Gerichtstermin

  • Semir hatte der Chefin Bericht erstattet und ließ sich erschöpft in seinen Stuhl fallen. Morgen um diese Zeit würde der erste Verhandlungstag vorbei sein. Kim hatte ihm eine Auszeit versprochen, wenn der Prozess beendet war. Doch das konnte mehr als zwei Wochen dauern. Dem Hauptkommissar war die langatmige Arbeit der Justiz doch vertraut. Immerhin war er ein sehr wichtiges Glied davon. Bei der Beweislage musste doch alles klar sein. Er fragte sich, wieso das Gericht mit dem Termin für den Prozess so lange gebraucht hatte. Dieser ganze Fall war doch mehr als eindeutig. Brenner hat einen Mann eiskalt erschossen. Er und Ben haben es ihm nachgewiesen oder besser Dieter war es. Doch dann begann ja erst die eigentliche Arbeit. Das LKA übernahm die weiteren Ermittlungen und sie fanden so einiges, doch die Beweise für illegalen Waffenschmuggel waren mau und so konnte man Günther Brenner nur wegen Schmuggel von gestohlenen Diamanten und Mord anklagen. Was ja auch zu einer reichlichen Verurteilung führen konnte. Gleich morgen würde Semir als Zeuge aussagen und dann war für ihn die Angelegenheit vorerst erledigt. Nur noch bei der Urteilsverkündung musste er anwesend sein und das war's. Danach würde er mit Andrea und den Kindern einen langen, ausgedehnten Urlaub irgendwo in der Eifel machen. Trubel im Großraumbüro ließ ihn aus seinen Überlegungen auffahren.
    „Dieter...Gott sei Dank...“, stieß Semir aus, als er den Freund von Hotte sah. Beide waren überglücklich, den anderen wieder zu haben. Auch Ben strahlte. Semir schloss den Kollegen in seine Arme. „Semir, das waren Brenners Leute, oder?“, kam es gleich von Dieter. Der Angesprochene nickte leicht. „Ich hoffe, dieses Schwein wird für eine lange Zeit eingebuchtet.“, knurrte der Streifenpolizist. „Keine Sorge Dieter, dafür sorgen wir schon. Den Mord an Andresen können wir ihm sicherlich nachweisen, oder? Pietsch hat doch gegen Brenner ausgesagt?“ Semir wandte sich an Ben, da er wusste, dass er das Verhör geführt hatte. „Sicher...er wird gegen Brenner aussagen.“, meinte er nur und drehte sich dann um. Ein Kurierfahrer kam mit dem Essen rein und fragte sich nach den Arrestzellen durch. Ein Polizist beschrieb ihm den Weg und wenig später war er nach unten verschwunden. Ben kam dies etwas komisch vor, weil es nicht der Kurier war, der sonst immer kam. Langsam ging der junge Hauptkommissar zur Treppe und lugte nach unten. War er jetzt schon paranoid?


    „Ben, was ist los? Komm, ich will noch mal auf Streife fahren, ehe ich dann wieder nur hier sitzen muss und meine Aussage bis zum Erbrechen lerne.“, kam es ungeduldig von Semir. „Komme schon...“, erwiderte Ben und drehte sich. Doch plötzlich hörte er etwas scheppern und dann ein Röcheln von unten. Sofort drehte er um, sprang über die Brüstung und zog im Flug seine Waffe. Er hechtete um die Ecke zur Arrestzelle und bremste ab. „Polizei...lassen sie den Mann los.“, schrie er nur, als er sah, wie der vermeintliche Kurierfahrer Holger Pietsch mit einer Drahtschlinge zu erwürgen versuchte. Ungeachtet der gezogenen und auf ihn gerichteten Pistole machte der Mann unbeirrt weiter. Ben schoss. Der Fahrer ließ die Schlinge los und fiel zu Boden. Schnell, aber ohne die Waffe runter zu nehmen, ging er auf die beiden Männer zu und sah auf Pietsch. Dessen Hals war vollkommen rot und Blut lief aus der tiefen Schnittwunde. Der Mann röchelte und krümmte sich. „Hey, bleiben sie ganz ruhig. Ich rufe sofort Hilfe.“, meinte Ben und sah dann zu dem Fahrer, der sich langsam hochhob. Schnell ein Schlag mit der Faust und der Mann lag wieder am Boden. Doch nun war es auf einmal so still in der Zelle. Eine Stille, die Ben den Schweiß auf die Stirn trieb. Verdammt, dachte er und drehte sich langsam um.


    ....


    Wo sind denn die anderen Feeder????

  • „Shit...shit...shit…”, fluchte er nur und wischte sich durchs Haar, als er die gebrochenen Augen von Pietsch sah. Semir stand im Rahmen und sah auf die Leiche. „Oh nein...dieses Mistschwein...wie...wie konnte das passieren?“, stieß er nur wütend aus und schlug mit der Faust gegen den Türrahmen. „Ich...ich hätte vorher reagieren müssen. Verdammt, warum bin ich nicht hinterher...“, machte Ben sich Vorwürfe. „Nein Ben...du kannst nichts dafür. Dieser Brenner ist eiskalt und er hat immer noch Mittel und Wege, seine Ziele durchzusetzen. Ich wünschte, ich würde ihn vor meine Pistole kriegen.“, knurrte Semir nur. „Jungs, draußen im Kuriertransporter haben Kollegen einen gefesselten Mann gefunden.“, kam es keuchend von Hotte. „Sicher der richtige Fahrer. Hotte, ruf einen Leichenwagen und dann bring den Kerl da hoch in den Verhörraum.“, stieß Ben nur wütend aus und schlug mit der flachen Hand gegen die Betonmauer, als er die Arrestzelle wieder verließ und mit Semir nach oben verschwand.


    Nachdem sie den Fahrer befreit und befragt hatten, widmeten sie sich dem Attentäter. Semir und Ben saßen im Verhörraum und kochten vor Wut. Der Mann, er konnte gerade mal so alt sein wie Ben selbst, saß da und sah auf die Tischplatte. Seine Hände waren hinter dem Stuhl mit Handschellen aneinander gefesselt. Ben blätterte in der Akte, während Semir mit verschränkten Armen auf dem Stuhl saß und jegliche Regung des Mannes beobachtete. „Mark Neumann...31 Jahre alt...schon mal wegen Körperverletzung, Diebstahl und schwerer Nötigung aufgefallen...“, fing Ben an und legte dann die Akte weg. „Und jetzt kommt ein Mord dazu...sehr löblich.“ „Was wissen sie denn schon von mir?“, fauchte der Mann nur und zerrte an den Handschellen. Semir schlug auf den Tisch und sprang auf. „Du hast einen Mann umgebracht und wir wollen wissen, von wem. Aber ich kann dir schon sagen, von wem...“, fauchte Semir und kam zu dem Mann herum. „Es war Günther Brenner oder vielmehr sein Anwalt...dieser Oliver Fuchs...stimmts oder hab ich Recht?“, fauchte der Deutschtürke nur und schlug abermals mit der Faust auf den Tisch. Der Mann schreckte auf und drehte den Kopf von den Kommissaren weg. „Sieh mich gefälligst an, wenn ich mit dir spreche.“, schrie Semir und wollte den Mann angehen, doch Ben hielt ihn zurück. „Hey...hey...Semir, beruhig dich wieder.“, stieß Ben aus und zog seinen Freund und Kollegen wieder hinter seine Seite des Tisches zurück.
    „Halten sie den Türken mal im Zaum, der ist ja gemeingefährlich.“, zischte der Mann nur. „Ich werde auch gleich sehr ungemütlich, wenn du nicht dein Maul aufmachst, du verdammter Mistkerl.“, stieß Ben aus und beugte sich über den Tisch. Der junge Mann verstummte und senkte den Kopf. „Also, mein Kollege nannte gerade die Namen Günther Brenner und Oliver Fuchs...kennen sie diese Namen?“, knurrte Ben nur und sah den Mann eindringlich an. Doch der Mann schwieg eisern. Er sagte nichts. Entweder hatte er Angst oder war genauso kalt, wie sein Auftraggeber. „Verdammt, aus dem kriegen wir nichts raus.“, knurrte Semir, als sie wieder im Büro waren. „Er wird auch nichts sagen. Entweder aus Angst oder aus Geldgier. Wer weiß das schon.“, meinte Ben und rieb sich das Gesicht. Draußen schummerte es schon. „Wir sollten Schluss machen, Semir. Du brauchst morgen alle Kraft für die Aussage.“, erklärte er. Semir nickte nur und wurde dann von Ben nach Hause gebracht. Sein Partner hatte Recht. Aber würde er dort sicher sein? Würde es denn noch einen Anschlag geben? Zum Glück waren Andrea und die Kinder in dieser Zeit mit den Großeltern in der Eifel und er war in diesen Tagen allein. Doch er war glücklich darüber. Wenigstens in diesen Augenblicken.


    Er warf die Schlüssel auf die Kommode und ging, mit der Hand an der Waffe, durch jeden einzelnen Raum und machte Licht, kontrollierte die Fenster und die Türen. Zuletzt war der Keller dran. Auch hier war alles fest verschlossen. Beruhigt kehrte Semir ins Wohnzimmer zurück, legte das Halfter mit der Waffe auf den Tresen und das Handy gleich daneben. Aus dem Kühlschrank holte er eine kleine Schüssel mit vorgekochtem Gulasch und nahm einen Topf aus dem Küchenschrank. Schnell war das gut zubereitete, von Andrea mit Liebe gekochte Essen aufgewärmt und mit dem Teller und einer Flasche gekühltem Bier setzte sich Semir vor den Fernseher, zappte durch das Programm und ließ es sich schmecken. Im Fernsehen war nichts besonderes und das Gulasch war köstlich, jedoch das Bier wiegte ihn schwer und Semir machte sich auf der Couch lang. Keine zehn Minuten dauerte es und der Deutschtürke war eingeschlafen.
    Plötzlich schepperte es und Semir schreckte auf. Erschrocken blickte er sich um, bis er merkte, dass es nur die Fernbedienung war, die von seinem Bauch gerutscht war. Verdammt, dachte er nur und sah auf die Uhr. Es war schon nach elf. „Oh man...“, knurrte er nur und rieb sich die Augen. Jetzt aber schnell ins Bett. Er räumte sein Geschirr weg und nahm Waffe und Handy mit nach oben. Nachdem er geduscht hatte, durchschritt er nochmals alle Räume und kontrollierte die Fenster. Nur in den Keller ging er dieses Mal nicht. Semir sah auf seine Waffe. Er überprüfte das Magazin und sah dabei auf das Familienfoto auf dem Nachttisch und strich mit einem kurzen Lächeln darüber. „Alles wird gut, meine Kleinen.“ Er steckte das Magazin in die Pistole und lud durch. Er legte sie unters Kopfkissen und legte sich dann schlafen.


    ...

  • Der nächste Morgen brach an und der Wecker klingelte schrill. Langsam erhob sich Semir und überprüfte, ob die Waffe noch an Ort und Stelle war. Ja, das war sie. Schnell nahm er sie, brachte sie ins Halfter und legte das Handy daneben. Semir ging nach oben und duschte ausgiebig. Schnell noch ein karges Frühstück und eine Tasse heißen Bohnensaftes, anders konnte man den Kaffee nicht nennen, den er in der Eile gefertigt hatte, und schon sprintete er zu seinem Wagen. „Man, wieso man bei Gericht immer zwei Stunden früher da sein muss, werde ich wohl nie verstehen.“, zischte er nur und legte den Rückwärtsgang ein. Der BMW rollte aus der Einfahrt und brauste dann die kleine Straße in der Siedlung hinunter. Noch ahnte Semir nicht, was ihm an diesem Tage bevorstehen sollte. Erstmal musste er sich durch den täglichen Berufsverkehr kämpfen. „Man, fahr doch da vorne...es ist grün...“, schnaubte Semir nur und fuchtelte wild mit den Armen hin und her. Ein Hupkonzert folgte seinen Worten. Wieso war er denn so nervlich angeschlagen? In ein paar Stunden war alles vorbei und dann konnte er sich bis zum Prozessende wieder mit Ben auf der Autobahn vergnügen, Verbrechern das Fürchten lehren und Rasern einheizen. Doch noch war dieser Tag nicht zu Ende. Er sollte noch so einige Überraschungen auf Semir warten.


    Richterin Jennifer Reinhardt war an diesem Morgen ebenfalls unterwegs zum Gericht. Müde und unausgeschlafen saß sie in ihrem Wagen und lenkte ihn in die Tiefgarage des Gerichtsgebäudes hinein. „Morgen Frau Richterin...“, ertönte es aus der Gegensprechanlage, als sie an der Sicherheitsschranke vorfuhr und ihre Einlasskarte in den Entwerter schob. Ein müdes Nicken und ein kurzer Gruß mit der Hand war alles, was sie erwiderte. Ich muss aufhören, bis in die Nacht die Akten zu studieren...dachte sie nur und wischte sich mit der Hand durch jedes Auge. Ihr Freund war schon jedes Mal sauer, wenn er sie abends mit Akten nach Hause kommen sah. Er selbst war Lehrer, doch seine Hauptberufszeit endete ja schon um vier Uhr nachmittags, die einer Richterin aber erst meist um acht Uhr abends. Wieso konnte er das nicht verstehen? Innerlich wusste sie aber, dass er recht hatte, wenn er meinte, sie wäre eher mit ihrem Beruf als mit ihm intim. Sie parkte ihren kleinen Smart auf dem Platz mit ihrem Namen, nahm sich die Akten und ging zum Fahrstuhl. Den graugrünen Transporter, der in einer dunklen Ecke stand, übersah sie. Zu müde war noch der Blick. „Guten Morgen, Frau Reinhardt.“, hörte sie plötzlich eine bekannte Stimme.
    „Morgen, Frau Schrankmann...sind sie auch gerade gekommen?“, erwiderte Richterin Reinhardt den Gruß, obwohl sie diese unterkühlte Frau nicht besonders mochte. In ihrer Nähe war die Temperatur gleich um drei Grad kälter. Nie bewegte sie auch nur einem Muskel in ihrem Gesicht zu einem Lächeln. „Nein, ich war gerade im Keller und habe einige Akten zurück gebracht, die ich gestern noch bearbeitet hatte.“, entgegnete sie nur und Jenni nickte. Was sollte sie auch sonst tun bei dieser Frau? „Fahren sie mit in den fünften?“, fragte die Richterin nach einer Zeit. „Nein, ich muss gleich in den zweiten und die Verhandlung noch ein bisschen vorbereiten.“ „Ah, sie führen die Anklage. Dann sehen wir uns ja gleich.“, meinte Jenni nur und stieg in den Fahrstuhl, drückte den Knopf für die fünfte Etage und schwieg wieder. Hoffentlich geht dieser Tag schnell und ohne Aufregung zu ende...dachte sie nur, als sie sich in der zweiten von Schranke verabschiedete. Sie sollte aber in ihren Erwartungen mehr als enttäuscht werden.


    Oliver Fuchs saß schon im Anwaltszimmer und notierte sich noch die letzten Einzelheiten der Aussagen, die sie heute hören würden. Schriftlich lagen diese schon lange dem Gericht vor. Nun hieß es, zu sehen, ob die Zeugen sie auch beibehielten. Das war das Einzige, was er vorher tun konnte. Immer wieder sah er aufs Handy und dann zurück aufs Papier. Dann klingelte das Handy kurz und er sah drauf. Eine SMS...schnell waren seine Hände auf den Tasten und öffneten die Kurznachricht. „Sind in der Tiefgarage...Besuch wird um 11 Uhr stattfinden. Bereiten sie sich drauf vor. Zum Schein werden sie als Geisel genommen. Bis um elf.“, war in der Nachricht zu lesen. „Okay...dann also so.“, meinte Oliver und löschte die SMS schnell wieder. Greifer und seine Leute sollten in den Saal eindringen, mit den Waffen ein bisschen Tamtam machen und dann mit ihm und Brenner verschwinden. So war der Plan und außerdem sollte noch Gerkhan mitgenommen werden. Mitgenommen und Brenner wollte ihn dann eigenhändig in der Tiefgarage...nun ja...für Oliver zählte sowieso nur die Bezahlung, die er bekam, wenn alles vorbei war. Er konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. Bis zum Prozessbeginn waren es nur noch neunzig Minuten. Um halb elf sollte der Prozess beginnen. Nun ja, lange würde der Tag heute nicht mehr dauern, dachte Oliver nur und kaute grinsend auf seinem Bleistift herum.


    ...

  • Semir saß auf der Wartebank und hatte sein Gesicht in die Hände gebettet. „Nun sieh mal an...du siehst aus, wie ein Trauerkloß oder wie ein Strohwitwer.“, hörte er die schelmische Stimme seines Partners von der Treppe her. Er sah auf und in seinem Gesicht formte sich zu einem großen Grinsen. „Ben, was machst du denn hier? Und auch noch um die Zeit. Bist du aus dem Bett gefallen?“, wollte Semir grinsend und stichelnd wissen. „Seit ich Emily und den Hund bei mir habe, kann ich einfach nicht mehr verschlafen.“, grinste Ben nur zurück und hielt eine kleine Tüte hoch, in der anderen Hand ein to-go-Becher und schob ihn Semir in die Hand. „Ich dachte, du könntest ein wenig Frühstück gebrauchen. Sicherlich hast du zu Hause keine Zeit gehabt, als Strohwitwer.“, meinte er nur. Semir sah auf die Dinge mit leuchtenden Augen. „Ich könnte dich knutschen und wenn ich nicht schon verheiratet werde, dann...“ „Nee, lass mal...ich hab meine Emily und das reicht. Außerdem würde beim Knutschen der Bart stören.“, stichelte Ben nur. „Deiner oder meiner?“, lachte sein Partner nur und nahm einen großen Schluck aus dem Plastikbecher.
    Nach einer Weile des Schweigens sah Ben Semir an. „Semir, du weißt, wie wichtig deine Aussage jetzt ist, oder?“ Der Angesprochene drehte sich nur zu seinem Partner um und nickte. „Allerdings...wenn Bonrath übermorgen aussagt, dann wird Brenner für eine lange, lange Zeit hinter Gitter wandern und wir können dann wieder ruhig schlafen. Nur müssen wir noch seine Organisation aushebeln.“, dachte er laut nach. „Keine Sorge, darum werde ich mich kümmern. Ich werde mal den falschen Kurierfahrer nochmals bearbeiten und mir dann mal diesen Oliver Fuchs ansehen. Auf den läuft ja alles hinaus.“, entgegnete Ben nur. Semir nickte langsam. „Wann musst du zum Dienst?“ „Ich hab von der Chefin den Vormittag frei bekommen. Deswegen sitze ich auch hier.“, grinste Ben nur. „Sag jetzt nicht, du sollst auf mich aufpassen?“, kam es etwas laut von Semir. „Nein...als ob man auf dich aufpassen sollte. Aber die Chefin meint, dass es sicherer wäre. Dein Erlebnis vom Parkplatz hat sie wohl als Anlass genommen.“, grinste der junge Hauptkommissar nur. „Wieso erzähle ich ihr immer nur so etwas?“, grummelte Semir nur. Ein Gong ertönte. „Verhandlung 504...Das Land NRW gegen Günther Brenner...alle Zeugen und die Anwälte bitte in den Saal.“, ertönte es aus den Lautsprechern. Semir stand auf und aß den letzten Bissen des Sandwiches und ließ den letzten Schluck vom Kaffe in seine Kehle fließen. „Wartest du hier, bis ich meine Aussage gemacht hab?“ „Hey, bis elf hab ich Zeit. Also werde ich auch auf dich warten.“, erwiderte Ben nur und machte es sich auf der Bank gemütlich. „Danke...“, warf Semir ihm noch nach, während er sich auf den Weg zum Gerichtssaal machte. Ben entspannte sich und holte eine Autozeitschrift hervor. „Dazu komme ich ja sonst nie.“, grinste er und verlor sich schnell mit den Gedanken darin.


    Jennifer warf sich die Robe über und zog sie gerade. Noch das weiße Halstuch zurecht gerückt und die Akten unter den Arm genommen und schon konnte es losgehen. Sie durchschritt die Tür ihres Büros und schloss sie hinter sich ab. Sie war spät dran, woraufhin sie durch die Gänge hechtete und immer wieder auf die Uhr sah. Ein junger Mann fiel ihn nur flüchtig auf. Er saß auf einer der Bänke an der Treppe und las in einer dieser Autozeitschriften. Jenni schüttelte kurz den Kopf, verschwand dann aber in den Richterraum, vor dem Verhandlungssaal. „Frau Richterin, da sind sie ja...wir warten schon.“, meinte einer der Schöffen aufgeregt und deutete auf die Uhr. „Entschuldigen sie, aber ein wichtiger Anruf hat mich aufgehalten.“, erwiderte sie keuchend. Natürlich war dies gelogen, doch was sollte sie sonst sagen? „Sind sie alle bereit für die Verhandlung?“, wollte sie dann wissen. Alle nickten und einer der Schöffen öffnete die Verbindungstür zum Gerichtssaal. Ein Klappern der Stühle war zu hören und alle Anwesenden im Saal, Zeugen, Reporter und Juristen, erhoben sich. Die Richter und die Schöffen traten in den Saal und nahmen auf ihren vorgegebenen Stühlen platz. Sie sah kurz durch den Saal und ließ sich dann in den für den kleinen, zierlichen Körper viel zu großen Stuhl fallen. „Ich eröffne die Verhandlung gegen Günther Brenner...zuerst die Anklageschrift...Frau Staatsanwältin...“, fing Jenni an und sah dann zur Schrankmann hinüber. Diese nickte nur und erhob sich. Nun ging die Verhandlung los und Semir saß mittendrin.


    Ben hatte das Ende seiner Zeitung erreicht und klappte sie zu. „Schicke Wagen, nur leider nichts für mich...“, meinte er und sah dann, wie eine attraktive, blond gelockte und langbeinige Mitarbeiterin den Gang entlang kam. „Ui...lecker...lecker...“, kam es von Ben nur leicht hörbar über die Lippen. Die Frau schritt an ihm vorbei, wackelte leicht mit den Hintern, so als hätte sie den Kommentar des attraktiven Mannes gehört. Ben lächelte ihr hinterher, doch sein Handy riss ihn aus den schönen Gedanken. „Oh weh...“ Emilys Nummer wurde angezeigt. „Hallo Schatz, wie geht es dir?“, flirtete Ben gleich los. „Ben, ich wollte dich nur noch mal an das Treffen mit meinen Eltern übermorgen erinnern. Wo bist du eigentlich?“, wollte Emily am anderen Ende der Leitung wissen. „Noch immer im Gericht. Ich warte darauf, dass Semir seine Aussage macht und dann fahr ich mit ihm auf die Wache.“, erklärte Ben und verfluchte sich innerlich, dass er an eine andere Frau gedacht hatte. Nun ja, probieren durfte man, aber gegessen wurde immer noch zu Hause, so war doch immer der Spruch. Ein leichtes Grinsen huschte ihm über die Lippen. „Ben, ich habe heute wieder Theaterprobe...könntest du mich später abholen?“ „Ja klar...wenn es bei mir nicht so spät wird. Wann hast du denn Schluss?“, wollte Ben im Gegenzug wissen. „Ich denke, um zehn ist die Probe aus. Dann brauch ich mein persönliches Taxi.“, lachte sie mir ihrem englischen Lachen durch die Leitung. Ben war aufgestanden und ging etwas im Gang hin und her, streckte sich und machte einige Sprünge die Treppenstufen hinunter. „Alles klar Liebling, liebe dich. Bis heute Abend.“, hauchte er nur noch durchs Telefon. Dass hinter ihm gerade fünf bewaffnete Männer entlang gegangen waren, bemerkte der Kommissar nicht. Er steckte sein Handy wieder in die Tasche und sah auf seine Armbanduhr. Gerade mal elf. Wenn Semir jetzt nicht kommt, muss ich ohne ihn auf die Wache, dachte er nur. Plötzlich durchpeitschten Schüsse die Luft.


    ...

  • Jenni sah erschrocken zur Tür und auch die anderen Beteiligten im Saal blickten angsterfüllt auf die fünf Männer, die mit Maschinenpistolen und Handfeuerwaffen plötzlich aufgetaucht waren. „Alle sofort runter auf den Boden.“, fauchte der Mann und schoss einige Male in die Decke. Sofort sprang Semir auf, wurde aber von einem der Männer auf den Tisch geworfen und mit einem kurzen Schlag ins Genick zum Schweigen gebracht. „So, sie sind uns gleich wieder los. Wir wollen nur ihn da haben.“, zischte der Anführer und ging auf Brenner zu. Der Justizbeamte wurde mit einem Schlag in die Ecke gestoßen und zwei Mann schnappten sich Brenner und den Anwalt und wollten wieder zum Ausgang gehen, als Semir langsam wieder zu sich kam. Greifer sah auf den Deutschtürken und griff diesen unter den Arm. „Falls uns einer von ihnen folgt oder sie die Polizei rufen ist er und der Anwalt tot.“, drohte er und schob den halb benommenen Semir nach draußen. „Stehen bleiben...Polizei....“, hörten sie jemanden auf den Flur schreien. Dann wieder Schüsse und im nächsten Moment kamen die fünf Gangster mit ihren drei Geiseln zurück. „Verdammt, dieser Kerl versperrt uns den Weg nach draußen.“, fluchte einer der Gangster und sah sich um. Greifer nickte nur und blickte in die verängstigten Gesichter der sich im Saal befindlichen Personen. „Dann werden wir wohl einige Zeit hier bleiben. Sucht was, womit ihr die vierzehn Leute fesseln könnt.“, knurrte Brenner nur und sah dann zu Semir, der langsam wieder zu sich kam. „Und du, Gerkhan, wirst trotzdem deine Strafe kriegen.“


    Ben war gerade wieder die Stufen nach oben gegangen, als fünf bewaffnete Männer aus dem Gerichtssaal kamen. Der junge Hauptkommissar reagierte sofort, zog seine Waffe und gab den berühmten Spruch ab. „Polizei...Waffe auf den Boden...“ Ehe er den letzten Buchstaben sagen konnte, zischten schon Kugeln an seinem Kopf vorbei und schlugen haarscharf neben ihm ein. Sofort begab sich Ben in Deckung, erwiderte aber das Feuer und schien die Verbrecher wieder in den Saal zu drängen. Verdammt, das war doch der Saal, wo Semir war...schoss es ihm sofort durch den Kopf. „So eine ...“, grummelte er und griff sofort zum Handy. „Chefin, hier ist Ben...“ „Ben, wo sind sie denn? Sie hatten vor zehn Minuten Dienstbeginn.“, knurrte es schon aus dem Hörer am anderen Ende. „Tut mir Leid Chefin, aber ich wollte noch kurz auf Semir warten. Aber wir haben jetzt andere Probleme. Bewaffnete Kerle haben den Gerichtssaal gestürmt und wollten Brenner befreien. Sie haben auf mich geschossen.“ „Sind sie unverletzt?“, kam es besorgt von Kim. „Nein, mir geht es gut, aber sie haben sich wieder im Gerichtssaal verschanzt. Rufen sie sofort das SEK und es ist vielleicht besser, wenn sie auch herkommen.“, entgegnete der junge Hauptkommissar nur. „Ich mach mich sofort auf den Weg. Ach und Ben...sie unternehmen nichts, bis ich da bin. Haben sie mich verstanden?“, forderte sie nur. „Ja klar Chefin.“, versicherte er nur und legte auf. Doch in seinem Kopf arbeitete es schon.
    Doch, er musste nachsehen, wie die Geiseln und Geiselnehmer sich im Raum verteilten. Vielleicht ging das durchs Richterzimmer. Ja, warum nicht... Sofort suchte Ben die Tür neben dem Verhandlungssaal. Nun konnte er nur noch hoffen...ah, nicht abgeschlossen. Sehr gut, dachte er weiter und drückte die Klinke runter. Leise schlich er sich zur Verbindungstür zum Gerichtssaal. Doch davor verharrte er. Er konnte nicht so einfach da rein und mal kurz einen Blick über den Tisch werfen. Nein, da musst es eine andere Möglichkeit geben. Er sah zum Fensterbrett hinüber. Oh Ben Jäger, du bist wahnsinnig...dachte er bei sich, doch schnell aber leise lenkte er seine Schritte darauf zu. Vorsichtig drehte er den Riegel und öffnete die Fensterflügel. Die Balustrade draußen war breit genug und oben konnte man sich gut festhalten. Doch da ging es auch gut und gerne 14 Meter in die Tiefe, auf eine befahrene Straße. Einen Absturz aus dieser Höhe würde er nie überleben. „Ich hoffe, mein Schutzengel hat nicht gerade Mittagspause.“, keuchte Ben, als er sich auf die Balustrade zog und vorsichtig zum Nebenfenster hangelte.


    Semir war einer der ersten, die mit Klebeband gefesselt wurden, dass einer der Gangster unter dem Richtertisch fand. Offenbar hatte es dort ein Kabelmonteur vergessen. Er verfluchte diesen Art Zufall. Seine Blicke schweiften zu den anderen Personen, die kauernd und jammernd auf dem Boden sitzen mussten. Die Richter und die Staatsanwältin wurden in eine Ecke verbracht, während Zuschauer und Journalisten hinten an der Wand saßen. Allen wurden die Handys abgenommen und vorne auf das Richterpult gelegt. Semir saß auf dem Zeugenstuhl, seine Hände hinter dem Rücken gefesselt und seine Füße mit den Stuhlbeinen fest verklebt. „So Gerkhan...jetzt kannst du mir nicht mehr entkommen.“, grinste Brenner ihn an, der sich seiner neuen Freiheit mehr als sicher war. „Noch sind sie hier nicht raus, Brenner. Glauben sie, dass sie jemals hier raus kommen? Das Gebäude wird bereits umstellt sein und...“ Weiter konnte Semir nicht mehr sprechen. Brenner hatte ihm ein breites Stück des klebrigen Bandes auf den Mund gepresst. „Ich hasse vorlaute Menschen.“, zischte der Mann nur und wandte sich dann ab. Semir ließ den Kopf sinken, sah dann aber zum Fenster hin und stockte kurz. Nein, das konnte doch nicht sein.
    Doch, da war Ben an der Fassade und lugte hinein. Ihre Blicke trafen sich und Semir nickte kurz. Ben erwiderte die Geste und sah sich um. Die Geiseln waren gut verteilt und die Geiselnehmer auch. Immer wieder sah er zu Semir und musste grinsen. Scheinbar hatte es Semir mit seiner großen Klappe wieder mal geschafft, in Schwierigkeiten zu kommen. „Warum du auch immer so eine große Klappe haben musst?“, fragte Ben leise und sah, wie Semir genervt mit den Augen rollte. Scheinbar hatte er verstanden, was sein junger Kollege und Freund ihm sagen wollte. Doch dann überkam Ben ein ungutes Gefühl. Unter ihm bröckelte es. „Wow...“, stieß er vor Schreck aus und merkte, wie er den Boden unter den Füßen verlor.


    ...


    So, liebe Leute...


    teilt es euch ein. Das wird für vier Tage der letzte Teil sein ;) Ich geh in den Osterurlaub :D Bin erst am Montag wieder da. Also geduld und schöne Feiertage euch allen ;)

  • Kim schnellte mit ihrem kleinen Mercedes und dem eingeschalteten Blaulicht durch die vom Stadtverkehr überfüllten Straßen von Köln. Nicht einmal im Gericht konnte Semir sich aus Schwierigkeiten heraushalten, dachte sie nur und griff zum Funk. „Alex?“, fragte sie nach und sah wieder auf die Straße. „Hier Kim...wir sind schon vor Ort. Dein junger Kommissar ist waghalsig. Er hängt hier draußen an der Fassade.“, ertönte es aus dem Funk. Kim schloss für einen Moment die Augen. „Wenn einer in Schwierigkeiten ist, muss ihn der andere noch mit Dummheiten übertreffen.“, knurrte sie nur leise. „Was macht er denn da oben?“, wollte sie dann wissen. „Keine Ahnung, aber er hangelt sich langsam zu einem Nebenraum zurück. Er ist drin...keine Gefahr mehr für ihn.“, tönte Alex Stimme aus dem Funk. Sie atmete auf. „Ich bin gleich da. Habt ihr schon was feststellen können?“, fragte sie erneut. „Leider nein...bisher haben wir nur das Gericht vorübergehend evakuiert.“, erwiderte der SEK-Chef. „Gut, warten sie auf mich.“
    Nur wenige Minuten später war Kim vor Ort und stieg aus ihrem Wagen aus. Alex begrüßte sie mit Handschlag und ging dann zur mobilen Einsatzzentrale. Hastig und etwas außer Atem kam auch Ben dazu gerannt. „Hallo Ben...haben sie ein bisschen abgehangen?“, grinste Alex nur. Etwas verlegen sah Ben den Mann nur an. „Wie? Ach so...die blöde Fassade scheint für mich nicht gemacht zu sein.“ „Vielleicht sollten sie dann nicht so viel Fastfood essen.“, kam es nur von Kim. Entsetzt sah Ben sie an, hob seine Jacke und sein Shirt hoch, sodass sein blanker Bauch leicht zum Vorschein kam. „Bin ich etwa zu dick geworden? Das kann doch nicht sein.“, kam es von ihm. Genervt rollte Kim mit den Augen und schlug Ben das Shirt und die Jacke wieder runter. „Hören sie auf damit. Was haben sie da oben überhaupt gemacht?“, fragte sie nur und sah nach oben zu der Fassade, wo einige Stücke herausgebrochen und auf dem Pflaster zerschellt waren. „Ich hab die Schüsse gehört und als die Kerle raus sind, hab ich auf die geschossen. Die sind zurück in den Saal und ich wollte nachsehen, wie viele Geiseln sie haben. Da ich aber nicht durch das Richterzimmer in den Saal gucken konnte, musste ich vom Zimmer über die Fassade in den Saal einen Blick werfen.“, erklärte Ben nur. „Und wie sieht es aus?“, fragte Alex sofort.


    „Tja, nicht so gut...jedenfalls sind viele Geiseln im Raum. Etwa zwei Dutzend. Dazu die Staatsanwältin, die fünf Richter und Semir...Brenner und seine fünf Leute halten alle in Schach und scheinen zu allem entschlossen.“, erklärte er nur. Kim und Alex nickten nur und sahen zum Saal hoch. „Zeigen sie uns mal, wo die Geiselnehmer sind.“, forderte Kim und ging dann mit Ben und Alexander Hoffmann in das Gerichtsgebäude hinein. Überall flitzten schwer bewaffnete Polizisten und schwarz vermummte SEK-Leute über die Gänge und gingen dort, wo sich Deckung bot, in Stellung. Ben führte die Beiden in den obersten Stock und zeigte dann auf die Tür. „Gut, das ist ein abgelegener Raum. Mal sehen, wie wir ihn ausspähen können. Wir brauchen einen Grundriss von dem Stockwerk. Dann können wir mehr machen.“, erklärte Alex nur. Kim und Ben nickten. Ehe sie wieder die mobile Einsatzzentrale vor dem Gebäude erreichten, klingelte Bens Handy. Er sah auf den Display und erschrak.
    „Das...das ist Semirs Nummer...“, stammelte der junge Hauptkommissar und blickte auf das immer noch vibrierende Handy. „Worauf warten sie? Gehen sie ran...nun machen sie schon.“, forderte Kim nur und nickte Ben zu. Dieser betätigte den grünen Knopf und hielt sich das Handy ans Ohr. „Jäger...“, meldete er sich. „Hier ist Brenner...ich denke, sie wissen, wessen Handy ich hier benutze.“ „Allerdings...“ „Gut Bulle...dann wirst du jetzt unsere Forderungen hören. In drei Stunden stehen unten zwei schnelle Fluchtwagen vor der Tür, nicht manipuliert und vollgetankt. Außerdem wirst du zahlen müssen...für das Leben der Anwesenden und deinen Kollegen...solltest du innerhalb der drei Stunden es nicht schaffen, für deinen Kollegen, die Staatsanwältin und die Richter eine Summe von acht Millionen Euro, dann werde ich sie zu euch runterschicken...und zwar durchs Fenster.“, fauchte Brenner nur und lachte hämisch. Ben knirschte mit den Zähnen und war drauf und dran, das Handy mit der bloßen Hand zu zerquetschen. „Brenner, wenn meinem Kollegen oder den anderen irgendwas passiert, dann mach ich sie fertig.“, zischte Ben und wollte gerade auflegen. „Nun mal nicht so protzig...sie kriegen die Zuschauer umsonst und frei Haus. Aber für die Frechheit von eben muss einer leiden.“, knurrte Brenner. Plötzlich hallte ein Schuss aus dem Hörer. Ben erschrak. Semir...schoss es ihm sofort durch den Kopf.


    ...

  • Semir stöhnte hastig und schnell in seinen Knebel, hatte die Augen geschlossen und öffnete sie langsam wieder. Die Luft roch scharf nach Schießpulver und Schwefel. „Damit dein Kollege kapiert, dass ich es ernst meine.“, knurrte Brenner und riss Semir das Klebeband von den Lippen. „Ahhhhh...“, schrie er auf und wand sich in den Fesseln auf dem Stuhl. „Los, sag ihm, wen es getroffen hat.“, forderte Brenner und hielt ihm das Handy ans Ohr. Semir leckte sich über die Lippen und sah in die Ecke. „Los, schafft die Leute raus und verbarrikadiert die Tür.“, zischte Brenner. Sofort wurden die Zuschauer und die Reporter aus den Saal gebracht und die Türen wurden verrammelt. In einer Ecke kauerte Richterin Jennifer Reinhardt. Eiskalte Schweißperlen liefen ihr über die Stirn, die Hand presste sie an ihr Becken. Ein heißer Saft rann ihr wie Wasser durch die Finger. Es war Blut...ihr eigenes Blut. Die Kugel war in ihren Körper eingedrungen. Sie hatte nicht geschrieen. Wie auch...alles ging so schnell. Jenni sah nur die Mündung, die in ihre Richtung zeigte und im nächsten Moment spürte sie den Einschlag. „Brenner, sie verdammtes Schwein.“, fauchte Semir nur und zerrte an den Fesseln. Doch Günther Brenner ließ sich nicht provozieren. „Los, sagen sie ihrem Kollegen, was passiert ist.“, forderte er erneut. Noch immer hielt er Semir sein eigenes Handy ans Ohr und unterstrich seine Forderung mit der Waffe, die er auf Semirs Knie richtete. Was blieb ihm schon anderes übrig?
    „Ben?“ „Semir, bist du verletzt?“, hörte Semir die besorgte und sich überschlagende Stimme seines Partners durchs Telefon. „Nein, aber Ben...tu, was Brenner verlangt. Er hat gerade die Richterin angeschossen.“, kam es langsam von Semir. „Verdammt...okay...gib ihn mir.“, forderte Ben nur und Semir sah zu Brenner auf. Dieser nahm das Handy an sein Ohr. „Ich hoffe, sie wissen nun, Jäger, dass ich keine Scherze mache. Die Zuschauer sind schon frei gelassen worden. Für die anderen müssen sie zahlen. Sollten sie in drei Stunden das Geld nicht haben, werde ich alle zehn Minuten jemanden zum Fenster hinaus befördern. Und mit der Richterin fange ich an.“, fauchte Brenner und legte auf. Semir blickte den Mann verächtlich an. „Binden sie mich los. Ich will ihr helfen.“, forderte er vorsichtig und deutete auf die Richterin, die neben Schrankmann kauerte und sich die Hände auf ihren zierlichen Körper drückte. Brenner sah sich nur um. „Gut, meinetwegen, aber eine Dummheit und sie sind gleich wieder auf diesem Stuhl verschnürt. Haben wir uns verstanden?“, fauchte er und ließ von einem seiner Leute die Fesseln durchschneiden. Langsam erfüllten sich Semirs Hände wieder mit Leben und die Blutzirkulierung kam langsam in Gang. „Los, beweg dich, Bulle.“, knurrte der Mann nur und stieß Semir vorwärts. Dieser ging langsam zu Schrankmann und Richterin Reinhardt und begann, sich die Wunde zu besehen. „Keine Sorge, wir kommen hier bald raus.“, sprach er den beiden Frauen Mut zu. Jennifer nickte nur, auch Isolde Maria Schrankmann versuchte gefasst zu bleiben. Zum ersten Mal in seinem Leben sah Semir eine menschliche Regung im Gesicht der kalten Staatsanwältin. Angst...die pure Angst um ihr Leben.


    „Shit...der hat die Richterin angeschossen.“, fauchte Ben, als er das Handy wieder zurücknahm und wegsteckte. Mit einem betretenden Blick sah er zu Kim und Alex Hoffmann und dann wieder zum Gerichtsgebäude zurück. „Wir müssen was tun...wir können doch nicht in drei Stunden acht Millionen Euro auftreiben. Woher sollen wir das Geld nehmen oder wer soll es genehmigen?“, fragte Alex. Kim überlegte scharf. „Haben wir nicht noch das beschlagnahmte Falschgeld von der Razzia im Mafiapuff?“ Ben sah sie schief an. „Sie wollen doch nicht etwa sagen...Chefin, das...das...“ „Wenn es nicht anders geht. Sicherlich wird uns der Oberstaatsanwalt keine Genehmigung geben. Also müssen wir uns selbst helfen.“, knurrte sie nur und drehte sich um, ging zu ihren Wagen und fummelte an ihrem Handschubfach rum. Nach einigen Minuten kam sie wieder zu Ben zurück und reichte den handgeschriebenen Zettel an ihren Hauptkommissar weiter. „Hier...fahren sie damit zur Asservatenkammer. Siegfried Lohse, so heißt der Aufseher, ist ein alter Bekannter von mir. Er hat noch eine Schuld bei mir offen. Sagen sie ihm einfach, ich hätte sie geschickt. Dann weiß er schon bescheid. Erklären sie ihm, wofür wir das Geld brauchen. Und jetzt los...dieses Mal gebe ich ihnen grünes Licht zum Ignorieren aller Vorschriften.“, kam es von Kim. Bens Gesicht hellte sich auf. Schon im nächsten Moment rannte Ben zu seinem Wagen und fuhr los. Das war die einzigste Chance für sie, so viel Geld in so wenig Zeit aufzutreiben.


    Semir tastete die Wunde ab und versuchte mit den Stofffetzen seiner in Streifen zerrissenen Jacke, die Blutung zu stoppen. Jennifer stöhnte auf. „Verdammt...und das bei meinem Muskelschwund...“, lächelte sie mit Schmerzen im Gesicht. „Geht es noch?“, fragte Semir nur und sah dann die Frau mit der Robe an. „Es muss ja...“ „Gerkhan...was zum Teufel wollen diese Kerle?“, knurrte Isolde Maria Schrankmann und sah dem von ihr so verachteten Polizisten tief in die Augen. Er hielt dem Blick stand. „Frau Schrankmann, können sie sich das nicht denken? Sie sind hier um die lichtscheuen Trüffel zu ernten, die unter den Tischen wachsen.“, stieß Semir nur wütend aus. Die Staatsanwältin sah ihn nur entsetzt an. „Was glauben sie denn? Das sind Brenners Leute und wollen ihn befreien. Hat nur leider nicht ganz geklappt.“ „Hey, Ruhe...oder ihr werdet geknebelt...“, stieß einer der Männer aus. Semir drehte sich nur kurz um und hob beschwichtigend beide Hände. Inzwischen waren diese mit Blut verschmiert. Langsam tastete er den Wundbereich ab. Wieder ein schmerzerfülltes Stöhnen von der zierlichen Richterin mit den jugendlich kurzen Haaren. „Die Kugel scheint dicht unter der Haut zu sitzen. Wenn wir Glück haben, hat sie kein Organ verletzt. Allerdings...“ Semir machte eine kurze Pause. Richterin Jennifer Reinhardt riss ihre großen Augen auf. Sie ahnte, was der ihr immer mehr und mehr sympathisch werdende Polizist ihr sagen wollte.
    „Der Blutverlust...“, schlussfolgerte die Frau und schluckte kurz. „Wenn ich den nicht in den Griff bekomme, dann...“ Semir wollte dies nicht zu Ende sprechen, doch die Richterin verstand ihn auch so. „Schon gut...vielleicht...ich hoffe, ihr Kollege hat Erfolg und wir kommen hier alle bald wieder raus.“, stieß sie aus. „Das wird er...Auf Ben ist Verlass.“, sprach Semir der Frau Mut zu und hörte einen kleinen, verächtlichen Lacher von Schrankmann. Gekonnt überhörte er dies, strafte sie nur mit einem bösen Blick. „Es wird alles gut. Keine Sorge...“


    ...

  • Ben raste über die Straßen und ließ das Blaulicht aufflackern. Die Autos hupten, wichen erschrocken zur Seite, als er sich vor sie setzte und dann wieder über die ganzen Spuren zog. Selbst die Straßenbahn musste eine Notbremsung einlegen, als der Mercedes vor ihr über die Straße wollte. Langsam stieg Schweiß aus und tröpfelte an seiner Stirn hinunter. Ben ignorierte das und fuhr einen noch steileren Stil. Immer die Geiseln im Hinterkopf. Bis zur Asservatenkammer war es eine Strecke von 18 Kilometern, und das quer durch die Stadt. Bei zähfließendem Verkehr konnte das manchmal über eine Stunde dauern. Doch jetzt hatte Ben Glück. Es war nicht die Menge an Berufsverkehr, die sich sonst auf den Straßen tummelte. Immer wieder bremste Ben, zog das Lenkrad nach links oder nach rechts, beschleunigte wieder und wich anderen Teilnehmern aus. „Verdammt, macht schon Platz...“, zischte er und hupte lautstark. Doch die Autos vor ihm rührten sich keinen Zentimeter und dann sah er auch, warum. Vor ihm waren zwei Straßenbahnen ineinander gerutscht und blockierten die ganze Straße. „Fuck...“, fluchte er und schlug immer wieder auf sein Lenkrad. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er schon zwanzig Minuten unterwegs war. Das hier würde länger dauern als zwei Stunden. Ohne zu zögern, legte er den Rückwärtsgang ein und fuhr ein paar Meter zurück und wendete dann. Er musste einen anderen Weg zur Asservatenkammer finden. „Nun macht doch schon...ich hab es eilig.“, fauchte Ben und nahm den Weg durch die Fußgängerzone. Der einzige Weg zu einer Parallelstraße. „Hey...passen sie doch auf...“, schrieen die Fußgänger und warfen sich in Sicherheit. „Sorry...Tut mir Leid...“, entgegnete Ben nur und bog dann wieder ab. Die Straße war frei und nun musste er nur noch das Asservatengelände erreichen.


    Brenner ging im Gerichtssaal auf und ab. Oliver Fuchs saß auf dem Richterstuhl, hatte ein Fuß ans Pult gepresst und stützte sich immer wieder ab. Mit einem gleichgültigen Blick sah er auf die Szenerie, die sich am Fuße des Anwaltstisches abspielte. Die anderen Gangster standen an der großen Saaltür und einer an der Tür zum Richterzimmer. „Okay...Günther, was wollen wir jetzt tun? Ich meine, wir können hier doch nicht so einfach sitzen und warten, bis das Geld kommt.“, stieß Hans Greifer aus und ging einen Schritt auf seinen Boss zu. „Oh doch, das können wir...Immerhin hat mich diese Aktion einiges gekostet. Und das Geld will ich wieder haben. Danach werden uns die Bullen höchstpersönlich die Flucht ermöglichen.“, meinte Günther Brenner nur und ließ die Waffe in seinem Hosenbund verschwinden. Alle sahen ihn erstaunt an. Auch Semir zuckte bei den letzten Worten auf und drehte sich kurz um. „Wir werden die Richter und die Staatsanwältin nach der Zahlung frei lassen, doch für Gerkhan werden uns die Bullen einen Hubschrauber aufs Dach stellen. Fuchs hat einen Pilotenschein. Er wird uns fliegen und unterwegs werden wir uns von Gerkhan entledigen.“, grinste Brenner fies und ging auf Gerkhan zu. „Tja, das hättest du nicht gedacht oder? Auch, wenn ich deinen Kollegen, diesen Langen mit der Halbglatze nicht bekommen habe, so kann ich wenigstens dich zum Teufel jagen.“ „Sie werden dafür hinter Gittern wandern. Dafür werde ich sorgen. Was glauben sie eigentlich, wer sie sind?“, fauchte plötzlich Isolde Maria Schrankmann und war aufgesprungen. Sofort richteten sich mehrere Waffen auf sie, doch die Frau schien darauf keine Rücksicht zu nehmen. Brenner sah sie an, lachte nur kurz und schlug dann mit der geballten Faust zu. Der Kopf der blonden Frau wurde nach hinten geworfen, schlug mit der Schläfe genau auf die Kante des Tisches auf. Benommen blieb sie neben der Richterin liegen. Sofort sah Semir nach ihr und drehte sich dann zu Brenner um. „Na Gerkhan, wollen sie auch eine Kostprobe haben?“
    „Sie werden dieses Spiel verlieren, Brenner.“, zischte Semir nur und sah Brenner in die Augen. Dieser hielt dem Blick stand, dann warf er jedoch ein Auge auf die Richterin. „Wie geht es ihr?“, fragte er nun. „Wieso interessiert sie das? Sie haben sie doch angeschossen und jetzt spielen sie den barmherzigen Samariter? Besorgen sie mir lieber einen Erste-Hilfe-Koffer oder sie wird verbluten.“, knurrte Semir nur übermütig und schon im nächsten Moment hatte er den hervorgezogenen Waffenlauf im Gesicht. Eine blutige Strieme zeichnete sich auf seiner Wange ab. Stöhnend ging der Deutschtürke in die Knie, fing sich aber schnell wieder. „Ich entscheide, was ich mache. Ist das klar?“, fauchte Brenner nur und drehte sich dann zu Greifer um. „Sieh nach, ob im Richterzimmer ein Notfallkasten ist.“, knurrte er nur. Der Angesprochene nickte und verließ den Saal. Wenige Augenblicke später kam er tatsächlich mit einem großen Verbandskasten zurück. „Gib ihm ihn.“ Brenner zeigte auf Semir, dessen Wunde nicht mehr blutete. Das Blut war schon bis zum Kinn gelaufen und dort in den Stoppeln der dünnen Bartlinie und dem Kinnbart angetrocknet. Mit einem warnenden Blick nahm Semir den Koffer entgegen und widmete sich wieder der Verwundung der Richterin. Schrankmann war noch immer leicht benommen, kam aber langsam wieder zu sich. „Kommen sie...ich helfe ihnen...“, meinte einer der Schöffen und half der Staatsanwältin auf. Er nahm ein Mullband aus dem Koffer und versorgte damit die Wunde, während Semir sich um Jennifer kümmerte. Mit dem Koffer ging es zwar besser, doch Semir wusste, dass die Kugel raus musste. Hoffentlich schaffte es Ben.


    ...

  • Quietschend kam der Mercedes auf dem Gelände des Polizeipräsidiums zum Stehen. Sofort sprang der junge Hauptkommissar raus und rannte zum Eingang. „Hey...hey...wohin denn so schnell?“, fragte einer der im Foyer stehenden Polizisten. „Sorry, ich hab's eilig.“, stieß Ben nur aus und suchte auf dem Wegweiser nach der Asservatenkammer. Als er sie gefunden hatte, fuhr er mit dem Fahrstuhl nach unten. Ein dunkler Schacht flimmerte im angehenden Neonlicht auf, doch Ben rannte einfach weiter. Er musste jetzt jede Minute nutzen. Schon zu viel Zeit hatte er durch den Verkehr verloren. „Hallo? Ist hier jemand?“, rief Ben durch die Gänge und erreichte dann einen kleinen Mann mit einer unscheinbaren, runden Brille auf der Nase. „Hallo...was kann ich für sie tun?“, wollte er wissen und zupfte an seinem Kittelende herum. „Ich bin Ben Jäger... Kim Krüger schickt mich mit dieser Bitte hier...“, erklärte der junge Hauptkommissar im Telegrammstil und reichte den kleinen, zusammengefalteten Zettel an den Mann weiter. Dieser rückte seine Brille zurecht und las sich schnell das Papier durch. „Gut, kommen sie mit. Eigentlich dürfte ich ja nicht, aber für Kim. Das Mädel ist einfach Sahne...“, grinste er nur und forderte Ben zum Folgen auf. Dieser schnellte mit großen Schritten hinter dem kleinen und gebückten Mann her. „Also acht Millionen...nun hier sind sie. Wie wollen sie aber die vier Koffer hier ungesehen raus bekommen?“, fragte Siegfried Lohse.
    „Ähhhhh...gute Frage...“, kam es erschrocken von Ben. Er hatte sich darüber noch keine Gedanken gemacht. „Haben sie eine Idee?“ „Sicher...passen sie auf...haben sie draußen den Wagen mit der Post gesehen?“, wollte Lohse wissen. Von Ben kam nur ein Nicken. „Gut, dann legen sie die Koffer nach unten und sobald sie draußen sind, verschwinden sie.“, erklärte Lohse nur. „Alles klar...dann geben sie mir die Koffer.“, forderte Ben nur und nahm dann die vier Koffer an sich, nachdem sie ihm Lohse aus den Regalen gehievt hatte. „Gut, ich danke ihnen...sie helfen mir damit wirklich sehr.“, gestand Ben nur und legte die Koffer in den Postwagen draußen, bedeckte das Ganze mit einigen leeren Säcken und verschwand wieder in den Fahrstuhl. Schnell fuhr er ins Erdgeschoss und schob den Wagen quer durchs Foyer. Immer wieder sahen sich einige Kollegen nach ihm um. Ben fühlte sich wie ein Meisterdieb, der die Mona Lisa persönlich unter dem Arm aus dem Louvre trug und das unter den Augen sämtlicher Sicherheitskräfte. Langsam rann ihm der Schweiß auf der Stirn hinunter und er atmete tief durch, als er die vier Geldtaschen in seinem Koffer verstaut hatte. Er schnellte vom Heck zu seiner Fahrertür und ließ sich in den Sitz fallen. „Oh man...“, kam es von ihm. Einen Moment ließ er seinen Kopf aufs Lenkrad sinken, bevor er dann den Mercedes startete und wieder die Strecke zurückfuhr. Wieder musste er durch die Fußgängerzone und fuhr dann, zweiunddreißig Minuten vor Ablauf des Ultimatums, vor dem Gerichtsgebäude vor.


    Kim und Alex sahen sich um. „Okay Ben ist noch nicht zurück. Was für Optionen haben wir denn?“, fragte sie nur und blickte auf den Plan vor ihr auf dem Tisch. Alex sah sie an, blickte dann aber genauso auf die Karte. „Das Richterzimmer befindet sich direkt neben dem Gerichtssaal. Die Verbindungstür kommt seitlich des Richtertisches raus. Sollten wir es dadurch versuchen, werden sie uns sehen. Dieser Brenner ist ziemlich gerissen, davon können wir ausgehen, wenn er schon seine Leute in das Gericht und dazu noch bewaffnet schmuggeln kann. Die Luftschächte sind ziemlich breit und einer kommt direkt in der Mitte der Saaldecke raus. Vielleicht sollten wir es so versuchen.“, meinte Alexander Hoffmann nur und sah Kim dann an. „Wissen wir denn in welcher Ecke die Geiseln stecken und wie die Geiselnehmer verteilt sind? Haben wir irgendwo eine Kamera?“, wollte Kim nur wissen. Doch Alex musste sich eingestehen, dass seine Leute noch nicht soweit waren. „Wir haben den Schacht erst vor einigen Minuten entdeckt, doch unserer Leute sind schon auf den Weg mit der Kamera.“, erklärte der SEK-Chef nur. „Gut, das ist doch schon ein Anfang. Ich kann nur hoffen, dass Ben das Geld bekommen hat.“
    Kurz nach diesen Worten brauste der Mercedes auf den Platz und Ben sprang aus den Wagen, rannte gleich auf Kim zu. „Chefin, ich...ich hab das Geld. Es...es ist im Kofferraum.“, stieß der junge Hauptkommissar aus. „Gut, dann nehmen wir jetzt Kontakt mit den Entführern auf.“, erklärte sie und nahm ihr Handy hervor. Da Brenner von Semirs Telefon angerufen hatte, war es einfach mit diesem Mistkerl Kontrakt aufzunehmen. „Frau Krüger, ich hoffe, sie haben eine erfreuliche Nachricht für mich...“, kam es direkt aus dem Hörer nach einigen Minuten des Klingelns. Kim musste sich zurückhalten, hier ging es in erster Linie darum, die Geiseln zu schützen. „Wir haben das Geld, jetzt lassen sie die Geiseln frei.“, forderte Kim nur. Einen Moment blieb es still. Dann ging ein Fenster im besetzten Stock auf und ein Mann sah auf die Straße. Dann hielt er sich etwas ans Ohr. „Zeigen sie es mir...“, forderte Brenner nur und Kim half Ben dabei, die Koffer aus dem Wagen zu hieven und zeigte den Inhalt jedes Koffers dem Mann am Fenster. Wieder blieb es eine Weile ruhig am Telefon. „Gut, schicken sie alle Koffer rauf. Dann kriegen sie die Geiseln wieder, doch ihr Kollege bleibt bei uns.“


    ...

  • Kim sah geschockt zu Ben. „Was...was...warum?“, konnte sie nur stammeln. „Ganz einfach...wir werden mit ihm abhauen und sie werden uns einen Hubschrauber aufs Dach stellen. Wenn wir in Sicherheit sind, bekommen sie ihren Kollegen wieder. Sie haben dafür zwei Stunden Zeit. Nicht mehr, oder ihr Kollege segelt durchs Fenster.“ Danach war es still, nur noch das Tuten war in der Leitung zu hören. Langsam ließ sie das Handy sinken und sah dann zu Alex und Ben. „Dieser verdammte Scheißkerl...“, fluchte sie und warf beinahe ihr Handy zu Boden. „Er...er wird die anderen Geiseln frei lassen, doch er will Semir nicht gehen lassen. Dafür verlangt er nach einem Hubschrauber.“, erklärte sie auf die fragenden Blicke der Anwesenden hin. In Ben staute sich die Wut auf. „Chefin, das...das werden sie doch nicht machen oder? Ich meine, sobald die in der Luft sind, wird er Semir einen Flug in die Ewigkeit spendieren. Und zwar direkt auf das Pflaster hier.“ „Denken sie, das weiß ich nicht.“, fauchte sie zurück und Ben zuckte kurz zusammen. „Alex, finde einen Weg in den Saal hinein. Wenn die Geiseln raus sind, ist es vielleicht einfacher. Semir ist Polizist. Er weiß, was er tun muss.“, erklärte Kim nur. Alex nickte und machte sich sogleich an die Arbeit. „Ben, wir beide bringen das Geld nach oben und nehmen die Geiseln in Empfang. Nehmen sie einen Notarzt mit. Die Richterin muss sofort versorgt werden, wenn wir sie haben.“, erklärte die Kriminalrätin. Ben nickte ebenfalls.


    Brenner legte zufrieden das Handy weg und sah seine Männer an. „Okay, raus mit den Geiseln. Alle an die Tür.“, forderte er und ging dann zu Semir und der Richterin. Noch immer schien sie viel Blut zu verlieren. Semir hatte inzwischen schon die dritte Gaze auf die Wunde gedrückt, auf der sich abermals langsam ein kleiner roter Fleck abzeichnete, der mehr und mehr wuchs. „Alles gut...sie sind gleich hier raus.“, erklärte Semir Jenni nur. Diese nickte mit ihrer schweißnassen Stirn. „Das...das wird mein Freund wahnsinnig machen. Er...er hat mich heute noch gewarnt, als er mir mein Horoskop vorlas.“, lachte sie bitter und hob angestrengt ihren Kopf, als Brenner auf sie zukam. „Sie werden jetzt rausgebracht. Versuchen sie aufzustehen.“, kam es ruppig von Brenner. Semir sah ihm an, dass er die Richterin am Liebsten hochgezogen und zur Tür gestoßen hätte. Schützend beugte er sich über sie und ergriff ihren freien Arm. „Kommen sie...ich bringe sie bis zur Tür.“ Doch das ließ Brenner nicht zu. „Vergessen sie es, Gerkhan...sie bleiben hier bei mir. Das Blondchen kann die halbe Leiche hier wegschaffen.“, fauchte er und deutete auf Isolde Schrankmann. „Das Blondchen klebt ihnen gleich eine und ich hoffe, dass Gerkhan sie lebend kriegt. Ich werde ihnen so eine hohe Strafe aufbrummen, dass ihre Urenkel sie noch im Knast besuchen müssen.“, fauchte sie und handelte sich gleich wieder eine schallende Ohrfeige ein. „Das werden wir sehen...und jetzt raus hier.“ Mit blutender Lippe stützte Isolde Maria Schrankmann Richterin Jennifer Reinhardt, die noch einen kurzen, dankenden Blick über die Schulter zu Semir warf. Dieser erwiderte ihn und schloss kurz die Augen, als wolle er sagen...Keine Sorge, ich komm hier schon wieder raus.


    Die Tür öffnete sich. Sofort nahmen die SEK-Männer ihre Waffen in Anschlag und zielten auf die Türen. „Nicht schießen...wir...wir sind die Geiseln.“, erklärte einer der Schöffen und wedelte aufgeregt mit den Händen. Sofort sanken die Waffen und die vermummten Polizisten halfen den Menschen aus der Schusslinie. Kim und Ben standen in einer Seitennische und warteten, bis die letzte Geisel, Schrankmann und die verwundete Richterin, aus dem Saal waren. „So, und jetzt das Geld...“, harschte eine Stimme von drinnen. Kim nickte Ben nur zu, legte ihre Waffe auf den Sims und nahm zwei der Koffer und machte sich zur Tür auf. Auch Ben tat es ihr gleich und reichte als erstes, die Koffer hinein. Dann war Kim dran. Den ersten Koffer schob sie hinein und sah immer in das Gesicht des Mannes, der die Koffer entgegennahm. Als sie den zweiten hineinreichen wollte, packte plötzlich eine starke Hand den Unterarm der Kriminalrätin. „Ben...“, konnte sie noch schreien, ehe sie dann in den Raum gezogen wurde. Die Tür wurde verrammelt, ehe Ben etwas dagegen tun konnte. „Chefin...verdammt...Frau Krüger...“, schrie er und eilte zur Tür, doch diese war verschlossen. Er donnerte mehrmals gegen die Tür wie ein Boxer auf einen Sandsack. „Scheißkerle...was soll das? Gebt sofort die Chefin frei...“, fauchte er nur und trat mit voller Wucht gegen die Tür. Sein Handy klingelte.


    „Herr Jäger...ich hoffe, sie verzeihen mir meine kleine Planänderung...“, hörte der Günther Brenner lachen. „Was wollen sie, sie Arsch? Warum haben sie meine Chefin hineingezogen? Sie haben das Geld. Lassen sie sie sofort wieder gehen.“, fauchte Ben vor Wut ins Telefon. „Aber...aber...sie werden doch wohl nicht durch unbedachte Äußerungen das Leben ihrer Freunde riskieren wollen, oder?“, lachte Brenner höhnend ins Telefon. Ben schloss für einen Moment die Augen. Er musste jetzt ruhig bleiben. Das Leben von Semir und der Chefin stand auf dem Spiel. Sein Temperament durfte jetzt nicht die Oberhand über ihn gewinnen. „Was wollen sie, Brenner?“, knirschte er dann durch die Zähne. „So ist es brav...also, sie wissen vom Hubschrauber. Sie werden ihn mir in zwei Stunden aufs Dach stellen oder ich nehme mir ihre beiden Freunde vor. Haben wir uns verstanden?“ Brenners Stimme klang nicht, als ob sie nur leere Versprechungen machen würde. „Ja...ja ich habe verstanden.“, erklärte der junge Hauptkommissar nur und legte dann resigniert auf. Er ging zurück zu Alex. „Die haben Krüger geschnappt.“ „Was? Wie konnte das passieren?“, wollte der SEK-Leiter erschrocken wissen. „Sie...sie haben sie einfach gepackt und reingezogen. Ich...ich konnte nichts tun.“, erklärte Ben nur. „Schon gut...was wollen sie?“ „Einen Hubschrauber...in zwei Stunden soll er auf dem Dach stehen. Schaffst du das?“, fragte Ben und merkte, wie fertig er war. Seine Stimme war ganz belegt und krächzend. „Ich kümmere mich darum. Keine Sorge...vielleicht schaffen wir es aber auch so in den Gerichtssaal. Meine Leute scheinen eine guten Weg gefunden zu haben.“, erklärte er nur und verschwand dann. Ben ließ sich erschöpft auf die Bank fallen, wo er noch heute früh mit Semir einen Kaffee getrunken hat. Nun war sein bester Freund in den Händen eines Wahnsinnigen. Er hoffte, dass er einen Ausweg finden würde. Doch im Moment war Ben einfach nur erschöpft.


    ...

  • Semir sah erschrocken auf, als die Tür zugezogen wurde und Kim plötzlich im Raum stand. „Brenner, was soll das?“, fauchte Semir nur und war aufgesprungen. Günther Brenner drehte sich um und grinste fies. „Das wird eine Art Rückversicherung...und sie sollten hier nicht solch große Töne spucken. Sonst sind sie gleich wieder...aber ich denke, das wird sowieso das Beste sein, wenn sie und ihre Chefin sich jetzt auf die Stühle setzen. Los...vorwärts...“, fauchte Brenner und winkte seine Leute heran. Sofort wurde Kim von Greifer und Fuchs gepackt und zu einem der Stühle gebracht. Sie versuchte sich gegen den Griff zu wehren, mit ihren Füßen nach den Männern zu treten, doch es nützte nichts. Mit brutaler Gewalt wurde sie auf einen hohen Stuhl gesetzt, darauf festgedrückt und dann wurden die Hände hinter der Lehne mit Klebeband umwickelt. Ebenso ober- und unterhalb der Brüste wurde es um ihren Körper und um die Lehne geschlungen. Zuletzt wurden die Füße an die Stuhlbeine gebunden. Ebenso erging es Semir. Brenner hörte genüsslich zu, wie das Klebeband von der Rolle gezogen wurde und sich Bahn um Bahn um den Körper seiner beiden Geiseln legte. „So, und jetzt sind sie still, während ich das Geld zähle. Andererseits werden sie geknebelt und das wollen sie doch nicht, oder?“, höhnte er nur.
    Semir sah immer wieder zu Kim, die neben ihm saß. „Chefin, ich...“ „Semir, sie können dieses Mal nichts dafür...Zum Glück ist ihnen nichts passiert.“, flüsterte sie nur und sah immer wieder zu den Gangstern hinüber. „Wir müssen jetzt warten, was Ben und Alex machen.“ Semir nickte nur. „Sicherlich haben die Beiden schon einen Plan und wir sind bald hier draußen.“, meinte er aufmunternd. „Ruhe da hinten...“, harschte Oliver Fuchs nur und drehte sich dann wieder um. Die beiden Polizisten tauschten nur stumme Blicke aus. Mehr konnten sie nicht machen, so verschnürt, wie sie waren. Doch die Gangster waren unaufmerksam, aber die Stühle waren glatt. Keine relativ große Chance, die Fesseln durchzuscheuern. Dennoch versuchte Semir sein Glück und rieb kräftig das Klebeband an der Kante der Lehne immer auf und ab.


    Ein schrilles Klingeln riss ihn aus seinen Gedanken. Erschrocken sahen seine Augen sich um, suchten den Raum nach dem störenden Geräusch ab. Die Hand tastete sämtliche Taschen ab, bis es letztendlich das kleine Ding in seiner Hand lag. „Jäger...“, meldete sich der junge Hauptkommissar. „Hallo Ben...wie geht’s meinem Wuschelkopf?“ Es war Emily, Bens feste Freundin seit einigen Monaten. „Emily...du, ich kann im Moment nicht. Wärst du mir böse, wenn wir unser Rendezvous heute Abend aussetzen?“, fragte er mit schwerer Stimme. Einen Moment war es still am anderen Ende der Leitung. „Ist was passiert?“, fragte die junge, englische Schauspielerin. „Wir sind hier...in einer Geiselnahme. Semir und die Chefin wurden von schwerbewaffneten Männern im Gerichtssaal festgesetzt. Wir müssen eine Lösung finden. Tut mir Leid, ich...ich weiß nicht, wann ich heute nach Hause komme.“, erklärte Ben mit heiserer Stimme. Er wartete auf die Antwort seiner Freundin. „Okay...gut...aber denk dran, in zwei Tagen kommen meine Eltern...“, meinte sie nur. Ben wollte schon das Gespräch beenden, hörte er doch eine unterschwellige Enttäuschung mitschwingen. „Ach Darling...pass bitte auf dich auf. Ich brauch dich doch in einem Stück zum Verwöhnen.“, lachte sie mit ihrem süßen, englischen Akzent durch das Telefon. „Keine Sorge, Unkraut vergeht nicht...“, lächelte Ben nur müde und beendete das Gespräch.
    „Ben, ich denke, wir haben da einen Weg gefunden.“, stieß Alexander Hoffmann plötzlich aus. Der junge Hauptkommissar sah auf und sein Gesicht erhellte sich etwas. Sofort erhob er sich von der Bank und folgte dem Leiter zu einem kleinen Nebenraum. Dort führte eine Leiter zu einem relativ breiten Lüftungsschacht hinauf. „Wir haben ihn mit der Kamera abgefahren. Es passt ein Mann nach dem anderen durch. Wenn wir eine Blendgranate reinwerfen können, dann haben wir eine Chance, die Geiseln da unbeschadet raus zu bekommen.“, erklärte Alexander nur. Ben sah nach oben und überlegte. „Gut, bereite alles vor. Wir müssen verhindern, dass sie mit dem Hubschrauber verschwinden. Auf dem Dach ist ein kontrolliertes Eingreifen unmöglich.“, dachte Ben nur laut und ging dann wieder zur Bank zurück. Er musste sich seine Schutzweste anlegen. Sicher war sicher. „Keine Sorge Freunde, ich hole euch da raus.“


    Die Stunden rannen und rannen und noch war nichts vom Hubschrauber zu sehen. Immer wieder sah Ben auf die Uhr. Mittlerweile kam die Nachricht aus dem Krankenhaus, dass die Richterin außer Lebensgefahr war. Wenigstens das war für Ben eine Erleichterung. „Okay, wie willst du vorgehen, Alex?“, fragte Ben dann und strich sich durchs Haar. Es klebte schweißnass zwischen seinen Fingern. „Wir werden unseren kleinsten Mann reinschicken, leise das Gitter entfernen lassen und ihn mit einer Blendgranate ausrüsten. Die Männer gehen vorm großen Saal und im Richterzimmer in Stellung und werden dann, wenn die Granate zündet, eindringen.“, erklärte der erfahrene und geschulte SEK-Leiter. Ben nickte nur. „Sind deine Leute schon in Position?“, wollte der junge Hauptkommissar wissen. „Schon seit fünf Minuten. Wir arbeiten nur noch daran, dass unser Mann lautlos durch den Metallschacht kommt.“, erklärte er. Ben nickte und hörte auf einmal ein Geräusch. Der Hubschrauber näherte sich. Verdammt, das war zu früh. „Wie lange braucht ihr noch? Ich glaube, dieser Brenner will sich gleich absetzen.“ „Nicht mehr lange...höchstens zehn Minuten. Dann können wir den Mann in den Schacht schicken.“ Ben nickte nur und ging wieder nach draußen. Er sah nach oben und entdeckte den Hubschrauber. „Wo soll ich landen?“, fragte der Pilot über Funk. Ben überlegte kurz und sah sich um. Die Gangster hatten den Hubschrauber schon sicherlich bemerkt, doch er konnte sie hinhalten. Vielleicht fiel ihm ja noch eine Überraschung für den Fall ein, dass die Blendgranate nicht klappte. „Landen sie auf dem Dach und warten sie im Helikopter auf mich.“, bat Ben.


    ...

  • Semir und Kim hörten das Schlagen der Rotorblätter und sahen zu den Fenstern. Auch Brenner und seine Leute drehten sich um und gingen an zu grinsen. „So, jetzt endet unser kleines Abenteuer bald. Tja Gerkhan, sie haben mich lange genug aufgehalten und jeden meiner Versuche, ihnen einen angenehmen Tod zu bereiten, zunichte gemacht.“, lächelte Brenner, als er mit der Waffe in der Hand immer dichter in Semirs Richtung kam. „Sie werden sich noch wundern, Brenner...ich werde sie kriegen und dann schmeiße ich sie aus dem Fenster.“, fauchte er nur und rüttelte an den Fesseln. Brenner grinste und tätschelte das Gesicht des Hauptkommissars. „Och Gerkhan, ich werde sie vermissen. Nur keine Sorge, ihre Chefin werden wir auch freilassen...sie darf ihnen vorausspringen...ohne Fallschirm.“, lachte der Mann nur und ging dann zum Fenster, zückte das Handy hervor, dass er seinem Gefangenen abgenommen hatten. Mit ein paar wenigen Handgriffen war die Tastensperre entsichert und mit der grünen Taste die Wiederwahl der schon bekannten Nummer eingegeben, die er an diesem Tag schon öfters angerufen hatte. „So Jäger, ich hörte, der Hubschrauber ist schon da. Du wirst deine Leute, vor allem diese schwarz vermummten, schießwütigen Cowboys zurückhalten. Wir wollen doch nicht, dass deinem Kollegen oder einer Chefin etwas passiert.“, lachte Brenner nur und beendete das Gespräch wieder, ehe sein Gesprächspartner Widerworte geben konnte.
    Ben hatte keine Chance zu antworten, geschweige denn mit Semir zu reden. Mittlerweile war er auf dem Dach und sah sich um. Der Helikopter war genau vor ihm und der Pilot stand direkt neben ihm. „Okay, ich denke, sie werden nicht mehr gebraucht. Ähm, kann man sich im Helikopter irgendwo verstecken, wo man nicht gesehen wird, aber dennoch gut hervorkommen kann?“, wollte Ben wissen. Der Pilot bejahte dies und zeigte Ben die Stelle. Er bedankte sich und griff zum Funk. „Alex, ich habe eine Idee. Wie schnell kannst du mit einigen Leuten auf dem Dach sein?“, fragte er. Der SEK-Leiter schien zunächst verwirrt, doch als Ben ihm seinen Plan erklärte, verstand er und kam mit fünf Leuten aufs Dach geeilt. Ben gab die nötigen Anweisungen und wartetet dann auf einen weiteren Anruf von Brenner. Dieses Mal würde der Gangster jedoch eine Überraschung erleben.


    Alex positionierte seine Leute um den Saal herum und gab ihnen die strickte Anweisung, die Gangster aufs Dach zu lassen. Dort oben hatte er einige seiner besten Leute versteckt. Ben war auch dort oben und würde im richtigen Moment rausspringen. Jetzt musste er nur noch sich verstecken und dann konnte alles losgehen. Nochmals überprüfte er seine Waffe und steckte sie ins Halfter zurück. Ben erging es nicht anders. In seinem Versteck war es eng und muffig. Dort, wo er war, lag er ungemütlich und zusammengefaltet wie eine viel zu große Sardine in einer viel zu kleinen Dose. Seine Beine waren derart angewinkelt, dass er die Knie fast im Gesicht hatte. Mehrmals hatte er versucht, ob er hier gut und überraschend rauskam. Das ging ganz gut, doch um sich wieder in sein Versteck zu zwängen, musste er fast Yogaübungen bis zum Brechen seiner Wirbelsäule machen. Wenigstens kam er noch ans Handy. „Jäger...“ „Ich hoffe, sie sind vom Flur weg?“, fauchte die Stimme von Brenner in sein Ohr. „Sie können rauskommen, aber das eine sag ich ihnen, ich krieg sie und dann mache ich sie fertig.“, zischte Ben nur und hörte dann das tödliche Tuten der stillen Leitung an sein Ohr dringen. Jetzt geht es gleich los.
    Brenner stand vor Semir und zückte ein Messer. „Keine Angst, so einfach mache ich es dir nicht.“, höhnte er, als er Semirs erschrockenen Gesichtssausdruck sah. Brenner durchschnitt das Klebeband, dass um den Körper und die Füße seiner Geiseln gewickelt war. „So, und jetzt werden wir gemeinsam den Saal verlassen. Ich nehme Gerkhan hier...Greifer du nimmst das Schätzchen hier...und Fuchs, sie nehmen die beiden Koffer. Die Anderen folgen uns. Los geht’s.“, stieß Brenner nur aus und griff sich den gefesselten Semir, hielt ihn an einem Arm wie ein Schutzschild vor sich und presste ihm die Waffe an die Halsschlagader. Hans Greifer machte es genauso bei Kim und Oliver Fuchs nahm die vier Koffer in die Hände. vier andere bewaffnete Gangster bildeten die Nachhut. Brenner öffnete die Tür und stieß seine Geisel hinaus. Sofort richteten sich mehrere Gewehrläufe auf die Gruppe. „Zurück oder eure Kollegen beißen gleich hier ins Gras.“, fauchte Günther Brenner nur und presste seinem menschlichen Schutzschild die Waffe immer weiter in den Hals. Langsam bildete sich eine Druckstelle und Semir stöhnte kurz auf. Die SEK-Leute wichen zurück und gaben den Weg zum Dach frei. Brenner führte Semir voran, blieb dann an der Tür zur Treppe stehen und ließ seine Männer vorgehen, erst dann folgte er mit Semir.


    Seine Männer waren schon auf dem Dach, als Brenner endlich kam. Sofort ging dieser vor und schob immer wieder Semir vor sich her. Greifer folgte mit der Chefin. Dahinter die vier bewaffneten Männer mit Fuchs in der Mitte. Sie ahnten noch nichts von dem bevorstehenden Gewitter, was gleich über sie hineinbrechen würde. „Okay...wir sind gleich am Helikopter. Fuchs, sie gehen vor und laden die Koffer ein. Starten sie die Maschinen.“, forderte Brenner nur und sah sich immer wieder um. Oliver Fuchs nickte und brachte die vier schweren Koffer in das große Monstrum. Er legte sie auf den Copilotensitz und machte sich an den Knöpfen zu schaffen. Brenner ging mit Semir auf die hintere Kabine zu und stieß ihn rein. „Gut, jetzt die andere...“, forderte er und Greifer machte einige Schritte auf ihn zu, doch plötzlich ertönte laut „Zugriff“ und schon stürmten von allen Seiten schwarz vermummte Polizisten auf die Gruppe zu und riefen immer wieder Befehle, sie sollen die Waffen niederlegen. Doch die dachten daran gar nicht, sondern eröffneten das Feuer auf die Polizisten. Sofort sprangen diese in Deckung und erwiderten das Feuer. Greifer wollte Kim als Schutzschild benutzen, doch diese trat nur aus und versetzte den Mann mit ihrem Kopf einen Magendämpfer. Stöhnend ging dieser zu Boden. Kim sah sich nach Semir um, doch dieser war immer noch fest im Griff von Brenner. „Kim, in Deckung...“, hörte sie die Stimme von Alex. Sie drehte sich um und spürte plötzlich einen brennenden Schmerz in ihrem Oberarm. Eine verirrte Kugel hatte sich in ihren Oberarm gebohrt. Geistesgegenwärtig ließ sie sich zu Boden fallen und sah nur, wie die Verbrecher von den Polizisten überwältig wurden. Doch was war mit Semir?
    Erschrocken hing der Deutschtürke immer noch im Griff des Bandenführers Brenner, als die Kugeln um ihn einschlugen. „Los, mach das du da rein kommst.“, fauchte er nur und stieß Semir auf die Tragfläche des Hubschraubers. „Fuchs...los, bring diesen Teekessel in die Luft.“, knurrte Brenner nur und sofort starteten die Rotorblätter, der aufsteigen Wind der Roteren war so stark, dass er allen Beteiligten regelrecht die Beine wegzog. „Nun starte doch schon...“, knurrte Brenner und hielt Semir mit seinem Fuß auf dem Boden fest, presste die Waffe direkt in seinen Nacken. Regungslos blieb Semir liegen, rührte sich nicht, als die Kufen sich langsam vom Dach hoben. „Semir...“, hörte er plötzlich Kim schreien. Er wollte etwas erwidern, doch Brenner hatte die Waffe so dicht in seinen Hals gepresst, dass schon das Atmen schwer fiel. Höher und höher hoben sie sich in die Luft und Semir sah seine letzte Chance auf Rettung dahinschwinden.


    Ben ruckelte in seinem Versteck hin und her. Nur noch eine kurze Zeit. Er konnte Brenner sehen, wie er ihm den Rücken zuwandte. Warte nur...gleich hab ich dich...dachte Ben nur und zückte mit einer unangenehmen Bewegung die Waffe, die an seinem Gürtel hing. Die Tür konnte er ohne Geräusch öffnen, das hatte er vorhin ausprobiert. Er zwängte sich aus seinem Versteck und brachte sich in Position. „Brenner...geben sie auf. Ich habe sie im Visier.“, fauchte er und hielt seinen Gegner direkt in Schach. Brenner, erschrocken über das plötzliche Auftauchen von Ben, ließ Semir los. Dieser wandte seinen Kopf so gut es ging und lächelte erleichtert, als er seinen Partner sah. „So? Du bist es also?“, fauchte Günther Brenner und drehte sich langsam um. Die Waffe hatte er noch immer in der Hand. Ben zielte genau und schoss. Brenners Arm zuckte auf und die Waffe flog aus dem Hubschrauber. Doch damit war es nicht genug.
    Günther Brenner ging auf Ben los, eher dieser einen zweiten Schuss abgeben konnte. Sie rangelten und kämpften miteinander. Brenner ergriff Bens Waffe und wollte sie ihm entreißen, schlug die Hand auf sein Knie, bis der junge Hauptkommissar die Pistole fallen ließ. Sie schlidderte einige Zentimeter auf der Tragfläche und blieb dann vor Semirs Füßen liegen. Brenner stieß Ben von sich und wollte nach der Waffe greifen, doch Semir reagierte geistesgegenwärtig. Er nahm seine Kraft zusammen und stieß mit seinen gefesselten Füßen die Pistole aus dem Hubschrauber. „Du mieses, kleines Türkenschwein...“, schrie Brenner nur und packte den Deutschtürken an seinen Fesseln und wollte ihn aus dem Fluggerät werfen. Ben kam seinem Partner zu Hilfe, packte seinen Gegner und schleuderte ihn gegen den Feuerlöscher. Unsanft fiel Semir zu Boden, rollte fast von der Ladefläche. „Semir...“, stieß Ben verzweifelt aus und packte seinen Partner unter die Bank. „Danke...Vorsicht hinter dir...“, schrie Semir nur und schon warf sich Brenner auf Ben. Sie kämpften und verloren das Gleichgewicht. „Wuaaaaaaaaaaaahhhh...“, hörte Semir nur seinen Partner schreien und dann kam nichts mehr. Die Rotoren schmetterten vor sich hin und der Hubschrauber verlagerte sich leicht zur Seite. Geschockt und vollkommen fassungslos sah Semir auf die Öffnung der Tragfläche, doch kein Ben kam wieder nach oben. Was war mit Semirs Partner? War er wirklich in die Tiefe gestürzt?


    ...

  • Ben hing an der Kufe des Helikopters und klammerte sich fest. Seine Knöchel waren vollkommen weiß, weil etwas schweres an ihm haftete. „Ich...ich bring dich um, Jäger...Du hast meine Pläne zum letzten Mal durchkreuzt.“, schrie Brenner von unten. Er klammerte an Bens Beinen, zerriss ihm fast die Hosenbeine. Der junge Hauptkommissar sah nur nach unten in das hasserfüllte Gesicht seines Gegners. Noch immer stieg der Hubschrauber und überflog mittlerweile bewaldetes, nicht bewohntes und von Gesteinszügen durchzogenes Gebiet. „Du spuckst ganz schön große Töne...und weißt du was, das geht mir auf den Sack. Einen guten Flug wünsch ich...“, stieß er nur aus, winkelte sein anderes Bein an und stieß zu. Schreiend und knirschend fiel Brenner in die Tiefe, nahm das rechte Hosenbein von Ben mit sich in die Tiefe. Ben wartete nicht auf den Aufschlag, er zog sich schnell wieder an der Kufe hoch und kletterte zurück in den Heli.
    Semir bekam große Augen, als er sah, wer da wieder in den Helikopter zurückgekrochen kam. „Ben...ich...ich dachte, du wärst...“, stammelte Semir nur. „Wie? Dachtest du, ich lasse dich alleine?“, grinste er und zog seinen Partner unter der Bank hervor, zerschnitt ihm die Fesseln und half ihm beim Aufstehen. „So, und was machen wir nun? Wer fliegt eigentlich diese Maschine?“, fragte Ben nur. „Fuchs...wir müssen ihn überwältigen.“, stieß Semir aus. „Sicher hat er von unserem Kampf etwas mitbekommen.“ Ehe Ben diesen Satz zu Ende gesprochen hatte, flog der Heli eine Kurve und neigte sich stark zur Seite. „Wow...“ „Halt dich fest...“, schrie Semir nur und kippte dem Ausgang entgegen. „Was meinst du, was ich hier tue...“, stieß Ben aus und klammerte sich an die Bank. „Was denn...was denn...was denn...sie sind immer noch da?“, hörten sie Oliver Fuchs aus den Lautsprechern höhnen. „Verdammt, der will uns eine kostenfreie Flugstunde verpassen.“, stieß Ben aus. Semir nickte nur und sah sich um. In einer Ecke lagen zwei große Taschen mit Riemen daran. „Ich hab eine Idee...“, stieß Semir nur aus und hangelte sich zu den Taschen rüber.


    Er band sich einen Fallschirm um und gab den zweiten an Ben weiter. Auch er schnallte ihn sich um und sah Semir dann an. „Und was jetzt? Wenn wir springen, dann entkommt dieser Mistkerl da vorne.“, knurrte der junge Hauptkommissar und hielt sich an der Haltestange fest. „Keine Sorge...hast du deine Handschellen bei?“ Ben bejahte dies und reichte sie seinem Kollegen. Semir legte sich eine Schelle um und stieg dann auf die Kufen hinaus. Ben ahnte, was Semir vorhatte und musste nun Fuchs ablenken. „Hey, du Winkeladvokat...war das etwa schon alles?“, fragte er nur und schon im nächsten Moment schlug der Hubschrauber nach rechts aus. Beinahe hätte Ben das Gleichgewicht verloren. Was war aber mit Semir? Blieb dieser unentdeckt bei Fuchs Manöver? „Was denn? Mehr haben sie nicht zu bieten?“, forderte Ben nur und schon neigte sich der Hubschrauber nach vorne und dann wieder nach hinten. Der junge Hauptkommissar wurde durchgeschüttelt, stieß beim zweiten Manöver mit der Nase gegen den Feuerlöscher. „AUTSCH...du verdammte Wildsau...“, schrie Ben und merkte, wie das Blut aus seiner Nase schoss. Sicher würde die morgen blau und lila anlaufen. Na warte, dachte er nur und ging zum Ende der Tragefläche, sah hinaus. Verdammt, wo war Semir?
    Semir klammerte an der Unterseite der Kufe, außerhalb von Fuchs Sichtweite. Bei den verschiedenen Manövern hatte er für einen Moment das Gleichgewicht verloren. Doch nun zog er sich wieder hoch, hangelte sich zur Tür vor und blickte Fuchs an. Dieser sah konzentriert nach vorne, zog den Hubschrauber immer höher und höher. Mittlerweile durften sie schon bei 1800 bis 1900 Meter sein. Die Luft war windig, doch das war Semir egal. Er hielt sich mit der einen Hand fest und riss mit der anderen die Tür auf, ließ schnell die Handschelle um das Handgelenk von Fuchs einrasten. Dieser war so erschrocken, dass er sich kaum wehrte. Semir löste den Gürtel des Piloten und zog ihn dicht an sich. „So...du entkommst mir nicht, Freundchen.“, fauchte er und drehte sich kurz zu Ben um. „Ben...spring...ich hab ihn.“, schrie er nur und stieß sich von der Kufe ab. Fuchs flog unweigerlich mit in die Tiefe. Doch nun war der Hubschrauber ohne Piloten und geriet außer Kontrolle. Semir und auch Ben, der nur einige Meter neben ihm fiel, sahen, wie das schwere Gefährt in der Luft schlingerte und dann wie ein Stein gen Boden sauste. Fuchs klammerte sich an Semir. „So, dann wollen wir mal weich landen...“, sprach er und zog schon an der Reißleine. Ben tat es ihm gleich und sie segelten sicher und unversehrt zu Boden. Glücklich dort angekommen und von dem Fallschirmüberresten befreit, standen sie nun vor einer neuen Herausforderung. Sie mussten ein Telefon und vor allem erstmal ein Haus oder ähnliches finden. Hier, wo sie waren, war nichts als Wald und Feld. „Hast dir ja einen super Platz zum Landen ausgesucht.“, knurrte Ben nur. „Hey, denkst du, ich kann das beeinflussen? Los jetzt, suchen wir ein Telefon.“, stieß Semir nur aus und zog Fuchs hinter sich her. Ben ging ebenfalls neben ihn um den Anwalt notfalls in Schach zu halten.


    ...

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  • Sie liefen schon seit einigen Stunden durch die Landschaft und noch immer war von einem Haus oder einer dichteren Besiedlung von Menschen nichts zu sehen. „Semir, bist du sicher, dass es hier zum nächsten Ort geht?“, fragte Ben hechelnd und sah sich immer wieder in alle Richtungen um. „Ich weiß es nicht...denkst du, ich kenne die Gegend hier?“, kam es nur mit vollkommen vertrockneter Stimme. Fuchs war ebenso ausgetrocknet, doch in seinem Kopf arbeitete es. Er musste sich befreien. Doch zuallererst musste er was zu trinken haben. Immer weiter ging es durch die rheinische Botanik. Nach gut zwei weiteren Stunden hörte Semir ein Wasserrauschen ganz in der Nähe. „Eine Wasserquelle...endlich...“, stieß er aus und zog seinen Angeketteten und Ben dem Rauschen hinterher. Tatsächlich fanden sie eine kleine, sprudelnde und frische Quelle, die direkt aus einem Berg zu kommen schien. Wie drei ausgetrocknete Bergziegen hingen sie in der Quelle und schluckten, was das Zeug hielt. Oliver Fuchs war der erste, der seinen tiefen Durst gestillt hatte. Er sah zu Gerkhan und Jäger. Diese waren noch nicht fertig und das war Olivers Chance. Er war mit der linken Hand an Gerkhan gekettet. Wenn er es geschickt anstellte, dann konnte er seinen Bewacher mit den eigenen Handschellen in den Schwitzkasten nehmen. Ein Funken in seinen Augen entstand und sah langsam zu Semir hinüber.
    Wie eine Schlange schnellte er herum und drehte Semir den Arm so um den Hals, dass dieser kaum atmen konnte. Ben sah erschrocken auf und blickte in die entsetzten Augen seines Partners. „Eine falsche Bewegung, Bulle, und dein Freund hier stirbt.“, fauchte Fuchs nur und drückte weiter zu. Semir röchelte nur und konnte sich kaum aus dem Griff befreien. „Okay...Fuchs...keine Panik...sie machen alles nur noch schlimmer...lassen sie meinen Partner los.“, versuchte Ben den Mann zur Aufgabe zu bringen. „Netter Versuch...aber du solltest hier nicht so lange quatschen. Rück lieber die Schlüsseln für die Handschellen raus und schließ die Dinger auf.“, forderte Fuchs nur. Ben nickte langsam und machte einige vorsichtige Schritte auf die Beiden zu. Er wusste, wo Semir den Schlüssel hatte. Aber irgendwas musste ihm einfallen. Er und auch Semir waren unbewaffnet und Fuchs ebenfalls. Ben musste diesen Kerl irgendwie in Sicherheit wiegen. Vielleicht konnte er so Semir befreien. „Sorry Partner...“, murmelte der junge Hauptkommissar seinem Freund ins Ohr, als er mit der Hand in Semirs Hosentaschen fuhr. Dieser nickte nur. Nachdem Ben den Schlüssel gefunden hatte, hielt er ihn hoch und sah Fuchs an. „Los, her damit...“, forderte dieser ungeduldig und schien für einen Moment den Griff zu lockern. Das war Bens Chance.


    Er holte aus und schlug zu. Wie vom Blitz getroffen sank Oliver Fuchs in sich zusammen. „Wow...danke Partner...das war knapp und höchste Eisenbahn.“, stieß Semir keuchend aus und rieb sich den Hals. „Der Kerl ist ganz schön gerissen. Wir sollten jetzt auf Nummer sicher gehen und ihm jetzt die Hände auf den Rücken zusammenbinden.“ Semir nickte nur und schloss die andere Schelle von seinem Handgelenk ab. Schnell und bevor Fuchs wieder zu sich kam, waren die Handschellen hinter seinem Rücken mit den Händen verbunden. „Was machen wir aber jetzt mit ihm? Ich meine, wir können ihn doch nicht so einfach durch den Wald zerren.“, kam es von Ben und er sah sich um. Hier war nichts...nichts, was ihnen helfen könnte. „Wir müssen es halt machen...los, hilf mal...“, meinte Semir nur und packte Fuchs unterm Arm. Ben nahm die andere Seite und gemeinsam zogen sie den bewusstlosen Anwalt über den Waldboden. Doch noch immer wussten sie weder wo eine Ortschaft noch die nächste Straße war. „Man, ist der schwer...“, kam es ächzend von Ben. „Allerdings...dabei sieht der nach Hämpfling aus.“, kam es von Semir. „Weißt du überhaupt, wo wir hin müssen?“ „Erstmal raus hier aus dem Wald...dem Fluss nach würde ich sagen.“, knurrte der Deutschtürke nur. Sie zogen ihrem Gefangenen hinter sich her und erreichten tatsächlich den Waldausgang. „Na bitte... jetzt nur noch eine Straße oder ein Haus finden und wir sind gerettet.“
    Jacob Reutling fuhr mit seinem kleinen Transporter über die Landstraße. Schon zu lange war er auf den Beinen. Die Augen wurden immer schwerer, da er wusste, dass er gleich zu Hause war. Nur noch ins Bett, dachte er und sah nur kurz in den Straßengraben. Plötzlich trat er auf die Eisen und setzte kurz zurück. „Hallo? Ist alles mit ihnen in Ordnung?“, rief er aus der heruntergelassenen Scheibe den drei Leuten entgegen. „Ja danke...sagen sie, können sie uns mitnehmen oder haben sie ein Telefon bei sich? Wir sind von der Polizei und müssten dringend mal telefonieren.“, forderte der Kleinere von den Dreien. „Ein Telefon hab ich nicht, aber mein Hof liegt nur drei Kilometer von hier. Dort gibt es ein Telefon.“, erklärte Jacob und sah dann, dass einer an den Händen gefesselt war. „Ist das...ist das ein Verbrecher?“ „Ja, aber keine Angst. Er wird ihnen nichts tun.“, kam es von dem Mann, dessen Haare wuschelig waren und der einen Dreitagebart trug. Jacob nickte und ließ die Tür aufklappen. „Ich mache ihnen hinten auf, aber bitte Vorsicht. Die Fracht ist sehr zerbrechlich.“, erklärte Jacob Reutling und schloss hinten auf. Dankend nickte Ben und kletterte mit Fuchs hinten rein, während Semir vorne Platz nahm. Schon ging die Fahrt los.


    ...

  • Kim ließ sich den Oberarm verbinden und war danach sofort wieder neben Alexander Hoffmann. „Verdammt, haben wir irgendeine Spur? Wissen wir wenigstens die Richtung, in die Brenner und Fuchs geflogen sind?“, zischte sie mit besorgter Stimme. „Leider nein...noch nichts.“, erklärte der Mann. Kim seufzte nur und rieb sich ihren geschundenen Arm. „Wir müssen eine Spur finden. Die Streifen sind ausgeschickt oder? Was ist mit der Flugsicherung?“, fragte Kim nach. „Bisher noch keinen Rückruf.“, kam es knapp von Alex. Die Chefin der Autobahnpolizei nickte nur und rieb sich dann die Augen, als plötzlich ihr Handy in der Tasche vibrierte. Sie sah auf den Display und runzelte die Stirn. Die Nummer kannte sie doch gar nicht, doch wer sollte sie anrufen, wenn nicht Semir und Ben. Sofort betätigte sie den grünen Knopf und hielt sich voller Erwartung das Handy ans Ohr und lauschte der Stimme, die ihr gleich antworten sollte.
    „Hallo? Semir? Ben?”, stieß sie in den Hörer aus. „Chefin, hier ist Semir...“, kam die erschöpft klingende Stimme des Deutschtürken aus dem Hörer. „Sind sie in Ordnung? Was ist mit Brenner?“, kamen sofort die Fragen von Kim. „Brenner ist tot...er liegt irgendwo zerschellt. Fuchs haben wir hier bei uns. Wir sind soweit in Ordnung...nur durstig und verdreckt. Chefin, wir sind hier auf einem kleinen Bauernhof kurz vor Kirchweiler bei Daun erklärte der Deutschtürke nur. Kim schloss erleichtert die Augen. „Bleiben sie, wo sie sind. Wir holen sie ab.“, erklärte sie und legte dann auf. Wie hatte sie gehofft, dass ihren beiden besten Männern nichts passiert war. Auch schon wegen Semirs Familie und Bens Freundin, die er neuerdings hatte. Ja, auch wenn Ben es nicht dachte und merkte, aber Kim bekam doch so manches in der Station mit und natürlich interessierte sie sich auch, wenn nicht offensichtlich, für den Stationstratsch. „Alex, ich hab sie eben am Telefon gehabt. Sie sind in Kirchweiler. Fahren wir.“, forderte Kim nur. Der Mann nickte, ließ sich einen Wagen geben und verständigte einen weiteren Streifenwagen. Nach fünf Minuten fuhren die beiden Wagen los und nahmen den direkten Weg über die Autobahn. Bis nach Kirchweiler war es eine Fahrt von etwa zwei Stunden.


    Semir legte den Hörer zurück in die Gabel und drehte sich um. Hinter ihm saß Ben an einem großen Bauerntisch und aß genüsslich und vollkommen ausgehungert das, was ihm ihr Gastgeber auftischte. „Ich hoffe, es ist reichlich. Ansonsten kann ich auch noch frische Eier in die Pfanne hauen und ein Rührei mit Speck machen.“, meinte Jacob Reutling nur. „Würden sie das wirklich machen?“, fragte Ben mit vollem Mund und sah den jungen Bauern mit großen, hungrigen Augen an. „Lassen sie mal...das hier wird uns schon reichen. Vielen Dank.“, meinte Semir nur und setzte sich wieder an den Tisch. Jacob nickte und ging kurz aus der Küche. „Sag mal, musst du so verfressen sein?“, knurrte Semir nur. Ben sah ihn unschuldig an. „Wieso? Er hat es uns doch angeboten. Und ein solches Angebot soll man ja nicht ablehnen.“, grinste der junge Hauptkommissar nur. Semir grinste ebenfalls und sah zu Fuchs hinüber, der an ein dickes Heizungsrohr gefesselt war. „Die Chefin wird sicherlich mehr als zwei Stunden hierher brauchen. Wir haben also noch etwas Zeit und sollten uns stärken.“, meinte Semir und langte kräftig zu. Auch Ben ließ sich das nicht zwei Mal sagen und nahm sich noch mehr von der selbstgemachten Salami und auch das Brot ließ er nicht außen vor.
    Nach gut zwei Stunden und zweiundzwanzig Minuten fuhr Kim mit Alexander Hoffmann vor und begrüßte ihre beiden Männer mit einer kollegialen Umarmung. „Schön, dass ihnen nichts passiert ist.“, meinte sie erleichtert und sah dann zu Fuchs. „Und ihnen wird der Prozess gemacht. Darauf können sie sich verlassen.“, fauchte sie nur und winkte zwei Polizisten herbei, die den Gefangenen übernahmen. „Wie geht es der Richterin?“, wollte Semir wissen, als er wieder neben der Chefin stand. „Den Umständen entsprechend. Sie scheint aber über den Berg zu sein.“, erwiderte Kim nur. Semir nickte. „Endlich ist dieser Alptraum vorbei und ich kann meine Andrea und die Kinder wieder in den Arm schließen.“, seufzte er erleichtert. Ben grinste nur. „Und ich kann mich meiner Emily widmen. Ihre Eltern wollten kommen. Mal sehen, was das wird.“, meinte der junge Hauptkommissar. „Sie beide haben sich Urlaub verdient. Ich gebe ihnen zwei Wochen zur Erholung. Nutzen sie die Zeit gut.“, lächelte Kim nur. Schon kurz darauf waren sie auf dem Rückweg nach Köln und auf dem Weg zu neuen Abenteuern entlang von Autobahn und Rastplätzen.





    Ende.



    Aber Semir und Ben ermitteln weiter... „Freitag, der Dreizehnte“

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