Betrogen

  • „Verdammt, wo bleiben die beiden denn?“, fauchte Tobias Neumann und sah auf die Uhr. So langsam reichte es ihm mit der Dehnbarkeit des Begriffes „gleich“. Diese beiden Autobahnpolizisten glaubten wohl, sie könnten ihn zum Narren halten. Sie sollten sich schon seit dreißig Minuten um die Sicherheitsvorkehrungen kümmern und noch immer war keiner in Sicht. „Das darf doch wohl nicht wahr sein...“, stieß er knirschend aus und griff nach seinem Handy. Doch ehe er die Nummer von Kim Krüger wählen konnte, kam auch schon ein silberner Mercedes aufs Gelände gefahren. „Na endlich...sie glauben wohl, sie können sich alles erlauben, was?“, fauchte er die beiden Kommissare sofort an, als die noch nicht einmal aus ihrem Wagen gestiegen waren. „Könnten sie mal aufhören, am frühen Morgen so herumzuschreien.“, knurrte Semir und setzte seinen Kaffeebecher an den Mund. Ben beobachtete den wie einen kleinen Wichtel auf- und abspringenden Wirtschaftssekretär mit gleichgültigem Blick. „Sie...das ist ja wohl die größte Frechheit, die mir je untergekommen ist...trinken sie hier keinen Kaffe sondern machen sie ihre Arbeit.“, schrie Neumann und stampfte wie Rumpelstilzchen vor den Kommissaren auf und ab. „Ist ja gut...nun zerreißen sie sich nicht gleich ihren Anzug...so, wie sie aussehen, haben sie nur den einen.“, meinte Semir mit unbekümmertem Gesicht. Er warf den leeren Becher in einen Müllbehälter und zog Ben dann mit sich. „Das...sie hören noch von mir...“, schrie Tobias Neumann den beiden Kommissare nach.


    ...

  • „Was denkt sich dieser Fatzke eigentlich? Wenn wir ihm schon helfen, dann sollte er froh sein, dass wir es überhaupt tun.“, knurrte Semir, der solche Wichtigtuer überhaupt nicht ab konnte. Ben nickte nur und trank seinen Kaffee weiter. „Hast du denn gar nichts dazu zu sagen?“, fauchte Semir ihn nur an. „Hey...du bist es, der mit den Obrigkeiten nicht klar kommt...nicht ich...“, lachte er nur. Semir blieb stehen und drehte sich um, sah seinen Kollegen mit erstauntem Gesicht an. „Du und die Obrigkeit stehen doch genauso auf Kriegsfuß wie ich ... ich sag nur Christopher Holmes...“, grinste Semir. „Komm mir nicht mit dem...diese Antipathie hat einen anderen Grund.“, wich Ben aus und wollte weitergehen. Doch Semir hielt ihn fest. „Moment, das will ich jetzt wissen...“, stichelte Semir weiter. „Semir, da gibt es nix zu wissen...ich kann diesen abgehobenen Engländer einfach nicht riechen...er...er...er ist wie mein...Vater...“, knurrte der junge Hauptkommissar und sah Semir an. „Ah, da haben wir es ja.“, lachte der Deutschtürke. „Können wir uns jetzt um die Sicherheitseinrichtungen kümmern? Danke...“, fauchte Ben und ging einfach weiter. Semir grinste nur und folgte ihm dann aber. Gemeinsam machten sie sich an die Arbeit, überprüften die Sicherheitsausstattungen, sahen sich mögliche Fluchtwege oder Attentatsverstecke an, prüften, wie leicht oder schwer man auf das Gelände kam. „Da wir ja sowieso die ganze Zeit draußen stehen werden, ist das denke ich genug für heute.“, meinte der Deutschtürke und sah seinen Kollegen nur an. Ben nickte. „Vor allem werden doch sowieso nur Hotte und Dieter diesem Einsatz zugeteilt. Semir, wir dürfen nach dem heutigen Auftritt sicherlich im Büro sitzen und Däumchen drehen.“, grinste Ben nur. „Ist doch auch nicht verkehrt, oder?“, lachte Semir zurück und beide gingen zu ihrem Wagen.


    Sir Christopher stand, nervös mit seinem Fuß klopfend, im Flur seines Hauses und band sich seine Schuhe zurecht. Noch einmal ging er mit einer rauen Bürste über das blanke Leder und schabte den letzten Dreck von der Oberfläche. „Verdammt Nussbaum, wo bleiben sie?“, fauchte er sein Spiegelbild an, als er sich noch einmal die Krawatte zurechtrückte, bevor er seinen Mantel über das Jackett zog. Immer wieder sah er auf die Uhr und nach draußen, doch der Wagen von Peter zeigte sich nicht. „Verdammt, dann nehm ich mir ein Taxi.“, knurrte er, holte sein Handy aus den Tiefen des Jacketts hervor und bestellte sich ein besagtes Transportmittel.

  • Während er warten musste, ging er zurück ins Wohnzimmer, wo sein Sohn George vor dem großen Flügel saß und auf einigen Tasten herumklimperte. „Papa...spielst du mit mir?“, wollte der kleine Mann wissen und deutete auf den Sitz neben sich. Ein zufriedenes Lächeln huschte über das Gesicht des glücklichen Vaters, als er sich neben seinen Sohn setzte und begann, den Flohwalzer zu spielen. An einer bekannten Stelle setzte George mit ein und das Spiel wurde zweistimmig. Beide hatten soviel Spaß dabei, dass erst das dritte Klingeln der Haustür es unterbrach. Nicht ohne das Versprechen seinem Sohne gebend, heute Abend wieder mit ihm Klavier zu spielen, verließ Sir Christopher sein Heim und stieg in das Taxi, dass ihn schnell und sicher zum Konsulat brachte.


    „Frau Hummel...rufen sie bitte Herrn Nussbaum auf seinem Handy an und fragen sie ihn, welcher Teufel in geritten hat, seinen Arbeitsplatz nicht aufzusuchen.“, fauchte der Engländer, als er wutentbrannt ins Büro gestürmt kam und seinen Mantel auf den Kleiderständer warf. Die Sekretärin sah ihn nur ängstlich hinterher und machte sich sogleich an die Ausführung der betrauten Aufgabe. Der Engländer indes setzte sich hinter seinen Schreibtisch und nahm sich die Post zur Hand. Unter den sonstigen Briefen war auch ein bräunliches Couvert ohne jeglichen Absender oder Stempel. Wundernd sah sich Sir Christopher den Brief an, drehte ihn in der Hand hin und her und wog ihn mit der Hand ab. Dann legte er ihn vorsichtig auf den Tisch und betätigte die Sprechanlage. „Frau Hummel, wurde die Post vom Sicherheitsdienst schon überprüft?“, wollte er wissen und knetete nervös an seiner Handfläche herum. „Ja Sir, das wurde bereits getan. Stimmt irgendwas nicht?“, wollte die Frau dann wissen. „Nein, nein...alles in Ordnung...“, entgegnete er und nahm sich dann den Brief erneut vor. Immer wieder ließ er ihn von der einen zur anderen Hand wandern, überprüfte, ob sich nicht doch etwas verdächtiges darin befand. Er war ja nicht paranoid, aber nach dem Angriff vom gestrigen Tag war eine gewisse Vorsicht vielleicht sehr gesund. Dennoch, er war neugierig und so nahm er den Brieföffner und zog ihn an der Briefkopflasche entlang und schüttelte den Inhalt auf seinen Tisch. Erschrocken blickte er auf das, was aus dem Brief kam.


    ...

  • Vorsichtig nahm er die Kette und das zusammengefalteten Blatt Papier in die Hände. Die Kette gehörte seiner Frau. Aber wer kam an diese Kette? Panik machte sich in seinem Körper breit. Nein, das konnte nicht sein. Das...das war nicht die Kette seiner Frau...doch die Ähnlichkeit war groß. Und was war fas für ein Zettel, fragte sich Sir Christopher und nahm das Papier an sich, faltete es auseinander und sah sich den Fetzen an. Mit Zeitungsbuchstaben war auf das weißvergilbte Papier folgender Text aufgedruckt: „Das gestern war nur ein Vorgeschmack...Bereite dich auf eine schlimme Zeit vor...Eine wunderbare Frau hast du, du solltest ein gutes Auge auf sie haben...“ Geschockt ließ Sir Christopher das Blatt sinken und sank in den Stuhl. Was zu tun war, wurde ihm schnell klar. Mit zitternden Händen griff er zum Telefon und wählte die Nummer eines ihm sehr bekannten Hauptkommissaren. „Semir? Christopher Holmes hier...ich brauche deine Hilfe...könntest du schnell vorbei kommen...“, bat der Mann und wartete auf die Antwort seines Bekannten. Der Deutschtürke versprach, dass er sofort kommen würde. Christopher war erleichtert und versicherte dem Mann seinen aufrichtigen Dank und legte auf. Wieder nahm er die Kette in die Hand und betrachtete sie genau. Wer...wer wollte ihn da so fertig machen und warum? Immer mehr kam ihm der Verdacht, dass es hier einzig und allein um eine persönliche Angelegenheit ginge, denn wer sonst schickte ihm eine Kette, die der seiner Frau bis aufs Haar glich?


    Semir legte auf und lenkte den BMW zum britischen Konsulat. „Was hat er denn nun für ein Wehwehchen?“, fragte Ben knurrend und sah seinen Partner an. „Er hat, so erzählte er, einen Drohbrief erhalten. Dem müssen wir nun mal nachgehen.“, erklärte Semir nur mit einem leichten Lächeln. „Manchmal bringt der Job kein Vergnügen mit sich.“, zischte Ben und verschränkte missmutig die Arme. „Hey, krieg dich mal wieder langsam ein. Du solltest deinen Groll gegen Christopher langsam begraben. Vielleicht wäre es besser, wenn ihr euch zusammenraufen würdet. Vielleicht mögt ihr euch ja.“, grinste Semir und neckte zu gerne seinen Partner. „Das glaub ich nicht...eher würde ich mir meine Haare schneiden lassen, als dass ich mich mit diesem arroganten Kampfhahn vertrage.“, fauchte Ben und sah aus dem Fenster. Semir musste auflachen. „Wollen wir wetten?“, wollte er wissen. Doch Ben reagierte nicht. Doch dann stach Semir ihn mit seinen Finger in die Seite, sodass er aufzuckte. „Hey, lass das...“, knurrte der junge Hauptkommissar und drehte sich erneut zum Fenster um. „Irgendwann wirst du dich mit ihm vertragen.“, grinste Semir nur und steuerte seinen BMW weiter über die Autobahn. Die Fahrt endete nach fünfzehn Minuten auf dem Kiesparkplatz vor dem Konsulat und die beiden Hauptkommissare stiegen aus, gingen ins Haus hinein und schritten den Korridor zum Büro entlang.

  • „Wir sind angemeldet.“, meinte Semir nur lässig zur Sekretärin, hob kurz seinen Dienstausweis in die Luft und ging einfach weiter, ohne auf die Reaktion der Frau zu warten. „Sie werden bereits erwartet.“, meinte Frau Hummel nur und wies auf die Tür. Ein verhuschtes „Danke“ flog ihr nur noch entgegen, als Semir die Tür aufstieß und in das Büro seines „Freundes“ trat. Ben grinste die Sekretärin nur mit seinen blanken Beißerchen an und schnellte dann hinter Semir her. Frau Hummel setzte wieder ihre Brille auf und widmete sich ihrer Arbeit auf dem Schreibtisch, ignorierte die nun folgenden Ereignisse vollkommen, wie es gute Sekretärinnen nun einmal tun sollten.


    „So, hier sind wir.“, begrüßte Semir den Engländer, als er mit schepperndem Krach die Türklinge hinunterschlug und den großen, schallenden Raum betrat. „Bereit zur Rettung, wie immer.“, fügte Ben hinzu und sah mit seinen Augen suchend durch den Raum. „Wo ist er denn?“, wunderte sich der junge Hauptkommissar, als er seine Augensuche abgeschlossen hatte und den Engländer nirgends entdecken konnte. „Keine Ahnung...Christopher? CHRIS?“, rief Semir lauter durch das Büro und erspähte dann das offene Terrassenfenster. „Ihr braucht gar nicht so zu schreien. Meine Ohren funktionieren noch sehr, sehr gut.“, entgegnete der Engländer, als er aus dem Garten zur Tür reintrat, in der Hand eine rauchende Pfeife haltend. „Du hast uns hergebeten und hier sind wir.“, meinte Semir. „Richtig...ich muss euch etwas zeigen.“, entgegnete der Engländer, zog noch einmal an seiner Pfeife und ging dann zum Schreibtisch hinüber. „Hier...das kam heute morgen per Post.“ Der Engländer reichte den beiden Kommissaren das Blatt Papier und die Kette. Semir las das Blatt und reichte es dann an Ben weiter. Auch er las es sich durch. „Da hat es also jemand wirklich auf dich abgesehen...“, kam es erklärend von Semir. „Danke...darauf bin ich auch schon gekommen.“, zischte er nur und schmiss seine Pfeife in den Aschenbecher. „Und, was sollen wir dann machen?“, wollte Ben mit einem fiesen, obendrein falschen Grinsen wissen. „Was wohl...euren Job...“, kam es fauchend von Sir Christopher. „Mein Sicherheitschef ist seit heute morgen nicht aufgetaucht und kein Mensch weiß, wo er steckt.“, kam es besorgt vom Engländer. Semir sah ihn an. „Paul ist verschwunden?“, fragte er erstaunt. Ben sah seinen Partner an. „Ja leider...keiner weiß, wo er steckt und ans Telefon geht er auch nicht. Aber könnten wir uns auf mich jetzt konzentrieren...ich brauche Schutz, nicht nur für mich...es geht auch um meine Familie.“, erklärte der Konsul. Semir sah Ben nur an und grinste verschlagen, sodass es Ben fast den Atem raubte.


    ...

  • „Okay, ich stell dir den besten Leibwächter zur Verfügung, den ich kenne.“, grinste der Deutschtürke und blickte zu Ben. „Ohhhh nein...nein, das kannst du nicht von mir verlangen.“, fauchte der junge Hauptkommissar und sah, wie sich der Engländer vergnügt zurücklehnte in seinem Stuhl. „Glaub mir, für mich wird das auch kein Vergnügen sein, aber wenigstens hab ich dann vorrübergehend einen Chauffeur.“, grinste er. „Das kannst du dir abschminken...Semir, ich werde das nicht machen.“, knurrte Ben, sah jedoch, dass Semir keinerlei Widersprüche zu dulden schien. Der Deutschtürke nahm seinen Kollegen zur Seite und ging mit ihm in einen hinteren Teil des Büros. „Hör mal...so kannst du wenigstens ein Auge auf ihn haben. Vielleicht findest du ja so heraus, wer ihn da ans Leder will.“, erklärte Semir nur. Ben stöhnte auf und ließ seinen Kopf hängen. „Okay...und was machst du in der Zwischenzeit?“, wollte Semirs Partner wissen. „Nun ja...da ist immer noch die Sache mit den Waffen und dann die Konferenz...das hält auf Trapp.“, grinste Semir nur und ging dann mit Ben zu Christopher zurück. „Okay, ich spiele den Leibwächter für...ihn.“, knurrte Ben. „Very good...am Besten, du kommst heute Abend gleich mit und quartierst dich bei uns ein. Und jetzt entschuldigt mich, ich muss noch einiges vorbereiten.“, meinte der Engländer und schickte die beiden Kommissare wieder von dannen.


    Paul saß in einer triefenden Halle, an einen Stuhl gefesselt und die Augen verbunden. „Das ist er also?“, hörte er eine knorrige Stimme. Erschrocken versuchte er, seinen Kopf in die Richtung zu drehen, aus der die Stimme kam. Doch es war schwierig, die Augenbinde nahm ihm jedes Gefühl von Tageslicht und von Zeit. „Allerdings...er ist sehr zuverlässig. Was meinst du?“, wollte eine andere, jüngere Stimme wissen. Schritte waren zu hören und diese Schritte kamen sichtlich näher. Vorsichtig versuchte Peter sich zu rühren, versuchte, die Fesseln abzuschütteln. Doch es nützte nichts. Die Seile hielten Hände und Oberkörper fest am Stuhl gebunden. Plötzlich merkte er eine Hand, die ihn am Kinn berührte. Schnell zog er seinen Kopf zurück. Doch die Hand war wieder da und zog die Augenbinde vom Kopf. Er kniff die Augen zusammen, damit er sich ans Licht gewöhnte. Als Peter wieder die Augen öffnete sah er in ein tiefes, schmales Gesicht, dass ihn mit kleinen, finsteren Augen ansah. „Tut mir Leid, dass wir dich so herzitieren mussten, aber wir haben einige Schwierigkeiten. Und du wirst sie für uns lösen.“, fauchte die junge Stimme. „Man, hättet ihr da nicht etwas sanfter vorgehen können.“, röhrte die wütende Stimme von Peter und plötzlich wurden ihm sämtliche Fesseln gelöst, sodass er aufstehen konnte. „Wer ist das?“, wollte er wissen und deutete auf Daniil. „Er ist einer unserer...Brüder. Peter, wir brauchen deine Hilfe. Die Polizei ist uns auf den Fersen.“, meinte Sven. „Ich weiß...ein alter Freund von mir ist Polizist und war gestern bei mir.“, entgegnete er. „WAS?“, stießen Sven und Daniil gleichzeitig aus. „Keine Sorge, er frisst mir aus der Hand. Ich werde ihn einfach für unsere Pläne benutzen.“, beruhigte Peter die beiden.

  • „Wie willst du das machen?“, wollte Sven von dem Deutschen wissen. „Keine Sorge...sein Kollege misstraut mir zwar, aber das ist eine Kleinigkeit. Er wird irgendwann meine Akte einfordern und dann sehen, was ich angestellt habe. Jedoch wird er nicht denken, dass ich etwas damit zu tun habe. Er ist in dieser Hinsicht einfach zu blauäugig.“, lachte Peter nur. „Gut, aber was, wenn er dich doch verdächtigt, an den Entführungen beteiligt zu sein?“, wollte Daniil wissen. „Dann...werde ich ihn einfach töten.“, entgegnete Peter. „Keine Sorge, ich werde ihm ein bisschen Theater vorspielen und damit hat es sich. Geht nun, und macht alles, wie abgesprochen.“


    Semir durchschritt mit schnellen Füßen das Büro und wollte sich gerade setzen, als ein Anruf von Hartmut reinkam. „Ja Hartmut, was gibt’s?“, wollte der Deutschtürke wissen und blieb direkt stehen, da er schon aus Erfahrung wusste, dass der Techniker sicherlich einige verwertbare Ergebnisse für ihn hatte. „Semir, ich denke, ich habe da was interessantes für dich. Es ist zwar nicht viel, aber ich konnte einige der Akten einsehen. Nur leider ist es möglich, dass ich...ich meine, die Internetsicherheit gegen Hacker vom BKA könnte...“ „Hartmut, jetzt keine technischen Einzelheiten...Hast du was herausgefunden oder nicht?“, wollte der Hauptkommissar wissen. „Ja, das habe ich, aber wie gesagt...es kann sein, dass man auf mich aufmerksam geworden ist.“, kam es besorgt vom KTU-Techniker. „Hartmut, das ist jetzt...“, dein Problem, wollte Semir sagen, verschluckte es aber schnell. „Ich komme sofort zu dir rüber...“, meinte er und legte auf. Schon kurze Zeit später war er auf den Weg in die KTU und traf dort auch gleich auf Hartmut, der hinter seinem Schreibtisch saß und immer wieder nervös zur Tür sah. „Hartmut, ich bin's nur...“, gab sich Semir zu erkennen und ging auf den Techniker zu. „Ist dir eigentlich klar, in was für Schwierigkeiten du mich gebracht hast?“, kam es gleich knurrend vom Techniker. Semir setzte nur sein schelmisches Grinsen auf und sah Hartmut in die Augen. „Ich weiß, dass macht dir gar nichts, was?“, kam ihm der Techniker zuvor. „Hartmut, sag das nicht...wer würde denn sonst die wichtige Arbeit machen, wenn sie dich wegfangen sollten? Du bist unser wichtigster Mann hier...“, versuchte Semir ihn zu beruhigen, nahm ihn bei der Schulter und führte ihn weiter in die KTU zurück. „Da hast du verdammt noch mal recht und deswegen...lass mich so was nie wieder machen.“, knurrte er. Semir versprach es, kreuzte aber zwei Finger auf seinen Rücken. Wofür war Hartmuts Genie denn sonst da?


    ...

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  • „Okay Semir, also... die Waffen, von denen ich dir erzählt habe, sind, laut BKA, über die deutsche Grenze geschafft worden und irgendwo hier...“, Hartmut deutete auf die Karte von der Eifel, „sind die Waffen laut den Informationen versteckt.“ „Ja Hartmut, das ist ein riesiges Gebiet. Wie soll da das BKA oder wir diese Waffen finden, geschweige denn die Waffenschieber selbst?“, wollte der Deutschtürke wissen. „Das ist ja das Problem...das BKA hat einen Informanten gehabt...“, erklärte Hartmut und rief ein neues Bild auf. Semir sah erschrocken auf das Bild. „Aber...aber das ist doch der, der auf der Autobahn auf Ben und mich geschossen und den Ben...“, Semir verschluckte die letzten Worte. „Genau Semir...Oleg Volovic war V-Mann des BKA’s und sicher werden sich die Jungs bald bei euch melden.“, erklärte Hartmut. „Okay, was ist mit diesem V-Mann? Wir haben seine Wohnung durchsucht. Da war nichts zu finden, nicht der kleinste Hinweis. Du sagtest doch, die Waffen liegen da noch irgendwo...was für Lagerungsmöglichkeiten kommen denn da in Frage?“, wollte der Deutschtürke wissen. Hartmut sah in die Unterlagen und blätterte einige Minuten herum. „Tja, da kommt so einiges in Frage...leerstehende Gebäude...alte Truppenübungsplätze...ein alter Flugplatz...ein stillgelegtes Sägewerk...und, und, und...“, zählte Hartmut auf. „Das heißt, wir brauchen Wochen um das alles zu durchsuchen...“, grummelte Semir. „Wo sie aber nichts zu suchen haben...“, fauchte plötzlich eine Stimme im Rücken der Beiden. Semir und Hartmut drehten sich abrupt um und sahen vier Männer im Labor der KTU stehen. „Wer sind sie und was soll das heißen?“, fragte der rothaarige Techniker mit flatternder Stimme und ging einen Schritt auf die Männer zu, schob dabei diskret die Akte unter Semirs Jacke.


    „André Geiger, Abteilung SO – Schwere und Organisierte Kriminalität BKA Wiesbaden...“, knurrte der Mann seine Titel durch die eng aneinander gepressten Zähne. „Sie müssen Herr Semir Gerkhan sein, der Mann, dessen Partner meinen V-Mann erschossen hat.“, fauchte er und machte einen Schritt auf den Deutschtürken zu. „Ihr V-Mann hat auf mich und meinen Partner geschossen. Außerdem war er auf den Angriff auf einen ausländischen Würdenträger beteiligt. Wie hätten sie sich da verhalten, Herr Hauptkommissar?“, zischte Semir zurück und sah, dass Geiger dann scheinbar das Interesse an ihm verlor und sich Hartmut zuwandte. „Glauben sie, wir hätten ihren kleinen Hackerangriff auf unser System so einfach ignoriert? Herr Freund, sie werden einige Schwierigkeiten kriegen. Und jetzt bitte ich sie, geben sie mir, was sie da hinter ihrem Rücken haben, bevor es sich meine Männer holen müssen.“, fauchte Geiger und hielt die Hand auf. Semir sah zu Hartmut und wollte erst nicht, doch dann kamen zwei der anderen Beamten, packten den Deutschtürken und drehten dessen Hand auf den Rücken schmerzhaft nach oben. „Ahhhh...“, stieß Semir aus und ließ die Akte los. „Na also, warum denn nicht gleich so. Und ich rate ihnen, sie sollten sich von diesem Fall fernhalten. Es geht sie nichts an und das meine ich auch so.“, fauchte Geiger und verließ dann mit seinen Männern die KTU wieder.

  • „Was war das denn für ein Schwachmaht?“, knurrte Semir und rieb sich seine Hand. Hartmut sah den Männern nur nach. „Zu dumm, dass sie die Akten haben mitgehen lassen.“, kam es entschuldigend vom Techniker, doch dann konnte er sich Semirs Grinsen nicht erklären. „Tja, sie haben was mitgenommen, aber ich bezweifle, dass es die richtige Akte war.“, grinste er und hielt die Blätter hoch, die Hartmut ihm gegeben hatte. „Und was haben die dann mitgenommen?“, fragte der KTU-Techniker verwundert. „Ich glaube, Geiger wird deine Quartalsberichte sehr interessant finden.“, lachte Semir. „Oh man Semir, die muss ich doch zur Schrankmann schicken.“, nörgelte der Rotschopf. „Man Hartmut, dann druckst du sie eben noch einmal aus. Ist das denn so schwer?“, konterte Semir und verließ mit den Unterlagen und den ungeheuren Ergebnissen, die Hartmut ihm präsentiert hatte, die KTU. Wie konnte das angehen, dass sich in der Eifel ein ganzes Waffenarsenal befand und das BKA es nicht bemerkte. Und wie konnte ein V-Mann eben jenes Kriminalamtes sich an einem bewaffneten Überfall und einer versuchten Entführung beteiligen. Für Semir ergab dies alles keinen Sinn, während er zurück zur PASt fuhr. Die Zeit ging langsam auf Feierabend zu und so beschloss er, die Akte nur noch gut in seinem Schreibtisch zu verschließen und eine Sicherheitskopie mit nach Hause zu nehmen.


    Ben musste den Rest des Tages mit dem Mann verbringen, den er nicht riechen konnte. „So Feierabend...“, meinte Sir Christopher nur und knipste die Schreibtischlampe aus, als er sich erhob. Schnell warf er sich das Jackett über und nahm seine inzwischen ausgebrannte Pfeife aus dem Aschenbecher. Mit Hilfe eines Pfeifenreinigers pulte er den ausgebrannten Tabak raus und stopfte neuen hinein. „Du willst doch nicht etwa in meinem Wagen rauchen?“, knurrte Ben und sah den Engländer entgeistert an. „Warum nicht?“, kam es nur lässig von Sir Christopher zurück und schon ratschte er das Streichholz über die Reibefläche. Mit einem gefräßigen Fauchen züngelte sich die Flamme am Zündhölzchen hinauf. Ben ging ohne eine weiteres Wort auf den Mann zu, pustete das Streichholz aus und nahm ihm die Pfeife aus dem Mund. „Nein...“, fauchte er nur und steckte die Pfeife in seine Jackentasche. Knurrend ging der Engländer hinter dem jungen Hauptkommissar her, als sie in den Wagen stiegen. „So, ich hoffe, du hörst wenigstens nicht so eine furchtbare Rockmusik...“, fletschte der Engländer angriffslustig die Zähne. Ben grinste nur. „Oh doch...und wenn’s dich stört, kannst du ja zu Fuß gehen.“ Jetzt war es Christopher, der anfing zu grinsen. „Nicht nötig, ich habe meine eigenen Ohrstöpsel... sehr beruhigend bei der Fahrt.“, grinste er nur und legte sich die Kopfhörer seines kleinen MP3-Players ein. „Mach doch, was du willst...“, zischte Ben nur und startete den Wagen. Das konnte ja eine lustige Fahrt werden, dachte der junge Hauptkommissar nur. Wie recht er doch behalten sollte.


    ...

  • Die Autobahn war einigermaßen frei und so kam der Mercedes mit den beiden Streithähnen gut voran. Schweigend ging die Fahrt vonstatten. Während Ben sich auf den Verkehr und die Straße konzentrierte, hielt sein Beifahrer ein Nickerchen, obwohl der MP3-Player so laut eingestellt war, dass auch Ben etwas von der Musik hatte. „Nur eine Schere...gib mir nur eine Schere und ich schneide ihm das Kopfhörerkabel durch...“, knurrte er immer wieder und sah abwechselnd zu dem scheinbar schlafenden Mann und dann wieder nach vorn. Von dem schwarzen Wagen, der sich mit erhöhter Geschwindigkeit näherte, bekam Ben vorerst nichts mit. „So, jetzt reicht es mir...“, knurrte er, packte mit einer Hand das Kabel und zog mit einem kräftigen Ruck beide Stöpsel aus den Ohren des Engländers. Erschrocken wachte dieser auf und hob den Kopf. „Was soll denn das?“, fauchte Sir Christopher und sah seinen „Chauffeur“ mit grimmigem Gesicht an. „Ich hab deine Musik satt...wenn du schon so was hören musst, kannst du auch die Lautstärke runterdrehen...“, fauchte Ben und warf den Player auf die Rückbank. „Denkst du, mir macht es Spaß, dich als Wachhund zu haben? Was sich Semir dabei gedacht hat, möchte ich wissen.“, knirschte Christopher mit den Zähnen und drehte sich zum Fenster weg. „Das möchte ich allerdings auch wissen...wir beide sind wie zwei sich abstoßende Pole...wir vertragen uns einfach nicht...“, erklärte Ben. „Da sagst du einmal was wahres...“, fauchte sein Beifahrer nur. Ehe Ben etwas erwidern konnte, wurde seine Heckscheibe plötzlich von Kugeln durchsiebt. „Scheiße...sofort Kopf runter...“, fauchte er und drückte den Engländer in den Fußraum hinab. Der junge Kommissar duckte sich ebenfalls, gab aber weiterhin Gas und versuchte, den Angreifern so gut es ging, auszuweichen. Doch die Angriffe von hinten und die in die Karosserie einschlagenden Kugeln ließen kaum Möglichkeiten zum Manövrieren. „Festhalten...“, schrie Ben und riss das Steuer nach rechts rum. Der Wagen scherte aus und rollte eine Böschung hinunter, kippte dann aber zur Seite und überschlug sich ein paar Mal. Dann blieb das Fahrzeug auf dem Dach liegen, doch die Angreifer gaben sich damit nicht zufrieden.


    Ben löste den Gurt und fiel auf das Dach. „Lebst du noch?“, wollte er von seinem Mitfahrer wissen. „Ich weiß nicht genau...“, kam nur als Antwort. Ben verstand dies als Ja und drehte seinen Kopf zur Seite. Verdammt, die Typen kamen auf ihn zu. Schnell versuchte er an seine Waffe heranzukommen und die Tür aufzustoßen. „Stehen bleiben...Polizei...“, schrie er, als er die Tür aufgestoßen hatte und mit seiner Waffe auf die beiden Angreifer zielte. Doch diese schossen einfach weiter, kamen auf den umgekippten Mercedes weiter zu. Nach einem kurzen Ducken schoss Ben zurück und schien die Angreifer tatsächlich in die Flucht schlagen zu können. Sie rannten zu ihrem Wagen und verschwanden so schnell, wie sie gekommen und angegriffen hatten. Ben kroch langsam aus seinem vormaligen Mercedes und sah sich suchend nach seinem Schützling um. „Christopher? Bist du okay?“, wollte er wissen. Vollkommen verstört und mit zerzausten Haaren kam der Engländer aus dem Wagenwrack gekrochen und sah sich um.

  • Ben grinste und griff plötzlich in seine Tasche und förderte die verbrochene Pfeife zutage. Der Engländer sah auf die Teile. Wut stieg in ihm auf, als Ben ihm die zerbrochene Pfeife in die Hand. „Das...das war ein Geschenk meines Großvaters...das werden mir diese Kerle büßen. Ich bringe sie um.“, fauchte Christopher und warf die drei Teile zu Boden. Ben musste grinsen. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass er für den Bruch der Pfeife verantwortlich gemacht wurde. „Was ist? Willst du weiter hier so tatenlos stehen oder soll ich ne Leuchtpistole abschießen, um Hilfe zu holen?“, knurrte der Engländer und sah Ben nur wütend an, als er an ihm vorbeiging. Schon schlug die Stimmung des jungen Hauptkommissars um. „Du bist nicht mein Chef...außerdem weiß ich alleine, was ich zu tun habe...“, fauchte Ben ihn an. „Na dann mach mal...ich will noch nach Hause, ehe es regnet.“, knurrte der Engländer und lehnte sich gegen einen in der Nähe befindlichen Baum. Bevor Ben etwas erwidern konnte, donnerte es und die ersten Regentropfen fielen auf die Erde nieder. In Ben stieg Zorn und Wut auf. Wie gern hätte er jetzt die Waffe nach diesem arroganten, selbstgefälligen Arschloch geworfen. „Susanne, ich bin's...ich brauch sofort KTU und einen Abschleppdienst zum Kilometer 43 auf der A59...und schick einen Ersatzwagen mit.“, fauchte Ben ins Handy.


    Sven sah Vasilis an, als sie über die Autobahn rasten. „So, das dürfte erstmal reichen, oder?“, lachte er und sah den Mann neben sich an. Vasilis hielt sich nur den Oberarm fest, presste seine Hand dicht auf. Dennoch wurden die Finger durchströmt vom roten Lebenssaft. „Er hat mich getroffen...“, zischte er und presste weiter die Finger auf die Wunde. Sven sah vom Lenkrad auf seinen geschundenen Freund. „Geht’s?“, wollte er wissen. „Ist nur ein Streifschuss...aber dennoch ärgerlich.“, knurrte Vasilis. „Wenn die was davon am Tatort finden, dann sind wir geliefert.“, knurrte er. Sven lachte auf. „Bei dem Regen? Nein, das ist unmöglich...“ Vasilis sah ihn an. „Dieser Bulle ist hartnäckig...er hat Oleg erschossen. Und bis Freitag sind es nur noch zwei Tage...“, fauchte er und schob seinen Körper im Sitz etwas höher. „Ich weiß, aber Peter wird das schon hinbekommen. Mit seiner Hilfe schaffen wir alles.“, lachte Sven teuflisch und gab mehr Gas. Der Wagen schoss nach vorne und erreichte nach einer weiteren halben Stunde das Versteck der Bande.


    ...

  • Daniil hatte gerade Peter wieder raus gebracht, als Vasilis und Sven zur Tür hereingestolpert kamen. „Und?“, wollte der Russe sofort wissen. „Ich hab alles zusammen. Die beiden kennen sich bereits seit der Schulzeit. Dieser Gerkhan...war ein ganz schönes Früchtchen...hat manches auf dem Kerbholz. Vielleicht können wir das für uns verwenden.“, meinte Daniil und besah sich dann die Wunde von Vasilis. „Wie meinst du das? Ein Bulle, der an einer Entführung teil hat?“, wollte Sven nur wissen. „Er hat zwei Kinder und ein Haus, dass noch immer abbezahlt wird. Ein kleine Bulle, der in Schulden fast erstickt. Für den richtigen Ermittler das gefundene Fressen.“, meinte Daniil und lachte kurz auf. „Gut, dann werden wir ihn in unseren Plan mit einbinden. Wir werden noch mehr machen...streuen wir doch mal schon ein paar Beweise und Gerüchte, dass ihn für die Anschläge verantwortlich macht.“, grinste Sven und sah den vollkommen weggetretenen Peter Nussbaum an. Vasilis und Daniil erwiderten das teuflische Grinsen. „Denk dran...oberste Priorität hat der andere Auftrag...die Leute zu Hause warten auf die Lieferung.“, stieß Vasilis unter Stöhnen aus, als Daniil ihm den Arm verband. „Keine Sorge, das werde ich nicht vergessen.“, meinte er nur.


    Layla kaute auf dem Ohr ihres Teddys herum, als Semir ins Wohnzimmer kam. Mit ihren großen braunen Augen sah sie ihren Papa an. „Hallo mein Schatz...“, kam es quirlig von Semir. Der stolze, zweifache Vater näherte sich seiner Tochter und nahm sie hoch auf den Arm. Das Mädchen quiekte vergnügt und tastete mit ihren kleinen Fingern sofort nach der ihr entgegengestreckten Nase ihres Papas. „Hey, du findest die wohl interessant?“, lachte er und sah sich nach Andrea um. Doch seine Frau war nirgends zu sehen. „Andrea?“, rief Semir mit etwas lauterer Stimme durch das Haus. „Ich bin hier oben...“, kam es dann als Antwort aus dem ersten Stock. Sofort stieg Semir die Treppe hinauf und sah seine Frau im Bad an der Waschmaschine. „Ah, da bist du...“, meinte er nur und wiegte seine kleine Tochter im Arm. Plötzlich drang ein unerträglicher Mief, ein Gemisch aus saurer Milch und Magensäure. „Oh, ich glaube, da hat jemand eine Stinkbombe abgeworfen.“, meinte Andrea und verzog angewidert die Nase. Auch Semir tat es ihr gleich und nahm dann seine Tochter, ging zum Wickeltisch und legte Layla vorsichtig darauf. Okay...nur keine Panik, dachte er, nachdem er den Klettverschluss abgemacht hatte und die Vorderseite langsam anhob.

  • Andrea beobachtete jeden Handgriff ihres Mannes und lächelte. Nachdem er sich von dem giftigen Mief weitestgehend erholt oder daran gewöhnt hatte, wischte er den kleinen Po mit einem feuchten Lappen ab, trocknete seine Tochter ab und rieb alles mit Puder und Babyöl ein und zog ihr eine neue Windel an. „Wow Semir, du hast es wirklich geschafft.“, grinste seine Frau zufrieden. Ehe Semir etwas erwidern konnte, klingelte sein Handy. „Gerkhan?“, meldete er sich und reichte Layla an Andrea weiter. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich vollkommen. „Oh verdammt...und geht es den beiden gut?“, wollte er mit aufgeregter Stimme wissen. Scheinbar bestätigte sein Gesprächspartner am Ende der Leitung diese Frage, denn Semirs Kopf ließ sich zu einem kurzen Nicken verleiten. „Ja, okay...ich bin gleich da...okay ciao...“, beendete der Hauptkommissar das Gespräch. „Sorry, aber ich muss mal wieder weg.“, meinte er zu Andrea, gab seinen beiden Frauen einen Kuss und verschwand zum Wagen.


    Der Regen hatte inzwischen wieder nachgelassen, doch für Ben war das kein Trost. Er hatte auf der Straße ausgeharrt und nach den Kollegen Ausschau gehalten. Sein Haar klebte am Körper und die Tropfen liefen an den Wangen hinunter. Mit brodelnden Gefühlen, die einem abgrundtiefen Hass gleichten, sah er zu Christopher Holmes hinunter, der immer noch unter dem Baum stand, einen Fuß an den Stamm gelehnt, den anderen fest auf der Erde stehend, die Arme vor dem Körper verschränkt. Beide belauerten sich wie zwei rivalisierende Raubkatzen, die sich um das gleiche Revier stritten. Endlich waren die Kollegen da und nahmen auch sofort die Arbeit auf. Keiner der Techniker merkte, den dünnen Faden Blut, der sich mit dem Regenwasser gemischt hatte und nun von der Leitplanke tropfte und im Boden versickerte. Semir tauchte alsbald auf. „Ben...was ist denn passiert?“, wollte der Deutschtürke wissen. „Das siehst du doch...scheinbar waren es die gleichen Typen, die schon gestern was von deinem Freund wollten. Nur warum müssen die auf meinen Wagen schießen?“, knurrte Ben nur. Semir musste grinsen. „Kopf hoch...die Krüger wird dir ein neues Spielzeug besorgen.“, lachte er.


    ...

  • „Ja toll...und wie...wie...wie...HATSCHI!!!“, prustete Ben plötzlich los. Semir wich zurück. „Wow...Gesundheit...Du bist ja so nass? Hast du etwa im Regen gestanden?“, fragte der Deutschtürke mit schelmischem Gesicht. „Nein, ich habe mit einer Seerobbe Unterwasserknutschen geübt. Natürlich hab ich im Regen gestanden.“, fauchte Ben. „Warum hast du dich nicht unter dem Baum gestellt?“ Doch auf diese Frage hin, wich Bens Blick nur zu Christopher aus und Semir verstand sofort. „Hör mal, auch wenn du persönliche Probleme mit dem Mann hast, du bist Polizist und hast dafür zu sorgen, dass sein Leben geschützt wird.“, kam es bestimmend und mit dienstlichem Ton von Semir. „Ja Papa...“, knurrte der junge Hauptkommissar nur und bemerkte jetzt erst die Schürfwunde an seiner Schläfe. "Hast du mal ein Pflaster?", knurrte er nur. Semir grinste. "Sicher, komm, und wenn er Ersatzwagen da ist, fährst du zu ihm nach Hause und wirst dich dort für die nächsten Tage einquartieren. Und ich werde inzwischen rausfinden, was mit Paul los ist.“, bestimmte Semir und ehe Ben etwas erwidern konnte, war der Deutschtürke schon davon gerauscht.


    Ben ging zurück zu Christopher, der unter dem Baum stand. „Können wir jetzt los?“, knurrte der Engländer. Ben war kurz davor, zuzuschlagen. Seine Hand zuckte schon und war zur Faust geballt. Doch immer wieder redete er beruhigt auf sich ein. Es nutzte nichts. Die Faust schnellte nach vorne, wurde aber abgefangen und sein Arm schmerzhaft auf den Rücken gedreht. „Ahhh...“, stieß er mit schmerzgeschwängerter Stimme aus. Christopher lehnte sich mit seinem Kopf dicht an Bens Ohr. „Hör zu, mein Freund, ich weiß, du kannst mich nicht leiden...aber wir müssen wohl die nächsten Tage auskommen. Also, wenn du dich mit mir prügeln willst, solltest du eins nicht vergessen, ich war jahrelang in der britischen Armee...“, zischte Sir Christopher. Doch dann kam die Wende. Ben wirbelte herum und traf mit dem Handballen die Nase des Engländers und nahm ihn dann in den Schwitzkasten. „Und ich habe fünf Jahre japanischen Kampfsport gemacht.“, knurrte Ben nur. „Also, du und dein Dickschädel werden in den nächsten Tagen nur das tun, was ich sage...Verstanden?“, forderte der junge Hauptkommissar und wartete auf eine Bestätigung. „Jaaa...“, kam es nur keuchend und nach Luft schnappend von Sir Christopher. Ben ließ los und der Angegriffene richtete sich auf. Mit knurrendem Blick wischte er sich das ausströmende Blut von der Nase und rieb die Hand am Taschentuch ab. „Sehr guter Schlag...alle Achtung.“, keuchte er nur und ging dann auf den Ersatzwagen zu. Ben folgte ihm, nicht ohne, dass ihm ein Grinsen übers Gesicht huschte. Diese Fahrt verlief, nachdem sich Sir Christopher von einem Arzt die Blutung stoppen ließ, ohne weitere Zwischenfälle.

  • Peter wachte mit einem Klopfen in seinem Kopf auf. Verschwommen nahm er seine Umgebung wahr. Vorsichtig richtete er sich auf und blickte umher. Das war seine eigene Wohnung, sein Schlafzimmer und dennoch lag er in seinem Anzug im Bett. Auch das Klopfen war noch da. „Peter...mach auf...ich bin's...Semir...“, hörte Peter durch seine Wohnungstür seinen ehemaligen Freund rufen. Mit schwindeligem Kopf erhob er sich und schwankte mehr oder weniger zur Wohnungstür. Vollkommen ohne jegliches Gefühl für die Wirklichkeit streckte er die Hand nach der Türklinke aus, drückte sie runter und schon kam der kleine Polizist in den Flur gestürmt. „Peter verdammt, was ist mit dir los? Ich versuch schon seit einer halben Stunde, dich zu erreichen. Was war los, verdammt noch eins...“, knurrte der Deutschtürke und blickte mit besorgten Augen zu seinem Freund hinauf. „Semir...ich...wie...was ist denn?“, wollte er verstört wissen und fuhr sich durchs Haar. „Was ist? Du bist der Bodyguard vom britischen Konsul...es ist heute noch ein Anschlag auf ihn verübt worden. Verdammt, wo warst du?“, knurrte der Deutschtürke und packte Peter an dessen Schultern. „Ich...ich kann mich nicht erinnern...ich war auf dem Weg zur Arbeit und dann wurde alles schwarz.“, gestand Peter und sah Semir mit glasigen Augen an. „Ist Sir Christopher irgendwas passiert? Geht es ihm gut?“, wollte er dann wissen. „Ja, es geht ihm gut. Mein Kollege war bei ihm und beiden ist nichts passiert.“, erwiderte Semir. Peter nickte geschafft. „Semir, sei mir nicht böse, aber ich fühl mich so müde...ich muss erstmal schlafen.“, bat er und sah seinen Freund an. Semir merkte, dass es ihm furchtbar dreckig ging. „Okay, hier ist meine Karte...ruf mich an, wenn etwas ist.“, meinte der Deutschtürke und ging dann. Doch auf halber Treppe drehte er sich noch einmal um. Irgendwas stimmte mit Peter nicht. Noch konnte er aber nicht genau sagen, was es war. Doch sein Bauch fühlte es und das hieß bei Semir immer etwas.


    ...

  • Ben und Sir Christopher kamen vor dem großen Jagdhaus an. Ben parkte den Wagen und stieg aus. Schon im nächsten Moment hörte er ein tiefes Bellen aus dem Haus dringen. „Was...was ist das? Ein Bär oder ein Wolf?“, wollte Ben mit einem Zittern in der Stimme wissen. „Das? Das ist unser Hund...oder besser Georges Hund...“, erwiderte Christopher und zog sein Schlüsselbund aus der Hosentasche. „Wie...wie groß ist der denn?“, fragte der junge Hauptkommissar. „Och, nicht groß...“, entgegnete der Engländer und schloss die Tür auf, dies nicht ohne ein schelmisches Grinsen im Gesicht. Die Tür war gerade mal einen Spalt auf und schon schoß ein schwarzer Schatten mit wedelndem Schwanz aus der Tür, rannte an seinem Herrchen vorbei und auf den neuen „Geruch“ zu. Ben konnte nicht so schnell reagieren, wie sich das schwarze Tier um ihn herum bewegte und an seinen Hosenbeinen und Händen schnüffelte. „Hey, ich tu dir nichts...“, kam es zögerlich von Ben, doch dann beugte er sich langsam zu dem Hund hinunter und streichelte ihn über den Kopf und zupfte ihn an den Ohren herum. Hugo ließ es geschehen und wedelte fröhlich mit seiner Rute hin und her. „Hugo...komm her...“, ertönte plötzlich eine helle, junge Stimme und im nächsten Moment stand ein blondgelockter kleiner Mann in der Tür und sah mit interessierten Augen den ankommenden Besuch an. „Dad, wer ist das?“, wollte George wissen und zeigte auf Ben. „Das ist ein… … … Freund.“, kam es nach langem Zögern von Christopher als Erklärung. Hatte Ben gerade richtig gehört? Nannte ihn dieser Mann einen Freund, und das vor seinem Sohn? „Bleibt er über Nacht?“, kam die nächste Frage von dem kleinen Kerl. „Ja, das wird er.“, entgegnete der Vater und trat mit dem Gast und seinen Sohn, den Hund im Schlepptau, ins große Haus ein.


    Tobias Neumann fuhr zurück in sein Ministerium und ging gleich in sein Büro hinauf. Es war Feierabend und er war, neben den Putzkolonnen und den Wachleuten, der einzige, der jetzt noch zu arbeiten schien. Er knipste die Tischlampe an, warf seinen Koffer auf die Schreibtischunterlage und hievte einige Unterlagen aus dem Innern des Koffers hervor. Plötzlich schrillte sein Handy auf und erschrocken fiel der Blick von Neumann auf das vibrierende, sich immer hin und her bewegende Teil, dass über den ganzen Tisch hopste. Er zögerte einige Augenblicke, streckte die Hand aus und zog sie zwei Mal zurück. Doch dann endlich nahm er das Gerät in die Hand, drückte den grünen Knopf und führte es an sein Ohr. „Hallo?“, meldete er sich nur mit vorsichtiger Stimme. „Ich bin’s…ich hoffe, es ist alles vorbereitet? Wir haben ihn wieder verfehlt…“, kam es aus dem Hörer.

  • „Was habt ihr? Was seid ihr denn für Delletanten? Könnt ihr denn gar nichts richtig machen? Habt ihr wenigstens das wichtigste gemacht?“, fauchte Neumann in den Hörer. Er musste seine Stimme zügeln und sah immer wieder durch die Milchglastür auf den Flur hinaus, lauschte, ob Staubsaugergeräusche oder quietschende Putzmittelwagen bedrohlich nahe kamen. „Ja, das andere ist erledigt. Wir müssen nur dafür sorgen, dass sie es auch fressen.“, stieß sein Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung aus. „Das ist euer Bier…erwartet nicht, dass ich euch helfe. Ich habe nur den Deal eingefädelt. Das andere müsst ihr besorgen.“, knurrte Neumann und sah sich immer wieder um. „Geht klar…aber pass auf…die dürfen nicht spitz kriegen, was wir vorhaben.“ „Um die beiden kümmere ich mich schon. Macht ihr nur eure Arbeit und dann bekommt ihr euer Geld.“, fauchte Neumann zurück und legte dann auf. Mit nachdenklichen Bewegungen rieb er sich über das heut morgen glatt rasierte und nun von kleineren Stoppeln versehene Kinn. Entschlossen packte er dann seine Tasche wieder ein, löschte das Licht und verschwand aus dem Gebäude.


    „Emily, ich weiß, wir wollten uns heute treffen...Ja, ja...hör zu, ich muss diesen Job machen. Ich verspreche dir, bis Freitag ist alles erledigt.“, meinte Ben beschwichtigend, als er mit seiner englischen Freundin telefonierte. „Ben, wir wollten heute Abend doch so schön essen gehen. Was ist denn das für ein Job, den du erledigen musst?“, wollte sie mit enttäuschter Stimme wissen. „Ich muss auf eine...sehr wichtige Persönlichkeit aufpassen. Mehr kann und darf ich dir leider nicht sagen.“; meinte Ben mit entschuldigendem Ton in der Stimme. Er hörte richtig den Vorwurf in Emilys Seufzer hervor. „Na gut...dann heute nicht, aber dafür dann Freitag zur Grillparty...“, meinte sie und legte auf, ehe Ben etwas sagen konnte. Das war's dann wohl, dachte er sich. Schon wieder stieg die Wut in ihm auf. Wut auf Semir und Wut auf diesen arroganten Engländer. Nur, weil sein persönlicher Bodyguard sich womöglich einen faulen Lenz machte, musste Ben jetzt das Kindermädchen für den Kerl spielen. Und dabei wartete das wohl süßeste Mädchen der Welt mit einem der wohl köstlichsten Essen seines ganzen Lebens auf ihn. Und wo war er? In einem großen, alten Jagdhaus und musste den Bodyguard von diesen englischen Konsul spielen. Er ging zurück ins Wohnzimmer und sah die Familie an, die er nun bis auf weiteres beschützen sollte.


    ...

  • „So, das Gästezimmer ist hergerichtet. Du hättest mir auch sagen können, dass du einen Gast mit nach Hause bringst.“, kam es murrend von Maggie, als sie zeitgleich mit Ben durch eine andere Tür in das Zimmer trat. „Tut mir Leid...ich hab's vergessen.“, kam es knurrend von Christopher zurück. „Ja, du hattest mal wieder keine Zeit, wie immer in den letzten Tagen. Dafür hilfst du mir jetzt in der Küche.“, meinte Maggie grinsend und zog ihren Mann mit schnellen Schritten davon. „Oh ja...“, schnurrte dieser nur und Ben sah beiden nach, wollte sich gar nicht vorstellen, was in der Küche dann passieren würde. Einzig George, der kleine Sohn, blieb allein mit Ben im Zimmer zurück und setzte sich ans Klavier. Ohne auf den Besuch zu achten, klappte der Junge die Abdeckung hoch und fing an, ein Stück auf den Tasten zu spielen. Interessiert und angelockt von dem schönen Klang, stellte sich Ben daneben und sah George auf die Finger.


    „Du spielst sehr gut...“, lobte Ben den kleinen Jungen, als dieser mit dem ersten Stück durch war und ein neues beginnen wollte. George sah auf und blickte mit seinen grünen Augen den großen Mann mit der Wuschelfrisur an. „Danke...mein Dad sagt, wenn ich ganz viel übe, kann ich ein großer Pianist werden.“, entgegnete George und lächelte erfreut. Ben setzte sich zu dem Jungen und sah auf die Klaviertasten. „Kannst du zweihändig spielen?“, wollte der junge Hauptkommissar wissen. Ein Nicken bestätigte dies. „Gut, dann such dir mal ein Stück aus, dass wir gemeinsam spielen können.“, grinste Ben und lockerte seine Finger etwas. George nickte und holte nur ein einzelnes Blatt aus einem Notenordner hervor. „Hmm, das Lied kenne ich gar nicht...“, kam es erstaunt von Ben. George lachte mit seiner hellen Stimme auf. „Das ist ein englisches Kinderlied. Soll ich es kurz vorspielen?“, wollte der Junge wissen. Ben nickte nur und schon schlugen die ersten Finger auf die Tasten. Die Musik war schnell und fröhlich, gerade wie für ein Kinderlied gemacht. Der Hauptkommissar folgte mit seinen Blicken den kleinen, über die Tastatur wuselnden Finger. „Wow, ob ich das so gut hinbekomme...“, meinte Ben grinsend.

  • Wieder lachte George auf. „Versuchen...“, meinte er nur und fing ganz langsam an, gab Ben dann ein Zeichen, wann dieser einzusteigen hatte, und gemeinsam spielten sie das Stück erneut. Dann erhöhte George leicht das Tempo und Ben glich sein Spiel dementsprechend an. Nach einigen Minuten war der Spaß dann vorbei und beide gratulierten sich mit einem gekonnten Lächeln. „Du bist aber auch gut.“, gestand George dem großgewachsenen Mann ein. „Ich habe schon lange nicht mehr gespielt, aber es ist immer wieder schön, dass ich es noch kann.“, grinste Ben und stand auf, ging zum Sofa und streichelte Hugo, der es sich auf dem Hocker daneben gemütlich gemacht hatte. George sah dem Mann nach, folgte ihm aber dann. „Warum bist du hier?“, fragte der Junge mit kindlicher Ehrlichkeit, sah mit seinen smaragdgrünen Augen in Bens Augenpartie. Entwaffnet von diesem kindlichen Blick lächelte Ben nur. „Ich passe auf deinen Vater auf.“, meinte er nur und strich dem Jungen durch das golden wirkende Haar. „Warum das? Mein Daddy kann immer auf sich selbst aufpassen. Er ist stark.“, kam es fast protestierend von George. „Tja, aber auch er braucht Schutz...weißt du, es gibt einige Leute, die...“, Ben verschluckte seine Worte, als er zur Tür sah.


    Semir stand an der letzten Ampel vor der Autobahnauffahrt. Links ging es zurück zur PASt und rechts nach Hause zu seiner Familie. Eigentlich hatte er ja Feierabend, aber diese Begegnung mit Peter war ihm zu suspekt, als das sie bis morgen hätte warten können. Dennoch entschied r sich für die Abzweigung nach rechts. Während Semir auf der Autobahn Richtung Heimat fuhr, überlegte er, wann er Peter das letzte Mal gesehen hatte. Seine Gedanken gingen tief in die Vergangenheit zurück. Damals war er noch frech und ungestüm, ein draufgängerischer Jugendlicher in Köln-Kalk, der nur Blödsinn und Ärger im Kopf hatte. Vor etwa...oh man...zwanzig Jahren zogen er und Peter und noch andere in einer Clique durch den Bezirk und stellten diverse kleinere und größere Dinge, krumme und nicht so krumme, an. Immer zum Ärger diverser Kioskbesitzer und den Fußstreifen der Polizei, damals noch auf fast jeder Straße präsent. Peter war noch einer der vernünftigen, derjenige, der mit dem Kopf, statt mit den Muskeln arbeitete. Eines Tages, nachdem sie wiedermal von einem ihrer „Raubzüge“ vor der Fußstreife flüchteten, stürzte Semir in eine neu ausgehobene Baugrube und brach sich das Bein. Peter war der einzige, der in die tiefe Grube sprang und Semir helfen wollte. Das brachte sie zwar in die Fänge der Polizei, veränderte aber auch Semirs Leben. Noch nie hatte sich jemand für ihn aufgeopfert und der Deutschtürke versprach, dass er dies mit allen Möglichkeiten wieder gut machen würde. Semir ging auf die Polizeischule und bestritt die Laufbahn eines Schnüfflers, die er bis zum heutigen Tage beibehalten hatte. Von Peter wusste er nur, dass er anderen Menschen helfen wollte. Bis vor wenigen Tagen hatte er seit damals nichts mehr von ihm gehört.

  • „Susanne? Ich bräuchte mal deine Fähigkeiten...“, meinte Semir, als er das Büro angewählt hatte. „Oh Semir...was sagt denn Andrea dazu?“, kam es lachend von der Sekretärin. Semir musste grinsen. „Lassen wir das...ich brauch mal alles, was du über einen Peter Nussbaum finden kannst.“, bat Semir die Sekretärin und sah auf den vor ihm befindlichen Verkehr. „Okay, ich seh mal, was ich tun kann. Bis wann willst du es haben?“, wollte Susanne wissen. „Mir reicht, wenn es morgen auf meinem Schreibtisch liegt.“, entgegnete er grinsend. „Okay...ach Semir... die Chefin will dich morgen sprechen. Es geht wohl um diesen Neumann und die Konferenz am Freitag.“, erklärte sie. „Okay, ich spreche gleich morgen mit ihr.“, meinte Semir, beendete das Gespräch und ließ seinen Wagen weiter auf der Autobahn rollen. Es waren nur noch wenige Kilometer bis zu seinem Haus und einer von Andreas liebkosenden Massagen. Schnell war er von der Autobahn abgebogen und näherte sich seinem kleinen, beschaulichen und ruhigen Familienhaus. Gerade, als er einparken wollte, schweiften seine Gedanken zu seinem Partner Ben ab. Ob er sich schon gegenseitig mit Sir Christopher zerfleischte? Eigentlich war es gemein von Semir gewesen, Ben diesen Auftrag aufzudrängen, aber irgendjemand musste es ja tun. Ben war Polizist und sollte seine persönliche Abneigung gegen den Engländer, den Semir selbst manchmal nicht durchschauen konnte, überwinden. Es war einer der wenigen Würdenträger, der noch halbwegs auf dem Boden der Tatsachen stand und sich nicht hinter seinem Stand und seinen Ehrungen versteckte. Über diese Gedanken hinweg, parkte Semir den Wagen und stieg aus. Jetzt erwartete ihn ein ruhiger und genussvoller Abend. Oder nicht?


    Ben sah erschrocken in die funkelnden Augen von Maggie. „Könnten sie bitte aufhören, meinem Sohn diese Flausen einzureden.“, zischte sie und trug das Tablett mit den Tellern, Gläsern und dem Besteck zum Tisch hinüber. „Aber Mum, ich wollte es wissen.“, kam es verteidigend von dem Jungen. „Warum ist Dad in Gefahr?“, setzte er aber nach. „Sehen sie, was sie angestellt haben?“, knurrte die rothaarige Frau mit einem Akzent, der Ben vollkommen unbekannt war, ihn aber auch den nötigen Respekt gegenüber der Frau abverlangte. „Das tut mir Leid. Es war nicht meine Absicht ihrem Sohn Angst zu machen.“, versuchte Ben sich zu entschuldigen. „Ach was...los, helfen sie mir lieber, den Tisch zu decken. Anstatt unschuldigen Kindern irgendwelche Flausen in den Kopf zu setzen, sollten sie sich lieber nützlich machen.“, zischte sie und trieb Ben regelrecht in die Küche, wo ihn schon das triumphierende Grinsen seines Schützlings entgegenstach. Wieder verspürte er das dringende Bedürfnis, seine Faust auf der Nase des Engländers zu parken. Oh, wie er dieses Grinsen hasste.

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