In Erinnerung an ...

  • Marianne sah Julia an. „Julia, mein Vater hat ein Mädchen vergewaltigt und ermordet! Wer weiß was der mit mir gemacht hätte, wenn er nicht ins Gefängnis gegangen wäre. Ich bin diesem Mann nicht böse. Er hat nur seinen Job gemacht.“ widersprach sie ihrer Freundin. „Ja, aber dein Vater ist doch an der Folter, die man ihm im Gefängnis angedacht hat gestorben, oder?“ hakte Julia nach. Marianne nickte. „Ja, er ist an den Folgen gestorben. Er hat einen Herzinfarkt durch die Elektroschocks erlitten. Frag mich nicht, wie die Gefangen an solche Geräte kamen, aber einer der Zellengenossen meines Vaters sagte mir, dass man ihn mit Tasern gequält hat. So gesehen hast du dann doch Recht, dass es wegen der Folter war. Irgendwann hat das Herz ausgesetzt und wenn ich es richtig verstanden habe, dann haben auch die Schließer nicht sofort den Arzt informiert. Aber dieser Zellenkumpel von meinem Vater sagte mir auch, das Kinder- und Frauenschänder keinen einfachen Stand im Gefängnis haben.“ Julia nahm ihre Hände. „Das ist grausam. Wirklich. Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann sag mir Bescheid.“ Marianne sah sie an. Ihre Augen waren gerötet. „Danke, du bist eine echte Freundin.“ „Soll ich dich nach Hause fahren?“ wollte Julia wissen. „Ja bitte. Ich muss zur Ruhe kommen.“ stimmte Marianne zu. Sie war ihrer Freundin und Kollegin für die Unterstützung dankbar. „Dann los.“ Sie standen auf und Julia fuhr Marianne nach Hause. Als sie vor der Tür standen sah Julia sie an. „Weißt du was, ich denke wir sollten mal wieder ein Wochenende zusammen etwas unternehmen. Du brauchst Ablenkung und ich würde vorschlagen, wir fahren auf meine Hütte in der Eifel. Was hältst du davon? Da gibt es keine nervenden Polizisten und vor allem keine Sorgen. Du kannst da mal wieder durch die Natur gehen oder am See einfach abschalten.“ schlug Julia vor. Marianne sah sie an. „Das wäre richtig klasse.“ stimmte sie zu. Sie stieg aus und ging in ihre Wohnung. In drei Tagen war Freitag und jetzt kam ein wenig Freude auf, dass sie mit ihrer besten Freundin ein Wochenende verbringen konnte.


    Ben und Paul trafen am Flughafen ein und betraten nur wenig später das Büro der Bundespolizei. Ein ca. 60igjährigern Mann sah sie über seinen Brillenrand an. „Sind Sie die Kollegen von der Autobahnpolizei?“ wollte er wissen. Ben sah kurz zu Paul und dieser nickte. „Paul Renner mein Name. Das ist mein Kollege Ben Jäger. Wir wollen Herrn Staubmann abholen.“ Der Kollege grinste leicht. „Meinersberg, Peter Meinersberg. Ich bin der Dienststellenleiter hier. Herr Staubmann wurde von uns in der Schalterhalle verhaftet. Wir haben den Suchaufruf vor vier Stunden erst erhalten und es sofort an die Damen am Schalter weitergegeben. Und tatsächlich wollte Herr Staubmann Deutschland verlassen. Als wir ihn verhaftet haben, mischte sich ein weiterer Passagier ein, der versuchte Herrn Staubmann aus den Händen der Kollegen zu befreien. Dabei wurde der Kollege leicht verletzt. Herr Fringer wurde von uns deshalb ebenfalls in Gewahrsam genommen.“ berichtete der Kollege von der Bundespolizei sehr ausführlich. „Dann haben wir die Kerle, die das üble Spiel mit Semir gespielt haben.“ Ben nickte nachdenklich. „Vielleicht. Herr Meinersberg, könnten Sie die beiden Männer zu uns bringen?“ Peter Meinersberg nickte. „Selbstverständlich. Ich bin froh, wenn ich die wieder los bin. Dem Kollegen geht es zwar wieder besser, aber er ist in der Klinik. Gehirnerschütterung.“ Der Mann wies zwei Kollegen an, die Inhaftierten ins Büro zu holen und nur fünf Minuten später standen Staubmann und Fringer vor ihnen. Paul staunte nicht schlecht, als er den falschen Arzt vor sich stehen sah. „Wir werden die Beiden in unserer Dienststelle vernehmen. Vielen Dank für Ihre Hilfe, Herr Meinersberg.“ Paul verneigte sich kurz und reichte dem Kollegen die Hand. „Gern geschehen. Ich weiß zwar nicht, was die Kerle getan haben, aber ich denke, sie werden die gerechte Strafe dafür bekommen.“ Paul lächelte. „Sie stehen im Verdacht auf die Familie meines Partners geschossen zu haben. Und nun am Verschwinden desselben beteiligt zu sein.“ Meinersberg Miene verfinsterte sich. „Wenn ich das gewusst hätte, dann hätten die Beiden noch einen Unfall gehabt, bevor sie in die Zelle gewandert sind!“ knurrte er.

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  • Der Nachmittag kam und Semir wachte auf. Er verspürte eine Veränderung. Irgendwas stimmte nicht und als er sich bewegte, wusste er auch was. Er hing mit dem Kopf nach unten in diesem Raum. Sein Gegner schien zu feige gewesen zu sein, ihn so zu verändern, während er wach war und deshalb hatte er ihn betäubt. Doch Semir bemerkte auch, dass sich die Umgebung geändert hatte. Dieser Raum war größer als der, wo er vorher war. Er war nicht so dunkel und es kam frische Luft rein. Er sah sich weiter um und bemerkte, dass unter ihm ein großer mit Wasser gefüllter Bottich stand. Er konnte trotz der geringen Beleuchtung die typische Spiegelung des Wassers sehen. Plötzlich wurde ihm klar, was ihm nun bevorstand. Er versuchte seine Fesseln zu lösen, doch auch jetzt waren es wieder Kabelbinder und die konnte er nicht ohne Hilfe loswerden. Nur wenig später hörte er Schritte, die vor der Tür stoppten und noch einen Augenblick später öffnete sich die Tür. Auch jetzt trug die Gestalt einen weiten Mantel und hatte das Gesicht verhüllt. „Was wollen Sie? Wer sind Sie?“ fragte er erneut, doch auch jetzt kam keine Antwort. Die Person stand nur da und sah ihn an. „Hören Sie, egal was es ist … wir können sicher gemeinsam eine Lösung finden. Wer sind Sie? Lassen Sie sich helfen.“ bat er leise, doch auch jetzt antwortete die vermummte Gestalt nicht. Sie ging um ihn herum und Semir spürte, dass sie etwas im Schilde führte. Die Gestalt beugte sich zu ihm, zog ihn an sich heran und er spürte den Atem der Person dicht an seinem Ohr. „Du wirst gar nichts machen außer sterben. So ist es bestimmt worden. Du hast dein Recht am Leben verwirkt.“ ertönte die Stimme, die elektronisch verzerrt war, dicht an seinem Ohr. Semir konnte nicht erkennen, ob die Person männlich oder weiblich war. „Wer hat das denn bestimmt?“ wollte er wissen. „Ich!“ kam prompt zur Antwort.



    „Hören Sie,“ versuchte Semir noch einmal, doch dann spürte er einen Ruck in der Kette und er sackte ein Stück runter. Sofort versteifte er sich. „Warten Sie!!“ stieß er aus, doch sein Gegner hatte scheinbar keine Lust auf ein Gespräch. Nur wenige Sekunden danach tauchte er ins Wasser. Er wandte sich in den Fesseln und versuchte alles, um wieder aus dem Wasser zu kommen. Nach seinem Gefühl dauerte es ewig, bis sein Peiniger ihn wieder hochzog. Als dies geschah, hustete er und spie Wasser aus. Doch ihm blieb keine Zeit zum Verschnaufen. Ehe er wieder zu Kräften gekommen war, ging es wieder auf Tauchstation. Ihm kam es vor, dass es diesmal wesentlich länger dauerte, bis er wieder hochgezogen wurde. Panik stand in seinen Augen und er versuchte seinen Peiniger zu fixierten. „Hören Sie auf! Bitte!“ flehte er japsend, doch es war vergeblich. „Was ich gerade mit dir mache, nennt sich auch Waterboarding. Ein beliebtes Spiel im Knast mit Personen, die man nicht mag. Man hat es auch mit ihm gespielt.“ Semir spürte einen Druck im Kopf, welches zum einen vom unfreiwilligen Tauchgang, wie auch von seiner hängenden Position kam. „Wer? Wen meinen Sie?“ fragte er hustend. „Nein, das sage ich dir noch nicht. Du hast noch sehr viel vor dir, das kann ich dir schon versprechen. Auf geht es in die nächste Runde!“ lachte sein Peiniger und ließ ihn wieder absinken. Semir hatte gerade noch die Zeit einen tiefen Atemzug zu nehmen, bevor er eintauchte. Er schaukelte hin und her, wandte sich in der Kette, die um seine Füße geschlungen war. Doch dann hing er nur noch still da. Er bekam nicht mehr mit, dass sein Peiniger ihn hochzog und dann zufrieden den Raum verließ.

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  • Als Ben und Paul wieder in der PAST waren, wurden die Festgenommenen zunächst in die Zellen gebracht. Paul und Ben wollten Kim Krüger Bericht erstatten, bevor sie die Männer vernehmen. „Der falsche Arzt und sein Freund sitzen in den Zellen!“ erklärte Paul. Kim sah ihn erstaunt an. „Und das sind definitiv die Männer, die Sie von der Straße gedrängt haben?“ Paul nickte. „Ja, dieser zweite Kerl war der Fahrer des Wagens, der uns von der Straße gedrängt hat.“ bestätigte er. Kim stand auf und ging zur Tür. Weder Ben noch Paul folgten ihr und sie drehte sich zu den Beiden um. „Worauf warten Sie noch? Vernehmen wir die Herren. Ich werde Staubmann persönlich vernehmen und es wäre wirklich besser für ihn, wenn er redet.“ knurrte sie und man hörte deutlich, dass sie es so meinte, wie sie es sagte. Ben sah sie erstaunt an und wandte sich dann an Paul. „Was machen wir jetzt mit Sandberg?“ wollte er wissen. „Sandberg? Denken Sie immer noch, dass er damit etwas zu tun hat?“ hakte Kim erstaunt nach. Paul nickte. „Wir vermuten, dass der den Verdacht bewusst auf Wehner gelenkt hat, um aus dem Täterkreis zu kommen.“ Kim nickte nachdenklich. „Ich habe noch einmal mit dem ehemaligen Vorgesetzten von Sandberg gesprochen. Er hat in den höchsten Tönen von ihm gesprochen und konnte sich absolut nicht vorstellen, dass er korrupt ist. Es gibt in seiner Vergangenheit auch keine Verbindung zu Gerkhan. Er kannte die Kollegen von ihm nicht und sein Vater ist, wie er auch erzählt, bei einem Bankraub erschossen worden. Ich werde ihn dennoch von dem Fall abziehen und mit Mertens auf Streife schicken.“ gab sie von sich. Ben sah sie kurz an. „Was ist denn mit Dana? Wird sie noch bewacht?“ „Natürlich, wir haben auch die Schwestern noch einmal geprüft. Die einzige Verbindung zu Semir hat Frau Wehner. Weder die Ärzte, noch die Helfer oder sonst jemand. Von dem Personalleiter habe ich außerdem erfahren, dass Frau Wehner beurlaubt wurde. Aber jetzt sollten wir uns um die beiden Herren kümmern. Die wissen wo Gerkhan ist!“ Sie drehte sich wieder um und verließ den Raum nun. Paul und Ben folgten ihr.


    Kim ließ sich nur wenig später Dean Staubmann in den Verhörraum bringen. Sie sah ihn kühl an. „Setzen Sie sich Herr Staubmann!“ forderte sie ihn mit harter Stimme auf. Der Beamte, der Staubmann in den Raum brachte, drückte ihn auf den Stuhl, der ihr gegenüber auf der anderen Seite des Tisches stand. Der Mann setzte sich und sah sie grinsend an. Auch Kim setzte sich und erwiderte den Blick ohne eine Miene zu verziehen. „Herr Staubmann, Sie können dieses Verhör auch ganz kurz gestalten, denn ich nehme an, dass Sie genauso wenig Lust wie ich auf dieses Spiel haben. Wo ist unser Kollege Gerkhan?“ Dean Staubmann lachte leise. „Bitte wer?“ stellte er die Gegenfrage. „Semir Gerkhan! Sie haben ihn doch schon seit Tagen auf dem Kicker. Erst spielen Sie ihm vor, der tote Partner zu sein und dann entführen Sie in einer anderen Maske seine Tochter! Und zu guter Letzt schießen Sie auf die ganze Familie! Doch damit nicht genug. Als Sie bemerkt haben, dass es nicht funktioniert hat, versuchen Sie ihn auch noch aus dem Krankenhaus zu entführen!“ Kim wurde lauter und Staubmann schien leicht beeindruckt. „Sie sollten Geschichten schreiben. Mal ganz ehrlich, für diesen Schwachsinn, den Sie mir vorwerfen, haben Sie sicher Zeugen oder andere Beweise oder, Frau Kommissarin? Sonst dürfte es Ihnen wirklich schwerfallen mir das zu beweisen.“ Kim bemerkte, dass Dean Staubmann so nicht zu fassen war. „Wir haben genügend Zeugen, die Sie gesehen haben. Also, wo ist Semir Gerkhan?“ Doch auch jetzt ließ Staubmann nichts von sich hören. Er lehnte sich zurück und grinste breit. Kims Handy klingelte. Sie meldete sich und hörte Ben Jäger am anderen Ende. „Geben Sie mir fünf Minuten und ich weiß wo sich Semir befindet!“ bat er, doch sie schüttelte den Kopf und beendete das Gespräch. „Nun?“ fragte sie und sah Staubmann wieder an, doch dieser saß mit einem selbstgefälligen Grinsen auf seinen Stuhl und schwieg.

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  • Ben sah durch das Fenster in den Verhörraum, in dem Kim Krüger gerade Dean Staubmann vernahm. Auch Paul stand da. Sie hörten jedes Wort und sahen sich an. „Sie bekommen noch eine Chance. Wenn Sie uns sagen wo Gerkhan ist, dann kann das vor Gericht einen Vorteil bringen.“ hörten sie Kim Krüger sagen. Doch auch jetzt reagierte Staubmann nicht. „Herr Staubmann, wir werden unseren Kollegen finden und der wird Sie mit Sicherheit auch wiedererkennen. Warum machen Sie es sich so schwer? Wir wissen doch längst, dass Sie hinter dem Entführungsversuch im Krankenhaus stecken. Sie wollten Gerkhan töten und haben dabei auch in Kauf genommen, dass seine Kinder sterben. Arbeiten Sie in eigener Sache oder haben Sie einen Auftraggeber?“ wollte Kim wissen. Staubmann sah sie nur grinsend an. Paul konnte die Körpersprache von Staubmann genau deuten. „Der wird nicht reden.“ murmelte er. Ben ging zur Tür. „Das werden wir sehen!“ knurrte er und stürmte raus. Nur wenig später sah Paul, wie er in den Verhörraum stürmte. „Frau Krüger, Fringer hat soeben gestanden. Er sagt ganz klar, dass Staubmann auf Semir und seine Familie geschossen hat.“ Paul sah zu Staubmann, doch der reagierte überhaupt nicht. Er grinste immer noch. „Okay, dann sollten Sie seine Wohnung vornehmen! Ich bin mir sicher, dass Sie dort Hinweise finden.“ legte Kim fest. Paul grinste leicht, die Chefin spielte mit. Wieder ging sein Blick zu Staubmann, der sich plötzlich vorlehnte. „Was wollen Sie in meiner Wohnung? Sie haben kein Recht, dort einzudringen!“ fauchte er wütend und stand auf. Sofort war der Beamte, der an der Seite stand, bei ihm und drückte ihn wieder auf den Stuhl. Kim lächelte leicht. „Oh, das sehe ich anders. Hier liegt Gefahr im Verzug und damit haben wir das Recht, Ihre Wohnung zu betreten. Warum haben Sie denn so eine Angst? Sie haben doch sicher nichts damit zu tun, oder?“ Dean Staubmann lachte auf und lehnte sich zurück. „Netter Trick“ kam nun wieder selbstsicherer von ihm.



    Semir kam nach einigen Minuten, nach den unfreiwilligen Tauchgängen, wieder zu sich. Er fror erbärmlich, denn das Shirt, was er trug, war immer noch feucht und hier im Raum zog ein eisiger Wind. Außerdem bemerkte er, dass er nun wieder am Boden saß und seine Hände mit Kabelbinder umwickelt waren. Zwischen seinen Armen war ein stabiles Rohr, welches er quasi umarmte. Auch seine Fußgelenke waren mit Kabelbinder zusammengebunden und zwischen seinen Beinen war dieses verdammte Rohr. Obwohl er genau wusste, dass er die Plastikbänder nicht zerreißen konnte, versuchte er vergeblich seine Hände zu befreien. Das einzige, was er erreichte war, dass die Wunden an seinen Handgelenken wieder anfingen zu bluten. Semir atmete aus und lehnte sich zurück. Er überlegte, wen sein Peiniger mit „Er“ gemeint hatte und kam zum Entschluss, dass es nur Frank Reich gewesen sein kann, von dem sein Gegner sprach. Semir wusste, dass der Mann im Gefängnis zu Tode gefoltert wurde und auch die Vollzugsbeamten die notwendige medizinische Versorgung hinausgezögert hatte. Als man dann die Rettung rief, war es schon zu spät. Vielleicht steckte Marianne Wehner doch dahinter und Thilo hatte mit seinen Verdächtigungen Recht. Er zuckte zusammen, als er hörte wie der Schlüssel sich im Schloss drehte und die Tür geöffnet wurde. Innerlich war er extrem angespannt und sah der Person entgegen, die jetzt eintrat. Für ihn war es mittlerweile ein normales Bild, das die Person einen Mantel trug und vermummt war, doch der Gegenstand, den diese Person nun trug, ließ ihn Böses ahnen. Sein Blick heftete sich an diesen Holzschläger und sein Gegner schien es zu bemerken, denn nun hörte man ein metallisch klingendes Gelächter. „Du siehst es richtig. Weißt du wie es ist, wenn man geschlagen wird und man kann sich nicht wehren?“ Semir schluckte und ahnte, was nun passieren sollte. „Warum töten Sie mich nicht direkt?“ fragte er heiser. „So einfach mache ich es dir nicht. Er hatte es auch nicht einfach.“ erklärte die Person. „Sie sprechen von Frank Reich, nicht wahr? Sind Sie Marianne? Warum verstecken Sie sich hinter dieser dummen Maskerade?“ Anstatt zu antworten holte die Person aus und schlug mit dem Knüppel zu. Obwohl er gefesselt war, versuchte Semir sich zu schützen. Er zog sich zusammen und hob den linken Arm soweit es ging, um seinen Kopf zu schützen. In den Schlägen spürte er die ganze Wut seines Peinigers.

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  • Paul sah Ben enttäuscht an. „Das ging ja wohl voll daneben.“ gab er von sich und wies mit dem Kopf in Richtung Staubmann. Ben atmete tief durch. „Scheint ganz so, aber vielleicht sollten wir das bei diesem Fringer versuchen. Mir scheint, dass er labiler ist.“ Paul nickte nachdenklich. „Denkst du wirklich, dass die wissen, wo Semir ist?“ Nun zog Ben die Schultern hoch. „Ein Versuch ist es wert. Also auf geht es!“ Ben wollte in den zweiten Verhörraum, doch Paul hielt ihn zurück. „Wir sollten es genau wie eben machen. Du kommst nach.“ bat er ihn und Ben nickte kurz. Paul betrat den Verhörraum. Bastian Fringer saß bereits auf dem Stuhl und sah ihn an. „Hören Sie, Herr Kommissar. Ich habe nichts getan. Ich verstehe gar nicht was ich hier soll.“ erklärte er sich. Paul verschränkte die Arme und schlug die Beine übereinander. Er sagte nichts und sah den Mann mit einem durchdringenden Blick an. Seine Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Er musterte den Mann der ihm gegenüber saß, sehr genau. Schweißperlen waren auf dessen Stirn zu sehen. „Was wollen Sie von mir?“ wollte Fringer wissen. Paul hörte, dass der Mann versuchte die Unsicherheit in der Stimme zu verbergen, doch es gelang ihm nicht. Er hob eine Augenbraue hoch. „Sie könnten mir verraten, warum Sie Staubmann befreien wollten.“ Fringer setzte sich gerade hin. „Ich … ich habe nichts Unrechtes getan. Ich habe gedacht, dass die ihn entführen wollten. Ich wusste doch gar nicht, dass es Bullen sind!“ verteidigte er sich. Paul nickte und lachte leise. „Die Kollegen trugen Uniformen. Denken Sie wirklich, dass Entführer sich so ein Aufsehen erlauben? Auf einem überfüllten Flughafen?“ Bastian spielte mit seinen Fingern. „Was weiß ich denn? Man liest doch so viel über diese Betrüger! Sie überfallen Rentner und rauben sie aus! Das wäre doch möglich! Die werden doch immer dreister.“ Paul atmete tief durch. „Natürlich. Staubmann sieht ja auch aus, wie ein Rentner und auf der Autobahn haben Sie mich dann auch nur aus Spaß von der Straße gedrängt oder?“ Bastian setzte sich gerade hin. „Ich war nicht auf der A4! Ich war das nicht!“ kam nun entsetzt. Paul sah ihn gespielt verwundert an. „Wie kommen Sie denn auf die A4? Habe ich davon was gesagt?“ Bastian Fringer schluckte. „Ich… Sie… ich will meinen Anwalt!“ Paul nickte. „Sicher. Der wird Ihnen nur nicht helfen können. Ich habe Sie gesehen und das reicht. Aber ich gebe Ihnen eine Chance. Sagen Sie mir wo mein Partner ist und stellen Sie sich als Kronzeuge gegen Staubmann bereit. Nur so haben Sie eine Chance, diese Nummer teilweise straffrei hinter sich zu bringen.“ schlug er vor.



    Ben grinste leicht, als er hörte, was Fringer von sich gab. Dennoch waren keine Informationen da, die sie zu Semir brachten. Er hoffte, dass Fringer auf den Trick reinfiel, denn der Typ schien sehr labil zu sein. Jetzt wollte er sein Spielchen durchziehen. Er atmete tief durch und stürmte in den Raum. „Okay, mein Freund! Ich gebe dir noch eine Chance mir zu sagen, wo mein Kollege ist. Und das ist deine Chance, den Raum ohne Knochenbruch zu verlassen! Wenn du mir nichts sagst, dann wirst du eine ganze Weile aus der Schnabeltasse trinken! Wo ist Semir!!“ schrie er den Mann an und sofort sprang Paul auf. Dieser versuchte Ben aus dem Raum zu schieben, doch der ließ es nicht zu. Er stemmte sich dagegen. Fringer schluckte sichtbar. Für ihn sah es scheinbar sehr echt aus. „Ich habe nichts getan! Ich weiß nicht, was Sie wollen! Ich kenne keinen Semir!“ verteidigte er sich. Ben stieß Paul zur Seite und packte Fringer am Kragen. Er stieß ihn gegen die Wand und sah ihn drohend an. „Sag mir wo er ist!“ fauchte er den Mann an. „Ben! Lass ihn los! Das bringt doch nichts!“ versuchte Paul und konnte seinen Kollegen in spe natürlich auch überzeugen, dass Gewalt keine Lösung ist. Ben atmete heftig und man sah ihm seine Wut an. „Staubmann hat mir eben gesagt, dass er der Drahtzieher ist!“ fauchte er wütend. „Lass ihn… wir werden ihn dem LKA übergeben und die werden ihn weichkochen.“ erklärte Paul sanft und drückte Bens Faust runter, die immer noch dicht vor Fringers Gesicht schwang. „Lass ihn. Geh und verschaff dir einen kühlen Kopf.“ bat Paul. Ben sah Fringer immer noch an, doch dann nickte er und verließ den Raum. Paul stellte den Stuhl wieder auf, der bei Bens Aktion gegen Fringer umgefallen war. „Ich kann mich für meinen Kollegen nur entschuldigen.“ sagte er. „Der spinnt doch! Der dürfte gar nicht mehr im Dienst sein.“ beschwerte Fringer sich. Paul sah ihn an. Bastian Fringer senkte den Kopf und knetete seine Hände. „Ich habe nichts getan! Wirklich… ich wollte das nicht.“ Paul sah ihn ernst an. „Ach nein? Ich werde Ihnen sagen, was Sie getan haben. Sie haben meinen Partner auf den Friedhof niedergeschlagen, seine Tochter entführt, seine Familie bei einem feigen Anschlag angeschossen. Wissen Sie, das eines von seinen Kindern in Lebensgefahr schwebt? Dann haben Sie versucht, meinen Partner aus dem Krankenhaus zu entführen! Und dann den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Für den fünffach versuchten Mord werden Sie für immer hinter Gitter wandern. Wissen Sie, wie man im Knast mit Kindermördern umgeht? Und dabei ist es völlig egal, ob es ein vollendeter Mord ist, oder nicht.“ Bastian Fringer schluckte. „Sie haben dafür keine Beweise.“ presste Fringer hervor. Paul lachte leise. „Sind Sie sich da so sicher? Sie haben doch gehört, was mein Kollege gesagt hat. Staubmann hat geredet!“

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  • Paul verließ den Verhörraum und ging zu Ben, der im Nebenraum wartete. „Sag mal spinnst du? Wir hatten das doch anders verabredet! Wir wollten das so machen, wie bei Staubmann! Du hast mit keiner Silbe erwähnt, dass du ihn körperlich angehst!“ fauchte Paul wütend. Ben sah ihn gelassen an und zog die Schultern hoch. „Na und? Hätte das etwas geändert? Falls es dir entgangen ist, Semir befindet sich in der Gewalt von irgendeinem psychisch gestörten Typen! Wer weiß, was er gerade durchmacht! Wenn wir die Kerle da drinnen mit Samthandschuhen anpacken, dann kriegen wir gar nichts raus!“ antwortete Ben genauso wütend. Paul starrte ihn an und schüttelte den Kopf. „Gebracht hat es gar nichts. Aber er hat eine Scheißangst.“ Ben drehte nachdenklich einen Kugelschreiber in den Fingern. „Wie wäre es, wenn wir ihm die Kronzeugenregelung schmackhafter machen?“ schlug er vor. Bevor Paul antworten konnte, kam Kim Krüger zu ihnen. „Aus Staubmann ist nichts heraus zu bekommen. Was ist mit Fringer?“ Paul schüttelte stumm den Kopf. „Okay, dann nehmen Sie sich die Wohnungen vor! Den Durchsuchungsbeschluss habe ich bereits erwirkt.“ Paul sah zu Ben und dieser erhob sich. „Okay, vielleicht finden wir da etwas. Frau Krüger, dieser Fringer wird einfacher zu packen sein. Wie wäre es, wenn wir ihm die Sache „Kronzeuge“ vorschlagen?“ wiederholte Ben seinen Vorschlag. „Darüber können wir reden, wenn Sie die Wohnungen durchsucht haben.“ lehnte sie indirekt ab. Paul und Ben fuhren zunächst zur Wohnung von Staubmann. Sie klingelten an der Tür, doch wie erwartet öffnete niemand. „Na dann werden wir uns mal Zutritt verschaffen.“ meinte Ben, sah Paul an und streckte die Hand aus. Dieser reichte ihm sein Etui mit dem Dietrich und Ben hockte sich hin. „Okay, ich hoffe, du hast es nicht verlernt.“ Binnen weniger Sekunden war die Tür offen und Ben stand wieder auf. „Sowas verlernt man nicht.“ grinste er und betrat die Wohnung. Sie bestand lediglich aus einem Raum mit angrenzendem Bad und einer kleinen Kochnische und war penibel aufgeräumt. Hier stand ein Schrank, ein kleiner Tisch mit einem Sessel und ein Bett.



    Auf dem kleinen Tisch stand ein Laptop, den sie sofort sicherstellten. „Den soll Hartmut sich gleich mal vornehmen! Ich hoffe, wir finden was drauf.“ meinte Paul und nahm das Gerät an sich. Ben ging ins Bad. Er durchwühlte den kleinen Badschrank und sah zwischen den Handtüchern. „Hier ist absolut nichts zu finden. Der hat scheinbar alles vorher schon entsorgt.“ rief er Paul zu. „War ja klar, die haben alles durchdacht. Das muss ein schon sehr lang gehegter Plan gewesen sein.“ mutmaßte Paul. Ben nickte. „Okay, wir sollten den Laptop direkt zu Hartmut bringen und uns dann die Wohnung von Fringer vornehmen.“ schlug Paul nun vor und wandte sich zur Tür. Ben folgte ihm und klebte ein Sigel auf, als sie die Wohnungstür wieder verschlossen hatten. Als sie in der KTU angekommen waren, sah Hartmut sie erstaunt an. „Ben, schön dich zu sehen. Du bist es doch, oder? Und wenn du es bist, was machst du hier? Was bringt ihr mir?“ wollte er wissen. Ben stellte den Laptop auf den Tisch. „Ja, ich bin es. Ich kann mir auch ein Schild umhängen. Und was ich hier mache? Ich suche Semir, Einstein. Ich suche meinen Freund. Das ist der Laptop von einem der Kerle, die Semir entführt haben. Ich will wissen, was für Daten er hat und vor allem ob da etwas drauf ist, was uns hilft, Semir zu finden!“ erläuterte er dem Techniker. Hartmut nahm das Gerät und ließ es hochfahren. Die Aufforderung zur Passworteingabe erschien. „Okay, das haben wir gleich. Ähm, ihr habt doch sicher noch zu tun. Wie wäre es, wenn ihr weiterarbeitet und ich euch anrufe, sobald ich etwas gefunden habe.“ Paul sah zu Ben und nickte dann. „Okay, dann werden wir jetzt Fringers Wohnung vornehmen.“ schlug er vor. ER wandte sich zum Gehen, doch Ben hielt ihn fest. „Meinst du nicht, wir sollten Andrea erst einmal informieren? Sie hat ein Recht darauf, zu erfahren, was passiert ist.“ Pauls Blick veränderte sich, denn er wusste, dass Ben Recht hatte. „Okay, dann fahren wir erst zu Andrea.“



    Jenny und Andrea spielten gerade mit den Kindern Memory, als es an der Tür in dem abgemachten Rhythmus klingelte. Sie sah zu Andrea und nickte leicht. „Bleibt ihr hier und ruhig!“ mahnte sie die Drei und zog ihre Waffe. Während sie zur Tür ging, prüfte sie diese. Auch wenn der Rhythmus korrekt war, hieß es nicht, dass wirklich ein Freund vor der Tür stand. Als sie durch den Spion schaute, sah sie in Pauls Gesicht. Doch konnte sie sicher sein, dass es wirklich ihr Kollege war? Was, wenn es wieder einer dieser Typen war, die Semir schon mit Ben und Tom Kranich getäuscht hatten. Sie nahm ihr Handy und wählte Paul an. Es klingelte auf der anderen Seite der Tür und Jenny sah, wie Paul das Handy hervorholte. „Ja?“ hörte sie ihn fragen. „Ich bin es. Also bist du es vor der Tür?“ „Noch ja…“ meinte Paul. Jenny öffnete. „War nur zur Sicherh…, Ben?! Du bist doch der Echte, oder?“ hakte sie fragend nach. Ben rollte die Augen. „Ich hänge mir morgen echt ein Schild um, auf dem steht, dass ich der echte Ben bin.“ Jenny umarmte ihren Exkollegen. „Wie geht es dir denn? Was machst du hier?“ Ben berichtete, dass er wegen Semir hier war. Jenny sah ihn an. „Es ist schlimm. Aber warum seid hier jetzt hier?“ Ben wies auf Paul, der nun bei Andrea stand. Dieser atmete tief durch. „Semir ist weg. Wir waren gerade auf dem Weg zum Schiff, als wir von der Straße gedrängt wurden. Ich habe das Bewusstsein verloren und als ich wieder klar war, war Semir verschwunden.“ Andrea stand eine Weile da und sah Paul an. Dann stieß sie ihn zur Seite und verließ den Raum. Tür zum Schlafzimmer knallte heftig zu. Paul sah fragend zu Ben, doch dieser zog die Schultern hoch. „Ich versuch mal mit ihr zu sprechen.“ meinte er und ging zum Schlafzimmer. Er klopfte an. „Andrea? Kann ich reinkommen?“ Zunächst kam keine Antwort, doch dann ging die Tür auf und Andrea stürmte heraus. Sie stieß Ben zur Seite und baute sich vor Paul auf. „Du hast versprochen auf ihn aufzupassen! Du hast gesagt, dass er in Sicherheit ist!“ keifte sie ihn wütend an und hob die Hand. Sie wollte ihm eine Ohrfeige verpassen, doch Paul fing die Hand ab. „Andrea, ich war nicht in der Lage zu reagieren! Aber ich werde ihn finden!“ Andrea ließ sich nicht so einfach beruhigen. Sie hob die andere Hand und diese klatsche Paul ins Gesicht. Nun schritt auch Ben ein und zog Andrea von Paul weg. „Lass mich! Lass mich los! Er hat mir versprochen, dass er sicher ist! Er hat gesagt, er beschützt ihn! Er wollte Semir beschützen!!“ schrie sie, versuchte sich zu lösen und brach dann weinend in Bens Arme zusammen.

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  • Ben hielt Andrea im Arm und drückte sie. „Ist gut. Es wird alles gut. Ich werde Semir finden und ihn zu dir zurück zu bringen.“ sprach er auf sie ein, doch Andrea schien es nicht zu hören. Sie schluchzte und der Körper bebte. „Paul, ruf einen Arzt!“ forderte Ben ihn auf und Paul setzte den Notruf ab. „Ich will ihn nicht verlieren, Ben! Ich will ihn nicht verlieren! Nicht noch einmal!“ kam schluchzend von ihr und Ben strich ihr sanft über den Rücken. „Ich weiß, Andrea, ich weiß. Komm setz dich und dann reden wir, okay?“ Andrea nickte. Sie sah Ben mit verweinten Augen an. „Ben, finde ihn bitte. Finde ihn und bring ihn zurück.“ Der Expartner ihres Mannes nickte. „Das werde ich, versprochen. Mit Paul werde ich ihn zurückbringen.“ Andreas Blick ging zu dem aktuellen Partner und ihr Blick verfinsterte sich. „Er wird dir keine Hilfe sein. Er konnte ja nicht einmal Semir beschützen.“ stieß sie wütend aus. „Andrea, ich hätte ihn beschützt, wenn ich es gekonnt hätte. Das musst du mir glauben!“ gab Paul verzweifelt von sich. „Ich will nichts von dir hören! Hau ab! Hau endlich ab!!“ schrie Andrea wütend und weinte gleichzeitig. Ben sah ihn nur kurz an. „Schau bitte ob der Arzt kommt.“ bat Ben und Paul nickte. Er verschwand und kam nach wenigen Minuten mit dem Notarzt wieder in die Wohnung. Bereits auf dem Weg in die Wohnung hatte er den Arzt darüber informiert, was passiert war. Der Arzt untersuchte Andrea nur kurz und nickte dann. „Akuter Erschöpfungszustand. Sie braucht Ruhe. Ich werde ihr eine Beruhigungsspritze geben und dann wird sie die nächsten Stunden schlafen.“ schlug der Arzt vor und Ben nickte. Andrea sah einfach nur in den Raum. Sie fixierte nichts und zuckte nur kurz zusammen als die Nadel in ihre Vene drang. Ben stand auf und zwang sie sanft dazu, sich hinzulegen. Nur eine kurze Zeit später schlief Andrea. Jenny kam mit Ayda und Lilly aus dem Kinderzimmer und die Mädchen drückten sich eng an ihr. Für die beiden war es nicht verständlich, was mit ihrer Mutter passiert war. Ayda zupfte an ihrem Arm. „Jenny, es wird doch alles gut, oder?“ kam die ängstliche Frage. Jenny schluckte schwer. Die Antwort blieb sie schuldig, denn was sollte sie den Kindern sagen?



    Hartmut brauchte einige Stunde, bis er das Passwort geknackt hatte. Er klickte sich durch die Seiten, die der Besitzer angeklickt hatte und kam auch in dem typischen sozialen Netzwerk nicht vorbei. Da der Besitzer sich wohl die Passwörter nicht merken konnte, hatte er sie gespeichert, was Hartmut seine Arbeit nun sehr erleichterte. Er durchforstete die Nachrichten, die auf der Seite des weltweit bekannten Anbieters geführt wurden. Er las nur wenige Zeilen und wählte dann Paul an. „Ich habe was gefunden! Dieser Staubmann hat mit einem Bastian geschrieben und ihm Befehle gegeben. So sehe ich zum Beispiel die Information, dass man auf den Vorfall mit Ayda schieben kann. Außerdem auch der hinterhältige Anschlag auf Semirs Geburtstagsparty. Weiter auch der Entführungsversuch aus dem Krankenhaus. Zumindest die Planung.“ berichtete der Techniker. „Okay, das passt. Der zweite heißt Bastian Fringer. Damit haben wir die Beweise. Hast du noch mehr herausgefunden?“ wollte Paul wissen. „Ja, dieser Dean sprach von einem Boss, der sich „der Rächer“ nennt. Aber das ist hier mehr nebenbei erwähnt worden. Meistens spricht er vom Boss.“ Hartmut hörte wie Paul tief durchatmete. „Danke Hartmut. Sehr gute Arbeit.“ lobte der Kommissar den Techniker und Hartmut streckte sich leicht. Der Techniker holte sich einen Kaffee aus der Küche und setzte sich wieder an den Laptop. Er wollte herausfinden von wo dieser „Rächer“ die Mail gesendet hatte und versuchte vom Provider per Telefon die Informationen zu bekommen. „Easy Life, Marik Scheltner am Telefon. Wie kann ich Ihnen helfen?“ hörte er eine ihm bekannte Stimme am Telefon. „Marik? Marik Scheltner?“ fragte er verwundert, als er die zuständige Person am Telefon hatte. „Ja, das ist korrekt. Mit wem habe ich das Vergnügen?“ „Hartmut! Hartmut Freund!“ gab Hartmut zurück. „Mensch Hartmut Freund! Ich fass es ja nicht. Was kann ich für meinen alten Schulfreund tun?“ Hartmut grinste. Marik Scheltner war einer seiner Mitschüler auf dem Gymnasium und die beiden Männer verbanden früher eine schöne Freundschaft, bis man sich aus den Augen verlor. Hartmut erklärte ihm den Vorfall und Marik versprach schnell zu helfen.

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  • Marianne und Julia traten ihren Dienst pünktlich an. Doch für Marianne hieß es zunächst zum Personalchef zu kommen. Etwas nervös saß sie im Vorraum und wartete darauf, dass der Personalleiter sie in sein Büro rief. Zehn Minuten später war es soweit. „Frau Wehner, ich muss Sie leider vom Dienst freistellen.“ fing der Mann an und Marianne wurde blass. „Ich bin entlassen?“ fragte sie erstaunt. „Nein, ich sagte, dass ich Sie freistellen muss. Herr Renner hat mich aufgesucht und die Vermutung ausgesprochen, dass Sie indirekt mit der Entführung seines Kollegen zu tun haben. Das wirft einen Schatten über die Klinik und das können wir nicht zulassen.“ Marianne schüttelte entsetzt den Kopf. „Ich habe nichts damit zu tun! Herr Orthmann, das ist nicht gerecht! Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen! Ich habe meine Arbeit getan, wie ich sie immer getan habe! Und ich habe auch Herrn Renner von der Polizei erklärt, dass ich keinen Groll gegen Herrn Gerkhan hege!“ Orthmann nickte wissend. „Das ist mir bekannt. Dennoch halte ich es für besser, wenn Sie die nächste Woche keinen Dienst machen. Sie sind eine sehr gute Krankenschwester und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dieser bestehende Verdacht der Polizei auch Sie belastet und damit könnten Sie auch Behandlungsfehler begehen. Die Beurlaubung ist also nur zu Ihrem Schutz.“ Marianne senkte den Kopf. „Ich verstehe. Auch wenn ich es nicht für gerechtfertigt halte, werde ich mich Ihrem Wunsch beugen.“ Sie stand auf und ging zur Tür. „Frau Wehner, ich wünsche mir, dass Sie schon sehr bald wieder rehabilitiert sind. Genießen Sie die Tage der Ruhe.“ Marianne drehte sich noch einmal zu ihm um. „Danke Herr Orthmann.“ Sie verließ den Raum und ging zu Julia zurück, die in der Schwesternküche gerade dabei war, das Frühstück für das Pflegepersonal vorzubereiten. Marianne setzte sich an den Tisch und weinte.



    Julia drehte sich erstaunt zu ihrer Freundin um. „Was wollte der Alte denn von dir?“ fragte sie. Marianne sah sie mit verweinten Augen an. „Er hat mich beurlaubt!“ stieß sie aus. Julia setzte sich. „Bitte was? Warum das denn?“ Marianne lachte verbittert auf. „Na wegen dieser Schieße mit Gerkhan! Er denkt, dass ich nicht stark genug bin, bei dem Druck meinen Job zu machen! So ein Schwachsinn! Der hält mich für schuldig!“ fauchte sie wütend. Julia schluckte und legte ihre Hand auf die von Marianne. „Hey, das ist doch gar nicht wahr. Vielleicht will er dich wirklich nur schützen und ich muss sagen, dass ich seine Meinung vertrete. Stell dir doch mal vor, du machst einen Fehler. Stell dir vor, dass wegen dir ein Mensch sterben müsste. Dir tut Ruhe gut, wirklich.“ Marianne dachte kurz nach und nickte dann ergeben. „Vielleicht ist es ja wirklich gut. Aber ich will es eigentlich nicht. Ich will wissen, wie es Dana ergeht. Ich habe doch gar nichts gemacht.“ Julia lächelte leicht. „Anna hat mir eben erzählt, dass sie heute anfangen, sie zu wecken. Weißt du was, ich werde dir jeden Abend erzählen, wie es ihr ergeht. Du bist so auch auf dem Laufenden.“ schlug Julia vor und Marianne nickte. „Denkst du, das wird irgendwann wieder normal ablaufen? Also, ich meinen Dienst machen kann?“ Julia nickte bekräftigend. „Natürlich! Es wird sicher sehr bald schon wieder besser werden. Und dann kannst du deinen Dienst wieder ganz normal machen.“ Marianne atmete tief durch. „Also gut, ich werde dann gleich nach Hause fahren.“ Julia lächelte sanft. „Tu das und wenn du Lust hast, dann komme ich heute Abend zu dir. Und bei allem anderen… Geduld, meine Liebe, Geduld. Alles geht seinen gerechten Weg.“ Jetzt nickte Marianne. Sie frühstückte noch mit ihren Kollegen und fuhr dann wieder nach Hause.

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  • Am Nachmittag wurde die Tür zu Semirs Gefängnis aufgestoßen. Er zuckte zusammen und hob langsam seinen Kopf. Seine linke Schläfe wies eine Platzwunde auf und die ganze Gesichtshälfte hatte einen bläulichen Schimmer. Er konnte sein linkes Auge nicht vollständig öffnen, denn mehrere Schläge mit dem Knüppel hatten seine linke Gesichtshälfte getroffen. Sein linker Arm, der die meisten Schläge abbekommen hatte, war sichtbar angeschwollen und er konnte ihn nicht heben. Verschwommen sah er seinen Peiniger vor sich stehen. Er hielt etwas in der Hand und erst mit Verspätung bemerkte Semir den Geruch von Essen. Er konnte nicht sagen was es war, aber es roch angenehm. Hatte er doch schon seit er hier war nichts gegessen. „Jetzt werden wir eine Kleinigkeit essen. Nicht das du vor Hunger stirbst. Das würde mir nämlich ein Strich durch meine gut durchdachte Rechnung machen.“ hörte er die höhnische Stimme. Auch wenn er sich elendig fühlte, so war sein Wille noch nicht gebrochen. Er hoffte, dass sein Gegner ihn zum Essen losmachen würde, doch damit lag er falsch. Trotz der Schmerzen nahm er sich vor, sich zur Wehr zu setzen. Er wollte raus hier! Nur raus! Doch sein Peiniger hatte anderes im Kopf. Er drückte Semirs Kopf gegen die Wand und presste ihn einen Hamburger an den Mund. Erst wollte Semir den Kopf drehen, doch als er einen Blick in die Augen des Gegners warf, erschauderte er. Diese graugrünen Augen sahen ihn gefährlich funkelnd an. „Iss!“ forderte sein Gegner ihn auf und Semir biss zögerlich zu. Wenig später war alles vorbei. Semir war zwar nicht satt, aber es war ein gutes Gefühl etwas gegessen zu haben. Semir sah seinen Gegner an und versuchte etwas in seinem Gesicht zu erkennen. Etwas was ihm sagte, wie es nun weiterging. Doch genau in diesem Augenblick schlug sein Peiniger zu. Der Schlag war hart und Semirs Kopf machte schmerzhaft Bekanntschaft mit der Wand. Für einen Augenblick war er benebelt und mit seinem Schmerz beschäftigt. Diesen Augenblick nutzte sein Peiniger. Semir spürte plötzlich einen Stich in seinem Handrücken. Nur kurz darauf spürte er wie etwas Heißes durch seine Vene lief. Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Er fühlte sich leicht und die ganzen Schmerzen, die er ertragen hatte, verschwanden. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Nach weiteren fünf Minuten war er völlig benommen und bekam nicht mehr mit, wie seine Fesseln gelöst wurden und sein Peiniger ihn in einen geübten Griff nahm und aus dem Raum zog. Er bekam nicht mit, dass er in einen Kofferraum gelegt wurde und die Fahrt ins Ungewissen startete.



    Paul und Ben fuhren zur PAST zurück und gingen direkt zu Kim Krüger ins Büro, um sie auf den aktuellen Stand zu bringen. „Ich weiß bereits, dass Sie Andrea informiert haben. Wie geht es ihr?“ Paul sah zu Ben. „Sie hat eine Beruhigungsspritze bekommen, weil sie völlig ausgerastet ist.“ Kim nickte. „Das ist ja auch mehr als verständlich.“ gab Kim von sich. „Ja, aber ich konnte doch wirklich nichts dafür!“ warf Paul ein. Kim sah ihn an. „Ich mache Ihnen doch gar keinen Vorwurf. Wir müssen jetzt alles daransetzen, Gerkhan zu finden.“ Paul nickte. „Ja, wir wissen von einem Rächer, der von diesem Staubmann auch Boss genannt wird. Das heißt die handeln nicht auf eigene Rechnung. Wir müssen unbedingt herausfinden, wer das ist!“ Kim nickte nachdenklich. „Ja, und das kann uns nur Staubmann sagen. Oder Fringer. Wir sollten die Beiden noch einmal vernehmen.“ Nun schüttelte Paul den Kopf. „Besser nur Fringer. Der ist eher redebereit.“ Kim Krüger war einverstanden und nur wenig später vernahm Paul Bastian Fringer. Kim und Ben gingen in den Nebenraum und konnten das Verhör verfolgen. Kim schaltete den Lautsprecher ein um zu hören, was Paul fragte. „… habe es wirklich nicht getan. Ich gebe zu, dass ich die kleine Maus aus der Schule geholt habe und mit ihr Eis essen bin, aber ich habe nichts mit der Entführung aus dem Krankenhaus zu tun. Ich weiß auch nicht, wer der Rächer ist! Ich kenne den Boss genauso wenig wie Dean. Er ist bisher nur über das Internet aufgetaucht! Nie persönlich!“ beteuerte Fringer. Paul nickte. „Was ist auf dem Friedhof gewesen? Waren Sie auch dieser Tom Kranich?“ Fringer nickte ergeben. Paul lehnte sich entspannt zurück. „Erzählen Sie mir alles! Sie haben doch schon gut angefangen. Wie war das mit dem Anschlag?“ Bastian sah ihn erschrocken an. „Das war Dean! Ich habe nur die Waffen besorgt! Ich schwöre, ich könnte doch nicht auf Kinder schießen.“ Kim lächelte leicht. Paul Renner schien den Mann geknackt zu haben und der ließ nun alles raus. „Wo ist mein Kollege?“ Bastian Fringer atmete sichtbar auf. „In der alten Gießerei nach Longerich. Der Boss wollte ihn dort haben. Da gibt es einen Raum, der völlig dunkel ist. Wir haben ihn dort festgebunden.“ gab er von sich. Kim Krüger drückte den Sprechknopf. „Herr Renner, kommen Sie bitte kurz?“ Paul nickte, stand auf und kam zur Tür. Kim ging ihm entgegen. „Gratuliere. Ich werde sofort ein SEK zur Gießerei schicken.“ Paul nickte. Ben sprang auf und sah ihn fordernd an. „Auf geht es!“ drängte er zum Aufbruch und nur Sekunden später waren sie unterwegs.

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  • Paul und Ben rasten über die Autobahn nach Köln-Longerich. Sie waren die Ersten die dort ankamen. „Im Handschuhfach liegt meine zweite Dienstwaffe! Ich hätte gern Rückendeckung, wenn ich reingehe.“ Ben nickte und holte die Waffe aus dem Fach. „Von Semir diese Befehlsignoranz gelernt?“ Paul lachte auf. Ben prüfte kurz die Waffe und stieg dann mit Paul aus. Er sah sich kurz um. „Wollen wir warten, oder gehen wir vor? Das SEK sollte ja in wenigen Minuten hier sein.“ warf er ein. Paul schloss leise die Autotür und Ben folgte ihm, als er auf das Gebäude zulief. „Alles klar, damit ist sicher, dass Semir ein sehr guter Lehrer ist und auch seine Fehler weitergibt.“ Sie stürmten in das Gebäude und gingen Raum für Raum durch. Es knackte im Ohrhörer und Paul verzog leicht das Gesicht. „Hier ist Alexander Hoffmann. Paul, bist du schon wieder drin?“ hörte er leise und drückte den Sprechknopf. „Ja, hier ist bisher nichts zu finden.“ Alexander Hoffmann stöhnte hörbar auf. „Warum ordert ihr uns an, wenn ihr dann doch ohne uns startet?“ wollte er wissen. „Die Frage beantworte ich dir später.“ gab Paul zurück. Paul wusste genau nach welcher Art von Raum er suchen musste, doch es dauerte geschlagene 10 Minuten, bis sie das erste Gebäude durch hatten, ohne den von Fringer angesprochenen Raum gefunden zu haben. Als sie das erste Gebäude verlassen hatten, trafen sie auf Alexander Hoffmann, der nicht gerade begeistert von dem Alleingang war. Jetzt allerdings teilten sie sich auf und durchsuchten die restlichen Gebäude auf dem Gelände. Nach einer guten halben Stunde hatten sie den Raum gefunden. Es gab kein Fenster in diesem Raum und als Paul mit der Taschenlampe den Raum erhellte, sah er etwas Glitzerndes auf dem Boden liegen und ging sofort hin. Er hob es hoch und erkannte Semirs Armbanduhr. Ben reichte ihm einen Plastikbeutel und er ließ die Uhr hineinfallen. „FUCK!“ stieß er aus und trat gegen die Wand. Dann verließ er mit Ben den Raum. Sie waren zu spät. Der Rächer schien Semir an einem anderen Ort gebracht zu haben und sie hatten wieder keine Spur.



    Am frühen Abend wachte Semir wieder auf. Er war etwas irritiert und versuchte sich zu erinnern, was passiert war. Tatsächlich kam nach wenigen Minuten die Erinnerung zurück. Sein Gegner hatte ihm etwas zu essen gegeben und dann bekam er eine Spritze in die Hand. Dieser Mistkerl war zu feige sich ihm direkt zu stellen. Er sah sich um und bemerkte, dass sich die Umgebung erneut geändert hatte. Hier war es eindeutig wärmer als der Raum vorher und dieser hier war kleiner, dafür aber höher. In einer Ecke lag Müll und der Geruch war sehr unangenehm. Seine Position hatte sich ebenfalls geändert. Nun stand er mit Handschellen und Kette gefesselten Händen, die straff nach oben angezogen waren, in diesem Raum. Aber er hatte einen festen Stand und das verschaffte ihm einen kleinen Vorteil. Wenn sein Gegner ihn in dieser Position schlagen würde, konnte er austreten. Wieder dachte er darüber nach, was sein Gegner bezweckte und er war sich nun sicher, dass es um Frank Reich ging. All diese Folter, die sein Gegner ihn angedacht hatte, waren auch bei Frank Reich vorgekommen. Erst kürzlich hatte er sich innerlich darüber aufgeregt, was der Mann durchmachen musste. Aber wer war sein Gegner? Die Tochter schloss er aus, immerhin wog er nicht wenig und dass würde eine Frau nicht allein stemmen können, oder doch? Marianne Wehner war Krankenschwester und musste sicher öfter schwere Patienten umlagern. Es schien ganz so, als hätte Thilo mit seinem Verdacht Recht gehabt. In Gedanken versunken, bekam er nicht mit, dass sich die Tür öffnete. „Oh, wir sind schon wieder wach. Du bist sehr gut in Form. Aber das werden wir noch ändern. Ich läute die nächste Runde ein.“ kam wieder mit verzerrter Stimme und Semir zuckte zusammen. „Was zum Teufel wollen sie von mir?“ fauchte er wütend, doch anstatt zu antworten zog sein Gegner ein scharf aussehendes Messer hervor. Er trat dicht vor Semir und packe das Shirt. Mit einem einzigen Schnitt zerteilte es und riss es ihm vom Körper. „Bereit?“ wollte der Maskierte wissen.

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  • Paul konnte, genauso wenig wie Ben, schlafen und sie machten die Nacht durch. Sie verhörten Fringer und auch Staubmann, doch von denen war nichts zu hören. Es schien, als hätte der unbekannte Boss, die beiden tatsächlich nur dafür benutzt, Semir in seine Finger zu bekommen. Den Rest wollte er, so sah es jedenfalls aus, allein machen. Gegen vier am Morgen kam Hartmut ins Büro. Ben und Paul sahen ihn mit müden Augen an. „Bist du aus dem Bett gefallen?“ wollte Paul wissen. „Bett? Was ist das? Nein, ich war mit einem Jugendfreund gestern noch zusammen.“ stöhnte der Techniker. „Oh! Und da habt ihr so richtig gesoffen.“ mutmaßte Paul nun. Hartmut sah ihn an. „Du irrst dich. Wir haben gearbeitet. Marik ist bei dem Provider beschäftigt, wo dieser Dean Staubmann sein Internetgeschäft abwickelt. Und er konnte mir so einiges berichten.“ Sofort waren Paul und Ben hellwach, setzten sich gerade hin und sahen den Techniker gespannt an. „Was hat er herausgefunden? War etwas heraus zu bekommen?“ hakte Ben nach. „Ja, die meisten Nachrichten, die dieser „Rächer“ gesendet hat, wurden aus der Uniklinik Köln verschickt. Mehr kann ich leider nicht dazu beitragen, aber das Signal ist sicher.“ Paul sprang auf und schnappte sich seine Jacke. Als er das Büro verließ zog der Ben mit, der gerade in sein Brötchen beißen wollte. Hartmut sah ihnen kopfschüttelnd hinterher. Er nahm sein Handy und wählte Paul an. „Kannst du nicht warten, bis ich fertig bin?“ maulte er, als Paul sich meldete. „Was du herausgefunden hast, reicht mir. Ich werde mir jetzt jeden einzelnen Arzt und jede Schwester, jede Putze oder sonst welches Personal vorknüpfen, das verspreche ich dir!“ Hartmut stöhnte leise auf. „Tut mir leid, dass ich dir nicht mehr sagen kann, außer dass es das Krankenhaus ist. Da das Netz dort von jedem benutzt werden kann, musst du nicht nur die Ärzte und Schwestern prüfen, sondern jeden Besucher, jeden Patienten und die gesamte Umgebung um das Krankenhaus. Jeder der in der Tiefgarage war, könnte der Unbekannte sein.“ berichtete er weiter. „Danke Hartmut… damit hast du mir gerade die letzte Hoffnung geraubt.“ gab Paul zurück. „Gern geschehen. So, ich werde jetzt schlafen gehen. 32 Stunden Dienst reicht. Ach ja, wenn ihr wollt, könnt ihr den Rächer ja mal anschreiben. Ich habe den Account noch geöffnet.“ Nur wenig später verließ er die PAST.



    Semir stöhnte auf, als das Messer zum x-ten Mal über seine Haut fuhr. Auch wenn sein Gegner keinen Druck ausübte, wenn er ihn mit dem Messer drangsalierte, so taten die Schnitte weh. „Tiefe Schnitte bluten sehr stark, nicht wahr? Sowas hast du doch sicher in deiner Zeit als aktiver Bulle sehr oft gesehen. Aber leichte Schnitte brennen. Sie brennen so stark, dass man vor Schmerzen schreit. Sie bluten nicht sehr viel, aber sie brennen.“ erklärte der Typ, als würde er einen Vortrag halten. Semir sah ihn an. Er ließ sich seine Angst nicht anmerken. Die ersten Schnitte hatte er weggesteckt, ohne zu stöhnen. Das missfiel seinem Gegner und die Schnitte wurden tiefer. Blut lief aus den Wunden und tropfte auf den Boden. Nach einer für ihn unendlichen Zeit hörte sein Peiniger auf. Dass er Semir keine Schreie entlocken konnte, schien ihm nicht zu gefallen und die Wut war deutlich in den Worten zu hören. „Okay, wir sind hart im Nehmen, nicht wahr? Aber wir haben auch noch sehr viel Zeit. Ich werde dich brechen, Bulle. Ich werde dich so weichkochen, dass du um dein Leben flehen wirst.“ versprach er. Semir antwortete nicht und sein Peiniger drehte sich um. Vor Wut schnaubend verließ die Gestalt den Raum und ließ die Tür laut ins Schloss fallen. Nur wenig später drehte sich der Schlüssel im Schloss. Jetzt wo er allein war, ließ Semir sich in seinen Fesseln hängen und übergab sich. Die Schmerzen der Schnitte waren kaum auszuhalten, aber er schwor sich, seinem Gegner nicht zu zeigen, wie er sich fühlte. Um sich abzulenken, dachte er an Dana. War sie wohl wieder aufgewacht? Wusste Andrea schon, was mit ihm passiert war? Suchte Paul ihn? Und wenn, wo würde er anfangen? Nach einigen Minuten richtete er sich auf. Vielleicht schaffte er es, die Kette zu lösen. Wenn er die Handschellen nicht los bekam war es nicht so schlimm, aber wenn er die Kette lösten konnte, dann war die Möglichkeit gegeben, seinen Gegner auszuschalten und zu fliehen. Er zerrte wie besessen an seinen Fesseln, doch wenig später erkannte er, dass er hier nicht ohne Hilfe loskam.

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  • Kim Krüger kam am nächsten Morgen um sechs ins Büro und sah, dass Paul und Ben immer noch am Schreibtisch saßen. Sie ging direkt in dessen Büro. „Meine Herren, ich weiß wie es in Ihnen aussieht, aber Sie müssen sich auch ein wenig Ruhe gönnen.“ gab sie von sich. Paul und Ben sahen auf. „Nicht jetzt. Wir haben genügend Kaffee intus, um wach zu blieben. Wenn wir Semir haben, können wir in Ruhe schlafen.“ lehnten die Beiden ab. „Wir haben Semirs Uhr untersuchen lassen, aber außer ein paar Blutspuren, die von Semir stammen, ist nichts zu finden.“ Kim nickte leicht. „Was ist mit Staubmann? Wir können ihn doch noch einmal vernehmen und ihm sagen, dass Fringer ihm die Schuld gibt.“ Nun schüttelte Ben den Kopf. „Das bringt nichts, Chefin. Wir vermuten auch, dass die Beiden nur Handlanger sind. Sie haben Semir entführt und in diesen Raum in Longerich gebracht. Aber mehr wissen die nicht. Wir haben den Chat zwischen Staubmann und diesem Rächer mal durchgelesen und haben versucht, mit diesem Rächer Kontakt im Namen von Staubmann aufzunehmen, aber der meldet sich nicht.“ erklärte Paul weiter und Kim hörte den resignierenden Ton. „Sie denken, er wird sich nicht mehr melden, oder?“ hakte sie nach. Paul schüttelte den Kopf. Ben stieß Atem aus. „Das bringt doch gar nichts! Lasst mich fünf Minuten mit diesem Staubmann allein und ich werde ihn zum Reden bringen!“ forderte er wütend und ungeduldig. Kim sah ihn mit einem kühlen Blick an. „So wie Sie es bei Fringer versucht haben? Herr Jäger, wir wenden hier deutsches Recht an und nicht amerikanisches. Ich werde Staubmann vernehmen und sonst keiner!“ legte sie fest und verließ den Raum.



    Dean Staubmann sah die Frau abwertend an, als sie den Raum betrat. „Bevor Sie mich zum zehnten Mal vernehmen, gebe ich Ihnen bekannt, dass ich ohne meinen Anwalt keine Angaben mehr mache.“ ließ er von sich hören. Kim lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nun, damit kann ich leben. Sie werden auf jeden Fall wegen fünffach versuchten Mord für immer hinter Gitter wandern. Fringer hat uns alles erzählt. Wir haben zwar keine Waffe in Ihrer Wohnung gefunden, aber der Laptop hat auch einiges verraten. Sie kennen den Rächer! Wer ist es?“ Dean Staubmann lachte auf. „Keine Ahnung ist das vielleicht der Helfer von Spiderman? Oder von Hulk?“ gluckste er. „Fringer hat uns gesteckt, dass Sie auf Familie Gerkhan geschossen haben.“ ging es bei Kim Krüger ungerührt weiter. Dies schien zu wirken. Dean Staubmann schluckte. „Das ist nicht wahr! Das … ist ein Trick!“ fauchte er. „Ach ja, wir wissen einiges. Zum Beispiel, dass Sie den „Rächer“ persönlich kennen. Und jetzt können wir einen Deal machen. Sie sagen uns, wer er ist und dann können wir mit dem Staatsanwalt sprechen, dass Sie Milde erhalten.“ bot Kim nun an. Doch jetzt lachte Staubmann. „Ihr könnt mir den Rücken runterrutschen und mit der Zunge bremsen. Dieser Trick zieht auch jetzt nicht bei mir.“ Kim nickte leicht. „Fringer hat sich als Kronzeuge zur Verfügung gestellt. Er wird vermutlich nicht einmal ins Gefängnis müssen, weil er sich sehr kooperativ zeigt. Er wird vor Gericht alles aussagen und dann bekommt er einen neuen Namen, einen neuen Job, ein neues Zuhause und somit ein komplett neues Leben. Ihm wird es sehr gut gehen. Im Gegensatz zu Ihnen, wird er sein Leben genießen können.“ hörte Staubmann die Frau sagen. Sollte es tatsächlich wahr sein? Sollte Bastian ihn wirklich verraten haben? Bastian war nicht gerade der Hellste, aber würde er das tun?

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  • Paul und Ben starrten auf den Laptop. Noch immer hatte der „Rächer“ keine Antwort gegeben. „Ich glaube das bringt nichts. Ich vermute, dass der Kerl diesen Account nur erstellt hat, um die Beiden zu befehlen. Geh doch mal auf das Profil.“ bat Ben. Das Profilbild war ein vermummter Comicheld, der einen grimmigen Gesichtsausdruck hatte. „Okay, gehen wir zu Krüger, vielleicht hat sie ja wenigstens Erfolg!“ stimmte Paul ein, denn das Profil verriet nichts über den Inhaber. Als sie den Raum betraten, sah Kim Krüger kurz auf. „Also? Ich höre!“ Kim wandte sich wieder Staubmann zu. „Ich schwöre Ihnen, ich kenne den Boss nicht. Ich habe nur via Handy und per PC Kontakt gehabt. Ich kenne ihn nicht persönlich!“ Paul sah kurz zu Kim. „Wo haben Sie Gerkhan hingebracht?“ Staubmann sah ihn an. „In die alte Gießerei nach Longerich. Wir haben ihn dort in einen der Räume untergebracht. Er ist gefesselt und geknebelt. Aber sonst haben wir nichts mit ihm gemacht. Was danach mit ihm passieren soll, weiß ich nicht. Der Boss hat uns das Ticket in die USA bezahlt und das Geld aufs Konto geschickt.“ Es klang ehrlich. Kim nickte. Dass mit der Gießerei hatten sie ja schon überprüft und auch Semirs Armbanduhr gefunden. „Okay, können wir auf Ihr Konto zugreifen?“ wollte sie wissen. Dean Staubmann nickte. „Ja, ich habe Online-Banking.“ Paul nickte. „Okay, dann werde ich den Laptop holen. Wenn der Kerl das überwiesen hat, werden wir gleich erfahren, wer der Boss ist.“ Schon verschwand er. Kim sah Staubmann an. „Wissen Sie, ob der Rächer eine Frau oder ein Mann ist?“ Staubmann lachte auf. Für einen Augenblick hatte er sein Ego wiedergefunden. „Denken Sie wirklich, dass ich für eine Pussy arbeiten würde? Da wäre es mir völlig egal, ob sie Geld hat oder nicht. Frauen gehören in die Küche und ins Bett. Für mehr sind sie nicht zu gebrauchen.“ gab er höhnisch von sich. Kim setzte sich gerade hin und sah ihn an.



    Es war bereits später Vormittag als Semir seine Augen aufschlug. Irgendwann schien er vor Erschöpfung eingeschlafen zu sein. Mit dem Erwachen spürte er auch seinen Körper wieder, der vor Schmerzen brannte, dennoch war sein Wille nicht gebrochen. Dieser Kerl, der ihn hierher gebracht hatte, schien das Versteckspiel zu genießen. Er selbst verfluchte sich, nicht ausgetreten zu haben, als der Kerl ihn mit dem Messer malträtierte, doch irgendwie war er nicht in der Lage dazu. Er hatte es sich fest vorgenommen und tat es doch nicht. Auch wenn sein Gegner noch unbekannt war, so schwor er sich, ihm das Handwerk zu legen. Doch dazu musste er sich befreien und das war genau das Problem. Immer wieder hatte er versucht, die Kette zu lösen, aber er hatte es nicht geschafft. Trotz seiner Situation war er auch ein wenig stolz auf sich, denn er hatte diesem Kerl nicht den Gefallen getan, zu schreien oder zu flehen aufzuhören. Er wollte sich nicht beugen. Vielleicht hätte er es tun sollen, doch hier kam sein Ego hervor, der sich querstellte. Jetzt wo er wach war, konnte er sich wieder daranmachen, sich zu befreien. Nur, wie sollte er es anstellen? Er sah nach oben und suchte die Kette nach Schwachstellen ab, doch er fand nichts. Ohne Hilfe würde er hier nicht rauskommen. Die Stunden vergingen und er verbrauchte sämtliche Kräfte zur vergeblichen Befreiung. Jetzt hing er einfach in den Ketten und hatte die Augen geschlossen. Der Zug in seinen Armen schmerzte extrem aber er konnte nicht mehr stehen. Er spürte, dass eine warme Flüssigkeit an seinen Handgelenken den Arm herunterlief und ahnte, dass es sein eigenes Blut war. Nach einer geraumen Zeit hörte er wieder den Schlüssel im Schloss. Mit extremer Anstrengung sah er auf und erkannte wieder seinen Peiniger. Auch jetzt war das Geschlecht des Gegners nicht zu erkennen. „Na, wie fühlen wir uns denn heute? Tut es noch weh? Hast du nun eingesehen, dass es eine höhere Macht gibt, die dich in die Knie zwingt?“ wollte die Gestalt wissen. „Warum zeigen Sie mir nicht Ihr Gesicht? Sie wollen mich doch eh töten, oder? Dann können Sie sich auch zeigen.“ gab er kraftlos von sich. „Weil es noch nicht soweit ist. Aber in zwei Tagen wirst du sterben. Und noch eines. Du wirst nicht durch meine Hand sterben. Ich mache nur die Vorbehandlung und damit geht es jetzt auch weiter.“ Semir sah seinen Peiniger fest an. „Warum tun Sie das?“ fragte er zum x-ten Mal. Doch auch jetzt bekam er keine Antwort. Die Gestalt stellte sich dich vor ihn und packte sein Kinn. Mit der anderen Hand nahm sein Peiniger die Maske ab.

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  • Kim und Ben warteten mit Staubmann darauf, dass Paul mit dem Laptop zurückkam. Er brauchte nur wenige Minuten und stellte den Laptop vor Staubmann hin. „Bitte!“ forderte er ihn auf und Staubmann rief die Seite seiner Bank auf. Bei den ersten zwei Versuchen, war er so nervös, dass er seine Geheimnummer falsch eingab. „Beruhigen Sie sich! Es bringt nichts, wenn Sie sich ein drittes Mal vertun!“ mahnte Ben und legte Staubmann die Hand auf die Schulter. Tatsächlich beruhigte d sich und nur wenig später hatten sie Einblick auf sein Konto. „Whow, der Boss scheint ja sehr großzügig zu sein. Nur wird Ihnen das Geld kein Glück bringen. Wir werden alles beschlagnahmen, da es aus einen Verbrechen stammt.“ Paul sah sich jede Buchung an. „Mist, es sind Bareinzahlungen. Keine Kontonummer, gar nichts!“ stieß er enttäuscht aus. „Was machen wir denn jetzt?“ „Die Bank muss doch trotzdem irgendwelche Quittungen haben. Ich meine, die können die Beträge doch nicht einfach annehmen und gut ist?“ Paul sah Kim Krüger fragend an. „Das ist die Rheinau-Bank. Jede Bank hat Videoüberwachung und wenn wir darauf die Person sehen können, dann wissen wir wenigstens wer es eingezahlt hat.“ Paul nickte. „Ben und ich fahren hin!“ legte er fest und Kim Krüger war einverstanden. „Kümmern Sie sich um ihn?“ Paul wies mit dem Kopf auf Staubmann und diese nickte. Die beiden Männer verschwanden zu Susanne, die von den Kontoauszügen Ausdrucke vorliegen hatte und nur wenig später waren sie auf dem Weg zur Bank. Kim sah Staubmann an. „Okay, die Kooperation wird auf jeden Fall nicht unbelohnt bleiben“ sie. Sie ließ den Mann wieder abführen und in die Zelle bringen.



    Ben und Paul trafen in der Bank an und als sie am Schalter standen, bemerkte Ben einen Mann, den er kannte. „Herr Spieß?“ fragte er und der Mann sah sich um. Ein freundliches Lächeln umspielte seinen Mund. „Herr Jäger! Schön Sie zu sehen. Was kann die Rheinau-Bank für Sie tun? Wie geht es Ihrem Herrn Vater?“ säuselte der Mann. Ben nickte. „Danke, meinem Vater geht es sehr gut. Es geht um eine sehr prekäre Angelegenheit. Könnten wir uns irgendwie in einem separaten Raum unterhalten?“ Hubert Spieß sah skeptisch zu Paul Renner. „Sie stecken doch nicht etwa in Schwierigkeiten, oder?“ Ben lachte auf. „Nein, es geht mir sehr gut. Das ist mein Kollegen Paul Renner von der Kripo. Es geht um ein Verbrechen und wir benötigen dringend Ihre Hilfe.“ Hubert Spieß nickte nachdenklich und sah sich um. „Einen Augenblick bitte.“ Er verschwand und Paul sah Ben erstaunt an. „Alter Bekannter“ erklärte dieser. Hubert Spieß kam zurück und ging mit Ben und Paul in einen kleinen gemütlichen Raum. „Bitte nehmen Sie Platz.“ lächelte der Banker und die beiden Männer folgten dem Wunsch. „Also womit kann ich der Polizei helfen?“ Hubert setzte sich auf die andere Seite und faltete die Hände. Ben holte Luft und erklärte ihm die Sachlage. Hubert Spieß nickte. „Das ist nicht ganz einfach. Bareinzahlungen werden leider nicht mit Namen registriert.“ Ben nickte. „Das ist uns klar. Aber die Bankräume werden doch sicher auch überwacht oder?“ „Natürlich! Wir haben im Schalterraum sechs Kameras, die aus verschiedenen Richtungen alles aufnehmen. Die Aufnahmen werden für sechs Monate aufbewahrt. Wann sollen die Einzahlungen denn gemacht worden sein?“ Ben zog die Auszüge hervor und reichte sie weiter. „Okay, ich werde Ihnen nach Absprache mit unserer Hauptbank die Videoaufzeichnungen aushändigen. Das wird allerdings zwei bis drei Tage dauern.“ „Wir können keine zwei oder gar drei Tage warten! Es geht hier um das Leben eines Menschen!“ begehrte Paul auf. Hubert Spieß zuckte zusammen. „Das ist sehr verständlich, aber wir können ja nicht einfach alle Aufzeichnungen rausgeben. Wir müssen das absprechen.“ erklärte er sachlich.

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  • Semir sah die Gestalt an. „Sie?“ fragte er erstaunt, als er die Person nun erkannte. „Ja ich. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, als Rächer die Person zu vernichten, die meinem Glück im Wege stehen. Dich! Nur weil du noch lebst, kann sie mir nicht vertrauen, kann sie mich nicht lieben. Die Vergangenheit hängt immer noch in ihr und sie kann nicht loslassen. Ich werde ihr dabei helfen. Ich warte schon so lange ihr meine Liebe zu gestehen. Jetzt wird sie bereit sein, mir zu folgen. Jetzt wird sie zu mir kommen, denn ich mache ihr das größte Geschenk, was ich ihr geben kann. Sie kann endlich mit der Vergangenheit abschließen.“ erklärte seine Gegnerin. Semir schüttelte den Kopf. „Ist das wirklich der Grund? Denken Sie, so können Sie Marianne an sich binden? Was, wenn sie ihre Gefühle nicht mit Ihnen teilen will? Wollen Sie sie dann auch töten, so wie mich?“ hakte er nach. Sie lachte auf. „Ich weiß, dass sie mich liebt. Ich weiß es. Nur du standst unserem Glück noch im Wege. In zwei Tagen wird es vorbei sein. Dann wirst du sterben, aber nicht ich werde dir den tödlichen Stoß geben. Sie wird es tun! Und damit wird sie die Vergangenheit endlich abschütteln.“ Semir hörte den höhnischen Unterton. Er senkte den Kopf. „Denken Sie wirklich, dass Sie damit durchkommen? Sie werden nicht lange mit Marianne zusammen sein, denn meine Kollegen werden Sie bekommen.“ versprach er. Anstatt zu antworten, nahm sein Gegner eine kleine Flasche, öffnete sie und hielt sie ihn an den Mund. „Trink!“ forderte sie ihn auf, doch Semir drehte den Kopf weg. „Ich will nicht wieder einschlafen!“ stieß er aus. „Willst du, dass ich mir Dana vornehme? Ich komme ohne Weiteres an sie heran. Keiner würde irgendwas unternehmen können. Ich kenne Gifte, die sehr schnell wirken. Trink!“ wiederholte sie. Semir fügte sich, denn er hoffte, dass er so seine Tochter vor dem Tod schützen konnte. Sie hielt ihm erneut die Flasche hin und er schluckte den Inhalt runter.



    Julia fuhr gegen Mittag ins Krankenhaus, um ihren Dienst anzutreten. Zunächst war eine Besprechung angesetzt, wie bei Dana Wegener weiter verfahren werden sollte. Für die Betreuung wurde sie ausgewählt, da sie das Mädchen bereits die ganze Zeit betreute und ihre Stimme Dana bekannt war. Julia wusste, dass die Kollegen der Frühschicht bereits angefangen hatten, die Narkosemittel zu verringern. Aus Erfahrung wusste sie auch, dass es eine ganze Weile dauern würde, bis das Mädchen die Augen öffnete und bis dahin musste sie die Werte kontrollieren. Vor allem aber war es wichtig, dass man mit ihr sprach. Eigentlich sollten dann die Familienmitglieder bei dem Patienten zu sein, doch sie wusste, dass diese unter Schutz stand und der Vater verschwunden war. Somit fiel ihr die Aufgabe zu. Auch wenn sie genügen zu tun hatte und nun auch Mariannes Part übernehmen musste, wollte sie sich die Zeit nehmen. Der Arzt trat ein. „Julia, wenn sich etwas tut, ich bin im Arztzimmer! Rufen Sie mich bitte sofort!“ befahl der Stationsarzt und sie nickte kurz. Wieder sah sie auf die Geräte, die die Werte aufzeichneten. Bisher sah alles sehr gut aus. Julia lächelte leicht und strich Dana sanft über die Wange. „Willkommen im Leben…“ gab sie leise von sich. Sie drehte sich um und verließ den Raum, damit sie sich um die anderen Patienten kümmern konnte. In einer halben Stunde würde sie dann noch einmal zu dem Mädchen gehen und alles überprüfen. Gern hätte sie die Familie von Dana informiert, denn Familienangehörige während der Aufwachphase konnten sehr hilfreich sein, doch sie hatte keinerlei Telefonnummern. Als sie nach einer knappen halben Stunde wieder bei Dana war, hatte sich noch nichts verändert. Julia wusste, dass es manchmal Komplikationen geben konnte, wenn der Patient aufwacht, doch sie war sich sicher, dass Dana Wegener stark genug war.

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  • Marianne Wehner saß in ihrer Wohnung und starrte auf den laufenden Fernseher, ohne wirklich zu registrieren, was dort lief. Sie war so mit dem beschäftigt, was die letzten Tage passiert ist und suchte nach einem Grund. Sie war doch schon mehr als genug bestraft und immer wieder wurde sie mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Obwohl ihr Vater schon vor langer Zeit verstarb war er immer noch ein negativer Mittelpunkt in ihrem Leben. Sie stöhnte leise auf und sah auf das Bild, welches sie mit ihren Adoptiveltern zeigte. Es war ein Bild aus glücklicheren Tagen und sie erinnerte sich, dass es ein Picknick war, wo das Bild aufgenommen wurde. Sie waren an diesem Tag zu einem herrlichen See in Köln gefahren und hatten sich den ganzen Tag amüsiert. Ihre Adoptivmutter hatte das Foto aufgenommen und erst jetzt wurde ihr klar, dass ihr Adoptivvater schon dort sehr engen Körperkontakt gesucht hatte. Nur wenige Tage danach fing ihr Martyrium an. Von diesem Tag an, kam er jeden Abend, wenn seine Frau mit Hilfe von Schlaftabletten tief schlief, zu ihr und verging sich an ihr. Am Anfang hatte sie sich noch gewehrt, doch irgendwann schlief der Widerstand ein und sie ließ es einfach über sich ergehen. Mit 15 hatte sie dann Anzeigen erstattet, doch Walther Wehner war ein sehr angesehener Mann mit Freunden in allen Schichten. Ihre Anzeigen wurden niedergeschmettert und als Spinnerei abgetan. Das Telefon riss sie aus ihren Gedanken. Sie nahm ihr Handy und sah, dass Julia anrief. „Hey Süße! Wie geht es dir?“ hörte sie ihre Freundin fragen. „Wie soll es mir gehen? Ich grüble den ganzen Tag nach dem Sinn dieser ganzen Scheiße! Ich finde keine Antwort. Warum passiert das? Was habe ich getan?“ stellte sie die Gegenfrage. „Oh, ich höre schon, du brauchst Abwechslung. Was hältst du davon, wenn wir am Wochenende auf meine Hütte fahren? Da kannst du dich bei Spaziergängen frei entfalten und ich habe eine große Überraschung für dich.“ lachte Julia. „Das klingt gut. Was denn für eine Überraschung?“ hakte Marianne nach. „Das werde ich dir dann verraten, wenn es soweit ist. Bis dahin musst du dich leider gedulden. Also bis später. Ich komme heute Abend zu dir und wir essen gemeinsam.“ Julia beendete das Gespräch.



    Gegen Acht am Abend beendete Julia ihre Schicht und übergab an die Kollegin der Nachtschicht. Sie zog sich um und fuhr zu Marianne, die bereits mit dem Essen auf sie wartete. Marianne öffnete die Tür, als Julia davorstand. „Ich habe dich schon gesehen. Ich habe uns eine Paella gemacht. Hast du Hunger? Wie war der Dienst? Was macht Dana?“ überfiel sie Julia mit Fragen, die sie erst einmal umarmte. „1. Ja, ich habe großen Hunger. 2. Der Dienst war wie immer sehr anstrengend und 3. Dana ist in der Aufwachphase. 4. Habe ich morgen frei und dann fahren wir zur Hütte. Nur du und ich, wenn du Lust hast.“ Marianne nickte und senkte den Kopf. Julia bemerkte, dass sie traurig war und nahm sie in den Arm. „Hey, immer noch traurig wegen dem Zwangsurlaub?“ Marianne lächelte verlegen. „Ich fühle mich so schuldig obwohl ich nichts getan habe. Alles kommt wieder hoch! Mein Vater hat ein Verbrechen begangen und ich wurde dafür bestraft. Mein Adoptivvater vergewaltigt mich und ich bin schuld daran. Man schießt auf diese Familie des Polizisten und wieder bin ich diejenige, die dafür bluten muss. Das ist absolut nicht gerecht!“ sprudelte es aus ihr heraus. Julia nickte. „So sehe ich das auch. Aber es wird alles gut. Glaub mir, die Gerechtigkeit wird siegen und schon bald wirst du deinen Dienst wiederaufnehmen und wie früher lachen und tanzen.“ Marianne sah sie zweifelnd an. „Ich hoffe, du hast Recht. Lass uns essen und dann machen wir uns einen tollen Abend, ja?“ Julia lachte leise. „Natürlich meine Süße. Wir machen uns einen sehr schönen Abend, das verspreche ich dir.“ Der Ton von Julia hatte sich verändert, doch Marianne schien es nicht zu bemerken. Sie aßen und anschließend spülten sie das Geschirr. Nur eine Stunde später saßen sie im Wohnzimmer und schauten fern. Julia hatte eine Flasche Wein geöffnet und Marianne genoss die Gemütlichkeit und vor allem die Nähe ihrer besten Freundin. Sie legte sich hin, während Julia saß und Marianne legte ihren Kopf auf Julias Schoß. Immer wieder streichelte Julia über den Kopf ihrer Freundin und diese genoss die Zärtlichkeit. „Was würde ich nur ohne dich tun? Du bist die beste Freundin die man haben kann.“ gab sie von sich.

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  • Der nächste Morgen kam und für Ben und Paul endete eine weitere Nacht ohne viel Schlaf. Sie sichteten die Videobänder und hatten nur noch fünfzehn Stück vor sich. Die Augen tränten vor Anstrengung und sie sahen sich jede Person, die an den Schaltern der Bank traten, genau an. Paul rieb sich die bereits geröteten Augen und starrte wieder auf den Monitor. „Das sind ganz schön miese Aufnahmen. Die Qualität ist grausam. Wie wollen wir denn da was erkennen?“ stöhnte er auf. Ben sah ihn nur kurz an. „Nun, wenn wir was gefunden haben, dann holen wir uns Hartmut zur Hilfe. Der wird die Bilder schon schärfer bekommen.“ gab er von sich und konzentrierte sich wieder auf den Monitor. Die Stunden vergingen, ohne dass sie etwas Interessantes sahen und Bens Magen meldete sich mit einem lauten Knurren. „Hunger?“ fragte Paul. „Den habe ich immer. Susanne wollte uns gleich was machen.“ gab Ben von sich ohne vom Monitor aufzuschauen. Tatsächlich kam die Sekretärin nur eine halbe Stunde später mit belegten Brötchen und frischem Kaffee in das Büro. „Das Krankenhaus hat angerufen. Dana steht kurz vor dem Erwachen. Frau Krüger ist zu Andrea gefahren um sie abzuholen.“ erklärte sie und stellte den Beiden alles hin. Ben sah kurz auf die Köstlichkeiten und ein Grinsen zog sich von einem Ohr zum anderen. „Muffins! Du hast echt Muffins bekommen?“ Susanne lachte auf. „Ja, mit deiner Lieblingsfüllung. Guten Appetit.“ sagte sie und verschwand wieder. Die beiden Polizisten frühstückten und nahmen sich die nächste DVD vor. „Können wir die DVDs nicht irgendwie eingrenzen?“ wollte Paul nach einer Weile wissen. Ben schüttelte den Kopf. „Bei der Einzahlung ist lediglich das Datum angegeben und die Buchung. Nicht aber um wie viel Uhr die Person am Schalter war. Wir müssen uns alle ansehen. Nur keine Müdigkeit vortäuschen. Sind nicht mehr viele.“ gab er sarkastisch von sich und biss ins Brötchen.



    Auch für Semir fing der Tag an. Jetzt saß er in einem Stuhl, doch seine Bewegungsfreiheit war stark eingeschränkt. Seine Handgelenke waren mit Kabelbindern an den Armlehnen gefesselt und die Beine an den Stuhlbeinen. Die Kabelbinder schnitten tief ins Fleisch und Semir spürte seine Finger schon nicht mehr. Der Knebel war einem Klebeband gewichen. Mittlerweile wusste er, wer seine Peinigerin war. Julia Herbst, die Krankenschwester, die tagtäglich bei ihm war und die immer noch freien Zugang zu Dana hatte. Dies hatte sie auch erfolgreich als Druckmittel eingesetzt. Der Raum, in dem er sich befand hatte sich nicht geändert. Noch immer stieg ihm der Gestank von Müll in die Nase, doch das Licht hier war nicht sehr hell und so konnte er nicht allzu viel sehen. Er horchte, ob er etwas hören konnte, was ihm einen Hinweis gab, wo er sich befand, doch nichts. Draußen schien es totenstill zu sein. Dafür vernahm er allerdings Schritte, die vor der Tür seines Gefängnisses hielten. Nur kurz darauf drehte sich der Schlüssel und die Tür wurde aufgestoßen. „Du bist echt gut. Die Dosis, die ich dir verpasst habe, hätte eigentlich noch anhalten müssen. Aber egal. Morgen ist es soweit. Morgen bekommst du den Todesstoß. Und ich werde die Heldin sein.“ lachte Julia Herbst irre. Semir sah sie an. Am liebsten hätte er ihr geantwortet, doch er trug das Klebeband über dem Mund und Julia Herbst schien es nicht ändern zu wollen. Sie trat dicht vor ihn und hauchte ihn an. „Hast du Angst?“ wollte sie wissen und strich ihm mit zwei Fingern über die Wange. Semir zuckte zurück. „Weißt du, dass dich niemand retten wird? Dein Partner hat dafür gesorgt, dass meine geliebte Marianne nicht mehr arbeiten darf. Sie wurde beurlaubt, bis die Sache ausgestanden ist und sie zerbricht daran. Warum? Warum tust du ihr das an? Sie hat dir nichts getan, genau wie damals. Du hast ihr Leben zerstört! Und dafür wirst du nun die Rechnung bekommen.“ Unvermittelt schlug sie zu und Semir stöhnte auf, als die Hand in sein Gesicht klatschte. Die Wange brannte und er sah sie nur an. „Du wirst für die Sache bezahlen! Deine Kinder werden ohne dich aufwachsen, deine Tochter wird ohne dich zum Altar gehen und sie wird ihren Kindern erzählen, was du für ein toller Vater warst. Aber du wirst deine Enkelkinder nie kennenlernen.“ versprach sie. Sie griff in die Tasche und Semir sah, dass sie plötzlich einen Taser in der Hand hielt. „Jetzt werden wir noch einmal ein bisschen Spaß haben.“ Sie sah höhnisch auf das kleine Gerät. „Weißt du das man damit ihren Vater getötet hat? Sein Herz hat einfach verrückt gespielt. Du bist doch sicher härter im Nehmen, oder? Wollen wir das mal testen?“ Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, hielt sie Semir das Gerät an den Arm. Ein starker Schmerz durchzuckte seinen Körper, sein Gesicht verzerrte sich und er stieß einen nicht identifizierbaren Laut aus, der durch das Klebeband unterdrückt wurde. „Oh, tut das weh? Er hat laut geschrien. Das sagte auf jeden Fall ein Freund von ihm. Kannst du auch schreien? Nur keine Sorge, dich hört hier keiner.“ Wieder setzte sie an und betätigte den Taser. Semir krampfte noch mehr, als beim ersten Mal.

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  • Andrea und Kim erreichten das Krankenhaus und saßen nur wenig später am Bett von Dana, die immer noch schlief. Andrea nahm die Hand ihrer Stieftochter und streichelte sie leicht. Tatsächlich öffnete das Mädchen die Augen, doch nur für wenige Augenblicke und dann schloss sie sie wieder. „Dana?“ fragte Andrea leise. Doch jetzt kam keine Reaktion. „Geben Sie ihr Zeit. Sie braucht ein wenig um aus dem tiefen Schlaf zu kommen. Nur weil sie zwischendurch die Augen öffnet, heißt es nicht, dass sie wach ist. Sie spürt die Veränderung aber es dauert sicher noch bis zum Nachmittag, vielleicht sogar bis zum Abend, bis sie wirklich die Augen öffnet.“ erklärte die Krankenschwester. Andrea sah sie an und nickte. „Wird sie sich an alles erinnern können?“ wollte sie besorgt wissen. „Das ist nicht so einfach zu beantworten. Am besten fragen Sie da den Arzt.“ Wieder nickte Andrea und sah auf Dana, die immer unruhiger wurde. Am Nachmittag kam der Arzt dazu und auch ihm stellte Andrea die Frage nach der Erinnerung. „Nun, es ist gut möglich, dass ihr Gehirn ein paar dieser Erinnerungen ausschaltet, um sie zu schützen. Sehen Sie, das menschliche Gehirn ist eine wunderbare Maschine, wenn Sie es so betrachten. Dinge, die nicht gut für uns sind, werden einfach ausgeblendet. Diese Erinnerungen kommen aber später wieder. Nämlich dann, wenn man sie begreifen und verarbeiten kann.“ Andrea sah den Arzt an. „Danke für diese Aufklärung. Wird sie mich denn erkennen?“ Nun holte der Arzt tief Luft. „Es kann sein, dass sie am Anfang keinen erkennt. Dennoch ist es sehr wichtig, dass Sie hier sind. Wenn es möglich ist, würde ich es sehr begrüßen, wenn Sie hierbleiben würden, bis sie aufgewacht ist. Es tut dem Patienten sehr gut, ein bekanntes Gesicht zu sehen. Auch wenn sie vermutlich den Namen vergessen haben könnte, wird sie wissen, dass sie Sie kennt.“ bat der Mediziner. Andrea sah noch einmal auf Dana und nickte dann. „Selbstverständlich.“



    Paul holte die gesehene DVD aus dem Laufwerk und stand auf. „Wo willst du hin? Wir sind noch nicht fertig!“ mahnte Ben. „Ich weiß, aber ich brauche Kaffee sonst fallen mir gleich die Augen zu.“ stöhnte der junge Polizist. Ben grinste leicht. „Den brauch ich auch.“ stimmte er zu. Nur wenig später kam Paul mit zwei gefüllten Tassen zurück. Ben startete die nächste DVD und genehmigte sich einen Schluss aus der Tasse. Paul rieb sich müde die Augen und sah wieder auf den Monitor. Sein Handy brachte ihm eine willkommene Abwechslung. „Andrea, wie geht es Dana?“ wollte er wissen und auch Ben sah kurz auf. --- „Das klingt sehr gut. Und was sagt der Arzt wegen den Erinnerungen?“ --- „Ah, interessant. Ich hoffe, dass es wirklich so ist. Andrea, wenn sie wach ist, dann sag ihr bitte nicht, was mit Semir ist. Ich denke, das ist nicht gut für sie.“ bat Paul und horchte erneut. Doch plötzlich stieß Ben ihn an. „Paul! Ich habe die Person!“ stieß er aus. „Ich melde mich wieder, Andrea!“ gab Paul über Handy durch und wartete nicht einmal die Antwort ab. Er sah gebannt auf den Monitor und Ben setzte die Cursor ein Stück zurück. „Hier! Diese Frau hat eine große Menge an Bargeld, das sie auf den Tisch legt, siehst du das? Und sie zahlt es ein! Jetzt werden wir uns mal die Aufnahmen, der anderen Perspektiven ansehen.“ murmelte Ben und nur wenig später sahen sie das Gesicht der Frau. Paul kniff die Augen zusammen. „Also ich will es nicht beschwören, aber es könnte diese Julia Herbst sein.“ stieß er plötzlich aus. Ben sah ihn an. „Und die ist in der Klinik wo Semir und seine Familie waren.“ stellte er sachlich fest. Mit einem Nicken beantwortete Paul die Ahnung von Ben. Sofort griffen sie ihre Jacken und rannten raus. Sie fuhren zum Krankenhaus und wollten Schwester Julia Herbst vernehmen, doch als sie ankamen, trafen sie nur eine Kollegin an. „Wo ist denn Frau Herbst?“ wollte Ben wissen. „Sie hat für das Wochenende frei genommen. Vielleicht verreist sie für ein paar Tage.“ gab die Kollegin von sich. „Wissen Sie wohin?“ Die Krankenschwester schüttelte den Kopf. „Nein, tut mir leid. Ich habe keinen besonderen Kontakt zu der Dame.“ Paul hörte einen ironischen Unterton. „Was meinen Sie damit?“ Er sah kurz zu Ben. „Nun, Marianne Wehner und Julia Herbst … die haben eine sehr innige Beziehung. Aber ich denke, Julia interpretiert da mehr rein, als es Marianne lieb ist.“ lächelte die Kollegin geheimnisvoll. Paul sah sie unruhig an. „Hören Sie, es interessiert mich nicht, welche sexuelle Ausrichtung Ihre Kollegin hat. Ich muss wissen, wo sie hin ist! Haben Sie eine Vermutung? Was ist mit Marianne Wehner?“ fragte er nun eindringlicher und ließ auch seine Ungeduld aus den Worten klingen. „Die wurde aufgrund von mir unbekannten Gründen beurlaubt.“ „Gott verdammt!“ fauchte Ben wütend. Sie fuhren zu Marianne Wehner nach Hause, doch auch dort öffnete niemand. Kurzerhand verschafften sie sich Zugang zur Wohnung und durchsuchten sie. Leider lief das ohne Hinweis auf den Verbleib von Marianne ab. Paul griff zum Handy und schrieb Julia Herbst und Marianne Wehner zur Fahndung aus.

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  • Marianne und Julia kamen derweil an der Hütte in der Eifel an. Julia hielt direkt vor der Hütte und Marianne stieg aus. Zufrieden sah sie auf den See und löste das Haarband, welches ihre Haare am Hinterkopf zusammenhielt. „Es ist immer wieder herrlich hier.“ sagte sie leise. Julia stellte sich hinter ihr und umarmte sie von hinten. „Ja, hier können wir richtig abschalten und uns gemütliche Abende gönnen, bevor der ganze Stress wieder losgeht und wir wieder arbeiten müssen.“ stimmte sie zu. Sie lehnte den Kopf an Mariannes Rücken und diese lächelte leicht. „Was ich dich noch fragen wollte, gestern, als wir vor dem Kamin lagen und Wein getrunken haben. Was war danach? Irgendwie kann ich mich an nichts erinnern.“ wollte sie wissen. Julia lachte leise. „Du hast ja auch die Flasche Wein fast allein geleert. Hey, es ist alles gut. Wir hatten gestern noch sehr viel Spaß gehabt. Es war ein wundervoller Abend.“ versprach sie. Marianne nahm ihre Hand und schaute wieder auf den endlos erscheinenden See. Julia war die beste Freundin, die sie jemals bekommen konnte. Seit sie in der Klinik war, kümmerte sie sich um Marianne. Sie war immer an ihrer Seite und Marianne musste insgeheim zugeben, dass sie die Nähe von der Frau genoss. Wie oft hatte sie und Julia schon Urlaub zusammen verbracht und sich wunderbar verstanden. Julia war umsichtig und stets um sie besorgt. Julia war die einzige, die sofort spürte, wenn sie sich nicht wohl fühlte und das zeichnete eine gute Freundin aus. Diese Hütte, in der sie nun mit Julia das Wochenende verbrachte, gehörte einmal deren Mutter. Nach ihrem Tod vor fünf Jahren hatte sie diese übernommen und modernisiert. Sie erinnerte sich auch, dass die Hütte einen schönen Anbau hatte, den Julia zur Sauna umbauen wollte. Ob sie es wohl schon getan hatte? Ob das die Überraschung war, von der sie gesprochen hatte?



    Ben und Paul fuhren wieder zur PAST und setzten sich selbst an den PC, um alles über Julia Herbst herauszufinden. Der Nachmittag schritt immer weiter voran und Paul wie auch Ben spürten die Müdigkeit. „Verdammt, wir sind jetzt schon mehrfach so nah gewesen und jede Spur führt ins Nichts!“ fauchte Paul wütend. Ben sah ihn an. „Wir können leider nicht zaubern.“ Paul nickte. Er fuhr sich mit den Händen durch die Haare. „Es ist einfach verhext. Diese verdammte Person war immer in Semirs Nähe! Ich habe es total vergessen. Sie hatte gehört, das Semir und ich auf dem Boot sind! Sie hat alles mitbekommen und sie konnte auch alles regeln. Der Kreis schließt sich. Die Nachrichten sind aus der Klinik ins Netz geschickt worden. Von dieser Julia Herbst! Und diese Anmerkung von der Kollegin ist jetzt auch klar. Julia ist lesbisch und in Marianne Wehner verliebt. Meinst du, dass Wehner das weiß?“ wollte Paul wissen und sah Ben an. Dieser zog die Schultern hoch. „Keine Ahnung. Aber das erklärt schon mal, warum der Rächer uns immer einen Schritt voraus war. Sie wusste sehr viel. Damit ist Thilo auf jeden Fall rehabilitiert. Er hat wirklich nichts damit zu tun.“ antwortete er. Paul nickte und ging zum Fenster. „Wir müssen alles über diese Julia Herbst herausfinden. Ich bin mir sicher, dass sie Semir verschleppt hat. Nur wie soll sie es allein geschafft haben, ihn aus dem ersten Versteck rauszuholen, um ihn wer weiß wohin zu bringen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Semir sich so einfach von einem Ort zum anderen bringen lässt.“ Paul sah Ben fragend an. „Du vergisst, dass sie Krankenschwester ist. Sie hat die Möglichkeit an Schlafmittel zu kommen. Sie hat auf alles Zugriff. Sie kennt sicher Tricks und Kniffe, einen Mann von Semirs Gewicht zu verlegen, denn das ist ja auch ihr Job.“ mutmaßte Ben. Paul konnte ihm nur zustimmen. „Okay, die Zeit drängt! Wir müssen sie finden!“

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  • Im Krankenhaus schlug Dana am frühen Abend die Augen auf. Sie sah sich verwirrt um und bemerkte, dass jemand an ihrem Bett saß und ihre Hand hielt. Sie zog die Hand zurück, denn sie brauchte einen Augenblick um zu erkennen, wer die Person war. „Andrea?“ fragte sie mit einer sehr heiseren Stimme. „Ja, Dana. Ich bin es. Schön, dass du wieder da bist.“ Sie sah, das Andrea weinte und lächelte leicht. „Warum wieder da? Was ist denn passiert?“ wollte sie wissen. Bevor Andrea antworten konnte, kam der Arzt herein. „Frau Wegener, ich bin Dr. Wild. Schön, dass Sie wieder bei uns sind. Wir werden jetzt ein paar Tests machen, um zu erfahren, wie weit Sie in Ordnung sind. Sind Sie bereit?“ Dana nickte zögerlich. Der Arzt schlug die Decke zur Seite und fing an, mit Akupunkturnadeln in ihr Bein zu stechen. Bei jedem zuckte sie zusammen. „Sehr gut, die Reflexe sind da. Spüren Sie das?“ Er strich mit dem Finger unter der Fußsohle entlang und Dana zuckte auch hier. „Sehr gut. Drücken Sie bitte meine Hand, so fest Sie können!“ forderte Dr. Wild auf. Er legte seine Hand in Danas und sie drückte zu. Der Druck war sehr schwach, doch scheinbar reichte es aus, um den Arzt zufrieden zu stimmen. „Sehr gut. Können Sie mich denn auch verstehen?“ Dana nickte leicht. „Sehr gut, Frau Wegener wissen Sie, was passiert ist?“ Dana dachte kurz nach und schüttelte dann den Kopf. „Ich werde Ihnen sagen, was passiert ist. Sie sind vor einigen Tagen zu uns gekommen, weil man auf Sie geschossen hat. Die Wunde ist sehr gut verheilt und der Rest kommt noch. Die Erinnerungen daran, werden sich leider nicht ganz ausschalten lassen. Sie werden sicher bald wieder alles wissen. Wichtig ist, dass Sie auf dem Weg der Besserung sind. Schwester Doris wird Sie jetzt etwas frisch machen und dann fangen wir an, mit ein paar Bewegungen. Sie müssen jetzt wieder mobilisiert werden.“ erklärte Dr. Wild und Dana nickte leicht. „Andrea, wo ist Papa?“ fragte sie leise und sie sah, wie Andrea zum Arzt sah, der nun den Kopf schüttelte.



    Marianne und Julia aßen in der gemütlich eingerichteten Küche. „Erfahre ich heute was die Überraschung ist?“ wollte Marianne von Julia wissen. „Nein, morgen erst.“ erwiderte ihre Freundin. „Was ist es denn? Du kannst es mir doch verraten.“ bettelte sie, doch Julia lachte nur. „Nein, du wirst es erst morgen erfahren. Aber ich denke, du wirst dich riesig freuen. Aber ich muss noch ein wenig daran arbeiten.“ Marianne sah ihre Freundin an. „Ist es eigentlich Zufall, dass du ausgerechnet Morgen ausgesucht hast?“ fragte sie nun. Julia sah sie an. „Was meinst du?“ hakte sie nach. „Du weißt doch, dass morgen der Todestag meines Vaters ist, also meines leiblichen Vaters.“ „Oh das meinst du. Ja, das weiß ich natürlich. Und ich finde es ist der richtige Tag für mein Geschenk.“ Marianne stöhnt auf und ihre Hand ging zum Kopf. Julia bemerkte es. „Was ist?“ wollte sie wissen und die Sorge war deutlich zu hören. „Ich habe Kopfschmerzen.“ gab Marianne von sich. „Du, ich habe in meiner Tasche Tabletten. Nimm doch eine ein und leg dich eine Weile hin. Das wird dir sicher sehr gut tun.“ Marianne kramte in der Tasche ihrer Freundin und fand die Tabletten. Da sie ihrer Freundin vertraute, sah sie gar nicht erst auf die Packung und drückte eine der kleinen Tabs heraus. Nur wenig später fühlte sie, dass die Schmerzen nachließen. „Ich glaub, ich schlaf eine Runde. Dann geht es sicher bald besser.“ meinte sie zu Julia und legte sich tatsächlich ins Bett. Julia deckte sie zu und küsste sie sanft auf die Wange. „Schlaf ein bisschen.“ Marianne nickte und schloss die Augen. Sie spürte plötzlich eine sonderbare Veränderung in sich. Die Welt drehte sich und sie fühlte sich irgendwie leicht. Die Schmerzen waren vollkommen verschwunden und sie spürte, dass sie sehr müde wurde. Sie versuchte Julia zu fixieren. „Bist du sicher, dass es nur Aspirin war?“ wollte sie lallend wissen. Julia lache laut auf. „Nein, das waren natürlich Drogen. Was hältst du denn von mir. Natürlich war es Aspirin. Schlaf jetzt erst einmal. Ich werde die Küche aufräumen und mich noch um etwas Anderes kümmern.“ versprach Julia. Marianne nickte nur noch schwach und schon fielen ihr die Augen zu.

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