Beiträge von susan

    Gott sei Dank-Semir ist da-jetzt wird alles gut! :D Ja wenn das so einfach wäre!
    Aber ich denke auch, dass es Mikael nicht umbringen wird, wenn man ihn zu der Sekte befragt. So gaga ist er ja nicht immer, dass er nicht bemerkt, dass ihn gerade weder Veikko noch Ben besuchen oder anrufen. Natürlich wird es ihn beunruhigen, wenn er spitz kriegt, dass da etwas nicht in Ordnung ist, aber vielleicht ist das auch gerade der Kick den er braucht, um sich wieder voll auf seine Reha zu konzentrieren und voran zu kommen!
    Ich wünsche dir ebenfalls nen schönen Urlaub-und ach ja-mit seinem Urteil über Ben könnte Antti Recht haben! ;)

    Oh-oh-jetzt sieht Kevin, was so ein Straßenkampf für den einzelnen für Folgen haben kann.
    Sie erfahren von dem Ermittler zwar einige Einzelheiten über die Sturmfront, die aber anscheinend vom Verfassungsschutz gedeckt wird und auch überregional organisiert ist-überall immer noch brauner Nazisumpf-pfui, bäh-aber niemand außer Kevin weiss, dass er der Schuldige an der schweren Verletzung eines Polizisten war. Ich denke wenn das heraus kommt, kann er seinen Job an den Nagel hängen, was wird er jetzt tun? ;(

    Semir hatte sich die Skier, die auch in diesem Biwak lagerten, eine ganze Weile angesehen. Erst hatte er sich gescholten, dass das ein Blödsinn wäre, denn er hatte sich beim Skikurs vor ein paar Tagen ja nicht gerade gut angestellt. Allerdings war er die Abfahrt doch irgendwie herunter gekommen und nur das mit dem Bremsen hatte er nicht so richtig elegant hingebracht, aber Schneepflug würde seine Fahrt verlangsamen, das hatten auch die Kinder so geübt. Wenn er daran dachte wie der gerade mal gut zweijährige Tim den Berg runter gekurvt war, dann beschloss er, dass das nun wirklich kein Hexenwerk sein konnte. Leider hatten sie auch nur noch den einen Schneeschuh mit dem er Knut und Ben ausgegraben hatte-die anderen waren beim Lawinenabgang verloren gegangen. Ohne etwas unter den Füßen war es unmöglich im frischen, lockeren Tiefschnee voran zu kommen, soviel war klar!

    Semir hätte ja auch gewartet, bis der Hubschrauber kam, aber er hatte irgendwie die Ahnung, dass der Bergführer sie wo völlig anders hingeführt hatte, wie das zuvor ausgemacht gewesen war. Sie hatten ihm vertraut und keinen Gedanken daran verschwendet, dass der Böses im Schilde führen könnte. Semir war auch bis jetzt völlig unklar, warum der das Schneebrett los getreten hatte. Oder war es vielleicht doch Zufall gewesen und er war mit abgestürzt und lag jetzt irgendwo dort draußen unter Bergen von Schnee verschüttet? Natürlich würde man versuchen ihre Handys zu orten, aber wenn man der Hypothese nachging, dass der Bergführer ihren Tod-warum auch immer-geplant hatte, dann hatte er die vielleicht mit genommen und irgendwo völlig anders in die Schlucht geschmissen, so dass die Retter auf eine falsche Fährte geführt würden.
    Die Flüchtlinge mit ihrer miserablen Ausrüstung würden hier ohne fremde Hilfe nicht mehr weg kommen, der eine junge Mann hatte zwar eine gute Winterkleidung und Schuhe an-warum auch immer, aber der hielt sich immer irgendwie abseits-Semir war nicht ganz klar, welche Funktion der hatte. Er hatte ihn einmal angesprochen, aber er hatte so getan, als würde er ihn nicht verstehen, aber merkwürdig war der schon. Allerdings war das jetzt im Moment egal-sie würden nun zunächst alles was bunt war ins Freie schaffen und da eine Spur für den Hubschrauber auslegen, aber Semir hatte sich das Gelände genau angesehen-erstens konnte hier nirgendwo ein Heli landen und dann waren sie auch in einer Ecke des imposanten Hochgebirgsmassivs, wo gerade noch Schatten war-wenn man das Suchgebiet nicht eingrenzen konnte, würde es sicher eine ganze Weile dauern, bis sie entdeckt würden.

    Und wer sagte, dass nicht der Bergführer sogar ins Hotel zurück gekehrt war-vielleicht mit ihren Handys- dort die traurige Mitteilung gemacht hatte, dass sie alle miteinander bei einem Lawinenabgang ums Leben gekommen waren und die Helfer zur Leichenbergung in eine völlig andere Ecke des Bergmassivs schickte? Denn der ging sicher davon aus, dass von ihnen keiner überlebt hatte-wenn er denn selber noch am Leben war. Aber Zeit war genau das, was Ben nicht hatte-wenn er nicht bald in ein Krankenhaus kam, dann würde er sterben, so viel war sicher und Semir würde alles tun, damit das nicht geschah.

    So trank er nochmals einen Becher süßen Tee, schlüpfte versuchsweise mit seinen Bergschuhen in die Skibindung-na ja, es war nicht perfekt, aber es würde gehen, die Skier waren Carver und anscheinend Damenski und daher von der Größe her für ihn geeignet- und dann ging er nochmal zu seinem Freund, während die Flüchtlinge auf sein Geheiß draußen schon eine Spur für den Heli legten. „Ich fahre jetzt mit Skiern ins Tal und hole Hilfe, Ben!“ sagte er und als der schwach zu protestieren versuchte, legte er ihm den Finger auf den Mund. „Pscht, leise-ich bin vorsichtig, aber es geht auch um das kranke Kind, das muss sobald als möglich ins Krankenhaus!“ sagte er und damit nahm er Ben den Wind aus den Segeln. „Sei vorsichtig-und viel Glück!“ gab der ihm noch mit auf den Weg und dann machte Semir sich auf. Er packte fest die Stöcke, zog seine Mütze über die Ohren und fuhr einfach los, in die Richtung aus der sie gekommen waren. Er hatte eigentlich eine sehr gute Orientierung und war sich sicher, er würde den Weg zurück finden. Gefährlich war eher, wenn der Weg eng und steil wurde und an einer Abbruchkante entlang ging, aber dann würde er die Skier schultern und mit Hilfe der Stöcke ein Stück zu Fuß gehen, beschloss er und binnen Kurzem war er um das erste Bergmassiv verschwunden.

    Der Patriarch hatte dem kleinen Mann nachgesehen und sein Herz war von Dankbarkeit erfüllt. Der setzte sein Leben aufs Spiel, um sie alle miteinander zu retten, denn ohne fremde Hilfe würden sie von hier nicht mehr weg kommen. Eine tiefe Traurigkeit ergriff andererseits nun auch von ihm Besitz. Hiermit war ihre Flucht gescheitert. Österreich nahm aktuell überhaupt keine Flüchtlinge auf und sie würden postwendend wieder in ihre Heimat abgeschoben und dort vermutlich umgebracht werden. Aber das war wohl Gottes Wille-sie hatten es immerhin versucht und würden jetzt ihr Schicksal demütig annehmen und so versammelte er seine Familie zum Morgengebet und alle außer dem Schlepper, der ja dem Islam angehörte, beteten alle voller Inbrunst mit.

    Der Bergführer war, sobald die Morgendämmerung es erlaubte, mit eleganten Schwüngen Richtung Tal gefahren, wo auch das zweite Biwak lag. Immer rechnete er damit auf Leichen zu stoßen, denn wenn sie das nicht geschafft hatten, waren jetzt vielleicht keine Syrer mehr am Leben. Spuren konnte man jetzt auch keine mehr entdecken, denn der Schneesturm hatte alles verwischt. Als er allerdings um eine Ecke bog, sah er bunte Tücher vor dem Biwak draußen ausgelegt-die Menschen waren gar nicht dumm! Sie konnten zwar nicht wissen, dass vermutlich bald ein Heli auf der Suche nach den Leichen der Schneeschuhwanderer aufsteigen würde, aber es war auch die einzige Chance für die Flüchtlinge von hier weg zu kommen. Bei diesen Witterungsverhältnissen war ein Abstieg ins Tal ohne passende Ausrüstung unmöglich und auch er würde die Menschen nicht hier runter bringen. Er hatte noch ein Ersatzmagazin und würde sie einfach alle miteinander abknallen und dann in dem Biwak einschließen. Bis man sie im Frühjahr fand, waren die Leichen verwest und dann würde man ein erneutes Flüchtlingsdrama mit einem kollektiven Selbstmord vor Verzweiflung vermelden, denn natürlich würde er seine Waffe zuletzt dem Patriarchen in die Hand geben und das so arrangieren, als ob sich der als Letzter mit einem Kopfschuss getötet hätte. Die Tücher würde er dann ein sammeln , so dass keine Spur darauf hinwies, dass hier Menschen auf Hilfe gehofft hatten. Ob er den türkischen Schlepper am Leben lassen würde, konnte er noch nicht sagen, das würde er vor Ort entscheiden. Der konnte vielleicht mit den Ersatzskiern aus dem Biwak mit ihm abfahren und ihm helfen, das Winkler zu erklären. Vielleicht bekam er dann trotzdem von dem weiter Aufträge, aber wenn nicht, dann würde er schon andere Geldquellen auftun. So näherte sich der Bergführer mit eleganten Schwüngen dem Lager, während bereits einige hundert Meter tiefer Semir seinen privaten Kampf gegen den Schnee aufgenommen hatte.

    Ben sah völlig entkräftet an die Decke und lauschte dem murmelnden Singsang der Gebete, die der tiefgläubige Patriarch mit seiner Familie sprach. Irgendwie war er fast ein wenig neidisch, dass diese Menschen so viel Kraft aus ihrem Glauben schöpfen konnten und auch sicher waren, dass nach dem Tod noch etwas kam. War das wirklich so? Er hatte keine Ahnung und hoffte auch verzweifelt, das nicht so bald heraus finden zu müssen!

    Oha-da ist Semir alleine durch polizeiliche Routinearbeit auf einen Namen gestoßen. Dieser Hartmann scheint der Dieb des Passats und zugleich der Kollege Sophie´s im Praktikum gewesen zu sein. Wetten der ist in den Fall verwickelt!

    Das wäre ja ein Wunder, wenn Semir sich wegen ein bisschen Blech so aufregen würde. Aber heute war einfach alles zuviel und da hat die Chemie zwischen Ben und ihm nicht so gestimmt. Wenigstens erzählt er Alex was sich ereignet hat und während er auf eigene Faust ermittelt, kann Alex die Informationen weiter geben-aber ein wenig eingeschnappt ist Ben trotzdem! Allerdings hat er ja auch nicht bemerkt, wie schlecht es Semir im Moment geht, da schenken sich die beiden gerade nichts!

    Veikko´s Vater hat ein Gespräch mit dem "Meister" bei dem es mir kalt den Rücken herunter rinnt!
    Um Himmels Willen-die wollen eine Bombe über Helsinki abwerfen, um die Ungläubigen zu vernichten. Wie kaputt sind die? Und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Meister völlig andere Pläne verfolgt, als der Rest der Gemeinschaft.
    Matti vertraut allerdings diesem Typen anscheinend blind und will partout seinen Sohn aus den Fängen des Teufels befreien.
    Verdammt-und Ben steht zumindest unter Beobachtung, Eric hat Verdacht geschöpft-so ein Mist!
    Eigentlich sind Veikko´s Eltern ja zu bemitleiden-die lieben ihren Sohn ja trotzdem und sind nur verblendet!

    Sarah, Andrea, Knut´s Frau und deren Kinder-soweit sie es schon rational verstehen konnten-hatten eine furchtbare Nacht. Erst waren sie noch lange nachdem sie die Kinder ins Bett gebracht hatten, zusammen gesessen und hatten sich gegenseitig Mut zugesprochen. Gott sei Dank waren die Kids vom Spielen im Schnee so müde, dass sie schliefen, obwohl ihre Väter nicht da waren, nur die kleine Mia-Sophie bemerkte stark den Kummer der Mutter und wollte mehrmals in der Nacht zum Trost an die Brust. Allerdings hatte Sarah sowieso kaum geschlafen, darum war das jetzt auch schon egal. Wo steckten sie wohl? Verzweifelt sah Sarah aus dem Fenster, vor dem der Schneesturm tobte. Sie lagen hier in den warmen weichen Betten und ihre Männer waren irgendwo da draußen-und niemand wusste, ob sie überhaupt noch am Leben waren und wenn ja-in welchem Zustand! Wenn sie im Freien waren, dann waren sie jetzt mit Sicherheit nicht mehr am Leben, also klammerte sich Sarah an den Gedanken mit dem Biwak.
    Der Hotelbesitzer hatte versucht beruhigend auf sie einzuwirken, aber auch der konnte ja nicht wissen was passiert war. Er hatte mehrmals versucht den Bergführer zu erreichen, aber kein Wunder-bei so einem Wetter war kein Empfang möglich. Wenn das Unwetter nachgelassen hatte, konnte man versuchen die Smartphones zu orten, aber nicht einmal das ging jetzt. Dennoch hatte Andrea am Abend noch in der PASt angerufen und Susanne, die zufällig Nachtdienst hatte, hatte zwar keine aktuelle Ortung durchführen können, aber immerhin sagen, dass die Handys von Semir und Ben sich zuletzt am Nachmittag gegen drei im Deutsch-Österreichischen Grenzgebiet in ein Netz eingewählt hatten. Als sie das dem Hotelbesitzer sagten, runzelte der die Stirn. Verdammt-wenn das stimmte, dann war hier irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung, denn die Gruppe hätte es ohne Skier von dieser Position aus nie geschafft, noch vor Einbruch der Dunkelheit ins Tal zu kommen, außerdem war das eigentlich eine ganz andere Route als der Bergführer vorgeschlagen hatte. Vielleicht hatte sich einer der Tourengeher verletzt und der Bergführer hatte sie daraufhin von vorne herein in eines der Biwaks dort oben geführt, weil er schon gesehen hatte, dass sie das rettende Tal nicht mehr erreichen würden, bevor das Unwetter herein brach? Auf jeden Fall war das merkwürdig und auch er wäre froh, wenn seine Gäste wohlbehalten wieder im Hotel waren! Immerhin hatte er die Tour ja sozusagen mit vermittelt und das warf auch ein schlechtes Licht auf ihn als Hotelmanager.
    Als gegen fünf Uhr morgens plötzlich der Schneesturm aufhörte und die tosenden Flocken einer eiskalten Nacht wichen, machten sich die ersten Bergretter fertig. Allerdings hatte es so viel geschneit, dass es extrem schwierig werden würde in das Suchgebiet einzusteigen, da die Wege einfach nicht mehr zu erahnen waren und der Hubschrauber konnte erst bei Tageslicht aufsteigen und da war noch ein paar Stunden hin. Dennoch machte sich ein Trupp der Bergrettung, der fast alle gesunden Männer im Tal angehörten, mit Schneeschuhen, Skiern, Stirnlampen und Seilen auf, um die Vermissten zu suchen. Sarah fand nun doch noch ein wenig Schlaf, der allerdings von schrecklichen Alpträumen gestört wurde.

    In der Höhle hatte Semir inzwischen versucht so viel Wärme und Zuversicht wie nur möglich an seinen Freund weiter zu geben. Er bildete sich ein, dass der nun nicht mehr ganz so kalt war und während die Teebecher mit dem stark gesüßten Schwarztee herumgingen und die Kinder Zwieback zu knabbern bekamen, hatte der Patriarch mehrmals die Tücher gelüpft und das Operationsgebiet kontrolliert, aber momentan stand die Blutung und irgendwann begann Ben sich auch wieder zu regen. Semir richtete sich auf. Gerade begann es draußen hell zu werden und der Schneesturm hatte aufgehört. Allerdings hatten sich nun die Männer fast gegen die Eingangstür stemmen müssen, so hohe Schneeverwehungen hatte es gegeben. Auch Semir war nach draußen gegangen um sich zu erleichtern und hatte dann verzweifelt das Gelände begutachtet. Von den Wegen war nichts mehr zu erkennen, sie saßen hier fest! Als er wieder hinein ging, versuchte der Patriarch gerade Ben ein paar Tropfen Tee einzuflößen, denn er hätte dringend Flüssigkeit gebraucht, aber Ben war zu schwach zum Schlucken und sobald man ihn auch nur minimal aufrichtete, verdrehte er die Augen und kollabierte. „Wenn er nicht bald in ein Krankenhaus kommt, war die Tortur umsonst!“ sagte der Patriarch ernst und nun reifte in Semir ein Entschluss-nun lag es an ihm, seinen Freund-und vermutlich auch den kleinen Murat, der hoch fiebernd da lag- zu retten.

    Der Bergführer hatte eine recht behagliche Nacht in dem anderen Biwak verbracht. Er hatte eine wunderbare Ausrüstung dabei und kochte sich nun Instantkaffee sogar mit Zucker und Kaffeeweisser, aß dazu eingedostes Vollkornbrot mit Marmelade und prüfte dann, frisch gestärkt, ob sein Revolver auch funktionstüchtig war. Dann streckte er sich, holte die dort lagernden Skier aus dem Biwak, denn anders hatte man bei diesen Schneemassen bergab keine Chance und machte sich-nachdem er sein Nachtlager ordentlich verlassen hatte-auf den Weg, um nach dem Verbleib der Flüchtlinge zu sehen. Wenn sie kein Biwak erreicht hatten, hatten zumindest die Frauen und Kinder die Nacht nicht überlebt, aber er würde sich zuerst davon vergewissern und was er mit dem Rest der Gruppe dann machte, würde er entscheiden, wenn er sie gefunden hatte.

    Nun ist es gewiss-Thorsten Ramm lebt nicht mehr! Anscheinend wurde er in seinem eigenen Haus aufgeknüpft und das danach angezündet, wie schrecklich!
    Semir informiert Dana persönlich davon, dass Sophie ermordet wurde und verspricht ihr, sie erstens am Freitag in Aachen abzuholen und dann noch ein letztes Mal mit ihr am Wochenende in ihr Elternhaus zu gehen-ein Abschied für immer sozusagen, ja das glaube ich, dass das den beiden schwer fallen wird, mit so vielen Erinnerungen wie dieses Haus beladen ist.
    Semir´s Gedanken bzgl. des Erhängens zu den Bemerkungen der Nachbarn fand ich allerdings sehr unpassend-Sarkasmus in allen Ehren, aber das ist irgendwie kein Brüller, den Satz hättest du meiner Meinung nach besser weg gelassen, genauso wie den mit dem Unfall Sophie´s nach dem Tod, aber das ist nur mein persönliches Empfinden, andere werden den Schenkelklopfer vielleicht lieben.

    In der Höhle war eine LED-Taschenlampe und wenn einer der Schlafenden aufstehen musste, um sich zu erleichtern, ging er mit der Lampe vor die Tür in den immer noch heftig wütenden Sturm. In den frühen Morgenstunden-es war zwar immer noch finster draußen, aber der Wind war ein wenig abgeflaut und es hatte auch aufgehört zu schneien-bemerkte Semir, dass Ben begann mit den Zähnen zu klappern und er zog ihn noch ein wenig enger an sich, um ihn zu wärmen. „Wie geht’s dir? Hast du starke Schmerzen?“ fragte er ihn flüsternd, als er bemerkte, dass sein Freund wach war. „Ben schüttelte leicht den Kopf. „Die Schmerzen sind auszuhalten, aber mir ist so kalt und ich bin untenrum völlig nass!“ teilte er seinem Freund mit und der überlegte, dass ja vermutlich der Urin jetzt einfach so aus dem Loch am Damm heraus laufen würde, also war das erklärlich. Trotzdem bat er im Flüsterton um die Taschenlampe und der junge Mann neben ihm, der sie zuletzt gehabt hatte, reichte sie ihm. Semir leuchtete unter ihre gemeinsame Zudecke und dann stieß er einen unterdrückten Ruf des Entsetzens aus. Ben schwamm in einer Blutlache und als er ihm nun ins Gesicht sah, bemerkte er, dass er käsebleich war und der kalte Schweiß seinen Körper überzog.

    Der Patriarch war ebenfalls erwacht und kniete nun auch schon neben seinem Patienten. Als Semir die Decke weg nahm und auf die Blutpfütze deutete, wurde der Gesichtsausdruck des syrischen Heilers ernst. „Das habe ich befürchtet!“ murmelte er und Semir bemerkte sofort, dass er nicht überrascht war. „Was kann man da tun?“ fragte er ein wenig hektisch, denn jetzt war es eh schon egal- inzwischen war die ganze Höhle wach. „Ich muss mir das zunächst einmal ansehen-bringen wir ihn wieder an die Tür, wo wir gestern operiert haben!“ beschloss der Patriarch und wie am Vorabend trug man Ben wieder bis kurz vor die Tür, stellte die Plane als Sichtschutz auf und entzündete den Gasbrenner mit dem Licht. Gemeinsam schälten sie den bebenden Ben aus seinen Hosen, die schwer vom Blut waren und ohne dass sie angewiesen werden mussten, nahmen die Söhne wieder seine Beine und Semir ging an Ben´s Kopfende. Allerdings konnte er diesmal seinen Oberkörper nicht anheben, da dem jungen Polizisten dann sofort schwindlig wurde und so kniete er neben seinem Freund, stopfte ihm seine Jacke als Kissen unter den Kopf, denn Semir war nun warm geworden vor Angst und Panik und außerdem war die Temperatur in der Höhle durch die vielen Menschen inzwischen recht angenehm.

    „Es wird alles gut werden-der Sturm hat aufgehört und bald wird es Tag-du wirst sicher in Kürze im Krankenhaus sein!“ versuchte er seinen Freund zu beruhigen, aber der sah ihn nun mit den Augen in tiefen Höhlen liegend, erschöpft an. „Ich glaube nicht, dass ich das hier überlebe!“ wisperte er und in Semir krampfte sich nun vor Angst um seinen besten Freund alles zusammen. Der Patriarch hatte inzwischen die Blutkoagel weg gewischt und nun konnte man sehen, dass das Blut in beständigem Strom aus Ben´s Körper floss-wenn er nichts unternahm, würde der in weniger als einer Stunde verblutet sein.
    Der Heiler hatte sich am Vorabend für diesen Fall schon einen Plan zurecht gelegt und nun bat er seine Söhne, Ben´s Beine momentan wieder abzulegen, er deckte ihn vorübergehend noch einmal zu, denn Wärme war bei Blutverlust sehr wichtig und dann ließ er sich den Gaskocher bringen und einen großen langen Schraubenzieher mit Holzgriff, den er für diesen Zweck ausgewählt hatte.
    Semir sah den Mann fragend an-der sah aus, als wüsste er, was zu tun war und wieder versuchte er den zitternden Ben zu beruhigen, hielt seine eiskalten Hände und strich ihm liebevoll eine verschwitzte Strähne aus dem Gesicht. „Was kann man jetzt tun?“ fragte Semir aufgeregt und versuchte die Panik, die ihn befallen hatte, nicht allzu deutlich hören zu lassen, aber alle Anwesenden waren mucksmäuschenstill, denn es lag eine gewisse Spannung in der Luft-man fühlte, hier ging es um Leben oder Tod! „Ich werde versuchen die Wunde auszubrennen und so das Blutgefäß zu verschweißen!“ sagte der Heiler nun entschlossen und Semir lief ein kalter Schauer über den Rücken. „Nein-das können sie nicht tun-das ist barbarisch!“ rief er entsetzt und voller Abwehr auf Türkisch und war froh, dass Ben nicht verstehen konnte, was für einen unglaublichen Vorschlag der Syrer gerade gemacht hatte. „Es ist seine einzige Chance-wenn wir die Blutung nicht stoppen, wird er den Sonnenaufgang nicht erleben!“ erwiderte der Heiler bedauernd, aber Semir schüttelte mit Tränen in den Augen den Kopf.

    „Ich denke sie sollten das übersetzen und dann soll er selber entscheiden!“ sagte der Patriarch ruhig und nun versuchte Semir in Worte zu fassen, was der Syrer ihm gerade erklärt hatte. „Ben, dein Behandler hat gerade den Vorschlag gemacht die Wunde auszubrennen und so die Blutung zu stoppen, aber ich kann es verstehen, dass du das nicht möchtest!“ sagte er heftig und Ben sah ihn und dann seinen Arzt mit unendlicher Müdigkeit im Blick an. „Gibt es denn eine andere Möglichkeit?“ fragte er, aber der Syrer schüttelte den Kopf. „Ich würde so gerne meine Kinder aufwachsen sehen, aber ich fühle es-das wird nicht möglich sein, wenn jetzt nichts gemacht wird-er soll es versuchen!“ flüsterte Ben, der merkte, wie mit jedem Tropfen Blut das Leben aus ihm heraus floss und schon hielt einer der Söhne auf Anweisung seines Vaters den Schraubenzieher in die Flamme des Gasbrenners, damit der heiß genug wurde, um seinen Zweck zu erfüllen.
    Der Syrer schob Ben wieder das Holzstück zwischen die Zähne, legte dann seine Hand auf seinen Kopf und segnete ihn. Dann griff er nach dem nun glühenden Schraubenzieher und seine Söhne nahmen nun die Decken weg, packten Ben´s Beine und hielten sie ganz fest.
    Semir liefen die Tränen übers Gesicht-er konnte das Unfassbare immer noch nicht begreifen, aber zugleich hielt er Ben´s Hände mit aller Kraft. Der hatte die Augen geschlossen und atmete stoßweise, aber als das Eisen sich zischend in seinen Damm bohrte und es in der Höhle begann nach verbranntem Fleisch zu riechen, brüllte er, wie er in seinem Leben noch nicht geschrien hatte, bis der Schrei abrupt abbrach, als eine gnädige Ohnmacht ihn umfing.

    Semir und alle anderen Anwesenden hatten sozusagen mitgelitten. Semir hatte zwar furchtbare Angst, dass sein Freund gerade unter seinen Händen gestorben war, als er plötzlich erschlaffte, aber irgendwie war alles besser, als diese unmenschliche Quälerei. Der Patriarch war ebenfalls froh, dass sein Patient nun nicht mehr bei Bewusstsein war und nahm eine gründliche Blutstillung vor. Dann legte er wieder einen Verband an und fühlte in der Leiste den Puls, der zwar schwach, schnell und fadenförmig war, aber bewies, dass sein Patient noch am Leben war. „Wir bringen ihn wieder auf seinen Platz zurück, legen ihn auf die Seite und halten ihn warm!“ ordnete er an und so deckte man Ben dann mit allen Decken und Tüchern zu, die man erübrigen konnte und alle Flüchtlinge gaben bereitwillig etwas ab, Semir legte sich wieder dicht hinter Ben, um ihm von seiner Wärme abzugeben, denn der Körper vor ihm war eiskalt und dann begannen die Frauen Tee zu kochen und gemeinsam warteten sie darauf, dass der Morgen anbrach.

    Diese Fragestellung hatten wir schon mehrmals. Über der Tür zum Schlössergeschäft seines Bruders steht Gerkan ohne h-es gab Phasen bei Cobra da schrieb man es so-dann wieder so. Vermutlich fällt sowas eh nur eingefleischten Fans auf und vielleicht war das mit ein Grund, warum jetzt die beiden Headwriter eingesetzt wurden, um solche Peinlichkeiten zu vermeiden, denn jeder Regisseur hat das anders gemacht. Ich halte es bei meinen Storys auch so-aktuell ist gerade wieder Gerkhan im Trend, also heisst Semir jetzt so-vor drei Jahren hieß er noch Gerkan. :D Gott sei Dank variiert wenigstens die Schreibweise von Semir ( bisher) nicht! ;)

    Ein stilles, nachdenkliches Kapitel! Fast überrascht es mich, dass Eva´s Vater jetzt nach Mikaels Unfall plötzlich nicht mehr gegen die Beziehung ist, sondern ihr Mut zuspricht und Hoffnung verbreitet-toll!
    Die Stimmung am Meer war wunderbar beschrieben, ich konnte mir die Szene sehr gut vorstellen.
    Auch finde ich es gut, dass Eva Oskari mit zu seinem Papa nimmt-genau das braucht Mikael-einen Anreiz nicht aufzugeben, sich anzustrengen und wenn auch nur in kleinen Schritten vorwärts zu gehen!

    So liebe Leser!
    Wie ihr euch schon denken könnt, schreit dieses Kapitel natürlich nach einer etwas ausführlicheren Beschreibung der Operation. Nachdem ich aber die FSK 12 nicht gefährden will, werde ich heute im Laufe des Tages also noch ein Geheimkapitel verfassen.
    Wie immer kommt das zu den bisherigen Interessenten meiner vorigen Storys automatisch via PN, falls jemand noch Interesse hat, kurze Nachricht via PN an mich, dann füge ich ihn dem Verteiler hinzu. Viel Spaß! :D

    Semir stellt als Erster den Zusammenhang zwischen Neugebauers Tod und Mario Torres her-klar dass da Ben auch in höchster Gefahr schwebt. Ich befürchte auch, dass der urlaubende Beamte schon nicht mehr im Urlaub ist, sondern in den ewigen Jagdgründen!
    Man hat inzwischen Hinweise auf den Fahrer des Wagens in dem Sophie´s Leiche gefunden wurde-bin ja gespannt, ob das der Enkel des Halters ist, oder so. Amüsiert habe ich mich auch über die Herstellerfirma des Sportschuhs-irgendwie musste ich da doch an die Herzogenauracher denken....aber brav, nur keine Produktplatzierung!

    Da kann ich mich silli nur anschließen-ein klasse Kapitel mit einer toll beschriebenen Kampfszene. Aber noch viel einfühlsamer und nachvollziehbarer sind die Gedanken und Gefühle der Protagonisten. Du schaffst es immer hervorragend die Zweifel, die ja jeder Mensch hat, zu beschreiben und auch die zwiespältigen Gefühle, die jeden Menschen heimsuchen. Ich denke jedermann hinterfragt manchmal, ob das was er tut oder getan hat richtig war oder ist-aber du kleidest das meisterhaft in Worte!
    Immerhin hat Annie den Molotovcocktail wohl nicht mitgebracht-ich tippe da auf unsere rechten Freunde, die Kevin und Jenny da ausgeräuchert und das Ganze dann Annie in die Schuhe geschoben hätten.

    Während der Patriarch nun begann die Vorbereitungen zu treffen, sagte Ben leise zu Semir: „Ich habe Angst!“ und der sah ihn liebevoll an. „Ich kann dich nur zu gut verstehen-ich habe ehrlich gesagt auch Angst, obwohl ich gar nicht operiert werden soll. Aber seine Erklärungen waren logisch und ich glaube, wenn du das Ganze hier überleben willst, ist es die einzige Chance, die dir bleibt-aber ich könnte es auch verstehen, wenn du jetzt nen Rückzieher machst!“ erwiderte er und Ben rang sich ein gequältes Lächeln ab. „Nichts lieber als das-aber ich glaube nicht, dass du dir vorstellen kannst, wie sich das anfühlt, wenn man kurz davor ist zu explodieren. Ich weiss jetzt was die Redewendung bedeutet: „Das Wasser steht mir bis zum Hals“ und das tut außerdem so weh, dass ich glaube einen kurzen starken Schmerz vorziehe, als das noch weiter auszuhalten!“ versuchte er seinem Freund zu erklären, warum er so einfach eingewilligt hatte und Semir nickte verständnisvoll. „Ich bin ja auch bei dir!“ sagte er dann und Ben nickte: „Ich weiss-und da bin ich sehr froh darüber, ich glaube nicht, dass ich es sonst aushalten kann.“ Und damit war alles gesagt.

    Der Patriarch hatte inzwischen zwei der jungen Männer-seine Söhne- von denen er wusste, dass sie starke Nerven hatten, herbei gerufen und ihnen kurz erklärt, was er nun machen würde und wie sie ihm dabei helfen sollten. Ein mitleidiger Blick streifte Ben, aber die Syrer wussten, dass ihr Vater mit Überlegung handelte und wenn er den Eingriff hier und jetzt durchführen musste, dann würden sie ihn dabei natürlich unterstützen. Auf sein Geheiß brachten sie Ben nun in den Bereich kurz hinter der Eingangstür, wo das Gefälle des Felsenbodens ein wenig Richtung Ausgang ging. Semir konnte die Überlegung nachvollziehen. Wenn Ben nun schon den ganzen Tag nicht gepinkelt hatte, waren da vermutlich ganz schöne Mengen an Urin in seiner Blase und der musste ja irgendwohin. Sie hatten leider nur das Allernötigste an Decken und Tüchern, die konnte man nicht verschwenden um Körperflüssigkeiten auf zu saugen. Der Heiler entledigte sich nun eines Teils seiner Kleidung und sowohl Semir als auch Ben beobachteten, wie er unter anderem eine altertümliche Pistole sorgfältig beiseitelegte.

    Zu Ben´s großer Erleichterung wurde nun eine Plane so quer durch die Höhle befestigt, dass die Frauen und Kinder und die drei restlichen Männer nicht hersehen konnten. So krank er war, hatte er trotzdem ein Schamgefühl und es war etwas anderes einem Arzt sein Eingemachtes sehen zu lassen oder sich in aller Öffentlichkeit zur Schau zu stellen. Vor Semir genierte er sich nicht, der kannte inzwischen jede Faser an ihm und die beiden Söhne-na ja-immerhin waren das auch Männer, da war das nicht ganz so schlimm. Seinen Anorak hatte man beiseitegelegt, denn aktuell war es ihm vor Aufregung warm und so hatte er obenrum nur noch das Funktionsunterhemd und ein Shirt an. Nun machten sich die beiden jungen Männer und Semir daran, ihm die Schneehose, den verbliebenen Schuh und die lange Unterhose auszuziehen. Durch die Schiene am gebrochenen rechten Unterschenkel war das ziemlich schwierig und Ben ächzte und stöhnte. Das Gaslicht und der Kocher waren auf ihrer Seite der Plane, denn der Operateur brauchte Licht und der hatte inzwischen sein Chirurgenbesteck, das in einem Lederbehälter war, der nebeneinander viele Fächer hatte, wo jeweils ein Instrument ruhte und der dann zu einer Rolle zusammengedreht war, ausgepackt und die benötigten Instrumente in einen Topf mit kochendem Wasser gelegt.

    Semir hatte nun noch eine Idee-wenn das hier ein Biwak war, gab es sicher irgendwo einen Verbandskasten und tatsächlich fand er nach kurzer Suche einen Autoverbandskasten, dessen Verfallsdatum zwar schon überschritten war, aber auf solche Kleinigkeiten konnten sie jetzt keine Rücksicht nehmen. Wenigstens hatten sie ein Paar Einmalhandschuhe und Verbandmaterial, das war besser als nichts! Die Instrumente lagen in dem Topf, aus dem man das Wasser abgegossen hatte bereit, einige Kompressen und Verbandpäckchen hatte man geöffnet und daneben bereitgestellt. Der Patriarch hatte nun seine Hände noch so gründlich wie möglich gewaschen und als er fertig war, bedeutete er seinen Söhnen und Semir ihre Plätze einzunehmen. Er hatte vorher noch ein flaches Stück Holz gefunden und das bedeutete er jetzt Semir, der Ben´s Oberkörper stützte und in den Armen hielt und nebenbei seine Hände fixierte, das in den Mund seines Patienten zu legen, damit er darauf beißen konnte und sich so die Zunge nicht verletzte. Die jungen Männer packten Ben´s angewinkelte, gespreizte Beine und hielten sie fest und der Heiler nahm dazwischen Platz. Der Patriarch sprach nun ein kurzes Gebet und die Operation begann.

    Ben´s gurgelnde Schreie hallten durch die Höhle und die Mütter hinter dem Vorhang drückten ihre Kinder eng an sich und erklärte ihnen flüsternd, dass der Opa dem Mann nur helfen wollte, aber trotzdem begannen einige der Kleineren mit zu weinen. Semir liefen ebenfalls Tränen des Mitleids aus den Augen, so nahmen ihn Ben´s Qualen mit, aber festhalten hätte er ihn nicht gemusst, denn Ben versuchte sich trotz allen Schmerzes nicht zu wehren-niemand wollte ihm hier schließlich etwas Böses. Mit dem linken Arm wäre es auch sowieso nicht gegangen, der hatte nach dem Auskugeln und wieder Einrenken der Schulter noch keine Kraft, aber trotzdem hatte Ben die Hände zu Fäusten geballt und seine Fingernägel gruben sich in die Handflächen, so heftig war der Schmerz. Als der Urin sich plätschernd auf den harten kalten Felsboden entleerte, auf dem Ben saß, erfuhr er für einen Moment ein wenig Erleichterung, aber danach wurde es nochmals richtig schlimm, bis der riesige Blasenstein endlich entfernt war.

    Völlig fertig bekam Ben kaum noch mit, wie man einen provisorischen Verband in seinem Tiefparterre befestigte und ihn dann wieder anzog. Man trug ihn nun zu der Gruppe, entfernte die Plane, die nun als weiterer Schutz über die Ruhenden kam und legte ihn auf ein halbwegs weiches Lager. Semir legte sich eng zu ihm und umfing ihn mit seinen Armen und nachdem Ben erst noch eine Weile gezittert und gebebt hatte, übermannte ihn dann doch der Schlaf und wenig später durchzogen ruhige Atemzüge vieler Schlafender die nun dunkle und einigermaßen warme Höhle und nur das keuchende Husten des kleinen Murat durchbrach gelegentlich die Stille.

    Auch wenn Semir versucht so sachlich und feinfühlig wie möglich zu sprechen, den Inhalt der schrecklichen Nachricht kann er leider nicht ändern. Aber das hat die Mutter Sophie´s schon an seiner Körpersprache erkannt. Ja ihr Gedanke einfach zu fliehen, um die furchtbare Tatsache nicht hören zu müssen, ist verständlich, allerdings ändert es leider nichts an der Realität.
    Es gab Kulturen, da wurden die Überbringer schlechter Nachrichten einfach umgebracht-gut dass das bei uns heute nicht mehr so ist!

    Jetzt befindet sich Kevin aber wirklich in absoluter Lebensgefahr. Er vertraut immer noch auf seinen Draht zu Annie, aber die hat inzwischen voller Hass ihre Mannen um sich geschart, vermutlich um Kevin jetzt tot zu schlagen, wenn der Mordanschlag vergangene Nacht schon nicht geklappt hat.
    Ja ich frage mich auch, wie Liebe nur wegen Kevin´s Berufswahl von einer Minute zur nächsten in Hass umschlagen kann. Wie Kevin betont-der Mensch als solcher ändert sich deswegen ja nicht und wenn Annie das so sieht, dass er dadurch ihre Ideale von früher verraten hat, dann kann sie das ja ruhig tun, aber ihn körperlich deswegen doch nicht verletzen.
    Aber vielleicht hat sie ja doch noch ein Einsehen, nur ob sie die anderen Punks wirklich so komplett unter Kontrolle hat-ich weiss ja nicht-man wird ja nicht Punk, wenn man sich gerne Vorschriften machen lässt-bei den Neo-Nazis ist das etwas anderes-die geben gerne ihr Hirn am Eingang ab und lassen den Führer entscheiden...

    Endlich waren alle Flüchtlinge, der türkische Schlepper und Semir und Ben in der Höhle angekommen. Mit Kraft mussten sie sich gegen die hölzerne Tür stemmen, um die zu schließen und einige Frauen hatten zuvor sogar noch zwei Töpfe mit Schnee gefüllt, damit man den schmelzen konnte und so Tee und Suppe machen. Die beiden Gasbrenner waren schon entzündet, der eine zum Kochen und der zweite für die Beleuchtung. Wie am Vortag holte man Planen und Decken heraus und durch die Menge an Menschen wurde es doch bald ein wenig warm in der Höhle. Semir hatte zunächst Angst wegen dem Sauerstoff, denn Fenster befanden sich keine in dem Unterschlupf, aber als ihm der eine der Flüchtlinge erklärte, dass sie die vorherige Nacht auch schon hier verbracht hatten, war er beruhigt-anscheinend gab es hier doch irgendwo Lüftungskanäle und außerdem schloss auch die hölzerne Tür nicht zu 100% dicht. Wenig später gingen Becher mit gesüßtem schwarzen Tee von Hand zu Hand und die Suppe begann ebenfalls zu köcheln. Semir hatte sich zu Ben gesetzt, den ein wenig an sich gelehnt und bot ihm zu trinken an, aber sein Freund schüttelte den Kopf. „Nein Semir-ich platze sowieso beinahe, wenn da nur ein Tropfen Wasser dazu kommt, dann ist es geschehen!“ sagte er und atmete mühsam. Sein Bauch fühlte sich an wie bei einer Schwangeren, sein Rücken schmerzte und sein ganzes Denken war nur davon ausgefüllt, dass er wahnsinnig notwendig aufs Klo musste.

    Der Patriarch hatte sich fürsorglich um den kleinen Murat gekümmert und ihm wenigstes ein wenig Tee eingeflößt, aber Semir sah den besorgten Gesichtsausdruck des Heilers. Wenn der kleine Junge nicht bald in medizinische Behandlung kam, würde er vermutlich sterben, denn seine Atemzüge waren mühsam geworden, seine Haut war von einer fahlen Blässe überzogen und er hatte hohes Fieber. Hoffentlich war der Sturm bald vorbei, denn solange der da draußen tobte, würden keine Rettungstrupps durchkommen und Semir war sich sicher, dass ihre Frauen und auch der Hotelbesitzer inzwischen schon einen Notruf abgesetzt hatten. Allerdings wusste er nicht genau, ob sie sich auch wirklich in dem Gebiet befanden, in dem sie die Winterwanderung geplant hatten, denn er war inzwischen davon überzeugt, dass der Bergführer das Schneebrett absichtlich los getreten hatte. Die Flüchtlinge hatten auch keine vierte Person in den Schneemassen entdeckt-den Höhenweg, wo der Bergführer hinauf gestiegen war, konnten sie aber von ihrem Standpunkt aus nicht einsehen.
    Wo der wohl steckte? Semir hoffte voller Insbrunst, dass der in dem Schneesturm da draußen umgekommen war-dieses Schwein hatte den Tod verdient, er hätte sie alle drei kaltblütig umgebracht, Knut hatte den heimtückischen Anschlag nicht überlebt und um Ben machte sich Semir ebenfalls große Sorgen! Wenn das Wetter aufklarte mussten sie unbedingt draußen einen Hinweis für den Hubschrauber auslegen, wo sie sich befanden, aber im Augenblick waren sie auf sich alleine gestellt.

    Als Murat in den Armen seiner Mutter eingeschlafen war, kam der Patriarch zu Semir und Ben und musterte seinen zweiten Patienten prüfend. Dann drehte er sich um, sah sich suchend in der Höhle um und kam dann mit einer leeren PET-Wasserflasche zurück, von der er kurzerhand den Flaschenhals mit einem scharfen Messer abschnitt. Er verdeckte Ben mit seinem Körper, öffnete erneut dessen Gürtel, schob die Schneehose und die lange Funktionsunterhose ein wenig nach unten und legte ihm die Flasche an. Nun bedeutete er seinem Patienten zu pinkeln zu versuchen, aber so sehr sich Ben auch mühte-wie schon den ganzen Tag klappte es nicht. „Der Blasenstein hat den Ausgang verlegt!“ erklärte er Semir, der das dann seinem Freund übersetzte.
    Inzwischen war es in der Höhle doch so warm geworden, dass man Ben´s Schneejacke ausziehen konnte und als nun der Heiler dessen Flankenpartie betastete, wurde seine Miene sehr ernst. „Der Harn staut sich bis in die Nieren zurück und wenn wir nichts unternehmen, werden die dauerhaft geschädigt werden. Außerdem besteht die akute Gefahr einer Blasenzerreißung und wenn es dann zu einer Bauchfellentzündung und einem Schock kommt, dann ist er hier oben verloren!“ erklärte er Semir und der vermied es im Moment zu übersetzen, denn er wollte Ben nicht noch mehr beunruhigen. Eigentlich hatte Semir gedacht, dass sie in aller Ruhe hier oben das Ende des Sturms abwarten konnten und dann die Patienten mit dem Hubschrauber in die Klinik geflogen würden und der Rest der Truppe mit den Bergrettern ins Tal absteigen konnte. Nun allerdings war guter Rat teuer und er wusste überhaupt nicht, was man in so einem Fall machen konnte. Aber jetzt erklärte der heilkundige Syrer was sein Plan war und Semir wurde zwar ganz anders, aber trotzdem übersetzte er Ben die Worte, denn so wie es aussah, hatten sie keine Alternativen.

    „Ich werde über den Damm den Blasenstein entfernen. Das war in alten Zeiten die gängige Operationsmethode, die heutzutage allerdings mit den Möglichkeiten der Endoskopie und der Lithotripsie, also der Steinzertrümmerung mit Schallwellen fast nicht mehr durchgeführt wird. Ich könnte auch den Zugang über die Bauchdecke wählen, aber da besteht die Gefahr den Darm zu verletzen und das wäre fatal. Seit dem frühen Mittelalter wurden Blasensteine so behandelt und es gab sogar die Zunft der sogenannten Steinschneider, denn ein Arzt machte sich früher mit so etwas die Hände nicht schmutzig!“ erklärte Kesenci. „Seitdem in unserer Heimat auch die medizinische Versorgung völlig zusammen gebrochen ist und wir als Christen sowieso nicht in einem Krankenhaus aufgenommen würden, habe ich solche Operationen in den letzten Jahren mehrfach durchgeführt!“ erklärte er. Was er allerdings verschwieg war, dass er trotzdem dort noch Zugang zu Narkosemitteln, oder zumindest Lokalanästhetika gehabt hatte, hier allerdings würde der Eingriff ohne jede Betäubung von statten gehen müssen. Semir übersetzte und Ben bekam zwar einen verzweifelten Gesichtsausdruck, als er hörte, was ihm bevor stand, aber letztendlich war vermutlich alles besser, als im wahrsten Sinne des Wortes zu platzen und deshalb willigte er ein.

    Im Hotel hatte Winkler derweil zufrieden registriert, dass die Schneeschuhwanderer immer noch nicht eingetroffen waren-also hatte der Bergführer wohl seinen Auftrag ausgeführt. Die Witterung spielte ihnen ebenfalls zu und so würde bald der nächste Umschlag mit Bargeld seinen Besitzer wechseln, aber diesmal zahlte er doch gerne-vor allem wenn er die besorgten Blicke seiner Frau sah, die ebenfalls wieder und wieder unruhig zum Eingang blickte.

    Unsere Befürchtungen haben sich bestätigt! Die Tote ist Sophie. Ich finde es gut, dass Semir den Eltern die Todesnachricht persönlich überbringt, allerdings wundert es mich, dass Alex und Ben von der nun doch schon seit zwei Tagen laufenden Fahndung nichts mitgekriegt haben und er ihnen auch nicht gesagt hat, dass Sophie eine Klassenkameradin seiner Tochter ist. So ein persönlicher Bezug zu einem Fall interessiert doch die Kollegen meist auch.
    Ben hat sich inzwischen nach dem Unfallfahrer umgesehen, den aber anscheinend nicht entdeckt.
    Ach ja-und es freut mich, dass Sascha wieder völlig fit ist!

    Ich glaube eher, dass Semir da seinen Freund Antti verbessert hat-der ist ja nicht so der Deutschprofi!
    Eigentlich wollte Semir ja in aller Ruhe mit seiner ganzen Familie nach Finnland fliegen, aber jetzt pressierts, denn es geht um Ben und da hat auch Andrea vollstes Verständnis, dass Semir da nichts mehr in Köln hält! Ich hoffe nur, der Undercovereinsatz geht gut!