messer und zog es beherzt heraus. Ein unmenschliches Geräusch drang in sein eh schon rauschendes Gehör und verursachte ein leichtes Würgen. Sofort sprudelte sein Blut aus dem beachtlichen Schnitt und das Messer glitt ihm kraftlos aus der Hand.

    Völlig perplex löste Josef dessen Griff um das Opfer und ließ den schlaffen Körper los.

    Unsanft landete Ben auf dem harten Boden und wünschte sich einfach nur in die wohlwollende Ohnmacht.


    „Du bist echt ein harter Hund, wenn wir dich nicht noch für den Austausch bräuchten, würde ich dich jetzt nur zu gerne von deinem Leid erlösen. …….Aber so musst du noch ein bisschen durchhalten.“

    Mit einem letzten Tritt auf die blutende Messerwunde verließ Josef das kleine Gefängnis, befriedigt schloss er die schwere Tür hinter sich und klopfte sich innerlich selbst auf die Schulter, über so viel Selbstbeherrschung.

  • Als Jessica die herzzerreißenden Schreie von Ben hörte, wusste sie, dass Josef gerade seine ganze Wut an ihm auslassen würde. Das war ganz alleine ihre Schuld, aber sie würde alles wieder gut machen. Sie hatte so viel Leid über ihn gebracht und auch über seinen Freund und Sammy. Sascha hatte sie nachdem er sie ertappt hatte in ein kleines Vorratslager in der Nähe von Bens Gefängnis eingesperrt. Aufmerksam schaute sie sich in dem Raum um, ob sie irgendetwas für eine Flucht verwerten konnte. Aber außer ein paar Konserven und so übliche Lebensmittelvorräte wie Mehl, Zucker und Salz, gab es hier nicht. Sie musste hier schnell raus kommen, ansonsten wäre dies Bens Todesurteil.


    Semir drückte erleichtert den „Anruf beenden Button“ auf seinem Prepaid Handy. Endlich würden sie etwas unternehmen, endlich würden sie seinen besten Freund befreien. Es wurde nur eine Hand voll in den Plan eingeweiht, das waren Bonrath, Hotte, Frau Krüger, Jenny, Hartmut und natürlich Susanne, die alles eingefädelt hatte.

    Frau Krüger hatte eine falsche Spur für das LKA gelegt, die gingen nun von einem Deal am nächsten Tag aus. Die Location, an dem der Deal anscheinend stattfinden sollte, wurde über einen absolut seriösen Informanten bestätigt.

    Sollte Semir Sammy informieren, oder wäre es besser, wenn sie nichts davon wusste?

    Sie war komplett mit den Nerven am Ende und er hatte Angst, dass sie noch etwas Unüberlegtes tun würde. Also beschloss er ihr zumindest zu erzählen, dass sie eine Spur hatten und Ben bald aus dieser Hölle befreien konnten. Als Semir vorsichtig an die Tür des Gästezimmers klopfte, hatte er schon ein ungutes Bauchgefühl und sein Bauchgefühl sollte ihn mal wieder nicht täuschen.

    Auf Samanthas Bett lag ein Zettel: „Es tut mir leid Semir, aber ich muss es tun, vielen Dank für deine Hilfe! Sammy!“

    „Oh, scheiße, scheiße, scheiße, was hast du vor Sammy, mach bloß nichts Unüberlegtes,“ schrie Semir entsetzt und überaus besorgt aus.

    Sofort wählte er Samanthas Nummer, aber keiner ging ran!

    Was musste sie tun?

    Hoffentlich versuchte sie nicht im Alleingang Ben zu retten!


    Sammy war ohne zu überlegen sofort nach Saschas Anruf losgefahren. Sie schaltete ihr Handy aus und fuhr zu ihrer Wohnung um das nötigste zusammen zu packen. Ihr war bewusst, dass sie wenn sie diesen Schritt machte, nie wieder zurückkommen würde. Mit Tränen in den Augen dachte sie an Ben, wie er leiden musste und wie seine schönen braunen Augen immer mehr an Glanz verloren hatten. Wahrscheinlich ging es ihm sehr schlecht und allein der Gedanke daran versetze ihrem Herzen einen kleinen Stich.

    Sie sah keinen anderen Ausweg mehr!

    Semir hatte ebenfalls nichts erreicht und somit lag alle Verantwortung nun bei ihr. Nur sie konnte ihn noch retten, auch wenn sie dann verloren war.

    Gott, wie sie ihn liebte und doch hatte ihre Liebe keine Chance.

    Sie musste ihre Liebe opfern für sein Leben!


    *****

    Als Semir und die anderen am Steinbruch ankamen, wurde nur noch kurz die Vorgehensweise besprochen. Semir und Kim Krüger bildeten ein Team, Jenny und Susanne waren das zweite und Bonrath und Hotte das Dritte Team. Hartmut blieb im Auto und lotste über Funk, er hatte den genauen Lageplan vor sich.

    Semir und Kim waren schon ganz gut aufeinander eingespielt. Sie hatten vor ein paar Monaten schon einmal miteinander ermitteln müssen, als Ben in einem Undercover Einsatz in Schwierigkeiten geraten war. Er und Kim hatten Ben damals, in letzter Minute retten können. Seit diesem Einsatz war das Verhältnis zwischen seiner Chefin und ihm etwas aufgetaut und Semir wußte, dass er sich auf seine Chefin verlassen konnte.


    Mit schnellen Schritten drangen sie in den Steinbruch ein und ließen sich über Hartmut zu der Stelle lotsten, an dem sie Ben vermuteten. Vorsichtig und leise bewegten sie sich auf den größten Hohlraum des Steinbruchs zu und staunten nicht schlecht, als sie auf die Kisten mit den Waffen stießen.

    „Damit kann man gut und gerne einen Krieg gewinnen! Das sind hoch moderne Waffensysteme....die dürfen auf keinen Fall in die falschen Hände fallen!…..“ Kim war so perplex, dass sie fast einem Wachposten in die Arme gelaufen wäre. Wenn nicht Semir so unglaublich schnell reagiert hätte und diesen unbemerkt überwältigt hätte, wären sie jetzt definitiv aufgeflogen.

    „Darum kümmern wir uns nachher, wir müssen jetzt erst Ben finden....kommen sie...hier lang!“ Gab Semir Anweisung. Nach ein paar Meter kamen sie an einem verschlossenen Raum an, in dem sie Ben vermuteten.


    „Ben, bist du da drin?“ Semir bekam keine Antwort und öffnete das Schloss mit einem Spezialwerkzeug und stürmte mit gezückter Waffe hinein. Als er in einer Art Vorratsraum stand staunte er nicht schlecht.

    Vor ihm stand unbewaffnet und sichtlich angeschlagen, Jessica Guillard!

    Sie machte keine Anstalten sich zu wehren und Semir senkte bei ihrem Anblick instinktiv seine Waffe.


    „Wo ist Ben? Was haben sie mit ihm gemacht?“ Harschte der kleine Polizist die Guillardtochter an.

    „Es tut mir so leid, was mit ihrem Freund passiert ist, ich wollte das alles nicht...oder zumindest jetzt nicht mehr.……..ich habe versucht ihm zu helfen und dann haben sie mich nieder geschlagen und eingesperrt...bitte sie müssen mir glauben.....!“

    Grob unterbrach Kim den Redefluss von Jessy: „Dafür haben wir jetzt keine Zeit...wo ist Ben Jäger..“? Kam sie direkt auf den Punkt.

    „Ich bring sie hin, wir müssen vorsichtig sein, Josef und Sascha sind auch im Steinbruch. Sascha will Ben gegen Sammy austauschen, aber sie haben bestimmt nicht vor Ben am Leben zu lassen....!“

    Mit schnellen Schritten ging sie zielstrebig über ein paar Gänge in Richtung eines Raumes.

    „Hier müsste Ben drin sein.“ Auch dieser Raum war schnell geöffnet, doch der kleine Raum war leer. Semir musste schlucken, als er die Blutflecken und die verdreckten und blutverkrusteten Verbände auf dem Boden erblickte.

    Waren sie etwa schon wieder zu spät?

  • Ben kam es vor als wäre er schon vor Stunden aus seinem kleinen Gefängnis herausgezerrt worden. Sein Zeitgefühl hatte er gänzlich verloren und er ließ alles ohne Gegenwehr über sich ergehen. Er bekam nur wie durch einen Schleier mit, wie die zwei Muskelprotze ihm ein T-Shirt und eine Jogginghose über seinen geschundenen Körper zogen und ihn mit verbundenen Augen wegbrachten. Das Fieber war ins Unermessliche gestiegen und er hatte das Gefühl gleich innerlich zu verbrennen. Gnädiger Weise hatte man ihm etwas Wasser eingeflößt, welches jedoch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein darstellte. Sie wollten ihn noch ein bisschen am Leben erhalten, vermutlich für diesen Austausch. Ihm war mittlerweile alles egal, er war bereit zu sterben, er hatte keine Kraft mehr, er hatte keine Hoffnung mehr und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.


    Doch plötzlich hörte er eine sehr vertraute Stimme, das konnte doch nicht sein. „Nein, nein....ihr miesen .....dreckigen....Schweine, Sammy bitte nein...lauf weg...die töten mich sowieso.....lauf doch......das könnt ihr nicht tun!“ Begann Ben leise zu flehen, zu mehr hatte er keine Kraft mehr.

    Jetzt zog Sascha dem Verletzten ruckartig die Augenbinde vom Kopf und genoss den Anblick seiner Geisel in vollen Zügen.

    Er legte provokativ seinen Arm um Sammy und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss.

    Sammy war entsetzt, Ben hing in einem erbärmlichen Zustand zwischen den zwei Handlangern, er konnte sich nicht mal mehr auf seinen eigenen Beinen halten.

    Dessen Jogginghose war am rechten Bein blutdurchtränkt und das weiße T-Shirt klebte an seinem schweißgebadeten Oberkörper. Sammy versuchte sich aus Saschas Griff zu lösen, um Ben zu Hilfe zu eilen. Sie ekelte sich vor ihrem Ex-Freund und bei ihm sollte sie nun ihr Leben lang bleiben!

    Erst jetzt war ihr so richtig bewusst geworden, was sie angerichtet hatte!

    sie würden Ben nicht gehen lassen, das war ihr nun klar!

    „Du wirst mich nicht kriegen Sascha, wenn du ihn tötest musst du mich auch töten. Ich liebe nur ihn und daran wird sich nie etwas ändern….. Du mieses verlogenes Dreckschwein…....“. Brüllte die zierliche Krankenschwester ihren Ex-Verlobten zornig an.


    Sie konnte erkennen wie Ben Tränen über sein geschundenes Gesicht liefen, er war nicht mehr in der Lage diese zurück zu halten. Schwach versuchte er sich aus dem Griff der Kolosse zu befreien um seiner Sammy zu helfen.

    Diese drehten ihm jedoch seine Arme noch weiter auf den Rücken, so dass ihr Geliebter vor Schmerzen jammerte. Bevor Ben in die Bewusstlosigkeit abdriften konnte trat Sascha vor ihn und holte ihn mit einem heftigen Schlag ins Gesicht, wieder zurück. Sofort schoss das Blut aus seiner Nase und ein leises Stöhnen entwich dessen rauher Kehle .


    „Bringt sie beide zurück zum Steinbruch, ich muss noch etwas erledigen, bevor der große Deal über die Bühne gehen kann,“ gab er seinen Lakaien harsch Anweisung.

    Rüde wurde Ben wieder in den Transporter katapultiert und Sammy gleich hinterher.

    Sie wussten beide, dass dies wahrscheinlich die letzte Möglichkeit war, sich voneinander zu verabschieden. Noch bevor der Transporter losfuhr, war Sammy bei Ben und drehte ihn behutsam auf den Rücken. Ihr zerriss es fast das Herz als sie in seine leeren, nach Erlösung schreienden braunen Augen schaute. Dennoch kam ein kleines Lächeln über seine Lippen als er sie anschaute: „Ich ....liebe ....dich...so sehr...., könnte....nicht,“ weiter kam er nicht, da der Transporter losfuhr und sie unsanft nach hinten geschleudert wurden. Ben stöhnte vor Schmerzen immer wieder auf und Sammy versuchte ihn an eine Seite zu drücken, damit er nicht unkontrolliert auf und ab rollte.

    Nach guten zehn Minuten holpriger Fahrt, kam das Auto endlich zum Stehen. Erleichtert hielt Samantha ihren Ben fest und streichelte ihm zärtlich eine Haarsträhne aus seiner schweißnassen Stirn.


    Wie an einen Rettungsanker klammerte sich Ben an seine Freundin, er wollte sie nie wieder loslassen. Plötzlich fühlte er sich nicht mehr so verlassen und einsam, er konnte förmlich spüren wie sein Überlebenswille wieder etwas zurückkehrte.

    Er konnte sie doch nicht sterben lassen, sie war gekommen um ihn zu retten!

    Sie dachte diese Verbrecher würden ihn gehen lassen im Austausch gegen sie. Sein Engel wollte sich für ihn opfern, damit er weiterleben konnte und sie wäre ihr restliches Leben lang Saschas Sklavin gewesen.

    Bei diesem Gedanken stieg sein Hass gegenüber seinen Peinigern noch weiter an.

    Doch was sollte er tun?

    Er war ein Wrack, nur noch ein Schatten seiner Selbst!

    Wieder schloss er resigniert seine Augen und betete, dass Semir sie doch noch finden würde.


    ******

    Das Team zwei war gerade dabei über einen unwegsamen Seiteneingang in den Steinbruch einzudringen, als der Transporter um die Ecke bog. Schnell versteckten sich die zwei Frauen hinter einer Palette mit eingestretchter Ware und gingen in Lauerstellung.

    Jenny entfuhr ein Schreckenslaut als die zwei Muskelpakete die Heckklappe öffneten und sie Ben und Samantha Held entdeckte.

    Selbst aus dieser Entfernung konnte man erkennen in welchem erbärmlichen körperlichen Zustand sich ihr junger Kollege befand. Die Frau schien unverletzt zu sein und hielt Ben beschützend in einer Umarmung fest.

    Doch die zwei Kolosse kannten kein Erbarmen, grob zerrten sie die beiden auseinander und ließen Ben, der sich nicht ohne Hilfe auf seinen Beinen halten konnte, einfach vor dem Transporter fallen.

    Susanne hob sich entsetzt eine Hand vor den Mund, um nicht laut loszuschreien. Jenny und sie tauschten kurze Blicke aus und nickten sich zu, jeder wusste sofort was zu tun war. Jenny gab über Funk Semir Bescheid, dass sie Ben und Sammy gefunden hatten und an welchem Eingang diese gleich den Steinbruch betreten würden.



  • Bevor der zweite Muskelprotz sie aus dem Transporter holen konnte, war sie schon zu Ben geeilt. Dem wurden die Hände mit einem Kabelbinder vorne zusammen gebunden, so dass er unwillkürlich vor Schmerz aufstöhnte. Seine ohnehin malträtierte Hand sah furchtbar aus, die Wundränder von den rostigen Nägeln waren entzündet und eitrig.

    Zudem war die Hand noch immer stark angeschwollen.

    Zügig half Samantha ihrem Freund auf die Beine und stützte ihn so gut sie konnte ab. Jenny wäre am liebsten zu den Beiden geeilt und hätte ihnen geholfen. Doch sie wusste auch, dass sie jetzt nichts überstürzen durfte, ansonsten würde sie die ganze Operation gefährden.

    Somit musste sie zusehen, wie ihr Kollege und seine Freundin in dem Steinbruch verschwanden.


    Da es den Handlangern zu langsam ging, nahm einer von ihnen Ben und schleifte ihn hinter sich her. Ben begann sich in dem Griff zu winden und suchte verzweifelt nach seiner Sammy.

    Sie war weg, er konnte sie nirgends sehen und der zweite Muskelprotz war auch aus seinem Blickfeld verschwunden. Nun begann er aus Leibeskräften zu schreien, „Sammy...oh mein Gott.... Sammy....wo habt...ihr...sie ....hingebracht?..., ihr miesen ...Schweine, oh Gott...nein....,“ er schlug um sich und war wie von Sinnen.

    Adrenalin pumpte sich durch seinen Körper und für einen Moment entwickelte er Kräfte mit denen auch Mister Bodybuilding niemals gerechnet hatte.

    Blitzschnell riss er sich los, holte mit seinen gefesselten Händen aus und schlug seinen Widersacher mit einem Schlag k.o.


    „Schscht, seid doch mal still, habt ihr das gehört, das war doch Ben.....schnell hier lang,“ instinktiv folgte Semir dem Gebrüll seines Partners, er würde dessen Stimme aus Tausenden heraus hören.

    „Er ist ganz in der Nähe...wir müssen uns beeilen...“, und schon rannte Semir in die Richtung aus der die Schreie kamen.

    „Oh Gott, da vorne ist er!“ Semirs Puls schnellte in die Höhe, als er am Ende des Ganges zwei Gestalten sah. Die eine Person lag auf dem Boden und schien bewusstlos zu sein, die zweite Person stand an die Wand gelehnt und strauchelte sichtbar mit dem Gleichgewicht.

    „Ben, …..Ben bist du das?“

    Gerade noch rechtzeitig gelang es Semir, seinen besten Freund vor dem Sturz aufzufangen.


    Behutsam ließ er Ben auf den Boden gleiten, Tränen schossen Semir in die Augen als er den geschundenen Körper seines besten Freundes betrachtete.

    Aus Ben waren nach dem Adrenalin-Stoß seine letzten Kraftreserven geflossen, völlig ungläubig schaute er Semir an und berührte das Gesicht seines Freundes um sich zu vergewissern, dass er nicht träumte.

    „Du ..... bist....es tatsächlich.....S..e..m..ir, oh Gott...bin ich...froh...dich...“, weiter kam er nicht, plötzlich flogen ihnen die Kugeln um die Ohren.

    „In Deckung!“ Brüllte Kim und fasste beherzt Ben unter einen Arm und zog ihn mit Semir in einen Seitengang. Dieser schrie auf vor Schmerz, doch hierauf konnten sie jetzt keine Rücksicht nehmen.

    Endlich hatten sie ihn gefunden, noch einmal würde Semir seinen verletzten Kumpel nicht zurück lassen.

    „Se..mir..., Sammy...sie ...haben sie! Wir ....müssen ihr....helfen!“ Stotterte Ben und war kurz vor einer Ohnmacht, sein Puls raste und sein Gesicht glühte wie ein Hochofen. Schnell schnitt Semir dem schwer Atmenden die Kabelbinder durch und hielt ihm sanft seine zitternden Hände.

    „Ich wusste doch, dass sie etwas Unüberlegtes tut. …….Ben wir werden deine Sammy da rausholen, aber jetzt müssen wir erst mal schauen, dass wir diese schießwütigen Verbrecher ausschalten. Ben du glühst, du brauchst dringend einen Arzt!“ Plapperte Semir auf Ben ein.


    Doch da kam auch schon die Unterstützung!

    Das Team 2, Bonrath und Herzberger, hatten die Schüsse vernommen und feuerten ebenso auf die Ganoven. So konnten sie die Gangster in den Steinbruch zurückdrängen.

    Jenny und Susanne waren mittlerweile auch dazu gestoßen und so beschloss Frau Krüger, den Waffenhändlern endgültig den Gar aus zu machen.

    „Los, jetzt schnappen wir uns diese Mistkerle, Semir sie kommen mit mir, Herzberger und Bonrath gehen über den linken Seitengang und Frau Dorn hält uns hier den Rücken frei. Susanne sie bleiben bei Ben und fesseln sie noch diesen Widerling, bevor er wieder aufwacht!“

    Ben versuchte sich verzweifelt aufzurichten, er wollte helfen und vor allem wollte er zu seiner Sammy. Susanne drückte ihn sanft hinunter und redete beruhigend auf ihn ein.

    „Ben, bitte sei vernünftig, Semir und die anderen kriegen das schon hin. …….Du musst dich beruhigen,….. Ben komm schon, …..bleib bei mir. Gib jetzt nicht auf!“ Sanft strich sie Ben eine verschwitzte Haarsträhne aus dem glühend heißen Gesicht. Sie brauchte dringend etwas zum Trinken für ihn und etwas zum kühlen.

    Vorsichtig hob sie das nasse und mit Blut und Eiter verklebte T-Shirt und wagte einen Blick darunter.

    „Oh du meine Güte, das sieht nicht gut aus, was hast du nur ertragen müssen?….. Das sind doch Sadisten!“ Susanne war völlig geschockt über Bens Zustand und für sie grenzte es an einem Wunder, dass Ben überhaupt noch am Leben war.

    Sie wusste, dass er ein Kämpfer war, dies hatte er bei seinen letzten Undercover Einsatz schon einmal bewiesen.

    Und auch damals hatte er sich mit Hilfe seiner Freunde, vor allem Semirs Hilfe wieder ins Leben zurück gekämpft.


    Doch sie wusste auch, dass er, wenn sie Sammy nicht retten konnten, Ben sich aufgeben würde. Sie blickte sich in dem kleinen Raum um und entdeckte ein Waschbecken, schnell füllte sie einen Deckel einer Sprühdose und flößte dem Verletzten behutsam etwas Wasser ein.

    Der Braunhaarige verschluckte sich jedoch und musste husten, so dass er das eben getrunkene in einem Schwall wieder erbrach. Mit dem Erbrochenen kam eine große Menge Blut und Susanne war nun gnadenlos überfordert.

    Wie konnte sie ihm nur helfen?

    Wahrscheinlich konnte es nur noch ein Arzt, also bettete sie Bens Kopf auf ihren Schoß und hielt ihm seine unverletzt Hand, an der er sich krampfhaft festhielt.

    Er musste unbeschreibliche Angst haben wieder alleine zurück gelassen zu werden.

    Seine braunen Augen drückten unsagbares Leid aus und sie schwor sich, egal was passieren würde, sie würde ihn nicht alleine lassen.

  • Seine Sinne schwanden immer mehr, er merkte wie es mit ihm langsam zu Ende ging. Er wünschte sich nichts sehnlicher als endlich in ein Reich ohne Schmerz und Leid eintauchen zu können. Sollte er sich jetzt einfach fallen lassen und aufgeben oder sollte er weiterkämpfen?

    Wieder hatte er das bildhübsche von Engelslocken umrahmte Gesicht seiner Freundin vor Augen. Nein, er musste noch ein bisschen durchhalten, er musste erst seine Sammy in Sicherheit wissen.


    Unterdessen waren Semir und die Chefin zusammen mit Team 3 in die Höhle des Steinbruchs vorgedrungen und gaben sich ein heißes Gefecht mit den Waffenhändlern.

    Als plötzlich Josef Van Gochen auftauchte!

    Er hatte Sammy im Schwitzkasten und hob ihr eine Waffe an den Kopf. Um aller Aufmerksamkeit zu bekommen schoss er in die Luft und brüllte los: „So, ihr werdet nun alle eure Waffen niederlegen und zu mir hier rüber schieben, ……..ansonsten hat unsere kleine Krankenschwester hier gleich ein kleines Loch in ihrem hübschen Lockenkopf“.

    Kim konnte nicht riskieren, dass bei ihrem Einsatz eine Zivilistin zu schaden kam und somit gab sie den Befehl zur Aufgabe.

    Jetzt hatten sie nur noch einen Trumpf in der Hand!

    Hartmut müsste über Funk alles mitbekommen haben und war angehalten, wenn etwas schief ging das LKA einzuschalten. Doch sogleich wurde auch diese Hoffnung zerstört, als Hartmut ebenfalls mit einer Waffe am Kopf, in den Steinbruch trat. Der riesige Kerl trat dem Rothaarigen brutal in den Magen, so dass Einstein wie ein Taschenmesser stöhnend zusammenklappte.


    Jenny welche das Desaster mitbekam, überlegte verzweifelt was sie nun tun sollte. Sie musste irgendwie Hilfe anfordern, doch bevor sie reagieren konnte wurde auch sie von einem Handlanger der Guillard Familie überwältigt.

    Zappelnd hing sie in den Armen eines monströsen Kolosses und schrie so laut sie nur konnte. Irgendwie musste sie Susanne warnen, so dass sie wenigstens Ben in Sicherheit bringen konnte. Doch der Koloss zögerte nicht lange und schlug ihr die Waffe ins Gesicht so dass sie Sternchen sah und augenblicklich das Bewusstsein verlor.


    Das ging ja gründlich schief, jetzt saßen alle zusammen in Bens ehemaligem Gefängnis, fein säuberlich verschnürt. Semir wurde nachdem sein türkisches Temperament mit ihm durch ging, sogar ein Knebel in den Mund gestopft.

    Kurz nachdem die Verbrecher sie allein gelassen hatten ging die Gefängnistür abermals auf und eine ohnmächtige und am Kopf blutende Jenny wurde herein gezogen.

    „Oh je auch das noch, jetzt können wir nur hoffen, dass wenigstens Susanne zusammen mit Ben es raus geschafft hatte.“


    Susanne bemerkte, dass keine Schüsse mehr fielen. War das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?

    Sie hoffte inständig, dass gleich ein Notarzt für Ben hier auftauchen würde und Ben versorgte.

    Sie hörte Schritte näher kommen und war gewarnt, da keiner nach ihnen rief.

    Das konnten unmöglich ihre Leute sein!

    Schnell zog sie Ben hinter ein Regal und drückte ihre Hand auf seinen Mund. Sie wagte es kaum zu atmen, denn die Schritte kamen immer näher.

    Die eine Hand auf Bens Mund und in der anderen eine Holzlatte, war sie bereit wenn nötig sich zu verteidigen. Ben war wach und schaute sie voller Angst mit seinen rehbraunen Augen an. Sie schüttelte nur mit dem Kopf, so dass Ben sofort verstand.

    Sie hatten es nicht geschafft die Bande auszuschalten und nun waren alle seine Freunde wegen ihm in deren Gewalt.


    Warum fand diese Hölle kein Ende?

    Und er war hilflos wie ein Baby, konnte sie nicht aus den Klauen der Bestie befreien. Doch als er aufblickte, sah er gerade noch, wen Susanne hier mit der Holzlatte attackierte.

    „Nein...nicht... Susanne, das ist Jessica.....sie kann uns helfen....!“ Versuchte er mit schwacher Stimme, Susanne zu stoppen.

    Doch erst als Jessica, Susanne mit einem knallharten linken Haken auf den Boden zwang, verstand sie dessen Worte.

    „Oh Ben, es tut mir so leid, ich konnte es nicht verhindern. Sie haben sie alle eingesperrt, aber ich werde mein Unrecht wieder gut machen....,“ Jessica nahm behutsam dem Polizisten sein Gesicht zwischen ihre Hände und schaute ihn entsetzt an. Susanne ließ sie gewähren, diese Jessica wollte ihrem Kollegen nichts Böses, das hatte sie begriffen. Benommen rieb sich die Blondine ihre pochende Backe und funkelte Jessica böse an.

    „Ich weiß wo sie sind, du kannst nicht hier bleiben. Wenn wir sie befreit haben, gibt es nur noch eine Möglichkeit den Steinbruch zu verlassen. Meinst du, du schaffst es mit unserer Hilfe?“ Erklärte Jessy kurz was sie vor hatte.

    „Klar, ....ich...bin.. das blühende....Leben“, versuchte Ben zu scherzen. Er wußte sehr wohl, dass er es ohne fremde Hilfe nicht einmal in die Senkrechte schaffen würde.

    So ließ er sich von den zwei Frauen langsam hoch ziehen. Augenblicklich durchfuhr ein stechender Schmerz seine Rippengegend und er kämpfte mit tausenden, wild vor seinen Augen umher hüpfenden hellen Sternchen.

    „Nicht schlapp machen Ben, das bist du allen schuldig“, versuchte Ben sich selbst zu motivieren, was sich in seinem jetzigen Zustand, mehr als schwierig gestaltete. Als die Schmerzenswelle etwas abgeebbt war, signalisierte er, dass sie starten konnten.

    Mit schmerzverzerrtem Gesicht hing Ben zwischen den zwei Frauen. Zum Glück waren beide recht groß und auch nicht zierlich gebaut, so dass beide kräftig zupacken konnten und Ben ohne Probleme und fast schon tragender Weise, fortbewegten.


    Sie konnten jetzt auch keine Rücksicht auf die herzzerreißende Schmerzenslaute des Verletzten nehmen. In schnellen Schritten steuerten sie ihr Ziel an, in der Hoffnung nicht ebenfalls in die Arme dieser Kriminellen zu fallen.

    Sie hatten Glück!

    Wahrscheinlich waren alle damit beschäftigt die Waffen aufzuladen und an einen anderen Ort zu bringen.

    So war es auch!

    Jessica konnte erkennen, wie Josef ihren Männern, Anweisungen für die Verladung gab.

    „Schnell wir haben nicht viel Zeit, ihr müsst hier raus!“

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