Freitag der Dreizehnte

  • Ben kam von draußen rein und sah dann Tommaso mit verweinten Augen aus einem Raum rennen. „Und wage es nicht noch einmal, mir unter die Augen zu kommen. Dieser Name wird in meinem Hause nie wieder genannt.“, hörte er Don Salvestro schreien. Kurz darauf ging er selbst aus dem Zimmer und schritt in den hinteren Teil des großen Hauses. Alfredo Cutolo, seine rechte Hand, folgte ihm. Beide achteten nicht auf Ben, der sich an die Wand presste und seine Chance witterte. Freie Bahn...dachte er nur und schlich in das Büro hinein. Hier mussten sich doch irgendwie Unterlagen finden lassen. Ben sah sich um und schloss die Tür. Er fühlte sich wie einer dieser Filmagenten. Nur war dies hier die Realität und er war nicht James Bond oder Jerry Cotton. Er konnte sterben und diese Mafiosos würden keinen Moment zögern. Hier würde kein Regisseur „Aus“ schreien. Er sah auf den großen Schreibtisch, ging darauf zu und fing an, die Schubladen aufzuziehen. „Komm schon...irgendwo musst du doch was aufgeschrieben haben...“, fauchte er und ruckelte dann an der untersten Schublade. „Na, was ist denn das?“, fragte Ben und grinste. Doch sie war verschlossen. „Verdammt...dann eben mit Gewalt...“, murmelte er und griff zum Brieföffner. Stimmen drangen vom Flur her. Erschrocken hob Ben den Kopf und ließ alles fallen. Schnell verschwand er hinter dem Wandteppich und schaute dahinter verstohlen hervor.
    Alfredo Cutolo, das erkannte Ben an der Stimme, und ein anderer Mann kamen ins Zimmer. „Was dieses neue Ding mit dem Hauslehrer soll? So langsam wird mir der Alte komisch und lästig.“, knurrte Cutolo nur und blieb an der Couch stehen. „Vielleicht ist es Zeit, uns einen neuen König zu wählen.“, dachte der Zweite laut. „Wie war das? Du willst Salvestro beseitigen? Du weißt, was sie Familien in Italien dazu sagen würden.“, fauchte Cutolo nur. „Nicht, wenn er von einem Polizisten erschossen wird. Manuele hat doch einen Polizisten angeschossen. Ich hab gehört, der Mann liegt im Koma. Was, wenn wir einfach sein Gesicht und seinen Namen benutzen, Salvestro dann in eine Falle locken und ihn erschießen?“, fragte der Mann, den Ben nicht sehen konnte. Er stand mit dem Rücken zu ihm, als er einen Blick riskierte. Cutolo sah angestrengt zum Fenster hinüber. Er schien dem Vorschlag nicht abgeneigt zu sein. „Wie willst du das Gesicht des Bullen verwenden? Wir haben nichts von ihm. Rein gar nichts.“, erklärte der Mafioso nur. „Was wir brauchen ist ein Foto. Weiter nichts. Danach lässt sich eine Latexmaske am Computer erstellen. Glaub mir, das wird funktionieren.“ „Ich werde drüber nachdenken. Bisher geht es uns noch gut. Wir warten einfach. Unsere Geschäfte laufen. Sollte sich irgendwas negatives ergeben, werde ich auf deinen Vorschlag zurückkommen.“, meinte Alfredo Cutolo und verschwand dann mit seinem Begleiter aus dem Zimmer. Aufatmend kam Ben hinter dem Teppich hervor. Waren seine Ohren in Ordnung? Hörte er gerade das, was er gehört hatte? Diese Kerle wollten Semir, besser sein Gesicht, dazu benutzen, um den Mafiakönig loszuwerden. Das musste verhindert werden? Aber wie?


    Kemal schloss seinen Laden und machte sich auf den Weg. Er wollte zu Semir fahren. Andrea hatte ihn angerufen und erzählt, was passiert war. Nun wollte sie mit ihm sprechen. Kemal ging das Schicksal seines Bruders sehr nahe. Sie hatten sich doch erst wiedergefunden. Warum war Gott so ungerecht zu ihnen? Warum nur? Kemal wusste keine Antwort. Irgendwie ahnte er, dass etwas schlimmes passiert sein musste. Sonst würde Andrea doch alles mit ihm am Telefon besprechen, dachte er sich und stieg in seinen 3er BMW. Er lächelte. Um so ein Fahrzeug hatten er und sein Bruder sich gestritten, als sie gerade mit der Fahrschule fertig waren. Damals waren beide gleich stark und versuchten sich immer gegenseitig zu übertrumpfen. Meist ging aber ihr Vater dazwischen, wenn es allzu stark wurde. Mit diesen Erinnerungen im Kopf drehte Kemal den Schlüssel im Zündschloss und ließ den Motor aufheulen. Schnellstens war er bei Andrea vorm Haus, ließ die Zentralverriegelung einrasten und ging auf das Haus seines Bruders zu. „Hallo Kemal...“, begrüßte ihn Andrea, nachdem er geklingelt hatte. Sie begrüßten sich mit jeweils einem Kuss auf die Wange links und rechts. „Andrea, du klangst so aufgeregt am Telefon. Was ist passiert?“, fragte er und sah sich nach den Kindern um. „Es...es geht um Semir. Der Arzt hat mir gesagt, dass Semir zwei Jahre vollkommen vergessen hat.“, erklärte sie und war wieder den Tränen nahe. „Andrea...Andrea...Andrea, ganz, ganz ruhig...was ist passiert?“, wollte Semirs Bruder wissen. Und Andrea fing an, alles zu erzählen.
    „Oh man...wir müssen was machen. Andrea, wir sollten mit dem Psychologen darüber reden. Und vor allem muss Semir es wissen.“, erklärte er. „Aber...aber er ist noch so schwach. Was, wenn er über diesen Schreck wieder ins Koma fällt oder schlimmeres?“ Ihre Stimme zitterte und der Körper bebte vor Angst. Angst um ihren Mann, um den Vater ihrer Kinder. „Er ist stark. Auch, wenn es im Moment nicht so aussieht. Du weißt, was für ein Sturkopf er sein kann.“, meinte Kemal und nahm seine Schwägerin in den Arm. „Komm, lass es uns versuchen.“ Andrea nickte und ließ die Umarmung zu. „Kannst du...kannst du heute Nacht hier bleiben?“, fragte sie. Kemal tat ihr den Gefallen. Auch er machte sich Sorgen um seinen Bruder. Doch er musste jetzt Andrea unterstützen. Sie schien unter dieser Last fast zusammenzubrechen. Und das durfte nicht sein. Ein Elternteil im Krankenhaus war mehr als genug. Die Kinder brauchen ihre Mutter.


    ...

  • „Okay, noch einmal...“, forderte Ben alias Bastian Knigge und sah das Mädchen neben sich an. Chiara sah auf die Tasten und folgte den Noten auf dem Blatt. Langsam glitten die Finger über die Tasten und die Melodie von einem alten Kinderlied erklang. Plötzlich griff sie daneben und die Melodie fiel wie ein Kartenhaus zusammen. „Och man...“, kam es von ihr. „Ganz ruhig...das war gut...aber hier musst du aufpassen. Weißt du, es ist besser, wenn du deinen Ringfinger gleich über die Taste hältst und dann einmal kurz mit ihm draufhaust.“, erklärte Ben nur und machte es kurz vor. Chiara sah auf die Hände ihres Lehrers und versuchte es dann erneut. Dieses Mal klappte es. „Sehr schön...sehr schön...“, meinte Ben nur und strich dem Mädchen aufmunternd über die Schultern. Dann sah er auf seine Uhr. „So, jetzt ist aber Schluss für heute. Dann machen wir morgen weiter.“, erklärte Ben und packte die Noten zusammen. Chiara war schneller aus dem Wohnzimmer verschwunden, als Ben aufstehen konnte. „Da hat's aber jemand eilig.“, grinste er und erinnerte sich daran, wie schnell er von seinem Unterricht immer verschwunden war. Dann verließ er auch den Raum, suchte sein Zimmer auf und holte das Handy hervor. Er musste Kim und Geiger von den gestrigen Gespräch berichten.
    Ehe er aber dazu kam, rüttelte es plötzlich an seiner Tür. „Hey, der Don will dich sprechen, Bastian. Du sollst sofort ins Kaminzimmer kommen.“, hörte er Gennarino rufen. Schnellstens ließ er das Handy in seiner Hosentasche verschwinden und ging aus dem Zimmer. „Warum hattest du das Zimmer abgeschlossen? Hast du Geheimnisse? Dunkle Geheimnisse?“, fragte der Italiener mit einem Grinsen und versuchte, über Bens Schultern ins Zimmer zu gucken. „Nein, jedenfalls nicht hier.“, erwiderte Ben nur und ging dann mit dem Mafioso mit. „Was...was will der Don denn von mir?“, fragte Ben nur. „Du sollst ihn und seine Tochter auf einen besonderen Abend in die Stadt begleiten.“, erwiderte der Mann. „Sein Sohn? Kommt sein Sohn nicht mit?“, fragte Ben vorsichtig. Doch Gennarino blickte ihn herablassend an. „Was geht dich der Junge an? Du bist für die Tochter, nur für Chiara, verantwortlich.“, knurrte er. Seine Augen funkelten wütend. Ein kurzer Schauer lief Ben über den Rücken. War er nun zu weit gegangen? Doch der Ausdruck seines Gegenübers wechselte sich und die Miene erhellte sich. Der Italiener lachte und schlug Ben auf die Schulter. „Du bist ein neugieriger Junge. Vielleicht zu neugierig...“, lachte Gennarino nur und stieg dann mit Ben die Treppe hinunter.


    Die Limousine bog in eine große Straße ein und hielt vor einem großen Theater. „So, meine kleine Tochter soll ja auch ein bisschen Kultur schnuppern dürfen.“, lachte Giuseppe Salvestro und strich seiner Tochter über den Kopf. „Gennarino, geh doch bitte schon rein und such für meine Tochter einen schönen Platz.“, bat er und sah dann Ben an. „Bastian, sie kommen kurz mit mir.“, forderte er und ging mit Ben in eine ruhige Ecke. „Ich habe ihnen doch von meinem Sohn erzählt.“ Ben nickte. „Gut, ich...es ist schwer, das zu sagen, aber könnten sie ein Auge auf ihn haben. Er... er macht im Moment eine schwierige Phase durch.“, erklärte der Obermafioso. Ben nickten nur. „Es wäre schön, wenn sie sich ein bisschen um ihn kümmern könnten.“, erklärte der Mafioso. Wieder ein bestätigendes Nicken. „Gut, dann wollen wir jetzt etwas Kultur genießen.“ Ben ging hinter ihm. Irgendein innerer Instinkt sagte ihn, dreh dich um. Er wendete seinen Kopf und sah einen dunklen Wagen mit leichter Geschwindigkeit an der Gruppe vorbeifahren. Das Seitenfenster wurde heruntergelassen. „Deckung...“, schrie Ben und warf sich nach vorne, riss Don Salvestro mit sich zu Boden. Klirrend krachten und preschten die Kugeln durch die Luft. Glas klirrten und Menschen schrieen. Die Reifen quietschten und als Ben aufsah war das Auto weg, so schnell, wie es gekommen war. „PAPA!!!“, kreischte Chiara. Gennarino und die Kleine waren sofort zurückgerannt, als sie die Schüsse hörten. Am Boden lagen sie...Ben und Don Salvestro. Beide rührten sich nicht.


    ...

  • Tommaso saß in seinem Zimmer. Wieder war er ein Gefangener. Wieder wurde er bewacht von den Gorillas seines Vaters. Er musste etwas tun. Francesco hatte noch nicht zurück gerufen. Langsam dachte er nach. Das Fenster...warum war ihm das nicht schon vorher eingefallen? Schnell riss er das Laken von seinem Bett, verknotete es mit dem Bezug der Bettdecke und dem des Kissens. Das Fenster war nicht vergittert und unten standen keine Wachen. Schnell zog er sein Bett so weit zum Fenster, dass eine optimale Länge seines improvisierten Taus gewährleistet war. Er warf es in die Tiefe und ließ sich vorsichtig aus dem Fenster gleiten. Zentimeter für Zentimeter ließ er sich in die Tiefe hinab, kam seinem Ziel immer wieder ein Stück näher. Gleich bin ich da...dachte er und kletterte weiter und weiter. Tommaso war fast am Boden, als ihn plötzlich zwei starke Arme an den Beinen packten. „Wo wollen wir denn hin, Tommaso?“, höhnte plötzlich die Stimme von Vincenzo. Der kräftige Mann riss ihn von dem Tau und schleuderte ihn in ein mit frischer Erde versehenes Blumenbeet. Hart kam Tommaso auf, verletzte sich die Schulter und krümmte sich wie ein Wurm auf der Erde. „Dachtest wohl, ich würde dein Möbelrücken nicht hören, was?“, schnaubte der bullige Mann und baute sich über dem Jungen auf. „Lass mich in Ruhe, du hirnloser Stier.“, fauchte Tommaso und warf mit Dreck nach dem Mann. Doch Vincenzo packte ihn und zog ihn hoch. Er wollte mit seiner Faust zudonnern, als etwas anderes seine Aufmerksamkeit weckte.
    „Don Salvestro...Don Cutolo, was ist passiert?“, fragte Vincenzo sofort, nachdem er Tommaso losgelassen und zu dem Limousinenkonvoi hingerannt war. „Wir...wir wurden beschossen. Frag mich nicht, von wem.“, erwiderte Alfredo Cutolo nur und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Wie geht es dem König?“ „Er ist nicht verletzt, aber wir sind sofort zurück. Der Einzige, den es erwischt hat, ist der Hauslehrer.“, erklärte der Mann und wies auf den hinteren Teil der Limousine. Salvestro ließ das Fenster runter. „Schnell, wir bringen ihn ins Haus und verarzten ihn da.“, wies er an. Vincenzo nickte und half dabei. Vergessen war die Aufregung mit Tommaso. Doch was war mit dem Hauslehrer...was war mit Ben?


    Geiger fuhr zum Campingplatz und sah sich immer wieder um. Er stieg in das letzte Wohnmobil. „Feldmann, Krieger...haben sie schon was verwertbares?“, fragte er dann. „Nein, noch nicht.“, meinte Feldmann nur. „Aber es sieht so aus, als ob Salvestro angegriffen wurde. Die da oben reden von einem Schusswechsel.“, erklärte Krieger. „Was? Weiß man, ob Salvestro getroffen wurde? Wir brauchen ihn lebend. Die italienischen Kollegen verlassen sich auf uns.“, knurrte er. „Chef, was, wenn dieser Jäger auffliegt. Was dann? Ich meine, wir haben nur diesen Chip und sonst können nur sie oder diese Autobahnkommissarin mit ihm Kontakt aufnehmen. Was, wenn etwas schief läuft?“, wollte Krieger wissen und streifte sich die Kopfhörer ab. „Dann sind wir leider tief in den Arsch gekniffen. Nicht nur, dass wir dann keinerlei Ansatzpunkte mehr haben. Diesen Jäger würden wir dann auch verlieren. Es darf einfach nichts schief gehen.“, erwiderte der BKA-Kommissar und steckte sich eine Zigarette an. Die beiden akustischen Beobachter sahen ihren Chef nur an. „Ich werde gleich mit Jäger telefonieren. Findet weiter heraus, was dort oben passiert ist. Wir brauchen Beweise, dass dieser Salvestro alle Familien unter seine Kontrolle hat und ihnen Anstiftungen zu kriminellen Machenschaften gibt. Anders kommen wir nicht an ihn heran. Ihr wisst ja, was mit dem letzten Mann passiert ist, den wir einschleusen wollten.“, meinte er dann und nahm einen tiefen Zug aus der Lunge. Beide nickten. „Man konnte den armen Kerl nicht einmal mehr identifizieren.“, kam es dann von Feldmann. „Ganz genau. Das darf uns nicht noch einmal passieren.“, erklärte Geiger nur und drückte die Zigarette aus.


    Emily kam aufgeregt in die PASt und schritt schnell auf Susanne zu. „Susanne, wo...wo ist Ben? Seit Tagen meldet er sich nicht, geht nicht an sein Handy. Was ist mit ihm passiert?“, fragte die junge englische Schauspielerin aufgeregt und sah mit ihren grünen Augen Susanne an. Diese musste kurz schlucken. Sie wusste nicht, auf welche Frage sie zuerst und wenn, ob überhaupt, antworten sollte oder durfte. „Emily...ich...ich...ich kann es dir nicht sagen.“, meinte sie dann nur. Doch damit ließ sich Bens Freundin nicht zufrieden stellen. „Du kannst es mir nicht sagen. Oder willst du nicht? Was ist mit Ben? Hat er eine andere Freundin? Ist er...ist er im Dienst...“ Sie stockte. „Oh nein...nein Emily, weder das eine noch das andere...“, erwiderte Susanne und versuchte, die Freundin ihres Kollegen zu beruhigen. „Dann sag mir bitte, was passiert ist.“, forderte die Schauspielerin mit Nachdruck in der Stimme. „Hör zu, ich darf dir nichts sagen, aber ich werde Frau Krüger bescheid sagen. Wenn sie Zeit für dich hat, dann wird sie mit dir sprechen.“, erklärte Susanne mit beruhigendem Ton, konnte sie die Sorge der jungen Frau doch gut verstehen. Sie nahm den Hörer und wählte Kims Büro an, schilderte ihr die Situation und nickte dann einige Male. Dann legte sie wieder auf. „Gut, du kannst jetzt zu ihr.“, erklärte Susanne und wies Emily den Weg. Diese bedankte sich, rannte bei ihrem Weg fast noch Dieter um, der mit einem Stapel Akten aus dem Keller hochkam. „Passen sie doch auf...“, herrschte er sie an, als er fast mit dem großen Stapel in den Kaktus auf Susannes Tisch gefallen wäre. „Sorry...“, keuchte Emily nur und ging, nach einem kurzen Klopfen, in Kims Büro.
    „Frau Krüger, was ist mit Ben? Warum meldet er sich nicht bei mir und geht nicht an sein Handy?“, fragte die junge Frau aufgeregt. Kim sah auf. „Frau Christie...bitte setzen sie sich. Es...es ist etwas schwierig und eigentlich dürfte ich ihnen das nicht erklären.“, fing Kim an. Erschrocken drehte sich Emily um. „Ist ihm was passiert?“, wollte sie wissen. „Nein...er...er ist in einem Undercovereinsatz, der unter Umständen sehr gefährlich sein könnte. Frau Christie...mehr darf ich ihnen nicht sagen. Ich darf ihnen nicht einmal seine jetzige Handynummer geben.“ „Sie haben seine Handynummer?“, stieß Emily aus. „Ja, das muss ich als Vorgesetzte. Keine Sorge, ich werde Ben sagen, dass er sie selbst anrufen soll. Aber eines müssen sie mir versprechen. Rufen sie ihn bitte nicht an. Auch, wenn es wichtig sein könnte. Sie würden damit seine Tarnung gefährden. Verstehen sie?“ Emily verstand es. Doch jetzt wollte sie wissen, was mit ihrem Ben war. Sie brannte darauf, seine melodische Stimme in ihr Ohr dringen zu lassen. Wie ging es Ben?


    ...

  • Kemal und Andrea fuhren ins Krankenhaus, um nach Semir zu sehen. Doch vorher brachte sie Dr. Ceylan zu dem hauseigenen Psychologen. „Frau Gerkhan, ich versichere ihnen, Dr. Elena Wichmann ist die beste Psychologin. Sie ist besonders auf solche Fälle wie ihren Mann spezialisiert. Ich hab ihr bereits vom Fall erzählt.“, erklärte der Mann. Andrea nickte. „Sie sind sein Bruder?“ Kemal nickte nur. „Wir haben uns dieses Jahr erst versöhnt. Vorher sprachen wir nicht miteinander. Wie wird er darauf reagieren?“, wollte Kemal wissen. „Das kann ihnen unsere Psychologin besser sagen.“, erwiderte Dr. Ceylan und öffnete dann eine Tür. Hinter einem Schreibtisch saß eine zierliche Frau, kleiner als Andrea, und blickte auf, als sie die Tür hörte. „Ah...sind das die Verwandten?“, fragte sie gleich. Ceylan nickte nur. „Ich lasse sie jetzt alleine, dann können sie miteinander reden.“, meinte der Mediziner und ging. Andrea und Kemal setzten sich der Psychologin gegenüber. „Frau Gerkhan, ich habe gestern mit Dr. Ceylan gesprochen. Ich denke, ich kann ihrem Mann helfen. Aber dafür brauche ich auch ihre Hilfe. Sie müssen mir alles erzählen, was in den letzten zwei Jahren passiert ist. Natürlich nur das, was sie mit ihrem Mann erlebt haben...Schlüsselerlebnisse...was ihre Ehe beeinträchtigt hat, zum Guten wie zum Bösen.“, erklärte die Psychologin. „Unsere Krisen auch?“, fragte Andrea nach.
    Dr. Wichmann lächelte. „Frau Gerkhan, es wäre falsch, ihm heile Welt vorzuspielen. Hatten sie denn Krisen in den letzten Jahren?“, wollte sie wissen. „Nur eine...ich...ich dachte für einige Tage, er hat eine Affäre. Aber es war eine kleine Krise. Keine, die unsere Ehe ernsthaft gefährdet hat.“, erklärte Andrea. Die Psychologin nickte nur. „Was ist mit ihnen? Wer sind sie?“ „Ich bin Semirs, Herrn Gerkhans, Bruder...Kemal. Ich war jahrelang mit ihm zerstritten. Erst dieses Jahr haben wir uns ausgesprochen und uns versöhnt.“, erklärte er. „Oh, das wird dann ein hartes Stück Arbeit. Gerade solche Ereignisse dem Patienten vollkommen klar zu machen, ist ein hartes Unterfangen.“, erklärte sie. „Können wir jetzt zu meinem Mann gehen?“, fragte Andrea. „Sicherlich...kommen sie.“, bat die Psychologin und ging dann voraus. Wenig später waren sie auf der Intensivstation. Dr. Wichmann bremste Kemals Schritt ab. „Warten sie bitte hier...ich will erst mit dem Patienten reden. Vielleicht ruft ihr Erscheinen böse Erinnerungen hoch. Im Augenblick wissen wir noch nicht, wie stabil sein psychischer Zustand ist.“, bat sie Kemal. Dieser nickte und blieb vor der Scheibe stehen, sah auf seinen im Bett liegenden Bruder. Andrea ging hinein, Dr. Wichmann folgte. „Hallo Andrea...“, begrüßte Semir seine Frau und fing an zu lächeln. „Wie geht es dir heute?“, wollte seine Frau wissen. „Etwas besser, nur meine Brust schmerzt. Wo ist mein Partner? Wo ist Chris?“, wollte er dann wissen. „Wer ist Chris?“, fragte die Psychologin flüsternd, als sie sich zu Andrea hinunter beugte. „Das ist...war der Partner meines Mannes vor zwei Jahren. Er wurde bei einem Einsatz erschossen.“, erklärte Andrea im Flüsterton. „Gut danke...Herr Gerkhan, ich bin Dr. Wichmann. Ich bin Psychologin.“, fing sie an. Sofort erschrak Semir. „Ich...mit meinem Kopf ist alles in Ordnung. Ich brauche keinen Psychodoc...“, fauchte er sofort. „Ich denke doch. Bitte hören sie mir einen Moment zu.“, forderte die Frau und fing an zu erzählen.


    Die Lider flatterten. Alles drehte sich in seinem Kopf. Vorsichtig hob er seinen Oberkörper wurde dann aber sanft wieder zurück gedrückt. „Bleiben sie liegen, Signore Knigge...sie haben ganz schön was abbekommen.“, meinte eine Stimme, die er nicht zuordnen konnte. Doch dann schlugen sich seine Lider vollkommen auf und er sah in drei Gesichter, die Ben nur anstarrten. „Wo...wo bin ich hier?“, wollte er wissen und versuchte sich erneut aufzurichten. „Bitte, bleiben sie liegen. Es ist zwar nur ein Streifschuss unterhalb des Armes, aber sie sollten sich nicht so viel bewegen.“, meinte ein weißhaariger Mann. „Wer...wer sind sie denn?“, kam es von Ben. „Ich bin Alessandro Petrevici, der Arzt im Hause Salvestro. Sie sollten etwas ruhen. Vielleicht können Vincenzo und seine Leute ihn nach oben tragen.“, erwiderte der Arzt und winkte die Männer heran. Sofort nahmen diese Ben bei den Füßen und unter den Armen und trugen ihn so in sein Turmzimmer hinauf. Cutolo, Salvestro und die anderen blieben zurück. „Verdammt, was war das für eine Aktion?“, fragte Salvestro wütend und schlug auf den Tisch. „Wer wollte mich da ausschalten?“ „Don, ich sage es nicht gerne, aber vielleicht haben sich unsere zahlenden Kunden gegen uns verschworen und das war nur der Anfang vom Ende unserer Geschäfte.“, meinte der Stellvertreter. „Das werde ich ihnen austreiben.“, fauchte der Mafiakönig und schlug auf den Tisch. „Wie...wie wollen sie das machen? Wenn wir gerade jetzt die Aufmerksamkeit der Polizei auf uns lenken, was werden dann die Familien in Italien sagen?“, wollte Cutolo wissen. „Das ist mir egal. Beinahe wäre ich ermordet worden. Das hat Vorrang.“, schrie Salvestro nur.


    ...

  • Kim ging den Krankenhausflur entlang und suchte die Intensivstation auf. Andrea hatte sie angerufen und ihr alles erklärt. Was für ein Schicksal. Semir hat zwei Jahres seines Lebens verloren. Ben, Layla und sogar sie selbst...ausgelöscht aus dem Gedächtnis des Mannes. Was für ein Schicksal. Kim sah schon von weitem Kemal am Fenster stehen. Seit Semirs letztem Gartenfest für die Belegschaft der PASt, kannten sich die Beiden. „Frau Krüger, ich grüße sie...“, wurde sie empfangen. Sie reichten sich die Hände. „Wie geht es Semir?“, fragte die Chefin nur und sah durch die zum Teil mit Jalousien verhangene Scheibe. „Die Psychologin ist gerade bei ihm. Wahrscheinlich hat sie ihm gesagt, was passiert ist.“, erklärte Kemal nur. „Er erinnert sich an nichts?“, wollte sie dann wissen. Kemal schüttelte den Kopf. „Andrea hat gesagt, er fragt immer wieder nach seinem Partner Chris.“, erklärte er. „Ich habe von der Geschichte gehört. Doch das ist zwei Jahre her.“, kam es nur von Kim. Sie sahen, wie Semir verwirrt umher schaute. Andrea kam raus.
    „Hallo Kim...danke, dass du gekommen bist.“ Beide Frauen waren inzwischen beim Du und umarmten sich kurz. „Wie geht es deinem Mann?“, wollte die Chefin der Autobahnpolizei wissen. „Die Psychologin erklärt ihm gerade die Situation. Er...er ist vollkommen fertig und es wird einige Tage, wenn nicht sogar Wochen dauern, bis er all das verarbeitet hat. Sie sagt auch, wir sollen ihn dabei so gut es geht unterstützen. Alles kann helfen. Ich bin gerade auf dem Weg und will Fotos holen. Kim, du hast doch bestimmt Fotos von Semir und Ben?“, fragte sie. Kim nickte und ahnte, was Andrea vorhatte. „Ich denke, es wäre auch gut, wenn die anderen Kollegen mit ihm sprechen. Alle abwechselnd natürlich.“, schlug Kim nur vor. Dieses Mal nickte Andrea. „Alles kann helfen. Wir müssen alles versuchen.“ „Was ist mit mir?“, fragte Kemal. „Wir beide werden nachher zu ihm gehen und mit ihm sprechen.“, erklärte Andrea nur und war dann verschwunden.


    Einige Tage waren vergangen. Tommaso war unter strenger Bewachung. Nichts war ihm mehr geblieben. Das Handy war weg und nur noch der PC blieb als Kommunikationsmittel übrig. Er stöberte in den Onlinezeitungen herum und stutzte, als er einen Bericht fand. „Leiche an Tankstelle – Brutale Hinrichtung eines jungen Mannes aus einem fahrenden Auto.“, las er Sofort weiteten sich die Augen. Er konnte nicht glauben, was er da sah und las. Das Bild...das war eindeutig Darius Funke, sein Freund, der, mit dem er vor einigen Tagen eine der wunderbarsten Nacht seines Lebens verbracht hatte. Sein Freund...nur noch eine Nummer in einer Kartei...einer Leichenkartei. Tommaso konnte sich denken, wer dafür verantwortlich war. Sein eigener Vater...wer sonst? Wut stieg in ihm auf und zum ersten Mal keimte in ihm ein Gedanke. Sein Vater musste sterben....durch seine Hand. Der Rachedurst durchschoss seine Adern und blinder Hass umnebelte seine Gedanken. Er würde es ihm beim Abendessen zeigen.
    Ben lag derweil in seinem Turmzimmer. Er musste noch mal in das große Büro. Vielleicht konnte er es beim Abendessen schaffen. Er ließ sich einfach entschuldigen und dann...dann konnte er ins Büro gehen. „Hallo? Signore Knigge? Ich soll fragen, ob sie zum Abendessen kommen wollen.“, hörte er durch die Tür. „Nein...nein...ich fühle mich noch nicht so.“, erwiderte Ben und wartete, bis die Schritte verklungen waren. Blitzschnell zog er sich die Schuhe aus, seine zweifarbigen Socken, dieses Mal ohne Loch, kamen zum Vorschein. Vorsichtig öffnete er die Tür und lugte nach links und rechts, niemand war zu sehen. Ohne ein merkliches Geräusch kam er die Treppe hinunter und schlich sich, ohne auf sich aufmerksam zu machen. Endlich war er im Büro und ungestört. Jetzt fing er an. Er musste etwas finden. Schon allein, um wieder bei Semir zu sein.


    Tommaso schielte aus seinen Augen über den langen Tisch zu seinem Vater. Aus Trotz saß er ihm gegenüber, anstatt an Giuseppes rechter Seite. Chiara, die links von ihrem Vater saß, blickte verstohlen zu ihrem Bruder hinüber und wandte dann den Blick zu Salvestro. „Ist irgendwas mit dir, Tommaso? Du bist heute so ruhig.“, meinte Giuseppe Salvestro und schob sich ein Stück Huhn in den Mund. In Tommaso brodelte es nur so, die Wut stieg wie das Quecksilber in einem Thermometer an. „Mit mir ist nichts, aber mit dir, alter Mann, wird es gleich zu Ende sein.“, grummelte der Junge nur und hob seinen zornigen Blick. „Ich verstehe nicht, was meinst du?“, wollte der Vater wissen. „So, du verstehst nicht. Du wirst gleich verstehen lernen. Du hast Darius umbringen lassen. Und dafür wirst du sterben, alter Mann.“, schrie er nur und sprang auf. Seine geballte Faust umklammerte fest den Griff des Filetiermessers vom Huhn. „Was...was willst du mit dem Messer, Junge?“ Der Schock saß in seiner Stimme, doch aus den Augenwinkeln blickte er zu seinen Männern, die den jungen Don ansahen. „Tommaso, leg...leg das Messer weg. Bitte....“, forderte Salvestro, doch sein Sohn hörte nicht auf ihn. Immer näher kam er auf den weißhaarigen Mann. „Du...du hast meinen Freund umgebracht. Den Mann, mit dem ich eine wundervolle Nacht verbracht habe. Den Mann, den ich geliebt habe.“, fing Tommaso an zu weinen. „Du weißt ja nichts, was du sagst.“, fauchte Salvestro und gab dann unmerklich ein Zeichen. Sofort stürmten Vincenzo und Gennarino heran, schlugen dem Jungen das Messer aus der Hand und drehten ihm die Arme auf den Rücken. „Ahhhhh...lasst mich los. Sofort...“, forderte der Junge. Giuseppe Salvestro kam auf seinen Sohn zu.
    „Du kleiner Wurm hast es gewagt, mich, deinen eigenen Vater, töten zu wollen. Weißt du, was ich da mit dir mache? Weißt du, was die Strafe für dieses Verbrechen ist?“, knurrte Salvestro nur und schlug mit der flachen Hand zu. Tommasos Kopf wurde zur Seite geworfen. Blut schoss aus seiner Nase. Die Hand hatte sie erwischt. „Du wirst mich nicht töten. Nein, du nicht...aber ich werde dich auch am Leben lassen. Du wirst von hier weg gebracht. Nach Italien...dort wird sich dein Onkel, dein Großvater und dein Bruder um dich kümmern. Du wirst dir noch wünschen, lieber mit einer Frau als mit einem Mann geschlafen zu haben.“, fauchte Salvestro und schlug ein letztes Mal zu. Tommaso fiel zur Seite, wurde aber von Vincenzo und Gennarino gehalten und dann weggeschleift. Chiara musste alles mit ansehen. Das kleine Mädchen weinte still, doch schnell wischte sie die Tränen weg, als ihr Vater an den Tisch zurück kam. Es herrschte Stille und jeder benahm sich, als hätte es diese Szene zwischen Vater und Sohn nie gegeben. Doch Tommaso sollte noch lange nicht aufgeben. In ihm gärte jetzt erst recht der Hass gegen seinen Vater. Den Mann, der Darius ermorden ließ. Es würde sich schon eine andere Gelegenheit zur Rache finden lassen, das schwor sich der junge Mann, als er sich das Blut von der Nase wischte und zur Unterstreichung von seinem Handrücken leckte.


    ...

  • Ben durchsuchte das ganze Zimmer, stellte Schublade um Schublade auf den Kopf und klopfte vorsichtig die Wände ab. Irgendwo mussten sich doch Unterlagen finden lassen, dachte er nur und suchte weiter. Selbst hinter den Bildern sah er nach. Ben war schon der Verzweiflung nahe und wollte sich einen Moment hinsetzen. Er ließ sich in den Bürostuhl fallen. Plötzlich hörte er ein komisches Summen. Erschrocken drehte er sich um und sah dann, wie sich eine Bücherwand wie von Geisterhand zur Seite bewegte. Dahinter ein Hohlraum mit allerlei Papieren. Ben stand auf, sah dann auf den Schreibtisch. „Ich muss gegen den Knopf gekommen sein...“, murmelte er, als er sich unter die Schreibplatte beugte. Ein kleiner Knopf war deutlich zu erkennen. Ben ging auf den Hohlraum zu und zog eine Akte hervor. „Wow...das ist der Hauptgewinn...“, stieß er aus, als er nur die ersten Seiten überflog. Schnell knipste er einige Seiten mit dem Handy ab, nahm ein kleines Buch mit Bestechungsvermerken an sich und brachte einige Seiten in seinen Besitz. Alles in allem waren es Listen von Informanten, geschmierten Persönlichkeiten und erpressten Restaurantbesitzern, die in den Papieren als „Sparanlagen“ bezeichnet wurden. Doch Ben konnte sich denken, dass dahinter Restaurants standen. Zumal unter allen Zahlungen Adressen standen. Einige davon waren Ben mehr als vertraut. Da das „Karibik“ und hier das „La casa di Roma“. Alles Restaurants, wo auch Ben ab und zu vorbeischaute. Jetzt aber weg, dachte er nur, schob das Regal zurück und rückte den Stuhl wieder zurecht. Er ließ alles in seine Jackeninnentasche verschwinden und wollte aus dem Zimmer gehen, als er erschrak. Da stand jemand und sah ihn nur an.


    Semir sah auf, als Andrea ins Zimmer kam. Seine Miene war leer und nachdenklich, aber als er Kemal sah, regte sich Leben. Er rutsche auf dem Bett hoch und fixierte seinen Bruder mit einem eiskalten Blick. „Andrea, was will er hier? Hast du ihn angerufen?“, fauchte der Deutschtürke los und wollte zu mehr ansetzen, aber Andrea legte ihm einen Finger auf den Mund. „Semir, bitte hör mir zu. Und hör mir jetzt genau zu. Du und Kemal habt euch dieses Jahr versöhnt. Ihr habt euch ausgesprochen. Verstehst du das?“ „Ausgesprochen? Mit ihm? Mit ihm kann man nicht sprechen, mit diesem Sturkopf.“, fauchte Semir sofort los. „Das habe ich auch von dir gedacht, Bruder. Aber du hast den ersten Schritt gemacht. Und dieses Mal ist es für mich an der Zeit, dir zu helfen.“, kam es von Kemal, den die Worte seines Bruders einerseits verletzten, aber andererseits war es nicht seine Schuld, jedenfalls nicht seine direkte. „Ich hab den ersten Schritt gemacht?“, kam es dann von Semir, der immer noch daran zweifelte, dass es so war. Ihm kam die Sache mehr als spanisch vor. „Ja Semir, das hast du. Hier, ich zeig es dir.“, meinte Kemal dann und holte aus seiner Jackentasche einige Fotos hervor. Er legte sie Semir auf den Schoß. Sie zeigten ihn und Kemal lachend Arm in Arm, beim Armdrücken oder mit Andrea und den Kindern in der Mitte. „Das...das sind wirklich wir.“, kam es von Semir. Andrea nickte nur und auch Kemal stimmte zu. „Aber, wie...wie haben wir uns wieder gesehen?“, wollte Semir wissen. In seinem Kopf brummte es, als ob tausende von Presslufthämmern ununterbrochen auf ein und dieselbe Stelle hämmerten. Kemal erzählte ihm die Geschichte von dem Einsatz mit Aladin und wie sie sich bei der Hochzeit das erste Mal gesehen hatten.
    „Tja, und dann standest du irgendwann vor meinem Laden.“, endete Semirs Bruder mit den Erzählungen. Semir nickte nur kurz und sah dann auf die weiße Bettwäsche. „Was für ein Laden hast du denn?“, fragte Semir nur und blickte auf. „Einen der besten Schlüsseldienste der ganzen Stadt.“, erklärte Kemal mit sichtlich stolzer Brust. „Schlüsseldienst...wow...“, staunte Semir nur und sah wieder auf die Bilder. „Wie...wie soll es jetzt weitergehen?“, wollte er dann wissen und blickte zu Andrea und Kemal. „Jetzt wirst du erstmal ganz gesund und dann werden wir dir helfen, deine Erinnerungen zu finden. „Die Psychologin sagte mir, mein Partner, Chris, ist tot. Wer...wer ist denn jetzt mein Partner?“, wollte er wissen. Etwas hilflos blickte Andrea zu ihrem Schwager. Noch war Kim nicht da, die ihm das sicher besser erklären konnte. Das Dumme war auch, Ben war auf einem Einsatz, und es existierten noch keine Fotos von den Beiden. Jedenfalls keine Privataufnahmen. Kim versuchte gerade, an die Zeitungsausschnitte zu kommen. Hoffentlich schaffte sie das, dachte Andrea nur. „Wer ist das denn?“, fragte Semir und zeigte auf Layla, die von Andreas Arm gehalten wurde. „Semir, das hier...das ist deine zweite Tochter. Wir haben sie im Juni bekommen.“, erklärte Andrea nur. Doch Semirs Blick war skeptisch. „Daran kann ich mich nicht erinnern. Das ist nicht meine Tochter...“, sagte er kühl. Andreas Blick war geschockt. Wie konnte Semir daran zweifeln, dass Layla seine Tochter war?


    ...

  • Ben erschrak, entspannte sich nur langsam, als er die zierliche Gestalt von Tommaso erkannte. „Was machst du da? Und was hast du da in deiner Jackentasche versteckt?“, fauchte er nur und trat in das Zimmer ein. Ben machte einen Schritt zurück und blieb dann vor dem Schreibtisch stehen. „Hör mal, ich...ich bin nicht der, für den du mich hältst.“, begann Ben und ging einige Schritte auf Tommaso zu. „Du...du bist ein Schnüffler. Hab ich recht?“, kam es von dem Jungen. Ben schluckte. Was würde der Junge nun machen? Fahles Licht fiel zwischen die beiden Männer. Keiner konnte das Gesicht des jeweils anderen erkennen. Doch Tommaso schnellte auf Ben zu. „Bist du ein Schnüffler? Du bist doch ein Polizist? Oder etwa ein Journalist?“, kam es neugierig vom jungen Mafioso. Ben wusste nicht, sollte er dem Jungen trauen oder eher nicht? Doch dann sah er die Augen von Tommaso und erst jetzt entdeckte er die frischen Prügelflecke im Gesicht des jungen Mannes. „War das dein Vater?“, wollte er wissen. Tommaso ließ den Kopf sinken. „Ich will weg von hier. Kannst du mir dabei helfen? Bitte hilf mir. Sie...sie haben meinen Freund, meine Liebe, mein Herz, ermordet. Dafür müssen sie büßen.“, fauchte er nur und sah dann auf. Ben blickte ihn an. Was war das gerade? Der Sohn eines Mafiabosses liebt Männer? Ging denn das überhaupt in dieser maskulin geprägten und auf Männlichkeit ausgerichteten Welt? Und was war noch...die Leiche von der Tankstelle...das waren die Mafiosos? „Hast du einen Beweis dafür?“, fragte Ben nach, schluckte kurz und zog den Jungen in eine dunkle Ecke, als er vom Flur her Schritte hörte. Beiden blieb das Herz stehen. Ihr Atem versiegte. Keiner wollte sich eine Bewegung abringen. Womöglich würde sie das verraten.
    Die Schritte verhalten, die Anspannung fiel gleichzeitig mit jedem sich weiter entfernenden Ton von Ben und Tommaso ab. „Beweise? Nein...nein, das habe ich nicht. Wie soll ich da auch rankommen? Wenn du Bulle bist, dann flieh mit mir. Bitte...ich werde auch gegen meinen Vater aussagen.“, flehte Tommaso nur. Ben war unentschlossen. In ihm kämpften sein Verstand gegen sein gutes Herz. Sein Verstand meinte, er solle dem Jungen nicht trauen. Der Fall hatte Vorrang. Doch sein gutes Herz hielt dagegen. Er sah doch. Wie dieser Junge litt und wenn alles ausgestanden war, konnte er vielleicht mit Bens Hilfe ein neues Leben beginnen. Es siegte.... „Okay...ich nehm dich mit. Aber wir können jetzt noch nicht fliehen. Warte, bis alles dunkel ist. Ich klopfe drei Mal an deine Zimmertür und dann verschwinden wir durch den Garten.“, meinte Ben nur und legte seine Hände auf Tommasos Schultern. Unmerklich genoss der junge Mann diesen Augenblick als er den Geruch des Mannes wahrnehmen konnte. „Bastian, wo sind sie?“, hörte Ben eine Stimme ihn rufen. „Verdammt...geh in dein Zimmer und pack einige Sachen. Um zwei Uhr hole ich dich. Hast du verstanden?“ Er sah mit seinen kastanienbraunen Augen direkt in die graugrünen Seelenspiegel von Tommaso. Dieser schien sich in seinem Bann zu befinden und nickte kaum sichtbar. „Gut...jetzt geh.“, forderte Ben nur und sah, wie der Junge aus dem Zimmer lief. Nun musste er nur noch ungesehen aus dem Arbeitszimmer verschwinden. „Bastian...Hey... Signore Knigge...wo sind sie?“, hörte er wieder die Stimme nach ihm rufen. Schnell schlich sich Ben über den Flur, tat so, als wäre er gerade im Garten gewesen, als Gennarino um die Ecke bog. „Ah da bist du. Komm, der Don will dich sehen.“, forderte er. Ben, von einem unguten Gefühl beschlichen, folgte dem Mafioso. Das Gefühl sollte sich bestätigen.


    Gennarino führte Ben in den großen Versammlungssaal. Ben schluckte, als er dort sämtliche großen Mafiosos des Rheinlandes versammelt sah. Salvestro machte seinem Namen als Mafiakönig alle Ehre. Er thronte am Ende vom Tisch, stützte mit einer Hand sein Kinn und blickte mit den stählernen Augen auf die beiden Männer, die soeben eingetreten waren. „Ah...Bastian...komm, tritt näher.“, forderte er nur. Ben schluckte, rührte sich nicht, doch Gennarino drückte ihn sanft aber bestimmend vorwärts. Einen Fuß setzte er vor den anderen und stand dann vor dem Tisch. Giuseppe schnellte hoch und ging auf Ben zu. Haben sie mich enttarnt? War das Büro überwacht? Fragen über Fragen und dunkle, düstere Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Doch plötzlich umarmte ihn der Mafioso und drückte Bens Körper fest an sich. Der junge Hauptkommissar wusste im ersten Moment nicht, wie ihm geschah. „Signori, das hier ist mein Lebensretter. Und ab sofort ist er ein Mitglied meiner Familie. Manuele, bring das Familienzeichen...“, forderte der Mann. Ben sah zur Seite und erschrak. Das war der Mann von der Tankstelle, der mit dem er gekämpft hatte. Verdammt, er konnte ihn wieder erkennen. Doch das schien nicht auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Manuele kam mit einem komisch aussehenden Gerät wieder, legte es vor den Don ab. Dieser sah ihn an und nickte kurz. Manuele nickte nur und ging auf Ben zu. „Bitte...ziehen sie das Jackett und das Hemd aus.“, forderte er. Ben zögerte, anscheinend zu lange.
    Manuele riss ihm förmlich die Jacke vom Leib und erwischte auch Bens linken Hemdsärmel. Mit einem lauten Ratsch flog der Ärmel zu Boden und alle sahen auf den nackten Arm. Besonders Manueles Blicke hafteten daran. Ben blickte auf. „Don...das...das ist ein Bulle...er...er hat mich und Gennarino verfolgt, als wir uns mit dem Problem ihres Sohnes befassten.“, zischte er. Alle blickten zu Don Salvestro. „Du hast dir einen Bullen ins Haus setzen lassen?“, fauchte einer der Mafiabosse. „Sicher ist er vom BKA geschickt worden und die sitzen schon vor unserer Tür.“, knirschte ein anderer durch seine Zähne. Ben suchte mit dem Fuß nach dem Jackett. Alle Unterlagen waren darin. Manuele registrierte die Bewegung und griff blitzschnell nach Bens Kragen, hielt ihm eine gezückte Waffe unter die Nase. „Was soll ich mit ihm machen, Don?“, fragte er. „Du hast das Problem nicht gleich beseitigt. Jetzt tu es, aber nicht hier drin.“, fauchte Salvestro und versuchte, die anderen Mafiabosse zu beruhigen. Auch Manuele war einen Moment abgelenkt. Das war Bens Chance.


    ...

  • Er wirbelte mit dem Arm und den Bein gleichzeitig herum, riss Manuele die Waffe aus der Hand und schickte ihn mit einem Beinhieb auf die Bretter. Schnell schnappte er sich das Jackett und rannte aus dem Raum, nicht ohne vorher die Türen zu verrammeln. Schon hörte er das Pochen und Schreien und Hämmern der wütenden Menge von der anderen Seite. Schnell weg, dachte Ben nur. Sein Unterbewusstsein rief ihm aber wieder Tommaso ins Gedächtnis. Er konnte den Jungen nicht so ohne weiteres hier zurück lassen. Schnell rannte er in den Wohnturm hinauf und klopfte wie vereinbart. Der junge Mann öffnete und sah den Hauptkommissar verdutzt an, als er den zerrissenen Ärmel bemerkte. „Was...was ist passiert?“, wollte der Junge wissen. „Ich wurde enttarnt. Wir müssen jetzt machen, dass wir hier weg kommen und das so schnell wie möglich. Ich hoffe, hier stehen einige Autos rum, die wir benutzen können.“, keuchte Ben nur und kletterte wieder den Turm hinunter. Tommaso folgte ihm. „Nein, nicht da entlang...“, stieß der Junge plötzlich aus. „Wenn wir da raus gehen, sehen uns die Wachen gleich. Komm...“, forderte der Junge und führte Ben zu einer kleinen, unscheinbaren Tür hinter der großen Treppe. Sie verschwanden im Dunkeln des Kellers. Keine Minute zu früh. Mit einem Bersten gab der Besenstiel nach, den Ben durch die Halterung in der Tür gesteckt hatte. Sofort war der Flur überflutet mit rachsüchtigen Mafiosos, deren Augen blutdürstend nach einem Bullenspitzel suchten. „Wo ist er hin? Sucht ihn und bringt mir seinen Körper...lebend!“, forderte Salvestro und mit außer sich vor Zorn brodelnder Stimme. Seine Männer schwärmten aus und suchten im ganzen Haus und auf dem ganzen Gelände nach dem Polizisten. Doch dieser blieb vorerst verschwunden. Vorerst.


    „Semir, wie...wie kannst du so etwas sagen? Natürlich ist es deine Tochter. Ich würde dir doch keine Lüge erzählen.“, kam es entschlossen von Andrea. Semir sah sie eindringlich an. „Wieso gibt es dann keine Fotos von ihr und mir?“, wollte er wissen. „Sondern nur von dir und ihr. Das ist doch mehr als komisch oder?“ Semirs Augen funkelten. „Semir, ich versichere dir, bei meinem Leben, das ist deine Tochter.“, kam es nur von Andrea. Tränen stiegen ihr ins Gesicht. Wie konnte ihr Mann annehmen, dass sie ihn betrügen würde? So etwas würde sie nie machen. „Und das soll mir reichen? Andrea, ich habe dich mit unserem Nachbarn gesehen, wie ihr gelacht habt. Vielleicht ist ja das Kind von ihm und...“ Ehe Semir diesen Satz zu ende sprechen konnte, landete mit einem lauten Knall die flache Hand in seinem Gesicht. Zum ersten Mal war Andrea dazu gezwungen, nein, genötigt worden. Erschrocken über sich selbst sah sie auf die rot schimmernde Wange und dann auf ihre Handfläche. Auch Kemal blickte vollkommen erschrocken auf seinen Bruder und seine Schwägerin. Die Stimmung war explosiv geladen. Keiner sagte ein Wort. Plötzlich rannte Andrea raus und ließ die Tür hinter sich zufallen. Schweigend drehte sich Semir weg. Kemal ging hinter Andrea her.
    Andrea lief in den kleinen Park hinaus, lehnte sich an einen Baum und weinte bitterlich. Kemal sah sie, wollte sie aber erst einen Moment alleine lassen. Er sah, wie ihre Schultern bebten. Ihr ganzer Körper schien sich von diesem Schreck und diesen Vorwürfen einfach befreien zu wollen. Vorsichtig näherte er sich Andrea und legte ihr die Hand auf. Was sollte er ihr sagen? Würde sie ihn Vorwürfe machen? Immerhin war er Semirs Bruder? „Andrea, bitte...er...er ist krank. Nimm ihm das nicht übel.“, bat er nur. „Ich...ich weiß Kemal. Aber, wie...wie kann er behaupten, dass Layla nicht seine Tochter ist?“, weinte sie. „Bitte beruhige dich. Er wird sie erkennen, wenn er...“ Kemal stockte. „Ja, ich hab eine Idee. Andrea...wenn Semir Layla sieht, dann muss er einfach die Ähnlichkeit mit sich erkennen. Du sagst doch, sie hat sein Gesicht.“, erklärte er. Andrea sah ihren Schwager an. „Ja...ja, das ist die Lösung. Das machen wir.“ Kim kam den Flur entlang und sah Andrea und Kemal auf sich zukommen. Sofort wurde der Chefin die Situation erklärt und sie verstand, fuhr mit Andrea nach Hause, um Layla zu holen. Hoffentlich würde das Semir überzeugen.


    Tommaso ließ die Lampe seines Handys in den Gang hineinscheinen. „Wo sind wir hier?“, hörte er Bastian oder Ben hinter sich husten. „Im Kellergang. Direkt unter dem eigentlichen Keller. Er stammt noch aus der Vorbesitzerzeit. Bevor sich mein Vater hier mit seinen Freunden breit gemacht hat.“, erklärte Tommaso nur und führte Ben immer weiter in den Gang hinein. „Wo kommen wir denn raus?“, fragte Ben wieder. „Direkt neben dem Parkplatz. An einer der Statuen.“, erwiderte sein Führer. Ben blickte immer wieder nach hinten. Folgte ihnen auch wirklich keiner? „Was bewegt sich da oben?“, kam es leicht kreischend von Ben. „Das sind nur Spinnen.“ „Was? Spinnen? Verdammte Spinnen...“, kam es leise vom jungen Hauptkommissar. Tommaso grinste nur in sich hinein und beide gingen weiter. Sie waren nunmehr einige hundert Meter gegangen, als fahles Licht durch einige Ritzen in der Mauer fiel. „Wir sind da... jetzt geht es nach draußen.“, meinte Tommaso nur und merkte dann, wie sein Handy flackerte. „Oh verdammt... nicht jetzt...“, knurrte er nur. Schnell musste er jetzt arbeiten und den Hebel ziehen. „Hilf mir mal...Bastian...“, forderte er. „Ben...ich heiße Ben Jäger.“, erklärte der Kommissar nur und drückte dann gemeinsam gegen die sich langsam bewegende Wand. Kaum ein Geräusch von sich gebend, wurde die Mauer aufgeschoben und das Dämmerungslicht brach in den Gang hinein. „Jetzt müssen wir vorsichtig sein. Die Autos sind gut bewacht.“, meinte Tommaso nur. „Keine Sorge, darum kümmere ich mich gleich.“, meinte Ben nur und schlich sich langsam an eine der Wachen heran. Das Maschinengewehr hin in Bens Richtung, doch der Blick des Mannes war in eine andere Richtung gewendet. Das war Bens Chance.
    Ben rannte los und holte mit der Faust aus. Der Mann drehte sich um, riss die Augen erschrocken auf und wollte die Maschinenpistole entsichern, richtete sie schon auf Ben. Doch die Faust fand ihren Weg ins Gesicht des Mannes, der seiner Länge nach zu Boden ging. „Okay Tommaso...der Weg ist frei.“, rief er und nahm das Maschinengewehr an sich. Er suchte in den Taschen des Gangsters nach dem Schlüssel, fand ihn dann in der hinteren Hosentasche. „Immer da, wo man nicht hinfassen will.“, kam es von Ben. Tommaso näherte sich und blickte auf den Ohnmächtigen. „Hier, nimm die Waffe. Ich geh ans Steuer.“, meinte Ben und drückte die Entriegelung der Zentralverriegelung. Die Blinker leuchteten auf. Sofort schwangen sich die beiden Flüchtenden in den großen, schwarzen Landrover und fuhren davon. Ihre Flucht blieb, spätestens als sie das massive Tor durchbrachen, nicht mehr unbemerkt. „Sofort hinterher. Eine viertel Million für den, der sie mir lebend bringt. Nein, meinen Sohn will ich lebend. Vom Bullen bringt mir den Kopf.“, fauchte Don Salvestro nur und schon verfolgten seine Leute den schwarzen Wagen in ihren schnellen Alfas. „Findet sie...“


    ...

  • Ben raste die Serpentine hinunter. Die Kurven nahm er mit Schwung, raste fast in die Begrenzung hinein, doch im letzten Moment konnte er es immer wieder verhindern. Tommasos Augen wurden immer größer und größer. Seine Hände klammerten sich mehr und mehr in Sitz und Halterungsgriff am Fenster. „Fährst... fährst du immer so einen rasanten Stil?“, fragte er leicht nervös. Ben lachte. „Keine Sorge...ich bin bei der Autobahnpolizei. Wenn ich eins kann, dann fahren.“, erklärte er nur und riss erneut das Lenkrad rum. Dann fielen seine Blicke auf die Wagen hinter ihm. „Wir kriegen Besuch. Ich versuche sie abzuschütteln.“, kam es nur von Ben. Tommaso wusste nicht, ob er nicken oder ängstlich schlucken sollte. So machte er beides. Ben riss das Steuer rum und schon fuhren sie den nächsten Abhang hinunter. Die Scheinwerfer leuchteten die immer dichter kommenden Büsche, Wurzeln und Bäume an. Der Kommissar wich ihnen gekonnt aus. „Bist du...bist du sicher, dass das hier eine bessere Lösung ist?“, kam es stammelnd vom jungen Italiener. „Keine Sorge...ich hab alles im Griff.“, grinste Ben nur und steuerte weiter. Doch die Alfas ließen sich so einfach nicht abschütteln. Sie klebten regelrecht an der Stoßstange des Landrovers. Dann zerbarst die Heckscheibe. „Die...die schießen auf uns...“, schrie Tommaso ängstlich und zuckte bei jedem Schuss zusammen. „Los, runter...sofort...“, forderte Ben und ging selbst in Deckung.
    Vincenzo schoss immer wieder auf den vor ihm fahrenden Landrover. „Vergiss nicht...dem Jungen darf nichts passieren.“, fauchte sein Fahrer nur. „Ja, ich weiß. Ich will aber diesen Bullen treffen.“, knurrte er nur und schoss immer weiter. Plötzlich wurden die Schüsse erwidert. Die Motorhaube wurde zu einem Schweizerkäse. „Scheiße...los, dreh ab...dreh ab.“, forderte Vincenzo nur und griff ins Steuer. Ein Fehler. Sie befanden sich noch auf dem bewaldeten Hang und so landeten sie an einem Baum. Krachend bog sich der Alfa und die Motorhaube nach oben. Blutend lag Vincenzos Kopf auf den Armaturenbrett. Auch der Fahrer war bewusstlos. Die anderen drei Alfas folgten dem Landrover aber weiter. Würden sie Ben und Tommaso kriegen?


    Semir sah aus dem Fenster, merkte nicht, wie die Tür aufging. „Semir...hier möchte dich jemand kennen lernen.“, hörte er die Stimme seines Bruders. Langsam drehte sich der Kopf des Deutschtürken zur Tür. Kemal stand dort mit der kleinen Layla. Sie gluckste und nuckelte an ihren Fingern herum. Langsam drehte er sich wieder weg. Doch dann merkte er, wie seine Bettdecke schwer wurde. Layla sah ihren Papa mit großen Augen an und krabbelte langsam auf ihn zu. Semirs Blick war eisern, kalt und unnahbar. Doch dann passierte etwas, was alles änderte. Layla setzte sich auf den Brustkorb ihres Vaters, wodurch Semir leicht das Gesicht verzog, waren doch die Wunden noch nicht ganz verheilt, und griff nach der Nase von Semir. Jetzt tauten seine Blicke auf. Langsam kam die Hand unter der Decke hervor. Vorsichtig griff er nach Layla und hob sie hoch. Beide blickten sich in die Augen. Das Herz des Hauptkommissars wurde mehr als warm. Es brannte innerlich. „Das...das ist...ist meine Tochter. Das ist meine Tochter.“, rief er erfreut aus. Tränen kullerten ihn übers Gesicht. Er presste seine Nase an die von Layla und wimmerte vor Freude. Sie hatte sein Gesicht, seine Augen und sein Kinn. Kemal lächelte zufrieden und drehte sich zu Andrea um, die hinter der Scheibe warte. Auch sie weinte vor Freude und drückte sich gegen Kim. Diese strich ihr nur über die Schulter. Jetzt schien alles gut zu werden. Oder nicht?


    Die Alfas holten auf und Ben konnte nicht gleichzeitig schießen und lenken. „Tommaso...komm, nimm das Steuer.“, forderte er. „Ich...ich soll was?“, kam es erschrocken von dem Jungen. „Ja du... los, mach schon. Ich muss schießen.“, erklärte Ben nur und wartete, bis Tommaso das Lenkrad umfasste, dann schwang er sich nach hinten. Der Wagen stockte kurz, doch bald war der Italiener wieder auf dem Gas und der Landrover schnellte nach vorne. Dann waren sie wieder auf der Straße und Tommaso musste beschleunigen, doch die Alfas nahmen sie in eine Zange. „Verdammt, so wird das nichts...“, fauchte Ben nur und suchte etwas im Wagen, was er den Verfolgern entgegenwerfen konnte. Das Reserverad war als einziges dazu geeignet. Ben hievte es nach vorne und warf es auf den Alfa. Die Frontscheibe zerbarst und der Fahrer erschrak sich derart, dass er dass Steuer verriss. „Das wäre Nummer zwei.“, grinste er, aber schon im nächsten Moment zischten die Kugeln an seinem Kopf vorbei und er merkte einen Schlag, gepaart mit einem heftigen Schmerz, in der Schulter. „Ahhhhh...“, stieß er aus und spürte, wie das Blut zwischen seinen Fingern durchrann, als er sie auf die Wunde presste. „Haben sie dich erwischt?“, kam es aus dem Fahrerraum. „Ja...leider...hör zu...du...du musst diese Kerle abschütteln. Versuch es...“, forderte Ben und nahm das nächste Magazin, lud die Maschinenpistole und schoss auf die Reifen der Verfolger. Tommaso holte aus der Kiste raus, was drin war. Wieder nahm er eine Abkürzung und ließ den Wagen den Hang hinunter preschen. Ob das die Verfolger abschütteln konnte?


    ...

  • Die Alfas ließen sich auch dieses Mal nicht so einfach abschütteln. Tommaso musste einige Schlinger fahren, bis er sie dann verlor. „Endlich...“, keuchte Ben und kletterte wieder nach vorne. „Pass auf...du...du musst folgendes für mich tun. Hier ist mein Handy. Ruf Kim Krüger an. Sie ist unter Direktorin abgespeichert. Sag ihr, wo du bist und erklär ihr alles. Kennst du den Campingplatz hier in der Nähe?“, wollte Ben wissen. Tommaso nickte leicht. „Gut, da steht ein großer Campingbus. Den zwei Männern darin, bringst du diese Unterlagen. Hast du verstanden? Du gibst ihnen das hier, dann werden sie dir glauben.“, meinte Ben und reichte seinen kleinen Peilsender weiter. Tommaso nahm alles an sich. „Aber...ich...ich versteh nicht. Was willst du tun?“, wollte Tommaso wissen. Seine Stimme war leise und ängstlich. Er wollte seinen neuen Freund und Beschützer nicht verlieren. „Ich werde unseren Verfolgern etwas vorspielen. Los, mach...ich setz dich an der nächsten Kurve ab. Bitte mach was ich dir gesagt hab.“, forderte Ben mit eindringlicher Stimme und drückte die Schulter des Jungen. Dieser sah auf den Blutfleck auf seiner Kleidung, den Bens von Blut verschmierte Finger hinterlassen haben, und dann in die braunen Augen, die ihn schon einmal in einen tiefen Bann gezogen hatten. Unmerklich nickte er nur. Ben tat es auch und setzte Tommaso am nächsten Hang ab. Der Junge verschwand im Gebüsch, drehte sich nicht um. Ben startete den Motor erneut und fuhr los. Es dauerte nicht lange, bis die beiden Alfas wieder hinter ihm waren. „So, jetzt gibt es ein kleines Spielchen.“, lachte er nur.
    Ben stellte sicher, dass ihm die Alfas folgten und noch immer hinter ihm her waren. Hin und wieder gab er einige Schüsse mit seiner Pistole ab. Doch es waren ungezielte Schüsse, kaum als Treffer zu bezeichnen. Mit jeder Bewegung aber rann noch mehr Blut aus seiner Schulterwunde und er merkte, wie die Kugel dadurch sich noch tiefer in seine Schulter zu bohren schien. „Ja kommt nur...holt mich schon...“, knurrte Ben und merkte, dass der Beschuss aufgehörte hatte. Scheinbar sollten sie ihn lebend zurückbringen. Der junge Hauptkommissar rechnete genau damit. „Und jetzt kommt das Finale...“ Er ließ den Wagen rollen und setzte ihn gegen einen Baum. Sein Kopf flog nach vorne, schlug aufs Lenkrad auf. Stöhnend merkte er, wie ihm die Stirn aufplatzte. Vorsichtig richtete er sich auf. Die Fahrertür wurde aufgerissen. Verschwommen nahm er eine Silhouette wahr, dann schnellte was auf ihn zu. Schon wurde alles dunkel und er versank in eine tiefe Ohnmacht.


    Tommaso blickte dem Landrover noch kurz nach, dann verschwand er. Die Scheinwerfer der Alfas fanden ihn nicht mehr. Dank des Vollmonds konnte er wenigstens einige Meter gut sehen. Immer wieder stolperte er, weil er sich nach seinen vermeintlichen Verfolgern umdrehte. Doch er sah keine. Vorsichtig rappelte er sich auf, lief weiter. Den Weg durch den Wald zum Campingplatz kannte er gut. Ging er da doch immer heimlich baden. Es ging durch den Wald und tastete sich dann zum Abhang des Steinbruchs vor. Zum Glück war der Abfallwinkel so, dass man ohne Schürfwunden oder Brüche hinunterkam. Wenn man wenigstens den Abhang kannte. Und das tat Tommaso. Ohne sich auch nur einen Kratzer zu holen, landete er auf den sandigen Boden. Schnell rannte er weiter, die Hügelstraße hinauf und erreichte die weitläufige Wiese. Er rannte immer weiter. Seine Lungen brannten heftig und seine Füße versagten fast den Dienst. Doch immer wieder blieb er stehen, ging in die Knie und schnappte nach Luft. Er merkte das Handy in seiner Hose. Er sollte doch die Chefin anrufen. Schnell nahm er das Handy, entsicherte die Tastensperre und suchte dann nach dem Eintrag. Er wählte den Eintrag an und drückte den grünen Knopf. Vorsichtshalber legte er sich flach auf den Boden. Nur für den Fall, dass man ihm doch folgte.
    „Ben, endlich melden sie sich. Was ist los?“, meldete sich eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung. Tommaso rutschte das Herz in den Hals. Es verstopfte ihm die Kehle. „Hallo? Wer ist da? Ben? Hallo?“, fragte die Stimme. Tommaso wusste, wenn er sich nicht meldete, dann würde die Frau auflegen. „Ja...hallo...hier, hier ist Tommaso Salvestro. Bitte, ich bin mit Ben geflohen. Doch jetzt...jetzt ist er in Schwierigkeiten. Bitte, können sie mir helfen?“, fragte der junge Mann und strich sich durchs Haar. „Okay, junger Mann...es ist mir schleierhaft, wie sie an das Handy gekommen sind, aber ich will jetzt mit Herrn Jäger sprechen.“, forderte Kim am anderen Ende. „Das...das geht nicht. Er hat mich nur abgesetzt und ist dann weitergefahren.“, erklärte Tommaso nur. „Bitte, hören sie, ich sage die Wahrheit. Ben und ich sind vor meinem Vater geflohen. Er ist scheinbar aufgeflogen. Er...er hat mir Papiere gegeben, die ich ihnen geben soll. Ich...ich bin jetzt auf dem Weg zum Campingplatz.“, meinte Tommaso und hob den Kopf aus dem Gras. „Gut, hören sie...ich werde kommen. Bleiben sie gleich am Eingang stehen. Ich werde sie mitnehmen.“, hörte er als Antwort aus dem Hörer und dann war es still. Erleichtert atmete er auf und schaltete ab. Doch was war mit Ben? Was würden die Gorillas seines Vaters mit ihm machen?


    ...

  • Semir sah auf, als die Tür aufging und Andrea und Kim ins Zimmer traten. Hinter ihnen die Psychologin Dr. Wichmann. „Semir, erkennen sie mich?“, wollte Kim wissen und sah ihn mit ihren großen Augen an. Er durchleuchtete sie förmlich, verengte seine Augen zu kleinen Schlitzen und dachte angestrengt nach. „Ich...ich kenne sie. Da...da bin ich mir sicher.“, kam es dann von ihm. Dr. Wichmann nickte erfreut. Sie wusste, dass bald die ganze Erinnerung von Semir zurückkehren würde. „Sehr gut...sie kennen sie also. Nur weiter Semir. Graben sie. Es steckt in ihrem Gehirn. Sie müssen es nur finden.“, erklärte die Psychologin dann. Semir sah weiter angestrengt auf die Chefin. „Sie...sie sind Kim...Kim Krüger...unsere Chefin. Und das seit anderthalb Jahren.“, kam es dann zögernd von ihm. Alle Gesichter der Anwesenden klärten sich vor Freude auf. „Ja Semir, vollkommen richtig. Ich bin hier, um ihnen ihre Erinnerung wiederzugeben. Und was hilft da besser, als Fotos von Partys und Feiern.“, erklärte sie und sah die Psychologin an. Diese nickte zustimmend und blieb im Raum, hielt sich aber im Hintergrund auf. „Semir, wissen sie, wer ihr Partner ist?“, wollte Kim wissen. Wortlos schüttelte der Deutschtürke mit dem Kopf. Im nächsten Moment legte Kim mit einem warmen Lächeln ein Foto von Semir und Ben auf Semirs Schoß. Er nahm es in die Hand und blickte erschrocken auf den jungen Mann, der da den Arm um ihn legte. „Was? Das...dieser Hippie soll mein Partner sein?“, fragte er entsetzt und starrte alle im Raum mit großen Augen an.
    Alle lachten. „Ja, das ist Ben. Dass er die Haare so lang hat, ist sein Markenzeichen. Er ist ein Rebell und spielt Gitarre.“, erklärte Andrea nur. „Vielleicht noch in einer Rockband oder?“, knurrte Semir nur. „Ja, das kommt hin. Jedenfalls will er es mal werden.“, grinste Kim nur. „Na das kann was werden. Wo ist er denn her gekommen?“ „Ben hat als junger Kommissar beim LKA in Düsseldorf angefangen und gelernt. Jetzt ist er bei uns gelandet und schon seit fast zwei Jahren bei uns.“ Semir nickte nur und fuhr sich durchs Haar. „Kann ich ihn sehen? Ich meine, so richtig in Natura.“, forderte Semir. Kim sah kurz zu Andrea. „Tut mir Leid, aber er ist auf einem Einsatz und...“ Kims Telefon klingelte. Sie ging nach draußen und alle sahen, wie sie wild gestingulierte. Sie kam zurück ins Zimmer. „Entschuldigt, aber ich muss weg. Da...da stimmt irgendwas nicht.“ Andrea beobachtete ihren Mann genau. Wie früher schlug er seine Stirn in Falten und schien sich instinktiv große Sorgen um den Mann zu machen, von dem er doch gerade erst erfahren hatte. „Semir? Alles in Ordnung?“ Semir nickte nur und sah seiner Chefin nach. Doch innerlich beschäftigte es ihm schon. Was war mit seinem Partner? Was stimmte da nicht?


    Langsam wachte Ben auf. Sein rechtes Auge schmerzte und er spürte getrocknetes Blut auf seiner Wange und an der Schläfe. „Sieh an...unser kleiner Spion ist aufgewacht.“, riss ihn eine Stimme brutal in die Realität zurück. Er sah sich um. Alles war dunkel. Er schien sich in einem Kellergang zu befinden. Ein Licht war nur über seine Peiniger gerichtet. Ben kniff das rechte Auge zu, konzentrierte sein linkes und sah dann, wer da saß. Giuseppe Salvestro hatte nicht weit von ihm auf einen thronartigen Holzstuhl Platz genommen. Hinter ihm standen Gennarino und Manuele, letzterer mit einem fiesen Grinsen. Ben merkte, dass er an irgendwas hing. Jetzt sah er es. Seine Arme waren über seinem Kopf an einen Deckenbalken gebunden. Sein Oberkörper war vollkommen frei. Nur noch seine Jeans und die Schuhe waren an ihren jeweiligen Körperstellen. „Es wäre schade gewesen, wenn du so einfach gegangen wärest, ohne auf Wiedersehen zu sagen.“, kam es von Salvestro. Ben lachte verächtlich auf und ließ sich kurz in seinen Fesseln hängen. Sie waren straff angelegt. Er konnte kaum bequem auf seinen Füßen stehen. Wollte er nicht weggleiten, musste er sich auf die Schuhspitzen stellen. „Deswegen werde ich wohl kaum hier so abhängen oder?“, keuchte er nur und rüttelte an den stark sitzenden Fesseln. Ihm war klar, was die Kerle von ihm wollten. Doch da waren sie bei Ben an der falschen Adresse.
    „Ich weiß, dass du an meinem Tresor warst. Meinen Jungen hast du ebenfalls gegen mich aufgehetzt, du mieser Spitzel.“, fing Salvestro an und erhob sich aus seinem Stuhl, zündete sich im Gehen eine Zigarre an. „Und jetzt, will ich beides wiederhaben. Meinen Sohn und die Papiere.“ „Papiere? Ich weiß nichts von Papieren.“, meinte Ben lässig. „Wenn sie die Notenblätter für ihre Tochter meinen, die können sie haben. Aber sonst...“, kam es nur von Ben. Lässig verzog er die Schnute und schüttelte mit dem Kopf. „Sie sind sehr vorlaut und sehr mutig.“, kam es von Salvestro. So schnell wie eine Schlange stieß er mit der heißen Zigarrenspitze zu und drückte sie auf die Brust. Ben schrie, verzerrte das Gesicht vor Schmerzen. Die Sekunden der Berührung kamen ihm wie eine Ewigkeit vor. Salvestro genoss den Anblick des schmerzverzerrten Gesichts seines Gegners. „Es ist doch überraschend, wie heiß so ein kleiner Tabakbalken sein kann, oder? Und dabei ist das noch nicht einmal eine kubanische.“, höhnte der Mafioso. „Was?“, keuchte Ben und verzog die Lippen zu einem kurzen Grinsen. „Bin ich ihnen so wenig wert, dass ich nicht einmal das Beste vom Besten kriege? Sie enttäuschen mich, Salvestro. Wirklich...“, stieß Ben aus und schrie im nächsten Moment wieder auf. Die Zigarrenspitze drückte sich tief in seine Haut. Der Geruch von verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase. „Wirst du mal nicht so frech sein. Also, wo sind die Papiere und wo ist mein Sohn?“, fauchte Salvestro. „Such sie doch...“ „Du willst es anscheinend nicht anders. Aber meine Zigarre ist mir langsam zu schade, um sie auf deiner Haut zu verteilen. Aber keine Sorge. Manuele hat andere Methoden, dich zum Sprechen zu kriegen.“, meinte der Mafiakönig nur. Manuele grinste nur und holte ein Schweißbrenner hervor, entzündete die Flamme und kam damit auf Ben zu. Dem jungen Hauptkommissar stieg der Angstschweiß auf die Stirn. Das würden diese Kerle doch nicht wagen oder? Doch, das würden sie. Aber er durfte Tommaso nicht verraten. Er hoffte, dass er Kim angerufen hatte. Hoffentlich würde die Chefin bald kommen.


    ...

  • Kim brauchte eine gute Stunde, bis zum Campingplatz. Das fahle Licht des Mondes fiel auf den kleinen Vorplatz und so konnte die Kriminalkommissarin erkennen, dass dort jemand auf dem Stein saß. „Bist du Tommaso?“, wollte sie wissen. Der Junge nickte leicht. „Ich...ich sollte zu dem großen Wohnmobil gehen, doch...ich...ich...“, stammelte der Junge. Kim verstand. „Keine Sorge, das machen wir. Und du erzählst mir dann, was passiert ist.“, forderte Kim den Jungen auf. Dieser nickte und ging mit ihr mit. „Was ist mit Ben? Mein Vater wird ihn umbringen. Und mich auch.“, meinte Tommaso leise und zog dann die Papiere aus seiner Tasche, reichte sie Kim hinüber. Diese blätterte kurz durch. Ihre Blicke wurden immer größer, je mehr sie zu lesen bekam. „Das...das ist hochbrisantes Material...und für uns überaus wichtig. Woher hast du das?“, fragte sie sofort. „Ben...Ben hat es aus dem Tresor meines Vaters geholt und mir gegeben, als wir auf der Flucht waren.“, erklärte der Junge. Kim nickte. „Komm, jetzt musst du uns alles erzählen, was du weißt.“, forderte sie und brachte den jungen Italiener zu dem Wagen des BKA’s.
    Feldmann und Krieger drehten sich erschrocken um, als die Tür aufging. „Frau...Frau Krüger, was wollen sie denn hier?“, fragte Krieger erschrocken und nahm die Kopfhörer von den Ohren. Feldmann sah zu dem Jungen und griff zu seinem Halfter. „Meine Herren, bleiben sie ganz ruhig. Der junge Salvestro hier will uns helfen. Ben ist oben im Haus und wird wahrscheinlich gerade wegen diesen Dokumenten hier befragt.“, erklärte Kim den beiden BKA-Beamten. Diese nahmen das Papier an sich und sahen es durch. Sofort erkannten sie die Tragweite dieser Blätter. Krieger griff zum Telefon und rief Geiger an. Dieser kam binnen zwanzig Minuten. „Was haben sie für mich? Und wo ist Jäger? Warum ist er nicht hier?“, fauchte der BKA-Kommissar sofort los. „Nun mal ganz ruhig, Geiger.“, knurrte Kim nur und fing an zu erzählen. Geiger murrte, hörte aber zu. Nachdem die Kommissarin geendet hatte, wandte er sich an Krieger. „Haben wir irgendwas aus dem Schloss empfangen?“, fragte er nur und nahm sich den Kopfhörer. „Nur, dass es einen großen Tumult gab. Irgendwas scheint da oben im Gang zu sein.“, meinte Krieger nur. Geiger nickte und überlegte nur. „Stürmen sie...wir müssen Ben da rausholen.“, forderte Kim. Erbost drehte sich Geiger um. „Was erlauben sie sich. Das ist meine Operation und...“ „Und ich werde nicht zulassen, dass sie einen meiner Männer sinnlos opfern, nur um ihren Ehrgeiz zu befrieden. Das ist mein Mann, der für sie dort oben den Kopf hinhalten muss. Ich werde jetzt das SEK informieren und dann mit denen ins Schloss vordringen und meinen Kollegen befreien. Sie können mir helfen oder es lassen.“, fauchte Kim nur und griff zum Telefon.


    Der Geruch von verbranntem Fleisch und Haaren stieg den Anwesenden in die Nase. Ben schrie wie noch nie. Der Schweißbrenner versengte nicht nur die Haut, sondern schien auch sein Blut zu kochen. Manuele ließ ab. Die Flamme wurde nur kurz auf extrem empfindliche Stellen des Körpers gehalten. „Wirst du jetzt reden oder sollen wir mit deinem besten Stück weitermachen?“, wollte Salvestro wissen und zog erneut an seiner Zigarre. Sie war schon zu zwei guten Dritteln abgebrannt. Die Asche lang fein säuberlich auf einem Haufen neben dem Stuhlbein, berührte auf gar keinen Fall die teueren Markenschuhe des Mafiakönigs. „Sie...sie werden so nie erfahren, wo ihr Sohn ist.“, stieß Ben mit schmerzverzerrter Stimme aus. „Das wollen wir sehen. Meine Geduld ist sehr dehnbar. Ich hab Zeit. Aber wir wollen doch mal sehen, was passiert, wenn wir dein schönes Gesicht verkokeln.“, meinte Salvestro nur und nickte Manuele zu. Dieser verstand sofort und nahm ein kleines, metallenes Brandzeichen und erhitzte es im feurigen Strahl des Schweißbrenners. Ben lief der Angstschweiß über die Stirn und er schluckte. Diese Typen waren krank und sie würden ihn so lange foltern, bis er nachgab.
    „So, dann wollen wir mal sehen, ob du gleich gesprächiger bist.“, fauchte Manuele nur und hielt das Brandeisen dicht vor Bens Nase. Er konnte die Wärme, die dieses Ding ausstrahlte, deutlich spüren. Er wich so weit er konnte zurück und blickte Salvestro an. „Auch, wenn sie mich töten, erreichen sie gar nichts.“, keuchte Ben nur und zerrte an seinen Fesseln herum. Manuele sah ihn nur an, blickte dann zu Salvestro und grinste nur. Das Brandmal wanderte dicht an Bens Wange heran. Plötzlich stürmte aber ein Mann in den Keller. „Don, die Bullen...die Bullen laufen draußen auf.“, stieß er keuchend aus. „Verdammt, wie kommen die denn so schnell hier her?“, fauchte Salvestro und blickte sich fragend um. „Don, was machen wir jetzt mit ihm?“, wollte Manuele wissen. Giuseppe Salvestro sah den in Fesseln hängenden Hauptkommissar an. „Du bleibst bei ihm. Bis ich wiederkomme, wird ihm kein Haar gekrümmt.“, forderte der Mann. Manuele nickte nur und sah Ben kurz an. Dieser schluckte, grinste aber auch. Endlich...die Rettung war nahe. Jetzt musste er nur noch diesen Folterknecht irgendwie ausschalten.


    ...

  • Kim legte sich die Weste an und ging dann mit dem SEK langsam vorwärts. Sie kletterten über den Zaun, nachdem sie die ersten beiden Wachen ausgeschaltet und verhaftet hatten. Jetzt stiegen sie langsam die Anhöhe hinauf, durchstreiften das Dunkel des Abends und suchten den Schutz der Bäume, doch sie wurden entdeckt. „Razzia...Razzia...“, schrie nur jemand und schon sausten Kugeln an ihren Köpfen vorbei. „Runter...sofort alle runter.“, schrie Kim und ging in Deckung. Die vermummten Männer suchten sich Deckung und schossen zurück. Dank der Nachtsichtgeräte besaßen sie einen klaren Vorteil, doch das machten die Mafiosos durch ihren zahlenmäßigen Vorteil wett. „Kim, die sind auf uns vorbereitet.“, kam es von Alex Hoffmann. „Nein, das glaub ich nicht. Das Haus ist nur gut bewacht. Wir brauchen eine Ablenkung. Haben ihre Männer Rauchgranaten dabei?“, wollte sie wissen. Alex nickte nur und winkte einen Mann zu sich ran. „Hier, hier hast du die Rauchgranaten. Was willst du denn damit?“, wollte er wissen. „Wirst es schon sehen. Gebt mir Deckung. Ich bin gleich wieder da.“, meinte Kim nur und kroch los. Alex sah ihr nach, nahm dann aber seine Waffe und gab der Kommissarin Feuerschutz.


    Salvestro trat aus dem Haus und zog den Kopf ein. Dicht neben ihm ging eine Kugel in die Wand. Stein splitterte und flog ihm ins Gesicht. Der Don stolperte, fing sich aber schnell wieder. „Los...ich brauche acht Mann.“, fauchte er und sofort standen doppelt so viele Männer neben ihn. „Okay...dann folgt mir. Bringt die Kanonen da zur Ausfahrt und richtet sie auf die Bäume aus.“, befahl er. Gennarino sah ihn fragend an. „Ja, was dachtest du denn? Dass die Dinger nur Attrappe sind? Oh nein, dafür hab ich zu viel bezahlt.“, knurrte Salvestro und nahm selbst eine der schweren Eisenkugeln auf die Schulter. „Nein, die bringen nichts. Holt die Granaten aus dem Keller.“, forderte er nur und sofort waren zwei Mann wieder verschwunden. Sie kamen schnell wieder, schleppten eine große Kiste mit faustgroßen Granaten herbei. Die Kanonen aus Eisen waren schnell ausgerichtet. Hinter den Büschen waren die großen Geschütze kaum zu sehen. „Okay...laden und zwei Granaten pro Kanone rein.“, forderte er und beobachtete alles von der Treppe aus. Die Männer taten, was verlangt wurde. Sie luden die Kanonen und warteten auf den Befehl. Immer wieder surrten Kugeln an ihren Köpfen vorbei, einige fielen getroffen zu Boden. Die Verletzten wurden von anderen weggezogen. Sie sahen, dass dabei jegliche Hilfe zu spät kam. Die SEK-Leute verstanden es, zu treffen. „Fertigmachen...Feuer an die Lunte...“ Salvestro sah nur das Aufflammen eines Streichholz und dann roch er schon das entzündete Pulver. Donnernd krachten die Kanonen los. Es sollte aber nicht den Erfolg bringen, den sich Salvestro versprochen hatte. Eine der alten Dinger platzte gleich und riss drei Männer mit in die Wucht der Zerstörung. Die andere schoss hingegen ihre Granaten ab.
    Alex und seine Männer hörten den lauten Knall und das Zischen. Sofort legten sie sich flach auf den Boden. Krachend explodierten die Granaten in der Luft, verfehlten vollkommen ihre Wirkung. Kurz darauf explodierten die Rauchgranaten und nebelten den gesamten Bereich der Auffahrt ein. „Los Jungs, nehmt alle fest.“, rief Alex aus und stürmte voran. Seine Leute folgten und konnten die großen Mafiosos allesamt festnehmen. Auch Salvestro ging ins Netz. Als er sich zurück ins Haus flüchten wollte, warf Kim sich auf den alten Mann. „Wo ist mein Kollege?“, fauchte sie. Salvestro sah sie an, als er von ihr aufgerichtet wurde, und grinste nur hämisch. „Suchen sie ihn doch.“, lächelte er nur. „Das werde ich auch. Darauf können sie sich verlassen.“, knurrte Kim und stieß den Mafiakönig zu einem der SEK-Leute. Mit gezückter Waffe ging sie in das große Haus. Hier irgendwo war Ben.


    Alfredo Cutolo sah, was draußen vor sich ging. „Verdammt...jetzt ist alles aus. Ich muss hier weg...“, stieß er aus und rannte in den ersten Stock zum zweiten Arbeitszimmer. Hier wurden jetzt, nach dem Diebstahl, die Unterlagen und vor allem das Geld aufbewahrt. Schnellstens nahm er die Geldschatullen an sich, packte die Unterlagen in einen Koffer und steckte die Pistole in sein Jackett. Man wusste ja nie, wozu man die noch brauchen konnte. Langsam ging er wieder runter, schnellte aber hinter eine Ecke zurück, als er unten jemanden entlang schleichen sah. Er lehnte sich vor, zückte die Waffe und schoss. Kim merkte, wie eine Kugel an ihrem Kopf vorbei zischte und in die Wand einschlug. Sofort hechtete sie vorwärts, warf sich auf den Boden und suchte neben einer großen Truhe Deckung. Sie schoss zurück, doch sie schoss blind. Keiner ihrer Schüsse traf. Sie suchte die obere Balustrade ab. Da...da war einer...doch er zog sich schnell hinter eine Ecke zurück. Kim musste ihre Deckung verlassen. Von hier aus konnte sie ihn nicht treffen. Sie musste näher an die Treppe heran. Noch einmal schoss sie einige Schüsse ab und hechtete dann los. Ihr Gegner bemerkte dies und nutzte gleich die Gelegenheit. Er schoss, doch verfehlte sein Ziel im nächsten Moment sah er nur noch ein Mündungsfeuer und sackte dann zusammen.
    Keuchend blickte Kim auf und setzte einen Fuß nach dem anderen auf die Stufen. Sie erblickte einen Mann mit einem Loch in der Stirn. „Selbst schuld...man schießt nicht auf Damen.“, keuchte sie nur und stieg dann wieder hinunter. Sicherlich wurde Ben im Keller festgehalten. Wo sonst würde man einen enttarnten Spitzel unterbringen? Sofort suchte sie einen Eingang und fand dann einen Hohlraum. Hier war doch was. Kim suchte die nähere Umgebung nach einem Schalter oder einen Hebel. Klack. Irgendwas hatte sie berührt. Jedenfalls schwang eine Tür auf und ein beleuchteter Kellergang tat sich ihr auf. Vorsichtig und ohne jegliches Geräusch schritt sie vorwärts. Hinter jeder Ecke konnte eine böse Überraschung lauern.


    ...

  • Ben blickte auf Manuele, der immer wieder um den Tisch mit den Schweißbrenner kreiste. „Meine Kollegen werden gleich kommen. Sie sollten schnellstens hier weg.“, redete Ben auf ihn ein. „Das glaube ich nicht. Denn vorher werde ich dich abstechen und ausbluten lassen, wie ein Schwein.“, erklärte der Mafioso nur und zog ein Teppichmesser aus seiner Tasche hervor. Ben schluckte. Er sah, wie die scharfe Klinge mehr und mehr ausgefahren wurde. „Jetzt kriegst du eine kostenlose Rasur. Noch ein letztes Wort?“, fragte der Gangster und setzte das Messer an Bens Kehle. „Ja...knie nieder.“, meinte Ben nur und zog sein Bein hoch. Er traf genau die empfindlichste Stelle eines Mannes. Manuele ging zu Boden und schrie wie ein abgestochenes Schwein. Noch einmal zog Ben das Bein an und traf den Mafioso am Kinn. Bewusstlos ging der Mann zu Boden. Geschafft. Jetzt musste Ben nur noch irgendwie die Fesseln loswerden. Er stemmte sich mit aller Kraft gegen den Balken, zog und zerrte daran, doch es war sinnlos. Ohne Hilfe war ein Herauskommen hier nicht möglich. Er sah auf Manuele. Dieser regte sich nicht. Da...ein Geräusch. War da ein Geräusch? Kam endlich Hilfe?
    Kim schlich weiter durch den Kellergang und suchte nach Ben. Jeden größeren Raum leuchtete sie erst aus, bevor sie weiterging. Am Ende schien ein großes Kellerzimmer zu sein, ein weit geöffneter Raum. Die Tür dazu stand weit auf. Wie eine Einladung, dachte Kim nur. Aber auch wie eine Falle. Kim drückte sich an die Wand und schlich immer weiter vorwärts. Sie war nur noch einige Zentimeter weit von der Öffnung entfernt. Kim riskierte einen Blick. Da sah sie einen Stiefelansatz, der am Boden lag. Großer Gott, war das Ben? Hatten diese Kerle ihn schon umgebracht? „Ben?“, rief sie, alle Sorge fallen lassend. „Chefin? Sind sie das?“, kam es aus dem Raum zurück. „Ja, ich bin hier. Sind sie allein?“ „Die einzige Wache wollte mir meine Nase abbrennen. Ich hab ihm einen Tritt in die Weichteile verpasst.“, erklärte Ben nur. „Leider kommt er irgendwann wieder zu sich.“ „Keine Sorge, ich werde ihn festnehmen.“, erwiderte Kim und sah um die Ecke. Ben hing dort an einem Balken, sein Oberkörper nackt und mit frischen Brandmalen versehen. Sein Anblick war furchterregend. „Oh mein Gott...Ben, was haben sie mit ihnen gemacht? Warten sie, ich befreie sie gleich.“, meinte Kim, beugte sich zu dem bewusstlosen Manuele hinunter und fesselte ihn. Dann kam sie zu Ben und schloss die Ketten auf. Wie ein nasser Sack glitt ihr der schwere Mann in die Arme. Mit aller Mühe hielt sie ihn fest und zerrte ihn zu einem Stuhl. Vorsichtig wurde er abgesetzt. „Ben, Ben ... es ist alles vorbei...die Mafiosos sind verhaftet. Semir ist auch wieder aufgewacht.“, redete sie auf ihn ein. „Bringen...bringen sie mich zu ihm. Bitte, ins Krankenhaus. Ich...ich will ihn sehen.“, erklärte er. „Ja, wir fahren gleich hin.“


    Semir lag in seinem Bett. Andrea, Layla und Kemal waren nach Hause gefahren. Immerhin war es 18 Uhr durch und die Kinder mussten essen. Noch immer konnte er nicht glauben, was sich in den letzten zehn Tagen ereignet hatte. Er vergas alles, was sich in den letzten zwei Jahren ereignet hatte. Und das nur, weil sein Körper eine Schutzfunktion aufgebaut hatte. Er hatte es dennoch geschafft. Zwar mit Hilfe einer Psychologin, aber auch mit sehr viel Unterstützung seiner Familie und den Freunden. Immer wieder blickte er auf das eingerahmte Foto von sich und seinem neuen Dienstpartner. Er hatte das Gefühl, ihn schon lange zu kennen. Doch sein Gehirn sagte ihm was anderes. Nach seinen Erinnerungen existierte dieser Mann gar nicht, erst bis Kim und die anderen von ihm sprachen. Mitten in seinem Gedankengang klopfte es. „Herein.“, bat Semir und blickte auf.
    Ben wusste von Kim, wie es um Semir stand. Als alle seine Verwundungen endlich verbunden waren und die Verbrennungen soweit gekühlt und versorgt waren, ging er zu Semirs Zimmer und klopfte. „Herein“, ertönte es und Ben folgte dieser Bitte. „Hallo Semir, weißt du, wer ich bin?“, fragte er vorsichtig, blieb vorsichtshalber an der Tür stehen. Semir blickte ihn an. Ben spürte, wie er mit klaren und neugierigen Blicken gemustert wurde. „So, du bist also mein Partner.“, kam es etwas unterkühlt von Semir. „Ja, das bin ich. Und zwar seit zwei Jahren.“, erklärte Ben nur und kam einen Schritt auf Semirs Bett zu. Dieser schwang sich vorsichtig zur Seite und blickte seinen Partner an. „Ben richtig?“ Der Angesprochene nickte. „Du warst Undercover. Wurdest du verletzt?“ Ben nickte nur und zeigte die Narben und Wundmale, die in Mullbinden gewickelt waren. „Willst du mir davon erzählen?“, fragte Semir nur und Ben fing an. Seine Gedanken wurden mit jedem Wort durch Bens Stimme klarer. Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern.


    Es dauerte noch einige Wochen, doch dann war Semir soweit wieder hergestellt, dass er das Krankenhaus verlassen konnte. Natürlich holten Andrea und Ben ihn ab. „Was...was soll der Schal? Es ist doch viel zu warm draußen.“, kam es von Semir, als er das Kleidungsstück in der Hand von Ben sah. „Nur keine Sorge...es gibt eine kleine Überraschung für dich. Aber dafür muss ich dir die Augen verbinden, mein Freund.“, grinste der junge Hauptkommissar nur. Sofort waren dem Deutschtürken die Augen verbunden. Andrea und Ben führten ihn zum Wagen und fuhren los. „Wo...wo wollt ihr mit mir hin?“ „Keine Sorge, mein türkischer Hengst, das wird dir gefallen.“, grinste Andrea nur und sah dann zu Ben. Dieser nickte. „Nur keine Panik, Semir. Alles in bester Ordnung.“, erklärte dieser. Schnell waren sie auf dem Parkplatz der PASt angekommen. „So, dann komm mal, Semir...“, grinste Ben und führte seinem Partner in den Eingangsbereich der Station.
    Semir wurde es mulmig. War da ein Kichern im Hinterraum zu vernehmen? „Was ist hier los?“, knurrte Semir nur. Im nächsten Moment wurde ihm die Augenbinde abgezogen. Er schloss die Augen, blinzelte kurz und gewöhnte sich an das Licht. „Herzlich Willkommen zurück, Semir!“, riefen alle im Chor. Vollkommen überrumpelt blickte er sich um. Da standen alle, freudig strahlend begrüßten sie ihren Kollegen zurück in den eigenen Reihen. „Wow...das... das ist wirklich. Jungs, mir fehlen die Worte.“, grinste Semir nur und konnte sich eine Träne kaum unterdrücken. „Junge, es freut uns, dass du wieder da bist.“, meinte Hotte und drückte den Deutschtürken an sich. „Wow Hotte...Semir ist noch etwas schwach auf der Brust. Vorsicht, sonst brichst du ihn durch.“, grinste Ben nur. Die Feier wurde lang und ausgiebig. Alle waren froh, dass Semir wieder bei ihnen war und sich an alle wesentlichen Dinge der beiden letzten Jahre erinnern konnte.





    Ende.


    Aber Semir und Ben ermitteln weiter... „Der ungebetene Gast“

    Einmal editiert, zuletzt von Christopher007 ()

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