Von Cowboys und Schmugglern

  • Meine Lieben!
    Nachdem Elli uns über Weihnachten verlässt,habe ich ganz schnell eine eigene Fanfiction verfasst.Warnung-Wem leicht schlecht wird,vor allem bei medizinischen Themen-bitte gar nicht zu lesen anfangen.Liebe Grüsse an Trauerkloß!-susan
    "-Bitte Papa-ich will aber!" quengelte Ayda.Semir warf Ben einen bitterbösen Blick zu,"Jetzt gehst du aber mal mit ihr!"Ben stand murrend auf,nahm Ayda an der Hand und ging mit ihr zu den Pony`s.Schliesslich war es seine Idee gewesen am Wochenende einen Ausflug zum Westernstall in der Nähe Kölns zu machen.Die boten neben Westernreitunterricht auch Ponyreiten,Spielplätze und einen Streichelzoo an-alles wunderbar,nur war Ayda einfach noch zu klein,um sie zwischen all den Tieren-Ziegen,Schafen und eben Pony`s herumspringen zu lassen.So wechselten sich Semir und Andrea,die hochschwanger war,und nun eben Ben,ab,während die anderen sich tolles Barbecue im schönen Biergarten schmecken ließen
    -all you can eat versteht sich-Ben hatte ja ausgesucht.
    "Bitte Onkel Ben-darf ich reiten?-bitte,bitte bitte"nervte Ayda schon wieder.Also gut,wenn du danach mal eine Weile bei uns am Tisch sitzen bleibst und auch etwas isst,darfst du reiten."
    Ben sah sich suchend um-ach ja-da konnte man Reitkarten kaufen.Als er um die Ecke bog,hörte er einen erregten Disput zwischen zwei Männern.Der eine war anscheinend ein Stallgehilfe,der andere sah aus wie ein Cowboy-Jeans, Westernstiefel mit Sporen dran,darüber Lederchaps mit Fransen,ein kariertes Hemd und einen großen Cowboyhut."Wenn die Lieferung diesmal nicht klappt,haben wir ein Riesenproblem-die Kunden warten und sitzen schon auf dem Trockenen;was glaubst du was wir für Ärger mit dem Chef kriegen,wenn das nicht funktioniert.Du hast gesagt,du organisierst das in Tschechien-kein Problem und jetzt das! Als sie bemerkten,dass Ben sich näherte,verstummten sie sofort.Der Stallgehilfe fuhr mit der Schubkarre weiter und der Cowboy verkaufte Ben eine Reitkarte.Er wies ihm ein kleines Shetlandpony mit Westernsattel zu und zeigte ihm den abgezäunten Rundweg,auf dem man die Kinder bergauf und bergab durch ein Wäldchen führen durfte."Auch das noch," dachte Ben,setzte Ayda aufs Pferdchen und marschierte los.
    Als er 15 min später ganz abgeschafft wieder zurück kam,das Pony wollte nämlich lieber Gras fressen als geführt werden,wurde er schon von Semir grinsend erwartet."Na,keinen Hunger mehr?" "Sei jetzt du bloss still,warnte Ben,setzte sich auf die Bank und trank erst mal von seinem Bier,das leider inzwischen nicht mehr ganz frisch war.Ayda war nun ganz zufrieden und schwärmte ihren Eltern von ihrem tollen Ausritt vor-sogar traben durfte sie-"und ich rennen"knurrte Ben."dann brauchst du heute schon nicht mehr ins Fitnessstudio" frotzelte Semir,erntete aber nur einen bösen Blick.
    Alle holten einen Nachschlag und so klang der wunderschöne Spätsommertag gemütlich aus.
    Am nächsten Morgen in der Past,holte Kim Krüger ihre Männer zur Besprechung."Wir haben von Informanten erfahren,daß im Kölner Raum regelmässig Drogenlieferungen aus Tschechien eintreffen.Die Vertriebswege sind uns noch nicht klar,allerdings ist das Zeug teilweise hochgefährlich,weil keiner genau weiß,was verarbeitet wurde.Die Intensivstationen haben fast jedes Wochenende neue Patienten,die auf irgendwelchen Party`s angeblich legale Kräutermischungen etc kaufen und dann reihenweise umkippen.Ein Wunder,dass es noch keine Toten gab.Im Marienkrankenhaus wird gerade ein junges Mädchen behandelt,der es sehr schlecht geht-sie hat gestern irgendeinen Cocktail eingenommen und hatte einen Kreislaufzusammenbruch mit Herzstillstand.Gott sei Dank konnte sie wieder stabilisiert werden und ist auch ansprechbar.Meine Herren-bitte reden sie wenn möglich mit der jungen Frau und versuchen etwas herauszubekommen."
    Als er 15 Minuten später ganz

  • Semir und Ben zogen ab und fuhren in die Klinik.Sie fragten
    an der Information nach Veronika Stäbe.Den Namen hatte ihnen Frau Krüger
    genannt.





    „Innere Intensivstation.Sie müssen draussen läuten und
    fragen,ob sie mit ihr sprechen können,“teilte ihnen die Pförtnerin mit.Die
    beiden Polizisten taten,wie ihnen geraten wurde.Ein junger Arzt holte sie nach
    dem Läuten im Eingangsbereich ab.Ihre Jacken legten sie in die vorbereiteten
    Schränke und desinfizierten nach Anweisung ihre Hände.Der Arzt sagte:“Ich darf
    ihnen leider keine Auskunft über den Krankheitsverlauf geben,da Veronika schon 19 ist und für mich
    die Schweigepflicht gilt.Sie sollten aber persönlich mit ihr sprechen.Wir alle
    hier sind nämlich in großer Sorge,was im Kölner Raum gerade so abgeht.Beinahe
    jedes Wochenende haben wir neue Fälle vergifteter,schwerkranker junger
    Menschen,einfach schrecklich.“





    Semir und Ben betraten das Patientenzimmer.Veronika eine hübsche,blonde junge Frau lag blass und
    erschöpft im Bett.Unter dem Krankenhaushemd sah man Elektrodenkabel herauslaufen,die die Herzfunktion
    überwachten.An der Hand hatte sie einen Zugang,über den eine Infusion lief.In
    der Nase steckte ein kleines Sauerstoffschläuchlein und am Finger klemmte ein Infrarotsensor,der die Versorgung mit
    Sauerstoff überwachte.



    „Hallo Veronika!“ sagte Ben und lächelte sie an.“Wir sind
    von der Polizei und möchten gerne von dir wissen,wie du an die Drogen gekommen
    bist,die dich fast umgebracht hätten.“Veronika schloss die Augen und drehte den
    Kopf zur Seite.“Auf der Party war so ein Typ-ich weiß nicht mehr wie er ausgesehen hat,der hat mir die
    Kräutermischung verkauft,damit ich nicht
    so müde bin.Ich habe sie geraucht und
    mir wurde schwindlig,mein Herz begann zu rasen und ab dann weiß ich
    nichts mehr.“





    „Du musst dich doch wenigstens ungefähr erinnern,wie der Typ
    ausgesehen hat?“hakte Semir nach.Veronika schüttelte nur langsam den
    Kopf.Nachdem sie noch eine Weile erfolglos versucht hatten,etwas aus der jungen
    Frau herauszubekommen ,gab Ben ihr seine
    Karte.“Bitte wenn dir noch was einfällt,ruf mich an“und sie verabschiedeten
    sich.





    Als sie das Krankenhaus verließen fragte Semir :“Hast du
    auch so ein komisches Gefühl,dass die Kleine mehr weiß,als sie zugibt?“Ben
    nickte nachdenklich.“Ich habe aber keine Ahnung,wie wir dahinterkommen
    könnten,was sie weiß,na ja warten wir mal ab,vielleicht meldet sie sich noch.“



    Die beiden fuhren zur Past zurück und gingen ihrer täglichen
    Routine nach.





    Am Nachmittag blätterte Ben die Zeitung durch.Im lokalen
    Sportteil fiel ihm ein Bild ins Auge.Auf einem muskulösen Pferd saß Veronika im Westernoutfit und hielt strahlend
    einen Pokal in die Kamera.Neben dem Pferd stand der Westernreiter,der ihm am
    Wochenende Aydas Reitkarte verkauft hatte.Die Bildunterschrift lautete:
    Veronika Stäbe,der neue Star im Westernreitsport.Bei der Juniorreining erritt
    sie Platz 1.Ihr Trainer Jens Keschel hält sie für ein grosses Talent.Sofort
    fiel Ben wieder das Gespräch ein,das er zufällig belauscht hatte und er schob
    Semir die Zeitung zu.“Da schau-die beiden kennen wir doch.Weisst du noch am
    Sonntag-dieser Jens war doch in dem Reitstall.Ich habe dir davon nichts
    erzählt,weil es mir damals nicht wichtig schien,aber ich habe zufällig ein
    Gespräch gehört,das mit dem Fall zu tun haben könnte.“Er wiederholte es kurz aus
    dem Gedächtnis.





    Semir sagte:“Das beste ist,wenn jemand da mal unauffällig
    rumschnüffelt-wir könnten doch einen neuen Reitschüler dort einschleusen.“Ben guckte verständnislos.Semir
    grinste-„Na du wolltest doch immer schon mal mit so einem Cowboyhut durch die
    Gegend galoppieren?““Warum ich-das kannst du doch genauso machen-oder
    Hotte.“Beide sahen sich an und prusteten dann los-die Vorstellung war einfach
    zu komisch.In dem Moment bog Hotte um die Ecke,worauf die beiden nur noch mehr
    lachen mussten.Hotte sagte beleidigt“Habe ich irgendwas auf meiner Stirn stehen,das euch so zum
    Lachen bringt?““Nö Hotte,nichts ist los,wir haben nur über einen Witz
    gelacht-bog Semir ab und sah krampfhaft auf seinen Computerbildschirm.“Na dann
    ist ja alles gut-den Witz will ich aber auch mal hören“ brummte Hotte und zog
    ab.





    „Also zurück zum Thema-wie machen wir das nun?“ sagte
    Semir.“Also am besten ist, du gehst da einfach mal hin und meldest dich zum
    Reitunterricht an.Bist du eigentlich schon mal geritten?“Ben nickte“Mein Vater
    hatte früher in so einem Nobelstall zwei eigene Pferde stehen.Da mussten Julia
    und ich als Jugendliche reiten lernen.So richtig in weisser Hose,schwarzen
    Stiefeln und Jackett.“Semir musste bei der Vorstellung lächeln.“Es hat mir aber
    nie Spass gemacht,diese ganzen Snobs mit ihren edlen Rössern,Lachen
    verboten-und anstrengend war das Ganze auch noch.Julia hat etwas länger
    durchgehalten,aber ich bin nach einem Jahr zum Fussball abgewandert,obwohl
    meinem Vater das viel zu primitiv war-aber mich hätte er da mit Handschellen
    vorführen müssen.Ich habe mich durchgesetzt und ganz schnell wieder aufgehört.“





    Na immerhin kannst du
    dich auf so einem Vieh wohl obenhalten“,meinte Semir.“Also beschlossen-du
    fährst dahin und schaust mal,was sich machen lässt.“



    Ben schnappte sich seinen Autoschlüssel und startete
    Richtung Westernstall.

  • Nun zu Weihnachten ein kurzer Einblick ins Westernreiten-Frohes Fest Euch allen



    Als er dort ankam,hörte er aus der Reithalle Hufgeklapper
    und Countrymusik.Er sah sich suchend um und sah dann einen Wegweiser
    –Tribüne.Dort stieg er eine Holztreppe hinauf und schaute,was in der Halle so
    los war.



    Zwei Reiter waren in dem Gebäude.Eine ältere Frau,die locker
    auf einem Kreis trabte-ach ja,das heisst ja Zirkel,erinnerte sich Ben und der
    Westernreiter,den er belauscht hatte.Dieser ritt einen muskulösen,schwarzen
    wunderschönen Hengst.Er galoppierte langsam und schnell,ließ ihn immer wieder
    das Tempo beschleunigen und dann aus dem vollen Galopp anhalten,wobei das Tier
    auf seinen Hinterhufen mehrere Meter rutschte und dabei mit den Vorderbeinen weiterlief.So etwas
    hatte Ben noch nie gesehen.



    Ein junges Mädchen,das auch zusah,sagte flüsternd zu Ben:“Toll
    diese Stops“,wobei Ben sie verständnislos ansah.Sie erzählte ihm,dass der
    Trainer Jens Keschel den Hengst auf
    Turnieren vorstelle oder für seinen Besitzer,der in der Mitte stand,abreite.“Diese
    Reitsportdisziplin heisst Reining und ist eine Galoppprüfung.Dabei werden
    Tempowechsel,diese Stops,fliegende Wechsel und auch eine schnelle Drehung um
    das innere Hinterbein bewertet“,erklärte ihm das brünette Mädchen.In diesem
    Moment ritt der Trainer dieses Manöver.Der Hengst drehte sich rasend schnell um
    sich selbst.Es sah schon sehr beeindruckend aus,wie die Mähne nur so flog.Dann
    stieg der Trainer ab und ein älterer,etwas unbeholfener Mann erklomm das
    Pferd.Die junge Frau sagte zu dem Polizisten:“Das
    ist der Besitzer der gar nicht gut reiten kann.Er bildet sich aber wunder was
    ein,nur weil er so ein tolles Pferd hat.“





    In dem Moment kam der Trainer auf Ben zu.“Hallo-sie habe ich
    doch schon mal gesehen?““Ja ich war am Wochenende mit der Tochter von Freunden
    beim Ponyreiten,da war ich von ihrer Anlage sehr beeindruckt.Ich würde mich für
    Westernreitunterricht interessieren,“sagte Ben.“Sind sie schon mal
    geritten?“kam die Frage vom Cowboy.Ben nickte.“Als Jugendlicher auf den
    Warmblütern meines Vaters.““Westernreiten ist ganz anders,wenn sie
    möchten,zeige ich ihnen mal unsere Pferde und dann können sie auf einem
    Schulpferd noch ein paar Proberunden drehen.“Ben sah an sich herunter.“Darauf
    bin ich aber gar nicht eingerichtet,“sagte er.Der Trainer lachte.“Na,Jeans
    haben sie ja an und diese Stiefel-perfekt das Outfit.Bei uns braucht man keine
    spezielle Reitkleidung,unsere Sättel sind bequem und dafür gebaut,dass man den
    ganzen Tag drin sitzen kann.“



    Zusammen gingen sie in den Stall.In grossen Boxen rechts und
    links eines Ganges standen eine Menge Pferde,die friedlich ihr Heu kauten.Sie
    kamen Ben im Vergleich zu den Pferden seines Vaters ziemlich klein vor,die
    Schulterhöhe so um die 1,50m.“Keine Angst,das sind Quarter Horses,Paints und
    Appaloosas,alles Westernpferderassen.Die sind zwar kleiner als die Pferde die
    sie gewöhnt sind,aber trotzdem stark und wendig.Die sind auf Leistung
    gezüchtet,weil sie in Amerika noch heute für den Viehtrieb eingesetzt werden
    und unsere Turnierdisziplinen kommen alle aus der realen Rinderarbeit,“erklärte
    der Trainer.Ben war von den ganzen Muskeln dieser Tiere schwer beeindruckt.Da
    müsste ich ja ganz schön lange im Gym schwitzen,um so auszusehen,dachte er
    sich.





    Währenddessen hatte der Cowboy schon einen ruhigen,stabilen
    Fuchswallach aus seiner Box geholt und am Anbindeplatz fixiert.“So das ist
    Jack-eigentlich Jack´s Enterprise-unsere Pferde haben oft Doppelnamen,wobei man
    auf die Abstammung Rückschlüsse ziehen kann.Ben sah auf die Boxentüren,an denen
    Schilder hingen.Dixi Sting,Susans Cutting Skip,Me Jacky Bar, tatsächlich
    merkwürdige Namen.“Die Rufnamen sind allerdings meist einfach und haben mit dem
    Namen auf dem Schild oft wenig zu tun.Also hier ist Jack.Diese Fuchsfarbe
    heisst bei uns übrigens sorrel.Er ist ein 12jähriges,ehemaliges
    Turnierpferd,das brav,ruhig und bequem zu sitzen ist und deswegen bei uns im Unterricht
    eingesetzt wird“.Jens putzte kurz mit einer Bürste über das Tier und legte dann
    mit Schwung einen Westernsattel drauf.Er sah Ben prüfend an.“Ihre Beine dürften
    etwa so lang sein wie meine,die Steigbügellänge könnte passen“,meinte er.Dann
    nahm er eine merkwürdige Zäumung aus einem Schrank.An einem Zaumzeug,das nur
    über ein Ohr ging,war ein silberbeschlagenes,geschwungenes Gebiß befestigt,das
    in der Mitte eine Wölbung hatte.“Unsere ausgebildeten Pferde werden einhändig
    im Bit-das ist dieses Ding hier-geritten.Damit hat man eine sehr präzise
    Einwirkung durch die Hebelwirkung,muss als Reiter keine Kraft aufwenden und
    kann das Pferd im Maul in Ruhe lassen,solange es alles richtig macht.“





    Er drückte Ben die Zügel in die Hand und ging voraus in die
    Halle.Dem Polizisten war schon etwas mulmig zumute.Der Trainer hielt in der
    Mitte des Trainingsgebäudes an und auch
    Jack blieb dort stehen.Ben schwang sich
    in den Sattel-also eigentlich ganz bequem,dachte er.“Die Zügel in eine
    Hand,locker durchhängen lassen und dann mal los“,sagte der Trainer.Ben dachte
    noch was er jetzt wohl machen solle,da setzte sich Jack schon in Bewegung.Mit
    zunehmender Begeisterung merkte Ben,daß er eigentlich nur an etwas denken
    musste und schon führte Jack den Befehl aus.Nach einigen Runden rechts und
    links herum,dem Reiten von Wendungen und Schlangenlinien,trabte Ben an.Er war
    nur erstaunt,wie angenehm das Ganze war.In seiner Jugend wurde er da ordentlich
    durchgeschüttelt,aber hier war das ganz anders.“Sieht sehr gut aus-sie haben
    Talent“,rief der Trainer“und jetzt galoppieren sie mal.Äusserer Schenkel leicht
    zurück und reden sie mit Jack.Sein Signal für Galopp ist auch mit der Stimme
    abrufbar,geben sie Küsschen,“sagte der Trainer und machte es vor.Sofort sprang
    Jack an und Ben genoss es aus vollen Zügen.Er war wie im Traum-eine Einheit mit
    dem Pferd,so als hätte er selber vier
    Beine.Als Jens die Probestunde beendete,war Ben fast enttäuscht.Er musste sich
    selber erst zur Ordnung rufen und dran denken,dass er eigentlich dienstlich
    hier war.



    Nachdem sie gemeinsam das Pferd aufgeräumt hatten,machte Ben
    gleich für den nächsten Abend eine Reitstunde aus und kaufte eine Reitkarte mit
    10 Einzelstunden.

  • Nachdem ihr jetzt hoffentlich alle westernreiten könnt,hier der nächste Teil
    Als er am nächsten Tag die Past betrat,sah ihn Susanne ganz
    merkwürdig an.“Ben-du läufst so komisch-so O-beinig,“sagte sie,“ist was?““Nein
    natürlich nicht“,antwortete Ben,musste aber die ganze Zeit mit seinem
    Muskelkater kämpfen.Vor allem die Innenseiten der Oberschenkel zogen
    fürchterlich.Als Semir mit zwei Kaffeetassen um die Ecke kam,musste auch er
    lachen,als er Bens steifen Gang sah.“Sei bloss still,sonst kannst du das
    nächste Mal hinfahren“,murrte Ben.“Hast du schon irgendwas rausbekommen ?“fragte
    ihn Semir.“Leider nicht-ich war gestern als ganz einfacher Neukunde da und
    eigentlich waren alle sehr nett.Die müssen mich jetzt einfach als normal
    empfinden,dann kann ich vielleicht besser rumschnüffeln.“Dass es ihm auch super
    gefallen hatte,erwähnte er nicht.



    Nach einem ereignislosen Routinearbeitstag mit Streife
    fahren,Verkehrssünder aufhalten und einem köstlichen Imbissbesuch verliess Ben
    die Past,um zu seiner Reitstunde zu fahren.Er war etwas eher da und schlenderte
    wie zufällig über den Hof.In einer Ecke stand der Stallhelfer und telefonierte
    aufgeregt auf tschechisch.Leider verstand Ben kein Wort,auffällig war
    nämlich,dass er sofort leiser wurde und sich wegdrehte,als er ihn kommen
    sah.“Da hat jemand ein schlechtes Gewissen“dachte sich Ben.



    Plötzlich stand das junge Mädchen,das ihm am Vorabend alles
    erklärt hatte ,vor ihm.“Hallo,ich bin Mia-hat es dir gestern gefallen?“fragte
    sie.“Ach ja und wir duzen uns hier alle-wie heisst du?““Ich bin Ben-und es war
    super,sonst wäre ich heute wohl nicht schon wieder da.““Ich habe gesehen,dass
    du Jack geritten hast.Der ist auch ein ganz liebes Pferd,du hast ihn heute
    wieder.Wenn du magst,helfe ich dir,ihn fertigzumachen.“Ben nickte und so gingen
    sie miteinander in den Stall.Mia erklärte ihm,worauf er beim Putzen und Satteln
    zu achten hatte und leitete ihn genau an.“Du bist wohl öfter hier?“fragte
    Ben.Mia nickte.“Eigentlich jeden Tag,ich bin in der K12 und jede freie Minute
    verbringe ich hier auf dem Hof.Meine Eltern können mir keine Reitstunden
    finanzieren und so helfe ich hier,fahre auch mit auf Turniere,sozusagen als
    Stallbursche und darf dafür ab und zu reiten.““Da bin ich an der richtigen Adresse „dachte sich Ben,““das
    Mädel weiss,was hier so abgeht.“



    Als sie in die Halle gingen,erwartete Ben wieder das selbe
    Bild wie gestern.Der Trainer ritt den schwarzen Hengst und der Besitzer stand
    in der Mitte.Er moserte an Jens herum,der sich aber alles klaglos gefallen
    ließ.Der Cowboy sagte zu Ben:“Steig schon mal auf und reite im Schritt aussenrum
    das Pferd warm,ich bin dann gleich fertig und kümmere mich um dich.“Der ältere
    Mann drohte Jens“Wir werden schon sehen,wann hier wer fertig ist.“Jens
    erwiderte nichts.Nach etwa 15 Minuten wechselten Jens und der Mann ihre
    Position und der Unsympath schikanierte sein Pferd,dass es sogar Ben auffiel.





    Ben erhielt wieder Unterricht,aber mehrmals ritt ihm der
    andere genau in seine Bahn,drängelte von hinten oder überholte äusserst
    knapp.Ben dachte sich-„Wenn wir auf der Autobahn wären,hätte ich dich jetzt
    schon rausgeholt und einen Strafzettel verpasst.“



    Nach der Reitstunde war Mia wieder bei ihm.“Wer ist der
    blöde Kerl da?“fragte Ben leise und deutete auf den älteren Mann.“Das ist
    Rechtsanwalt Peter Müller,hier kann ihn keiner leiden,aber er hat unheimlich
    viel Geld und einige sehr teure Pferde hier stehen,die Jens auf Turnieren
    vorstellen darf.Ihn muss man aber siezen“,setzte Mia noch nach,als sie Ben beim
    Pferdaufräumen half.Jens trat zu
    den beiden.“Danke Mia,ach
    übrigens Ben-ich kann nur wochentags Unterricht geben.Am Wochenende sind wir
    auf Turnier in Aachen,Mia bist du wieder dabei?“Mia nickte. Nachdem sie für
    Donnerstag die nächste Stunde vereinbart hatten,ging Jens weg.

  • Die Woche verlief ereignislos,Ben fand nichts weiter
    heraus.Als er am Montag wieder auf dem Revier antrat,erwartete ihn Semir schon
    mit einer Neuigkeit:“In Aachen ist ein junges Mädchen nach einer Westernparty
    an einer Überdosis Crystal Meth gestorben.“Sofort fiel Ben der
    Zusammenhang mit dem Turnier auf.Er musste da unbedingt etwas ermitteln.



    Nach noch einigen Reitstunden erhielt er ein grosses Lob vom
    Trainer.“Du bist sehr begabt und locker,wenn du möchtest,kannst du mit Jack ins
    Gelände gehen.Wir haben hier schöne Wege und ein grosses Waldgebiet.Vielleicht
    gehst du zum ersten Mal mit Mia raus-die kennt sich hier aus.“Gesagt,getan.Das
    Mädchen ritt ein geschecktes Pferd namens Skipper und sie gingen eine schöne
    Runde zusammen.Unterwegs fragte Ben Mia etwas aus.“Hast du schon mal was von
    Crystal Meth gehört?““Natürlich,ich bin doch nicht blöd“.“Weisst du wo man hier
    sowas kriegt?“fragte Ben.Mia sah ihn
    empört an.“Ist dir auf dem Turnier in Aachen irgendwas aufgefallen?,da gab es
    nämlich nach der Westernparty eine Drogentote“,bohrte Ben weiter.“Bist du
    Polizist oder willst du was kaufen?“,fragte Mia.„Also von mir erfährst du
    nichts“,sagte sie ,presste die Lippen zusammen und redete den restlichen
    Ausritt keinen Ton mehr.





    Semir und Ben hatten Wochenenddienst.Leichenfund am
    Rastplatz Eifeltor kam morgens um acht die Meldung.Sie fuhren sofort mit
    Blaulicht los.In einem kleinen,alten Corsa,der ganz unauffällig in der hinteren
    Parkplatzreihe stand,sass ein totes Mädchen hinter dem Steuer.Ben trat näher
    und war geschockt-Mia.Semir sah Ben an,der sich am Wagen festhalten musste,um
    nicht umzufallen.“Was ist los Ben?““Das Mädchen kenn´ich,die ist,ach war,die
    gute Seele in dem Westernstall.Mit ihr bin ich vor zwei Tagen noch ausgeritten
    und habe sie ausgefragt,“stiess Ben hervor.Inzwischen kam auch schon der
    Gerichtsmediziner und die Spurensicherung.“Soweit ich feststellen kann,hat sie
    ausser einem Einstich am Arm keine weiteren Verletzungen-vermutlich eine
    Überdosis“-meinte dieser,“Näheres erst nach der Obduktion.Semir hatte
    inzwischen Mias Papiere bekommen.“Los Ben-wir müssen die Eltern
    verständigen.“Ben nickte und ging mit hängendem Kopf zu Semirs Wagen.



    Semir steuerte den BMW und warf immer wieder Blicke zu Ben,der
    schweigend auf dem Beifahrersitz
    kauerte.“Warum bist du so bedrückt?“fragte er ihn.“Ich habe das
    Gefühl,dass ich durch meine Fragerei
    irgendwas in Gang gesetzt habe,dass das arme Mädchen mit dem Leben
    bezahlen musste,“stiess Ben trübsinnig hervor.Sie kamen an einem kleinen ,bescheidenen
    Einfamilienhaus an.Als sie an der Tür läuteten,machte ihnen eine etwa 45jährige Frau auf.“Frau Seeler?“,fragte
    Semir.Die Frau nickte.“Können wir reinkommen? Hauptkommissare Gerkhan und Jäger
    von der Autobahnpolizei.Ist ihr Mann auch da?“fragte Semir.“Nils ,kommst du mal?,rief
    Frau Seeler ihren Gatten.Nachdem sie im Wohnzimmer Platz genommen hatten,teilte
    Semir ihnen die schreckliche Nachricht mit.Frau Seeler brach in Tränen aus und
    klammerte sich hilfesuchend an ihren Mann.“Mia hat noch nie etwas mit Drogen zu
    tun gehabt.Ihr ganzes Leben waren die Pferde.Sie war jede freie Minute in einem
    Westernstall und wollte nach dem Abitur unbedingt Tiermedizin studieren.Wir
    dachten eigentlich,sie sei dieses Wochenende wieder mit auf einem Turnier.so
    hat sie uns das zumindest mitgeteilt.“



    Ben,der zunächst geschwiegen hatte,sagte:“Ich kannte ihre
    Tochter vom Reitstall.Ich verspreche ihnen,dass wir unser Möglichstes tun
    werden,um ihren Mörder zu überführen-ich glaube nämlich auch dass sie sich
    nicht selbst umgebracht hat.Sie war ein sehr liebenswerter Mensch“,dabei hatte
    er Tränen in den Augen.Herr Seeler bedankte sich und sie fuhren zurück zur
    Past.Ben ballte die Fäuste und stiess hervor:“Ich werde das Schwein finden,das
    Mia das angetan hat.!“

  • Semir und Ben
    überlegten,wie sie mit ihren Ermittlungen fortfahren sollten.Als Semir alleine
    im Stall auftauchte,war nur der Stallbursche da,der in gebrochenem Deutsch
    mitteilte,dass alle in Grevenbroich auf
    einem Turnier seien.Sie beschlossen,dass es am meiste Sinn machte,wenn Ben am
    Dienstag ganz normal , wie vereinbart ,zur Reitstunde gehen würde,da ja keiner
    wüsste,dass er Polizist sei.



    Als Ben am Dienstag Abend zum Training erschien,erwartete
    ihn eine Überraschung.Seine Mitreiterin in der Halle war keine andere,als
    Veronika Stäbe,die nach ihrem Herzstillstand wieder auf dem Damm war.Ben flüsterte
    ihr im Vorbeireiten zu:“Sag bitte nicht,dass ich bei der Polizei bin.“Veronika
    nickte nur.Jens stellte sie vor:“Das ist unser Nachwuchstalent in der Reining,Veronika.Wenn
    du dich anstrengst Ben,dann kannst du auch mal so gut werden wie sie.Allerdings
    hat sie hervorragendes Pferdematerial,da müsstest du dich dann mal
    angleichen.Ich hätte da auch das eine oder andere Pferd zu verkaufen.Ben
    verneinte.“Turniere sind nicht mein Ding-mir gefällts im Gelände besser.““Jack
    könntest du auch haben,er ist ja draussen wie in der Halle ein Traum,“setzte
    Jens nach.Veronika schüttelte unmerklich den Kopf und blinzelte Ben zu.



    Nach der Stunde kam Veronika zu Ben in Jacks Box.“Was tun
    sie hier?“,fragte sie.Ben überlegte,beschloss aber dann halbwegs bei der
    Wahrheit zu bleiben.“Ich ermittle wegen den Drogenmissbrauchsfällen.Immerhin
    gibt es inzwischen zwei Tote und auch du hast es nur knapp überlebt“,setzte er
    nach.“Ausserdem wollte ich immer schon mal westernreiten und irgendwann habe
    ich beschlossen,Unterricht zu nehmen.Hast du Mia eigentlich auch
    gekannt?“,fragte er.Veronika schossen die Tränen in die Augen.“Natürlich,sie
    war meine Freundin,hat mich auf den Turnieren unterstützt,die Pferde warm-und
    abgeritten und auch hier haben wir viel zusammen gemacht.In der Zeitung stand
    ja,sie wäre an einer Überdosis gestorben-sie hat aber nie irgendwas
    genommen.““Im Gegensatz zu dir?“,hakte Ben nach.Veronika schwieg und lenkte dann
    ab.“Wegen dem Pferdekauf:Jack ist zwar ein ganz liebes Tier,aber im
    Turniersport verschlissen.Er hat immer wieder Lahmheiten und muss vom Tierarzt
    gespritzt werden,damit er wieder schmerzfrei laufen kann.Da hätten sie nicht
    lange ihre Freude dran.“Ben nickte nachdenklich.“Sag bitte auch du zu mir,wenn
    das hier so üblich ist und wenn du mir irgendetwas sagen willst,ruf mich,oder
    meinen Partner Semir Gerkhan an-ich schreib dir hier seine Nummer auf.“



    Am nächsten Tag
    hatten sie gleich eine Besprechung bei der Chefin.“Anscheinend kommen sie mit
    ihren Ermittlungen nicht voran und gönnen sich auf Staatskosten etwas
    Reitunterricht,Herr Jäger“-pampte sie los.Ben schluckte.“Ich habe das
    unbedingte Gefühl,dass in diesem Stall die Fäden zusammenlaufen,habe bis jetzt aber
    noch nichts Richtiges herausgefunden.Nach dem Turnier in Grevenbroich waren
    wieder mehrere junge Leute auf der Intensivstation mit den Nebenwirkungen von
    Crystal Meth in Behandlung.Da muss ein Zusammenhang bestehen.““Mit Vermutungen
    kann ich die Staatsanwaltschaft nicht befriedigen.Bringen sie Ergebnisse,sonst
    werden sie von dem Fall abgezogen,“drohte Kim Krüger.



    Ben beschloss am heutigen Mittwoch nicht erst abends,sondern
    schon nachmittags in den Stall zu gehen-vielleicht war das einfach
    aufschlussreicher.Er verabschiedete sich gegen drei von Semir und fuhr zum
    Reitzentrum.Gleichzeitig mit ihm kam ein grosser Lkw aus Tschechien,voll
    beladen mit Heu und Stroh ,an.Als Ben sein Auto geparkt hatte,legte er den
    Autoschlüssel ins Reiterstübchen.Mia hatte ihn darauf hingewiesen,dass man
    Schlüssel und Papiere beim Reiten leicht verlieren kann und so machte das
    jeder.Wie zufällig schlenderte er über den Hof und traf auf Veronika,die gerade
    eines ihrer Pferde von der Koppel geholt hatte.“Was tut der Lkw da?“,fragte er
    das Mädchen.“Bei uns ist Heu und Stroh so teuer geworden,dass es sich
    anscheinend rechnet,das Futter aus Tschechien zu importieren,da es nach
    Frachtkostenabzug immer noch billiger ist,als bei uns“,erklärte ihm
    Veronika.“Ausserdem ist Pavel unser Stallbursche mit vielen Verbindungen
    ausgestattet,so dass wir erste Qualität kriegen.“Veronika lief weiter zum
    Putzplatz und Ben drückte sich bei der Scheune herum.Pavel fuhr mit einem
    Stapler vorbei und lud die Quaderballen ab.Als er ziemlich in der Mitte angekommen
    war,holten der Lkwfahrer und er ein Päckchen aus einem Ballen.Im nächsten
    Moment bog Jens um die Ecke,nahm das Päckchen und forderte den Fahrer auf,mit
    ihm zu seinem Geländewagen zu kommen.



    Ben überlegte kurz.Er spurtete zu Jacks Box-er war Gott sei
    Dank sauber-schmiss den Sattel drauf,trenste und schwang sich so schnell er
    konnte aufs Pferd.Er sah gerade noch die Rücklichter des Jeeps im Waldweg
    verschwinden,wo er mit Mia schon geritten war.“Los Jack,lauf ihnen nach,du bist
    jetzt mein Partner“,forderte er das Pferd auf,das willig Richtung Wald
    marschierte.Jack fiel in einen leichten Galopp und verschwand mit Ben im Wald.



    Veronika sah ihnen nachdenklich nach und ging dann mit ihrem
    Pferd in die Halle,um zu trainieren.

  • Weil der Waldweg frisch geschottert war,konnte Ben die
    Fahrspuren gut erkennen.Als er etwa 5 Minuten geritten war,kam eine Biegung.Er
    parierte Jack durch und liess ihn langsam im Schritt um die Ecke biegen-da sah
    er sie.Jens und der tschechische Lkw-fahrer mit dem Jeep und ein zweiter Mann
    mit einem Landrover.Ben näherte sich vorsichtig den Männern.Dann erkannte er
    den Dritten-es war der Rechtsanwalt Peter Müller.Er übergab gerade dem Fahrer
    ein Bündel Geldscheine.Dieser zählte sie sorgfältig.“So ist das also,“dachte
    sich Ben.“Im Heu werden die Drogen geschmuggelt,dann vom Anwalt bezahlt und von
    Jens auf den Turnieren und Party`s vertickt.



    Gerade wollte er sein Pferd umdrehen und leise
    zurückreiten,da entdeckten ihn die Drei.Der Anwalt zog sofort eine Waffe und
    schoss in Bens Richtung.Jack erschrak furchtbar und rannte voller Panik in vollem
    Tempo zwischen den Bäumen durch-weg von der Gefahr.Die Äste klatschten Ben ins
    Gesicht und kratzten seine Wangen auf.Der Wind pfiff ihm um die Ohren,er
    versuchte verzweifelt an den Zügeln zu ziehen,um das panische Pferd
    anzuhalten-völlig erfolglos.Plötzlich erkannte er vor sich eine tiefe
    Schlucht,mit voller Kraft zog er nochmal-und Jack stand.Allerdings nur um dann
    senkrecht in die Höhe zu steigen.Einen Moment stand er auf seinen Hinterbeinen
    und kippte dann langsam nach hinten über.Ben versuchte noch verzweifelt aus den Steigbügeln zu
    kommen,aber es war vergeblich.Jack fiel rückwärts und begrub Ben unter sich.

  • Ben durchfuhr ein furchtbarer Schmerz,als die halbe Tonne
    Pferd mit voller Wucht auf ihn fiel.Irgendwie rutschte er aus den Steigbügeln
    und Jack stand auf-sogar ohne ihn zu treten.Ben schnappte nach Luft,Sterne
    tanzten vor seinen Augen,er wünschte sich nichts sehnlicher,als ohnmächtig zu
    werden,aber leider passierte das nicht.Er hatte das Gefühl,jemand habe ihn mit
    einer Axt in zwei Teile gehauen,so schmerzte sein Becken ,Bauch und
    Oberschenkel.



    Jack drehte sich um und lief
    Richtung heimatlichen Stall.Als er kurz vor dem Weg war,trat er auf
    seinen Zügel,worauf das Seitenteil des Kopfstücks riss,ihm das Bit aus dem Maul
    fiel und alles neben dem Weg liegenblieb.In lockerem Trab lief er nach Hause,wo
    er vom Stallburschen in Empfang genommen und in seine Box gebracht
    wurde.Veronika wunderte sich,weil zwar Jack da war,sie Ben aber nirgendwo
    entdecken konnte,ritt aber dann erst mal ihr zweites Pferd.



    Ben lag währenddessen stöhnend im Gras.Als er sich etwas
    gefangen hatte,sah er an sich herunter.Der Oberschenkel stand in einem
    merkwürdigen Winkel nach außen ab,Blut sickerte durch die Jeans,die zerrissen
    war und als Ben genauer hinsah,wurde ihm schlecht,denn sein Oberschenkelknochen
    spiesste aus der Hose.Als er versuchte sich nur einen Millimeter zu
    bewegen,flammte ein neuer,unbeschreiblicher Schmerz auf.Er konnte sein Becken
    kein Stück anheben oder rutschen,ohne dass ihm schwarz vor Augen wurde.Auch sein
    ganzer Bauch tat furchtbar weh.So blieb ihm nichts anderes übrig,als ruhig
    liegen zu bleiben.



    Nach einiger Zeit hörte er Stimmen.Er verkrampfte sich-das
    waren Jens und der Anwalt.Sie folgten den Spuren,die Jack hinterlassen
    hatte.Als sie ihn erreichten,sahen sie auf ihn herunter.Ben schloss die Augen und erwartete den finalen
    Schuss,wobei er sich nicht sicher war,ob er diesen Weg nicht gehen wollte,nur
    um diese Pein nicht mehr ertragen zu müssen.“Der kommt hier nicht weg,den
    lassen wir einfach so verrecken,weiss ja keiner,dass es nicht ein schrecklicher
    Reitunfall war“,lachte Peter Müller.“Da müssen wir uns die Hände nicht
    schmutzig machen,das erledigt die Natur von selbst.“dann entfernten sich die
    beiden.Nach einiger Zeit öffnete Ben die Augen und stellte erleichtert
    fest,dass er wieder alleine war.Mit einer Hand tastete er nach seinem Handy.Es
    war beim Sturz aus der Hosentasche gefallen und in tausend Teile
    zerbrochen.Auch die Simkarte war weg.Ben brach vor Verzweiflung in Tränen
    aus.“Semir,“murmelte er-„Hilf mir!“



    Langsam wurde es dämmrig.Ben war immer noch schlecht.Die
    Schmerzen waren zwar da,aber nicht mehr ganz so schrecklich wie am Anfang.Nur
    bewegen konnte er nur seine Arme und den Kopf.Ben schlummerte immer wieder kurz
    ein.Langsam wurde ihm kalt.Es war immerhin Anfang Oktober und die Tage zwar
    warm und schön,aber die Nächte schon empfindlich kalt.Er zitterte,hatte aber
    ausser seiner geliebten olivfarbenen Jacke und dem Shirt nichts Warmes
    an.Stunde um Stunde verging.Die Geräusche des Waldes waren ihm inzwischen schon
    vertraut.Ein Käuzchen rief,dann raschelte wieder etwas im Unterholz.Nach
    unendlich scheinender Zeit ging endlich die Sonne auf.Unter anderen Umständen
    hätte Ben das alles sehr idyllisch gefunden,aber jetzt war ihm nur noch kalt.Er
    dachte ganz stark an Semir,vielleicht funktionierte das ja mit der
    Telepathie?,aber nichts geschah.





    .

  • Semir war zu seiner normalen Feierabendzeit nach Hause
    gefahren.Andrea und Ayda erwarteten ihn schon sehnsüchtig.Nach dem Abendbrot
    brachte er seine Tochter ins Bett und las ihr noch eine Geschichte von Pferden
    und Indianern vor.“Ich will mal wieder mit Onkel Ben reiten gehen,“bat
    sie.Semir nickte nur.Irgendwie war ihm nicht wohl.Er wusste nicht warum,aber
    gegen 21 Uhr rief er Ben an.Es ging nur die Mailbox ran.Andrea beruhigte
    ihn:“Ben ist sicher schon im Bett-die viele Reiterei und frische Luft ist doch
    anstrengend.“Seufzend setzte sich Semir noch eine Stunde vor den Fernseher,um
    dann schlafen zu gehen.Er schlief sehr unruhig.



    Währenddessen holten im Westernreitstall Jens und Peter
    Müller Ben´s Autoschlüssel aus dem Reiterstübchen.Sie fuhren den Mercedes nach
    Hause,in die Garage des Rechtsanwalts,damit niemand auf die Idee kam,hier nach
    dem Polizisten zu suchen.Veronika sah,wie Jens mit Ben´s Auto davonfuhr und
    hatte ein ganz schlechtes Gefühl.Mehrmals sah sie auf die Karte mit Semir´s
    Telefonnummer,brachte dann aber den Mut nicht auf,anzurufen.



    Am nächsten Morgen fuhr Semir pünktlich wie immer in die
    Past.Wer nicht da war,war Ben.Als er 15 Minuten nach Dienstbeginn immer noch
    nicht anwesend war,versuchte Semir nochmal sein Handy anzuwählen-nur die
    Mailbox ging ran.Er stürmte ins Büro der Chefin.“Frau Krüger,Ben ist nicht
    da.“Sie grinste:“Ist das so früh am Morgen für Herrn Jäger etwas
    Besonderes?“,fragte sie.“Ich versuche ihn schon seit gestern Abend zu
    erreichen,aber er geht nicht ans Telefon.Er wollte sich nachmittags noch am
    Westernstall umsehen,seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört-ich habe ein
    ganz schlechtes Gefühl“,sagte Semir.Kim nahm Semirs Bauchgefühl sehr ernst,denn
    er hatte eigentlich immer ein gutes Gespür für solche
    Situationen.“Susanne,bitte orten sie das Handy von Herrn Jäger“,befahl sie über
    die Sprechanlage.Semir lief zu Susanne´s Schreibtisch.Diese schüttelte nach
    einiger Zeit den Kopf.“Geht nicht,es ist nicht erreichbar“,sagte sie.“Also
    gut,Herr Gerkhan,nehmen sie Herrn Herzberger mit,fahren sie zu Herrn Jägers
    Wohnung-oder wohin sie sonst meinen –und suchen sie nach ihm.“Semir lief zu
    Hotte,der gerade sein zweites Frühstück
    einnahm.“Hotte,die Chefin hat gesagt,du sollst mit mir kommen,um Ben zu
    suchen“,sagte er.Hotte ließ sofort sein Brötchen sinken,nahm seine Jacke und
    Mütze und folgte Semir zum Wagen.“Was gibt es denn?“,fragte er.Semir erklärte
    ihm den Stand der Ermittlungen und startete dann den BMW.



    Zuerst fuhren sie zu Ben´s Wohnung.Der Wagen stand nicht wie
    sonst auf dem Parkplatz.Semir hatte Ben´s Ersatzwohnungsschlüssel an seinem
    Schlüsselbund,da dieser seinen immer mal wieder verschusselte und das die
    einfachste Lösung war.Er schloss die Wohnung auf.Leer,alles sah nach einem
    eiligen Frühstück aus,aber der Kaffeerest im Becher war schon
    eingetrocknet,also eher von gestern-konstatierte Semir.Er rannte die Treppe
    wieder herunter,so dass Hotte kaum nachkam.Als Nächstes fuhr er zum
    Westernstall.“Hotte lass die Mütze unten und die Uniformjacke aus und bleib´im
    Wagen-wir wollen Ben´s Tarnung nicht gefährden.Ich sehe mich erst mal so
    um“,befahl Semir nach der Ankunft.Er liess seinen Blick über den Parkplatz
    schweifen.Da das Lokal noch geschlossen hatte,waren nur wenige Autos zu
    sehen.Der Mercedes war nicht dabei.Semir lief um die Gebäude herum,kein
    Auto,kein Ben.Als ein Stallbursche auf ihn zukam fragte er:“Haben sie zufällig
    meinen Bekannten Herrn Jäger gesehen?Er nimmt hier Reitunterricht und ich
    wollte zusehen kommen.“Der Stallhelfer schüttelte den Kopf.“Er war gestern
    da,ist aber abends wieder
    weggefahren“,antwortete Pavel in gebrochenem Deutsch auf die Frage.Semir lief
    ratlos zum Wagen zurück.Wo konnte Ben nur stecken?Er hätte doch angerufen,wenn
    sich etwas Neues ergeben hätte.Ausserdem war ja auch das Auto weg.Entmutigt
    stieg Semir wieder ein und fuhr mit Hotte zur Past zurück.Die Chefin gab noch
    eine Fahndung nach Ben´s Wagen heraus,sonst fiel ihnen nichts weiter ein.







    .

  • Ben erwachte aus einem unruhigen Schlummer.Die Sonne schien
    zwischen den Bäumen durch und jetzt war ihm auch wieder wärmer.Eigentlich fast
    zu warm.Als er hochfasste,fühlte er Schweissperlen auf seiner Stirn.“Auch noch
    Fieber-aber was spielt das für eine Rolle“,dachte er betrübt.Er versuchte
    nochmals sich nur ein kleines bisschen zu bewegen,aber der Schmerz holte ihn
    mit so einer Wucht ein,dass er aufstöhnend liegen blieb.Inzwischen hatte er
    Durst,grossen Durst.Um ihn herum nur Laub,Tannennadeln und langes Gras.Er begann
    zu rufen,in der Hoffnung irgendein
    Spaziergänger,Waldarbeiter,Pilzesammler,Jäger oder sonst irgendwer könnte ihn
    hören.Nichts.Verzweifelt schossen ihm wieder die Tränen in die Augen,Semir
    würde ihn sicher schon suchen.Sein Wagen stand ja im Stall auf dem Parkplatz-vielleicht
    hatte er doch eine kleine Chance auf Rettung.Er wusste,Semir und das ganze Team
    würden nichts unversucht lassen,um ihn zu finden.



    Er dachte an Ayda und sein zukünftiges Patenkind.In zwei
    Monaten sollte es soweit sein,dass er Patenonkel von Andreas und Semirs zweitem
    Kind werden würde.Er freute sich doch schon so.Seine kleine Zweit-eher
    Erstfamilie.Was seine Schwester Julia wohl gerade machte?Und sein Vater
    Konrad?,mit dem er zwar kein enges Verhältnis hatte,aber egal.Er driftete immer
    wieder in eine Traumwelt ab,dämmerte etwas vor sich hin,rief wieder und gab
    sich manchmal einfach seiner Verzweiflung und seinem Schmerz hin.



    Es wurde wieder Abend.Erst wurde es kälter,dann begann es
    auch noch zu regnen.Er hatte zwar immer noch Durst,aber so war das eigentlich
    nicht gemeint.Er wurde immer nässer und fror unbeschreiblich.Zugleich war ihm
    von innen raus furchtbar heiß.Jetzt wollte er nur noch,dass es endlich vorbei
    war.Plötzlich schreckte er hoch.Der Mond stand hoch am Himmel,so dass es fast hell
    war.Etwa zwei Meter von ihm entfernt zog eine Rotte Wildschweine vorbei,die ihn
    aus der Entfernung interessiert betrachtete.Normalerweise würde er jetzt auf
    dem nächsten Baum sitzen,bei den Story´s,die er von diesen Viechern schon
    gehört hatte,aber so überlegte er nur,ob die ihn wohl schon anfressen würden,wenn
    er noch lebte,oder erst hinterher.Sie gingen aber einfach weiter.Er ließ seinen
    angehaltenen Atem entweichen und fiel wieder in einen leichten Schlummer.







    .

  • Veronika hatte auch zwei unruhige Nächte hinter sich.Was
    sollte sie nur tun?Irgendwie war ihr klar,dass etwas bezüglich Ben nicht in
    Ordnung war,aber sie war zu feige,etwas zu unternehmen.Nachdem sie pro forma in
    der Firma ihres Vaters zwar einen Schreibtischjob hatte,im Moment aber ihre
    Karriere als Westernreiterin im Vordergrund stand,beschloss sie,nicht ins
    Büro,sondern ausreiten zu gehen.So etwas klärt die Gedanken.



    Sie fuhr also zum Stall,sattelte eines ihrer Pferde und ritt
    in den Wald.Nach der durchregneten Nacht war ein wunderbarer,klarer Morgen
    angebrochen.Sie genoss den Ausritt.Plötzlich sah sie am Wegrand etwas
    glitzern.Als sie abstieg und hinging,bemerkte sie,dass es Jacks Kopfstück und
    Gebiss war.Also war keiner auf ihm heimgeritten.Sie sah sich suchend
    um,beschloss aber nun doch Hilfe zu holen.Sie kramte Semirs Telefonnummer heraus und zückte ihr Handy.



    Semir saß gerade am Schreibtisch und blickte trübselig auf
    Bens verwaisten Platz-das übliche Chaos aus Akten,Süssigkeitenpapierchen und
    Keksbröseln,als sein Handy klingelte.“Veronika Stäbe am Apparat.Sie waren bei
    mir im Krankenhaus,erinnern sie sich?,fragte sie.Semir bejahte.“Ich habe von
    Herrn Jäger ihre Nummer gekriegt“-und dann schilderte sie Semir den Ablauf des
    vorletzten Tages und ihren Fund.Semir sprang auf.“Kannst du zum Stall
    zurückreiten-ich komme sofort und dann zeigst du mir die Stelle“,sagte er
    aufgeregt.



    Semir raste ins Büro der Chefin.“Wir brauchen sofort einen
    Suchtrupp mit Hunden,Notarzt,alles was verfügbar ist.Ich weiss evtl.wo Ben
    steckt“,rief er.“Ich fahre schon voraus zum Westernzentrum“,rief er und saß
    auch schon im BMW.Mit Blaulicht sauste er über die Autobahn und war in
    kürzester Zeit am Stall.Dort erwartete ihn schon Veronika,die inzwischen ihr
    Pferd verräumt hatte.Sie stieg zu ihm ins Auto und wies ihm den Weg.







    .

  • An der Stelle,wo das Zaumzeug lag,hielten sie an.Semir sah
    sich suchend um.“Veronika-fahr bitte mit meinem Auto zur Strasse zurück und
    weise die Hilfsmannschaft ein.Ich seh´mich derweil schon mal um“,bat er die
    junge Frau.Die nickte und tat wie geheissen.Semir begann den Wegrand
    abzugehen.Da-waren da nicht ein paar geknickte Äste?Semir ging der Spur
    nach.Zugleich begann er immer wieder Bens Namen zu rufen.



    Ben erwachte aus seinem Dämmerschlaf.Hatte er da nicht Semirs
    Stimme gehört? Er schloss wieder die Augen.Das konnte nicht sein,er hatte einen
    Fieberwahn,es war doch eh´ gleich vorbei .Da hörte er es wieder,zwar
    entfernt,aber eindeutig Semirs Stimme,die seinen Namen rief.Er versuchte zu
    antworten,brachte aber nur ein Krächzen heraus.Die Rufe kamen näher,Ben nahm
    alle Kraft zusammen und rief“Semir,hilf mir!“Semir lauschte.War da nicht
    etwas?Ben rief wieder,Semir ging in die Richtung und auf einmal sah er ihn.



    Er lag am Rande einer kleinen Schlucht im Gras,Semir rannte
    zu ihm,so schnell er konnte.Als er näherkam,erschrak er fürchterlich.Ben sah
    aus,als wäre er schon tot.Das Gesicht bleich,überall Schrammen mit getrocknetem
    Blut,die Haare klebten feucht an seinem Kopf.Am Stamm konnte er keine
    Verletzung von außen erkennen,aber der rechte Oberschenkel stand in einem
    merkwürdigen Winkel ab und Semir wurde beinahe schlecht-man konnte etwas
    Weisses durch die zerrissene,blutige Jeans ragen sehen-vermutlich der
    Oberschenkelknochen.Semir liess sich auf die Knie fallen.“Ben sag was!“Ben
    schlug die Augen auf und sah Semir mit trübem Blick an.“Es tut so weh und mir
    ist so kalt,“flüsterte er.Semir zog seine Jacke aus,deckte Ben damit zu und
    griff zu seinem Handy.“Chefin,ich hab ihn“,informierte er die Krüger,“ich bin
    im Wald,ganz in der Nähe eines Weges.Veronika steht zur Einweisung am
    Reitzentrum.Wir brauchen keinen Suchtrupp
    und Hunde mehr,aber sofort einen Notarzt-Ben ist schwer verletzt.““Schon
    unterwegs-ich koordiniere das“,antwortete Kim Krüger.



    Semir griff nach Bens Hand.“Was machst du denn für Sachen?“,sagte
    er.Die Hand war eiskalt,nun sah Semir auch,dass Ben tropfnass war.Ben war
    völlig erschöpft und konnte einfach nicht mehr sprechen.Semir kam es wie
    Stunden vor,in denen er sinnloses Zeug,wie:“Alles wird gut,ich bin ja bei
    dir“,etc .murmelte und Bens Hand hielt.Immer wieder kontrollierte er seinen
    Puls.Er war sehr schnell und flach,Semir traute sich aber nicht,Ben
    anzufassen,um ihm nicht noch mehr wehzutun.



    Plötzlich hörte er vom Weg her Stimmen.Er begann laut zu
    rufen und in wenigen Minuten standen ein Paar Polizisten,ein Notarzt und zwei Sanitäter vor ihm.Auch Veronika hielt
    sich im Hintergrund auf.







    .

  • Der Notarzt kniete sich zu Ben“Wie heissen sie und wie alt
    sind sie?“,fragte er ihn.Der schlug die Augen auf und sagte schwach:“Ben Jäger
    und ich bin 31.““Stimmt das?“,wollte der Notarzt von Semir wissen und der
    nickte.“Herr Jäger,ich werde sie jetzt kurz untersuchen und dann dürfen sie
    schlafen.“



    Zunächst leuchtete er mit einer Lampe in Bens Augen,stellte
    noch ein paar Fragen und liess ihn den Kopf bewegen.Er tastete seine Arme und
    den Brustkorb ab,ohne dass Ben reagierte.Als er auf den Bauch drückte,stöhnte
    Ben schmerzvoll auf.“Abdomen bretthart gespannt,Verdacht auf stumpfes
    Bauchtrauma“,murmelte der Notarzt.Als er seitlich das Becken
    zusammendrückte,schrie Ben auf und klammerte sich an Semirs Hand
    fest.“Instabile Beckenfraktur Typ 2-3 und offene Oberschenkelfraktur
    rechts“,diagnostizierte der Arzt.Ein Sanitäter hatte Ben derweil die Stiefel
    ausgezogen,worauf der Notarzt noch die Empfindungen in den Beinen
    untersuchte,die soweit in Ordnung waren.Inzwischen hatte der Rettungsassistent
    das Shirt hochgeschoben und EKG –Elektroden auf Bens Brust befestigt.Ein
    automatisches Blutdruckmessgerät wurde um seinen Oberarm geschlungen und an
    seinem Finger ein Sauerstoffsensor angeklippt.Der Arzt setzte ihm eine Maske
    aufs Gesicht,durch die er mit Sauerstoff versorgt wurde.



    „Alles zum Intubieren herrichten“,bat der Notarzt seine
    Assistenten und legte als Nächstes einen Zugang in den Handrücken.Ein Polizist
    bekam eine Infusion zum Halten und der Sanitäter zog einige Medikamente
    auf.Ketanest,0,2 Fentanyl und Nimbex,wie üblich?,fragte der
    Rettungsassistent.Der Doktor nickte.Als alles bereit war,sagte der Notarzt zu
    Ben:“Sie werden jetzt gleich müde werden,keine Angst,wir passen auf sie auf“und
    sah zu dem Sanitäter,der daraufhin die Medikamente spritzte.Ben blickte die
    ganze Zeit Semir an,bis ihm die Augen zufielen.Der Notarzt positionierte sich
    hinter Bens Kopf,überstreckte diesen,öffnete mit einem Laryngoskop seinen Mund
    und führte den Tubus in die Luftröhre ein.Als dieser geblockt war,hörte der
    Doktor noch den Brustkorb ab,während der Sanitäter den Beatmungsbeutel betätigte,um die richtige Lage
    einzustellen.Dann schloss er ein tragbares Beatmungsgerät an.



    „Er bricht mit dem Druck ein!“alarmierte der
    Sanitäter.“Erstmal eine Ampulle Akrinor und Volumen,“ordnete der Notarzt an.Das
    rechte Bein kam noch in eine Vakuumschiene,dann betteten sie Ben vorsichtig auf
    die mitgebrachte Trage und deckten ihn zu.



    Bens Hand war ganz schlaff geworden,als er einschlief und
    Semir liefen jetzt vor lauter Mitleid die Tränen herunter.Der Arzt organisierte
    mit seinem Handy über die Leitstelle einen Intensivplatz in einem Haus mit
    guter Unfallchirurgie.“Wir kommen mit einem beatmeten,instabilen 31jährigen
    Mann mit schweren inneren Verletzungen und brauchen ein Notfall-CT und einen OP,“meldete
    er an.Sie waren inzwischen mit der Trage losgelaufen.Semir trug einen Koffer
    der Sanitäter,die mit ihrer kostbaren
    Fracht durch den Wald liefen.Bald waren sie am Rettungswagen.Ben wurde
    eingeladen und die Fahrt ging los.Semir hatte noch erfahren,dass es in die
    Uniklinik ging und lief jetzt langsam zu seinem Wagen.Veronika trat mit
    tränenüberströmtem Gesicht hinter ihn“.Es tut mir so leid,aber ich glaube,ich
    muss ihnen jetzt etwas erzählen“,sagte sie.Semir nickte.







    .

  • Jens sah den Notarztwagen im Wald verschwinden.Er rief
    sofort den Anwalt an.Der versprach,etwas zu unternehmen.“Wir hätten ihn doch
    gleich erledigen sollen,“fluchte er.Allerdings hatte er die Rechnung ohne
    Veronika gemacht.Als kurze Zeit später ein silberner BMW in den Hof
    fuhr,gefolgt von zwei Polizeiwagen,schwante Jens Übles.Semir trat auf ihn zu
    und sagte:“Sie sind verhaftet wegen
    Drogenhandels und Beteiligung an mehreren Morden,“und übergab ihn an die
    Uniformierten.Auch Pavel wurde festgesetzt.Veronika,die regelmässige
    Drogenkundin war und auf dem Hof ,wie Mia ,die Augen offen gehalten hatte,hatte
    Semir von den Lieferungen via Lkw und Jens´Dealertätigkeit erzählt.



    Nach dem Schock von Bens Verletzung wollte sie keine
    Mitschuld an weiteren Todesfällen tragen.Lieber nahm sie eine Bestrafung für
    sich in Kauf.Semir versprach ihr als Kronzeugin eine milde Strafe.Er rief noch
    die Chefin an,die versprach,Jens und Pavel sofort zu verhören,um an die
    Hintermänner zu kommen.



    Semir informierte noch kurz Andrea von den Entwicklungen und
    fuhr dann in die Uniklinik.



    Als er dort ankam,fragte er an der Information nach Ben.“Er
    ist im Moment noch in der Notaufnahme,“teilte ihm der Pförtner mit.“Sie müssen
    da lang“und zeigte ihm die Richtung.Im Gang der Ambulanz sah sich Semir suchend
    um.Gerade wurde Ben,immer noch beatmet und schlafend aus dem CT
    herausgefahren.Semir sprang auf und trat an sein Bett.“Bitte warten sie draussen,ein
    Arzt wird später mit ihnen sprechen,“sagte die Pflegekraft,die das Bett schob.“
    Der Polizist nickte und ging in den Wartebereich.



    Inzwischen war bei Ben weitere Diagnostik angelaufen.Nach
    der Übergabe des Notarztes wurde zunächst Labor und ein Ultraschall des
    Bauchraums gemacht.“Massiv freie
    Flüssigkeit“, dokumentierte der Untersuchende.Nach dem CT,das die Diagnosen des
    Notarztes bestätigt hatte,wurde Ben in den OP gebracht.Als das Ärzteteam das
    Bauchfell eröffnete,spritzte ihnen der Eiter entgegen.“Das wird ein Spass
    werden“,meinte der Viszeralchirurg und liess sich Queen in den CD-Player
    einlegen.

  • Semir wartete nun schon
    vier Stunden.Nach einer Stunde Wartezeit in der Notaufnahme,hatte ihn
    eine Schwester in den Bereich vor den OPs umgeleitet.Plötzlich stand Andrea vor
    ihm und nahm ihn in den Arm.“Ich habe es nach deinem Anruf zuhause nicht mehr
    ausgehalten.Ayda ist bei meinen Eltern und ich mache mir genausoviele Sorgen um
    Ben,wie du.Er gehört doch eigentlich auch zu unserer Familie“,meinte Andrea.“Weisst
    du schon was Neues?“Semir verneinte.“Vielleicht sollten wir Konrad und Julia
    informieren,immerhin sind sie rechtlich ja seine Angehörigen?“meinte
    Andrea.Semir nickte-daran hatte er noch gar nicht gedacht.



    Gleich griff er zu seinem Handy,um sich von Susanne die
    Nummern geben zu lassen.Diese fragte auch ganz besorgt nach Ben.“Ich weiss noch
    nichts Neues,sage euch aber sofort Bescheid,wenn er aus dem OP kommt“,teilte
    ihr Semir mit.Nach kurzer Zeit hatte Semir Konrad und Julia informiert.



    Dann öffnete sich die Tür der OP-Abteilung.Ein Arzt und eine
    Schwester fuhren mit Ben,der immer noch beatmet war,an Andrea und Semir
    vorbei.“Wir bringen ihn auf die Intensivstation“,teilten sie ihnen mit“Sie
    können mitkommen und davor warten-wir holen sie dann herein,sobald er versorgt
    ist.“Andrea und Semir folgten dem Bett.Bei einem kurzen Blick auf seinen
    Partner wurde Semir fast wieder übel-er sah so krank aus.Etwa eine
    Viertelstunde später holte die Schwester,die sie vorher schon informiert
    hatte,Andrea und Semir herein.Zögernd trat Semir an Bens Bett.



    Er lag tiefschlafend auf dem Rücken.Ein dünnes Laken war bis
    zur Hüfte über ihn gebreitet.Überall waren Schläuche und Kabel.Semir konnte
    aber nicht anders,als fasziniert auf Bens Bauch zu starren.Unter einer
    durchsichtigen Plastikfolie konnte man Haut,Fettgewebe und Muskulatur
    erkennen,die auseinanderklafften.Solche Anblicke war Semir eigentlich nur von
    den Obduktionen,denen er beruflich beiwohnen musste,gewöhnt.



    Plötzlich hörte er hinter sich einen dumpfen Schlag-Andrea
    war umgefallen.Sofort sprangen Semir und mehrere Schwestern und Ärzte zu ihr
    und kümmerten sich um sie.Als sie wieder bei sich war,fasste sie sich plötzlich
    auf den Bauch-„Ich glaube ich habe Wehen“,stöhnte sie.Sofort wurde sie auf
    einer Trage in die Gynäkologie gebracht.Semir blieb an ihrer Seite.Nachdem der
    Wehenschreiber ihre Vermutung bestätigt hatte,hängte man ihr sofort eine
    Infusion mit wehenhemmenden Medikamenten an und verordnete ihr strenge
    Bettruhe.Semir informierte noch seine Schwiegereltern,dass Ayda wohl länger bei
    ihnen bleiben würde und fuhr dann erst mal nach Hause,um einige Sachen für
    Andrea zu holen.In der PAST gab er nur kurz Bescheid,dass Ben die Operation
    überstanden hatte und machte sich dann wieder auf den Weg ins Krankenhaus.







    .

  • Als er in der Klinik ankam,ging er zuerst besorgt zu
    Andrea.Sie lag in einem gemütlichen Zweibettzimmer mit einer netten
    Mitpatientin,die die gleichen Probleme hatte.Inzwischen hatte sich alles wieder
    beruhigt und Andrea schickte Semir,nachdem er ihren Schrank eingeräumt
    hatte,zurück zu Ben.Sie verstand,dass er vorher keine Ruhe hatte und schalt
    sich selber,wegen ihrer schwachen Nerven.



    Semir ging eilig zur Intensivstation.Davor sassen schon
    Konrad,Bens Vater,und seine Schwester Julia.“Hallo Semir,wir sollen noch kurz
    warten-es wird gerade irgendein Eingriff bei Ben gemacht“,sagte Konrad
    sorgenvoll.Nun erzählte Semir erst genau,wie die Rettungsaktion abgelaufen
    war,mit dem Erfolg,dass sich die beiden noch mehr Sorgen machten



    Nach einiger Zeit wurden sie durch die Rufanlage
    angesprochen:“Die Angehörigen von Herrn Jäger können hereinkommen.“Semir zeigte
    den beiden anderen,wie sie in der Schleuse ihre Hände desinfizieren mussten.Als
    sie gemeinsam an Bens Bett traten,sah es
    schon nicht mehr ganz so schlimm aus,da die Decke bis zur Brust hochgezogen war
    und er leicht auf der Seite lag.



    Nach kurzer Zeit kam ein Arzt.Er stellte sich vor“Ich bin
    Dr. Fleming und behandle Herrn Jäger hier auf der Intensivstation.Wer sind
    sie?“Konrad stellte sie alle vor.Zu Semir gewandt,sagte er:“Das ist der beste
    Freund meines Sohnes,auch er darf Auskunft über den Gesundheitszustand
    bekommen.“Dr.Fleming nickte.“Ich werde ihnen nun erläutern,welche Verletzungen
    Herr Jäger bei seinem Unfall erlitten hat und wie wir sie behandeln:Bei seinem
    Sturz vom Pferd vermuten wir,dass er ein sogenanntes Überrolltrauma erlitten
    hat,also das Pferd wohl auf ihn gefallen ist.Er hat dabei eine
    Symphysensprengung erlitten,das heisst,dass das Schambein vorne
    auseinandergebrochen ist.Das ganze Becken wird dadurch instabil und scharfe
    Knochensplitter haben den Darm und die Blase verletzt.Gott sei Dank wurden
    keine grossen Blutgefässe beschädigt,sonst wäre er sehr schnell verblutet.Dabei
    ist Darminhalt in die Bauchhöhle ausgetreten und hat,da dieser ja hoch mit Keimen
    belastet ist,zu einer schweren Peritonitis,das ist eine
    Bauchfellentzündung,geführt.



    Wir mussten eine Sigmaresektion vornehmen,das heisst,einen
    Teil des Dickdarms entfernen-das beeinträchtigt später aber überhaupt nicht.Die
    Harnblase konnten wir übernähen,der Urin wird jetzt eine Zeit über ein
    Schläuchlein,einen sogenanntenPufi,über die Bauchdecke abgeleitet.Auch das heilt normalerweise gut aus.Die
    Beckenfraktur haben wir von innen mit mehreren Platten und Schrauben
    fixiert,genauso wie die offene Oberschenkelfraktur.Inwieweit das folgenlos
    ausheilt,müssen wir abwarten.Das grosse Problem ist diese-wie wir
    sagen-Vierquadrantenperitonitis,weil der komplette Bauchraum betroffen ist.Wir
    haben alles gespült und vier sogenannte Easyflowdrainagen eingelegt,die
    Wundsekret nach aussen ableiten.Nachdem es keinen Sinn macht,den Bauch zu
    verschliessen,haben wir uns für eine sogenannte offene Bauchbehandlung
    entschieden.Es kommt durch die massive Eiterung nämlich zu einer Schwellung des
    Darms und das Wundgebiet muss jeden Tag komplett im OP gesäubert werden.Das
    bedeutet für Herrn Jäger,dass wir nur das Bauchfell locker verschlossen
    haben,den Rest aber offen gelassen und nur mit Folie abgeklebt.Es sieht zwar
    furchtbar aus,Herr Jäger bekommt davon aber nichts mit.Er wird nämlich
    solange,bis der Bauch wieder zu ist,weiter sediert und beatmet.



    Leider hat diese massive Eiterung zu einer Sepsis-einer
    Blutvergiftung-geführt.Das ist die eigentliche Komplikation an der Sache.Die
    meisten Patienten,die auf Intensivstationen versterben,haben eine Sepsis als
    Ursache.Der Körper kann dabei Flüssigkeit nicht mehr in der Zelle halten,da eine spezielle Zellmembran durch die
    Entzündung undicht wird.Die Patienten verdursten also sozusagen innerlich.Dadurch
    kann der Körper keinen Blutdruck mehr selbstständig aufrechterhalten und das
    führt unbehandelt zum Tod.Herr Jäger bekommt daher massiv Infusionen,er hat
    z.B. heute schon über zehn Liter erhalten und sein Kreislauf wird mit
    sogenannten Katecholaminen,in seinem Fall Noradrenalin,gestützt.Auch erhält er
    hochdosiert mehrere Antibiotika gegen die Entzündung intravenös.“



    Konrad sah den Arzt unsicher an.“Und wie stehen seine
    Chancen,all das zu überleben?“Der Arzt dachte nach.“Ich würde sagen
    50/50.“Julia brach in Tränen aus.Der Doktor verabschiedete sich.







    .

  • Die drei standen weiter an Bens Bett.Julia hatte sich wieder
    etwas beruhigt.Konrad sagte“Ich muss leider beruflich nach Düsseldorf zurück
    und Julia und ich sind zusammen gekommen.Herr Gerkhan,sie halten hier wohl die
    Stellung,so wie es aussieht.Bitte halten sie uns telefonisch auf dem
    Laufenden“und die beiden gingen.



    Semir zog sich einen Stuhl heran.Nach kurzer Zeit kam eine
    Schwester herein.Sie sagte freundlich:“Sie dürfen Herrn Jäger schon
    anfassen.Sprechen sie auch mit ihm.Er bekommt zwar Schlafmittel und Opiate,also
    starke Schmerzmittel,wir wissen aber,dass die Patienten trotzdem etwas
    wahrnehmen und ihnen die Gegenwart vertrauter Menschen sehr gut tut.“Semir nahm
    Bens Hand und streichelte ihn.“Wir werden das gemeinsam durchstehen und du wirst
    wieder ganz gesund-du wirst sehen.Ich bin für dich da.“Nach einer viertel
    Stunde forderte ihn die Schwester zum Gehen auf.“Kommen sie morgen wieder,wir
    werden gut auf ihn aufpassen“,sagte sie.Semir verabschiedete sich,sah noch kurz
    bei Andrea vorbei und ging dann nach Hause,um ohne Essen todmüde ins Bett zu
    fallen.Erstaunlicherweise schlief er tief und traumlos.



    Am nächsten Morgen fuhr er nach dem Frühstück zur PAST.Jens
    und Pavel waren über Nacht in den Zellen geblieben und noch nicht in die JVA
    verlegt worden.Frau Krüger hatte sie gestern verhört,allerdings erfolglos.Sie
    hatten alles abgestritten.Als er das Büro betrat,drehten sich Dieter und Hotte
    nach ihm um.„Wie geht es Ben?“wollten sie wissen.Semir sagte:“Geht gleich mit
    zu Frau Krüger-du auch Susanne,dann muss ich es nur einmal erzählen.“So machten
    sie es.Alle sahen danach betreten zu
    Boden.“Er wird es schaffen,ganz bestimmt,der Junge ist doch stark“sagte Hotte.



    Frau Krüger bat Semir,bei Jens` Verhör mitzumachen.Zu Zweit
    nahmen sie ihn in die Zange.Anscheinend war er über Nacht zur Erkenntnis
    gekommen,dass er von einer Aussage eher Vorteile hatte und so gab er nach einer
    Weile den Drogenschmuggel und den Verkauf zu.Mit Mias Tod habe er aber nichts
    zu tun.Die sei zwar zu ihm gekommen und habe ihm das Dealen auf den Kopf
    zugesagt,er habe das aber nur weitergegeben.Nachdem Semir ihm eine Weile schwer
    zugesetzt hatte,nannte er den Namen seines Auftraggebers:Peter Müller.Dieser
    war auf die Idee mit dem Vertriebsweg gekommen.



    Sofort fuhren Semir und mehrere Polizeiwagen zu Peter
    Müllers Villa.Frau Krüger versuchte inzwischen einen Durchsuchungsbefehl von
    der Staatsanwaltschaft zu bekommen,was ihr auch gelang.Der Anwalt war nicht
    da,nur eine Haushälterin öffnete die Tür.“Wir haben einen
    Durchsuchungsbefehl,dürfen wir bitte reinkommen?“sagte Semir.Die Haushälterin
    trat zur Seite.Sie fanden Bens Mercedes in einer der Garagen stehen.“Da haben
    wir schon das Beweisstück“,meinte Frau Krüger,die inzwischen mit dem
    Schriftstück nachgekommen war.Während die Villa noch auf den Kopf gestellt
    wurde,fuhren Semir und die Chefin mit zwei Uniformierten zur Kanzlei des
    Rechtsanwalts.Als dieser zufällig aus dem Fenster blickte und die Polizei
    anrücken sah,verliess er das Haus durch
    einen Hintereingang.Seine verdutzte Sekretärin wusste gar nicht,wie ihr
    geschah,als eine Menge Leute ihr Büro betraten.Sie konnte nur noch zum zweiten
    Eingang zeigen.Semir fluchte und versuchte den Anwalt noch zu
    finden-erfolglos.Also wurde er mit Bild zur Fahndung ausgeschrieben.







    .

  • Frau Krüger sah Semir an:“Ich weiss,wo sie jetzt
    hinwollen.Gehen sie zu ihrer Frau und zu Ben.Sie können Überstunden
    abbauen,wenn sie wollen.“Semir nickte und machte sich auf den Weg zur
    Klinik.Bei Andrea und dem Baby war alles in Ordnung,sie musste nur noch liegen
    und sagte:“Ich habe schon mit Ayda und meinen Eltern telefoniert,es läuft dort
    alles prima.“Semir seufzte erleichtert auf und versprach,seine Tochter bei den
    Grosseltern zu besuchen.“Nun geh schon,“schickte ihn Andrea zu seinem Freund.



    Als er an der Intensivstation läutete,wurde er gleich
    hereingebeten.Er ging in Bens Einzelzimmer.Der lag genauso da wie gestern,nur
    war er jetzt nackt.Ausschliesslich die Genitalien waren mit einem Tuch
    bedeckt.Semir liess seinen Blick über den verkabelten Freund schweifen und
    musste ganz schön schlucken.Er war ja normalerweise nicht so zart besaitet,aber
    das ging schon an die Kante.Ein junger Pfleger,der das Zimmer betrat,hatte
    Semirs Blick bemerkt.“Ich bin Alex,soll ich ihnen mal die ganzen Kabel
    erklären?“fragte er.Semir nickte.



    Also in der Nase,das ist eine Magensonde.Damit wird der
    Magensaft abgeleitet,weil der Magen-Darmtrakt ja noch nicht arbeitet.Den Tubus
    in der Luftröhre kennen sie ja schon.“Semir bemerkte,dass Bens Dreitagebart
    abrasiert war.“Das ist für uns praktischer zum Verkleben des Beatmungsschlauchs“meinte Alex,der den Blick
    bemerkte.“Ausserdem wächst der ja wieder.Rechts am Hals,das ist der zentrale
    Venenkatheter,kurz ZVK,in seinem Fall ein trio,also ein mehrlumiger,da man
    damit viele Infusionen und Medikamente in genauen Dosierungen gleichzeitig
    zuführen kann.“Die Schläuche führten zu einem Gestell,an dem vier
    Infusionsbeutel hingen,deren Systeme alle durch Infusomaten,also
    Infusionspumpen zu Ben liefen.Gleich darunter war eine ganze Latte an
    Perfusorspritzen,also grossen 50ml-Spritzen,die mit verschiedenfarbigen
    Aufklebern versehen waren.Semir zählte
    12 Stück.“Das sind Medikamente,sowohl zum Sedieren,für den Kreislauf-das sind
    die mit dem roten Aufkleber-,als auch viele andere,die gleichmässig zugeführt
    werden müssen und deswegen über Spritzenpumpen,wir sagen
    Perfusoren,laufen“erklärte Alex.



    Bens Bauch klaffte unter der Folie immer noch auseinander .“Ganz
    schön gewöhnungsbedürftig,nicht“,meinte Alex.Semir nickte und musste einen
    leichten Übelkeitsanfall unterdrücken.“Er hat aber hohes Fieber,deshalb kann
    ich ihn nicht zudecken“,meinte Alex.Die EKG-Aufkleber auf Bens Brust führten zum Monitor,der die
    Herzaktion,die Atemfrequenz und über einen Sauerstoffsensor am Finger die
    Sättigung des Blutes über Infrarot mass.Neben den vier Easyflowdrainagen,die
    rechts und links neben der Folie in kleinen Beuteln mündeten,steckten noch 8
    Redonsaugdrainagen in Bens Bauch,Unterleib und Oberschenkel.Aus seiner
    Bauchdecke lief ein dünner Schlauch,der Pufi,über den der Urin in einen Beutel
    mit einer Messkammer lief.“Das ist ein Stundenurimeter,über den wird die
    Ausscheidung kontrolliert“erklärte der Pfleger.



    In Bens linker Leiste steckte ein dünnes Schläuchlein mit
    roten Dreiwegehähnen versehen,das zu einem Druckbeutel führte.“Das ist ein
    arterieller Piccokatheter.Über den können wir den Blutdruck,die Kerntemperatur
    und noch viele andere Parameter messen,die uns Aufschluss darüber geben,wieviel
    Flüssigkeit oder Kreislaufmedikamente ihr Kollege braucht.“Bens rechtes Bein
    war mit einer elastischen Binde bis oben herauf gewickelt.“Das würde sonst so
    kurz nach einer Osteosynthese,also der Knochenop recht anschwellen,“meinte Alex.



    Semir nahm wieder vorsichtig Bens Hand.“Jetzt kenne ich dich
    ja sozusagen in-und auswendig,Ben“sagte er.Alex verliess das Zimmer und Semir
    blieb mit Ben alleine.Er sprach mit ihm,erzählte von Ayda und war einfach
    da,bis er nach 30 Minuten wieder zum Gehen aufgefordert wurde.“Kommen sie
    morgen wieder,er wird jetzt zum Spülen in den OP gebracht“,informierte ihn
    Alex.Semir warf noch einen Blick zurück
    und ging dann nochmals zu Andrea.

  • Die Tage vergingen immer nach dem gleichen Muster.Semir
    kannte schon bald fast alle Ärzte und
    Schwestern der Intensivstation.Er half beim Betten mit,erfuhr,dass ein
    beatmeter
    Patient regelmässig abgesaugt werden muss,da er ja den Schleim
    nicht abhusten kann und zweistündige Lageänderungen,sowohl als Vorbeugung gegen
    Wundliegen,als auch zur besseren Lungenbelüftung notwendig sind.Jeden Tag die
    Fahrt in den OP,wonach Ben immer eine ganze Weile brauchte,um sich zu erholen
    und die tägliche Intensivroutine mit Waschen,Verbandwechseln etc.Nach ein paar
    Tagen wurden die Saugdrainagen entfernt,immerhin hatte Ben nun ein paar
    Schläuche weniger.



    Als Semir einmal vormittags kam,zu einer Zeit,zu der er
    sonst nie da war,erklärte ihm die Schwester,dass man gerade die Narkosemittel
    reduziert habe,um den täglichen neurologischen Status zu ermitteln.Bens Hände
    waren festgebunden-„sonst würde er sich den Tubus und alle Schläuche
    herausreissen,da er ja nur halbwach wird und sich nicht kontrollieren
    kann“-erklärte die Pflegekraft.Als Semir ans Bett trat,sah Ben ihn
    an.“Ben,kannst du mich hören?“rief Semir aufgeregt.Ben nickte,verzog dann aber
    das Gesicht und einige Alarme gingen los.Der Arzt kam,schickte Semir kurz raus
    und stellte nach seiner Untersuchung die Narkosemittel wieder hoch.Als Semir
    wieder reindurfte schlief Ben tief und fest und war auch nicht mehr fixiert.



    Nach einer Woche kam der Arzt zu Semir ins Zimmer.“Es sieht
    gut aus,das Fieber ist weg und die Entzündung im Bauchraum wird auch jeden Tag
    besser.Auch der Kreislauf hat sich stabilisiert.“Seit ein paar Tagen war die
    Dosierung des Noradrenalins immer weniger geworden.Nun war der Perfusor mit dem
    roten Aufkleber ganz ausgeschaltet.“Wir werden heute versuchen,den Bauch
    zuzumachen und wenn das gelingt,können wir ihn langsam aufwachen lassen.“Semir
    nickte hoffnungsvoll.Endlich ein Lichtblick.Als Ben in den OP gefahren
    wurde,ging er zu Andrea und erzählte ihr die freudige Nachricht.



    Peter Müller,der Anwalt,war untergetaucht.Von dem Drogengeld
    hatte er schon lange eine zweite Wohnung eingerichtet,falls mal etwas schief
    gehen sollte und darin versteckte er sich.Er hatte nach wie vor Kontakte in
    alle Richtungen und so erfuhr er,dass Ben Jäger den Unfall überlebt hatte und
    nun auf der Intensivstation lag.Nachdem er der Meinung war,dass Ben der einzige Zeuge war,der ihm
    persönlich gefährlich werden konnte,wollte er natürlich die Aussage gegen sich
    verhindern.Von der Loyalität seiner Mittäter war er nämlich fest überzeugt.Also
    holte er eine Spritze und eine hohe Dosis Crystal Meth aus seinem Vorrat und
    machte sich auf den Weg zum Krankenhaus.

  • Als Semir wieder an der Intensivstation läutete,wurde er
    hereingebeten.Die Schwester sagte zu ihm:“Der Bauch konnte verschlossen
    werden,es geht ihm soweit gut.Sein Bruder ist auch gerade zu Besuch.“Semir sah
    sie verständnislos an-Ben hatte doch gar keinen Bruder.Als er eilig ins Zimmer
    trat,sah er,wie Peter Müller gerade dabei war eine Spritze in den Zuspritzhahn
    des ZVKs zu entleeren.Er stürzte sich auf ihn und schrie laut um Hilfe.In dem
    Moment gingen alle Alarme los.Semir sah noch,dass Bens Herzfrequenz auf über
    200 schnellte,da riss sich der Anwalt los und stürmte aus der
    Intensivstation.Semir folgte ihm und sah schon ein Reanimationsteam mit dem
    Notfallwagen zu Ben rennen.Nachdem er ihn in guten Händen wusste und sowieso
    nichts tun konnte,verfolgte er den Übeltäter.



    Dieser rannte durchs Treppenhaus,das durch die Besuchszeit
    sehr bevölkert war.Semir tat sich schwer,ihm zu folgen.Draussen auf dem Parkplatz sprang der Anwalt in seinen
    Porsche und raste mit quietschenden Reifen davon.Zufällig stand Semirs Wagen ganz
    in der Nähe,so dass er sofort die Verfolgung aufnehmen konnte.Alle
    Verkehrsregeln missachtend fuhren die beiden durch die Stadt.Immer wieder hatte
    der Anwalt einen Vorsprung.Semir hatte über Funk schon die Kollegen
    verständigt.Der Anwalt bog auf die Autobahn ein.Kurz darauf errichteten Semirs
    Kollegen eine Strassensperre.Der Anwalt versuchte sie zu durchbrechen.Reifen
    quietschten,Fahrzeuge stellten sich quer,er hatte aber kein Glück mit seinem
    Fluchtversuch.An der Leitplanke kam sein Auto völlig demoliert zum Stehen.Semir
    sprang dazu und zog ihn heraus.“Ich verhafte sie wegen mehrfachen
    Mordes,Mordversuch und Drogenhandel“eröffnete ihm Semir,legte ihm Handschellen
    an und übergab ihn den Kollegen.Semir sprang wieder in seinen BMW und fuhr so
    schnell er konnte,zurück zum Krankenhaus.



    Auf der Intensivstation angekommen,stürzte er in Bens
    Zimmer.Er lag wieder friedlich schlafend im Bett,nur die Herzfrequenz war noch
    etwas erhöht.“Das war knapp“,teilte der behandelnde Arzt Semir mit.“Gott sei
    Dank hat er nur die Hälfte der Spritze entleeren können,als sie dazukamen.Wir
    haben im Toxscreen festgestellt,dass es Crystal Meth,ein illegales Amphetamin
    war.In so einer hohen Dosis kann es zu Kammerflimmern bis hin zum
    Herzstillstand führen.Wir konnten die Lage gerade noch in Griff kriegen und
    denken,er wird das folgenlos überstehen.Das Mittel muss jetzt im Körper
    abgebaut werden,wir haben ihn wieder hoch sediert und mit Medikamenten
    therapiert.Morgen können wir trotzdem planmässig mit dem Weaning-das ist das
    Abtrainieren von der Beatmungsmaschine beginnen.“



    Semir liess sich völlig fertig auf einen Stuhl fallen.“Ben
    jetzt wird es aber Zeit,dass du wieder eingreifst,für mich allein ist das alles
    zuviel,“schalt er ihn liebevoll.Kurz danach ging er erst zu Andrea und dann nach
    Hause.







    .

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