Botschaft aus dem Jenseits

  • Semir schaffte es, mit der Hand in Bens Tasche zu fahren und den Schlüssel zu angeln. „Ich hab ihn.“, stieß er aus. „Gut, dann nimm bitte sofort deine Hand da wieder raus. Man, gut, dass uns unsere Frauen jetzt nicht sehen.“, meinte Ben. Ihm war die Situation mehr als unangenehm. „Ist ja schon gut. Ich hab dein bestes Stück doch gar nicht berührt. Ich dachte, du wärst tolerant.“ „Bin ich auch, aber nicht an meinem Körper.“, knurrte Ben nur. Semir hielt den Schlüssel nur zwischen seinem Ring- und Mittelfinger und versuchte, ihn in eine sichere Halteposition zu bringen. „Ups...“, kam es dann von Semir, als er merkte, dass zwischen seinen Fingern sich nichts mehr befand. „Was? Semir, das Wort will ich jetzt aus deinem Mund nicht hören.“, kam es empört von Ben. „Ähm...siehst du den Schlüssel noch in meiner Hand?“ Ben sah nach unten. „Nein...jetzt sag bloß, er ist dir aus der Hand gefallen?“ „Nein ist er nicht. Er ist mir aus den Fingern geglitten. Sieh nach, wo er liegt.“, forderte Semir nur. „Man Semir...“, murrte Ben nur und sah sich um. Doch der Schlüssel lag nicht zu seinen Füßen. Ben blickte in dem fahlen Schein der durch die Schlitze eindringenden Sonne auf dem Boden der Scheune hin und her. „Er ist bei dem anderen Balken. Etwa vier Meter von mir entfernt.“ „Ganz toll. Tut mir Leid, Ben. Wir müssen warten, bis Hilfe kommt.“, meinte Semir geschlagen. „Na toll...ich müsste nämlich mal auf den Lokus. Und Hunger hab ich auch.“, kam es von Ben. „Kneif die Beine und den Magen zusammen. Susanne weiß, wo wir sind. Sie wird schon dafür sorgen, dass die Kollegen uns finden.“ Semir hoffte jedenfalls, dass seine Worte der Wahrheit entsprachen.
    Bernd saß in seiner Küche und überlegte nun, was er machen sollte. Neben ihm lag sein Dobermann Hasso. Plötzlich hob dieser den Kopf und knurrte los. „Was ist los mit dir, mein Junge?“, fragte der Mann und sah dann einen Schatten am Fenster vorbei schleichen. Hatten sich die Beiden etwa befreit...dachte er und griff sofort zur Flinte. Dann waren Schritte vor der Tür zu hören. „Wer auch immer da ist...ich habe eine Flinte und einen scharfen Hund, und ich weiß beides zu benutzen.“, rief er durch die Tür. „Papa, ich bin es. Mach keinen Scheiß, wenn ich jetzt durch die Tür komme.“, hörte er. „Jochen? Du bist hier her gekommen?“ „Ja...darf ich rein?“ Die Tür öffnete sich und ein Mann mit Polizeiuniform stand in der Tür. Sofort rannte Hasso los und warf den Mann zu Boden. „Hey...hey Hasso...lass das...das kitzelt. Boah, hast du Mundgeruch…“, lachte Jochen Wehner, als der Dobermann ihm freudig das Gesicht ableckte. Bernd stand auf und zog den Hund von seinem Sohn zurück. „Wieso...wieso trägst du eine Polizeiuniform?“, fragte der Vater. „Ich musste verschwinden. Deshalb hab ich mir das Ding ausgeliehen.“, erklärte er und zog die sperrige Uniform aus. „Hast du ein paar alte Sachen da?“ „Sicher...in deinem alten Zimmer. Was ist mit dieser Frau? Hast du es geschafft?“ „Nein, sie konnte mir noch mal entkommen. Aber das wird sie nicht noch einmal können.“, knurrte Jochen und ging nach oben, um sich umzuziehen.


    Patrick Finke saß in seinem Büro und fand endlich, was er suchte. „Na also...“, stieß er aus und grinste zufrieden. „Was machen sie in meinem Sessel und an meinem Schreibtisch?“, fauchte Kim, als sie in ihr Büro kam. Finke drehte sich zu ihr um. „Frau Krüger...noch nicht wieder verhaftet worden?“ „Nein...wer sind sie?“, wiederholte sie nur. „Patrick Finke, und ich bin ihr Nachfolger. Denn damit hab ich sie. Die Berichte für die Abrechnungen der Dienstwagen. Ich wette, sie haben sie immer zugunsten ihrer Männer ausgelegt oder?“, knurrte er. „Sind sie irre? Glauben sie wirklich, ich würde mich bereichern oder zugunsten meiner Männer die Berichte fälschen?“ „Immerhin haben sie einen kriminellen Vater und sind jetzt selbst kriminell. Schließlich haben sie bei einem Unfall einen Menschen getötet.“, fauchte Finke und griff zum Telefon. Gerade in diesem Moment stürmte Hartmut ins Büro. „Ah Frau Krüger, gut, dass sie da sind. Ich...ich habe die Überreste ihres Wagens doch noch auseinander nehmen können.“, erklärte er, vollkommen außer Atem. „Aber sie sagten doch, dass er zu verbrannt war, um noch etwas zu untersuchen.“, meinte sie mit gepresstem Zorn. „Schon, aber zum Glück nur der hintere Teil. Der Motorblock war noch weitestgehend erhalten. Ich konnte feststellen, dass sowohl ihre Gangschaltung, das Gas, als auch die Bremse manipuliert wurde. Sie trifft also keine Schuld.“, meinte Hartmut und sah zu Patrick Finke. „Und das ist alles beweisführend in meinem Bericht niedergeschrieben, den ich auch schon an den Polizeipräsidenten und die Staatsanwaltschaft geschickt habe.“, stieß er aus, warf den Bericht auf den Schreibtisch und verschwand dann. Patrick Finke stand wie ein kleines Kind da und Kim sammelte all ihre Energie für eine ihrer wütenden Ansprachen, die sie sonst auf Semir und Ben niederprasseln ließ.
    „Sie wollten also an meinem Stuhl sägen?“, fauchte sie los. „Ich sage ihnen eins. Ich halte meine Abteilung so zusammen, dass sie die höchste Aufklärungsquote im ganzen Landesgebiet besitzen. Wenn sie mir jetzt vorwerfen wollen, dass ich die Berichte frisiere, dann können sie das gerne ihrem Gönner vorlegen. Aber in meinem Beisein und mit den Kopien von Frau König. Und sollten sie noch einmal meine Männer zu nötigen versuchen, werde ich ihnen persönlich nicht nur den Bürostuhl unterm Arsch wegziehen, sondern auch den Arsch aufreißen. Und jetzt machen sie, dass sie rauskommen.“, stieß Kim aus und riss wütend die Tür auf. „Los, verschwinden sie oder ich sorge dafür, dass sie noch heute wieder auf der Schulbank in der Polizeiakademie landen.“ Patrick Finke nahm seine spärlichen Sachen und verließ das Büro. Er blieb stehen und wollte noch etwas sagen, als er aber den tieftödlichen Blick von Kim sah, verschlug es ihm die Sprache und er suchte das Weite. Susanne kam freudig auf sie zu. „Frau Krüger, ich will sie nur wissen lassen, dass die gesamte Wache geschlossen hinter ihnen stand.“ Kim lächelte. „Danke Susanne...und jetzt, orten sie bitte Semirs Handy und legen mir die Adresse hin. „Kann ich machen, aber die Beiden sind zu dieser Adresse gefahren.“, erwiderte Susanne und reichte Kim einen Zettel. „Ah okay...gut, dann fahre ich gleich hin. Sind Bonrath und Herzberger frei?“, fragte Kim. „Noch nicht. Sie nehmen gerade einen Unfall auf der Autobahn nahe Aachen auf. Ich weiß nicht, wann sie zurück sind.“ „Gut, wenn sie wieder hier sind, sollen sie mir sofort folgen.“, wies Kim die Sekretärin an und verschwand dann Richtung Parkplatz.


    ...

  • Jochen kam wieder von seinem Zimmer runter und trug nun Jeans und ein schwarz-rot gestreiftes Shirt. „So, jetzt fühl ich mich wieder wie ein Mensch.“, meinte er und sah die Waffen und Handys auf der Anrichte liegen. „Wem gehören die? Wer ist denn hier?“, fragte er seinen Vater. „Zwei Polizisten. Ich hab sie in die Scheune gesperrt. Sie wollten wissen, wo du bist.“, erklärte Bernd. „Du...du hast zwei Polizisten eingesperrt? Bist du wahnsinnig?“, fauchte Jochen los. Seine Augen zuckten immer wieder hin und her. „Ja, ich habe sie in die Scheune gesperrt. Sie wollten sich der Gerechtigkeit in den Weg stellen und dich an der Rache für Melanie hindern.“ „Aber...aber...wer sind sie? Und was wollten sie genau von dir wissen?“, stieß Jochen aus. Ihm wurde heiß und kalt zugleich. Das alles lief von einem Moment auf den anderen mehr und mehr aus dem Ruder. Warum musste sich sein Vater einmischen? „Wieso...wieso hast du das getan? Warum lässt du mich das nicht alleine machen?“, fauchte Jochen los. „Aber Junge, ich wollte dir helfen. Melanie war auch meine Enkelin. Und vergiss nicht, dass meine Frau, deine Mutter, kurz darauf gestorben ist.“, zischte Bernd zurück. Jochen blickte ihn an, schnaubte wütend die Luft aus seiner Nase aus. „Zeig sie mir. Ich will sie sehen. Vielleicht ist es ja doch nicht so falsch gewesen.“, murrte er dann. „Komm...“, forderte der Vater nur.
    Ben und Semir sahen zur Tür, als sie aufgeschoben wurde. „Wehner, lassen sie uns endlich gehen. Sie machen sich strafbar.“, fauchte Semir und versuchte, seinen Partner so viel Freiraum wie möglich zu geben. Erst dann sah er, dass Wehner senior nicht alleine war. „Das sind die Beiden?“, fragte ein jüngerer Mann. „Ja...sie wollten dich einfach festnehmen.“, erklärte Bernd Wehner. „Jochen Wehner? Sie...sie sollten sich stellen. Machen sie ihrem Vater klar, dass er uns freilassen sollte.“, knurrte Ben nun auch. Doch Jochen grinste nur. „Hol mal was, womit wir sie ruhig stellen können, Papa.“, meinte Jochen. „Kennst du die Beiden?“, fragte sein Vater. Jochen nickte. „Das sind Kollegen von Kim Krüger. Wenn wir es richtig anstellen, können wir sie vielleicht herlocken. Immerhin hab ich mit der Dame noch eine Rechnung offen. „Okay, ich hole nur schnell einige Tücher.“ „Gut. Und dann werden wir hier alle auf Kim warten.“, meinte Jochen ruhig und sah die beiden Hauptkommissare mit einem abgrundtiefen Hass an. „Sie werden es nicht schaffen. Damit kommen sie nicht durch.“, fauchte Semir. „Ach nein? Nun, das werden wir sehen.“, grinste Wehner nur und nahm eines der Tücher, die sein Vater anbrachte, stopfte es Semir tief in den Hals und fixierte es mit einem anderen Tuch im Nacken. Ebenso verfuhr er mit Ben. „Und nun kann ich in Ruhe über alles nachdenken.“, lachte Wehner nur und setzte sich auf einen Strohballen, wartete ab.


    Kim fuhr die gleiche Strecke, die vorher schon Semir und Ben gefahren waren. Sie kam vor dem Bauernhof an und parkte direkt vor dem Tor. Merkwürdig...wo ist der Wagen der Beiden, dachte sie. „Susanne, sind Semir und Ben schon wieder zurück?“, fragte sie deshalb per Handy. „Nein...und über Funk meldet sich auch keiner der Beiden.“ „Danke...könnten sie mir einen Gefallen tun?“, fragte Kim und sagte Susanne, was sie wollte. „Ich werde alles veranlassen.“, erwiderte die Sekretärin und legte dann auf. Kim ging mit einem mulmigen Gefühl auf den Hof rauf. Sofort schlug ihr ein wütendes Bellen entgegen und im nächsten Moment rannte ein zähnefletschender Dobermann auf sie zu. Kim fixierte den Hund, sah ihn an und fauchte so laut sie konnte. Der Dobermann blieb stehen, jaulte und suchte das Weite. „Man muss nur wissen, wie man mit beißwütigen Kerlen umgeht.“ Kim ging weiter und sah dann einen Mann in Latzhose und Kordhut. „Herr Wehner?“ Der Mann nickte auf die Frage hin. „Waren meine Kollegen, Herr Gerkhan und Herr Jäger, bei ihnen?“, fragte sie und blieb in einiger Entfernung stehen. Sie wusste nicht, wie dieser Mann mit dem gleichen Namen wie ihr Peiniger zu ihr stand. „Die sind sogar noch hier. Haben gesagt, sie finden es hier so wunderbar.“, meinte der Mann. Kim stutzte und strich den Saum ihres Jacketts hinter das Waffenhalfter, nahm die Hand an die Pistole. „Wo sind meine Kollegen?“, fragte sie mit deutlicher Stimme, doch plötzlich versteifte sich ihr sämtlicher Körper. Sie spürte kaltes Metall in ihrem Nacken und eine Hand an ihren Haaren.
    „Hallo Kim...deine Kollegen warten da drüben schon auf dich.“, lachte Jochen Wehner nur und griff nach ihrer Waffe, warf sie zu seinem Vater und drängte Kim zu der alten Scheune hinüber. „Weißt du, jetzt, wo ich dich habe, tut es mir fast ein bisschen Leid, dass es vorbei ist.“, höhnte er und öffnete das Scheunentor. „Ach wirklich? Warum lassen sie mich dann nicht gehen und wir fangen noch einmal von vorne an?“, knurrte Kim. „Oh, sehr schlagfertig, aber das werde ich ganz sicher nicht. Endlich hab ich dich und meine Rache wird vollendet. Meine Melanie wird endlich gesühnt. Du hast sie erschossen. Weißt du noch?“, fauchte er und presste sie gegen die Holztür, drückte die Waffe tief in ihre Wange hinein. Kim blickte in seine Augen. Sie waren voller Hass und Durst nach Rache. „Es war ein Unfall...ich wollte doch nicht ihre Tochter treffen. Wirklich...ich...ich wollte...“, versuchte Kim sich zu erklären. „Du wolltest dich nur hervorspielen. Wolltest schnell Karriere machen. Und das auf Kosten eines unschuldigen Kindes. Weißt du, was du mir, was du meiner Familie damit angetan hast?“, fauchte er. Die Lippen bebten und sein ganzes Gesicht verzerrte sich, doch seine blauen Augen fixierten sie mit einer gnadenlosen Härte. „Los, da rein...deine Kollegen warten schon.“


    Semir und Ben sahen auf, als das Licht zu ihnen drang. Sie sahen ihre Chefin mit Jochen Wehner reinkommen. „Was...was haben sie mit meinen Kollegen gemacht?“, knurrte sie. „Keine Sorge, sie sind nur etwas still. Die Tücher hindern sie etwas am Sprechen.“, grinste Jochen nur und stieß Kim an einen anderen Pfeiler, nahm ein langes Seil und fesselte sie daran. „So, und nun zum Schlussprogramm. Da die Beiden hier aufgetaucht sind, sind sie jetzt selbst dran schuld, wenn sie mit dir einen furchtbaren Tod erleiden. Ihr seht euch hier noch etwas um und ich hole inzwischen die letzten Zutaten.“, grinste Jochen und ging wieder raus. Kim sah ihm nach und blickte dann zu Semir und Ben. „Sind sie soweit in Ordnung?“, wollte sie wissen. Die Beiden nickten und versuchten, durch die Knebel zu kommunizieren, was in unverständlichen Lauten und Gebrumme unterging. „Ah ja...ich wünschte, sie würden sich in ihren Berichten so präzise ausdrücken.“, grinste Kim und sah sich um. Alles hier war voller Stroh, Holz und anderen brennbaren Materialien. „Keine Sorge, ich habe da was eingefädelt, was unseren Aufenthalt hier sehr verkürzen wird.“, erklärte sie und verstummte, als Jochen wieder in die Scheune kam. Doch was er da in der Hand trug, ließ sie ihren Spruch von eben schnell vergessen.
    „Gefallen sie euch? Das sind die beiden Dinge, die euch die Lebensgeister aushauchen werden.“, lachte er und drehte die beiden Kanister auf. „Leicht brennbarer Lack und ein Kanister feinstes Diesel.“ Er schüttete den Lack über die Strohballen, die an der Wand standen und zog einen tödlichen Kreis um beide Balken. Kim beobachtete jeden Schritt von ihm. „Wehner, lassen sie uns gehen. Wenn sie jetzt aufgeben, dann...“, versuchte Kim es wieder. „Halte die Klappe...du hast meinte Tochter getötet. Dafür verdienst du den Tod.“, fauchte Wehner nur und presste seine Finger in Kims Wangen derart hinein, dass sie sich innerlich beinahe berührten. Wieder trafen sich die Augen. Kims verzweifelter Blick und Wehners hasserfüllte Augen. Semir und Ben beobachteten das und wollten der Chefin helfen, doch weder die engen Fesseln noch die sperrigen Knebel ließen das zu. „Keine Sorge...dein Tod wird langsam und qualvoll sein. Bevor ihr verbrennt, seid ihr erstickt.“, höhnte Wehner und nahm den Kanister mit dem Diesel und schüttete damit eine Spur vom Lackkreis zu den beiden Balken und benetzte die Füße der drei Polizisten. Ben sah den Mann an und trat ungeniert mit seiner Stiefelspitze zu. Jochen fiel nach hinten über und blieb regungslos liegen. „Mmmmhhhhhh...mhhhhhhmpfffff...“, stieß Ben aus und machte auf seine Tat aufmerksam. „Sehr gut, Ben...warten sie...ich glaube, meine Fesseln sind nicht so eng, wie ihre...“, meinte Kim und rekelte ihre Hände so, dass sie an den Knoten kommen konnte. „Das...das hast du nicht umsonst gemacht, Bulle.“, kam es dann gepresst von Jochen, der wieder zu sich kam.


    ...

  • Wütend und mit blutender Nase richtete sich Jochen Wehner wieder auf. Der Kanister war umgeworfen worden und der ganze Diesel wurde in die falsche Richtung verteilt. „Jetzt mach dich auf was gefasst, Bulle.“, fauchte Jochen, zückte ein mit einer 20 Zentimeter langen Klinge versehenes Messer und rammte es wütend in Bens Bauch. Ben riss seine Augen auf und ließ seinen Kopf langsam sinken. In der Höhe seines Bauchnabels steckte das Messer bis zum Anschlag in seinem Körper. Blut suppte aus der Wunde und benetzte Shirt und Boden. „Du wirst es nicht lange machen. Deine Freunde werden aber etwas länger leiden müssen.“ „Sie verdammtes Schwein...können sich nur an Wehrlose vergreifen.“, fauchte Kim fassungslos und versuchte immer weiter die Fesseln zu lösen. Locker waren sie schon etwas. „Was willst du denn? Ich werde euch jetzt grillen lassen.“, fauchte er und legte mit dem Benzingetränkten Stroh eine Spur zur Tür. Mit einem fiesen Grinsen zog er einen Streichholz über die Schachtel und ließ diesen dann auf das getränkte Stroh fallen. Züngelnd fraß sich das prasselnde Feuer über die Lack- und Benzinspur rüber zu den Balken. Semir versuchte, irgendwie das nasse Stroh von sich weg zu kicken. Er rieb ebenfalls seinen Kopf am Balken, um den Knebel abzuschütteln. Er schaffte es und spuckte das zweite Tuch aus dem Mund. „Ben...Ben sag doch was...“, forderte Semir. Doch es kam nur ein geschafftes Stöhnen vom jungen Hauptkommissar. „Semir, Ben ist schwer verletzt. Wir müssen hier raus.“, meinte Kim nur und schaffte es, einen Arm frei zu bekommen. „Ich...ich bin gleich frei.“ „Chefin, bitte machen sie schnell. Ich hab meine Schlüssel in meiner Jackentasche.“, forderte Semir verzweifelt. Er merkte bereits an seinen Händen, dass Ben stark blutete. Es lief ihm über die Finger und tropfte auf den Boden. „Keine Sorge, ich bin gleich bei ihnen.“, meinte die Chefin der Autobahnpolizei.
    Kim fummelte am Knoten herum und war binnen weniger Minuten frei. Das Feuer loderte um sie herum, der Rauch sammelte sich unter Dach und nahm jegliche Luft. Kim hustete bereits. Und auch Semirs Lungen brannten höllisch. Sie nahm die Schlüssel ihrer Handschellen und befreite auch Semir. Dieser rannte sofort zu Ben und löste die dann deren Fesseln. Der junge Hauptkommissar fiel geschafft in Semirs Arme. Der Deutschtürke löste den Knebel und schlug die Flammen aus, die an Bens Hosenbein schon züngelten. „Ben...Ben sag doch was. Sprich mit mir...“, forderte er und tätschelte immer wieder die Wangen seines Partners. Bens Augen öffneten sich langsam. „Semir...mir...mir ist sooo kalt...“, keuchte Ben. „Das kann nicht sein...hust...hust...so heiß, wie es hier ist.“, versuchte Semir zu scherzen. „Semir, wir müssen ihn hier raus bringen.“, hustete Kim und nahm die Beine des jungen Hauptkommissars. Semir nickte und griff Ben unter den Armen. „Junge, wenn ich dich hier raus habe, machst du aber ne Diät.“, fauchte er und horchte plötzlich auf. Sirenen näherten sich. Semir blickte die Chefin erstaunt an. „Ich hab ihnen doch gesagt...hust...hust...dass ich eine...hust...hust...Rückversicherung veranlasst habe.“, grinste Kim. „Wir müssen Ben hier rausschaffen.“, meinte Semir nur und kickte das brennende Stroh aus dem Weg. Dass dabei sein Hosenbein Feuer fing, war ihm im Moment egal. Er schaffte es, eine Gasse frei zu bekommen und trug Ben nach draußen. Dort trafen gerade die Kollegen ein, doch Semir sah auch, wie ein Wagen aus der anderen Ausfahrt verschwand.


    Jochen Wehner hörte die Polizeisirenen und erblickte schon die ersten Wagen auf der Auffahrt zum Hof seines Vaters. „Verdammt...die hat mich ausgetrickst.“, schallte er sich und rannte ins Haus, holte den Schlüssel zum Wagen seines Vaters und rannte über den ganzen Hof. Schnell saß er hinterm Steuer und startete den Motor. Brausend fuhr er davon. Im Rückspiegel erblickte er seine drei Opfer. „Fuck...“, fluchte e. Eigentlich sollten die doch schon längst erstickt sein. Versagt...selbst dieses Mal. Hatte diese Frau denn so viel Glück? Oder war er mit so viel Pech gesegnet? Egal...er musste weg. Jochen musste Deutschland verlassen. Am Besten den Rhein hinunter in die Schweiz. Dort würden sie ihn nicht finden. Und wenn Gras über die Sache gewachsen war, konnte er zurück kommen. Ja, das war ein guter Plan. Moment mal...das...das war doch der BMW von diesem Polizistenduo, der im Rückspiegel auftauchte. „So eine Scheiße...“, fluchte der Mann und presste seinen Fuß noch mehr auf das Gaspedal, heizte mit dem alten Opel über den Feldweg dahin. Noch besaß er einen genügenden Vorsprung. Doch für wie lange noch?
    Semir vergewisserte sich, dass Ben bei den Kollegen und dem mit eingetroffenen Sanitätsteam in guten Händen war. „Los Semir, holen sie sich den Kerl. Ich fahre mit Ben ins Krankenhaus.“, meinte Kim. Semir nickte und sprang in seinen BMW, ließ den Motor aufheulen und fuhr dem Opel nach. Nach einigen engen Kurven erblickte er den Flüchtigen einige Meter vor ihm. „Na warte...jetzt hast du dich mir zum Feind gemacht. Niemand fesselt mich ungestraft an einen Balken, knebelt mich mit stinkigen Tüchern und rammt meinem Partner ein Messer in den Bauch...“, zischte Semir und schaltete einen Gang höher. Der Motor heulte auf und der BMW raste auf das Heck des Opels zu. Er war nicht mehr weit entfernt und nun war Semir alles egal. Er rammte den Wagen von hinten, versuchte ihn, in das Gestrüpp zu drängen. Immer wieder ließ er das Gaspedal los und trat dann wieder mit aller Kraft zu. Seine Finger umklammerten bei jedem Zusammenstoß kraftvoll das Lenkrad. Doch der Opel vor ihm machte keine Anstalten auszubrechen. Semir lenkte den BMW neben das Heck und riss das Steuer rum. Wieder krachte es. Metall kreischte und leichte Funken sprühten. Aber Wehner hielt sein Wagen in der Spur. „Verdammt, du bist gut...aber Semir Gerkhan ist besser.“, zischte Semir und ließ sich ein Stück zurückfallen. So würde er Wehner nicht bekommen. Er brauchte eine Stelle mit weicherem Untergrund. Dieser alte Wagen vor ihm war schwer. Sicherlich würden sich die Räder im lockeren Sand oder in einer Matschgrube festfahren. Aber hier im Wald war nichts und Regen war die letzten Tage auch nicht gefallen. Zumindest nicht in Köln. Doch Semir sollte der Zufall zu Hilfe kommen.


    ...

  • Gehetzt sah sich Wehner immer wieder um. Er verkrampfte sich bei jedem Stoß gegen das Auto erneut. Dieser Bulle wollte ihn nicht ziehen lassen. Das konnte doch nicht wahr sein. Er musste ihn los werden. Nur wie? Ja sicher...das alte Sägewerk. Das Gelände war so groß, dass man sich dort mühelos verstecken konnte. Er schaltete hoch und brauste durch den geschlossenen Zaun, raste über den mit Sägespänen belegten Boden und bog um das große Gebäude herum. „Shit...“ Sofort stieg er in die Eisen. Der Weg vor ihm war von drei umgestürzten Bäumen verbaut. Zentimeter vor dem Aufprall kam er zum Stehen. Schnell riss er den Gurt von sich, stieß die Tür auf und rannte ins Gebäude. Es war groß und unübersichtlich. Der perfekte Ort, um diesen kleinen Bullen in eine Falle zu locken und mit seinem Wagen dann zu verschwinden. Jochen begab sich auf eine der Balustraden und hockte sich hinter drei Säcken mit Sägemehl, die noch hier herumstanden. Schon hörte er draußen Reifen quietschen. Gleich würde der Bulle reinkommen. Und dann...dann würde Jochen ihm eine Kugel verpassen. Seine Hände schwitzten und umklammerten mit festen Griff die Waffe. Er presste sich stark gegen die Säcke und lugte durch eine kleine Spalte auf den Eingangsbereich hinunter. Da...da war er.
    Semir lenkte den BMW aufs Gelände und um die Kurve. „Wow...“ Sofort musste er ausscheren, um nicht mit dem stehenden Wagen zu kollidieren. Der silberne Flitzer kam zum Stehen und Semir sprang raus. Mit gezückter Waffe blickte er sich um. Wo war Wehner hin? Der konnte doch nicht zu Fuß weiter sein. Semir fiel nach kurzen Momenten die offene, aus den Angeln geflogene und aufgebrochene Tür auf. Sofort warf sich Semir gegen die Wand und ging ganz langsam auf die Öffnung zu. Die Waffe drückte er dicht an sich. Wehner war gefährlich, das wusste er jetzt. Wie es Ben wohl ging? Würde sein Partner durchkommen? Nein Semir, solche Gedanken gehören jetzt nicht hier hin, schallte er sich und warf sich durch die Tür, machte eine Rolle und nahm hinter einem Holzstapel Deckung. Alles hier drin war voller Staub, Staub, der so dicht war, dass er die Luft erfüllte und eine Nebelwand bildete. Überall flogen kleine Holzpartikel herum. Semir riskierte einen Blick, doch nirgends war einer zu sehen. Er sah auf die Balustrade und beäugte besonders die drei Jutesäcke dort oben. Bewegten sie sich? Da ächzte doch etwas? „Wehner, kommen sie raus. Sie haben keine Chance.“, rief Semir durch das schummrige Gebäude. Nur wenig Licht drang durch die Ritzen der Bretter, mit denen die Fenster vernagelt waren. Ihm wurde komisch. Ein ungutes Gefühl überkam den Deutschtürken. „Suchen sie mich doch. Sie müssen mich schon finden.“, hörte er nur als Antwort. Semir schluckte. Er riskierte einen weiteren Blick und sah sich nach einer passenderen Deckung um. Der Kerl lauerte hier irgendwo auf ihn, das wusste er. Er musste zu der Tür dort rüber. Die führte nach oben. Von dort war der Überblick einfach besser. Semir stand auf und rannte los. Im nächsten Moment merkte er einen Einschlag und stürzte lang hin. Blut floss aus der Wunde und der Hauptkommissar regte sich nicht mehr.


    In Jochens Nase kroch der Geruch von Schießpulver. Leichte Rauchschwaden umhüllten ihn. Getroffen...wirklich getroffen. Langsam erhob er sich und sah nochmals auf den Bullen hinunter. Dann ging er die Stufen hinunter und auf den leblosen Körper zu. Die Waffe sah er nicht. Sicher war sie bei dem Sturz unter einen der Holzstapel gerutscht. Ein triumphierendes Grinsen zeichnete sich auf Wehners Gesicht ab. Er stieß mit dem Fuß gegen die Hand des Mannes. Doch sie rührte sich nicht mehr. Ein gutes Zeichen. Jetzt brauchte er nur noch den Schlüssel. Jochen beugte sich hinunter und streckte die Hand nach Semir aus. Plötzlich fuhr dieser blitzschnell auf, packte die Hand und schleuderte den vollkommen entsetzten Mann durch den Raum. „Du hast wohl gedacht, du hättest mich erwischt, was?“, fauchte der Deutschtürke und humpelte auf den Mann zu. Die Kugel streifte nur seinen Oberschenkel und hinterließ eine lange, blutende Wunde, die aber nicht lebensbedrohlich war. Jochen baute sich auf und wollte erneut schießen. Semir war aber schneller, packte die Hand und schlug rauf. Die Waffe fiel zu Boden. Jochen stieß Semir weg und wollte danach greifen, doch der kleine Hauptkommissar kickte sie so weit weg wie er konnte. Dann warf er sich erneut auf Wehner, hämmerte mit den Fäusten auf ihn ein. „Du hast meine Chefin bedroht...meinen Kollegen ein Messer in den Bauch gejagt und wolltest uns verbrennen...jetzt schluck das mal...ich schlag dich windelweich...“, stieß Semir aus und ließ erst von Wehner ab, als dieser vollkommen k.o. am Boden lag. „So leicht kommst du mir nicht davon. Du wirst deiner gerechten Strafe nicht entkommen.“, fauchte er, während er Wehner mit einem alten Seil fesselte und dann zum Auto schleifte. Semir fuhr direkt zum Hof, übergab Wehner den Kollegen und fuhr weiter ins Krankenhaus. Seine Wunde interessierte ihn dabei nicht. Ben war jetzt wichtiger.


    Dr. Ceylan schwitzte und verlangte nach einem Tupfer. „Verdammt, hier ist zu viel Blut. Ich sehe nichts.“, fauchte er. Im nächsten Moment hörte er dann das typische Sauggeräusch. „Gut, da ist der Schnitt. Klemme, Nadel und Faden...sofort. Wie stabil ist er?“ „Sein Puls rast nur so und die Herzfrequenz flattert hin und her.“ „Man, halt durch, Junge. Ich bin gleich fertig und dann mach ich ihn zu. Blutkonserven?“ „Das hier ist die letzte. Soll ich welche nachbestellen?“ „Nein, brauchen sie nicht. Das war ein tiefer Stoß. Der Junge hat Glück gehabt. Das Messer hat den Magen nur angeritzt, aber die Milz durchlöchert. Okay, ich bin fertig. Machen wir ihn zu. Wir sollten ihn dennoch auf die Intensivstation bringen. Der Blutverlust war etwas heftig.“, meinte Dr. Ceylan und machte den letzten Stich. „Gut, schieben sie ihn auf die Station. Ich brauche jetzt einen großen Pott Kaffee.“, stieß der Arzt aus und zog sich die blutverschmierten Handschuhe von den Fingern. Er wusch sich mehrmals die Hände und machte sich auf das Gespräch mit den Angehörigen bereit. Das war für ihn immer das Schwerste. Zu sagen, wie es um einen Patienten stand und dabei in die besorgten und verweinten Gesichter von für ihn unbekannte Menschen zu sehen. Dr. Ceylan sah, wie das Bett rausgeschoben wurde. „Na dann los.“
    Kim und Semir, mit verbundenem Bein, warteten auf dem Flur und standen sofort auf, als sie das Bett mit Ben sahen. „Herr Doktor...wie...wie geht es unserem Kollegen?“, fragte Kim sofort. „Herrn Jäger geht es den Umständen entsprechend. Durch die Rauchvergiftung war die OP nicht einfach und der Blutverlust war enorm. Zwar haben wir seine Blutgruppe en masse vorrätig gehabt, doch so viel Blut wir auch in ihn hineinjagten, so viel kam auch wieder raus. Das Messer schrammte eine Arterie und den Magen und drang in die Milz ein. Wir mussten die Milz entfernen. Wenn er die Nacht übersteht, ist er über den Berg. Zur Sicherheit habe ich ihn auf die Intensivstation schieben lassen.“, erklärte er. Semir trat an Dr. Ceylan heran. „Wird es Komplikationen geben?“, wollte er mit ernstem Gesicht wissen. „Das...das kann ich ihnen beim besten Willen nicht sagen. Aber sie sollten seine Verwandten, seine Familie informieren. Ist Herr Jäger verheiratet?“ „Nein, aber...aber er hat eine Freundin. Sie...sie ist auf Theatertournee in Kanada und den USA.“ „Vielleicht sollten sie sie anrufen. Wenigstens, dass sie informiert ist.“, erklärte der Mediziner und ging dann den Gang hinunter. Semir sah auf den Boden. „Semir, Ben ist stark. Er...er wird es überleben.“, meinte Kim aufmunternd und legte die Hand um seine Schulter. „Ich...ich hoffe es. Entschuldigen sie, aber ich muss Bens Vater und Julia anrufen. Und Emily...“


    ...

  • Wunderbar plastische Schilderung der Verfolgungsjagd,habe richtig mitgefiebert.Klasse fand ich auch,dass Semir im höchsten Stress an seinen Partner denkt.Jawoll so wollen wir das haben-die AfC11 Drehbuchautoren sollten einfach bei euch Ideen sammeln,oder besser noch einen Job anbieten.Die Krankenhausszene ist auch voller Dramatik,macht aber schon Hoffnung auf ein gutes Ende.Gott sei Dank musste Bens Magen nur übernäht und nicht teilentfernt werden,das wäre für ihn als sagen wir mal kleines Vielfrass ja furchtbar gewesen,schlimm genug,dass er nun auf seine Milz verzichten muss.Ein sehr schönes Kapitel würde ich sagen-weiter so :) :) :)

  • Julia, Peter und Konrad kamen sofort, nachdem sie den Anruf von Semir erhielten. „Semir, wie geht es meinem Sohn? Waren sie schon bei ihm?“, wollte Konrad wissen. Sein markant faltiges Gesicht zog sich noch mehr in Falten, als er die ernste Miene des Kollegen sah. „Ben wurde vor zwei Stunden operiert. Ich war selbst noch nicht bei ihm.“, erklärte Semir und schüttelte Konrad unsicher die Hand. Er wusste nicht, wie er sich gegenüber Bens Vater in dieser Situation verhalten sollte. „Ich will zu meinem Sohn. Ich will wissen, wie es ihm geht.“, forderte Konrad und suchte einen Arzt, an dem er seine Wut und seine Angst auslassen konnte. Dr. Ceylan führte den Mann nach einer heftigen Diskussion zur Intensivstation, während Julia und Peter bei Semir und Kim blieben. „Semir, was...was ist denn um Himmels Willen passiert? Wie hat Ben das Messer in den Bauch bekommen?“, fragte sie und war den Tränen nahe. Semir erzählte, was alles passiert war. Mit jedem Wort wurde Julia unruhiger als zuvor. „Oh Gott...wieso tut ein Mensch so etwas? Wieso nur?“, weinte sie schließlich und vergrub sich in Peters Armen. Alle waren still. Es war eine bedrückte Stille. Niemand wollte etwas sagen, konnte etwas sagen.
    Konrad ging auf die Intensivstation und sah dort seinen Sohn, leichenblass und vollkommen entkräftet. Der sonst so standhafte und zurückhaltende Vater ging auf das Bett zu und ergriff sofort Bens Hand. „Ben...Ben, mein Sohn...bitte werde schnell wieder gesund. Bitte, hier brauchen dich viele. Nicht nur ich, Julia und Peter. Vielmehr Semir und Emily...sie brauchen dich. Bitte Ben...ich möchte doch sehen, wie du eine Familie gründest. Bitte lass uns nicht alleine. Gib dich nicht auf.“, flehte Konrad und strich über die Hand seines Sohnes. Er sah auf die Maschinen, als diese einen panikverursachenden Ton von sich gaben. Alles im Zimmer spielte verrückt. Erschrocken stand Konrad auf und ließ die schweißnasse Hand seines Sohnes los. Sofort stürmten Dr. Ceylan und ein weiterer Arzt ins Zimmer. „Was ist denn hier los? Verdammt...sofort den Defibrilator her. Herr Jäger gehen sie bitte raus.“ „Aber mein...mein Sohn...was ist denn mit ihm?“ „Gehen sie raus.“, fauchte der Arzt schroff. Konrad verließ das Zimmer und sah durch die Scheibe auf das Treiben der Ärzte. Was war mit seinem Sohn?


    Dr. Ceylan nahm den Defibrilator und setzte ihn auf die nackte Brust. „Laden auf 200...weg vom Bett.“, stieß er aus. Alle hoben die Arme und achteten darauf, dass sie nicht mehr das Bett berührten. Er entlud den Strom. Der Körper zuckte auf und fiel im nächsten Moment zurück ins Bett. Doch noch immer zeigte das EKG eine durchgehende Linie an. „Verdammt, komm schon Junge...du stirbst mir hier nicht weg. Heute nicht.“, fauchte der junge Arzt und lud das Gerät erneut auf. „Weg...“ Wieder ließ er den Strom durch den Körper fließen. Eine leichte Kurve zeichnete sich ab. „Geht doch...“, meinte er erleichtert. Gerade wollte er den Defibrilator weglegen, doch dann ertönte wieder der lähmende, tödliche Ton des Herzmessungsgerätes. „Du willst mich fertig machen, oder? Aber ich lasse dich nicht sterben. Dich nicht...“, fauchte er und setzte zur Herzrhythmusmassage an. Doch die Linie blieb durchgehend. „Es...es ist vorbei, Doktor.“, meinte eine Schwester und versuchte, den Arzt vom Patienten wegzuziehen. „Scheiße...“, fluchte der Arzt und stieß den Wagen mit dem Defi durch den halben Raum. Kurz darauf sah er auf seine Armbanduhr. „Eintritt des Todes um 23.37 Uhr. Schaffen sie den armen Kerl hinunter in die Pathologie. Ich muss die Angehörigen verständigen.“, meinte er und verließ den Raum.
    „Herr Jäger, warten sie bitte noch einen Moment und dann können sie ins Zimmer gehen.“, meinte Dr. Ceylan mit getrübter Stimme. Der Mann nickte und rieb sich über den Bauch. Kurze Zeit später wurde das Bett mit dem abgedeckten Körper rausgefahren. Ben sah dem Bett etwas wehmütig nach. Sein Zimmernachbar, ein junger Fahrradkurier, war bei einem Unfall mit einem Pkw schwer verletzt worden und lag mit Ben seit zwei Wochen zusammen auf dem Zimmer. Seit zehn Tagen war er erst ansprechbar. Und jetzt das. Ben merkte, wie der Körper des Jungen plötzlich verrückt spielte. Er konnte nur den roten Notknopf drücken und dann zusehen, wie die Ärzte alles versuchten, um Hannes, so der Name des Bettgenossen, am Leben zu halten. Doch dann wurde er einfach rausgeschickt. Wer konnte denn ahnen, dass die Verletzungen so schwer waren? Ben schlurfte in sein Bett zurück und deckte sich zu. Die Schmerzmittel wirkten und er wollte nur noch schlafen. Dann aber überkamen in die Gedanken an die letzten Wochen. Sein Vater erzählte ihm, dass er einen Aussetzer als Folge des schweren Blutverlustes erlitten hatte. Die Ärzte konnten ihn stabilisieren und als Emily hier auftauchte, ihre Tournee seinetwegen abbrach, ging es nur noch bergauf. Kurze Zeit darauf schlief er tief und fest ein. Zwei Tage später besuchten ihn Kim und Semir. „Hallo Leute...wie geht’s euch?“ „Gut...Jochen Wehner konnte nachgewiesen werden, dass er Frau Krüger unter allen Umständen töten wollte. Die Verhandlung ist in drei Wochen.“, erklärte Semir. „Gut...sehr gut...“ „Und wie geht es ihnen, Ben?“, fragte Kim. „Danke...der Doc sagte, ich kann hier bald raus. Nur der Verband muss noch eine Zeit lang dran bleiben. Ach ja, und ich darf noch zehn Tage nur Suppe essen.“, knurrte Ben. Semir grinste nur. „So wirst du wenigstens nicht schwerer.“ „Danke...sehr freundlich...ich hab ein Messer in die Rippen gerammt bekommen. Sei doch mal etwas rücksichtsvoller.“ „Bin ich ... aber dazu müsstest du schon ein gebrochenes Bein haben.“, kam es von Semir. „Ich sehe, sie sind wieder ganz der Alte. Dann werden sie die nächsten Wochen genießen. Ben, ich verordne ihnen zwei Wochen Erholungsurlaub. Fahren sie mit ihrer Emily weg. Und nochmals danke. Ich weiß das zu schätzen, was sie für mich getan haben.“ „Chefin, das ist doch Ehrensache gewesen.“, meinte Ben nur. Was für ein Fall.





    Ende.



    Aber Ben und Semir ermitteln weiter ... „Finn“

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!