Schrecken im Morgengrauen

  • So, das ist also meine erste Fan-Fiction zu Cobra 11. Ich hoffe sehr, dass sie euch gefällt!



    Kapitel 1


    Nervös sah Alex zur Uhr. Wo blieb Semir nur? Es war genau fünf Minuten nach 12, fünf Minuten war sein Partner bereits zu spät. Nein, soeben schob sich der Sekundenzeiger seiner Armbanduhr wieder über die Zwölf. Kim Krüger, Chefin der PAST, saß Alex mit strenger Miene gegenüber. Es war Sonntag, eigentlich hatten Semir und Alex heute einen freien Tag, doch Frau Krüger hatte sie ohne einen Grund zu nennen in die Dienststelle bestellt. Während Alex an seinem Kaffee nippte, vernahm er ein eigenartiges Geräusch. Es kam von einem Motorrad, welches zielstrebig die Dienststelle ansteuerte. Von seinem Fahrer konnte man aufgrund des Helms, und der Tatsache, dass das Motorrad jetzt im Schatten hielt, nichts sehen. „Hat sich Gerkhan etwa jetzt auf Motorräder spezialisiert?“ Alex sah zur Chefin und zuckte mit den Achseln: „Ich glaube nicht, aber…“ Bevor er seinen Satz zu Ende sprechen konnte, öffnete sich die Tür zum Büro der Chefin. Alex fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er sah, dass niemand anderes als Staatsanwältin Isolde Maria Schrankmann unter dem Motorradhelm zum Vorschein kam. Sie grüßte Frau Krüger kurz und schenkte Alex keinerlei Beachtung: „Wo ist Gerkhan?“, fragte sie barsch. Alex musste innerlich lächeln. Diese Frau einmal gut gelaunt zu erleben war fast noch unwahrscheinlicher als einen Tag zu erleben, an dem das Verbrechen mal nicht schlief. „Noch nicht aufgetaucht. Aber setzen Sie sich doch!“ Frau Krüger deutete auf einen der beiden leeren Stühle neben Alex. Natürlich setzte sich Frau Schrankmann auf den Stuhl, der weiter von Alex entfernt war. Alex nahm das gelassen. Würde man sich wirklich über alles, was es an der Staatsanwältin auszusetzen gab, aufregen, hätte man locker einige Bücher damit füllen können.


    In diesem Moment fuhr auch Semirs Auto auf den Parkplatz der PAST. Der kleine Polizist stieg aus. Als er das Büro von Kim Krüger betrat, war auch ihm die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Im ersten Moment dachte Semir daran, nun einer etwa fünfstündigen Predigt über die Dienstwagenschäden lauschen zu müssen. Doch als Frau Schrankmann ihn mit einer Handbewegung auf den einzigen noch leeren Platz im Büro verwies und nun zu überlegen schien, wie sie anfangen sollte, wich diese Angst von Semir.


    „Tja, wie soll ich beginnen? Es geht um eine wirklich heikle Angelegenheit für die mir Frau Krüger ihre beiden besten Mitarbeiter zur Verfügung stellen möchte.“ Der Unterton, der in ihrer Stimme lag, war unüberhörbar. Isolde Maria Schrankmann hielt allgemein wenig von den Polizisten in dieser Dienststelle. Auch nachdem Semir und sein ehemaliger Partner Ben ihre Tochter Heike-Maria aus höchster Gefahr gerettet hatten, war ihr Verhältnis zu den beiden nicht unbedingt besser geworden. Im Gegenteil, noch vor kurzer Zeit hatte die Staatsanwältin den noch immer von der Scheidung von seiner Ex-Frau Andrea seelisch angeschlagenen Semir für ein unkalkulierbares Risiko erklärt. Nur knapp war Semir an einer Kündigung oder Versetzung in den Innendienst vorbeigeschlittert. Mit ausdrucksloser Miene starrte er Frau Schrankmann an. „Es geht um ein riesiges Netz. Ein Netz aus etwa 500 Kriminellen aus Deutschland, Polen, der Türkei, Serbien, Japan, Russland und den USA. Aus Leuten, die aus diesen sieben Ländern stammen, hat sich innerhalb eines halben Jahres eine gewaltige Organisation entwickelt. Die meisten davon sind nur kleine Fische, die wir im Laufe der Zeit fast alle verhaften konnten. Doch genau 15 Leute fehlen uns noch. Dank intensiver Forschung können wir mittlerweile 14 davon zweifelsfrei identifizieren. Nur einer fehlt uns noch.“ Sowohl Frau Krüger, als auch Alex und Semir konnten sich ausrechnen, welche Stellung der Unbekannte in diesem Netz einnahm, Es war Semir, der diesen Verdacht schließlich aussprach: „Der große Boss?“ Frau Schrankmann nickte. „Und jetzt haben wir ein Problem. Drei von den fünf undercover eingeschleusten Kollegen sind aufgeflogen … und hingerichtet worden!“


    Es wurde totenstill im Raum. Schließlich hakte Alex nach: „Hingerichtet?“. „Enthauptet. Einfach so. Es ist unfassbar. Und jetzt scheint diese Organisation uns auf die Schliche gekommen zu sein, die Luft wird dünn!“ „Verstehe. Sie wollen unbedingt herausfinden, wem sie die schwarzen Schafe in ihren Reihen zu verdanken haben. Und sie scheinen nahe an der Lösung dran zu sein“, führte die Chefin den Faden weiter. „Ganz richtig. Diese Typen schrecken vor nichts zurück. Sie sind teuflisch!“ „Kennen Sie die eingeschleusten Kollegen persönlich?“, fragte Semir. „Nein, ich weiß nur, dass sie sehr erfahren sein sollen“, lautete Schrankmanns Antwort. „Und in welchem Gebiet ist diese Organisation unterwegs?“, erkundigte sich Alex, „Alles Mögliche. Von kleinen Delikten wie illegalen Graffitis, Schlägereien und Diebstahl geht es über Banküberfall, Geldfälschung, Erpressung, Drogenhandel und Entführung und endet bei Mord.“


    Alle schluckten. 15 Leute waren zu so ziemlich allem fähig, wofür man eine Gefängnisstrafe kassierte. Und die Tatsache, dass Frau Schrankmann sie an einem freien Tag, unwissentlich von ihren Kollegen, zur PAST her zitieren ließ, unterstrich, dass es sich um einen wirklich dringenden und lebensgefährlichen Fall handelte. Ein Fall, bei dem drei Polizisten enthauptet worden waren. “Ich setze meine Hoffnungen in Sie beide. Wenn wir Sie in die Bande einschleusen, können wir unter Umständen Schlimmeres verhindern. Unsere toten Kollegen haben uns wissen lassen, dass die Bande etwas ganz Großes plant, aber niemand schien genau zu wissen, was, und in welchem Ausmaß. Und die beiden anderen melden sich nicht mehr.“ „Klar“, setzte Alex ein, „nach der Enthauptung der anderen dürfen sie kein Risiko eingehen.“ „Genau das denke ich auch, Brandt. Wie dem auch sei, wenn Sie annehmen, erhalten Sie genaue Informationen über die uns bekannten Personen.“


    Was haben wir schon zu verlieren. Ich habe nichts mehr und Alex auch nicht, dachte Semir. Er überlegte nur kurz, dann nickte er stumm und sah, dass Alex es ihm gleichtat. Selbst, wenn es ihr letzter gemeinsamer Fall sein sollte…

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  • Kapitel 2


    „Es soll eine Akte werden, die unseren Gegenspielern das Blut in den Adern gefrieren lässt.“ Innerlich musste Hartmut Freund kichern. Semir und Alex standen müde und brummig vor ihm. Der Montagmorgen war kalt, obwohl es Juli war. Da in der Straße, in der Bonrath lebte, bei dem Semir sich derzeit vorrübergehend einquartiert hatte, das warme Wasser für einen halben Tag aus unbekannten Gründen abgestellt worden war, hatte der Autobahnpolizist mit einer eiskalten Dusche Vorlieb nehmen müssen, und das um fünf Uhr morgens. Doch Frau Krüger hatte gedrängt, genau heute sollten Semir und Alex ihre Arbeit an dem Undercover-Einsatz beginnen. Also hatten sie Hartmut, ihren Kollegen und Freund aus der KTU aus dem Bett geklingelt. Ihren Undercover-Einsatz hatten die beiden Cops allerdings sehr verharmlost, da Frau Schrankmann sie inständig darum gebeten hatte.


    In diesem Moment klingelte Alex‘ Handy. Als er sah, wer ihn anrief, nahm er das Gespräch erfreut an: „Susanne, hast du mehr über unsere Zielpersonen herausgefunden?“ Susanne, die Sekretärin der PAST, bejahte: „Ich habe neben Vorstrafenregister, jetzigem Wohnort und Verwandten auch eine sehr interessante Info für euch: Alle von euch genannten Personen waren früher mindestens ein Jahr lang bei unseren Kollegen der Feuerwehr tätig. Acht von ihnen haben den Dienst quittiert, an den Gründen bin ich dran.“ „Sehr gut“, freute sich Alex, „und die anderen sechs Personen?“. „Zwei sind wegen übermäßigem Alkoholkonsum entlassen worden, drei aufgrund während ihrer Amtszeit getätigten Einbrüche und Überfälle und einer, weil er mehrere Anschläge auf seine Kollegen verübt hat.“ „Das klingt nach einer Menge Spuren. Danke, Susanne, sag Bescheid, wenn es etwas Neues gibt.“


    Nachdem Alex Semir informiert hatte, bat dieser Hartmut vorsichtshalber, eine Amtszeit bei der Feuerwehr zu ihrer neuen Akte hinzuzufügen. Anschließend verließen sie die KTU und machten sich mit dem Auto auf den Weg zurück zur Dienststelle. „Hartmut hat gesagt, er braucht nicht mehr lange und schickt uns dann eine Kopie rüber. Was meinst du wohl, wie wir heißen werden?“, grinste Semir seinen Partner an, der neben ihm auf dem Beifahrersitz saß und Löcher in die Luft starrte. Alex antwortete nicht, stattdessen atmete er tief durch und sagte dann: „Weißt du, Semir, ich frage mich immer noch warum diese miesen Schweine noch leben. Ich dachte wirklich, ich könnte mit meiner Vergangenheit einfach abschließen. Und dann wird der Staub wieder aufgewirbelt.“ Eine Sekunden lang schwieg Semir. Doch dann antwortete er: „Weißt du, eigentlich sitzen wir doch beide im selben Boot. Wir wurden beide verarscht, haben beide alles verloren…“ Alex sah ihn an und lächelte.


    Plötzlich raste ein Auto direkt auf die beiden zu. „Ach du Scheiße“, entfuhr es Semir. „Susanne?“, brüllte Alex, während Semir ein waghalsiges Wendemanöver startete. „Ja, Jungs? Ich bin noch nicht ganz fertig.“ „Falschfahrer auf der A4, Kilometer 88, Kennzeichen K-MW 341. Wir nehmen die Verfolgung auf, kümmere du dich bitte um Verstärkung!“ „So, dann wollen wir diesem Hirni mal zeigen, wo es zur richtigen Fahrbahn geht“, meinte Semir grimmig. Er hing nun fast an dem silbernen Audi dran. Auf einmal verlangsamte der Wagen sich, stellte sich quer und Schüsse ertönten.“ „Verdammt nochmal, was soll das denn?“, rief Alex. „So, jetzt reicht es, Alex, schieß zurück!“ Während Alex zielte, fuhr der Wagen an ihnen vorbei und raste wieder in der Fahrtrichtung weiter. Doch vor Semir und Alex hupte es plötzlich: Ein LKW fuhr direkt auf sie zu. „Scheiße, Semir, fahr rückwärts!“, brüllte Semirs Partner. Doch dazu kam Semir nicht, denn hinter ihnen tauchte wieder der silberne Audi auf, rammte sie mit voller Kraft und schoss. Die Rückscheibe von Semirs Dienstwagen splitterte. „Runter!“, rief Semir. Immer noch das Hupen des LKWs in den Ohren drehte sich Alex um und schoss zurück. Der Audi drückte die Partner immer weiter Richtung LKW. Kurz bevor sie diesen erreicht hatten, riss Semir das Steuer plötzlich herum und versuchte, den Unbekannten einzuklemmen. Alex bemerkte die total getönten Scheiben des Gegners und schrie: „Man kann ihn nicht erkennen!“ Der LKW fuhr nun, immer noch nicht zur Bremsung gekommen, auf den Audi zu, dessen Fahrer sich anscheinend unschlüssig war, was er nun tun sollte. Semir drehte den Spieß geschickt um und stellte sich halb seitlich, halb hinter dem Audi quer. „Susanne, wo bleibt denn die Verstärkung?“, rief Alex. „Ist schon unterwegs. Was geht denn da bei euch ab?“ In diesem Augenblick bremste der LKW, doch schon crashten die ersten Wagen in ihn und ineinander. „Am besten, du schickst noch ein paar RTWs hinterher“, gab Alex Susanne als Antwort. Die stöhnte: „Immer dasselbe mit euch!“ Wieder schoss der Unbekannte, dieses Mal zersplitterte das hintere Fenster auf der Beifahrerseite. „Runter, Alex!“, herrschte Semir seinen Partner hektisch an. Inzwischen sah man hinter dem LKW eine ganze Reihe von Autos, die ineinander gekracht waren. „Uns bleibt nur die Offensive. Schnell raus!“ Doch bevor Alex und Semir aussteigen konnten, zielte der Unbekannte auf den Tank des LKWs – und drückte ab. Die Kugel verfehlte ihr Ziel nicht, der LKW ging in Flammen auf. Während Alex und Semir verzweifelt versuchten, den Fahrer aus dem brennenden Fahrzeug zu befreien, bemerkten sie nicht, wie der Audi Semirs Dienstwagen regelrecht zur Seite schob und jetzt auf der richtigen Seite weiterfuhr. Alex riss die Türen des LKWs auf und erblickte einen Mann, Mitte 50, kurze, braune Haare mit einer etwas beleibten Figur. „Kommen Sie raus“, brüllte Alex. Der Fahrer riss am Gurt, doch aufgrund seiner Verzweiflung zitterten seine Hände zu sehr, als dass er sich von selbst befreien hätte können. „Ich kümmere mich um die anderen Leute“, rief Semir seinem Kollegen zu und rannte hinter den LKW. „Alle raus!“, brüllte er und fuchtelte mit den Armen. Nach und nach stiegen die Leute aus ihren Fahrzeugen aus und liefen zum Rand der Autobahn. Alle kletterten nach Semirs Anweisungen über die Leitplanke und warteten teils kreischend, teils fassungslos auf weitere Anweisungen. In diesem Moment sah Semir den LKW explodieren, woraufhin auch die anderen Fahrzeuge Feuer fingen. „Alex!“, brüllte Semir. Er musste zu seinem Partner, doch die Reste des LKWs waren in dichten Rauch gehüllt, aus dem nach einigen Sekunden Husten kam. Alex tauchte aus dem Nebel auf. Er schleifte den benommenen Fahrer des LKWs hinter sich her. Erleichtert deutete Semir auf die Leute hinter der Leitplanke, die das feurige Schauspiel mit großen Augen verfolgten. Semir und Alex rannten zu den Leuten und konnten nur dabei zusehen, wie Wagen um Wagen explodierte. Immerhin sahen die anderen Autofahrer den Unfall und machten in sicherem Abstand Halt, „Was war das denn?“, keuchte Alex erschöpft. „Ein gezielter Anschlag, denke ich. Schätze, diese Organisation kommt uns gefährlich nahe“, erwiderte Semir, „und das gefällt mir ganz und gar nicht!“


  • Und noch ein etwas kürzerer Teil:

    Kapitel 3 (Teil 1)


    „Cem Özkan? Hartmut, das kann doch nicht dein Ernst sein?!“ Fassungslos starrte Semir auf seine neuen Papiere. Dann blätterte er in der Akte: „Schwerer, bewaffneter Banküberfall mit Geiselnahme, Beteiligung in fünf Mordfällen, Drogenhandel und Drogenherstellung, Diebstahl von 22 Luxusschlitten… Also, da hast du mir aber ganz schön was angehängt!“ Hartmut schnaufte nur am anderen Ende der Leitung. In diesem Moment kam die Chefin auf Semir und Alex, der noch in seiner neuen Akte blätterte, zu: „Gerkhan, Brandt: In mein Büro!“


    Als die beiden Cops das Büro von Kim Krüger betraten, saß Frau Schrankmann mit grimmiger Miene vor ihrer Chefin. Sie schaute zu ihnen hoch, bedeutete ihnen, sich zu setzen und legte los: „Ich glaube es einfach nicht. Sie beide sind noch nicht mal in die Bande eingeschleust und schaffen es jetzt schon, die Autobahn mal wieder in Schutt und Asche zu legen. Können Sie mir das erklären?“ Gerkhan redete beschwichtigend auf die Staatsanwältin ein: „Frau Schrankmann, wir konnten es wirklich nicht verhindern, die haben einen gezielten Anschlag auf uns verübt…“ „In dessen Folge die Autobahn mal wieder in Flammen stand. Bravo, meine Herren, Gratulation!“


    Es klopfte. Susanne öffnete die Tür und sagte: „Der Wagen, der euch auf der Autobahn attackiert hat, ist auf eine Merle Wagner zugelassen. Sie gehört ebenfalls zu den 14 Leuten auf der Liste. Ihre Akte sollten Sie also haben, Chefin.“ „Danke, Susanne. Sie können gehen“, antwortete die Chefin. Nachdem sich die Tür wieder geschlossen hatte, kramte Kim Krüger die Akte von Merle Wagner aus dem Haufen vor ihr und klappte sie auf. „Merle Wagner, 23, Angestellte bei der Werttransport-Firma SafeDrive, vorbestraft. Die Liste ihrer Delikte ist drei Seiten lang, aber anscheinend ist sie mit dem Chef von SafeDrive verheiratet.“ „Und damit sind Sie raus. Merle Wagner hat Sie gesehen und würde Sie sofort wiedererkennen!“, warf Frau Schrankmann ein. Doch die Chefin schmunzelte: „Nicht, wenn wir da nicht noch was tun können.“ Verwirrt sah Semir Frau Krüger an: „Wie jetzt?“ Alex begriff und verdrehte die Augen: „Oh mein Gott.“


    Wenig später standen Semir und Alex wieder im Büro der Chefin. Semir trug eine löchrige Jeans, ein schwarzes T-Shirt, mit dem Aufdruck Gesetze sind zum Brechen da, und Turnschuhe, dessen beste Zeiten definitiv längst vorbei waren. Seine Haare waren mit einem Gel hochgeklatscht worden und seine Wange zierte eine täuschend echt aussehende Narbe. „Warum nur?“, fragte Semir. „Na, laut Akte sind sie arbeitslos, Özkan.“ Alex musste kichern, auch wenn er Frau Krüger wirklich nicht dankbar für sein neues Aussehen war. Wenn er an sich herunterschaute, erblickte er eine weiße Hose, weiße Turnschuhe mit schwarzen Streifen und ein weißes T-Shirt. Arbeiter in der Reinigung. Danke, Hartmut, dachte er. „Sven Plint, willkommen“, gab Semir zurück. „Immerhin nicht Schmidt.“ „Jetzt ist gut. Sie sollten lieber zuhören. Eine hohe Stellung in der Organisation nimmt Rolf Kunze ein, sie werden zu ihm fahren und ihm ein Drogengeschäft vorschlagen. Es muss klappen!“ Frau Krüger reichte Semir Kunzes Akte, in der hauptsächlich Drogen-Delikte standen. „Der macht ja wirklich vor nichts Halt. Nicht einmal die Schulen bleiben verschont.“ „So ist es. Und genau hier setzen wir an. Also, meine Herren, Abmarsch!“, befahl Frau Schrankmann den beiden. „Zu Fuß?“, gab Alex zurück. „Ein Kratzer an meinem Wagen, und…“ Weiter kam Frau Krüger nicht, denn Semir hatte ihr bereits den hingehaltenen Autoschlüssel entrissen und lief mit Alex zielstrebig nach draußen.


    Wenig später saßen Semir und Alex in Frau Krügers Dienstwagen. Diesmal fuhr Alex. Sorgenvoll blickte Semir auf den Rücksitz. Drei Kilo Kokain waren in einem schwarzen Koffer verpackt. Das Zeug stammte aus der Asservatenkammer der PAST und war echt. „Na, ob das gut geht“, murmelte der Türke. „Was soll schon schief gehen? Denk dran, 100.000 Euro muss er dafür hinlegen. So viel ist das auch nicht.“ „Jedenfalls mehr als das, was ein Polizist im Jahr verdient“, entgegnete Semir trocken. „Auch wahr.“ Alex grinste.


    Bald darauf kamen sie in eines der schäbigeren Viertel von Köln und hielten. Rolf Kunze wohnte in einem orange-gestrichenem, einstöckigen Haus mit drei Fenstern. „Ob der wirklich so eine hohe Stellung hat, wie die Chefin meint“, zweifelte Alex. „Werden wir sehen“, erwiderte sein Partner – und erschrak: Vor dem Haus standen zwei Autos. Der kleine, blaue VW schien Kunze zu gehören, doch daneben stand der Audi von Merle Wagner!

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  • Endlich geht es weiter. Sorry für die lange Pause...


    Kapitel 3 (Teil 2)


    Semir zupfte Alex am Ärmel und deutete auf Merle Wagners Wagen. Alex nickte nur. Die beiden wollten gerade aussteigen, als Susanne sich meldete: „Jungs?“. „Ja, Susanne, was gibt’s?“. „Die Meldung ist gerade hereingekommen. Einer der Fahrer hat es bei dem Unfall auf der A4 nicht aus seinem Wagen geschafft. Markus Wagner, 37, verheiratet, Chef der Firma SafeDrive.“ „Aber das ist doch der Typ, mit dem diese Wagner verheiratet ist. Anscheinend hat sie also seinen Namen angenommen.“ „Durchaus verständlich. Merle Wagner stammt aus einer deutsch-japanischen Familie, Mutter Deutsche, Vater Japaner, und die Mutter hat damals seinen Namen angenommen. Offensichtlich wollte Markus Wagner den Nachnamen seiner Frau nicht. Aber Sotooka wäre auch mir ein wenig zu speziell…“ „Danke Susanne, sorg bitte dafür, dass die Kollegen zu Merle Wagner fahren, sonst schöpft sie womöglich Verdacht, wenn wenig später neue Mitglieder zu ihrer Gruppe stoßen, hast du sonst noch etwas?“. „Das ist alles. Aber ich halte euch auf dem Laufenden.“


    „Rolf?.“ „Hm?“ „Ich habe es durchgezogen! Ich habe es geschafft! Und die Bullen denken jetzt der Anschlag galt denen! Perfekter ging es wirklich nicht! Als ich gesehen habe, dass vor mir ein Polizeiwagen fährt, dachte ich mir, warum schwierig, wenn es einfacher geht? Also habe ich nicht bis zur nächsten Tankstelle gewartet, wo er hätte tanken müssen, schließlich habe ich den Tank gestern Nacht fast leer gemacht. Ich habe einfach die Bullen attackiert und eine Massenkarambolage herbeigeführt. Und da ich wusste, wie langsam Markus immer ist, wenn er aus seinem Auto aussteigen will, weil er ewig braucht, um den Gurt zu lösen, habe ich eine Explosion verursacht. Alle haben es rechtzeitig aus ihren Autos geschafft, nur Markus nicht. Ich bin noch grinsend an ihm vorbei gefahren. Sein Gesicht, ach, das hättest du mal sehen müssen, rot vor Wut und fassungslos hat er geguckt. Wie er an seinem Gurt gerissen hat, das sah schon fantastisch aus! Jetzt bin ich dieses Schwein endlich los. Und sein Flittchen hole ich mir auch noch. Ich weiß jetzt, wie sie heißt, diese verdammte…“ Kunze bremste sie: „Ist ja gut. Freut mich für uns. Ich hoffe doch sehr, du hast nicht deine eigene Karre benutzt?“ Merle Wagner wurde knallrot: „Äh… na ja, ich hatte ja geplant, in an der Tankstelle umzubringen und da dachte ich, dass es dann nicht nötig wäre…“ „Also nein. Merle, bist du wahnsinnig? Weißt du, wie schnell die Bullen bei dir antanzen werden? Hast du sie gesehen?“ „Die Bullen? Quark, ich habe immer nur auf Markus geachtet. Was interessieren mich die?“ Kunze schlug die Hände vors Gesicht: „Ich fasse es einfach nicht. Du musst untertauchen. Sofort!“ „Nein“, erwiderte Wagner, „erst bringe ich zu Ende, was ich angefangen habe. Die Tussi wird sterben. Und das wird ein grausamer Tod, das schwöre ich dir. Ein grausamer Tod!“ Sie hielt eine Halskette hoch: „Die habe ich von Markus. Die Kleine heißt Kim Krüger. Eine sehr reizvolle Aufgabe, die Chefin einer Autobahnpolizei-Dienststelle aufs Kreuz zu legen, nicht wahr?“. In Wagners Augen leuchtete ein gefährliches Feuer und ihre Lippen verzogen sich zu einem teuflischen Grinsen: „Für uns, mein Süßer. Für uns!“


    „Da schau mal an. Merle Wagner verlässt das Haus“, bemerkte Alex. „Dann mal los“, erwiderte Semir. Die beiden stiegen aus ihrem Wagen aus und liefen zu der Haustür des Anwesens. Semir klingelte und kurz darauf öffnete sich die Tür. „Ja?“. „Rolf Kunze? Wir haben da was für Sie. Etwas Großes. Aber für den Anfang sagen wir mal … Drei Kilo?“. Alex grinste Rolf Kunze an. „Was? Drei Kilo? Kommt rein!“


    „Geschmackvoll“, bewertete Semir die karge Einrichtung, „ich mag es auch so.“ „Also, ihr Milchbubis. Kommen wir zur Sache. Wie war das vorhin mit den drei Kilos?“ „Astreines Koks. Aber vielleicht sollten wir uns erst einmal vorstellen. Sven Plint mein Name. Er ist mein Kumpel Cem. Cem Özkan.“ „So so, und ihr wollt mit mir Geschäfte machen?“ „Mit dir … und mit deiner Clique.“ Rolf Kunzes Gesicht verfinsterte sich: „Woher wisst ihr…?“


    Alex beschloss, alles auf eine Karte zu setzen: „Ihr habt bei der Feuerwehr auch mal etwas lauter über eure Pläne gesprochen. Über eure Pläne als Gang. Als unkalkulierbare, eiskalte Gruppe, die sich in sämtlichen Bereichen der Kriminalität einen Namen macht. Und ihr scheint euch durchgesetzt zu haben. Jeder hat Angst. Aber ihr habt Glück, dass die Richtigen die Lauscher offen hatten.“ Kunze schien für einen Moment scharf nachzudenken, dann erwiderte er: „Also schön. Ich werde den Boss anrufen. Aber vorher gibt es die versprochene Kostprobe!“ „Und davor gibt es 100.000 Euro. Und zwar bar auf die Kralle“, entgegnete Semir kühn. Kunze grinste schief: „Ihr scheint wirklich Erfahrung zu haben. Na gut. 50.000 jetzt und 50.000 nach der Besichtigung.“


    22 Uhr: Kim Krüger saß in ihrem silbernen Mercedes und dachte nach. Zuerst über Semir und Alex, über Frau Schrankmann und über den Einsatz. Aber dann schweiften ihre Gedanken zu jemand anderem. Markus Wagner. Er hatte es ihr sofort angetan, als er vor einem Monat hilflos in der Bank gestanden hatte, weil man bei ihm eingebrochen hatte. Geld, EC-Karten, Bankdaten, Geheimzahlen – die Sperrungen waren zu spät gekommen. Nun war Markus pleite gewesen. Nachdem sie ihn angesprochen und zu einem Kaffee eingeladen hatte, war ihr schnell bewusst gewesen, dass dieser Mann etwas Besonderes war. Sein charmantes Lächeln würde Kim nie vergessen. Auch die Nächte und Ausflüge waren ein Traum gewesen. Kim hatte sich selbst in dieser Zeit kaum wiedererkannt, sie war plötzlich so anders … so offen und angetan. Ihre letzten Beziehungen waren nicht glücklich geendet. Weder mit einem Versicherungsdetektiv, mit dem sie drei Jahre verheiratet gewesen war, noch mit einem amerikanischen Cop hatte es geklappt. Und auch diesmal hatte es nicht klappen wollen. Als sie vor zwei Tagen herausgefunden hatte, dass er verheiratet war, als sie mehr aus Spaß seine Akte herausgestöbert hatte, in der ansonsten nur zwei Einträge wegen überhöhter Geschwindigkeit und Handy am Steuer verzeichnet waren, hatte sie ihn zur Rede gestellt. Er war überrascht gewesen und hatte versucht, es ihr zu erklären. Aber Kim hatte in diesem Moment nicht begreifen können, dass er Merle Wagner nicht mehr liebte. Sie war gegangen. Und jetzt war er tot. Die Chefin der PAST erwischte sich dabei, wie eine Träne die Wange hinunter kullerte. Sie konnte es einfach nicht fassen. Musste sie sich damit abfinden, dass es den Richtigen nie geben würde? Sie war so in Gedanken versunken, dass sie den silbernen Audi hinter sich nicht wahrnahm. Langsam kam der Wagen näher. Die Scheiben waren getönt.


    „Semir, das war jetzt das dritte Bier, mach mal Pause. Morgen geht es richtig los!“ Alex setzte sich wieder zu Semir auf seine Couch. „Na, wie haben wir das gemacht?“, fragte Semir, statt auf ihn einzugehen. Alex lächelte, schwieg aber. Nach einer langen Schweigephase sagte er schließlich: „Mein Bluff hat wirklich nicht schlecht funktioniert.“ Wieder entstand Stille in Alex‘ Wohnung. Irgendwann stand Semir auf und klopfte seinem Partner auf die Schulter: „Das wird was. Da bin ich sicher. Jetzt erst mal nach Hause.“


    Nach Hause. Semir biss sich auf die Zunge. Er hatte kein Haus mehr. Nur Bonraths Gästezimmer. Das, mit der kalten Dusche…

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  • Ja, es geht weiter! Sorry, für die lange Pause!


    Kapitel 4


    Kim Krüger erwachte. Ihr Kopf brummte gehörig. Zuerst dachte sie, sie hatte zu viel getrunken, denn in ihrem Kopf drehte sich alles, doch dann wurde ihr ihre tatsächliche Lage bewusst. Sie lag auf einer Matratze auf einem Bettgestell. Dieses stand in einem kargen Raum, einer Art Keller. Die Wände waren schneeweiß und die Tür eine dicke, silberne Stahltür. Nach etwa drei Minuten gelang es Kim, aufzustehen, und Richtung Tür zu gehen. Doch als sie die Tür fast erreicht hatte, brach sie wieder zusammen. Ob man ihr etwas verabreicht hatte? Sie startete sofort einen neuen Versuch, danach noch einen – jedes Mal endete es auf dem Boden. Anscheinend hatte man sie tatsächlich unter Drogen gesetzt. Kim spürte Schwindelgefühle, Atemnot, Bauch- und Kopfschmerzen. Ihr stiegen die Tränen in die Augen. Sie war völlig hilflos und begann, zur Tür zu krabbeln, doch genau in diesem Moment öffnete sich ihr Ziel. Eine Frau trat ein, die Kim trotz ihres Zustands sofort erkannte: Merle Wagner. Aber sie war nicht allein. Ein Mann, dessen Gesicht von einem breiten, schwarzen Hut verdeckt wurde, stand neben ihr. Er war komplett in schwarze, teure Designer-Klamotten gekleidet und senkte den Blick, was für Kim eine zusätzliche Hürde war, das Gesicht des Mannes zu erkennen. Merle Wagner begann, hysterisch zu lachen: „Da krabbelt die Chefin einer Autobahndienststelle auf dem Boden herum. Nein, ist das komisch. Brauchst du vielleicht dein Fläschchen?“ Grinsend holte sie eine Nuckelflasche aus ihrer Hosentasche hervor und steckte sie Frau Krüger in den Mund. Der Mann neben ihr verdrehte die Augen, ließ die Situation aber unkommentiert. „Sie haben zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, meine Liebe! Gut gemacht. Zum einen können haben Sie nun jemanden, an dem sie ihre Wut auslassen können, und zum anderen haben wir eine wertvolle Geisel, dessen Leute uns schon länger auf der Nase herumtanzen. Das ist nun vorbei. Sie werden denken, dass einzig und allein unsere Organisation für die Entführung verantwortlich ist. Ihr wahres Motiv, Wagner, wird zweifelsfrei im Dunkeln bleiben. Dafür haben Sie eine Belohnung verdient. Da Sie mit Ihrer Aktion bewiesen haben, in welchem Terrain Sie Ihre Qualitäten haben, bekommen Sie einen besonderen Auftrag zugesprochen.“ Langsam erhob sich Merle und sah ihrem Gegenüber respektvoll in die Augen. Er und Rolf waren die Einzigen, denen sie mit Ehrfurcht und Gehör begegnete. „Danke“, wisperte sie tonlos, glitt dann aber wieder in die Rolle der überlegenen Diva und sah Kim kalt lächelnd an: „Na, dann kommst du am besten gleich in dein Babybett. Aber vorher legen wir dir noch eine schöne Windel an, damit du heute Nacht auch mit einem Abführmittel beruhigt schlafen kannst, nicht wahr?“ Sie lachte sich selbst halbtot über ihre Boshaftigkeit. Wieder loderte dieses bedrohliche Feuer in ihren Augen auf. Sie war am Ziel angekommen, und bevor sie die Liebhaberin ihres Ex-Mannes in einer riesigen Aktion umbringen würde, würde sie ihre Macht und Dominanz gegenüber ihrem Opfer ordentlich ausspielen. Jetzt trat Frau Wagner zu ihrem Boss und fragte direkt: „Um was geht es? Wen soll ich Ihnen als nächstes bringen?“ „Ein junges Mädchen, hat gerade Abitur gemacht. Sie heißt Heike-Maria Schrankmann.“ „Schrankmann“, murmelte Merle, „den Namen habe ich doch schon mal gehört.“ „Sie ist die Tochter einer Staatsanwältin. Um genau zu sein, die Tochter der Staatsanwältin, die uns den ganzen Ärger eingebrockt hat. Die, die uns drei falsche Eier in unser kleines Nest gelegt hat. Wir werden diese Truppe von Polizisten gehörig unter Druck setzen. Wir nehmen ihnen jegliche Kraft, etwas ausrichten zu können. Was sagen Sie dazu?“ Merle Wagner sagte nichts dazu, vielmehr waren es ihre Mimik und Gestik, die dem Boss verrieten, dass Wagner zu allem entschlossen war.


    Kim stockte der Atem. Wozu war eine kleine Gruppe von Leuten fähig? Was würden sie als Nächstes tun? Obwohl es ihr immer schlechter ging, hatte sie jedes Wort deutlich verstanden, jedes Wort hallte in ihrem Kopf wider. Doch sie konnte nichts sagen, konnte nicht schreien oder etwas Anderes tun. Sie war ihren Entführern hilflos ausgeliefert. Zum vielleicht ersten Mal in ihrem Leben dachte sie daran, dass sie diese Situation nicht überleben würde…


    „Morgen“, murmelte Semir Susanne verschlafen zu. Die sah, dass Semir sehr spät ins Bett gekommen war: „Heute ist doch euer großer Tag, dachte ich. Vielleicht sollten Helden dafür etwas … ausgeschlafener sein?“ „Stichel du nur, es waren nur drei Bier und halb zwei Uhr, also, alles in Ordnung, okay? Wo ist Alex denn?“ „Im Büro der Chefin, zusammen mit der Schrankmann. Sie war ziemlich aufgeregt, als sie hier eben reinplatzte.“ „Ach ja, richtig, das Motorrad steht ja draußen. Wahrscheinlich werde ich alt“, meinte Semir und ging auf das Büro zu, in dem Frau Schrankmann aufgeregt mit den Händen fuchtelte, wie Semir durch die Scheibe sehen konnte. „Ja, vielleicht, oder es waren eben doch ein paar Bier mehr“, murmelte Susanne leise, worauf Semir ihr unwirsch ein „Das hab ich gehört“, entgegnete.


    Als Semir die Tür zum Büro der Chefin öffnete, platzte er mitten in eine laute Debatte zwischen der Staatsanwältin und seinem Partner. „Was ist denn hier los?“, begrüßte er die beiden. „Meine Tochter ist entführt worden, Herr Gerkhan, meine Tochter! Mein Ein und Alles! Und dafür können nur Sie verantwortlich sein, Sie beide!“ „Beruhigen Sie sich doch erst einmal, Frau Schrankmann. Wir werden uns heute in die Bande einschleusen und wir werden Ihre Tochter finden, ganz sicher! Wie genau ist es denn passiert?“ „Sie war gestern Abend bei ihrer Freundin Lisa und ist nicht nach Hause gekommen. Lisa schwört aber, dass sie sich auf den Weg nach Hause gemacht hat – Heike-Maria hat ja jetzt ein Auto, aber sie ist nie bei mir angekommen! Eine DVD lag heute Morgen in meinem Briefkasten, ohne Absender natürlich. Sie zeigt, wie meine Tochter brutal entführt wird. Hier, das ist sie“, schloss Frau Schrankmann ihren Bericht ab und schob die DVD über den Tisch.


    Semir schüttelte fassungslos den Kopf. Heike-Marias Wagen war mehrmals gerammt worden, Schüsse waren gefallen, und sie war in ihrem Wagen in eine dunkle Seitenstraße geschoben worden. Eine maskierte Person war ausgestiegen und hatte Heike-Maria in das Tatfahrzeug, einen dunkelgrünen VW, geschubst. Hier endete das Video, welches auf die DVD gebrannt worden war. Alex legte der inzwischen schluchzenden Mutter seinen Arm auf die Schulter und redete beruhigend auf sie ein, doch die hörte gar nicht hin. Sie vergrub weinend ihre Arme in ihrem Gesicht, riss sich von Alex los und setzte sich an den Schreibtisch. Die Partner sahen sich entschlossen an – nun mussten sie handeln!


    Als die beiden das Büro verließen, fiel Alex etwas auf: „Wo ist die Chefin eigentlich?“ „Keine Ahnung, ich war heute Morgen als Erstes hier und habe sie noch nicht gesehen. Vielleicht hat sie verschlafen?“, erwiderte die Sekretärin. „Wir können uns jedenfalls nicht darum kümmern. Dieter, Jenny, fahrt ihr mal bei der Chefin vorbei?“, rief Semir den beiden zu, die sich gerade einen Kaffee am Automaten holten. Sie nickten, und kurz darauf verließen Semir und Alex die Dienststelle.


    Auf dem Weg zu Kunze klingelte Semirs Handy. Als er sah, wer anrief, überlegte er kurz, und lehnte das Gespräch dann ab. „Andrea?“, fragte Alex, der auf dem Fahrersitz saß. „Ja… aber ich möchte momentan nicht mit ihr reden. Sie weiß auch nicht, was sie will. Mit Robert scheint nichts mehr zu laufen, jetzt ruft sie mich dauernd an. Wie Frauen eben ticken.“ „Ich glaube, ihr liebt euch immer noch. Aber da mische ich mich nicht ein, das ist deine Sache.“


    Semir schwieg. Er dachte während der gesamten Fahrt an Alex‘ Worte. Hatte er vielleicht Recht?


    „Wir haben eure Akten mal durchgesehen, ihr seid ja wirklich keine unbeschriebenen Blätter bei den Bullen. Gratulation! Ihr seid aufgenommen“, erklärte Rolf Kunze wenig später in seiner Wohnung. „Wir fahren jetzt gemeinsam zu unserem Hauptquartier, da mache ich euch erstmal mit den anderen bekannt. Der Boss hat leider keine Zeit.“ Semir und Alex zwinkerten sich zu: Das war leichter gewesen, als sie gedacht hatten!


    Wenig später saßen die beiden Cops – wieder mit alter Kleidung – in einem schwarzen Kleinbus. Kunze fuhr den Wagen. Die Fahrt ging bis zu einem sehr abgelegenen, großen Bau unweit des Containerhafens. Semir und Alex stiegen aus. Das Haus war schon etwas verfallen und wenn man die Straße entlangfuhr, schenkte man ihm kaum Beachtung, da es recht unscheinbar war. Alex blieb cool und meinte: „Mensch, und hier geht’s so richtig ab?“ Kunze nickte und trat ein, Semir und Alex folgten.


    Von innen sah der Bau noch viel größer aus, als von außen, und war längst nicht so verfallen. Im Gegenteil, in manchen Räumen achtete man auf peinliche Sauberkeit. Rolf Kunze führte sie durch den Besprechungsraum, zeigte ihnen einige der Zimmer von Mitgliedern, die gerade nicht im Hauptquartier waren, und kam schließlich bei der riesigen Geldfälscher-Halle an. Allerdings betraten sie den Raum nicht, denn alle Arbeiter, und das waren zur Überraschung von Semir und Alex gerade mal vier Leute, trugen weiße Schutzanzüge. „Dient alles der Sicherheit. Na ja, und weil es eben Eindruck schindet“, lächelte ihr Führer. Dann kam er zurück zu den Zimmern: „Ihr müsst euch beide mit den beiden anderen neuen Mitgliedern die Zimmer teilen, weil wir nur 17 haben. Ich hoffe doch sehr, das macht nichts?“ Semir und Alex schüttelten wortlos die Köpfe. „Gut, dann mache ich euch mal mit euren Zimmergenossen bekannt. Je nachdem, mit wem ihr euch besser versteht, könnt ihr euch ja aussuchen, mit wem ihr das Zimmer teilt. Die beiden wohnen in Zimmer 16 und 17. Ich denke, nach unserer kleinen Führung wisst ihr…“ Kunze musste diesen Satz nicht beenden, die neuen Mitglieder der Organisation liefen bereits in Richtung der Zimmer los und riefen ihm schnell ein „Danke“ zu. Als sie außer Hörweite waren, murmelte Alex: „Jetzt bin ich aber echt gespannt, ob die Kollegen Profis sind.“ Semir stimmte ihm nickend zu.


    Kurz darauf stand Semir vor dem Zimmer mit der Nummer 16, Alex vor der 17 und beide klopften. Ein zweifaches „Herein“ war zu hören, und beide traten ein. Alex sah seinen Gegenüber an, überwiegend schwarz gekleidet, schwarze, kurze Haare, kein Bart. Er war noch relativ jung...


    Als Semir eintrat, erblickte er zunächst niemanden, doch aus dem Bad erklang eine Stimme: „Sie müssen der Neuzugang sein, ich komme gleich.“ Anscheinend waren Semir und Alex schon angekündigt worden. Semir begann, scharf nachzudenken – irgendwo hatte er diese Stimme schon einmal gehört. In diesem Moment trat er aus dem Badezimmer: schwarze, etwas längere Haare, braune Lederjacke und Sonnenbrille – Ben Jäger.


    Bevor Semir irgendetwas sagen konnte, stürzte Alex zusammen mit seiner neuen Bekanntschaft in das Zimmer. Auch diese Person erkannte Semir, obwohl er ihn das letzte Mal vor zehn Jahren gesehen hatte, sofort: es war sein ehemaliger Partner Jan Richter!

  • Liebe FF-Fans!


    Ich weiß, ich habe meine Story vernachlässigt. Ich möchte den Faden aber gerne wieder aufnehmen. Derzeit arbeite ich deshalb an einer Fortsetzung, die an den bisherigen Teil anknüpfen kann. Sollte ich weitere FFs schreiben, werde ich wohl im Voraus mehrere Kapitel fertig schreiben, und dann stückchenweise veröffentlichen, damit längere Wartezeiten auch bei mir "Geschichte" sind.


    Liebe Grüße und bis bald,
    Eye.

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