Beiträge von Elvira

    Ben stürmte ins Restaurant und sah sich um. Das kleine tote Mädchen war bereits abgedeckt worden. „Semir!“, rief Ben durch das heillose Chaos. „Ich bin hier hinten.“, hörte er nur. Ben ging der Stimme nach und fand seinen Partner neben Alex Hoffmann knien. Ein Arzt besah sich die Wunden des SEK-Leiters. „Er muss sofort in ein Krankenhaus. Ein Hubschrauber ist bereits angefordert.“, stieß der Mediziner aus. „Wird er es schaffen?“, fragte Semir mit besorgter Stimme. „Das kann ich nicht sagen. Er hat sehr viel Blut verloren. Wie oft war er bei Bewusstsein?“ „Ein vielleicht drei Mal.“, erklärte Semir. „Das ist nicht gut.“, murmelte der Arzt. Schon waren die Pfleger mit der Bahre bei ihm und hievten den schwer verletzten Alex auf die Trage, deckten ihn warm zu und schoben ihn dann nach draußen. Semir konnte dem Ganzen nur hinterher sehen. „Bist du wenigstens okay?“, fragte Ben dann und legte seinem Partner die Hand auf die Schulter. „Geht schon...nur das Übliche...Nasenhieb bekommen und ein paar Schläge in den Bauchbereich...und eine Kugel im Bein.“, erklärte Semir und sah auf die kleine Kinderleiche. Dieses miese Schwein, dachte er nur und hoffte, dass er nicht mehr aus dem Knast heraus kommen würde. „Es fängt wieder an zu schneien.“, riss Ben ihn aus den Gedanken. „Dann bringe ich dich jetzt zum Krankenwagen. Du wirst mitfahren!“ befahl Ben. „Was?“ kam erstaunt von Semir. „Es schneit. Ich bringe dich zum Krankenwagen und dann geht’s in Krankenhaus. Das ist diese Einrichtung wo Verletzte behandelt werden.“ erklärte Ben sachlich. Semir nickte nur und ging mit Ben an der Chefin vorbei. „Ich erwarte einen ausführlichen Bericht darüber, was passiert ist.“, forderte sie. Unmerklich rollte der Deutschtürke mit den Augen. Warum musste sie gerade jetzt wieder in ihr altes Muster zurückfallen? „Aber erst einmal Krankenhaus!“ meinte sie dann und legte ihm kurz ihre Hand auf die Schulter. Der Kommissar nickte nur und humpelte mit Ben zum Krankenwagen wo der Arzt sich ihm gleich annahm.

    Andrea stand nur wenig später in der Ambulanz und wartete auf Ben und Kim, die schon auf dem Weg ins Krankenhaus waren. Semir war bereits im OP und wurde dort behandelt. Endlich kamen Ben und Kim. „War der Arzt schon draußen?“, wollte Ben wissen. „Nein. Sie operieren ihm gerade die Kugel raus. Wisst ihr wie es Alex geht?“, stellte Andrea die Gegenfrage. Ben schüttelte den Kopf. „Es sah schon vor Ort nicht besonders gut aus.“, gab er zu verstehen. „Weiß seine Frau schon Bescheid?“, kam die nächste Frage von Andrea. „Noch nicht. Ich fahre gleich hin.“, mischte sich nun Kim ein. Die Tür ging auf und das Bett mit Semir wurde herausgefahren. Sofort stand Andrea am Bett und griff seine Hand. Semir lag noch in Narkose. „Wie geht es ihm?“, wollte sie von dem Arzt wissen. „Soweit ganz gut. Die Kugel hat nur Muskelschaden angerichtet. Das heilt schnell genau wie die anderen Blessuren die er davon getragen hat. Der Kiefer braucht etwas länger. Ein kleiner Bruch, den wir aber schnell reparieren konnten.“, beruhigte sie der Arzt. „Wie lange muss er hier bleiben?“, kam nun von Ben. „Nun drei bis vier Tage sollten wir ihm geben. Er muss sich schonen. Und ich denke das kann er hier am Besten.“, schlug der Arzt vor. Andrea nickte. „Das wird er auch. Dafür werde ich schon sorgen.“, versprach sie. „Was ist mit Herrn Hoffmann? Wo ist er hingebracht worden?“, wollte Kim von dem Doc wissen. „Er liegt auf der Intensivstation. Herr Hoffmann liegt im Koma.“, verkündete der Mann in Weiß.

    Semir sah die Arbeiter an. „Wenn Sie mich nicht aufgehalten hätten, dann hätte ich meinen Kollegen retten können Verdammt noch mal!!“, fauchte er den an, der ihn festgehalten hatte. „Wir können doch nicht wissen, dass Sie von der Polizei sind…und diese Fahrzeuge kosten ein Vermögen…da kann nicht jeder ran…“, entschuldigte sich der Mann. Semir nickte nur. „Schon gut…haben Sie ein Fahrzeug, was wir nutzen können?“, wollte er wissen. „Ja…mein Benz steht dort hinten…ist nicht das neueste Modell aber es macht gut 200 Sachen…“, erklärte der Kollege und wies auf einen blauen Mercedes. Semir strahlte. Genau so ein Fahrzeug hatte Tom Kranich, sein toter Freund immer gefahren. Den Wagen kannte er und er wusste auch, wie er so ein altes Modell wieder Leben einhauchte. „Gut… dann ist er jetzt beschlagnahmt. Die Schlüssel!“, forderte er. Sofort holte der Mann die Schlüssel heraus und in gleicher Minute rannten Semir und Sven zum Wagen. Als sie losfuhren heulte der Motor so schmerzhaft auf, das der eigentliche Besitzer Tränen in den Augen bekam. „Ich hoffe, ich sehe ihn wieder.“, sagte er leise zu seinem Kollegen. Dieser lachte leise. „Vielleicht bekommst du eher einen neuen…der Typ scheint keine Rücksicht darauf zu nehmen, das der Wagen schon viele Jahre auf den Buckel hat. Wie der den treibt….aber wer weiß…vielleicht braucht der Wagen das ja….“, grinste er nur. „Mach du nur Scherze….weißt du was der Wagen für einen Erinnerungswert hat? Meine Tochter ist dort zur Welt gekommen…das kann mir keiner bezahlen…“, maulte der Mann und ging traurig in die Bauhütte.

    „Verdammt…die sind sicher schon weit weg…“, fauchte Semir. Sie hatten sich viel zu lange aufhalten lassen. „Tut es noch weh?“, wollte Sven wissen. Semir sah ihn irritiert an. „Was denn?“, wollte er wissen. „Der Hals…der Kerl hat ja doch ziemlich zugedrückt.“ „Na...geht schon. Ich kann dem Mann nicht mal einen Vorwurf machen. Er hat ja Recht. Solche Fahrzeuge sind extrem teuer und ich würde auch ausrasten, wenn ich dafür die Verantwortung trüge…“, grinste Semir und konzentrierte sich auf die Straße. Sie kamen schnell voran, doch von Ben und Miriam fehlte jede Spur. „Verdammt…“, fauchte Semir und auch Sven schluckte nur. „Wir müssen sie finden. Wie wäre es, wenn wir die Motels abklappern und die Restaurants an der Autobahn. Vielleicht hat jemand was gesehen oder gehört.“, knurrte Sven. Semir nickte. „Ich hab noch eine andere Idee.“, grinste er, holte sein Handy heraus und rief Susanne an. „Susanne ich bins….finde so schnell wie möglich heraus, welche Konten Bronner und Gassendörfer bei welcher Bank haben, lass sie sperren und lass dir die letzten Abhebungen mit der Kreditkarte zeigen! Alles bitte Pronto!“, forderte Semir die Sekretärin auf. „Semir…die Chefin wartet auf euch. Lars Schleicher hat sie über alles informiert!“, gab Susanne zurück. „Ich kann jetzt nicht…ich verfolge Miriam Bronner. Sie hat Ben in ihrer Gewalt und ist zu allem bereit!“, kam von Semir. Sicher war die Chefin nicht begeistert, wohin dieser Fall nun wieder geführt hatte, aber es war ja nicht seine oder Bens Schuld. Noch die der Kollegen Schleicher und Reuchner…

    Miriam wusch sich und sah noch einmal auf ihre Geisel. „Ich werde mir jetzt was zu Essen gönnen…willst du auch was?“, fragte sie. Ben Jäger nickte. „Was?“, harkte sie nach. Doch Ben konnte nicht antworten. Miriam löste das Pflaster jedoch nicht und grinste ihn an. „Gut…dann nicht…“, lachte sie und wollte rausgehen. Ben fauchte sie wütend an. „Oh…werden wir böse…? Soll ich mein Gewehr doch mal ausprobieren? Wo willst du die Kugel hinhaben?“, wollte sie wissen und drückte das Gewehr an Bens Bauch. Dieser versteifte sich sofort. „Wenn ich jetzt abdrücke, dann war es das für dich. Ich hätte dann vielmehr Freiheiten und könnte mich hinbewegen, wohin ich will…ist das nicht toll. Eine kleine Kugel würde meine Probleme lösen…“, lachte sie irre. Ben bekam Angstschweiß auf die Stirn. Sein Haar fing an, am Kopf festzukleben. Diese Irre war doch zu allem fähig. Plötzlich klopfte es. Erschrocken drehte sich Miriam weg und legte das Gewehr unters Bett. „Wer...wer ist da?“, wollte sie wissen. „Der Consierge...ich wollte ihnen nur sagen, wenn sie noch was essen wollen, die Küche macht in einer Stunde zu.“, kam es durch die Tür. „Danke, ich werde sofort ins Restaurant gehen.“, meinte Miriam nur und sah zu Ben, der erleichtert aufatmete. „Hast Glück gehabt, Bulle. Weißt du was, ich werde dich verlassen. Du bist mir auf die Dauer doch zu lästig.“, meinte sie, nahm den Koffer und verließ das Zimmer. Allerdings nicht, ohne das „Bitte nicht stören“ - Schild an den Türknauf zu hängen. Wütend zerrte Ben an seinen Fesseln. Wenigstens war er nun eine Sorge los. Doch, wann würde ihn jemand finden? Der Hausportier machte doch nie mehr nach elf seine Runde und die nächste war nicht vor acht. Verdammt, er saß hier die Nacht fest. Irgendwie musste er Alarm schlagen.

    „Lassen sie meinen Kollegen sofort los.“, schrie Sven Reuchner und hielt dem bulligen Mann seinen Dienstausweis unter die Nase. Dieser besah ihn skeptisch, hatte Semir immer noch im Schwitzkasten. „Na gut...“ Unsanft ging der Deutschtürke zu Boden. „Verdammt, ihretwegen sind sie jetzt weg.“, stieß er sofort aus und sah sich um. Nicht einmal eine Staubwolke war noch erkennbar. „Semir, verdammt, wo sollen wir jetzt suchen?“, fragte Sven nur und half seinem Kollegen hoch. „Ich weiß es nicht. Wir können nur hoffen, dass ein Zeuge das Fahrzeug gesehen hat.“ Wie aufs Stichwort kam ein Arbeiter mit einen roten Kopf an. „Sag mal, Ede...sind das noch zwei Wilde. Vorhin hätte mich so ein Blondchen mit ihrem Jeep fast aufs Korn genommen.“, fauchte der große Laderfahrer. „Nein, das sind zwei Polizisten.“, erklärte Ede. Doch sofort stutzte Semir. „Eine blonde Frau? Wo sind sie hingefahren? In welche Richtung?“, wollte er wissen. Der Fahrer drehte sich nur um. „Aus dem Wald raus. Direkt in Richtung Autobahn nach Mainz.“, erklärte der Mann. „Danke...los Sven, wir müssen hinterher. Vielleicht können wir sie noch einholen.“, stieß Semir aus und rannte zu seinem Wagen. Doch die nächste Überraschung wartete. „Oh nein...mein Wagen...“, stieß er aus. „Tja, damit kommen wir im Moment nicht weit.“, kam es von Sven. Semirs BMW war vorne in vollkommen anderem Zustand. Die Achse war gebrochen und auch die Reifen waren zerschossen. „Verdammt, das wird wieder mächtigen Ärger geben. Aber wie kommen wir hier weg?“

    Miriam wurde immer mehr müde. Mittlerweile war sie schon 200 Kilometer gefahren und sie war sich sicher, dass sie ihre Verfolger weit genug weg war. „So Bulle, ich will jetzt etwas schlafen. Suchen wir uns eine Möglichkeit dazu. Solltest du aber irgendwelchen Blödsinn machen, dann wird es das letzte Mal gewesen sein. Haben wir uns verstanden?“, fauchte sie durch den Rückspiegel. Ben konnte nur nicken. Was sollte er auch schon anderes tun? Die Frau fuhr auf den Parkplatz eines Motels raus und suchte sich einen freien Stellplatz abseits der großen Laternen, doch dicht genug, um ihre Geisel unbemerkt in das Gebäude zu schaffen. Miriam stieg aus, kam nach hinten und zog Ben von der Rückbank. Sie hielt die Waffe fest umschlungen, als sie sich zu den Füßen hinab beugte und die Fesseln durchschnitt. Sie kramte in ihrer Tasche und zog den Schlüssel für die Handschellen hervor. „Ich warne dich. Eine falsche Bewegung und ich blase dir deinen Samenverteiler weg.“, fauchte sie und drückte die Mündung zwischen Bens Beinen. Dieser nickte nur und beugte sich soweit vor, dass Miriam die Handschellen aufschließen konnte. Ben rieb sich langsam die Handgelenke und blieb angespannt sitzen. „Los, die Jacke aus und her damit.“, forderte Miriam nur. Langsam tat Ben, was sie verlangte. „Gut, und jetzt, wenn ich dir das Pflaster abnehme, will ich keinen Ton hören. Du weißt, was dann passiert, oder?“, fragte sie nur. Der junge Hauptkommissar nickte wieder. Mit einem schnellen Ratsch wurde das Pflaster entfernt. „Ahhhhh...“, stieß Ben aus. „Ruhe...los, die Hände wieder auf den Rücken.“ Miriam befestigte die Handschellen wieder und legte dann Bens Jacke über die Schulter. „Und jetzt ganz langsam vorwärts.“

    Micha saß hinter seinem Tresen und las in seinen Autoblättchen, als die Tür aufging. „Hallo, ich hätte gerne ein Zimmer für die Nacht.“ „Ein Doppelzimmer?“, wollte er wissen, als er die Frau mitsamt deren Begleiter sah. Die Frau dachte kurz nach. „Ja bitte...hier meine Karte.“, meinte sie und legte ihre Visa-Karte auf den Tresen. „Sehr gut...sie haben Zimmer 356.“, erklärte er und reichte die Schlüsselkarte weiter. Dankend nahm die Frau diese an sich und drückte ihren Begleiter zum Fahrstuhl. Micha war so vertieft, dass er die Waffe in dessen Rücken gar nicht bemerkte. „Geben sie doch auf, Frau Bronner. Sie können nicht ewig mit mir auf der Flucht sein.“, stieß Ben aus, als sie in der Einsamkeit der Fahrstuhlkabine waren. „Keine Sorge, deine Reise endet bald. Du hast recht, dich kann ich nicht ewig mitnehmen. Aber eine Nacht wirst du noch mit mir verbringen müssen. Danach werde ich sehen, was ich mit dir mache.“, lachte sie und stieß ihn ins Zimmer, nachdem sie die Karte durch den Leser gezogen hatte. „Los, stillhalten.“ Ben wurden die Handschellen aufgeschlossen und er musste sich an die Heizung setzen. Schon war er fachmännisch mit den stabilen Rohren verbunden und hatte auch wieder das Pflaster auf dem Mund. „Nur um sicher zu gehen, dass ich auch schlafen kann.“, lachte sie. Ben sah sie nur an. Was sollte er schon machen? Sobald er sich bewegte, rasselte die Kette und diese unberechenbare Irre würde ihn...Ben dachte nicht weiter. Er sah, wie Miriam im Bad verschwand.

    Hartmut sah Ben ernst an. „Haben meine Tricks irgendwann mal nicht geklappt?“, fauchte er zurück. „Ich wollte dir nur deutlich machen, dass es hier um alles geht. Wir wissen, das Alex Hoffmann schwer verletzt ist und sicher stirbt, wenn er nicht bald in ärztliche Behandlung kommt und Semir hat auch nichts zu lachen, da drinnen!“, erklärte Ben seinen Standpunkt. „Nun…dann können wir eigentlich loslegen. Stellen wir den Wagen vor die Tür.“, schlug Hartmut vor. Kim Krüger nickte und sah Ben an. „Sie fahren den Wagen vor und öffnen wie gefordert alle Türen. Nun kommt es nur darauf an, dass sie Alex dort lassen und gesunde Geiseln nehmen.“, stöhnte sie. Ben nickte und setzte sich in den Fluchtwagen. Wie gefordert stellte er den Wagen vor die Tür und stieg aus. Er hob seine Hände um zu zeigen, dass er unbewaffnet war. Dann öffnete er die Tür und ging rückwärts zu Kim und Hartmut zurück. Dieser überreichte Ben die Fernbedienung. „Ich glaube, du willst den berühmten roten Knopf drücken.“, meinte er nur. Ben sah ihn an. „Wenn das klappt, wie wir uns das vorstellen, dann gewähre ich dir eine Woche Urlaub auf den Malediven.“, versprach er. Hartmut grinste breit. „Und wie das funktionieren wird.“, versprach er im Gegenzug. „Frau Krüger ich reiche schon mal Urlaub ein.“, wandte er sich an Kim. Diese musste trotz der angespannten Situation lachen. „Der ist auch ohne Zustimmung genehmigt.“, gab sie zurück. Sie nahm das Handy und wählte die Nummer von Ole an. Nur wenig später hörte sie die unpersönliche Stimme. „Der Wagen steht vor der Tür. Nun wird es Zeit, dass Sie auch eine Gegenleistung erbringen!“, erklärte sie mit fester Stimme. „Ja sicher doch….ich werde dafür die Geiseln gehen lassen. Mit Ausnahme von Alexander Hoffmann und Semir Gerkan. Die beiden Herren werden sich noch in meiner Gesellschaft wohlfühlen.“, lachte der Verbrecher. „Das ist nicht Bestandteil Ihrer Forderung und nicht akzeptabel!“, fauchte Kim wütend. In diesem Augenblick fiel ein Schuss und das Gespräch war beendet. Sie sah zu Ben und zu Hartmut. Noch einmal wählte sie die Nummer, doch es ging niemand ran. Was war passiert?

    Semir stand da und rührte sich nicht. Die Waffe in seiner Hand rauchte noch leicht und jeder Blick war auf ihn gerichtet. In einigen Metern entfernt lag Ole und hielt sich das Schlüsselbein. Blut trat aus der Wunde und erschrocken blickte er den Deutschtürken an. „Das war's für dich.“, stieß Semir aus und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie ein anderer Gangster sich rührte. Sofort griff Semir nach Oles fallen gelassener Waffe, hob sie auf, entsicherte sie und richtete sie auf die anderen Männer. „Fallen lassen...oder ich durchsiebe euch wie einen Schweizer Käse.“, zischte er und griff zum Telefon. Er sah auf Dennis, der neben Alexander kniete und kurz nickte. „Chefin...ich bin's. Sie können jetzt reinkommen. Und bringen sie einen Arzt mit.“ „Semir, ist alles in Ordnung mit ihnen?“, fragte Kim. „Ja, mit mir schon, aber Alex Hoffmann braucht Hilfe.“, erklärte Semir und legte auf. Danach ging er auf Ole zu. „So, und jetzt wanderst du für eine lange, lange Zeit ein.“, stieß Semir wütend aus. „Das wirst du mir büßen, Bulle. Ich werde dich irgendwann kriegen. Genau wie ich Alex fertig gemacht hab, werde ich dich fertig machen.“, fauchte Ole und sah dann seinen kleinen Bruder an. „Und dich auch, du mieser Verräter.“, zischte er. Dennis ließ den Kopf hängen, zog sich vorsichtig die Maske vom Kopf und ging zur Tür. Er nahm die Sprengfalle ab und ließ die Polizisten rein. Sofort stürmte das SEK in die Räume und nahm jeden fest, der eine Waffe und eine Maske trug. Es brauchte vier Männer, um Ole abzuführen. Er wehrte sich wie ein Gorilla gegen die Festnahme. „Ich mach dich fertig.“, schrie er Semir immer wieder an. Eine leere Drohung?

    Ben und Kim blickten sich um. „Was, wenn Hartmuts Idee nicht funktioniert?“, dachte er laut und sah seine Chefin an. „Daran möchte ich nicht denken. Wichtig ist, dass wir diese Kerle erst mal in Sicherheit winken.“, erklärte sie und sah zur Auffahrt, als sie einen Wagen ankommen hörte. „Das muss Hartmut sein.“, meinte sie. Es war tatsächlich Hartmut, der mit einem großen Mercedes auf den Parkplatz fuhr, neben Ben und Kim hielt und ausstieg. „Frau Krüger...hier sehen sie die perfekte Falle.“, meinte er stolz und deutete auf den Mercedes. Die Chefin ging einige Male um das Gefährt und sah es sich genau an. „Und? Jetzt machen sie es nicht so spannend. Was ist das Geheimnis?“, fragte sie. Hartmut zückte eine kleine Fernbedienung und reichte sie an Kim weiter. „Dieser Wagen ist die reinste Tränengas- und Nebelwurfmaschine. Wenn sie den Knopf drücken, stoppt der Motor, die Bremsen werden betätigt und zeitgleich eine Menge Nebel- und Tränengas durch die Lüftungsschlitze und die umgebauten Lautsprecher in den Innenraum gepumpt. Das Ganze befindet sich noch in der letzten Entwicklungsphase, aber es sollte funktionieren.“, erklärte er voller Stolz. Ben jedoch war skeptisch. „Sollte? Und was, wenn es nicht funktioniert? Für wie lange werden denn die Insassen geblendet und außer Gefecht gesetzt sein?“, fragte er. „So um die drei bis fünf Minuten. Keine Sorge, Ben...bei jedem Versuch haben die Granaten immer gezündet.“, erklärte Hartmut. „Dann hoffe ich mal für dich, dass es auch dieses Mal funktioniert. Wenn Semir nämlich was passiert, reiße ich dir jedes rote Haar einzeln vom Kopf.“, drohte der junge Hauptkommissar. Hartmut nickte und schluckte. Er wusste, dass es bei Ben keine leere Drohung war, wenn es um Semir ging.

    Dennis Wunsch wurde schon bald erlöst, denn auch Ole musste einmal zur Toilette. Während die anderen sich mit den Mädchen abgaben, die sich unter den Geiseln befanden und anfingen die Frauen zu begrabschen ging er zu Semir Gerkan. „Hören Sie…ich werde ihnen die Fesseln lösen, aber denken Sie dann bitte auch an mich, wenn Sie aussagen, okay?“, wollte er wissen als der Mann sich wieder regte. Mit seinem Messer durchtrennte er das Seil, was Gerkan am Stuhl hielt. Doch dieser schien sich nicht gerade in der Lage zu fühlen, etwas gegen Ole zu machen. „Sorgen Sie dafür das mein Freund rauskommt, bitte…“, kam leise und kaum hörbar von dem Polizisten. „Das geht nicht. Ole ist ziemlich sauer auf ihn. Er wird ihn nicht laufen lassen.“, warnte Dennis ihn. „Wenn er stirbt, dann sind Sie auch wegen Mord dran.“, kam nun kräftiger von Gerkan. „Ich kann mich doch nicht gegen meinen Bruder stellen.“, war die verzweifelte Auskunft. „Sie tun es doch schon, wenn Sie mich befreien. Geben Sie mir eine Waffe….bitte…“, flehte Gerkan. Dennis sah ihn erschrocken an. „Ich habe nur eine kleine Pistole….mit einem Schuss. Aber Sie dürfen Ole nicht töten…“, bat er den Polizisten. Ein leichtes Nicken war zu erkennen. Dennis zog seine kleine Waffe und drückte sie Gerkan in die Hand. „Sie ist bereits entsichert.“, erklärte Dennis. Dann verschwand er schnell wieder in seine Ecke, da Ole bereits zurück kam. „Wie sieht es aus?“, wollte er wissen und ging zum Fenster. Dabei warf er einen Blick auf Alexander Hoffmann der scheinbar immer schwächer wurde. „Warum lässt du ihn nicht hier einfach liegen? Er kann uns so doch gar nicht helfen. Wenn du unbedingt Rache nehmen willst, dann knall ihn hier ab.“, versuchte einer der Komplizen.

    „Scheiße...“, fluchte Miriam und riss den Wagen nach rechts rüber. Ben sah sie triumphierend durch den Rückspiegel an. „Sie sollten besser aufgeben...“ „Vergiss es...und halte deine Klappe.“, fauchte sie wieder und sah sich hilfesuchend umher. Jetzt musste ihr schnell eine Idee kommen. Ansonsten war alles vorbei. Plötzlich bemerkte sie, dass die rechte Leitplanke vollkommen fehlte. Ihr kam eine Idee...querfeldein könnte sie ihren Verfolger vielleicht abschütteln. Immerhin saß sie in einem Geländewagen. So ein Fahrzeug war für die Umgebung vollkommen geeignet. Im Gegensatz zu einem BMW. Sie riss das Steuer rum und ratterte querfeldein über die Wiese. Sie sah in den Rückspiegel und wirklich folgte ihr der BMW. Jetzt musste sie nur noch so eine Strecke finden, wo sie ihre Verfolger abschütteln konnte. Sie raste immer weiter, fuhr am Uferweg des Rheins entlang und bog dann in einen Feldweg ab. Noch immer schien ihr der BMW zu folgen. „Jetzt brauch ich aber sehr viel Glück...“, murmelte sie nur und fand sich im nächsten Moment in einem weitläufigen Steinbruch wieder. Ben wurde auf dem Sitz hin und her geschleudert und machte mit der Tür schmerzhaft Bekanntschaft. „Halten Sie an.“, versuchte er erneut. „Halt deine Klappe!!“, schrie Miriam völlig verzweifelt. Sie raste zwischen den großen Sand- und Steinhaufen herum und umkreiste mehrfach einen Hügel. Der BMW hing noch immer an sie. „Hau ab!!“, schrie sie verzweifelt, doch diese Bitte erfüllte der Mistkerl hinter ihr nicht. Sie fuhr schneller als es eigentlich ging, doch durch den Geländewagen war sie etwas im Vorteil .Er ließ sich besser halten, als der BMW und das bekam der Fahrer in diesem Augenblick zu spüren. Miriam hielt in sicherer Entfernung an und nahm das Gewehr in die Hand. Sie legte an und zielte auf den BMW.

    Semir versuchte den Wagen in der Spur zu halten. Es klappte eine ganze Weile doch dann entschied sich das Schicksal gegen ihn. Semir sah einen großen Stein viel zu spät und als Sven aufschrie, war es zu spät. Der Wagen prallte dagegen, machte einen Satz nach vorn und ließ Semir mit dem Lenkrad zusammen stoßen. „Aua…“, fauchte er. So einfach wollte er nicht aufgeben und stieg aus. Doch kaum stand er vor dem Wagen hörte er ein Sirren und schon schlug eine Kugel dicht bei ihm ein. Semir ging in Deckung. Auch Sven kam aus dem Wagen. „SEMIR!!“, schrie er laut. „Okay….ich bin okay…“, gab Semir als Antwort zurück. Er zog seine Waffe. „Kannst du sie sehen?“, wollte er von Sven wissen. „Nein….verdammt hier gibt es tausend Möglichkeiten sich zu verstecken.“, stieß Sven aus. „Wir müssen sie daran hindern, das Gelände zu verlassen…“, rief Semir ihm zu und sah sich suchend um. Nicht weit von ihm stand eine große Laderaupe. „Gib mir Feuerschutz!“, schrie er und hockte sich hin. Sven richtete sich auf und gab Schüsse unkontrolliert ab. Dennoch schoss niemand zurück. Semir rannte geduckt auf die Raupe zu und nutzte jede Deckung. Er kam an der Raupe an und kletterte hoch. Tatsächlich steckte der Schlüssel im Zündschloss. „Glück muss der Mensch haben.“, knurrte er und startete. Laut brüllte der Motor auf. Semir versuchte die Maschine zu beherrschen, doch bevor er fahren konnte wurde die Tür aufgerissen. „Sind Sie denn wahnsinnig!!“, schrie ihn ein Mann an und zerrte ihn raus. „Warten Sie!! Ich ..ich bin Polizist und hier sitzt eine Wahnsinnige, die auf mich schießt!!“, schrie er zurück und versuchte sich loszureißen. Doch der Mann war wesentlich stärker.

    Miriam sah sich um. Dieser Typen saßen fest. Schnell sprang sie zurück in den Wagen und startete durch. Sie musste hier weg. Schnell weg. „Geben Sie auf…wir können doch alles regeln…“, stieß der Polizist auf dem Rücksitz aus. Miriam sah ihn an, stieg aus und griff erneut in den Verbandskasten. Sie nahm ein Stück Pflaster heraus und riss die Hintertür auf. Mit schnellen Griffen war der Mann nun auch geknebelt. „Sorry, aber dein Gequatsche geht mir auf die Nerven und ich hasse Männer, die reden.“, grollte sie. Wütend ließ sie die Tür wieder zuschlagen und setzte sich hinter das Steuer. Dann fuhr sie ab. Sie sah in den Rückspiegel. Nichts von Verfolgern zu sehen. Triumphierend lachte sie auf. „Die sind weg…“, meinte sie nur und raste zum nächstmöglichen Ausweg aus dem Labyrinth von Sand und Stein. Doch bevor sie es schaffte, sah sie plötzlich eines der Arbeitsfahrzeuge auf sich zukommen. Verdammt…nein…das durfte nicht sein…dachte sie und wich dem Monster von Fahrzeug aus. Sie raste auf einen kleineren Weg, wo das große Ding nicht hinkam. „Ja…das ist der Nachteil bei dem großen….“, lachte sie erneut und raste weiter. „Mmmhmm….“, kam von der Rückbank. „Ruhe!“, fauchte sie zurück und konzentrierte sich auf die Strecke. Doch auch sie übersah einen Stein und das Fahrzeug sprang darüber. Miriam erschrak sich und verriss das Lenkrad. Der Wagen schlingerte. Nur mühsam gelang es ihr die Kontrolle wieder zu bekommen. Das Glück blieb ihr treu und sie schaffte es. Sie gab weiter Gas und sah immer wieder in den Rückspiegel. Diesmal war kein Verfolger zu sehen. „Siehst du…ich hab es geschafft…. Die sind weg. Ich bin die Beste.“, lachte sie irre. Ben bekam einen eiskalten Schauer. Er überlegte, wie er dieser Irren entwischen konnte. Doch mit den Handschellen auf dem Rücken ging das schwer. Er konnte nur auf Semir hoffen.

    „Semir! Wie geht es Ihnen? Sind Sie in Ordnung?“, hörte er Kim fragen. Er wollte antworten, doch Ole zog das Handy weg und beendete das Gespräch. „Sehr schön gemacht…“, lobte er Semir. Doch dieser sah ihn nicht an. Ole war jedoch kein Gegner, der sich so einfach davon schlich. Er hockte sich neben Semir hin. „Was meinst du, wie lange Alex es noch macht? Ich habe mir soeben folgendes überlegt. Er wird uns begleiten. Und dann werde ich ihn töten. Aber ich denke, er wird eh sterben. Warum sollte ich mir also die Finger dreckig machen? Findest du nicht auch, das er was Besseres verdient hat. Ich denke wir sollten ihn bei voller Fahrt aus dem Auto werfen. Wenn er Glück hat, dann bricht er sich das Genick beim Aufprall oder ein LKW überfährt ihn.“, grinste er Semir an. Dieser wandte den Kopf und sah zu Alex. Er schien wieder in tiefer Bewusstlosigkeit gefallen zu sein. „Nehmen Sie mich mit…ich mache keine Schwierigkeiten.“, bat er leise. Für Alex hätte er vieles getan. Genau wie Alex es für ihn bisher gemacht hatte. Semirs Erinnerungen schweiften ab in die Vergangenheit. Er sah sich auf einer Bombe sitzen und dachte kurz darüber nach, welcher Fall das war. Richtig….der Fall wo er den Bankräuber gejagt hatte und dieser ihn in seine Gewalt brachte. Die Bombe an die er gebunden war, hatte einen Zeitzünder und die Uhr lief erbarmungslos ab. Semir hatte mit dem Leben abgeschlossen. Bis jedenfalls dieser junge SEK-Leiter kam, sein Leben riskierte und Semir von diesem Stuhl zog, nachdem er den Gangster niedergeschossen hatte. Semir verdankte ihm viel. Und jetzt wollte er das Gleiche für Alex tun.

    Ole sah den Deutschtürken nur an und lachte auf. „Wie? Du willst dich opfern? Wie nobel...“, lachte er und schlug dem Deutschtürken mit der Faust in die Seite. Semir ächzte auf und blickte den Gangster mit bitterer Miene an. „So werden sie mich nicht fertig machen können...“, keuchte er. „Ach nein? Soll ich mir dann lieber eines der Kinder vornehmen? Wie wäre es mit dem da hinten?“ Ole deutete auf einen Jugendlichen von etwa 16 Jahren, der zwar groß aber mehr schmächtig als kräftig war. Dieses Kerlchen würde den Schlägen dieses Gangsters nicht viel entgegen zu setzen haben. „Lassen sie die Kinder in Ruhe...“, fauchte Semir und zerrte an den Fesseln herum. „Gut, dann nehm ich mir halt dich weiter vor.“, meinte Ole und schlug auf Semir ein, bis sich dieser nicht mehr rührte und regungslos in seinen Fesseln hin. Blut lief aus der Nase und der aufgeplatzten Unterlippe, benetzte den Pullover. Große Risse zeichneten sich im Gesicht ab, denn der Gangster hatte nicht nur mit der Faust sondern auch mit dem Waffenlauf zugeschlagen. Einer war gefährlich dicht am Auge entlang gegangen und hatte das Sinnesorgan nur knapp verfehlt. „So und jetzt halt die Klappe oder die nächste Runde bringt dich ins Grab hinein.“, fauchte Ole und ging zu Dennis, der das alles mit Fassungslosigkeit beobachtete. „Was? Hast du etwa Mitleid mit dem Bullen?“, stieß Ole wütend aus, als er den Ausdruck in den Augen seines kleinen Bruders sah. Ehe Dennis antworten konnte, wurde er am Kragen gepackt und sein Bruder zog ihn dicht an sich. „Solltest du auf dumme Gedanken kommen, vergiss es lieber. Du würdest hier nicht lebend herauskommen.“, zischte er. Dennis nickte eingeschüchtert, doch er wusste auch, unternahm er nichts, würde er für jedes weitere Opfer mit zur Verantwortung gezogen werden. Ewig wollte er im Knast nicht verfaulen. Vielleicht ergab sich eine Gelegenheit mit dem Bullen allein zu sein, dachte er.

    Semir sah den Beiden nach, als sie den Raum verließen. Verdammt…eine Geiselnahme hatte gerade noch gefehlt. „Lars? Ist alles okay?“, wollte er besorgt von dem jungen Kollegen wissen. „Geht so…mir wird übel.“, stieß dieser aus. „Versuchen Sie auf jeden Fall wach zu bleiben. Haben Sie Schlüssel für die Handschellen in der Tasche?“, harkte Semir nach. „Nein, die…die hat Sven…“, kam mühsam zurück. „Super, das läuft ja wieder perfekt…“, stöhnte Semir und lehnte sich zurück. Ohne Schlüssel bekam er die Schellen nicht auf. Seine waren in der vorderen Tasche, aber da kam er nicht ran. Bis die Kollegen ihn vermissten vergingen wertvolle Stunden. Plötzlich hörte er ein Stöhnen. „Sven?“, fragte er vorsichtig. Tatsächlich hob Reuchner den Kopf. „Ich…oh verdammt…“, stieß er aus. „Sven?“, wiederholte Semir. „Semir?“, kam von dem Mann zurück. Er richtete sich langsam auf. Erstaunte Augen von Lars und Semir waren auf ihn gerichtet. „Ich…komme….“, kam es von ihm und er erhob sich. Sein Shirt rutschte hoch und gab eine Schutzweste frei. Semir schloss erleichtert die Augen. Er wusste, dass Reuchner wie er Familie hatte und eben erst Vater von Drillingen geworden war. Taumelnd kam Sven auf die Beiden zu und löste die Fesseln. Semir rieb sich die Gelenke. Er drückte Sven das Handy in die Hand und sah ihn an. „Kümmern Sie sich um Lars und sorgen Sie dafür, dass die Spurensicherung hier alles bearbeitet. Ich werde meinen Partner zurückholen…“, befahl er. Sven sah ihn an. „Gegen dieses schießwütige Weib haben Sie allein keine Chance.“, gab er zu bedenken. Lars räusperte sich. „Ihr holt sie euch und befreit Jäger. Ich rufe mir selbst einen Arzt und die Spusi…“, lächelte er leicht fahrig. Semir sah Sven an, kniff sein linkes Auge zu und nickte. „Also gut, Partner…“, grinste er. Schon war er mit Sven aus der Tür und nahm die Verfolgung auf.

    Miriam fuhr in ihrem Geländewagen über die Autobahn. Immer wieder sah sie in den Rückspiegel. Ben lag auf der Rückbank, die Füße mit Klebeband aus dem Erste-Hilfe-Kasten gefesselt und bis zum Hals in eine Decke eingehüllt. „Frau Bronner, geben sie endlich auf. Sie haben keine Chance. Meine Kollegen....“ „Halt endlich deine Klappe. Ich kann dein Gesülze nicht mehr ertragen.“, fauchte Miriam und warf etwas nach hinten, traf Ben unglücklich im Bauchbereich. Er stöhnte auf und war ruhig. Miriam blickte wieder nach vorne. Doch immer wieder sah sie nach hinten und versuchte, einen Verfolger auszumachen. Aber noch schien sie niemand hinter ihr her zu sein. „Deine Kollegen scheinen uns nicht zu folgen.“, lachte sie und blickte wieder nach vorne. „Keine Sorge...“, murmelte Ben. „Dich kriegen sie auch noch.“ Miriam sah immer wieder in die Spiegel. Aber auch in ihrem Kopf arbeitete es. Wo sollte sie mit ihrer Geisel hin? Sollte sie ihn auf dem nächsten Parkplatz einfach aussetzen und dann alleine weiterfahren? Sie konnte doch nirgends unterkommen, ohne ihn mit sich zu ziehen. Da fiel ihr ihre Tante ein. Sie wohnte doch ganz einsam, im Süden Deutschlands am Bodensee. Das war doch die Idee. „Wir werden eine wunderbare Reise machen. Vielleicht setze ich dich unterwegs aus.“, knirschte sie nach hinten. Ja klar, dachte Ben nur. Er wusste, dass, sobald sie ihn nicht mehr brauchte, ihn töten würde. Es sei denn, Semir würde an ihnen kleben. Wie aufs Stichwort schien Miriam zu fluchen. Ben versuchte, den Kopf zu heben und einen Blick nach hinten zu erhaschen. War da wirklich Semir?

    Semir und Sven rauschten auf der linken Spur wie eine Rakete mit Höchstgeschwindigkeit. Sven, diese Geschwindigkeiten nicht gewöhnt, klammerte sich an den Sitz und den Türgriff. „Ganz schöne Geschwindigkeit.“, waren die einzigen Worte, die er rausbrachte. Semir sah ihn mit einem Grinsen an und rauschte weiter. Das Pedal war schon bis zum Anschlag durchgetreten und auch die Nadel des Umdrehungsmessers schien sich fast durchzubrechen. „Keine Sorge, mein Wagen ist das gewöhnt. Der hält einiges aus. Ich bin sicher, wir sehen sie gleich und dann werden wir sie festnageln.“, kam es nur von Semir. Sven nickte und sah dann einen Mercedes Geländewagen vor. „Da...da vorne sind sie...“, stieß der Kölner Kommissar aus. „Sehr gut...dann holen wir jetzt meinen Kollegen da raus.“, fauchte Semir nur und ließ die Lichtanlage aufleuchten. Der Mercedes schnellte aus der Reihe, fuhr auf den Standstreifen und raste rechts an allen Fahrzeugen vorbei. „Verdammt...wir müssen schnell was tun.“, knurrte Semir. Sven sah ihn fragend an. „In vier Kilometern kommt eine Baustelle. Die Fahrzeuge müssen alle auf die linke Spur rüber, weil dort das Geländer und der Standstreifen auf einer Brücke erneuert wird. Wenn wir den Mercedes nicht stoppen können, dann landet er mit Ben im Rhein.“, stieß Semir nur aus. Erschrocken griff Sven zum Funkgerät und gab ihre Position und die bevorstehende Situation durch. Doch es sollte nichts nützen.

    „Dann streng dich mal an. Wenn du mich glücklich machen willst, solltest du dich ins Zeug legen.“, lächelte Andreas und wies auf die Zutaten und den Herd. Miriam fühlte sich, wie vor den Kopf gestoßen. Wie konnte dieser liebenswerte Mann, eine Kanone im Bett, so ein machohafter Chauvinist sein? „Andi, wie...wie kannst du das von mir verlangen?“, fragte Miriam nur und zog sich langsam wieder an. Ihre sexuell präsentierte Überraschung war vollkommen vergessen. Die Art des Mannes ließ sie erschaudern. „Also los...in ein paar Stunden will ich essen und danach werde ich dich nehmen. Ob du willst oder nicht.“, lachte Andreas, nahm sich einen Apfel und biss herzhaft hinein. Miriam konnte nicht anders. Sie verließ die Küchenzeile und ging ins Wohnzimmer. Die tiefste Wut stieg in ihr auf. Ihre Augen blickten auf den vor ihr befindlichen Waffenschrank. „Wo willst du hin? Du sollst mir das Essen machen?“, fauchte Andreas und packte Miriam am Arm. „Ich werde nicht deine Sklavin sein.“, fauchte sie. „Ach nein?“ Im nächsten Moment landete seine flache Hand im Gesicht von Miriam. Sie erschrak, fiel zur Seite und hielt sich die brennende Wange. „Du wirst machen, was ich sage. Hast du mich verstanden?“, knurrte Andreas und holte erneut aus. Eine Rauchwolke stieg auf und Blut schoss an die Wand. Der Körper von Andreas Gassendörfer schlug auf den Boden auf. Die Hand, eben noch zum Schlag gegen seine Bettgespielin erhoben, fiel seitlich von ihm. Erschrocken wischte sich Miriam das Blut aus dem Mundwinkel. „Du wirst mir nie wieder was sagen.“, fauchte sie. Dann hörte sie eine Autotür zuschlagen. Sofort ging sie in eine Nische und wartete. Das konnte nur die Polizei sein.

    „Habt ihr das gehört? Das war doch ein Schuss oder?“, stieß Lars sofort aus und zückte seine Waffe. Die anderen nickten nur. Ben sah sich um. „Reuchner und ich gehen über die Terrasse. Semir und Lars durch die Vordertür. Semir gefiel die Anweisung seines Kollegen überhaupt nicht, aber er nickte zustimmend. Lars und er machten sich zur Vordertür auf. „Okay...auf drei?“, fragte der junge Kollege. Semir nickte und zählte lautlos ab. Lars wartete, bis sich der dritte Finger hob und zog das Bein durch. Mit einem Knall flog die Tür auf. Sofort waren zwei Schüsse zu hören. Die beiden Kommissare gingen in Deckung. Semir sah eine Blutspur auf dem Boden. Langsam schlich er zum Türrahmen und gab Schleicher ein Zeichen. Dieser nickte und warf sich in den Raum. „Stehen bleiben...oder ich erschieße ihn.“, kreischte eine Stimme. Semir riss die Augen auf, als er Ben mit einer Platzwunde am Kopf sah. Seine Hand war blutverschmiert. Am Boden lagen zwei leblose Körper. Einen konnte er deutlich Reuchner zuordnen. Der andere musste dann Andreas Gassendörfer sein. „Frau Bronner, machen sie doch keinen Unsinn. Lassen sie meinen Kollegen frei.“, forderte Semir und hob seine Waffe hoch. „Halten Sie die Klappe.“, schrie Miriam. „Los, Waffen weg und rüber zur Heizung.“, forderte sie. „Okay….ganz ruhig…hören Sie, lassen Sie uns reden….“, versuchte Semir. Immer noch hielt er seine Waffe in der Hand. „Die Waffe weg!!“, schrie Miriam hysterisch. Sie nahm die Waffe kurz von Bens Kopf und gab einen Schuss ab. Dicht vor Semirs Füßen drang die Kugel in den Boden. „Okay…okay…bleiben Sie ruhig…“, gab Semir zurück und machte einen kleinen Sprung zur Seite. Seine Waffe warf er zu Boden.

    Ben war benommen aber er bekam mit, was mit ihm geschah. Der Druck den der Waffenlauf an der Stirn verbreitete schmerzte. „Hören Sie…lassen Sie uns reden….ich verspreche Ihnen, dass wir eine Lösung finden.“, hörte er Semir sagen. „Semir…“, stieß er aus. „Haltet die Klappe!! Alle Beide!!“, kreischte Miriam. Ben hätte sich bei der keifenden Stimme am liebsten die Ohren zugehalten. „Du halt ganz still. Ich drücke ab. Niemand wird mich aufhalten…“, fauchte Miriam in sein Ohr. Ben sah wie Semir und Lars immer weiter an die Heizung gingen. „Los! Runter!!“, fauchte Miriam die Beiden an. Auch diesen Befehl führte sie aus. Miriam brachte ihren Mund an sein Ohr. „Und nun wirst du die beiden fesseln und dann werden wir den Ort hier verlassen.“, forderte sie ihn an. „Sie können mich mal. Geben Sie auf! Sie haben keine Chance.“, stieß Ben aus. Er wollte sich nicht der Gewalt beugen, doch Miriam belehrte ihm, dass es Besser wäre, wenn er tat, was sie verlangte. Sie richtete die Waffen auf Lars und drückte eiskalt ab. Lars schrie auf, als die Kugel in seinem Bein landete. „Tu es! Die nächste Kugel sitzt höher…“, warnte sie ihn. „Okay…okay...“, stieß Ben aus und als Miriam ihn losließ, tat er, was sie verlangte. Zunächst machte er Lars an der Heizung fest. Die Hände sollten auf den Rücken gebunden werden. Ben sah, wie sehr er blutete. „Tut mir Leid…“, sagte er nur. „Halt hier keine Reden!! Los den Anderen auch!“, fauchte Miriam und drängte zur Eile. Ben wandte sich an Semir. Als er ihm die Fesseln anlegen wollte kam Miriam dazu und presste Semir nun die Waffe an den Kopf. „Wenn du einen Trick wagst dann wird er sterben.“, raunte sie Ben zu. Dieser schluckte nur. Auch Semir wurde an die Heizung gebunden. „Und nun die Schlüssel zu mir!“, forderte Miriam auf. Ben reichte ihr das Paar. „Deine Handschellen wirst du dir nun selbst anlegen….auf den Rücken!“, gab sie den nächsten Befehl.

    Thomas Brandt sah zum Restaurant hinüber. „Wir müssen doch irgendwas tun. Ich kann nicht einfach so dasitzen und Däumchen drehen.“, erklärte er mit Wut im Bauch. „Ich versteh sie, Thomas.“, erwiderte Ben und nickte. Er mochte zwar Tatendrang aber hier war es wichtig sie auch sinnvoll einzusetzen. „Aber wir brauchen einen gut durchdachten Plan, wie wir diese Kerle überlisten. Haben sie eine gute Idee?“ wollte er von Thomas wissen. „Was? Wieso fragen sie mich das? Ich dachte, sie haben eine, wenn sie mich schon bequatschen.“, zischte der Mann in der schwarzen Uniform. Kim und Ben sahen sich nur an. „Herr Brandt...ich denke, ich habe da eine Idee.“, meinte Kim und sah zum Restaurant hinüber. „Wir werden den Wagen stellen, den sie wollen. Und...wir werden den Motor so präparieren, dass wir per Fernsteuerung ihn wieder ausstellen und den Wagen steuern können.“, erklärte sie und griff zum Telefon. Thomas sah sie erstaunt und gleichzeitig fragend an. „Aber wie? Solche Technik gibt es doch noch nicht.“, stieß Brandt aus. „Seien sie sich da nicht so sicher. Wir kennen da einen Mann, der so ein Spielzeug durchaus in seiner Vitrine hat uns es uns nur allzu gerne überlässt, wenn er hört, wofür wir es brauchen.“, meinte Kim und wählte Hartmuts Nummer. „Chefin, beeilen sie sich. Wir haben nur noch anderthalb Stunden.“, mahnte Ben. „Wer stört?“ war am Handy zu hören. „Kim Krüger hier… Hartmut… ich brauche sie bei einer Geiselnahme.“ gab Kim Krüger durch.

    Hartmut verdrehte die Augen, als sein Handy anschlug. „Wer stört?“, fragte er locker nach. „Kim Krüger hier…Hartmut…ich brauche sie bei einer Geiselnahme. Oder besser gesagt…als Techniker. Ist es möglich einen Wagen so zu präparieren, dass man per Fernbedienung den Motor absterben lassen kann?“, fragte sie. „Ähm…Frau Krüger…guten Abend…ähm..nun ja….machbar ist vieles. Nur müsste ich auch wissen welche Entfernung das Fahrzeug zurück legen soll bis es eingeschaltet wird.“, gab Hartmut zurück. „Sagen wir zehn Meter…das reicht aus. Der Wagen soll dann stehenbleiben und sich nicht mehr zünden lassen.“, erklärte Kim Krüger weiter. „Hmmm…verstehe. Darf ich fragen für was Sie den Wagen einsetzen? Und was für ein Typ?“, harkte Hartmut nach. „Es ist der BMW von Semir.“, kam von Kim. „Ich verstehe….gut…also den BMW könnte ich in gut vier Stunden so hinbekommen, dass es klappt.“, bestätigte er. „Wir haben nur 90 Minuten..“, gab Kim bekannt. „In 90 Minuten? Das ist nicht zu schaffen. Das geht absolut nicht. Sorry Chefin…aber da müssen Sie sich etwas anders einfallen lassen.“, lehnte Hartmut ab. „Ich verstehe…danke….“, sagte Kim leise. Hartmut hörte wie enttäuscht sie war. „Es tut mir wirklich leid…aber ich kann nicht zaubern…“, hängte er noch einmal an. „Danke Hartmut….ich hatte nur gehofft das wir es damit hinbekommen….“ hörte er Kim sagen. Hartmut bekam eine andere Idee, wie er ihr dennoch helfen konnte.

    Semirs Kinn schmerzte gewaltig. Er hatte große Angst, dass es völlig kaputt war. Zumindest hatte er zwei ziemlich lockere Zähne in der unteren Zahnreihe. Dämliches Schwein…dachte er nur. Er sah Ole an, der auf die Uhr schaute. „So…dann wollen wir mal sehen, ob unsere Forderung erfüllt ist.“, grinste er. Er sah aus dem Fenster. Doch dort stand kein Wagen. Fluchend griff Ole zum Telefon. „Wo ist der Wagen?“, fauchte er sofort los. „Es gibt Probleme. Der Wagen steht im Stau. Es wird noch ungefähr 20 Minuten brauchen.“, hörte er die Frau sagen. „Pass mal auf, Süße…wenn ich den Wagen nicht innerhalb der nächsten zehn Minuten vor der Tür habe, dann werde ich ein Baby erschießen….das ist keine hohle Drohung…das kann Ihnen Ihr Kollege bestätigten.“, drohte er wütend. Semir sah ihn kommen und drehte sein Gesicht weg. Noch ein Schlag würde sein Kinn sicher nicht aushalten, doch Ole hatte scheinbar nicht vor ihn zu schlagen. Er hielt ihm das Handy ans Ohr. „Sag deiner Freundin da draußen, dass ich es ernst meine!“, forderte er ihn auf. Semir nickte vorsichtig. „Chefin….die Kerle spielen nicht…sie …haben bereits ein Kind getötet.“, kam nuschelnd von ihm.

    Andrea sah auf die Uhr. Es war schon wieder sechs am Abend und von Semir fehlte wie immer jede Spur. Dabei hatte er doch versprochen sie zum Arzt zu fahren. „Na komm Ayda…und Emelie…wir müssen dann mal los. Der Papa ist ja wieder nicht da…“, stöhnte sie. Gemeinsam mit den Kindern verließ sie das Haus. Es stand die U7 für Emelie an. Eine wichtige Untersuchung und Semir wollte dabei sein. Andrea nah ihr Handy hervor und wählte die Nummer ihres Mannes an, doch niemand nahm ab. „Wo steckst du denn schon wieder?“, fauchte sie und strich sich über den schon prall gewölbten Bauch. Mittlerweile war der achte Monat ihrer Schwangerschaft angebrochen. Im neuen Jahr würde das kleine Kind in ihrem Bauch ihre Familie bereichern. Wie sie und Semir das finanziell stemmen sollten, davon war noch keine Rede. Mit drei Kindern in einem so kleinen Haus. Das konnte auf Dauer nicht gut gehen. Sie mussten umziehen. Doch woher das Geld nehmen? Ein Zweitjob? Nein...das würde nicht gut gehen. Semir war doch schon jetzt kaum zu Hause. ...vielleicht sollte Andrea dann wieder arbeiten gehen. Nein...das ging ja dann mit dem dritten Kind auch nicht. Wer sollte auf das Kleine aufpassen? Das war alles so kompliziert, dachte sie nur und sah dann wieder auf das Telefon. Noch immer war Semir nicht zu erreichen. „Wo steckt der Kerl denn?“, fauchte Andrea und blickte zu ihren Beinen hinunter, wo sich Felix schnurrend um ihre Beine schlang. „Tja, dann pass mal bitte auf das Haus auf, während ich mit den Kindern unterwegs bin.“, erklärte Andrea, nahm ihre beiden Kinder und fuhr davon.

    Semir sah zur Seite, als er ein leises Stöhnen vernahm. Seine Augen erhellten sich, als er bemerkte, dass Alex langsam wieder zu sich kam. „Se...Semir...wo...wo sind wir?“, keuchte der Mann und versuchte, sich aufzurichten. „Nicht...bleib liegen. Wir sind immer noch im Restaurant.“, zischte Semir leise, aber auch so laut, dass Alex ihn hören konnte. Dieser schien wirklich zu verstehen. Er nickte und ließ seinen Kopf langsam wieder sinken. „Wie...wie sieht die Situation aus?“, fragte er vorsichtig. Semir blickte sich um. „Drei stehen am Fenster...die beiden anderen sind glaub ich hinten.“, erwiderte Semir, doch im nächsten Moment packte ihn eine Hand brutal im Nacken. „Was quatscht du hier rum, Bulle?“, fauchte Ole und blickte dann auf Alex. „Ohhhh...sieh mal einer an...der Alex ist wieder wach.“, höhnte er und kniete sich neben den SEK-Leiter. Semir riss an seinen Fesseln und zerrte am Stuhl herum. „Lass ihn zufrieden, du verdammtes Arschloch.“, zischte Semir. Schlagartig holte Ole mit der Maschinenpistole aus und verpasste dem gefesselten Deutschtürken einen harten Schlag mit dem Waffenlauf. Der Kommissar glaubte zu spürte wie ihn der Unterkiefer splitterte, sich in seinem Mund Blut sammelte und sich mit dem Speichel mischte. Wütend spie er das Gemisch dem Gangster auf die Maske. Ole schrie auf und packte Semir am Kragen, hielt ihm die Maschinenpistole unters Kinn. „Ich brauche nur abdrücken und du bist nur noch als Dönerspieß zu verwenden. Ich erlös dich gerne.“ Ole kochte vor Wut und Semir konnte dies deutlich an den funkelnden Augen sehen. „Sie...sie werden damit niemals durchkommen.“, versuchte Semir es erneut. „So? Das wollen wir doch mal sehen...“, lächelte Ole und zielte mit der Waffe auf Alex. „Und jetzt sag es mir noch mal.“, forderte er.

    Dr. Peter Kamp stieg aus. „Meine Herren, was soll das denn?“, fragte er nun etwas gefasster und wütend. „Wir bitten Sie uns auf die Wache zu begleiten.“, erklärte der zweite Mann. „Warum? Ich habe nichts getan!“, widersprach Kamp sofort. „Oder haben Sie etwa einen Haftbefehl?“, hängte er fragend an. „Warum sollten wir denn einen Haftbefehl haben, wenn Sie doch wie Sie sagen nichts getan haben?“, wollte Gerkan wissen. „Ich...was soll wollen Sie?“, fauchte Kamp ihn wütend an. „Herr Kamp, wir können auch einen Durchsuchungsbefehlt für ihre Kanzlei erwirken. Das dauert nicht lange, aber ich denke Sie sollten sich doch kooperativ zeigen. Finden Sie nicht, dass es besser für Sie wäre? Wir können natürlich die Kollegen der Steuerfahndung mit hinzuziehen…“, schlug nun der Mann, den Gerkan mit dem Namen Reuchner vorgestellt hatte, in die gleiche Kerbe. „Aber meine Herren, ich denke, das, was wir zu besprechen haben, lässt sich im kleinen Kreis besprechen. Warum fahren wir nicht zurück in meine Kanzlei und trinken einen Kaffee zusammen?“, bot Kamp plötzlich an. Die Polizisten sahen sich an. „Wir ziehen die Wache vor. Bitte kommen Sie. Schließen Sie den Wagen ab und dann fahren Sie mit uns. Nach dem Gespräch werden wir Sie hier wieder absetzen.“, beharrte Schleicher auf den ersten Befehl. „Also gut….dann eben auf der Wache. Meine Herren…Sie werden aber auf jeden Fall eine Anzeige wegen Verkehrsgefährdung von mir bekommen. Wo kommen wir denn da hin, wenn die Polizei sich wie Rowdys benehmen…“, kam von Kamp, der sich immer mehr fasste. „Dorthin, wo sich Steuerberater mit Steuerhinterziehung hinbewegen.“, grinste Jäger. Kamp schluckte sichtlich.

    „Das ist doch absurd!!“, fauchte Kamp nur wenig später als er in der Wache saß. „Dann sagen Sie uns bitte wie es kommt, dass Herr Gassendörfer Steuern hinterziehen konnte, obwohl Sie in alle Geschäfte eingeweiht waren!“, gab Sven in einem lauten Ton zurück. „Das…also…ich … ich bin nicht in alles eingeweiht. Die Geschäfte sind nicht unter meiner Aufsicht. Wenn mir Herr Gassendörfer nicht erzählt, was er für Sachen macht, dann…dann kann ich…“, suchte Kamp nach Ausreden. „Gut…dann sind Sie doch über seine Gebäude und anderen Habseligkeiten sicher informiert oder nicht?“, harkte Ben nach. „Sie sind nicht von der Steuerfahndung. Also, was wollen Sie dann von ihm?“, wollte Kamp nun wissen. „Wir suchen ihn wegen schwerer Körperverletzung… als Zeugen.“, gab Semir bekannt ohne zu sagen, dass er der Geschädigte war. „Körperverletzung? Als Zeugen?“, kam nun der Rechtsanwalt bei Kamp durch. „Wir haben sogar einen sehr wichtigen Zeugen…nämlich den Geschädigten…“, bestätigte nun Lars. „Ja sicher….lassen Sie mich raten….die Person wurde von hinten niedergeschlagen…“, grinste Kamp. „Das ist nicht ganz richtig. Er war anwesend, aber er beherbergt vermutlich sogar eine Mörderin. Wo finden wir ihn und seine Komplizin…?“, beugte sich Ben vor. „Woher soll ich das denn wissen? Außerdem, diese Anschuldigung ist doch lächerlich. Herr Gassendörfer ist Geschäftsmann und hat gar keine Freundin…“, verwarf Kamp den Vorwurf. „Das ist nicht ganz richtig. Er ist mit Miriam Bronner zusammen. Ich weiß es, weil ich sie gesehen habe, in einer eindeutigen Art und Weise. Wir vermuten….“, erklärte Sven gerade als Semir ihm die Hand auf die Schulter lag. „Wir können ihn nicht hierbehalten und er könnte Gassendörfer warnen.“, raunte er ihm zu. Sven nickte nur. Ihm kam schon eine Idee, wie er den Anwalt aus der Reserve locken konnte.

    „Herr Kamps, wir wissen doch, dass sie für Gassendörfer einzelne Immobilien gekauft und dann am Fiskus vorbei geschleust haben. Ihre Sekretärin hat uns nämlich einige brisante Details geflüstert.“, kam es von Reuchner. Semir verstand, was er vorhatte. „Sie sollten mit uns kooperieren und wir vergessen das Ganze.“, meinte er mit einem freundlich-fiesen Lächeln. „Diese verdammte...“, fauchte Kamps und ballte die Fäuste. Lars Schleicher und Ben Jäger sahen sich grinsend an. „Hören sie, ich habe für Gassendörfer nur ein Geschäft getätigt. Und das war das Jagdhaus in der Rureifel. Mehr nicht.“ Semir und Sven sahen sich triumphierend an. „Gut danke...das war es schon. Wir werden sie jetzt zu ihrem Auto bringen lassen.“, erklärte Sven und winkte der Beamtin zu, die noch mit im Raum saß. Diese führte Peter Kamps nach draußen. „Okay, wir gehen wir jetzt vor?“, wollte Lars wissen und lehnte sich an den Türrahmen. „Wie wäre es, wenn wir jetzt einfach zu diesem Haus fahren und dann uns diesen Gassendörfer und Frau Bronner zum Verhör holen. Immerhin sind ihr Mann und ihre Schwester unter grausamen Umständen gestorben.“, erklärte Semir. Sven nickte und nahm sein klingelndes Handy hervor. „Ja bitte?“, meldete er sich. „Okay...danke...danke...“ Er klappte das Handy wieder zusammen. „Ein Förster...er hat die Kollegen in der Eifel informiert, dass ein großer Geländewagen ihm vor wenigen Stunden eine Absperrung gegen Wildschweine zerstört hat.“ „Das können doch nur Gassendörfer und Bronner gewesen sein.“, mutmaßte Ben. „Dann sollten wir sofort losfahren und es überprüfen.“, schlug Sven vor.

    Semir kam zu sich und spürte die Fesseln. Er saß auf einem Stuhl und war mit ihm fest verbunden. Alex lag nach wie vor auf dem Boden. Er regte sich immer noch nicht. Natürlich bemerkten auch die Gangster dass er wieder da war. Der Mann der sich Ole nannte und ihn ins Traumland befördert hatte kam zu ihm. „Wieder wach? Das war nur der Anfang, wenn du nicht aufhörst….Du uns Alex werdet bezahlen. Wie ist dein Name?“, fragte er. Semir antwortete nicht. „Wie heißt du?“, harkte Ole nach. Keine Antwort von Semir. „Willst du, dass ich mir Alex vornehme? Du kannst zusehen wie ich ihm die Kehle durchschneide… Ich mache es extra langsam. Oder soll ich mir noch eines der Kinder vornehmen? Das Baby vielleicht?“, höhnte Ole und wies auf die Babywippe, in dem ein ca. 6 Monate altes Baby lag. Die Mutter hörte dies natürlich und sah ängstlich auf ihr Kind. Sie presste es eng an sich. „Nein….lassen Sie das Kind in Ruhe. Mein Name ist Gerkan….Semir Gerkan…“, stieß Semir schnell aus. Er traute diesem Kerl jede Gemeinheit zu. „Ah…Semir Gerkan ….sehr schön. Und bist du auch beim SEK?“, harkte Ole nach. „Nein…Kripo Autobahn…Wir hatten vor einigen Jahren mal das Vergnügen und zu sehen.“, kam von Semir. „Brav…warum muss ich denn immer erst böse werden…? Ich kann mich leider nicht an dich erinnern. Nun ja,…“, lachte der Verbrecher. „Lassen Sie die Kinder und Alex gehen. Er braucht ärztliche Hilfe…bitte…“, versuchte Semir. Ole beugte sich zu Semir runter. Nur eine Handbreit war zwischen seinem und Semirs Gesicht. Der schlechte Atem schlug Semir entgegen. „Alex…braucht höchstens einen Sarg….genau wie du. Oder glaubst du, ich lasse dich frei?“, grinste er höhnisch. „Du stinkst.“, stieß Semir aus. Ole sah ihn an und ging ein Stück zurück. Doch dann holte er aus und ließ mit voller Wucht die Hand in Semirs Gesicht landen. Der türkische Hauptkommissar nahm den Schlag ohne mit der Wimper zu zucken hin. Ole Falk war bevor er auf die schiefe Bahn geriet sogar ein Freund von Alex Hoffmann. Und da hatte er ihn auch kennen gelernt. Doch nun? ... Nun waren sie Feinde und Ole Falk würde Alex ohne mit der Wimper zu zucken töten.

    „Semir ist mittendrin. Er und Alex wollten von hinten rein, aber…sie wurden entdeckt. Die Kerle haben ein Mädchen und eine Frau erschossen. Sie haben die Leichen auf die Straße geschickt…und uns klar gemacht, das wir keinen weiteren Versuch machen sollen zuzugreifen. Weder mit Alex noch mit Semir haben wir Kontakt.“, berichtete Ben. Kim atmete tief ein und aus. „Kann es eigentlich nicht einmal nach Anweisung gehen? Warum muss immer einer aus der Reihe tanzen. Sind sie in einem Stück oder verletzt?“, harkte sie nach. Ben zog die Schultern hoch. „Okay…haben wir Verbindung?“, wollte sie wissen. Ben nickte und gab ihr das Mikrofon. „Hier spricht Kriminaloberkommissaren Kim Krüger von der Autobahnpolizei! Wir haben das Geld was Sie fordern hier liegen!“, gab sie durch. „Sehr schön Puppe….dann brauchen wir nur noch ein Auto und wir sind weg…“, kam höhnisch zurück. „Was ist mit den Geiseln?“, harkte Kim nach. „Erst das Auto!“, forderte der Verbrecher. „Lassen Sie mich mit unserem Kollegen sprechen!“, stellte Kim die nächste Forderung. Von dem Gangster kam nichts mehr. Kim sah Ben an. „Was machen wir denn jetzt?“, wollte Ben wissen. „Nun…das wird einfach werden. Wir werden den Wagen mit Schlafgas präparieren. Zeitverzögert und sobald die Gangster losfahren, wird das Gas freigesetzt. Sie werden einschlafen…“, erklärte Kim. „…und verursachen vielleicht einen Unfall. Das ist doch viel zu gefährlich. Kann das Gas nicht vor dem Abfahren gezündet werden?“, stellte Ben dagegen. „Nun ja…sicher geht das, nur ist die Gefahr, dass einer entkommen kann, dann groß…“, bestätigte Kim. „Das ist egal. Dafür haben wir die Scharfschützen. Sie sollen im Vorfeld jeden der rauskommt aufs Korn nehmen. Thomas Brandt….SEK…“, stellte sich der Mann vor, der ihr ins Wort fiel. Kim sah ihn an. „Ich denke nicht, dass wir noch einmal so ein Risiko eingehen. Der erste Zugriff ist schon schief gelaufen!“, fauchte sie ihn an.

    Peter Kamp schnellte an seiner Sekretärin vorbei. „Simone, ich bin im Gericht. Sollte etwas sein, ich bin über Handy erreichbar. Sie können dann ab drei Feierabend machen.“, erklärte er schnell. „Alles klar, Chef.“, meinte die junge Frau und tippte weiter auf der Tastatur herum. Kamp ging zum Fahrstuhl. Während die Kommissare die letzten Stufen nahmen, verschwand Kamp in der Fahrstuhlkammer und die Türen schlossen sich, als die vier Kommissare um die Ecke bogen. „Nicht schlecht das Haus.“, meinte Semir zum zweiten Mal. „Joa, aber du hast kein Geld für diese Gegend.“, grinste Ben nur. „Hey, mein kleines Haus im Grünen reicht mir und für meine Kinder wäre eine Wohnung nix.“, erklärte Semir und klingelte an der Tür. Ein Summer ertönte und die vier Kommissare traten in den großen Vorraum ein. „Hallo, was kann ich für sie tun?“, wollte die junge Frau wissen und sah von ihrer Schreibarbeit auf. „Guten Tag, Kommissare Reuchner, Schleicher, Gerkhan und Jäger...wir würden gerne zu Herrn Dr. Peter Kamps.“, erklärte Sven Reuchner und alle Polizisten hielten ihre Ausweise hoch. Doch das schien auf die Sekretärin keinerlei Eindruck zu machen. „Und was will die Polizei von Dr. Kamps?“ „Das würden wir ihm lieber selbst sagen. Es geht um einen Mandanten von ihm. Andreas Gassendörfer.“, erklärte Gerkhan. „Tja, es tut mir Leid, aber Herr Kamps hat einen Termin außer Haus und ich weiß nicht, wann er wieder kommt.“, erklärte sie. „Sagen sie, fährt Herr Kamps einen silbernen Peugeot?“, fragte Ben, als er am Fenster stand. „Ja...warum?“ „Weil er dann dort unten aus der Tiefgarage kommt.“, meinte Ben. „Los...sofort hinterher.“, stieß Semir aus und rannte los. Alle anderen folgten und hechteten die Treppen runter. „Reuchner, Schleicher...schneiden sie ihm den Weg ab. Wir blockieren hinter ihm die Straße.“, rief Semir den Kollegen zu. Sven nickte nur und ließ den Motor seines Audis aufheulen.

    Peter Kamp fuhr langsam auf die Straße und ordnete sich ein. Er hatte noch genügend Zeit, bis er im Gericht sein musste. Das Radio leierte die Nachrichten runter und Peter sah gelangweilt auf die Straße. Plötzlich rauschte ein silberner Audi an ihm vorbei, stellte sich vor seinem Wagen quer. „Hey, was ist das denn für ein Idiot?“, fauchte der Anwalt und wollte den Rückwärtsgang einlegen, als er sah, dass dort ebenfalls ein Wagen stand. Sofort schoß ihm ein erschreckender Gedanke in den Kopf...Entführung. Schnell ließ er die Zentralverriegelung einrasten und griff zu seinem Handy. Zwei Männer stürmten auf den Wagen zu, rüttelten an der Fahrertür und sahen wütend aus. „Polizeinotruf...was ist ihr Anliegen?“, meldete sich eine Stimme. „Ja, hier ist Peter Kamps. Ich werde von mehreren Männern angegriffen. Sie haben mein Auto eingekeilt. Ich stehe auf der Uferstraße, an der Kreuzung Karajanallee.“, erklärte Kamps mit schnellen Worten. „Wir schicken ihnen sofort Hilfe.“ Damit war das Gespräch beendet. Peter Kamps sah immer noch auf die jetzt vier Männer vor seinem Wagen. Einer kam auf ihn zu. Erschrocken wich der Anwalt immer weiter in seinen Sitz zurück. Doch dann klopfte es an der Scheibe und ein Ausweis wurde rangedrückt. „Semir Gerkhan...Autobahnpolizei Düsseldorf“, konnte Peter dort deutlich lesen. Er atmete erleichtert auf, setzte sich aufrecht hin und entriegelte die Tür. „Entschuldigen sie, ich dachte, sie...sie wollten mich entführen.“, meinte er erleichtert. „Tut mir Leid, dass wir sie enttäuschen.“, erwiderte der Polizist und machte den Weg frei. „Kommen sie bitte raus. Wir würden uns gerne mit ihnen unterhalten.“

    Miriam schwang die Flügeltüre der Terrasse auf und ließ die Sonne ins Wohnzimmer hinein. Tief sog sie die Luft in ihre Lungen ein und betrachtete die Weite der Landschaft. „Ist das herrlich hier. Ich möchte gar nicht mehr hier weg.“, murmelte sie. Sie trug die Möbel nach draußen, breitete eine Decke auf dem Boden aus und suchte sich ein sexy Negligee aus dem Koffer. Wenig später kam Andreas wieder und brachte die Einkäufe in die Küche. „Miri, wo bist du?“, rief er und sah dann die offene Terrassentür und die sich in der Sonne auf einer weißen Samtdecke rekelnde Miriam. „Hier mein Schatz…“, sagte sie und ging zum ihm. „Es ist herrlich hier…“, gurrte sie ihm ins Ohr. „Das freut mich. So…ich habe Gemüse….und Obst gekauft…Kaffee, Tee…..alles was das Herz begehrt. Wir sind hier absolut sicher….“, grinste er und zog Miriam in die Küche. „Hier darfst du mir heute ein wundervolles Gericht kochen…“, strahlte er. Miriam sah ihn erstaunt an. „Ich soll kochen?“, fragte sie. Andreas nickte „Ja sicher….das ist deine Aufgabe…du kannst doch wohl kochen oder?“, kam seine Frage zurück. „Ja..sicher….also…ich meine….ich hab schon mal gekocht….“, murmelte sie nachdenklich. „Wie oft?“, harkte Andreas nach. „Einmal…aber….das hat Roland gar nicht geschmeckt und….“, gab sie leise zu.

    Dennis kam auf seinen Bruder zu. „Was machst du denn da? Wieso hast du dich zu erkennen gegeben?“, stieß der jüngere von beiden Brüdern aus. Ole lachte jedoch nur unter seiner wieder aufgesetzten Maske hervor. „Keine Sorge... die Beiden kommen hier nicht mehr raus. Versorge erstmal den Türken und fessel ihn. Am Besten an einen der Stühle. Ich will nicht, dass er mir noch einmal in die Quere kommt.“, forderte Ole und blickte sich um. Die Mutter des Mädchens sah ihn wütend an. In ihren Augen funkelte das Feuer. Das Feuer einer Mutter, die gerade ihre Tochter verloren und nichts mehr zu verlieren hatte. Sie stand auf und kam auf Ole zu. Ihr Blick war voller Hass. „Sie haben meine Tochter erschossen...sie mieses Schwein.“, stieß sie aus und sprang an Oles Hals. Mit ihren zierlichen Händen packte sie kräftig zu und drückte den Hals des Mannes zu. Die Kraft war unglaublich und niemand hier im Raum hätte das der Frau zugetraut. Oles Augen weiteten sich erschrocken. Er ließ seine Waffe fallen und versuchte, die Frau von sich zu stoßen. Sie ließ nicht locker und auch als er auf sie einschlug, ließ sie nicht von ihm am. Dennis, der gerade Semir an einen Stuhl mit Klebeband fesselte, drehte sich um, als er seinen Bruder röcheln hörte. Erschrocken griff er zu seiner Waffe und schoss die Frau nieder. Leblos sackte sie zusammen und gab Oles Hals wieder frei. „Wow...danke, kleiner Bruder.“, lachte er und sah auf den toten Körper. Dann blickte er in die verängstigten Augen der anderen Geiseln. „Da seht ihr, was passiert, wenn ihr euch nicht ruhig verhaltet. „Warum hast du sie eigentlich nicht gefesselt?“, knurrte Ole dann. „Hab ich...ich schwöre es.“, kam es erschrocken von Dennis. Ole ging wütend auf seinen Bruder zu, als ihn ein anderer Gangster am Arm packte. „Sieh doch...sie hat sich die Fesseln mit Hilfe der Kante dort durchgerieben.“, erklärte er. Ole sah auf die Leiche und nickte. „Schafft sie raus. Und macht den Bullen klar, dass wir nicht scherzen.“

    Ben blickte auf die Eingangstür. Wieder wurde sie geöffnet und ein Körper nach draußen geworfen. „Verdammt, was soll das?“, stieß er aus und fuhr sich erschrocken durch die Haare, als er die Leiche sah. Das Kind von vorhin...das sah der Frau hier verdammt ähnlich. War das vielleicht die Mutter? Doch was war mit Semir und Alex. „Brandt, sehen sie etwas? Was geht da vor?“, fragte der junge Hauptkommissar über Funk. „Ich kann nur die Geiseln erkennen. Drei Gangster stehen an den Fenstern und einer an der Tür. Sie scheinen irgendwas an die Türen zu bauen. Sieht mir nach Sprengfallen oder ähnliches aus.“, erwiderte der neue SEK-Leiter. Ben schloss die Augen. Das hieß, sie richteten sich auf eine längere Belagerung ein. „So kommen wir doch da niemals rein.“, stieß Ben aus. „Jedenfalls nicht von vorne. Aber vielleicht gibt es eine Möglichkeit übers Dach. Meine Leute suchen gerade eine unbeobachtete Stelle an der Fassade.“, erklärte Brandt. „Nein, hören sie...das...das ist viel zu riskant. Wenn die Geiselnehmer das bemerken, dann drehen die durch.“, stieß Ben aus. „Wir müssen was versuchen. Ich will Alex und die Geiseln da raus haben.“, erwiderte Brandt nur. Ben wollte was sagen, doch dann sah er, dass die Chefin mit dem Geld eintraf. „Frau Krüger...wie...wie sind sie so schnell an das Geld gekommen?“, wollte er wissen. Kim stellte die beiden Koffer ab. „Ein befreundeter Staatsanwalt hat mir dabei geholfen. Er steht mit Schrankmann genauso auf Kriegspfad wie wir und daher dachte ich, es wäre besser, ihn einzuschalten.“, erklärte Kim nur und blickte zum Restaurant hinüber. „Wie ist die momentane Situation? Und wo ist Semir?“, wollte sie wissen.

    „Semir, ich hab da was für euch.“, kam es von Susanne, als die beiden Kommissare wieder an ihrem Schreibtisch vorbei gingen. „Dieser Gassendörfer ist kein unbeschriebenes Blatt. Seine Firma wird von der Steuerfahndung schon seit langem überwacht, doch nie konnten sie ihm was nachweisen.“, erklärte Susanne und reichte die Akte an die beiden Hauptkommissare weiter. Semir grinste breit. „Ich wusste, dass der Kerl Dreck am Stecken hat.“, kam freudig von ihm. „Ja….7. Sinn..ich weiß….aber wir müssen herausfinden, wo er ist…“, gab Ben zurück. Beide sahen wieder zu Susanne. „Ich habe bereits gedacht, dass ihr ohne meine Hilfe nicht weiterkommt….und deshalb habe ich alle Personen die mit Gassendörfer was zu tun haben überprüft. Nichts Auffälliges….außer der Anwalt vielleicht…ein gewisser Dr. Peter Kamp…. er ist auch sein Steuerberater…“, kam von Susanne. „Steuerberater…na ob der seine Mandanten berät wie am besten Steuern hinterzogen werden?“, grinste Semir. „Fahren wir hin und fragen nach?“, fragte Ben neugierig. „Aber sicher das….“, prophezeite sein Partner und legte die Akten zunächst auf seinen Tisch. „Was macht der Kopf?“, wollte Ben wissen. „Sitzt noch auf den Schultern.“, kam von Semir zurück. Sie wollten gerade los, als Schleicher und Reuchner herein kamen. „Herr Jäger…Herr Gerkan...“, kam von Reuchner. „Herr Reuchner…“, gab Semir kühl zurück.

    „Herr Gerkan….ich…“, fing Sven an. Semir sah ihn an und verschränkte die Arme. „Ich wollte…also…“ Lars sah zu Sven und nickte ihm zu. „Ähm…was ich sagen wollte…ist…“, versuchte Sven es erneut. Semir lächelte gequält. „Schon gut….lassen Sie uns den Fall einfach lösen und dann gehen wir wieder getrennte Wege…ich bin nicht nachtragend.“ Er streckte seine Hand aus. Nach einem kurzen Augenblick griff Sven die Hand und schüttelte sie. „Okay….das werden wir….“, versprach er. Sven atmete tief durch. „Ich..wir…haben gehört, was im Haus von Gassendörfer passiert ist…Sie haben hoffentlich nicht mehr Schaden genommen…“, kam ehrlich gemeint von Sven. „Danke der Nachfrage…mein Schädel hält einiges aus.“, nickte Semir und verzog sofort das Gesicht. „Wir haben herausgefunden, dass Gassendörfer wegen Steuerhinterziehung verdächtigt wird….seine Firma soll einiges an den Fiskus vorbeigebracht haben. Wir wollten uns gerade auf den Weg machen und seinen Steuerberater und Anwalt zu besuchen. Wenn Sie wollen…dann kommen Sie einfach mit.“, schlug Semir vor. Sven sah zu Lars und nickte. „Ja sicher…warum denn nicht?“, nickte dieser. „Gut…dann fahren Sie beide am besten hinterher. Mal sehen, was uns der Anwalt erzählen kann.“, meinte Ben nur. Sie verließen die PAST und fuhren nach Düsseldorf wo Dr. Peter Kamp seine Kanzlei hatte. Semir sah Ben an. „Was denkst du…ob dieser Reuchner das ernst meinte?“, wollte er wissen. Ben zog die Schultern hoch. „Ich denke eher, dass dieser Schleicher was damit zu tun hat…so wie ich den einschätze, mag er diese Querelen nicht und ich muss ihm zustimmen. Da bist du ja angenehmer und liegst mir nicht in den Ohren mit Reuchner und beklagst dich was er macht und was nicht..“ grinste Ben. Er konzentrierte sich auf den Verkehr. „Als hätte ich das nötig…“, meinte Semir nur und lehnte sich entspannt zurück. Er schloss die Augen. Ben bemerkte es. „Ist alles in Ordnung?“, wollte er sofort besorgt wissen. „Ja…nur etwas übel.“, gab Semir zurück. „Willst du lieber nach Hause?“, harkte Ben nach. „Nein..geht schon….ist gleich vorbei…“, lehnte Semir den Vorschlag ab.

    Lars und Sven fuhren schweigend hinter dem Mercedes hinterher. „Und…war es nun so schwer?“, brach Lars das Schwiegen. Sven stieß einen undefinierbaren Ton aus. „Das ist, ach ich weiß nicht, ich kann den Mann nicht einschätzen und das ist das Schlimme…ich weiß nicht was er im Schilde führt…“, knurrte er. „Das ist ja schon mal ein Vorteil...du hast ihn nicht Türke genannt oder Kerl….“, lachte Lars. Auch Sven schmunzelte. „Mal sehen….ich meine….er macht nur seine Arbeit…genau wie wir. Die Herkunft ist ja egal…wenn der Mann so gut ist, wie man sagt…dann….nun ja...“, stimmte Sven ein. „Das ist das erste Mal das du vernünftig sprichst…“, grinste Lars. „Hey, nur weil ich mich zusammen reiße, heißt es nicht, dass du frech werden kannst…“, fauchte Sven zurück und knuffte seinen Partner in die Seite. Nach einigen Kilometern auf der Autobahn hatten sie ihr Ziel erreicht. Der Mercedes fuhr rechts ran und Sven parkte direkt dahinter. „Nobel…“, murmelte der Türke. „Tja…der Herr scheint nicht arm zu sein….vermutlich hat er bei der Steuerhinterziehung richtig gut abkassiert…“, knurrte Sven. Lars und die anderen nickten nur. „Gut, dann gehen wir mal hoch. Wo hat er sein Büro?“, wollte Ben wissen. „Im zweiten Stock. Also so weit müssen wir nicht klettern.“, grinste Lars nur.

    Ein weiterer Schuss hallte und Ben sah ziemlich ratlos zum Gebäude. Die Tür öffnete sich und ein Körper wurde auf die Straße geworfen. „Das ist für den missglückten Eingriff!“, höhnte die Stimme. Einige Polizisten holten den Körper und als Ben sah, dass es sich um ein Kind handelte, holte er tief Luft. „Diese verdammten Schweine!“, stieß er aus. „Wo sind unsere Kollegen?“, schrie er durch das Megaphon. „Die sind hier bei uns…und fühlen sich richtig wohl...“, lachte der Erpresser. „Wir brauchen etwas mehr Zeit….Das Geld steht im Stau!“, versuchte Ben. Ein Schrei ertönte und Ben konnte Semirs Stimme erkennen. „Was soll das?“, fauchte er wütend. „Ihr habt noch drei Stunden! Keine Sekunde mehr. Ich habe hier noch mehr Kinder! Die kann ich euch nach und nach schicken. Tot!“, drohte der Mann. „Okay…! Ich habe verstanden!!“, gab Ben zurück. Er ließ das Mikro sinken. Dieser Mann ging über Leichen. Verhandeln war hier zum Scheitern verurteilt. Er nahm sein Handy um Kim Krüger über den aktuellen Stand zu unterrichten. „Jäger hier…Semir und Alex haben versucht einzudringen und wurden geschnappt…der Mann hat ein knapp elfjähriges Mädchen erschossen…“, gab er gepresst durch. „Ich komme sofort zu Ihnen. Ich bringe das Geld mit.“, gab Kim durch. An ihrer Stimme war zu erkennen, dass sie mit dem Verlauf der Geschichte nicht einverstanden war. Ben steckte sein Handy wieder ein. Er sah zum Gebäude. Von hier konnte er zwar die Geiseln sehen, aber er sah weder Semir noch Alex. Waren sie unverletzt? „Herr Jäger?“, riss eine Stimme ihn aus seinen Gedanken. „Ja?“, wandte er sich an den Mann. „Mein Name ist Thomas Brandt….ich übernehme die Leitung des SEKs. Was können Sie mir sagen?“, wollte der Mann wissen. Ben gab Bericht ab. „Wie konnte Alex so leichtsinnig sein? Das kenne ich gar nicht von ihm!“, fauchte er wütend. Ben lächelte. „Wir müssen sie rausholen…das ist wichtig…“, gab er nur von sich. Brandt nickte. „Das werden wir….mein Schwager hat nämlich noch Pflichten zu erfüllen.“, knurrte er.

    Semir sah den Mann an. „Sie verdammtes Schwein! Das war ein unschuldiges Kind!“, fauchte er den Mann an, den Alex mit Ole Falk angesprochen hatte. „Du kannst der nächste sein, wenn du willst…“, drohte er ohne auf Semirs Vorwurf einzugehen. „Es wäre ziemlich dumm, wenn Sie alle Geiseln erschießen….wie wollen Sie dann das Geld bekommen? Warum lassen Sie nicht einen Teil der Geiseln frei? Immerhin sind wir hier…lassen Sie Alex gehen. Er braucht ärztliche Hilfe…“, bat er leise. Besorgt sah er, dass Alex das Bewusstsein verloren hatte. Er robbte zu ihm. „Alex? Hörst du mich? Du musst durchhalten verstehst du…halte durch!“, redete er auf ihn ein. Das Blut drang immer noch aus der Wunde. Ole packte ihn am Nacken und drückte so heftig zu das Semir aufschrie. „Er wird noch nicht sterben….noch nicht…“, lachte Ole und zerrte Semir von Alex weg. Dann trat er Alex in die Rippen. „Lassen Sie ihn!!“, schrie Semir ihn an. Er ging trotz des verletzten Beines gegen Ole an und riss ihn die Beine weg. Schwer schlug Ole zu Boden. Schnell sprang Semir auf ihn und nagelte ihn am Boden fest. Sicher hätte er Ole überwältigen können, wenn nicht ein zweiter Verbrecher dazu gekommen wäre. Das nächste, was Semir spürte, war ein harter Schlag auf dem Kopf. Stöhnend sank er über Ole zusammen doch er verlor nicht sein Bewusstsein. Aber er konnte sich nicht bewegen. Wie paralysiert lag er da und sah Ole an, der hämisch grinste. „Das war ein schwerer Fehler….mein Freund…ein ganz schwerer Fehler…“, gab er bekannt. Semir ahnte, dass eine schwere Zeit vor ihm lag. Ole stellte sich auf seine Füße und baute sich vor Semir auf. Dann zuckte sein Bein vor. Er traf Semir in den Rippen. So heftig das ihm die Luft weg blieb. Immer und immer wieder trat er auf Semir ein. Einer der Tritte ging in sein Gesicht. Semir verlor das Bewusstsein und blieb reglos liegen. Blut trat aus Nase und Mund hervor.

    Reuchner sah seinen Partner an. „Und?“, wollte er wissen. „Semir Gerkan wurde im Haus von Andreas Gassendörfer niedergeschlagen und befindet sich zur Behandlung im Krankenhaus.“, erklärte Schleicher. „Na und?“, kam nur von Reuchner. „Dieser Gassendörfer ist der Liebhaber von Miriam Bronner…“, ging es bei Schleicher weiter. „Ja schon…was hat das mit uns zu tun? Die Frau hat Ehemann und Schwester verloren und wir sollten wenigstens etwas Mitleid mit der Frau haben. Gerkan mischt sich überall ein. Ich wusste es...und weißt du was...ich gönne es ihm richtig. Er muss so zur Raison gebracht werden..“, knurrte Reuchner. Schleicher sah ihn an. „Mir reicht es, weißt du das! Ich kann so nicht arbeiten!!! Die Kollegen machen ihren Job, wie wir unseren! Also reiß dich zusammen und arbeite mit. Oder ich werde dafür sorgen, dass du vom Fall abgezogen wirst!“, drohte Schleicher und wurde lauter als er eigentlich wollte. Sven zuckte zusammen, So sehr war er von seinem Partner noch nie angeschrieen worden. „Lars...ich...“ „Komm, lass deine Erklärung gut sein. Ich werde nachher mit dem Direktor sprechen und von deiner Abneigung gegenüber den beiden Kollegen von der Autobahn erzählen. Es sei denn, du bist endlich kooperativer zu den Beiden.“, forderte Lars nur. „Okay...okay...ich werde mich zusammenreißen. Versprochen...“, kam es dann kleinlaut von Sven. Lars nickte lächelnd.

    Andreas und Miriam fuhren raus aus Köln. Sie wollten nur weg. „Was ist mit dem Polizisten? Was, wenn ich ihn...“ „Nein Miri, du hast ihn nicht getötet. Hör zu, er lebt. Ich habe selbst seinen Puls gefühlt. Er war nur ohnmächtig.“, versicherte Andreas ihr zum zehnten Mal. Sie nickte nur. „Wo fahren wir hin?“ „Ich habe vor einige Zeit ein großes Jagdhaus gekauft. Rein rechtlich gehört es meinem Anwalt. Er hat es in meinem Namen erworben, damit er was vorweisen kann und ich keine Steuern dafür zahlen muss.“, erklärte Andreas und fuhr von der Autobahn ab, lenkte seinen Wagen auf die Landstraße in die Eifel hinein. „Dort wird es dir gefallen und du kannst einige Tage zur Ruhe kommen.“, erklärte er und strich seiner Miriam über den Oberschenkel. Sie lächelte schwach und strich mit ihrer Hand über die des Mannes. Dabei bemerkte sie, dass ihr Ehering noch an Ort und Stelle war. Erschrocken blickte sie auf die Stelle und versuchte krampfhaft, ihn von ihrem Finger abzuziehen. „Keine Erinnerung mehr an Roland...“, kam es von ihr und warf den Ring aus dem Fenster raus. Keine Stunde später waren sie an dem großen Jagdhaus, mitten im Wald. „So, hier wird uns so schnell keiner finden. Sieh dich ruhig um. Ich hole die Koffer aus dem Auto und fahre schnell ins nächste Dorf und kaufe einige Lebensmittel.“, erklärte Andreas und verschwand wieder. Miriam spürte plötzlich so ein erlösendes Gefühl. All ihre Sorgen fielen wie ein Pullover von ihr ab. Sollte das so bleiben?

    Semir und Ben kamen wieder in die PASt. „Susanne, checkst du mal diesen Namen hier? Ich will alles über den Kerl wissen.“, meinte Semir. „Alles klar...mach ich...übrigens, die Chefin fragt nach euch.“, erklärte die Sekretärin und deutete auf die Tür. „Okay, wir gehen gleich zu ihr.“, kam es von Semir dann. Ben nickte und folgte seinem Partner ins Büro von Kim. „Meine Herren...haben sie schon einige Ergebnisse im Fall der Frauenleiche?“, wollte Kim wissen. „Wie es aussieht, haben wir es hier mit einem sehr undurchsichtigen Familiendrama zu tun. Wie unser Gerichtsmediziner ja festgestellt hat, war die Frau von dem toten Mann aus dem Rhein schwanger. Seine Frau schien von alledem nichts zu wissen.“, erklärte Ben. Kim nickte und sah dann Semir an. „Was aber nicht stimmt. Ich bin sicher, dass die Frau von der Affäre um ihren Mann und ihrer Schwester wusste. Außerdem hat sie mich niedergeschlagen, als ich sie mit diesem Andreas Gassendörfer beobachtet habe.“, erklärte Semir. „Aber nur, weil du ins Haus gegangen bist.“, meinte Ben. Kim blickte Semir streng an. „Sie sind in die Villa eingedrungen?“, fragte sie. „Nun ja...ich...ich habe gelauscht und wollte eigentlich nur dichter ans Haus ran. Die Terrassentür war offen. Es...es war einfach eine Einladung.“, meinte Semir und senkte den Blick. „Sie wissen aber schon, dass Sie damit gegen einen Batzen von Vorschriften verstoßen haben. Aber ich denke, die Beule, die sie dabei kassiert haben, war ihnen Warnung genug, oder?“, fragte sie. Semir nickte kleinlaut. „Schön, machen sie sich wieder an die Arbeit. Zwei Morde sind immer noch unaufgeklärt.“, forderte sie und entließ damit ihre Kommissare wieder.

    Ben sah durch das Fernglas zum Restaurant hinüber und wartete angespannt, ob Semir und Alex auch wirklich Erfolg hatten. Um das ganze Gebäude waren die Kollegen und das SEK positioniert. Vor wenigen Minuten kam die ermattende Nachricht, dass auch die Staatsanwaltschaft nicht bereit war, das Geld vorläufig zu stellen. Der junge Hauptkommissar knirschte mit den Zähnen. Diese Schranke...wieso musste sie einem eigentlich immer Steine in den Weg legen?, dachte er und sah sich die Autos an. Die Dächer waren von einer dicken Schneeschicht bedeckt, doch durch die Scheiben eines Vans konnte der junge Hauptkommissar deutlich zwei Kindersitze erkennen. Verdammt, wenn die nun wenigstens die Kinder freilassen würden. Was hatten die davon? Jeder Geiselnehmer musste sich doch im Klaren sein, dass Kinder ein hohes Risikopotential waren. Sie waren meist nicht zu bändigen und weinten einfach, wenn sie Angst hatten. Wie viele Geiselnahmen mit Kindern hatte Ben schon in seinem Leben mitgemacht? Es waren gut und gerne vier oder fünf. Und immer war es das Gleiche...die Geiselnehmer waren kurz vor dem Ausflippen, weil ihnen das Gejammer auf die Nerven ging. Plötzlich hallten zwei Schüsse. Ben zuckte zusammen und blickte auf die Raststätte. Verdammt, was war da passiert?

    Semir hielt sich das Bein. Sein Blut sickerte durch die Fingerritzen und benetzte die blaue Jeans. Neben ihm lag Alex und zitterte am ganzen Körper. Eine Kugel steckte mitten in seinem Schulterbereich, gefährlich nahe am Hals. „Ihr Bullen habt wohl gedacht, ihr könntet mich reinlegen, was?“, fauchte der maskierte Mann vor ihnen. Seine Augen funkelten wild und fixierten die beiden Polizisten. „Verschließ wieder die Tür.“, forderte er von einem anderen. Dieser nickte und verschloss wieder ordnungsgemäß die Hintertür. Semir und Alex waren durchgeschlichen und als Alex gerade die Blendgranate werfen wollte, schien es als ihn ein elektrischer Schlag durchzuckte. Sofort danach kassierten sie die Kugeln. Diese Gangster hatten Semir und Alex schon erwartet und einfach niedergeschossen. „So sehen wir uns wieder, Alex.“, stieß der Mann aus und ging auf den SEK-Leiter zu. Alex blickte auf den Mann, doch er erkannte ihn nicht. „Du weißt nicht, wer ich bin, oder?“, stieß Ole aus und zog ohne ein weiteres Wort sich die Maske vom Kopf. „Ole Falk...“, stieß Alex unter Schmerzen aus. Blut lief unentwegt aus der Wunde und benetzte seinen schwarzen Overall. „Ganz recht...du hast damals dafür gesorgt, dass ich aus dem SEK-Team fliege.“, fauchte Ole Alex an. „Du hast einen Drogendealer bei einer Festnahme erschossen, weil er dich verraten wollte. Du kannst froh sein, dass du nur aus dem Team geflogen und mit 5 Jahren davongekommen bist.“, zischte Alex vor Schmerzen. „Froh? Ich kann froh sein? Dann zeige ich dir mal, wie froh ich bin.“, schrie Ole, ging in den Restaurantbereich und zerrte ein junges Mädchen an den Haaren mit sich. „Jetzt werde ich deinen Kollegen mal zeigen, was passiert, wenn sie mich auf den Arm zu nehmen versuchen.“, zischte er, zog sich die Maske wieder über und drückte der Kleinen die Waffe an den Kopf. Groß und breit stellte er sich vor eines der großen Fenster. „Nein...“, schrie Semir. Er ahnte, was der Kerl vorhatte. Würde er es wirklich tun?

    Ben wickelte einen Schokoriegel aus, den er in seiner Jackentasche gefunden hatte und biss genüsslich davon ab. Immer wieder warf er einen Blick auf sein Handy. Doch Semir schien keine Hilfe zu brauchen. „Hoffentlich bleibt er wirklich unentdeckt.“, murmelte er mit vollem Mund vor sich hin. Ben sah immer wieder auf das Haus und auf die Straße. Dann kam ein silberner Audi aus der Garage gefahren und bog in die Straße ein, fuhr an Ben vorbei und rauschte davon. „Verdammt... das waren sie doch...“, stieß er aus, schob sich den Rest vom Schokoriegel in den Hals und wählte dann Semir an. Doch sein Freund und Kollege meldete sich nicht. „Verdammt Semir....geh ans Telefon.“, knurrte er und wählte erneut. Nach dem dritten erfolglosen Versuch stieg Ben aus und rannte um das Haus herum. Irgendwo musste sein Partner ja sein. Die Terrassentür fand er angelehnt vor. „Semir?“, rief er kurz, zückte seine Waffe und drückte sich an die Wand. Keine Antwort. „Verdammt Semir...warum musst du auch immer solche Alleingänge machen?“, dachte Ben laut und stieß dann die Tür auf, warf sich in den Raum und suchte in allen Richtungen nach seinem Freund. Doch hier schien niemand zu sein. „Semir?“, rief er wieder. Doch dann sah er seinen Partner hinter der Couch liegen. Am Hinterkopf eine dicke Beule. „Semir...aufwachen...genug geschlafen.“, rief der junge Hauptkommissar und schlug leicht auf die Wangen seines Freundes. „Be...Ben? Was...was ist passiert?“, kam es dann von dem Deutschtürken. „Das will ich von dir wissen. Komm erstmal mit nach draußen.“, forderte Ben und half seinem Partner beim Aufstehen. „Wo...wo sind die beiden?“ „Weg...aber jetzt bist du erstmal dran.“

    Reuchner und Schleicher sahen auf. „Also die Datenbank sagt nicht wirklich was über die Finanzen der Schwestern. Die eine arbeitete wie unsere Wasserleiche in einem großen Unternehmen. Das ist die Miriam.“, meinte Schleicher nur. „Und was ist mit der anderen?“ „Die andere scheint ein unbeschriebenes Blatt bei einem kleinen ortsansässigen Tagesblatt zu sein.“, erklärte Lars nur. „Hmmm, dann frage doch mal nach, was für ein Testament beide Toten hatten. Ich gehe inzwischen uns aus der Kantine einen Snack holen.“, meinte Reuchner und ging aus dem Büro hinaus. Lars sah sich weiter um. Kurze Zeit später fand er, was er suchte. „Ah...sieh mal einer an. Die Schwester erbt alles... Auch, wenn die eine heiratet, ist sie immer noch erblich an die andere gekettet. Sehr interessant.“, meinte Lars und griff zum Telefon. Reuchner war noch nicht zurück. So konnte er die anderen beiden Kollegen informieren. Es dauerte eine Weile, bis sich Ben Jäger meldete. „Herr Jäger…Schleicher hier…wir haben die Daten der Damen überprüft. Scheinbar hat der Tod der Schwester einen finanziellen Hintergrund…“, erklärte er. „Ah…danke für die Information…was schreibt das Testament genau vor?“, harkte Ben Jäger nach. „Das weiß ich noch nicht….aber ich werde nachher zum Notar fahren und das herausfinden. Wie geht es bei Ihnen weiter?“, kann nun die Frage von Schleicher. „Erst einmal gar nicht…mein Partner wurde in der Wohnung von Andreas Gassendörfer niedergeschlagen…und hat vermutlich außer der Platzwunde eine Gehirnerschütterung, was ihn aber nicht davon abhält weiter zu ermitteln.“, gab Jäger Bericht ab. „Ich verstehe….Gassendörfer? Wer ist das?“, wollte Schleicher wissen. „Das ist der Liebhaber von Frau Bronner…scheinbar schon länger…“, kam von Ben Jäger. „Also mir sagt der Name was. Moment, den hab ich doch eben gelesen…..Sekunde…ja...hier….Andreas Gassendörfer ist der Firmeninhaber von der Firma wo diese Emma Bronner arbeitete…das ist eine Zeitung am Kölner Stadtrand…“, gab Schleicher durch. In diesem Augenblick kam Reuchner zurück.

    Semir fluchte verhalten, als der Arzt die Wunde säuberte. „Ist äußerlich…der Schädelknochen hat nichts abbekommen, aber Sie sollten sich schonen. Eine Gehirnerschütterung ist immer drin.“, ermahnte der Arzt. „Machen Sie die Wunde dicht..ist nicht das erste Mal, dass ich eine über den Schädel bekommen.“, knurrte Semir. „Ja…das hab ich gesehen…Herr Gerkan…Sie sollten sich für heute hinlegen…es wird ihnen nämlich sonst übel werden und wenn Sie dann am Steuer sitzen, könnte es Unschuldige gefährden…“, wiederholte der Arzt seine Mahnung. Semir lächelte leicht. „Nur keine Sorge. Ich fahre heute höchstens als Beifahrer. Dafür wird mein Partner draußen schon sorgen…“, gab er von sich. „Das ist auch besser so….Hier sind ein paar Tabletten, die die Übelkeit zwar nicht ganz beseitigen aber auf ein annehmbares Maß zurück schrauben. Wenn die Kopfschmerzen schlimmer werden legen Sie sich flach hin und versuchen zu schlafen.“, erklärte der Arzt und drückte Semir die Packung in die Hand. Semir nickte und verzog sofort das Gesicht. „Danke Doc…“, verabschiedete er sich. Er verließ das Behandlungszimmer und sah Ben im Warteraum sitzen. „Komm….wir haben zu tun.“, stieß er ihn an. Ben sah ihn prüfend an. „Sicher? Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt. „Ich darf kein Autofahren….“, maulte Semir leise. „Sehr gut. Autoschlüssel hab ich eh schon.“, grinste Ben. Sie verließen das Krankenhaus. „Schleicher hat mich eben noch angerufen…Dieser Typ, der dich niedergeschlagen hat, heißt Andreas Gassendörfer und ist Inhaber einer Zeitung bei dem die Tote gearbeitet hat. Er ist, so sehen die Kollegen es, wohl schon länger der Liebhaber von Miriam Bronner…wonach riecht das für dich?“, wollte Ben wissen und schloss den BMW auf. „Für eine üble Familienbande….wenn du mich fragst, dann hat dieser Typ…wie hieß er?“, harkte Semir nach. „Gassendörfer…Andreas Gassendörfer…“, kam von Ben. „Also dann hat dieser Gassendörfer den Bronner getötet und als Miriam dahinter kam, dass ihre Schwester von ihrem Ehemann schwanger war, sie im Affekt erstochen?...“, dachte Semir nach. „Meinst du sie bringt ihre Schwester um obwohl der Mann schon tot ist? Ziemlich dumm oder? Es gäbe keinen Grund mehr…“, kam von Ben. Semir sah ihn an. „Du kennst die Frauen nicht…“, lachte er.