Lebendig Begraben - Und dann?

  • Hey Leute,
    nachdem ich so schlau war meine letzte Geschichte auf meinem PC zu löschen kommt hier mal eine neue, die ich garantiert NICHT löschen werde! :D
    Ich bin auf die Idee gekommen nachdem ich mir noch einmal "Begraben" angeguckt habe, da ich das Ende sehr unlogisch fand und so dachte ich "Warum nicht einfach ein eigenes Ende schreiben wo es Ben schlecht geht?" Ihr müsst wissen, ich mag es sehr wenn er leidet! :rolleyes: Also bitte viele Feeds, weil ich einfach wissen will was ich noch verbessern kann! ^^ Naja...also los gehts...


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    Ben Jäger, 30 - Lebendig Begraben...
    ...wenn du aufwachst und alles anders ist....
    ...wenn du ganz alleine bist....
    ...wenn die Angst dich überwältigt....
    ...und du trotzdem Mutig sein musst....
    ...wenn du keine Hoffnungen mehr hast...
    ...und doch nicht aufgeben kannst...
    -
    ...dann denk immer daran, dass du nie alleine bist...
    ...und das andere für dich kämpfen...
    ...Menschen, die alles für dich tun würden....
    ...WIRKLICH ALLES!...


    „Bist du dir sicher, dass alles okay ist?“, fragte Semir zum fünften Mal. „Ja, mir geht’s gut!“, versicherte ihm Ben (ebenfalls zum fünften Mal) genervt. „Was soll denn sein?“ Semir sah seinen Partner kopfschüttelnd an. „Was sein soll? Ben, du wurdest lebendig begraben! Du kannst mir doch nicht sagen, dass du jetzt einfach ganz normal weitermachen kannst.“ „Warum? Ich hab dem Kerl eine gescheuert und fertig!“, erklärte Ben bockig und stieg aus. Semir packte ihn am Handgelenk. „Ben, ich war noch nie lebendig begraben – Gott sei Dank – aber ich hab dich durch diese Kamera gesehen und du musst schreckliche Angst gehabt haben! Und wenn du ihn totgeprügelt hättest, dann glaub ich trotzdem nicht, dass du das einfach so vergessen kannst!“ Ben riss sich los. „Lass mich einfach!“, fauchte er und knallte die Autotür zu. Semir sah seinem Partner besorgt nach. Klar, er hatte sich schon fast wieder benommen wie früher, aber Semir hatte etwas in seinen Augen gesehen, was ihm Angst machte. Ben hatte gerade die Hölle auf Erden durchgemacht, etwas erlebt woran so manch anderer zu Grunde gegangen wäre. Und doch gab er sich nach außen hin völlig unbeeindruckt. Semir kannte Ben jetzt lange genug, um zu wissen, dass das seine Art war, doch er machte sich trotzdem Sorgen. Wenn Ben jetzt die ganze Nacht alleine war, dann würde alles wieder hochkommen und ihn damit schonwieder alleine zu lassen, wie er es die ganze Zeit in dem Sarg schon gewesen war, das bereitete Semir Bauchschmerzen. Aber Ben wollte ja nicht hören, Er musste ja wieder den Starken spielen. Seufzend ließ Semir den Motor an und fuhr los. Es war noch hell und so beschloss Semir am Abend noch einmal nach Ben zu sehen.


    Das erwies sich als eine gute Idee. Als Semir vier Stunden später vor Bens Wohnungstür stand und klingelte, öffnete ihm niemand. „Ben?!“ Semir klopfte ungeduldig an die Tür. „Ben, ich bin’s! Semir!“ Doch er erhielt keine Antwort. Besorgt holte Semir seinen Ersatzschlüssel für Notfälle aus der Tasche, den er vorsichtshalber mitgenommen hatte. Eigentlich fühlte er sich unwohl dabei, einfach so in Bens Wohnung einzudringen, wo dieser doch so offensichtlich alleine sein wollte, aber seine Sorge überwog.
    Bens Wohnung war kalt; das war das erste, was Semir auffiel. Sämtliche Fenster waren aufgerissen und der Fernseher lief, doch Ben war nirgendwo zu entdecken. Semir hörte die Dusche rauschen und so schloss er erstmal die Fenster und beschloss zu warten, bis Ben fertig geduscht hatte. Doch als das Wasser nach 10 Minuten immer noch lief, wurde Semir wieder unruhig. „Ben?!“, leise klopfte er gegen die Badezimmertür. „Ben, ich bin’s Semir! Ist alles okay bei dir?“ Doch er erhielt keine Antwort. „Ben!“, fragte er lauter, doch alles blieb still. Zögernd öffnete er die Badezimmertür ein Stückchen und sah sich um. Eine Dampfwolke stieg ihm entgegen und so konnte er zuerst nichts sehen. Semir hustete und öffnete die Tür weiter, um den Dampf herauszulassen. Erst dann sah er Ben: Er lag reglos auf dem Boden in der Dusche und das heiße Wasser lief unaufhörlich weiter. Es sah ganz so aus, als wäre er einfach beim Duschen umgekippt.

  • Danke schon mal für Eure Feeds! Da mir gerade Langweilig ist, stell ich gleich mal noch einen Teil hoch! ;)



    „Ben?“, rief Semir und hastete zu seinem Partner. Er stellte die Dusche ab und gab Ben ein paar sanfte Ohrfeigen. „Ben, wach auf!“, meinte er und tatsächlich regte sich Ben. Er keuchte auf und warf sich in panischer Angst hin und her. „Ben, ganz ruhig.“, versuchte Semir ihn zu beruhigen und packte ihn an der Schulter, aber Ben schlug seine Hand grob weg und drängte sich in die Ecke der Dusche, so weit weg von Semir wie möglich. Semir versuchte ihn noch einmal beruhigend zu berühren, aber wieder reagierte Ben fast panisch und schlug seine Hand weg. Er schien kaum etwas mitzubekommen. „Ben, verdammt noch mal! Beruhig dich doch!“, fluchte Semir, unsicher, was er tun sollte. Ben zitterte am ganzen Körper und er warf sich immer wieder ängstlich hin und her. „BEN!“ Semir packte den Jüngeren erneut an der Schulter und diesmal ließ er nicht los, egal wie doll Ben sich wehrte. „Ben, ganz ruhig.“, flüsterte er immer wieder und strich Ben sanft über die nackte Schulter. „Alles ist gut.“ Langsam beruhigte sich Ben tatsächlich etwas und zitternd sackte er in seiner Ecke zusammen.


    Semir spürte, wie sich seine Muskeln langsam entspannten und eine einsame Träne seine Wange herunter floss. Semir reichte ihm ein Handtuch und bot Ben seine Hand an. „Komm, wir legen dich mal auf’s Sofa, okay?“, schlug er vor. Ben nickte ergeben und ließ sich von Semir hochziehen. Er war immer noch sehr wackelig auf den Beinen und zitterte heftig, aber immerhin schien er ansonsten wieder halbwegs klar zu sein und ließ sich widerstandslos zum Sofa führen. Semir reichte ihm noch eine Wolldecke, die Ben dankend nahm und Semir dann mit erschöpftem Gesichtsausdruck ansah. „Danke.“, murmelte er leise. Semir strich ihm sanft eine der nassen Strähnen aus der Stirn. „Was ist denn passiert, Ben?“, fragte er sanft.

  • „Mir war nur plötzlich so komisch.“, murmelte Ben leise. „Ich hab wahrscheinlich einfach zu wenig gegessen.“ Semir lächelte. „Komm schon, Ben. Du weißt genau, dass das nicht daran liegt.“ Doch wenn Ben das wusste, dann wollte er das zumindest nicht zugeben. „Was denn sonst?“, fauchte er mit schwacher Stimme. „Ben, jetzt mach doch nicht so zu! Wenn du das alles in dich rein frisst, wird’s nur noch schlimmer.“, versuchte Semir seinen Partner zur Vernunft zu bringen. „Es gibt Leute, die können dir helfen. Ich kenn‘ da einen Psychologen, der ist wirklich gut, Ben. Das ist doch nichts Schlimmes.“ „Ich brauch‘ keine Hilfe.“, maulte Ben leise. „Ich komm‘ schon klar, okay?“ Semir schüttelte resignierend den Kopf. „Tust du nicht!“ Aber Ben hörte gar nicht zu. „Am besten, du gehst jetzt einfach.“, erklärte er. „Wir sehen uns morgen bei der Arbeit.“ Semir starrte ihn fassungslos an. „Du willst doch nicht so zur Arbeit kommen?“, stieß er aus. „Wieso? Mir geht’s gut!“ Semir verdrehte nur die Augen. Ben war bockig wie ein kleines Kind. „Gut, aber ich hol‘ dich ab, okay?“, schlug er vor, in der Hoffnung Ben vielleicht morgen früh zur Vernunft bringen zu können. Ben stimmte widerwillig zu und rollte sich dann unter seiner Decke zusammen. „Bist du sicher, dass ich nicht da bleiben soll?“, fragte Semir vorsichtig. „Geh einfach!“, forderte Ben ihn mit leiser Stimme auf und Semir brach es fast das Herz, als er hörte, dass er weinte. „Willst du vielleicht mit zu mir?“ Doch Ben schüttelte den Kopf. „Lass mich einfach alleine – bitte!“ Er klang so verzweifelt. Semir konnte ihn doch jetzt nicht so hierlassen. „Ben… ich – lass dir doch bitte helfen!“ Ben schniefte und drehte sich mit verweinten Augen zu seinem Partner um. „Semir, geh einfach. Bitte!“ Semir schluckte, dann nickte er. Ben wollte alleine sein, das musste er akzeptieren. Er konnte nur hoffen, dass Ben sich das gut überlegt hatte: Die Nacht würde hart für ihn werden, so viel war klar. „Du kannst mich um jede Uhrzeit anrufen, okay?“ Ben sagte nichts; er hatte sich schon wieder in seiner Decke vergraben. Semir warf ihm einen letzten Blick zu, dann ging er.


    Ben rief die ganze Nacht nicht an. Und das machte Semir Sorgen. Er kannte Ben und er wusste, was es brauchte um ihn dermaßen fertig zu machen, dass er zusammenbrach. Semir mochte sich gar nicht vorstellen, welche Ängste er in diesem Sarg durchgemacht hatte, doch er wusste, dass diese Ängste Ben einholen würden und wenn er sie sich nicht eingestand, würde er den alten Ben nie wieder bekommen, das wurde Semir klar. Bei seinem Klingeln am nächsten Morgen öffnete wieder niemand. Semir seufzte und ließ sich wieder selber herein. Er bekam einen kleinen Schock, als er das Chaos in Bens Wohnung sah: Sämtliche Kleidungsstücke waren aus den Schränken gerissen und überall verstreut. Das Gleiche war mit Bens CD Sammlung und einem Haufen Bücher passiert. Nichts schien mehr an Ort und Stelle zu sein und sogar die Stühle lagen kreuz und quer auf dem Boden verteilt. Wieder hatte Ben alle Fenster geöffnet und auch die Balkontür stand sperrangelweit auf. Zögerlich betrat Semir das Chaos. „Ben?“, fragte er vorsichtig. Im Bad war er diesmal nicht und auch sein Schlafzimmer war leer, doch auch hier herrschte das Chaos. Ben musste außer sich gewesen sein, wenn er das alles alleine angerichtet hatte. Plötzlich hörte Semir ein Schluchzen. Wie von der Tarantel gestochen fuhr er herum und sein Blick blieb an der offenen Balkontür haften. Langsam bahnte er sich einen Weg dorthin und tatsächlich: Da draußen, zusammengekauert in einer dreckigen Ecke, lag Ben auf dem Boden und starrte mit roten Augen in den fernen Himmel. „Ben?“, fragte Semir zögerlich. Es war nicht besonders warm draußen – immerhin war es schon Oktober – und Ben trug bloß ein T-Shirt und Jogginghosen. Doch Ben schien wieder wie in Trance zu sein. Er bekam nichts um sich herum mit und seine rechte Hand klammerte sich panisch an das Geländer des Balkons.

  • Vorsichtig näherte sich Semir seinem Partner um ihn nicht zu erschrecken. „Ben?“, fragte er nochmal und berührte ihn leicht an der Schulter. Ben zuckte heftig zusammen und stieß Semir wieder weg, doch der wusste nun, was zu tun war. Wie am Abend zuvor packte er Ben fest an der Schulter und hielt ihn fest, bis Bens Atem wieder langsamer wurde und sein Zittern abnahm. Als Ben sich beruhigt hatte, wurde er auch wieder klar. Seine Augen fixierten sich und er sah Semir direkt an. „Ben, was machst denn du für Sachen? Warum bist du nicht drinnen?“ Ben sah ihn zittrig an. „Da war keine Luft mehr.“, flüsterte er leise und Semir strich ihm beruhigend über die kalten Haare. „Willst du nicht doch mal mit jemandem reden?“, fragte er vorsichtig, aber wenn er gedacht hätte, Ben wäre endlich zur Vernunft gekommen, dann hatte er sich geschnitten. „Worüber? Mir geht’s gut!“, erklärte er und richtete sich zittrig auf. Semir stützte ihn hastig ab, damit Ben nicht hinfiel. „Lass mich, das geht schon.“, schnappte Ben und sofort war er wieder der alte, bockige Ben. „Hast du was gegessen?“, fragte Semir scharf und Ben schüttelte den Kopf. „Und geschlafen hast du auch nicht, oder?“ „Ist doch egal.“, fauchte Ben und ließ sich zitternd aufs Sofa fallen. Semir setzte sich neben ihn. „Ben, dir geht es nicht gut und ich will jetzt, dass du dir endlich Hilfe holst.“, erklärte er ernst. „Ich hab einen Freund, den kann ich anrufen, der wird dir helfen.“ Doch Ben schüttelte nur wütend den Kopf. „Ich brauche keine Hilfe.“ Er stand wackelig auf und schnappte sich ein frisches T-Shirt. „Lass uns fahren.“, meinte er sauer. Doch Semir machte keine Anstalten sich auf den Weg zu machen. „Ben, ich nehm dich in deinem Zustand ganz bestimmt nicht mit zur Arbeit!“, erklärte er. „Du legst dich jetzt ins Bett und holst deinen Schlaf nach und ich ruf‘ Andrea an, dass sie nach dir sieht.“, schlug er vor. „Ich brauche keine Hilfe, kapierst du’s nicht?“, schrie Ben. „Und ich will jetzt zur Arbeit, ich halt das in dem Scheiß-Loch hier nicht mehr aus!“ Keuchend ließ er sich auf einen der wenigen Stühle fallen, die nicht umgeworfen wurden waren. Semir seufzte. Er verstand jetzt zumindest, warum Ben arbeiten wollte: Er brauchte Ablenkung. Doch Ben hatte seit zwei Tagen nicht geschlafen und es ging ihm mittlerweile auch körperlich nicht mehr wirklich gut. Doch er konnte Ben ja auch schlecht schonwieder alleine lassen und bei der Arbeit konnte er wenigstens ein Auge auf ihn haben, wenn er denn schon nicht zur Vernunft kommen wollte. Und vielleicht half es ja auch, wenn die anderen mal mit ihm redeten. „Na gut, dann komm!“, meinte er schließlich und reichte Ben seine Jacke.


    Ben schnappte sich das Kleidungsstück wortlos und verließ als erster die Wohnung. Semir folgte ihm und der Weg zur Arbeit verlief weitgehend schweigend. „Wenn irgendwas ist, sagst du Bescheid, ja?“, hakte Semir besorgt nach. „Mir geht’s gut!“, fauchte Ben. „Jaja.“, meinte Semir beschwichtigend. „Ich sag ja nur ‘wenn‘.“ Ben schnaubte und Semir verdrehte nur die Augen. Mit Ben zu reden machte einfach keinen Sinn. Es machte ihn nur sauer und Semir wollte in Bens Zustand zumindest einen Streit verhindern, der Ben nur noch zusätzlich zu schaffen machen würde. Die Kollegen staunten nicht schlecht, als Semir zusammen mit Ben in der PAST ankam. „Ben?“ Susanne kam auf ihn zugestürmt und auch die anderen Kollegen
    umringten Ben. „Alles okay? Willst du dir nicht ein paar Tage freinehmen?“ „Mir geht’s gut!“, erklärte Ben und versuchte sich fast panisch einen Weg durch die Menge zu kämpfen. „Lasst ihn.“, flüsterte Semir und versuchte Ben irgendwie ins schützende Büro zu drängen, da er mit den ganzen Leuten sichtlich überfordert schien. „Wieso ist er nicht zu Hause geblieben?“, fragte Susanne Semir, als Ben im Büro war und sich die Leute wieder verteilt hatten. „Er kommt mit der ganzen Situation überhaupt nicht klar.“, wisperte Semir leise, damit Ben ihn nicht hören konnte, der sich schonwieder hilfesuchend nach Semir umsah. „Aber er frisst das alles komplett in sich herein und er will sich einfach nicht helfen lassen. Ich kann ihn einfach nicht alleine zu Hause lassen, verstehst du?“ Susanne nickte und sah Ben bedrückt an. „Ich glaub er sucht dich.“ Semir nickte. „Rufst du Andrea an und fragst sie, ob sie in Bens Wohnung mal nach dem Rechten sehen kann?“ Susanne versprach das sofort zu tun und Semir setzte sich zu Ben ins Büro.

  • Der Vormittag verging relativ schnell. Semir und Ben waren sowieso spät gekommen und Semir hatte noch relativ viel zu erledigen. Er hatte Ben einen Kaffee geholt und ihm zur Beschäftigung einen Haufen alter Akten zum Sortieren gegeben – nachdem er sich vergewissert hatte, dass keine davon Ben in irgendeiner Weise an den Sarg oder Mahler erinnern würde. „Willst du Mittagessen?“, fragte Semir Ben gegen eins, als er schon ziemlich Hunger hatte. „Du hast ewig nichts gegessen!“ Doch Ben schüttelte den Kopf. „Ich hab‘ keinen Hunger.“, murmelte er und starrte mit trübem Blick auf die Akten, die er seit Stunden auf- und wieder zu blätterte. Semir blickte auf und sah Ben besorgt an. „Ben, du musst was essen.“, versuchte er ihn zu Vernunft zu bringen. Aber Ben schüttelte wieder nur den Kopf. „Ich will nicht Semir!“, erklärte er leise und schloss müder die Augen. Semir hatte fast ein schlechtes Gewissen ihn mitgeschleppt zu haben: Ben gehörte eindeutig ins Bett! „Soll ich dich nach Hause fahren?“, fragte er vorsichtig. Ben sah ihn hitzig an. „Lass mich einfach in Ruhe, okay?“, fauchte er und vergrub das Gesicht in den Händen. Semir seufzte und sah sich hilfesuchend nach Susanne um. Als diese seinen Blick bemerkte stand sie auf und kam zu Semir ins Büro herein. Sie nickte Semir zu, der aufstand und den Raum verließ, dann zog sie sich einen Stuhl heran und setzte sich neben Ben. „Mmh, geht’s dir nicht so gut?“, fragte sie ganz sanft. Ben zuckte mit den Schultern; den Kopf immer noch in den Händen vergraben. Susanne strich ihm sanft über den Rücken. „Willst du dich was hinlegen, drüben im Krankenzimmer?“, schlug sie vor. Ben starrte mit glasigen Augen auf die Tischplatte, dann nickte er. „Ich komm‘ gleich, okay?“ Susanne nickte und stand auf. Ben fühlte sich nicht in der Lage es ihr nachzutun. Nicht nur die Bilder, die immer wieder hochkamen, machten ihm zu schaffen, in den letzten Stunden ging es ihm auch sonst immer schlechter. Ihm war übel und er fühlte sich merkwürdig krank und zittrig. Aber er wollte es Semir nicht sagen, denn Semir würde das wieder auf die Sache mit dem Sarg schieben und Ben zwingen daran zu denken. Und Ben wollte nicht mehr daran denken, aber es ging einfach nicht! Die Angst, wieder mittendrin zu sein, raubte ihm den Schlaf und er war einfach nur noch total fertig. Wie in Trance stand er auf; stütze sich mit zittrigen Händen auf der Tischplatte ab. Die Umgebung um ihn herum war komplett verschwommen und alles drehte sich. Sein Magen protestierte heftig und Ben fühlte sich dermaßen wackelig auf den Beinen, dass er sich am liebsten gleich wieder hingesetzt hätte. Wie im Traum setzte er einen Fuß vor den anderen; die Übelkeit und der Schwindel hüllten ihn in ein Tuch und der Boden unter seinen Füßen verschwand. Auch die Umgebung wurde schwarz und dann versank Ben komplett in dem riesigen schwarzen Loch.

  • Susanne sah besorgt zu, wie Ben sich hochquälte. Es schien ihm gar nicht gut zu gehen. Er stütze sich auf dem Tisch ab und schwankte heftig. Susanne hielt ihm hilfsbereit die Tür auf, doch bis dahin kam Ben gar nicht. Er schwankte und dann kippte er einfach nach vorne. Susanne machte einen hastigen Schritt auf Ben zu und versuchte den jungen Kommissar aufzufangen, sodass er nicht so hart auf den Boden fiel. Es gelang ihr zumindest den Sturz etwas abzufedern, denn Ben war zu schwer für sie. „Semir!“, rief sie ängstlich und sofort stand dieser wieder im Raum. „Ben… er wollte sich ein bisschen hinlegen und dann ist er einfach umgekippt.“, erklärte sie fast ängstlich. Semir kniete sich besorgt neben Ben und fühlte dessen Stirn. „Er ist ganz heiß.“, stellte er nachdenklich fest und legte seine zusammengeknüllte Jacke unter den Kopf seines Partners. „Das ist das zweite Mal innerhalb von 24 Stunden, dass er mir umkippt. Ich fänd’s besser, wenn sich das mal ein Arzt ansieht.“, erklärte er und Susanne nickte. „Ich rufe einen Krankenwagen.“ Semir lächelte ihr dankend zu und beugte sich dann wieder zu Ben. „Hey, Ben, wach auf!“ Er tätschelte sanft Bens Wange und es dauerte nicht lange, bis Bens Augenlieder flatterten. Ben hustete und ein Schwall Erbrochenes ergoss sich über den Fußboden. Semir stützte Ben ab, damit er sich nicht verschluckte, und half ihm, bis er fertig war. Dann legte er ihn wieder vorsichtig auf den Boden und wischte ihm den Mund mit einem Taschentuch ab. „Geht’s?“, fragte er sanft. Ben nickte und schloss erschöpft die Augen. Semir strich ihm sanft durchs Haar. „Susanne hat einen Arzt gerufen, okay?“, erklärte er Ben. Der nickte leicht, zum Zeichen, dass er verstanden hatte und fuhr sich fahrig über den Mund. „Geht’s dir besser?“, fragte Semir besorgt. Ben zuckte die Achseln. „Mir ist schlecht.“, murmelte er und Semir sah ihn mitleidig an. „Das wird schon wieder, Ben.“ Er lächelte aufmunternd und Ben schloss wieder die Augen.


    „Er sollte auf jeden Fall schlafen und etwas essen.“, erklärte der Arzt und sah Semir mit ernstem Gesichtsausdruck an. Ben lag inzwischen auf der Liege im Krankenzimmer und sah schon wieder etwas besser aus. „Klar.“, meinte Semir und sah Ben betrübt an. „Und sonst?“ Der Arzt zuckte die Schultern. „Ihr Kollege scheint ansonsten ganz okay zu sein, aber unter den Umständen…“ Er zögerte. Susanne hatte ihm am Telefon erzählt, was Ben durchgemacht hatte. „Ich würde auf jeden Fall zu psychologischer Hilfe raten.“, erklärte er ernst und sah Ben an. „Ich brauch keine Hilfe.“, meldete sich dieser erstmals zu Wort und sah den Arzt müde an. Der Doc zog die Augenbrauen zusammen. „Doch das brauchen Sie.“, meinte er ernst und wandte sich dann an Semir. „Ich denke, wenn er verspricht sich auszuruhen müssen wir ihn nicht mitnehmen, aber wenn Sie aufgrund der Umstände sagen, Sie wollen lieber ein Schlafmittel kriegen, dann sehe ich auch kein Problem darin, Sie mitzunehmen.“ Aber Ben wollte nicht mit. „Mir geht’s gut.“, erklärte er stur und Semir trieb das langsam an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Aber der Arzt nickte nur und verabschiedete sich. Semir wartete, bis er weg war, dann wandte er sich wieder an Ben. „Susanne hat dir Toast gemacht.“, erklärte er und versuchte sich seine Wut, dass Ben nicht endlich redete, nicht anmerken zu lassen. Vielleicht brauchte er wirklich einfach nur ein bisschen Zeit. „Du isst jetzt was, und dann fahr ich dich nach Hause!“ „Ich hab keinen Hunger.“, murmelte Ben und drehte sich auf seiner Liege von Semir weg zur Wand. „Ben! Du hast den Arzt gehört, du musst was essen!“ Doch Ben schüttelte bloß den Kopf. „Lass mich in Ruhe!“, bat er leise und Semir hörte die Verzweiflung aus seiner Stimme. „Ben, bitte, lass dir doch helfen!“, versuchte er es noch einmal. „Ich komm schon klar.“ Ben zog sich die Wolldecke, die Susanne ihm gegeben hatte über den Kopf. „Lass mich einfach alleine.“ Semir seufzte, beschloss aber Ben nachzugeben. „Gut, dann schläfst du jetzt hier, aber danach isst du was, okay?“ Ben reagierte nicht, was Semir einfach mal als ‚Ja‘ nahm. Leise schloss er die Tür, ließ sie aber einen Spalt offen, und ging zurück an die Arbeit.

  • Ich wollte mich nochmal für Eure tollen Feeds bedanken! Es freut mich zu hören das Euch meine Story so sehr gefällt! :rolleyes:


    Vier Stunden später sah er noch einmal nach Ben. Dieser hatte wieder einmal das Fenster geöffnet. Er lag total fertig auf der Seite und starrte mit roten Augen nach draußen. Geschlafen hatte er nicht, so viel war klar. „Ben!“, meinte Semir und kam näher. „Du wolltest doch schlafen.“, besorgt strich er ihm über den Kopf. Er schien leichtes Fieber zu haben. „Ich kann nicht.“; murmelte Ben schwach. Semir verdrehte die Augen. „Und warum hast du das dem Arzt nicht gesagt? Die hätten dir was gegeben, damit du schlafen kannst.“ Ben schüttelte den Kopf. „Ich will nicht ins Krankenhaus; mir geht’s gut!“ Das sah Semir anders, aber Ben war ganz klar nicht in der Verfassung um mit ihm zu diskutieren. „Gut, dann fahr ich dich jetzt nach Hause und auf dem Weg kaufen wir dir ein Schlafmittel in der Apotheke, okay?“, schlug er vor, auch wenn er es langsam satt hatte sich um Ben wie um einen kleinen Jungen zu kümmern. Ben nickte nur und mit Semirs Hilfe stand er auf. Mit wackeligen und langsamen Schritten führte er den Jüngeren zu seinem Wagen. Die Fahrt verlief wieder einmal wortlos und Semir wurde bewusst, wie sehr er den fröhlichen, Witze reißenden Ben vermisste. Er hoffte nur, dass Ben sein Trauma wieder in den Griff bekam, denn so ging es nicht weiter, das war klar. „Ich habe einen Termin bei dem Psychologen gemacht für dich.“, erklärte er Ben, als er ihm das Schlafmittel gekauft hatte. „Um neun.“ Ben reagierte nicht, was Semir gewohnheitsmäßig schon als ‚Ja‘ deutete. Er half Ben auszusteigen und legte ihn oben direkt ins Bett. „Hier.“ Er reichte Ben eine Schlaftablette und ein Glas Wasser. „Gleich.“, murmelte Ben und vergrub sich unter seiner Decke. „Ich bleib‘ hier, bis du schläfst!“ Semir setzte sich neben Bens Bett, doch der schüttelte den Kopf. „Lass mich alleine, bitte!“ Das schien sein neuer Lieblingssatz zu sein. „Ben, dir geht’s nicht gut! Ich lass dich nicht alleine, dafür sind Freunde doch da!“ Ben sah ihn ernst an. „Bitte, Semir, ehrlich. Ich will einfach nur… lass mich einfach alleine, okay?“ Semir seufzte. „Versprichst du mir, dass du was isst?“ Ben zuckte abweisend mit den Schultern. „Ben?“ „Jaja…“ Semir verdrehte die Augen. „Gut, aber ich hol dich morgen früh für den Psychologen ab, ja?“ Ben nickte schwach und Semir ließ ihn widerwillig alleine.


    Es war zum Verrücktwerden. Immer wenn Semir da war, wünschte sich Ben nichts sehnlicher, als endlich alleine zu sein und sobald er alleine war, hielt er die Einsamkeit kaum aus. Verzweifelt vergrub er das Gesicht in der Decke. Er war so schrecklich müde, doch er konnte nicht schlafen! Es ging einfach nicht! Bens Blick wanderte langsam zu der Packung Tabletten auf seinem Nachttisch. Er zögerte, dann warf er sich eine in den Mund und schluckte sie tapfer herunter. In der Hoffnung jetzt endlich schlafen zu können, rollte er sich zusammen, doch es ging immer noch nicht. Ben stiegen die Tränen in die Augen vor Verzweiflung. Warum? Er wollte nur Schlafen, aber wie? Mit zittrigen Fingern tastete er nach der Packung Tabletten und nahm sich noch eine. Er zögerte kurz, dann spülte er auch noch eine dritte herunter. Sein ganzer Körper begann zu zittern.
    Gleich, gleich würde er schlafen. Der Wunsch war so groß, erfüllte alles. Ben zitterte so stark, dass er fast die Packung auf den Boden warf, als er sich drei weitere Tabletten nahm und sie sich in den Mund stopfte. Sein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen, doch er bekam es kaum mit. Die Tabletten benebelten seinen Kopf und ihn erfüllte eine angenehme Leere. Zittrig drückte er weitere Tabletten aus der Packung, schluckte zwei weitere herunter, als er merkte, wie sie alles wegspülten. Ben schloss die Augen und ein schwaches Grinsen huschte über sein Gesicht, als er spürte, wie sein Körper, die Sorgen, die Schmerzen; alles in die Ferne rückten und er schien zu schweben. Dann wurde alles schwarz.

  • Weil ich weiß das der Absatz fies war...heute mal 2 Teile!


    Semir war noch nicht zu Hause, da packte ihn dieses ungute Gefühl. Konnte er es wirklich verantworten, Ben noch einmal eine ganze Nacht alleine zu lassen? Er musste doch zumindest sichergehen, dass er endlich schlief. Kurz entschlossen drehte er um und nur zehn Minuten später stand er wieder vor Bens Wohnung. Das Licht brannte immer noch. Es war vielleicht eine halbe Stunde vergangen, seit er Ben alleine gelassen hatte und Semir tat es auch Leid, sich so aufzudrängen, aber Ben kam ganz offensichtlich alleine nicht klar. Wenn er schlafen sollte, dann würde er ihn alleine lassen, beschloss Semir. Und wenn nicht, dann würde er sich nicht wieder abwimmeln lassen. Diesmal klingelte er nicht, da er Ben nicht wecken wollte, falls dieser wirklich schon schlief. Das schien in der Tat der Fall zu sein. Der Jüngere lag reglos auf dem Bett und seine Augen waren geschlossen. Erst auf den zweiten Blick, sah Semir, dass irgendetwas faul war. Ben lag merkwürdig zusammengekauert da und seine Decke war auf den Boden geworfen worden. Erst dann fiel sein Blick auf die Schachtel mit den Schlaftabletten. Die Verpackung war aufgerissen und fast die Hälfte der Tabletten fehlte. Plötzlich wurde Semir klar, was Ben getan haben musste. „Scheiße.“, murmelte er und hechtete zu seinem Partner. „Ben! Ben, wach auf.“, rief er panisch und ohrfeigte ihn, doch Ben reagierte nicht. Semir fühlte seinen Puls – er ging viel zu schnell. An Bens Mund hatte sich Schaum gebildete und als Semir seine Augenlieder nach oben hob, sah er, dass Bens Pupillen nach innen gedreht waren. „Scheiße.“, murmelte Semir wieder und fischte zitternd sein Handy aus der Tasche und wählte den Notruf. „Bringen Sie ihn auf jeden Fall in die stabile Seitenlage.“, wies ihn der Sanitäter am Telefon an, nachdem er den Rettungswagen losgeschickte hatte.


    Semir tat wie geheißen. Verzweifelt versuchte er Ben doch noch wachzukriegen. Es schien ihm inzwischen ziemlich schlecht zu gehen. Semir stiegen die Tränen in die Augen, als er spürte, wie Bens Puls immer unregelmäßiger wurde und ihm der Schaum aus dem Mundwinkel lief. „Ben, mach jetzt nicht schlapp.“, bettelte er und strich Ben sanft über die Haare. „Komm schon.“ Endlich hörte er den Rettungswagen unten kommen. Er beeilte sich ihnen die Tür zu öffnen und den Weg zu Ben zu zeigen. Sofort drängten sich die Sanitäter um seinen jüngeren Partner und legten ihn auf die Trage. „Wir müssen ihn sofort mitnehmen.“, schrie einer und ehe Semir sich versehen konnte, trugen sie Ben schon nach unten. „Kann ich mit?“, fragte er und rannte ihnen hinterher. „Ja, steigen Sie ein.“, meinte der Fahrer des RTWs und Semir sprang auf der Beifahrerseite in den Wagen. Mit Blaulicht ging es zum Krankenhaus. Semir bekam nicht mit, was hinten mit Ben passierte; er hoffte nur, dass es nicht allzu schlimm war. Im Krankenhaus angekommen, wurde Ben sofort in die Notaufnahme gebracht und Semir durfte nicht mehr mit. Unruhig wartete er und verfluchte den nicht funktionierenden Kaffeeautomaten. Endlich, nach einer guten halben Stunde, kam der Arzt herein, der eben dabei gewesen war und der Ben auch heute Nachmittag schon untersucht hatte. „Was ist mit ihm?“, fragte Semir aufgeregt und sprang auf. „Er hat eine starke Überdosis Schlaftabletten zu sich genommen, aber es geht ihm den Umständen entsprechend ganz gut.“, erklärte der Arzt beruhigend. „Wir pumpen ihm gerade den Magen aus. Er schläft aber noch.“ „Kann ich zu ihm?“, fragte Semir und der Arzt nickte. Er erklärte ihm, wie er zu Bens Raum kam und nur fünf Minuten später stand Semir vor der richtigen Tür. Er betrat den kleinen Raum und sah traurig auf Ben. Er war an zahlreiche Geräte angeschlossen und ein ständiges Piepsen begleitete seinen Atem. Leise setzte sich Semir neben den Jüngeren, der tatsächlich friedlich zu schlafen schien.

  • Sry, ich bin spät dran! :D


    Semir beschloss ihn erstmal alleine zu lassen – Ben war so fertig gewesen, er würde sowieso nicht vor morgen früh aufwachen. Doch als Semir am nächsten Morgen gegen sieben im Krankenhaus ankam, war Ben schon wach und er sah kaum besser aus. Sein Magen war zwar komplett leer gepumpt, doch er schien immer noch kaum geschlafen zu haben und die Portion Schlaftabletten hatte sichtliche Spuren in Bens ohnehin schon ausgemergeltem Gesicht hinterlassen. Semir setzte sich neben sein Bett und strich ihm sanft über das verschwitzte Haar. „Hey, Ben. Wie geht’s?“ Ben stöhnte nur und hustete leicht. „Nicht gut?“, fragte Semir sanft. Ben schüttelte den Kopf und schloss gequält die Augen. „Hast du denn nicht geschlafen?“ „Nicht viel.“, murmelte Ben. Semir sah ihn mitleidig an. „Was machst du auch für Sachen, Ben?“, fragte er ihn besorgt. „Was hast du dir dabei gedacht?“ Ben sah ihn müde an. „Ich wollte doch einfach nur schlafen, Semir, ich konnte einfach nicht mehr.“, flüsterte er und klammerte sich verzweifelt an seine Bettdecke. Semir strich ihm sanft durchs Haar. „Ben, du musst mit dem Psychologen reden, bitte! Das geht so nicht mehr!“ Ben schüttelte den Kopf. „Nein, bitte…“ Semir verdrehte die Augen.


    „Ben, kapierst du‘s nicht? Dir geht’s scheiße und du kriegst dein Leben alleine nicht mehr in den Griff! Meinst du ich hab Lust, zweimal pro Tag den Krankenwagen für dich zu rufen? Ich hab mir Sorgen gemacht, Ben! Und ich will, dass du wieder glücklich wirst; dass du wieder lachst. Ben, du musst verstehen, dass du das alleine nicht hinkriegst. Es geht dir doch nur schlechter, wenn du immer alles in dich hinein frisst.“ Er sah Ben ernst an. Dem Jüngeren floss eine Träne die Wange herunter. „Ich kann das nicht mehr, Semir.“, schniefte Ben und knüllte die Decke verzweifelt zusammen. „Ich kann einfach nicht mehr!“ Semir nahm den Jüngeren fest in den Arm. „Der Psychologe hilft dir, Ben.“ Doch wieder schüttelte der nur den Kopf. „Ich hab Angst.“, flüsterte er und Semir spürte, wie heftig er zitterte. „Und wenn du nicht darüber sprichst, wird die auch bleiben!“ Semir spürte, wie dicht er dran war. Aber Ben schien ihm kaum zuzuhören. Die Gefühle schienen ihn nun endgültig zu überwältigen und seine Hand krallte sich in Semirs Jacke, als wäre die der einzige Rettungsring nach einem Schiffsunglück. Semir nahm Ben sanft in den Arm. „Ben, bitte, versuch es einfach! Du hast doch gesehen wohin das führt! Willst du dich wirklich umbringen?“ Ben zuckte bei dem Wort merklich zusammen. Langsam hob er den Kopf und sah Semir mit tränenverschmiertem Gesicht an. „Ich wollte doch nicht… ich will einfach nur…“ Er stockte. „… ich will einfach nur, dass alles ist wie früher.“, gestand er leise und sah Semir flehend an. „Ich wollte mich nicht umbringen!“

  • Endlich mal wieder früher Schule aus! :thumbup: Soo und weiter gehts! :D


    Bens Magen krampfte sich zusammen, als ihm Semirs Satz immer wieder im Gedächtnis hallte. ‚Willst du dich wirklich umbringen?‘ Ben hatte keine Sekunde daran gedacht, doch wie er jetzt da lag und spürte, wie schlecht es ihm ging – vor allem auch körperlich – da wurde ihm bewusst, wie weit er es hatte kommen lassen. Wenn Semir nicht gekommen wäre, würde er bald wieder in einem Sarg liegen – diesmal tot. Er hatte sich nicht umbringen wollen...er hatte doch einfach nur weg gewollt...den Schmerz und die Angst vergessen…! Doch plötzlich wurde ihm klar, wie nah das beieinander lag. Und Ben wollte sich nicht umbringen! Er wollte leben! Er war doch so glücklich gewesen mit Semir die letzten Wochen, er wollte das nicht verlieren! „Du warst aber kurz davor, Ben!“, riss Semir den Jüngeren aus seinen Gedanken. „Wenn du willst, dass alles so wird wie früher, dann nimm doch bitte endlich die Hilfe an!“ Semir klang verzweifelt. Wie sollte er Ben jemals zur Vernunft bringen? Warum hatte es überhaupt so weit kommen müssen? „Bitte, Ben! Reiß dich noch einmal zusammen! Sei einfach noch ein einziges Mal stark!“ Ben ließ den Kopf langsam wieder aufs Kissen sinken. „Ich kann das nicht....“, flüsterte er stockend. „… nicht alleine.“ Immer noch klammerte er sich an Semir und schien seine ganze Kraft aus ihm zu ziehen. „Ich lass dich nicht alleine, Ben, hörst du? Du weißt doch, dass ich für dich da bin.“ Ben schluckte und starrte angestrengt gegen die Wand. „Okay.“, flüsterte er zögerlich und Semir merkte, wie viel Überwindung es ihn gekostet hatte endlich dieses eine Wort zu sagen. Erleichtert atmete Semir auf, fast schon überrascht, dass es ihm doch endlich irgendwie gelungen war an Ben heranzukommen – auch wenn es ganz schön Nervenaufreibend war. „Gut, ich ruf ihn an, ja?“ Ben schloss die müden Augen und nickte leicht. Semir spürte förmlich, wie er sich für das Kommende bereit machte. Semir blieb bei Ben während er telefonierte. Zum Glück kannte er den Psychologen und der erklärte sich sofort bereit zum Krankenhaus zu kommen.


    Nur eine halbe Stunde später klopfte es an der Tür. Ben war in der Zeit stumm geblieben, die Hand immer noch an Semirs Jacke. „Okay?“, fragte Semir noch einmal nach, bevor er den Psychologen hereinbat. Ben nickte zögerlich, aber entschlossen. Offenbar hatte er endlich verstanden, dass man ihm nur helfen wollte, damit er endlich wieder glücklich sein konnte, wie er es selbst gesagt hatte. Der Psychologe war etwa in Semirs Alter und er lächelte Ben freundlich zu. Er stellte sich vor und fragte auch Ben nach seinem Namen und seinem Alter. Ben redete zögerlich...schien sich mit jedem Wort ein Stückchen ins Unbekannte, Gefürchtete zu begeben. Er hatte Semirs Jacke in seiner Faust zusammengeknüllt und die ganze Zeit über starrte er auf denselben Flecken an der Wand. Man merkte Ben seine Angst im Allgemeinen noch sehr an. Er zitterte und stockte immer wieder, doch mit der Zeit begann er sich sichtlich wohler zu fühlen. Er merkte, wie mit jedem Wort etwas von dem Gewicht abzufallen schien, was er seit seiner Rettung mit sich herum trug und er sprach immer schneller, mit weniger Pausen. Geschlagene zwei Stunden redete Ben; er spürte nicht, wie die Tränen seine Wangen herunter rannen und auf die Bettdecke tropften. Er redete einfach weiter; immer weiter bis die Tränen seine Stimme erstickte und er sich die ganze Verzweiflung und die ganze Trauer von der Seele geredet hatte.

  • Es ging ihm nicht gut, als er schließlich doch aufwachte, doch es ging ihm zumindest besser als vorher. „Na?“, fragte Semir freundlich, als Ben schließlich die vom Schlaf verklebten Augen öffnete. Ben stöhnte nur als Antwort – die Überdosis Tabletten machte ihm immer noch zu schaffen und er fühlte sich schwach und müde. „Wie geht’s dir?“, fragte Semir und sah ihn besorgt an. „Geht schon.“, murmelte Ben leise in seine Decke und sah aus, als wäre er am liebsten in seinem Kissen versunken. „Bitte fang nicht schon wieder damit an, Ben! Okay?“, stöhnte Semir nur und verdrehte genervt die Augen. Ben warf ihm einen schnellen Blick zu. „Ben! Du hast gestern den ersten Schritt gemacht, aber du musst jetzt dran bleiben, verstehst du?“ Ben sagte gar nichts sondern starrte einfach nur in die Leere. Er hasste es zuzugeben, wenn es ihm schlecht ging und außerdem hatte er nicht das Gefühl, diesen Scheiß-Sarg überhaupt jemals vergessen zu können. Er fühlte sich kaum besser als gestern und er wusste nicht, wie einfach nur Reden ihm helfen sollte. Aber er behielt seine Gedanken für sich. Semir würde das sowieso nicht verstehen. Niemand verstand ihn!


    „Ben, ich und der Psychologe haben überlegt, dass es vielleicht besser wäre, wenn du die nächsten paar Tage vielleicht bei mir einziehst.“, schlug Semir plötzlich vor und sah Ben an, der abwesend die Wand anstarrte. „Du kannst im Gästezimmer schlafen. Dann hast du einen Ort, wo du alleine sein kannst und wenn du reden willst ist immer jemand für dich da.“ Ben war nicht begeistert. Er wollte doch einfach nur sein altes Leben zurück! Er wollte nicht wie ein Psycho-Wrack bei seinem besten Freund einziehen, weil alle glaubten er wäre nicht in der Lage alleine zu leben. „Ich komm schon klar!“, erklärte er deshalb leise und drehte sich von Semir weg. „NEIN!“, schrie Semir und Ben fuhr zusammen, als sein Partner ungewohnt laut wurde. „Es reicht mir jetzt, Ben, verstehst du? Seit ich dich aus diesem Sarg gezogen habe tu ich alles für dich, damit es dir wieder besser geht und du hilfst absolut nicht mit! Du hast doch gemerkt wohin das Alles geführt hat! Dir ging es doch besser gestern! Ben, ich will dir nur helfen und ich dachte du hättest verstanden, dass ich wirklich Alles dafür tun würde, damit ich den alten Ben wieder kriege, aber langsam hab‘ ich echt keine Lust mehr! Ich kann ja verstehen, dass es dir scheiße geht, aber du musst auch verstehen, dass dir hier niemand was Böses will! Was hab‘ ich denn davon, wenn ich dich zu Hause mit durchfüttern und mich jeden Tag um dich kümmern muss? Ich mach‘ das für dich Ben! Und nur für dich und wenn du zu doof bist das zu kapieren, dann kann ich dir auch nicht mehr helfen!“


    Semir verstummte, doch seine Worte blieben im Raum hängen. Bens Augen füllten sich langsam mit Tränen, was Semir allerdings nicht sehen konnte, weil Ben das Gesicht von ihm weggedreht hatte. Ben wusste, dass Semir ihm nur helfen wollte, aber was war, wenn er keine Hilfe brauchte? Wenn er keine wollte? Andererseits lag er immerhin gerade im Krankenhaus und so schwer es auch war sich das einzugestehen, wurde Ben klar, dass es so nicht weiterging. Was würde er machen, wenn er jetzt alleine nach Hause kam? Semir hatte doch Recht gehabt; er fühlte sich kaum besser als vorher! Er würde die Nacht nicht ertragen, wenn er alleine im Dunkeln lag und alles zurück kam. Ben schluckte. Er wollte Semir
    seine Schwäche nicht zeigen; wollte nicht, dass alle Mitleid mit ihm hatten und ihn die ganze Zeit anstarrten, als würde er jede Sekunde umkippen. „Ich will doch nur, dass es ist wie früher.“, flüsterte Ben schließlich und versuchte die Tränen aus seiner Stimme zu verbannen. Er spürte, wie Semir seine Hand ganz sanft auf seinen bebenden Rücken legte. „Das will ich auch Ben, aber das geht nun mal nicht von heute auf morgen! Ich will ja nicht, dass du für immer bei uns einziehst. In ein, zwei Wochen geht’s dir wieder besser, das verspreche ich dir. Nur wenn du nichts tust, dann wird es dir nie wieder besser gehen!“ Ben schloss die Augen. Er genoss das Gefühl von Semirs Hand auf seinem Rücken. Das Gefühl nicht alleine zu sein. Und er verstand, dass er dafür arbeiten musste sein Ziel zu erreichen: Man konnte keinen Marathon gewinnen, ohne zu laufen; sich zu quälen; einen Schritt zu machen, der vielleicht nicht ganz einfach war. Ben atmete noch einmal tief durch, dann drehte er sein tränenverschmiertes Gesicht in Richtung Semir. „Du hast Recht.“, flüsterte er heiser. Semir grinste leicht. „Ich weiß.

  • Etwas verspätet.... :D


    Der Arzt gab sein Okay, dass Semir Ben noch am gleichen Tag mitnehmen konnte, solange er versprach gut auf ihn aufzupassen. Doch Ben hatte aus seinen Fehlern gelernt und sich geschworen, dass er sein Trauma in den Griff kriegen würde. Semir spürte, wie entschlossen sein Partner geworden war. Es würde nicht leicht werden und schon als er Ben abends von seiner Sitzung bei Psychologen abholte war Bens Entschlossenheit deutlich gedämpft, doch Semir glaubte fest daran, dass er es schaffen würde. Ben war bleich, als er nach der Sitzung zu ihm ins Auto stieg und er antwortete nicht auf Semirs Fragen. Es war immer noch schwer ihn zum Essen zu überreden und Semir war sich ziemlich sicher, dass Ben das halbe Brötchen, was er sich zum Abendbrot herein gequält hatte, nicht im Magen behalten hatte. Doch er war froh, dass Ben überhaupt wieder etwas gegessen hatte und er hatte das Gefühl, dass es nur besser werden konnte. Nach dem Essen hatte sich Ben direkt in sein Zimmer verzogen. Er wollte nach seinem Gespräch mit dem Psychologen nur noch alleine sein. Es war ihm deutlich schwerer gefallen als gestern, über seine Erlebnisse zu reden und es hatte sich angefühlt, als würde der Psychologe durch seine Fragen immer tiefer in Bens Wunden wühlen, anstatt sie zu verschließen. Ben rollte sich unter seiner Decke zusammen und versuchte die Erinnerungen zu verdrängen, die der Psychologe wieder in ihm hervorgerufen hatte. Es ging nicht. Ben kniff die Augen zusammen und versuchte einzuschlafen, doch auch das schaffte er nicht.


    Gegen halb elf sah Semir noch einmal nach ihm. Bens Augen waren zwar offen, doch er schien Semir kaum wahrzunehmen. Er beachtete ihn nicht, als sich Semir wortlos neben Ben auf die Bettkante setzte, doch Semir hatte das Gefühl, dass Ben dankbar schien, nicht mehr alleine zu sein. Sanft legte er ihm eine Hand auf die Schulter und strich ihm immer wieder sanft über den Rücken. Sie hatten immer noch kein Wort gesprochen und Semir spürte, wie Bens Muskeln sich bei der Berührung anspannten. Doch als er den Jüngeren beruhigend festhielt, entspannte er sich schnell wieder und schloss tatsächlich die Augen. Semir blieb bei Ben, bis dessen Atem ruhig und gleichmäßig wurde, dann ließ er ihn alleine.
    Gegen drei Uhr nachts wurde Semir durch einen Schrei geweckt. Er warf Andrea einen entschuldigenden Blick zu, dann hastete er in Bens Zimmer, aus dem das Geräusch gekommen war. Ben saß aufrecht im Bett, seine Haare waren nassgeschwitzt und die Decke lag auf dem Boden. Mit vor Schrecken weit geöffneten Augen starrte er die dunkle Wand an. „Ben, was hast du?“, fragte Semir besorgt und blieb an der Tür stehen. Ben fuhr zusammen und sein Blick schoss zu Semir. Als er seinen Partner sah, schien er förmlich in sich zusammen zu sinkend. Zitternd rollte er sich auf seiner Matratze zusammen und vergrub das Gesicht in seinem Kissen. Semir seufzte und betrat leise Bens Zimmer. Er hob die Decke vom Boden auf und deckte den Jüngeren zu, der immer noch heftig zitterte. Wieder setzte sich Semir neben Ben auf die Bettkante und blieb bei ihm, bis er eingeschlafen war.


    Der nächste Tag war ein Samstag und Semir hatte frei. Ben hatte bis zum frühen Morgen durchgeschlafen und auch wenn er immer noch sehr blass und gebrechlich aussah und kaum redete, schien es ihm doch etwas besser zu gehen. Diesmal behielt er sein halbes Brötchen mit Mühe und Not drinnen und Semir schlug vor, zusammen mit Aida und Andrea an den Rhein zu fahren und dort ein Picknick zu machen. Ben war nicht sehr begeistert. Er fühlte sich nicht wohl unter Leuten und verspürte den Wunsch sich wieder alleine in seinem Zimmer zu verkriechen, aber Semir und die kleine Aida ließen nicht locker. „Na gut.“, gab Ben schließlich Semirs Tochter nach, die freudig in die Hände klatschte. Man hatte ihr gesagt, dass Ben krank gewesen war und sich jetzt ein bisschen erholte.

  • Draußen war noch einmal der Sommer zurückgekehrt: Es würde einer der letzten schönen Tage des Jahres werden. Semir hatte seine Jacke ausgezogen und das Rheinufer war voll von Leuten, die das schöne Wetter nutzten, um noch einmal spazieren zu gehen oder Fahrrad zu fahren. Ben schien sich in dem Getummel nicht wohl zu fühlen. Er hatte sich hinter einem Busch verkrochen und starrte dort – an einen Baum gelehnt – auf den Rhein. Semir entschuldigte sich und ließ Andrea und Aida kurz alleine. Wortlos setzte er sich neben Ben auf den Boden un bot ihm stumm was zu trinken an. Ben zögerte, dann nahm er die Flasche und trank einen kleinen Schluck. Es war offensichtlich, dass er es nur getan hatte um Semir einen Gefallen zu tun, doch Semir wertete auch das als Fortschritt. „Woran denkst du?“, fragte er ihn ruhig. Bens Blick wanderte vom Rhein auf seine Schuhe. Er zuckte die Achseln und begann mit dem Finger in einem kleinen Loch in seiner Jeans herum zu puhlen. „Hey.“, meinte Semir freundlich. „Willst du nicht mit zu uns kommen? Wir könnten mit Aida Fußball spielen.“ Ben schüttelte lustlos den Kopf. „Ohne mich.“, murmelte er. Semir legte ihm seufzend eine Hand aufs Knie. „Na komm; du musst uns wenigstens anfeuern!“ Dagegen konnte Ben schlecht etwas sagen, zumal Aida gerade um die Ecke gesprungen kam und begeistert begann an Bens Händen zu ziehen. „Jaaa!!! Onkel Ben soll zugucken!“, rief sie aufgeregt. Ergeben stand Ben auf und ließ sich wenige Meter weiter neben Andrea auf die Decke fallen, während Semir und Aida begannen mit einem alten Fußball die Spaziergänger in ihrer Nähe zu gefährden.


    „Wir wollten morgen in den Zoo gehen.“, meinte Andrea plötzlich. „Kommst du mit?“ Ben warf ihr einen kurzen Blick zu und starrte dann wieder abwesend in Richtung Semir, der gerade eine ältere Dame abgeschossen hatte und wild gestikulierend versuchte sich bei ihr zu entschuldigen. „Ich weiß nicht.“, meinte er leise. „Ich fühl mich ehrlich gesagt noch nicht so gut. Ich würd‘ lieber zu Hause bleiben.“ „Ich bin mir sicher, dass ein bisschen frische Luft dir gut tut.“, meinte Andrea enttäuscht. „Und Aida würde sich auch riesig freuen, wenn du mitkommst.“ Ben schluckte. Genau das hatte er befürchtet! Nie würde er seine Ruhe haben. „Mal gucken.“, meinte er abweisend.


    Auch diesen Abend hatte er einen Termin beim Psychologen und wieder fühlte er sich danach erschöpft und ausgelaugt und wollte nur noch alleine sein. Semir kam gegen neun hoch und blieb bei Ben, bis dieser eingeschlafen war. Er ließ dessen Tür auf, damit er hörte, wenn etwas war, doch diese Nacht schlief Ben durch. Auch beim Frühstück hatte er mehr Appetit und Semir konnte ihn überreden mit in den Zoo zu gehen. Dort nahm Aida ihn voll in Anspruch und unter dem Einfluss des Kindes begann Ben wirklich langsam aufzutauen. Aida schien ihn mit seiner Begeisterung anzustecken und es schien Semir fast wie ein Wunder, als Ben sich auf dem Spielplatz fast genauso austobte wie seine Tochter, als er sie über das ganze Gelände jagte. Zum ersten Mal seit Tagen schien Ben das Erlebte für kurze Zeit vergessen zu können und als er auf einer Pfütze ausrutschte und sich der Länge nach auf den Boden legte, lachte er mit Aida gemeinsam über das Missgeschick. Es war das erste Mal seit dem Sarg, dass er gelacht hatte. Und es schien ihm gutzutun. Als sie nach Hause fuhren wurde Ben wieder stiller und auch Abends war er dankbar, als Semir sich wieder neben ihn setzte, bis er eingeschlafen war, doch Montagmorgen sah er wieder gesünder aus und er aß sein Brötchen sogar freiwillig. Semir musste wieder arbeiten und Aida in den Kindergarten, sodass Andrea sich um Ben kümmern musste. Doch sie sorgte dafür, dass er genug Ablenkung in Form von Beschäftigung bekam. Sie nahm ihn mit zum Einkaufen, verdonnerte ihn dazu, ihr beim Kochen und Putzen zu helfen und am Nachmittag ging sie mit ihm und Aida in den Park. Abends brachte Semir ihn zu seiner Sitzung bei Psychologen. Er spürte, wie die Sitzungen Ben körperlich erschöpften, doch sie schienen ihm auch gut zu tun. Danach war Ben schweigsam und verschlossen, doch Semir spürte, dass er gerade dann seine Nähe brauchte. So saßen er und Ben abends oft einfach schweigend nebeneinander, bis Ben sich schließlich erschöpft hinlegte und einschlief. Zuerst fühlte es sich an, als hätte Semir noch ein zweites Kind zu Hause, um dass er sich kümmern und Sorgen machen musste, doch es wurde merklich besser und Ben selbständiger.

  • Erst mal sry für die lange Verspätung!! Das Wochenende war ziemlich voll und ich bin platt! :S Trotzdem gehts jetzt mal wieder regelmäßig weiter! :D


    Die Tage vergingen und langsam begann Ben nun selber zu spüren, wie er sich langsam besser fühlte. Auch wenn er immer noch wenig Hunger hatte, wurde ihm wenigstens nicht mehr schlecht vom Essen und tagsüber, wenn Semir bei der Arbeit war, sorgten Andrea und Aida dafür, dass er genug Ablenkung bekam. Ganz klappte das nicht. Es gab immer wieder Momente, in denen die Erinnerungen Ben zu überwältigen drohten. Besonders die Abende fielen ihm schwer. In seiner Therapie wurden die alten Wunden wieder aufgerissen und Ben hatte immer noch Schwierigkeiten damit klarzukommen. Zwar spürte er, wie es ihm besser ging, wenn er sich mit dem Erlebten auseinandersetzte, anstatt es zu verdrängen, doch es fiel ihm trotzdem unendlich schwer über die Stunden im Sarg zu sprechen. An diesem Abend war es besonders schlimm gewesen. Drei geschlagene Stunden hatten sie geredet und jedes kleine Detail durchgekaut. Ben fühlte sich, wie ein ausgewrungener Waschlappen und er war ziemlich zittrig, als Semir ihn abholen kam. „Alles okay?“, fragte er ihn besorgt im Wagen, als Ben sich an der Tür festklammerte, sodass die Knöchel weiß hervorstanden und er immer noch kein Wort gesprochen hatte. Ben zuckte die Achseln und starrte nach draußen in die Nacht. Semir strich ihm kurz sanft über die Schulter. „War’s anstrengend?“ Ben sagte gar nichts. Ihm war übel. Das Gespräch heute war einfach zu viel für ihn gewesen. Schon die letzten Tage hatte er so sehr mit den Erinnerungen zu kämpfen gehabt und sich jetzt noch einmal an jedes einzelne Detail zu erinnern...es auszusprechen...damit war er einfach überfordert.


    Bei Semir angekommen verzog sich Ben direkt auf sein Zimmer. Semir folgte nur wenige Minuten später. Ben stand am geöffneten Fenster und starrte nach draußen in die dunkle Nacht. Sanft packte Semir ihn an der Schulter und zog ihn weg, sodass er das Fenster schließen konnte. „Es ist kalt, Ben.“, stellte er fest und zog sich einen Stuhl heran. Ben hob den Kopf und sah Semir kurz an. Dann ließ er sich zitternd auf sein Bett fallen und schloss erschöpft die Augen. Semir setzte sich neben ihn und legte ihm den Arm um die Schulter. „Willst du reden?“, fragte er vorsichtig. Die Frage hatte er Ben in den letzten Tagen öfters gestellt und Ben hatte immer wieder den Kopf geschüttelt. Semir akzeptierte das. Ben brauchte so viel Zeit, wie er eben brauchte und Semir wollte sich nicht aufdrängen. Früher oder später würde Ben mit ihm reden, das spürte er. Der Jüngere sah Semir kurz an und starrte sofort wieder auf den Boden. Eine ganze Weile sagte er gar nichts und als er sprach war seine Stimme nicht mehr als ein heiseres Flüstern. „Ich hatte einfach solche Angst.“, erzählte er stockend. Semir richtete sich auf, überrascht, dass Ben ihm tatsächlich seine Gefühle anvertraute. „Zuerst wollte ich einfach nur da raus. Und irgendwann hab‘ ich dann kapiert, dass es nicht geht!“ Semir strich ihm mitleidig über den Rücken. „Ich hatte solche Angst.“, schniefte er noch einmal und vergrub das Gesicht in den Händen. Semir spürte, wie sein Rücken begann zu beben. „Hast du immer noch Angst?“, fragte er ruhig.


    Ben nickte zögerlich. „Manchmal.“, gestand er. „Ich hab‘ einfach Angst, dass ich irgendwann aufwache und immer noch da drin bin. Und dass dann niemand kommt und…“ Er stockte und zog kräftig die Nase hoch. „Es ist vorbei Ben.“, flüsterte Semir. Der Jüngere nickte. „Ich weiß, aber… es ist …“ Semir hielt den Jüngeren fest im Arm. „Hast du gerade Angst?“ Ben überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf, blieb aber stumm. Er schien mit sich zu ringen, dann sprach er doch; so leise, dass Semir ihn kaum hören konnte. „Weil du da bist.“ Semir drückte ihm gerührt die Schulter. „Warum hast du denn dann nie mit mir geredet? Warum hast du mich immer weggeschickt?“ Ben schniefte lauter. „Du warst immer… Ich wollte einfach nicht, dass… ich weiß es nicht!“ Semir strich ihm sanft über die verschwitzten Haare. „Ich bin ja jetzt hier, okay?“, versuchte Semir den Jüngeren zu beruhigen, der nun begann heftiger zu zittern. „Ich bin da.“, flüsterte er immer wieder und wog Ben hin und her, bis dieser sich beruhigt hatte. Mit tränenverschmiertem Gesicht sah er Semir an. „Danke.“, murmelte er leise und schluckte. „Du hättest dasselbe für mich getan.“ Semir schenkte Ben ein aufmunterndes Lächeln. „Versprich mir einfach, dass du deine Therapie zu Ende machst und keine Dummheiten mehr anstellst, okay?“ Ben nickte. „Versprochen.“ Er warf Semir einen schüchternen Blick zu. „Bleibst du… meinst du… ich –“ „Ich bleib bei dir, bis du eingeschlafen bist, okay?“, half Semir Ben auf die Sprünge. Ben nickte dankend und rollte sich unter seiner Decke zusammen. Semir machte es sich gemütlich und strich Ben sanft und regelmäßig über den Rücken. Ben schlief nicht ruhig und wälzte sich immer wieder hin und her, doch irgendwann gegen Mitternacht war er schließlich doch noch in einen ruhigen Schlaf gefallen und Semir ließ ihn alleine.

  • Von da an begann Ben offener mit seinen Erinnerungen umzugehen. Er hatte verstanden, dass Semir nicht einfach nur ein Freund war, sondern ihm wirklich half wenn er Probleme hatte und ihn nicht im Stich ließ, wenn es drauf ankam. Wenn er sich schlecht fühlte, verzog er sich nicht mehr in sein Zimmer, sondern setzte sich am liebsten einfach neben Semir auf die Couch. „Semir…“, begann er stockend, als er spürte, wie die Erinnerungen ihn wieder einmal zu überwältigen drohten. Semir sah ihn aufmerksam an und rückte neben Ben. „Hey.“, meinte er ruhig und strich Ben sanft über die Schulter. Ben sah nach unten. „Es ist wieder, als wäre keine Luft da.“, murmelte er und starrte weiter auf den Boden. „Aber hier ist genug Luft, Ben.“, beruhigte Semir ihn. „Für dich und für mich und für Andrea und Aida auch. Du musst nur atmen.“ Ben versuchte es. „Ganz ruhig, Ben. Ganz ruhig atmen.“ Der Jüngere zwang sich seinen Atem zu beruhigen und tatsächlich spürte er, wie es langsam besser wurde. „Besser?“, hakte Semir nach. Ben nickte und lehnte den Kopf zurück auf die Lehne. „Ich glaub‘ schon…“ Semir drückte noch einmal sanft seine Schulter. „Willst du noch was essen?“ Ben zuckte die Schultern. Hunger hatte er nicht, aber er wusste, dass Semir wollte, dass er etwas aß. Und Semir tat so viel für ihn, dass Ben zumindest etwas zurückgeben wollte, auch wenn es nicht viel war. Doch es war das Einzige wozu er im Moment in der Lage war.


    Auch der Rest der Woche verging nach demselben Muster. Ben machte deutliche Fortschritte in seiner Therapie und auch wenn die Stunden ihn erschöpften, war er sehr dankbar, dass Semir danach zu ihm kam und einfach nur bei ihm war. Es half ihm zu realisieren, dass das alles vorbei war und er einen besten Freund gefunden hatte, der immer für ihn da war und der ihn nicht verspottet, wenn er ihm Schwäche zeigte, sondern ihm half. Am Wochenende hatte sich Andrea zu Semirs Leidwesen etwas ganz besonderes einfallen lassen: Es ging ins Phantasialand! Ben wirkte hier erstmals fast wie ganz der Alte! Er lachte; überredete Semir mit ihm auf die Achterbahnen zu gehen, auf die Semir sich sonst nicht mal in seinen kühnsten Träumen gewagt hätte, und futterte so viele Pommes in der kleinen Kantine, dass Semir sich wunderte, dass Ben die letzte Woche nicht verhungert war.


    Am Sonntagabend saßen sie alle gemeinsam am Essenstisch. „Semir?“, fragte Ben und sah von seinem Teller auf. „Ja?“ „Meinst du, ich kann morgen wieder mit zur Arbeit?“ Er klang hoffnungsvoll. Semir legte sein Besteck weg und sah Ben ernst an. „Meinst du, du bist schon bereit dazu?“ Ben zögerte, dann nickte er. „Ich glaub‘ schon.“, meinte er ehrlich. „Du hast den Fall doch abgeschlossen oder?“ Semir nickte. Ben hatte in der letzten Woche wirklich Fortschritte gemacht und er war auch schon wieder alleine eingeschlafen. Semir merkte, dass es manchmal noch Momente gab, in denen Ben sich am liebsten wieder unter seiner Decke verkrochen hätte, doch zum einen wurden die immer weniger und zum anderen ging Ben offen damit um und suchte in solchen Momenten Semirs Nähe. Es würde noch dauern, bis Ben das Erlebte ganz verarbeitet hatte, aber er hatte einen Großteil schon geschafft und Semir war zuversichtlich, dass er auch den Rest schaffen würde. Der Jüngere hatte gelernt, dass es besser war, seine Sorgen und Probleme mit anderen zu teilen, als alles in sich hineinzufressen. „Okay.“, meinte Semir schließlich. „Dann ist die Schonzeit für deinen Wagen wohl vorbei.“ Ben grinste. „Ach, solange ohne Beulen. Das tut dem eh nicht gut, der wird ja ganz verwöhnt!“

  • Es tut mir sooo leid das ihr so lange nichts bekommen habt... :S
    Und ich habe noch ein schlechte Nachricht für Euch....das hier ist schon der letzte Teil! ;( Haha...aber ich werde schon bald anfangen eine neue, ältere Geschichte einstellen! ;)


    Am nächsten Morgen kamen Semir und Ben zusammen in der PAST an. Wieder wurde Ben von den Kollegen umringt, doch diesmal fühlte er sich wohler. Es war ihm immer noch unangenehm, dass sie ihn alle fragte, wie es ihm ginge und ob alles okay wäre, doch er signalisierte deutlich, dass es ihm wieder gut ging und schon bald hatten sie ihn alle wiedermit offenen Armen aufgenommen und behandelten ihn wie immer. Die Arbeit schien Ben wirklich noch einmal etwas zu geben. Er blühte richtig auf und stürzte sich in seine Fälle. Nur zwei Tage später zog er zurück in seine Wohnung, die Andrea netterweise aufgeräumt hatte und auch wenn ihm die erste Nacht ganz alleine noch etwas schwer fiel, so war er doch froh sein Leben wieder ganz alleine auf die Reihe zu kriegen, denn er spürte, dass Semir Recht gehabt hatte: Es war wieder wie früher! Er war glücklich und der Psychologe erklärte ihm, es würde reichen, wenn er nur noch einmal die Woche kam. Ben sprach inzwischen offen über seine Erlebnisse in dem Sarg und
    zwischen ihm und Semir war eine Freundschaft entstanden, die fester nicht hätte sein können. Denn welcher Freund ist schon nicht böse, wenn man in einer Woche drei BMWs von ihm schrottet?


    -----> ENDE <-----


    Ich hoffe sehr Euch hat die Geschichte gefallen! :D


    Nur schon mal zu meiner nächsten Geschichte....die habe ich vor 2 Jahren geschrieben und ich glaube sie ist dem entsprechend gut/schlecht, aber meine Freundin meint die hat was und naja....kann ja nie schaden! :D

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