Einmal Hölle und zurück ...

  • Als er den Innenhof betrat und gerade in seine Auto einsteigen wollte, bemerkte Semir aus dem Augenwinkel, wie eine Gestalt versuchte sich unauffällig über die Mauer zu verdrücken. Einen kleinen Augenblick glaubte er dann doch sich verguckt zu haben, doch dann war er sich sicher, dass da jemand war.
    Vorsichtig ging er auf die Mauer zu und sah sich um. Er entdeckte einen kleinen Stapel Kartons, geschwind war er darauf gestiegen und schwang sich, darauf bedacht keinen Laut von sich zu geben, auf die Mauer hoch.
    Er sah sich um und tatsächlich entfernte sich jemand schnellen Schrittes vom Jägerschen Anwesen. Er sprang von der Mauer und blieb einen Moment lang hinter einem Baum in Deckung, als er sah das sich die Gestalt vor ihm umgedreht hatte um dem Geräusch auf den Grund zu gehen, das die Blätter von sich gegeben hatten, als Semir auf ihnen gelandet war.
    Doch schnell war er sich sicher, dass das Geräusch von einem Eichhörnchen oder ähnlichem stammte und lief weiter.
    Semir zog seine Waffe, „STEHEN BLEIBEN!“, rief er, doch der Kerl vor ihm dachte gar nicht daran. Er zog eine Waffe, drehte sich blitzschnell um, schoss und rannte los. Semir musste sich ducken um nicht getroffen zu werden, dann rannte auch er, „Warum funktioniert das eigentlich nie?“, brummelte er nuschelnd vor sich hin.
    Er hatte Mühe Schritt zu halten, offenbar kannte der Kerl vor ihm, sich in dem kleinen Wäldchen hinter der Villa gut aus, Semir jedoch gar nicht und so musste er ständig neuen Wurzeln und Ästen ausweichen. Trotzdem schaffte er es, nie den Blickkontakt zu verlieren. Wieder zischte eine Kugel nur knapp an ihm vorbei und schlug in einen der Bäume hinter ihm ein, „Wenn der doch einfach mal stehen bleiben würde...“, murmelte er wütend und schoss jetzt seinerseits, doch auch seine Kugel traf nur einen nichtbeteiligten Baum.

  • Langsam fing seine Lunge an zu brennen und er merkte, dass seine Beine schwer wurden, aber Semir dachte gar nicht daran langsamer zu werden, vielleicht war der Kerl die einzige echte Chance Melinda und Ben zu finden.
    Doch dann wurde er dennoch langsamer, die Gestalt war verschwunden. Er sah sich um, jedoch war er nirgendwo zu entdecken. Die Waffe im Anschlag und jeden Muskel seines Körpers angespannt, ging er Schritt für Schritt weiter, er konnte sich ja schließlich nicht in Luft aufgelöst haben. Mit einem Mal hörte er kurz vor sich ein schweres Atmen, dem Kerl war offenbar die Puste ausgegangen.
    Vorsichtig pirschte er sich an den Baum heran, hinter dem er den Mann vermutete und wurde belohnt. Mit dem Rücken zu Semir stand er da, die Hände auf die Knie gestützt und tief Luft holend.
    „Blöd wenn man keine Kondition hat, was ?“, der Angesprochenen sah erschrocken auf und wollte die Waffe auf Semir richten, doch im gleichen Moment hatte dieser ihn K.O. geschlagen, „Das war’s dann mit dem wegrennen.“, grinste Semir und legte die Handschellen an.
    Doch jetzt hatte er ein Problem wie ihm auffiel..., er musste den bewusstlosen Verdächtigen durch das halbe Wäldchen schleifen um zu seinem Auto zu kommen. Jetzt verfluchte er sich fast selbst, dass er ihm nicht einfach nur die Handschellen angelegt hatte und fertig, aber nun war es zu spät und so machte er sich daran den Kerl hinter sich her zu schleifen.

  • Bens Handgelenke brannten. Noch immer hing er in unbequemer Position an den Handschellen und er war sich nicht sicher, wie lange er noch so stehen konnte. Seine Beine wurden müde, genau wie er selbst und er hätte sich am liebsten hingesetzt um seine Handgelenke zu entlasten, was aber nicht möglich war. So blieb ihm nichts anderes übrig, als irgendwie stehen zu bleiben, damit er nicht wieder mit seinem ganzen Gewicht an seinen Armen und Handgelenken hing.
    Nachdem sie sich ausgeweint hatte, war Melinda wieder neben Ben sitzend eingeschlafen. Er sah sie an und fragte sich, wie sie bis hierhin nur überlebt hatte. Er vermutete, dass die Kerle sie vergewaltigt hatten. Wahrscheinlich sogar mehr als einmal. Sie hatte nichts gesagt, doch als sie sich an seiner Schulter ausgeweint hatte, hatte er gespürt wie sich ihr ganzer Körper verkrampfte. Ganz so als ob es sie anekelte sich einem Mann überhaupt zu nähern. Er wusste, sollte es wirklich so sein das sie vergewaltigt worden war, dann würde sie lange brauchen um einen Mann wieder richtig an sich heranzulassen, seinen Vater wieder an sich heranzulassen und er fragte sich, ob sie das überhaupt jemals wieder schaffen würde, nachdem was sie hier erlebte.
    Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Markus betrat den Raum. Melinda wachte auf und sah mit Angst erfüllten Augen, wie dieser an seinem Reißverschluss rumnestelte. Ben bemerkte es und sah seine Vermutung als bestätigt an.
    Markus lachte als ihm Melindas Blick auffiel, er näherte sich ihr und packte ihren Arm. Melinda versuchte sich gegen den festen Griff zu wehren, doch Markus grinste sie an und zog sie mit einem Ruck auf die Füße. Er zog sie an sich heran, bis ihr Gesicht nur noch wenigen Zentimeter von seinem entfernt war. Sie spürte seinen Atem an ihrer Wange, als sie ihr Gesicht wegdrehte und dann wie sich sein Mund zu ihrem Ohr bewegte, „Du wirst auch mit mir noch deinen Spaß haben. Aber du hast Glück, David ist nicht da und wenn ich dich ohne seine Erlaubnis anfasse... Da warten wir lieber noch ein bisschen...“, flüsterte er.
    Erneute Panik überkam Melinda. Nicht damit rechnend das Markus plötzlich seinen Griff lockern würde, zerrte sie an ihrem Handgelenk und landete unsanft auf dem Boden.
    Ben hatte sich die Szenerie mit Entsetzten angesehen, jetzt richtete er sich an Markus, „Wage es nie wieder sie so anzufassen!“, zischte er ihm mit gefährlich leiser Stimme zu, doch Markus brachte lediglich ein erneutes lachen zustande, „Was willst du tun? Willst du mir in die Fresse hauen? Oh, geht ja gar nicht. Du bist an diese Wand gekettet und das noch für eine lange Zeit.“, er trat an Ben heran, „Wenn hier jemand in der Lage ist Forderungen zu stellen, dann bist das ganz sicher nicht du!“
    Er drehte sich um und ging zur Tür. Als er jedoch den Türknauf packte und die Tür öffnete, griff er nach einer Pistole, die er sich in den Hosenbund gesteckt hatte, wandte sich nochmals zu Ben um und schoss auf ihn, „Damit du kapierst wer hier der Boss ist!“, lachte er und verließ den Raum.

  • Melinda hatte einen heiseren Schrei von sich gegeben, als der Schuss durch den kleinen Raum gehallt war, während Ben vor Schmerz aufkeuchte. Markus hatte ihn in der rechten Schulter getroffen. Sofort war zu erkennen, wie sich das T-Shirt an der Stelle mit Blut voll sog.
    Weil ihm für einen Moment vor lauter Schmerz die Füße weggesackt waren, hing er mit seinem ganzen Gewicht an seinen Armen, was einen noch scheußlicheren Schmerz durch seine Schulter schickte. Er biss sich auf die Zähne, er wollte Melinda nicht noch mehr verängstigen, „Es ist alles gut...“, sagte er leise und drehte den Kopf zur anderen Seite, damit die Freundin seines Vaters nicht sah, dass sich aufgrund der Schmerzen Tränen in seine Augen stahlen.
    Dann streifte sein Blick die Tür und er hörte wie jemand das Haus verließ und einige Sekunden später sich ein Auto vom Gelände entfernte.
    Sein Blick hellte sich ein wenig auf und er fixierte Melinda, „Melinda...“, sie reagierte nicht, doch Ben dachte nicht daran aufzugeben, „Melinda, sieh mich an..., komm schon, sieh mich an. Es ist alles in Ordnung!“, sagte er langsam, auch wenn beim letzten Satz wieder die Zähne zusammen beißen musste, um keinen Schmerzenslaut von sich zu geben.
    Und endlich blickte sie auf, Ben sah sie eindringlich an, „Sieh zur Tür Melinda. Der Kerl hat vergessen sie wieder abzuschließen...“, vorsichtig blickte sie in die Richtung und tatsächlich, Markus hatte die Tür nicht wieder verschlossen, sie stand einen winzigen Spalt breit auf, „Wenn ich könnte würde ich es selbst machen, aber ich bin leider gerade nicht dazu in der Lage...“, er lächelte sie an, „Geh vorsichtig zur Tür und guck um die Ecke..., keine Angst es ist keiner da. Ich bin mir ganz sicher Melinda.“ Er sah wie sie zitterte, „Sieh mich an..., glaubst du ich würde dich belügen?“
    Sie sah ihm in die Augen und schüttelte den Kopf, wieder lächelte Ben, „Gut. Sieh nach ob die Kerle vielleicht ein Handy haben liegen lassen, dann können wir Hilfe holen.“ Melinda nickte, „Aber wie? Wir wissen doch gar nicht wo wir hier sind.“ „Wenn da ein Handy ist, dann rufen wir meinen Partner an und der wird uns dann hoffentlich mit etwas Hilfe orten können...“ „Okay...“, Melinda schluckte und ihre Schritte waren zwar langsam, doch sie bewegte sich auf die Tür zu und machte sie bedächtig einen Spalt weiter auf. Noch einmal sah sie zu Ben und dieser nickte ihr lächelnd zu.
    Vorsichtig lugte sie um die Ecke und trat dann Schritt für Schritt aus dem Raum heraus.

  • Semir hatte den bewusstlosen Andrew mittlerweile auf den Rücksitz seines Wagens verfrachten und zur Dienststelle fahren können.
    Kurz bevor er den Wagen auf dem Parkplatz vor der PAST abgestellt hatte, war sein Beifahrer aufgewacht und hatte einige hässliche Schimpfwörter von sich gegeben, als er bemerkte, dass er geschnappt worden war. Nun saß er im Verhörraum und wurde von Semir durch den halbdurchsichtigen Spiegel beobachtet, „Dann wollen wir doch mal sehen, was du uns zu erzählen hast.“, murmelte er und wollte den Raum verlassen, als die Tür geöffnet wurde und Susanne hereinkam.
    „Hey, wir haben schon den Namen deines Verdächtigen.“, sagte sie und reichte Semir eine Akte, „Na das ging aber fix.“, er blätterte die Akte durch und seine Augen wurden größer, „Aha, Andrew Winegarden. US-Amerikaner, fünfunddreißig, mit fünfzehn nach Deutschland gekommen, mit neunzehn das erste Mal wegen schweren Raubes inhaftiert, mit dreiundzwanzig wegen räuberischer Erpressung und zuletzt wieder wegen schweren Raubes...“, ratterte er die Akte runter, dann sah er wieder zu Andrew rüber, „Manche lernen es wohl nie. Übrigens, hat sich wegen der zweiten Leiche mittlerweile was getan?“, wandte er sich an Susanne.
    Diese schüttelte den Kopf, „Der Mann ist nirgendwo erfasst, bisher der einzige von denen der offenbar keinen Dreck am Stecken hatte. Wenn dieser Winegarden da drin uns nicht verrät wer der Kerl war, wird es vermutlich ein ewiges Geheimnis bleiben...“, meinte sie und ging wieder zu ihrem Schreibtisch. „Das fürchte ich auch.“, seufzte Semir und betrat den Verhörraum.
    „So, Herr Winegarden...“, er konnte Andrew ansehen, wie nervös er war, „...,dann wollen wir doch mal sehen. Sie haben sich ja schon das ein oder andere zuschulden kommen lassen, was? Zweimal schwerer Raub, einmal räuberische Erpressung und jetzt eine Entführung, eventuell sogar einen Mord?“
    Semir merkte wie der Kerl ihm gegenüber zusammenzuckte, „Also haben Sie tatsächlich etwas mit dem Mord zu tun.“ „Mord? Ich? Ich habe wirklich keine Ahnung wovon sie reden.“, Andrew stand der blanke Schweiß auf der Stirn, nicht weil er Angst hatte vor dem was Semir rausfinden konnte, seine Angst galt er dem was David mit ihm machen würde, wenn er herausbekäme, dass man ihn erwischt hatte. Denn dann hatte er ein wirklich großes Problem, dann war das Gefängnis noch das kleinere Übel. Also musste er jetzt alles versuchen, den Verdacht von sich abzulenken.
    Semir lachte, „Sie haben also keine Ahnung wovon ich hier rede. Wahrscheinlich wissen Sie nicht einmal mehr, dass Sie auf mich geschossen haben, als ich Sie verfolgte was? Wollen Sie mich eigentlich für dumm verkaufen?“, schnauzte er Andrew an, welcher jetzt seinerseits ein freches Grinsen zeigte, „Doch das weiß ich noch. Und ich weiß auch das ich ein paar Jährchen wegen diverser Delikte im Knast verbracht habe, aber ein Mord war meines Wissens nicht dabei.“

  • Semir schnaubte wütend, „Sagt Ihnen der Name ‚Zack Baylor’ etwas?“ Andrew tat ein erstauntes Gesicht und legte es dann nachdenklich in Falten, „Zack Baylor sagen Sie? Zack, Zack, Zack...??? Nein, tut mir leid, noch nie was von gehört. Wieso? Was ist mit ihm?“ „Er ist tot! Erschossen worden. Zusammen mit einem Kerl den wir noch nicht einmal identifizieren konnten, weil man den beiden eiskalt ins Gesicht geschossen hat.
    Andrew verzog das Gesicht, „Mein Gott, dass ist ja furchtbar und so etwas grauenvolles trauen sie mir zu?“, er war ein sehr guter Schauspieler wenn er wollte, doch Semir durchschaute ihn dennoch, „Herr Winegarden, wen wollen sie mir Ihren Lügenmärchen schützen?“
    „Ich schütze niemanden außer mich selbst und wissen Sie auch warum? Weil ich nichts mit diesem Mord zu tun habe.“
    „Dann eben anders...“, Semir musste sich arg zusammen reißen, damit ihm nicht der Geduldsfaden riss und er dem Kerl vor sich, einfach die Faust ins Gesicht schlug, „..., was haben Sie am Anwesen der Jägers zu suchen gehabt? Und ich würde vorschlagen, es dieses mal mit der Wahrheit zu versuchen!“
    „Ich bin lediglich in dem Wäldchen spazieren gegangen. Und als mir diese Mauer aufgefallen ist, habe ich mir gedacht guckst doch mal drüber, was da hübsches hinter liegt. Sie waren wohl noch nie in ihrem Leben neugierig, oder?“ „Oh doch, gerade in diesem Moment bin ich sehr neugierig. Wenn Sie nur spazieren gehen wollten, warum hatten Sie dann eine Waffe bei sich? Und wieso war es die Waffe meines Partners?“
    Jetzt konnte Andrew seine Überraschung nicht mehr verbergen. Es stimmte, die Waffe die er dabei gehabt hatte war die gewesen, die sie dem Bullen abgenommen hatten, „Bevor ich nicht mit meinem Anwalt gesprochen habe, werden Sie von mir kein Wort mehr hören.“, sagte er darauf, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Semir herausfordernd an. Am liebsten hätte Semir nun aus ihm herausgeprügelt, wo Melinda und Ben waren. Aber er wusste es würde ihn nicht weiterbringen, maximal als ‚DER PRÜGELNDE BULLE AUS KALK’ in die nächsten Abendnachrichten und darauf konnte er verzichten, „Also schön, den sollen Sie bekommen. Und bis der hier ist, bekommen Sie einen Platz in unserer hübschen kleinen Zelle.“ Er verließ den Raum und Dieter trat ein, um Winegarden in seine neue Unterkunft zu bringen.
    Als sie durch die PAST schritten ertönte mit einem Mal ein einziger Schuss, man hörte das zerbersten einer Glasscheibe, dann wie ein Auto mit quietschenden Reifen davonfuhr und was darauf folgte, war Stille.
    Susanne kam langsam wieder unter ihrem Schreibtisch hervor. Auch Semir stand vorsichtig auf, die Waffe im Anschlag, „Sind alle okay?“, er sah sich um und bekam von allen Seiten ein bejahendes Kopfnicken.
    „Semir?“, Dieter hatte ihn angesprochen und dieser drehte sich nun zu Bonrath und Winegarden um und ihm stockte der Atem. Dort lag sein einziger lebender Verdächtiger jetzt tot am Boden mit einem Schussloch in der Stirn. Die Augen schockiert aufgerissen.
    „SCHEIßE!“, fluchte Semir mit Hoffnungslosigkeit in der Stimme, während Dieter die Augen des Toten schloss.

  • Nachdem Semir seine Befragung beendet hatte, war Brian Clark direkt wieder zu seiner Frau ins Hotel gefahren und hatte ihr berichtet was geschehen war. Jetzt saß Emily wieder einmal mit rot geweinten Augen neben ihm und sah ihren Mann eindringlich an, „Brian wir müssen es diesem Kommissar sagen, sagen was wirklich geschehen ist.“, sie schnäuzte sich in ihr Taschentuch, „Es geht jetzt auch noch um den Sohn von Mels Lebensgefährten. Brian wir müssen es tun. Sollte David den beiden etwas antun..., er wird den Tod seines Sohnes noch weniger hinnehmen wie den von Mel, wenn es dazu kommt. Bitte...“, sie sah in seine Augen und sie flehte ihn an, „Bitte lass uns zu diesem Gerkhan gehen und ihm alles sagen.“
    Brian schüttelte den Kopf, „Niemals lasse ich mir mein Lebenswerk von so einem Nichtsnutz wegnehmen. Nicht von David! Wir bekommen Melinda wieder und gehen zurück ins die USA und sollte der Sohn von Jäger dabei drauf gehen...“, er sah seine Frau hoch erhobenen Hauptes an, „...nun ja, Shit Happens. Unglücke passieren immer wieder , nicht wahr?“
    Emily konnte nicht glauben, was ihr Mann da sagte. Sie hatte ihm immer beigestanden und sie trug seit Jahren das schreckliche Geheimnis mit sich herum, welches es um Brian Clark gab. Sie wusste, dass ihm seine Firma alles bedeutete, vielleicht sogar mehr noch als sie selbst. Doch diese Worte aus seinem Mund zu hören erschrak sie, „Brian..., das kannst du nicht tun. Bitte...“
    „Emi, jetzt hör mir zu.“, er packte sie an den Schultern, sodass sie zusammenzuckte als sie seinen festen wütenden Griff bemerkte, „David hat keinerlei Anspruch auf die Firma, keinen! Hast du mich verstanden?“, er sah ihr mit eisigem Blick in die Augen. Doch Emily zeigte keine Reaktion und das machte ihn noch wütender.
    Sein Griff wurde noch fester und er schüttelte sie, „Ich habe dich gefragt ob du mich verstanden hast?“ Langsam nickte sie.
    „Gut...“, er lockerte seinen Griff wieder und ließ sie los, fast bereute er seinen Ausbruch, doch Emily musste einfach verstehen, was für sie beide auf dem Spiel stand, „Ich bin noch einmal weg.“
    Emily sah ihn an, „Wo willst du denn hin?“ „Ich fahre zur Firma, sehen ob trotz Melindas Abwesenheit alles in Ordnung ist.“ „Du tust was?“, sie konnte es nicht begreifen. Seit sie jetzt sicher wussten, dass es sich um David handelte der sie erpresste, erkannte sie ihren Mann nicht wieder und das obwohl sie sich in den letzten Jahren bereits immer wieder gefragt hatte, wie sie mit ihm hatte zusammen bleiben können, nachdem was geschehen war. Brian zuckte lediglich mit den Schultern und verließ das Zimmer, während Emily sich weinend auf das Bett fallen ließ.

  • So, ja ich weiß, wieder ein ziemlich kurzer Teil, aber dafür gibt es auch heute Abend noch einmal einen, versprochen! Danke für die lieben Feeds übrigens! :D


    Einige Minuten lang lag sie so da und überlegte, wann sich ihr Mann so gewandelt hatte. Und dann hatte sie einen Entschluss gefasst, auch wenn es für sie womöglich Gefängnis bedeuten würde..., sie lebte nun seit vierunddreißig Jahren mit diesem Geheimnis. Vierunddreißig Jahre lang hatte sie ihr Versprechen gehalten und für ihren Mann geschwiegen. Doch jetzt ging es einfach nicht mehr. Zu lange trug sie es mit sich herum, zu schwer lastete mittlerweile die Schuld auf ihr, es war an der Zeit reinen Wein einzuschenken.
    Sie stand auf, richtete sich ihr Haar und ihr Kostüm und griff zum Telefonhörer um an der Hotelrezeption anzurufen, „Bestellen Sie mir bitte ein Taxi!“, sagte sie als ihr Anruf angenommen wurde und legte auf. Sie griff zu ihrer Handtasche und ging in die Lobby.
    Dort musste sie keine zehn Minuten warten, als das bestellte Taxi vor der Tür hielt. Sie stieg ein und schluckte, „Bitte bringen Sie mich zur Wache der Autobahnpolizei!“


    Melinda rannte, sie rannte so schnell sie ihre Beine noch trugen an der Straße entlang.
    Als sie den kleinen Raum verlassen und sich in dem baufälligen Gebäude nach einem Handy umgesehen hatte, war dort nichts zu finden gewesen. Doch sie bemerkte, dass sich nichts und niemand im Haus rührte. Sie hatte sich noch einmal zur Tür des Raumes umgedreht, wenn sie jetzt versuchen würde nach einem Schlüssel zu suchen, der Bens Handschellen löste, dann konnte es vielleicht zu spät sein. Sie betete das Ben ihr verzeihen möge, dass sie ihn jetzt im Stich ließ, aber sie wusste, dass es vielleicht die einzige Chance war, lebend aus der Sache wieder heraus zu kommen.
    Also war sie losgerannt und hatte sich geschworen Hilfe zu holen.
    Die ersten Schritte die sie getan hatte, waren ihr schwer gefallen, die Angst das David oder einer der anderen beiden plötzlich auftauchten, war übermächtig groß. Doch je weiter sie lief, desto schneller wurde sie. Das Adrenalin das in ihr aufstieg, schien sie schneller laufen zu lassen, als sie es je für möglich gehalten hätte. Immer wieder sah sie sich gehetzt um, doch die Straße war ruhig. Sie wusste nicht genau, ob sie das als Glück oder als Pech auffassen sollte.
    Als sie eine halbe Stunde gelaufen war, machten sich dann aber doch die Anstrengungen der letzten Tage bemerkbar, sie spürte wie jeder Muskel in ihrem Körper sich dagegen wehrte weiterzugehen.
    Von den ständigen Vergewaltigungen durch David zog sich ihr ganzer Unterleib schmerzhaft zusammen und am liebsten hätte sie sich in eine Ecke gesetzt und einfach gewartet, doch sie konnte Ben nicht einfach im Stich lassen. Also lief sie weiter und irgendwann hörte sie, wie sich ein Auto auf sie zu bewegte.

  • Schnell sprang sie in den Graben, der neben der Straße entlang führte, machte sich so klein wie möglich und versuchte vorsichtig dabei über den Rand zu spähen. Das Auto kam näher und sie begann zu zittern, doch in dem Wagen saßen weder David, noch Andrew oder Markus, wie sie von weitem erkennen konnte. Eine Frau saß darin. Melinda versuchte so schnell es ging aus dem Graben herauszukommen und stellte sich mit winkenden Armen an den Straßenrand.
    Die Frau sah sie im letzten Moment und fuhr einen kleinen Schlenker um Melinda herum, weil sie sich so über Melindas Aussehen erschrocken hatte, doch dann hielt sie am Seitenstreifen an.
    Melinda lief auf sie zu und öffnete die Beifahrertür, „Bitte..., können Sie mich mitnehmen?“, ihr Tonfall war flehend und die Frau musterte sie von oben bis unten, „Was ist denn mit Ihnen passiert?“, fragte sie bestürzt, doch Melinda schüttelte den Kopf, „Bitte..., ich habe keine Zeit für Erklärungen.“, wieder durchfuhr sie ein stechender Schmerz im Unterleib der ihr die Tränen in die Augen schießen ließ, „Bitte...“
    Die Frau nickte, „Steigen Sie ein, ich fahre Sie ins Krankenhaus. Sie brauchen einen Arzt.“, „NEIN.“, Melinda sah sie an, „Nicht ins Krankenhaus, ich muss zur Dienststelle der Autobahnpolizei. Bitte bringen Sie mich dorthin.“ „Aber Sie brauchen einen Arzt, ich bitte Sie.“, versuchte sie Melinda zur Vernunft zu bringen, doch diese schüttelte nur den Kopf, „Den brauche ich später, bitte es geht um Leben oder Tod.“, ihre Stimme wurde leise, „Bitte...“ „Also gut, aber auf Ihre Verantwortung.“, Melinda hörte der Stimme der Frau an, wie sehr es ihr widerstrebte, Melinda nicht ins Krankenhaus zu bringen, „Ich bin übrigens Josie.“, stellte sie sich dann noch vor, „Melinda. Ich danke Ihnen Josie.“ „Schon gut.“


    „Melinda?“, Ben rief immer wieder nach ihr, doch niemand antwortete.
    Er fragte sich, warum Melinda nicht auf sein Rufen reagierte. Die beste Antwort auf diese Frage war, sie war abgehauen und holte Hilfe, die schlechteste war, dass sie David in die Arme gelaufen war und er sie jetzt irgendwo dafür bestrafte, was sie versucht hatte. Er hoffte nur, dass sie noch am Leben war und nicht vor lauter Wut mittlerweile umgebracht worden war, denn das würde er sich nie verzeihen können.
    Auf einmal rannte ihm etwas kleines quiekendes über die Füße und Ben erschrak so heftig, dass er wie wild an den Handschellen zehrte und seine Schulter erneut mehr als beansprucht wurde. Ein durchdringender Schmerz durchfuhr ihn und wieder trieb es ihm die Tränen in die Augen.
    Mit einem Mal hörte er ein Geräusch von der anderen Seite der Tür kommen und dann wie jemand, „Scheiße!“, fluchte, „Wieso steht die Tür auf Markus?“ Ben hörte wie jemand lachte und dann die Stimme von Markus, „Keine Panik Dave, die Kleine wird da immer noch brav drin sitzen. Und unser kleiner Bulle kann sich sowieso nicht vor und nicht zurück bewegen.“, wieder lachte er, „Du hättest sie mal sehen sollen, als ich an meinem Reißverschluss herumgefummelt habe.“
    Doch der andere Kerl, schien nicht so überzeugt zu sein, „Sollte sie weg sein, kannst du dich auf dein blaues Wunder gefasst machen Markus.“, schnaubte er wütend.

  • Ben sah, wie die Tür aufgestoßen wurde und ein grimmig dreinblickender David den Raum betrat. Hastig sah David in jede Ecke, doch Melinda war nicht zu entdecken.
    „Hattest du nicht gesagt, dass sie nie im Leben abhauen würde?“, wandte er sich an Markus, der einen überraschten Gesichtsausdruck zeigte, „Geh und finde sie, los!“ Markus rannte los, während David sich Ben zuwandte, „Und jetzt zu uns beiden...“, er packte ihn an den Schultern und drückte ihn gegen die Wand, wobei er den Druck auf der rechten Schulter immer wieder verstärkte. Ben musste sich zusammenreißen keinen Laut von sich zu geben.
    „Wie hast du sie dazu gebracht zu fliehen? Mmh, wie?“, Ben sah ihn nur feixend an, „Das war gar nicht notwenig, auf die Idee zu fliehen ist sie von ganz alleine gekommen.“, meinte er, was in gewisser Weise schließlich auch der Wahrheit entsprach. Das alles machte David aber nur noch wütender, er ließ Bens Schultern los, was diesem für einen Moment leichte Linderung verschaffte. Doch dann schlug Dave mit der Faust zu, genau dorthin wo die Kugel Bens Schulter durchbohrt hatte.
    Von dem Schlag überrascht, krümmte sich Ben zusammen. Der Schmerz der ihn nun durchfuhr, ließ die Luft aus seinen Lungen entweichen und noch bevor er wieder einigermaßen atmen konnte, hatte David bereits ein zweites Mal zugeschlagen. Seine ganze Wut darüber, dass Melinda entwischt war, ließ er an Ben aus. Mal traf er ihn an der Schulter, dann in der Magengrube und ein nächstes Mal im Gesicht, immer und immer wieder schlug er zu bis Ben nur noch halb bei Bewusstsein war. Überall war seine Haut aufgeplatzt, von der Stirn lief das Blut, welches sich in seinen Augenbrauen verfing und dann auf den Boden tropfte. Jetzt gab es kaum noch eine Stelle an seinem Körper, die Ben nicht weh tat und das Atmen fiel ihm unendlich schwer.
    David, selbst ganz außer Atem, sah ihn an, „Letzte Chance..., entweder du sagst mir jetzt wo Melinda hin ist, oder das war es für dich!“
    Ben hob langsam den Kopf und blickte Dave tief in die Augen. In seinem Mund hatte sich Blut angesammelt, das er jetzt vor dessen Füße spuckte, bevor er schwer atmend antwortete, „Fahr zur Hölle...“
    David lachte, „Gerne doch, aber vorher landest du dort!“, er zog seine Waffe und schoss. Die Kugel traf Ben im Bauch, Kraft mit irgendeinem Ton darauf zu reagieren hatte er keine mehr. Ihm sackten jetzt endgültig die Beine weg und er hing nur noch an seinen Fesseln. David beobachtete ihn eine Weile und erfreute sich an dem Anblick und sobald er Melinda hatte, würde mit ihr genau das gleiche geschehen, das schwor er sich. Sie würde für ihre Dreistigkeit büßen und sie würde leiden. Das was sie bisher erlebt hatte, wäre ein Zuckerschlecken gewesen, gegen das was er jetzt mit ihr machen würde. Dann holte er einen Schlüssel aus seiner Hosentasche hervor, schloss die Handschellen auf und Ben fiel hart auf den Boden, wo er liegen blieb, „Du hast sowieso nicht mehr lange.“

  • Melindas Mutter hatte mittlerweile die PAST erreicht, sie stieg aus dem Taxi, gab dem Fahrer das Geld für die Fahrt, inklusive einem üppigen Trinkgeld für das sie einen überraschten Blick erntete und betrat dann das Gebäude.
    Sie war kaum eingetreten, als ihr Hotte entgegen kam, „Guten Tag, kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte er freundlich und lächelte sie an, „Vielleicht..., wo finde ich Herrn Gerkhan?“ Hotte sah sie an, „Moment, ich werde Sie hinbringen.“ Er führte sie durch den Büroraum, klopfte dann an die Bürotür und öffnete sie einen Spalt breit, „Semir?“ „Was ist denn Hotte?“
    Semir war müde, dass konnte man ihm ansehen. Erst die Entführung Melindas, dann die erste Spur die sie nur zu zwei Toten führte, Bens Entführung, Clark tauchte auf, der nächste Verdächtige will nicht reden und wird dann vor seinen Augen erschossen. Er wusste nicht mehr wo vorne und wo hinten war.
    Hotte sah ihn mitleidig an, „Hier ist jemand der mit dir sprechen möchte.“ „Wer denn?“ „Sie hat sich mir nicht vorgestellt, aber ich glaube es ist wichtig.“, meinte der beleibte Polizist und Semir drehte sich zu ihm um, „Schick sie rein.“
    „Kommen Sie.“, er hielt Emily die Tür auf und sie trat ein. Als Semir erkannte wer da hereinkam konnte man die Verwunderung in seinem Gesicht erkennen, „Mrs. Clark? Was kann ich für Sie tun?“
    „Ich muss mit Ihnen sprechen Herr Gerkhan. Ich glaube mein Mann hat Ihnen nicht die volle Wahrheit gesagt, als er heute morgen bei Ihnen war.“, Emily sprach leise, aber mit einer festen Stimme. Sie bereute ihre Entscheidung nicht, sie wusste das es das einzig Richtige war.
    „Bitte setzten sie sich doch.“, er bot ihr einen Stuhl an und setzte sich dann ihr gegenüber, „Worum geht es Mrs. Clark? Was hat Ihr Mann mir verschwiegen?“ Sie atmete hörbar ein, bevor sie ansetzte, „Was hat er Ihnen denn erzählt Herr Gerkhan?“ „Nun ja, er hat mir von diesem David erzählt, dass er eigentlich Miterbe der Firma werden sollte, ihr Mann dies aber verhinderte, weil ein paar Jahre zuvor Ihr Sohn zum Alleinerben erklärt wurde und das auch vertraglich festgehalten wurde.“
    Emily nickte, „Hat er Ihnen auch gesagt, dass Davids Vater mit Hilfe seines Anwalts den Vertrag ändern wollte? Er dann aber bevor das passieren konnte, bei einem Autounfall verstorben ist?“ Jetzt war es Semir der nickte, „Ja, das hat er mir erzählt...“, Semir wurde unruhig. Er hatte den leisen Verdacht, dass Brian Clarks Ehefrau ihm gleich sagen würde, was er seit dem Gespräch mit Clark ahnte.
    „Gut, gut. Dann hat er Ihnen das meiste ja mitgeteilt. Das was ich Ihnen jetzt sage Herr Gerkhan, das trage ich nun seit vierunddreißig Jahren mit mir herum. Vierunddreißig lange Jahre, meinem Mann zu Liebe. Ich weiß, dass ich es nicht einfach hätte hinnehmen dürfen was er getan hat, aber..., wir hatten zwei Kinder Herr Gerkhan. Zwei Kinder, Sam war achtzehn und Melinda gerade drei, sie sollten ihren Vater nicht verlieren..., sie sollten doch ihren Vater nicht verlieren...“, sagte sie leise und mehr zu sich selbst.
    Semir sah sie an und ergriff die Hände der zitternden Frau, „Was hat Ihr Mann getan Mrs. Clark?“

  • So Chris, wollen wir mal sehen, ob du mit deiner Vermutung richtig liegst! :D



    „Er ist für den Tod seines Geschäftspartners und Davids Vater George Bishop verantwortlich. Er war es, der den Autounfall in Auftrag gegeben hat, bei dem George ums Leben kam, nur damit Sam Alleinerbe der Firma blieb.“
    „Was hat Papa getan?“, Melinda war in der Tür aufgetaucht.
    „Melinda!“, Emily stand auf und ging auf ihre Tochter zu. Als sie diese in ihre Arme schließen wollte, wich Melinda vor ihrer Mutter zurück, „Was hat er getan?“, in ihren Augen sammelten sich Tränen, „Bitte sag das es nicht wahr ist.“
    Ihre Mutter senkte den Blick und nun war auch für Melinda klar, das es stimmte, „Deshalb musste Sam sterben. Sam musste sterben, weil Papa den Vater von Bishop umgebracht hat. Und du hast ihn auch noch gedeckt. DU HAST GENAUSO SCHULD AN SAMS TOD!“, schrie sie nun und hätte Hotte sie nicht genau im passenden Augenblick festgehalten, wäre sie in sich zusammengebrochen wie ein Kartenhaus. Schnell stand Semir auf und Hotte führte die völlig aufgelöste Frau zu dessen Stuhl, wo sie sich niederließ.
    Dann wandte sich Semir an Emily, „Wo ist Ihr Mann jetzt?“, doch Emily reagierte nicht, „Mrs. Clark, wo ist ihr Mann?“ Noch immer zeigte sie kein Zeichen, dass sie die Frage verstanden hatte.
    „WO IST PAPA JETZT?“, wieder war es ihre Tochter die schrie und dies ließ ihre Mutter aus der Starre erwachen, „Er ist in der Firmenzentrale in Köln, wollte dort nach dem Rechten sehen...“, flüsterte sie.
    „Hotte, du schnappst dir Bonrath und fährst dorthin. Dann nehmt ihr ihn wegen Mordes fest.“, wandte er sich an Hotte und dieser nickte, „Wird sofort erledigt.“, er verließ das Büro und zog die Tür hinter sich zu.
    Semir kniete nun vor Melinda, „Melinda...“, sprach er sie vorsichtig an, vermeidete jedoch sie anzufassen, ein Gefühl verriet ihm, dass das nicht klug sein würde, „..., wo ist Ben?“ „Er..., er ist noch in den Händen von Bishop und seinen Komplizen.“ „Wissen Sie wie viele Komplizen er noch bei sich hat?“ „Zwei..., soweit ich es mitbekommen habe heißt der eine Markus und der andere...“, sie überlegte, „..., Andrew. Sein Name ist Andrew, glaube ich.“ „Okay, dann hat er nur noch einen bei sich..., der andere ist tot.“, fügte er hinzu, als er in ihr fragendes Gesicht sah.
    „Sie müssen Ben da rausholen. Einer der Kerle hat auf ihn geschossen und in die Schulter getroffen. Ich weiß nicht was sie mit ihm machen, wenn sie mein Verschwinden bemerken.“, sagte Melinda, die von Minute zu Minute blasser wurde, was Semir keinesfalls verborgen blieb, „Können Sie mir sagen wo das Versteck dieser Kerle ist?“
    Sie nickte, „Haben Sie eine Karte?“, ihre Stimme wurde auch immer leiser. Schnell holte Semir eine hervor und breitete sie auf dem Schreibtisch aus. Es war gut, dass sie nun schon seit einigen Jahren immer wieder einige Zeit in Köln lebte, sie kannte die Stadt und auch die entlegensten Stellen. Und trotz der Panik die während ihrer Flucht immer da gewesen war, wusste sie noch genau, wo sie gefangen gehalten worden war, sodass sie Semir genau sagen konnte, wo er Ben finden würde.

  • Semir dankte ihr und verließ schnellen Schrittes das Büro, „Susanne ruf einen Krankenwagen. Kümmere dich um Melinda bis die da sind, ich glaube sie bricht gleich zusammen. Und sag dem alten Jäger Bescheid, dass wir seine Lebensgefährtin frei haben. Die Kollegen sollen die Mutter in Gewahrsam nehmen. Aber vorher sagst du dem SEK Bescheid, die sollen hierher kommen.“, er drückte ihr einen Zettel in die Hand und rannte zu seinem Auto, noch bevor Susanne irgendetwas sagen konnte. Sie hörte nur noch, wie der BMW mit quietschenden Reifen losfuhr.
    Semir bretterte in einem Affenzahn über die Autobahn. Immer wieder wagte er die halsbrecherischsten Überholmanöver und hatte er mal keine Chance zu überholen, weil sich irgendein Autofahrer breit machte, dann hupte er wie wild, bis dieser Platz machte.
    „Halt durch Kumpel...“, murmelte er immer wieder vor sich hin. Semir kannte solche Typen wie Bishop augenscheinlich einer war. Die drehten durch und ließen ihre Wut an dem nächstbesten aus, wenn etwas nicht nach Plan lief. Und der nächstbeste war in diesem Fall wohl Ben. Er hoffte nur, dass er nicht zu spät kam.
    Mit einem Mal klingelte sein Handy, genervt nahm er ab, denn dafür hatte er eigentlich gar keine Zeit, „Was?“, blaffte er den Anrufer an, „Okay..., ich störe wohl gerade?“, vernahm er die Stimme von Hartmut.
    „Was gibt es Hartmut und mach’s kurz.“ „Das Foto das du mir hast zukommen lassen, du weißt schon das mit dem dunkeln Fleck in der Ecke...“, begann er und wurde unterbrochen, „Habe ich nicht gerade gesagt du sollst es kurz machen, Einstein?“ „Schon gut, was ist denn los Semir?“ Semir seufzte auf, „Was hast du Hartmut?“ „Wenn du es mir nicht sagen willst...“, Hartmut schien ein wenig beleidigt, „Dieser dunkle Fleck auf dem Foto war ein fotografierter Finger. Einer der Kerle hat beim auslösen den Finger an der Linse gehabt und es nicht einmal bemerkt. Mit etwas vergrößern konnte ich den Fingerabdruck mit der Datenbank abgleichen und Bingo: Treffer! Ein Markus Schreiner, bislang nur durch kleine Diebstähle aufgefallen...“, wieder wurde er von Semir unterbrochen, „Super, vielen Dank Hartmut, hast du toll gemacht, aber jetzt muss ich den Kerl erst einmal kriegen, ich weiß nämlich schon wo er sich vermutlich aufhält.“, er legte auf und ließ einen verdutzten Hartmut am Ende der Leitung zurück.
    Eine gefühlte Ewigkeit später, näherte sich Semir dem Gelände das Melinda ihm beschrieben hatte. Schon von weitem konnte er sehen, dass vor dem Gebäude ein Wagen parkte, also stellte er seinen BMW an einer nicht so schnell einsehbaren Ecke ab, stieg aus und hielt die Waffe sogleich im Anschlag.
    Langsam und stets darauf bedacht kein Geräusch von sich zu geben, schlich er sich auf das Haus zu. Jeder Muskel seines Körpers war angespannt. Je näher dem Haus kam, desto deutlicher konnte er eine Stimme schreien hören. An einem Fenster ging er in die Hocke und lauschte.

  • „Wie konnte es nur passieren, dass ich mir vier Idioten auf einmal als Komplizen suche? Erklär mir das Markus!“ „Dave, es tut mir leid.“, Semir konnte die weinerliche Stimme von Markus vernehmen, der versuchte seinen Boss milde zu stimmen. „Es tut dir also leid? Das nützt mir jetzt nur leider nichts mehr. Melinda ist weg und damit meine Chance von Clark die Besitzurkunde der Firma zu bekommen, kapierst du das? Und der Bulle macht es auch nicht mehr lange...“ Semir blieb beinahe das Herz stehen, als er das hörte, doch Bishop sprach noch weiter, „Sieh zu das du ihn wegschaffst. Wohin ist mir egal. Hauptsache weg. Und Markus? Enttäusch mich nicht noch einmal, anderenfalls wird es dir wie Zack, Jeff und Andy ergehen! Haben wir uns verstanden?“ „Ja...“, es war ein leises fiepen, das Markus von sich gab.
    Semir konnte nicht mehr länger auf das SEK warten, nicht das er das überhaupt vorgehabt hatte, doch jetzt wo er gehört hatte, dass Ben offensichtlich schwer verletzt in dem Gebäude lag, da konnte er erst Recht nicht mehr warten. Er stand auf, ging vorsichtig die letzten Schritte bis zur Tür und blieb dort stehen, „POLIZEI, KOMMEN SIE MIT ERHOBENEN HÄNDEN HERAUS! SIE SIND UMSTELLT!“, schrie Semir, doch als Antwort bekam er lediglich zwei Schüsse, die knapp an ihm vorbei gingen.
    „Das dieser Spruch aber auch nie funktioniert...“, murmelte er vor sich hin und schoss seinerseits zweimal durch die geöffnete Tür. Er hörte einen Aufschrei, dann wie jemand zu Boden ging und wie ein weiterer davon rannte. Semir lugte um die Ecke und rannte dem Flüchtenden hinterher, ohne auch nur einmal auf den am Boden liegenden Mann zu achten. Über eine Treppe gelangte er zunächst in den ersten Stock, doch der Mann vor ihm rannte immer weiter hoch, also rannte er ihm hinterher, bis sie auf dem Dach ankamen.
    „Geben Sie auf. Legen Sie die Waffe auf den Boden!“, mit vorgehaltener Waffe näherte er sich, „Sie sind David Bishop nicht wahr?“ David lachte, „Und wenn?“ „Wir wissen was Clark mit ihrem Vater gemacht hat und er wird dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Sie haben was Sie wollten.“ „Einen Scheiß habe ich. Was ich wollte waren meine Anteile an der Firma meines Vaters, aber das hat Clark immer sehr gut zu vereiteln gewusst. Und jetzt bringt es mir nichts mehr, dass Clark seine gerechte Strafe bekommen wird...“, Semir sah David an, im Hinterkopf hatte er Ben, er musste zu ihm und dieser Dreckskerl hielt ihn hier oben so lange auf.
    „Bishop, legen sie die Waffe auf den Boden!“, versuchte er es noch mal, doch wieder lachte dieser nur, „Bestimmt nicht.“, David gab einen letzten Schuss in Richtung Semir ab und sprang vom Dach.
    Semir lief zur Dachkante und sah hinunter, dort lag Bishop, die Arme und Beine im merkwürdigen Winkel von sich gestreckt und ein gerade eingetroffener SEK-Beamte fühlte seinen Puls. Er sah hoch zu Semir und schüttelte den Kopf, „Verdammt...“, stieß er aus. Doch dann drehte er sich um und rannte wieder hinunter.

  • Unten angekommen war der ganze Wohnbereich von SEK-Beamten übersäht und dann sah er Dieter, der vor der Tür eines Raumes stand. Schnell ging er hinüber und was er sah ließ ihm abermals das Herz stehen bleiben, Hotte kniete neben dem bewusstlosen und leichenblassen Ben. Unter ihm und um ihn herum hatte sich eine riesige Lache Blut gebildet. Er drängte sich an Bonrath vorbei und ließ sich ebenfalls neben Ben nieder, vorsichtig bettete er dessen Kopf in seinen Schoss und fühlte nach dem Puls. Noch war er da, doch er war so schwach, dass er nicht wusste wie lange Ben durchhalten würde.
    Mit Tränen in den Augen sah er zu Hotte, „Habt ihr den Krankenwagen verständigt?“ Hotte nickte und da konnte Semir auch schon in der Ferne die Sirenen des RTW vernehmen. Er strich Ben über die Haare, „Halte durch Partner, halte durch. Hilfe ist gleich da. Gib nicht auf!“, flüsterte er ihm leise zu, „Du schaffst das...“
    Tränen tropften auf Bens Haare und ein paar Augenblicke später wurde Semir von seinem jungen Partner weggezogen. Mit Angst erfüllten Augen starrte er auf das was der Notarzt mit Ben machte. Er bekam überhaupt nicht mit was um ihn herum geschah, er sah einfach nur auf die Szenerie vor ihm, bis er von einem, „Gebt Bescheid sie sollen den OP bereit machen und Blutkonserven bereithalten, wir kommen jetzt!“, wieder in die Gegenwart zurückgeholt wurde, „Wo bringen Sie ihn hin?“ „Wir bringen ihn ins Marien-Hospital.“, dann wandte sich der Notarzt an seine Leute, „Beeilung!“
    „Komm, wir fahren hinterher.“, sagte Dieter und zog Semir mit sich. Während Bonrath fuhr und Hotte sich auf dem Beifahrersitz niedergelassen hatte, saß Semir, in sich zusammengefallen, auf der Rückbank und schwieg. Dann allerdings hob er den Kopf und wandte sich an die beiden, „Was macht ihr eigentlich hier? Ihr solltet doch Clark festnehmen.“ „Haben wir auch und der hat ganz schön getobt, dass kannst mir glauben.“, antwortete Hotte, „Und anschließend hat Susanne uns gesagt, wo du bist und wir sind hierher gekommen.“
    Er drehte sich zu Semir um, „Ben ist stark! Er schafft das...“ Semir brachte ein kleines Lächeln zustande, „Hoffentlich...“ „Aber sicher schafft er das.“, versuchte nun auch Dieter seinem Kollegen Mut zu machen, auch wenn er selbst seinen Worten nicht hundertprozentig Glauben schenken wollte. Der Rest der Fahrt verging wieder schweigend, jeder der drei hing seinen eigenen Gedanken nach und es kam ihnen wie eine Ewigkeit vor, bis sie endlich am Marien-Hospital ankamen. Die drei sprangen aus dem Auto und eilten in das Gebäude hinein, wo ihnen auf ihre Frage nach Ben, von einer Schwester gesagt wurde, dass Ben im OP war und ihnen zeigte, wo sie warten konnten.

  • Als sie vor dem OP ankamen, konnten sie dort schon von weitem jemanden stehen sehen, Konrad.
    Semir ging auf den Vater seines Partners zu und sprach ihn vorsichtig an, „Herr Jäger?“ Konrad erschrak, offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass hinter ihm jemand auftauchen würde, „Herr Gerkhan. Sie operieren ihn gerade.“, sagte er mit leiser Stimme und Semir nickte, „Was ist mit ihrer Lebensgefährtin, wie geht es ihr?“
    Konrad schluckte, „Sie schläft jetzt, die Ärzte mussten eine Not-Hysterektomie durchführen. Sie ist so oft vergewaltigt worden, dass ihr Uterus schwere Schäden genommen hat und sie beinahe innerlich verblutet wäre. Die Ärzte konnten gar nicht glauben, dass sie sich mit den inneren Verletzungen noch bis zur Wache durchgeschlagen hat.“, in seinen Augenwinkeln hatten sich Tränen gebildet, „Mel ist gerettet, aber was ist wenn ich jetzt Ben verliere?“
    Semir legte eine Hand auf Konrads Arm, „Ben ist stark. Das wissen Sie doch. Er schafft das, da bin ich mir sicher...“, versuchte er ihn zu beruhigen, doch Konrad konnte in Semirs Augen sehen, dass auch dieser sich etwas vormachte und sich nicht so sicher war, wie er vorgab zu sein.
    „Wo ist eigentlich Julia?“ „Sie wacht an Melindas Bett, ich wollte nicht das sie allein im Zimmer ist, während ich hier bin.“, er wischte sich über die Augen, „Ich werde sie jetzt wieder ablösen...“, sagte er leise und mit einem letzten Blick auf die Tür des OP’s ging er den Gang entlang zur Intensivstation.
    Semir starrte nun seinerseits eine Weile auf die OP-Tür, bis er sich neben Hotte auf einen der Stühle im Wartebereich nieder ließ.
    Irgendwann näherte sich ihnen Julia und sie setzte sich schweigend hinzu, griff aber nach Semirs Hand und hielt sie fest. Es schien ihm, als bräuchte sie jemanden an dem sie sich festhalten konnte und er gewährte es ihr, denn auch er konnte den Halt, den diese kleine Geste gab, gut gebrauchen,
    Stunde um Stunde verging und nichts tat sich. Hotte hatte zwischendurch Kaffee für sich und die anderen drei geholt, doch die Zeit des Wartens verkürzte das auch nicht.
    Nach sechs Stunden des bangen Wartens öffnete sich endlich die Tür des OP-Saals und ein Arzt trat heraus, im selben Moment kam auch Konrad wieder den Flur entlang und als er sah, dass sich endlich etwas tat, beschleunigte er seine Schritte, „Wie geht es ihm, Dr. Wessel?“, fragte er noch bevor er bei der kleinen Gruppe, die sich um den Arzt gescharrt hatte, angekommen war.
    „Den Umständen entsprechend.“, sagte er und Semir stöhnte unwillkürlich auf, das war offenbar der Standardspruch von Ärzten nach Operationen. Erste Lektion im Studium, wenn die Angehörigen fragen wie es dem Patienten geht, immer mit, ‚Den Umständen entsprechend’, antworten.

  • Dr. Wessel hatte Semirs Stöhnen bemerkt, ging aber nicht weiter darauf ein, sondern fuhr fort, „Wir müssen jetzt sehen, wie er die Nacht übersteht. Aber er ist jung und kräftig, trotz des hohes Blutverlustes stehen seine Chancen sehr gut. Wir werden ihn jetzt gleich auf die Intensivstation bringen und dann würde ich Sie darum bitten..., ich meine ich kann mir vorstellen, dass Sie alle gerne nach ihrem Sohn, Bruder, Kollegen, wie auch immer schauen möchten, aber er braucht Ruhe, also bitte nur einer und derjenige auch nur für ein paar Minuten.“, dann drehte sich der Arzt um und ging.
    Für Semir, Hotte und Dieter war klar, dass sie erst einmal Konrad und Julia den Vortritt lassen würden, auch wenn Semir sich insgeheim selbst gerne ans Bett seines Freundes gesetzt hätte.
    Julia sah ihren Vater an, „Geh du zu ihm und sag ihm das er schnell wieder gesund werden muss ja? Wir alle brauchen ihn schließlich.“, sagte sie, „Aber willst du nicht?“, fragte Konrad und Julia schüttelte den Kopf, „Du solltest gehen Papa. Ich werde mich wieder an Melindas Bett setzten und auf dich warten, in Ordnung?“, sie stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihrem Vater einen Kuss auf die Wange, ehe sie sich auf den Weg zum Zimmer von Melinda machte.
    Einen Augenblick später kam eine Krankenschwester auf sie zu, „Wen von Ihnen darf ich zu Herrn Jäger begleiten?“, Konrad nickte und folgte ihr, nicht ohne Semir noch einmal anzusehen und ihm mit einem Kopfnicken zu danken, welches dieser erwiderte.
    Jetzt traten Hotte und Dieter an seine Seite, „Komm, wir fahren dich nach Hause, hier kannst du jetzt sowieso nichts mehr tun. Du kannst morgen wieder hierher kommen und nach Ben sehen.“, sagte der beleibte Polizist sanft und schob ihn Richtung Ausgang.
    Nach kurzer Fahrt hielt Bonrath den Wagen vor Semirs Haus, „Danke euch.“, brachte er heraus und ging auf die Tür zu, schloss sie auf und ging ins Haus.


    Am nächsten Morgen saßen Andrea und er gemeinsam beim Frühstück, wobei Semir nicht viel hinunterbrachte. Seine Gedanken schweiften immer wieder zu Ben ab, hoffentlich hatte sich sein Zustand in der Nacht nicht verschlechtert. Andrea die es bemerkt hatte, strich ihm sanft über die Hand, „Wenn sich sein Zustand verschlechtert hätte, dann hätte sich Julia bestimmt schon gemeldet...“, sagte sie vorsichtig und Semir sah seine Frau an, „Wahrscheinlich hast du Recht, aber ich fahre trotzdem gleich zum Krankenhaus.“ „Schon klar. Du wirst dir allerdings ein Taxi bestellen müssen.“, er sah sie irritiert an und Andrea nickte, „Dieter und Hotte haben dich gestern nach Hause gebracht, dein Dienstwagen ist nicht hier und unser Wagen ist immer noch in der Werkstatt.“ Jetzt fiel es auch Semir ein, der Wagen stand noch immer an der Ecke vor dem Haus, indem sie Melinda und Ben gefangen gehalten hatten.
    „Würdest du mir ein Taxi rufen, dann kann ich mich noch schnell fertig machen.“, fragte er seine Frau, welche ihm darauf ein Lächeln schenkt, „Natürlich...“ „Ich danke dir.“, er küsste sie innig und verschwand ins Bad.

  • Als er im Taxi auf dem Weg zur Klinik saß, holte Semir sein Handy raus und wählte die Nummer der Dienststelle an, „Susanne, Semir hier. Ich fahre jetzt zu Ben ins Krankenhaus, könntest du Hotte und Bonrath bitten, dass sie den BMW für mich abholen? Der steht immer noch...“, da wurde er auch schon unterbrochen, „Der Wagen ist schon wieder hier. Die beiden haben ihn gestern noch geholt, nachdem sie dich zu Hause abgesetzt hatten.“
    Er lächelte, „Dann sag den beiden bitte ‚Danke schön’ von mir. Ich melde mich später.“, damit wollte er auflegen, doch er wurde von Susanne davon abgehalten, „Warte kurz. Mrs. Clark hat im Übrigen noch einmal ausgesagt. Frau Krüger hat sie gestern Abend noch ein zweites Mal befragt, damit wir ihr Geständnis auf Band haben.“ „Das ist super Susanne, danke für die Info.“, dann legte er auf.
    Während der ganzen Fahrt spielte er nervös mit seinen Fingern, auch wenn er sich ziemlich sicher war, dass Julia sich bei einer Verschlechterung von Bens Zustand bei ihm gemeldet hätte, so hatte er doch Angst das es im Nachhinein zu irgendwelchen Komplikationen kommen würde.
    Und wenn Semir auf irgendetwas keine Lust mehr hatte, dann darauf einmal mehr einen Partner zu verlieren, der ihm zu einem Freund geworden war. Doch daran versuchte er nicht zu denken.
    Als das Taxi vorm Marien-Hospital hielt, reichte er dem Fahrer das Geld und machte sich langsamen Schrittes auf den Weg in das Gebäude hinein.
    „Semir!“, Bens Schwester kam auf ihn zugelaufen, kaum das er einen Meter weit im Krankenhaus drin war. Sie fiel ihm um den Hals und lächelte ihn dann an, „Er ist aufgewacht Semir. Ben ist aufgewacht.“ Nun begann auch Semir zu lächeln, „Wie geht es ihm?“ „Dr. Wessel hat ihn heute morgen noch mal untersucht und war zufrieden. Er ist noch schwach, aber seine Werte sind stabil und Dr. Wessel meint, dass Ben bei ausreichender Ruhe, schnell wieder ganz der Alte sein wird! Vielleicht wird er auch morgen oder übermorgen auf die normale Sation verlegt, wenn es so bleibt wie es jetzt ist.“
    Semir fiel in diesem Moment ein Stein von der Größe seines BMWs vom Herzen, ihm war die Erleichterung anzusehen, dann griff Julia nach seiner Hand und zog ihn mit sich, „Komm, ich bringe dich zu ihm. Er fragt schon die ganze Zeit nach dir.“
    Die beiden liefen die Intensivstation entlang, bis sie an der Tür zu Bens Zimmer angekommen waren, „Geh ruhig, ich komme später wieder. Ich sehe mal erst nach Melinda.“, meinte Julia, drehte sich um und ging.
    Vorsichtig klopfte Semir an Bens Zimmertür an und öffnete sie dann einen Spalt. Langsam schob er sich ins Zimmer und setzte sich an das Bett. Ben schlief, aber sein Gesicht hatte schon wieder deutlich mehr Farbe, als noch einige Stunden zuvor. Um seine rechte Schulter lag ein dicker weißer Verband und auch um seinen Unterkörper war einer gelegt worden. Er nahm Bens Hand in die seine und hielt sie ganz fest, „Danke das du mich hier nicht alleine lässt Partner.“, flüsterte er und beobachtete Ben wie er schlief.

  • Hier kommt der vorletzte Teil, den letzten wird es gleich auch noch geben!


    Semir wusste nicht wie lange er so dagelegen, den Kopf auf Bens Bett liegend, und geschlafen hatte. Das er in der Nacht vor lauter Sorge nicht viel geschlafen hatte, schien sich bemerkbar gemacht zu haben.
    Als er aufwachte spürte er, wie eine Hand immer wieder die seine drückte. Er blickte auf und sah in Bens grinsendes Gesicht, „Endlich wach?“, seine Stimme klang noch schwach und dumpf, aber was wollte man erwarten.
    „Ben!“, Semir lächelte, „Alles okay?“ „Jaja, passt schon.“, meinte er leise, „Ich meine es wurde zwar auf mich geschossen, aber ich wusste ja, dass du rechtzeitig kommen und mich finden würdest, oder? Schließlich kann man sich auf den türkischen Hengst verlassen.“
    „Hör auf Witze zu reißen.“, Semirs Stimme wurde ernst, „Weißt du eigentlich was ich für eine scheiß Angst um dich hatte?“ „Ich kann’s mir denken.“, antwortete Ben ein wenig kleinlaut, er wusste was jetzt von Semir kommen würde. Und er behielt Recht, „Wie kommst du eigentlich dazu einfach aus der PAST abzuhauen und dich auf eigene Faust auf die Suche zu machen? Und dann stellst du auch noch dein Handy aus, sodass kein Mensch weiß wo du steckst. Hätten wir dich nur eine Stunde später gefunden, dann wärst du jetzt mit Sicherheit nicht mehr am Leben...“, Semir atmete hörbar ein, als er geendet hatte.
    „Bist du jetzt fertig?“, fragte Ben, „Ja!“ „Geht’s dir jetzt besser?“ „Ja!“ „Kann ich dir dann jetzt erzählen, wie es wirklich gewesen ist?“ „Ja!“ „Gut.“
    Ben begann zu erzählen und in gewisser Art und Weise konnte Semir ja auch verstehen, warum Ben so gehandelt hatte, aber in Ordnung fand er es trotzdem nicht.
    „Was ist eigentlich mit diesem Bishop und seinen Komplizen? Habt ihr sie festnehmen können?“, Semir schüttelte den Kopf, „Die sind alle tot! Nachdem wir die Leichen von Baylor und dem anderen Kerl gefunden haben, konnten wir einen Andrew Winegarden festnehmen, der aber leider nach seiner Befragung erschossen wurde. In der Dienststelle. Und als ich dich dann befreien wollte, wurde der vierte Komplize von mir erschossen, ein gewisser Markus Schreiner. Nun ja und Bishop hat sich selbst umgebracht, der ist während der Verfolgung mal eben so vom Dach gehüpft.“
    Ben hatte Semirs Bericht schweigend gefolgt, „Auf jeden Fall können sie sich jetzt nicht noch mal an Melinda ranmachen. Habt ihr wenigstens rausfinden können was sie von ihr wollten?“, und Semir erzählte ihm was er durch Melindas Mutter erfahren hatte und Bens Augen wurden immer größer, So eine Familie hat sie nicht verdient...“, sagte Ben leise, als Semir endete und dieser schüttelte den Kopf, „Nein, das hat sie wirklich nicht. Wir haben das Geständnis ihrer Mutter auf Band und die beiden werden zurück in die USA gebracht, wo sie einen Prozess bekommen.“ Ben nickte.

  • Plötzlich öffnete sich die Tür und Konrad trat ein, „Wie geht es dir mein Sohn?“ „Gut. Alles okay, Papa. Wie geht’s Melinda?“
    Konrad nahm sich einen Stuhl und setzte sich zu seinem Sohn und Semir und nahm Bens Hand, „Sie wird wieder werden.“ „Und was wird jetzt aus euch?“ „Wir haben lange geredet und wir sind beide übereingekommen, dass sie Zeit brauchen wird und die bin ich bereit ihr zu geben. Soviel Zeit wie notwendig ist. Und wenn sie soweit ist, dann wollen wir es noch einmal versuchen. Uns beiden ist unsere Beziehung zu wichtig, als das wir nicht darum kämpfen wollen.“
    „Das ist gut. Sie ist eine tolle Frau, Papa. Und sie ist stark, sonst hätte sie die Tage bei diesem Bishop nicht überstehen können. Sie weiß wie man kämpft.“ „Damit hast du Recht. Aber sie weiß auch schon genau was sie nicht will. Sie sagt sie wird die Firma nicht weiterführen. Sie möchte nicht zurück, zu viele schlimme Erinnerungen sind jetzt damit verbunden. Melinda will die Firma verkaufen und ich habe ihr versprochen sie dabei zu unterstützten.“, erzählte Konrad und erhob sich dann wieder, doch bevor er das Zimmer verließ, richtete er sich noch einmal an Semir, „Was wird mit Melindas Eltern passieren Herr Gerkhan?“ „Sie werden in den USA eine Prozess bekommen.“ „Das ist gut, sehr gut. Ich komme später wieder Ben.“ „Ist in Ordnung Papa.“, antwortete dieser und sah seinen Partner an, „Ich hoffe so sehr das die beiden das hinbekommen.“
    „Das werden sie bestimmt.“, meinte Semir, „Und du ruhst dich jetzt schön aus, damit wir bald wieder zusammen über die Autobahn jagen können, haben wir uns verstanden?“
    Ben sah ihn lachend an, „Versprochen Partner!“, dann hob er seine linke Hand ein wenig an und Semir schlug sanft ein.


    ENDE


    So, erst mal noch ein ganz dickes Dankeschön fürs überhaupt weiterlesen, nach fast einem Jahr... :whistling:
    Ich hoffe euch hat die Story gefallen und keine Angst ich bleibe euch erhalten. Voraussichtlich Anfang nächster Woche, wird der erste Teil zu meiner neuen Story "Der Sammler" online gehen, bis dahin, vielen lieben Dank! Ihr seid :thumbup:

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