Ein Hauch von Optimismus

  • Paul und Semir waren an einem sonnigen Morgen unterwegs auf der Autobahn. Semir genoss seinen schwarzen Kaffee auf dem Beifahrersitz, während Paul den BMW über die Straßen gleiten ließ.
    "Und Semir, wie war dein freier Tag gestern?"
    "Wir hatten einen tollen Tag. Ich bin wirklich froh, dass Andrea und ich den letzten Tag verbringen konnten bevor sie einen Monat nach Afrika geht." schwelgt Semir in Erinnerung. Kurz daraufhin überholte ein blauer LKW sie knapp von rechts.





    "Sag mal spinnt der?" brüllten die Beiden gleichzeitig. Sofort das Blaulicht eingeschaltet und hinterher. Der LKW-Fahrer machte keine Bemühungen anzuhalten oder auf andere Auto-Fahrer zu achten.
    "Cobra 11 an Zentrale. Wir verfolgen einen blauen LKW auf der A7 Kilometer 44, Kennzeichen THW-2323. Wir bitten um Verstärkung. Ende.", gab Semir durch. Auf einmal fielen Schüsse und Paul musste auf den Standstreifen ausweichen. Der Lkw nahm die nächste Ausfahrt und fuhr in einen Containerhafen.
    "Wo will der denn jetzt hin?", fragte Paul.
    "Ist doch völlig egal, ab hinterher!" gab Semir unruhig von sich. Der Containerhafen war wie ein Labyrinth. Nach ein paar weiteren Schüssen platze der Reifen von Paul's Auto. Und irgendwann war der Lkw nicht mehr zu sehen.
    "Na ganz klasse, wohin ist er verschwunden?".


    "Semir, wenn ich das wüsste, würde ich es dir sagen.". Semir und Paul stiegen aus dem Auto und machten sich auf den Weg den Lkw zu suchen.


    "Wo kann der denn nur sein?"
    "Paul, schau mal! Da ist der Lkw. Ist aber niemand drin wie es aussieht.". Semir schlich sich langsam an den Lkw ran. Paul schaute sich solang noch ein wenig in der Nähe des Lkw's um. Kaum hatte Semir die Fahrertür geöffnet, ertönte ein Schuss.





    Der Fahrer musste sich wohl auf dem Boden des Führerhauses versteckt und gewartet haben bis die Türe sich öffnete. Paul sah sich erschrocken um und erblickte Semir, der rückwärts vom Führerhaus stürzte. Paul konnte den Sturz nicht verhindern, da er zu weit entfernt war, und somit knallte Semir hart auf dem Boden. Kurz daraufhin hörte man das Aufheulen des Lkw's. Der Lkw fuhr weg und Paul rannte diesem noch ein Stück hinterher und gab ein paar Schüsse ab, jedoch erfolglos. Mit zerschossenen Reifen konnte er sowieso nichts ausrichten, außerdem musste er sich um Semir kümmern, der gerkrümmt am Boden lag. Paul sprintete zu Semir, unter dem sich schon eine kleine Blutlache bildete.
    "Hey, hey Semir, sieh mich an. HEY!". Paul klapste Semir leicht auf die Backen. Semir's Augen waren unfokusiert und es schien als würde er Paul nicht richtig verstehen. Paul bekam Panik. Er wusste nicht genau wie er mit solch' einer Situation umgehen sollte.


    "Semir, hier ist sehr viel Blut und ich kann nicht erkennen woher das ganze Blut kommt, also rede mit mir und sag mir woher dieses verdammte Blut kommt! Wo wurdest du angeschossen?".
    "I-In den Bauch" gab Semir leise von sich. Paul öffnete Semir's schwarze Lederjacke und besah sich die Wunde. Die Kugel muss noch in Semir's Körper stecken, was er an der Blutmenge erkennen konnte.


    "Semir, ich rufe einen RTW, halte durch, ja?". Von Semir kam nur ein kaum erkennbares nicken. Paul wählte den Notruf und daraufhin kam nichts mehr. Das mit dem Krankenwagen war wohl nichts.


    "Fuck! Ich hab hier immernoch kein Netz, einen fahrunfähigen Wagen und wir sind hier im nirgendwo!".
    "Klingt ja vielversprechend." lachte Semir schmerzerfüllt in sich hinein.
    "Okay Semir, ich werde dich jetzt hochhe-....". Paul spürte nur noch einen Schlag auf den Kopf und alles wurde schwarz um ihn herum. Der Lkw-Fahrer war also doch nicht geflüchtet.
    Paul und Semir wurden in einen Container gehievt. "Gute Nacht, Bulle.". Die Türen wurden zugeschlagen und es wurde dunkel im Container, wovon die beiden Polizisten jedoch nichts mehr mitbekamen.







    Nach kurzer Zeit wachte Paul aus seinem Dämmerschlaf auf und schaute sich um. Alles dunkel, kein Semir, nichts. Semir. Nun kam die Erinnerung wieder. Er holte rasch sein Handy aus der Hosentasche und schaltete die Taschenlampe an. Sein Blick blieb bei Semir hängen.
    "Oh mein Gott, Semir!" Paul kniete sich neben dem Verletzten, der bewusstlos schien.
    "Ich lebe noch. Freu dich nicht zu früh. Wo sind wir hier?", gab Semir von sich.
    "Ich denke in einem Container. Deswegen ist es auch so heiß.", erschloss sich Paul. Semir fing an zu lachen.
    "Wieso lachst du denn jetzt? Ich sehe kein Grund zu lachen. Du solltest dich schonen.".
    "Wir sind in einem Container, es ist verdammt warm, niemand weiß wo wir sind, wir können niemanden verständigen und ich liege hier und kann kein Körperteil mehr spüren. Mir ist gerade einfach zum lachen."
    "Das wird schon wieder Semir." Paul besah sich die Wunde nochmals. "Ist gar nicht so schlimm. Die Blutung ist gestoppt, so wie es aussieht."
    "Ja richtig. Nur ein Kratzer." lachte Semir. Er versuchte sich hinzusetzen, jedoch drückte Paul ihn sofort wieder runter. "Du solltest besser liegen bleiben. Du hast sehr viel Blut verloren und wir wollen nunmal nicht, dass die Wunde wieder anfängt zu bluten."
    Semir's weißes T-shirt war blutgetränkt. Paul wusste, dass er untertrieben hatte. Semir musste schnellstens in ein Krankenhaus. Paul stand auf und hämmerte gegen die Containerwand. "Hey! Aufmachen! Hey!" "PAUL! Bitte, das bringt doch nichts. Schau dich lieber hier um und finde was brauchbares. Bitte, ich habe durst."
    "Richtig, entschuldige." sagte Paul. Im Container war nicht viel zu finden, außer einige Sixpacks Wasser. Es war wohl ein Lebensmittelcontainer.
    Paul kniete sich wieder neben Semir und gab diesem Wasser. Ebenso reinigte er seine Hände und Semir's Wunde.
    Paul bemerkte, dass sie wieder blutet. "Semir! Seit wann blutest du wieder?" Semir zeigte keine Regung. "Semir! Hey, Kumpel! Schön wach bleiben."
    "Ich bin so müde Paul. Ich kann nicht mehr." krächzte Semir.



    "Nein Semir, du darfst nicht einschlafen. Du musst mir versprechen wach zu bleiben. Ich muss die Blutung stoppen. Das wird jetzt weh tun aber du musst durchhalten die Kollegen sind sicher bald da." Paul zog sein T-Shirt aus und drückte es auf Semir's Verletzung.
    Semir heulte auf. "I-Ich verspreche es..." Semir wollte keine Schwäche zeigen, jedoch war er einfach zu müde um daran zu denken. Er wollte in einen schmerzlosen Schlafversinken, wollte aber sein Versprechen nicht brechen. Langsam schloss er die Augen, er konnrte es nicht verhindern. Plötzlich wurde er von einer Stimme unterbrochen. Er wusste, dass es Paul's Stimme war.


    "Du hast mir was versprochen! Semir bleib bei mir. Du darfst nicht einschlafen. Erzähl' mir eine Geschichte. Was hast du gestern genaues mit Andrea unternommen? Zähl' von mir aus bis 100 aber SCHLAF.NICHT.EIN!" brüllte Paul lauthals.


    "A-Andrea..."



    "Semir?" In Paul brach die Panik aus. Semir regte sich nicht mehr. Seine Atmung wurde flacher und die Blutung war immer noch nicht gestoppt. Paul wusste, wenn Semir einschläft, dann würde er nicht mehr aufwachen. Er muss Semir hier raus bringen. Paul stand auf und versuchte die Containertür aufzubrechen. Er trat immer wieder dagegen. Nach dem gefühlt fünfzigsten Versuch brach das Schloss tatsächlich auf und somit auch die Tür. Der Container muss schon etwas älter gewesen sein, sonst wäre dies wohlkaum möglich gewesen.


    "Semir, wir sind frei!" Paul drehte sich um. Er sah, dass keinerlei Regung zeigte. Sein Brustkorb bewegte sich ebenso nicht mehr. Paul packte Semir unter den Knien und unter den Achseln. Er trug Semir aus dem stickigen Container und legte ihn draußen auf den Boden. "Hey Kumpel, lass mich nicht hängen." Paul checkte die Atmung und den Puls. Nichts. Er begann sofort mit der Reanimierung. Er presste immerwieder mit seinen Handflächen auf Semir's Brust und beatmete ihn. "Komm schon! Semir! Du hast eine Frau, drei wundervolle Kinder! Die kannst du nicht einfach zurücklassen. Komm zurück!" Mit einem kräftigen Schlag auf Semir's Brustkorb, nahm dieser ein großen Luftzug und öffnette langsam die Augen.
    "Semir! Meine Nerven. Mach das nie wieder!" schrie Paul mit Tränen in den Augen.
    Er hievte Semir wieder in seine Arme und rannte mit diesem aus dem Containerhafen. Es war mittlerweile schon Abend und er hatte kaum noch Akku. Als er ein Stück vom Containerhafen entfernt war hatte er wieder Netz. Immer wieder sah er nach, ob Semir noch bei bewusstsein war. Überraschenderweise war Semir noch wach. Paul legte ihn auf die Wiese und kramte in seiner Hosentasche nach seinem Handy. Er wählte sofort den Notruf. "Ja, hallo. Paul Renner hier. Kripo Autobahn. Mein Kollege....ääh... Freund, er wurde angeschossen. Es sieht sehr schlecht aus. Bitte kommen sie schnell zur Wiese am Containerhafen." stammelte Paul.






    Und somit hatte er schon wieder aufgelegt. Semir war noch bei bewusstsein, dennoch sah er nicht gut aus. Er war bleich und die Wunde blutete immer noch leicht. Paul's ausgezogenes T-Shirt war blutgetränkt, ebenso wie Semir's T-Shirt. Er kniete halbnackt auf einer Wiese neben seinem besten Freund, der wie eine reine Wunde aussah. "Der RTW ist gleich da Semir, schön durchhalten Kumpel."
    Semir grinste leicht und nickte zugleich. Da hörte man auch schon die Sirenen des Krankenwagens.
    Semir wurde auf eine Trage gelegt und sofort in das St. Marien-Hospital gebracht. Paul fuhr dem Krankenwagen hinterher. Andrea konnte er nicht verständigen, da diese gerade auf dem Weg nach Afrika ist. Er verständigte jedoch sofort die Kollegen und natürlich seine Chefin über den Vorfall.
    Angekommen am Krankenhaus rannte er hinein. "Kripo Autobahn, mein Partner wurde hier gerade mit einer Schussverletzung eingeliefert. Sein Name ist Semir Gerkahn. Wie geht es ihm?"
    "Sein Zustand ist kritisch, er wurde sofort in den OP eingeliefert. Sie müssen sich leider ein wenig gedulden. Der behandelnde Arzt kann ihnen nach der OP genaueres sagen." erläuterte die Krankenschwester.



    Paul bedankte sich und musste, so wie es aussah, einige Stunden warten.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!