Beiträge von susan

    Puh-harter Tobak und klasse geschrieben!
    Semir und Ben kommen zu spät und werden Zeugen vom Mord an Joshua! Auch wenn der Killer seine Tat nur Sekunden überlebt, trotzdem hat er seinen Auftrag erfüllt und Mikael zum wiederholten Mal in seinem Leben Alles genommen, was ihm wichtig war!
    Diese Wiederbelebungsszenerie war auch sehr anrührend und du hast die Gefühle der einzelnen Charaktere sehr gut heraus gearbeitet.
    Ob es Ben wohl gelingen wird, sein Versprechen, das er dem sterbenden Joshua gegeben hat, zu halten?

    Nachdenklich ging Ben mit seinem Hund zum Haus zurück. Langsam wusste er nicht mehr was er denken sollte. Semir hatte es beinahe geschafft gehabt, ihn davon zu überzeugen, dass er eine Halluzination gehabt hatte, als er den schwebenden Mönch gesehen hatte, aber jetzt war er sich da plötzlich gar nicht mehr so sicher. Allerdings waren sie doch hier nicht in der Geisterbahn und eigentlich glaubte er überhaupt nicht an übersinnliche Phänomene, außerdem wollte er sich darüber auch gar keine Gedanken machen, denn sie hatten dieses wunderschöne, gemütliche Haus vom ersten Besichtigungstermin an ins Herz geschlossen und gewusst: „Das ist es!“ Tim war die meiste Zeit draußen an der frischen Luft, Sarah´s Haut war trotz Herbst leicht gebräunt und auch er genoss die gute Luft, spazieren zu gehen, ohne ständig auf andere Leute zu treffen-na ja außer dem Professor halt, aber dessen Erklärungen interessierten ihn auch und außerdem war Lucky ja ebenfalls begeistert, wenn er Amy, seine neue kleine Freundin traf.

    So kam er zuhause an, als es schon stockdunkel war und sah Sarah wieder im Wohnzimmer herum wandern und sich den Rücken halten. „Schatz, was ist?“ fragte er besorgt, aber Sarah lächelte. „Nur wieder die blöden Senkwehen-ich kenne das ja schon von der letzten Schwangerschaft. Allerdings hat die Hebamme, die die Gymnastik heute geleitet hat, gemeint, es würde wohl bei mir nicht bis zum Termin gehen, weil der Bauch schon relativ weit unten sei, aber ehrlich gesagt bin ich froh, wenn das so ist-langsam wird’s manchmal ein wenig beschwerlich und ich komme mir gerade vor wie ein Elefant mit angelaufenen Füßen-irgendwie so prall und unförmig-du findest mich sicher gerade überhaupt nicht hübsch und ich kanns dir nicht verdenken!“ sagte sie ein wenig traurig. Ben allerdings trat nun hinter sie, umfing sie mit seinen beiden Armen und küsste zärtlich ihren Hals: „Du bist die schönste Frau, die ich kenne und bist auch mit Babybauch für mich hochattraktiv-immerhin trägst du darin ja einen Teil von mir und ich freue mich unheimlich auf das neue Baby. Wie sie wohl aussehen wird-unsere kleine Mia!“ sagte er provokativ und jetzt drehte sich Sarah empört um. „Sie wird Sophie heißen-der Name hat mir immer schon wahnsinnig gut gefallen und du weisst das-was hast du nur immer mit diesem blöden „Mia“-war das eine Verflossene von dir, der du jetzt ein Denkmal setzen willst?“ sagte sie ein wenig giftig, aber nun lachte Ben. „Warten wir ab, bis sie da ist-dann entscheiden wir endgültig, wie sie heißen soll!“ beschloss er und nachdem sie noch ein wenig ferngesehen hatten, gingen sie bald ins Bett und schliefen eng aneinander gekuschelt ein.

    Mitten in der Nacht erwachte Ben wieder, weil Lucky leise grollte. Heute wurde auch Sarah wach. „Ben-was ist los-ist da jemand im Haus?“ fragte sie angstvoll, aber sie konnten beide kein Geräusch vernehmen. Ben stand auf und griff nach seiner Waffe, die er heute aus unerfindlichen Gründen aufs Nachtkästchen gelegt hatte. Normalerweise schloss er die immer in dem kleinen Safe ein, den sie extra deswegen erstanden und auch gleich einmauern hatten lassen, aber gestern hatte er das vergessen. Lucky sprang nun mit auf, Ben machte das Licht an und kontrollierte erst einmal, ob es Tim, der im Nebenzimmer schlief, gut ging. Sarah holte ihn aus seinem Bettchen und legte ihn ins Elternbett, wo er sofort weiter schlief. Ihre Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt und Ben bat sie im Flüsterton, die Schlafzimmertüre von innen zuzusperren. Nun machte er alle Lichter an und vollendete-gefolgt von Lucky, der immer noch seine Haare wie eine Bürste gesträubt hatte- seinen Kontrollgang durchs Haus. Aber wie beim letzten Mal konnte er nichts Auffälliges feststellen, nicht einmal im Keller, der wunderbar ausgebaut war und sogar eine Sauna enthielt. Als er allerdings auf den Stromzähler sah, bewegte sich das Kontrollrad relativ schnell-wo zum Teufel verbrauchten sie gerade so viel Energie? Ben beschloss, deswegen einen Elektriker oder einen Energieberater, oder noch besser Hartmut kommen zu lassen-nicht dass er sich eine hohe Stromrechnung nicht leisten konnte, aber das war schon merkwürdig!

    Trotz aller Mühe konnte er nichts entdecken und inzwischen hatte auch Lucky seinen Pelz wieder geglättet, lief in die Küche zu seinem Wassernapf, trank ein paar Schlucke und stellte sich dann wieder mit den Vorderbeinen auf die Treppe, was bedeutete: „Komm Herrchen, ich bin noch müde und will weiterschlafen!“ und aufseufzend folgte Ben seinem Hund nach oben. „Sarah mach auf-ich habe nichts gefunden-wahrscheinlich hat Lucky schlecht geträumt!“ rief er und Sekunden später drehte sich der Schlüssel im Schloss. Lucky plumpste auf seine Decke vor Ben´s Bett und nach kurzer Überlegung drehte Ben den Schlüssel wieder von innen um. „Nur so zur Vorsicht!“ sagte er harmlos und Sarah sah ihn merkwürdig an. Ben steckte die Waffe in sein Nachtkästchen, damit Tim nicht rankam und schlüpfte dann unter die Decke. Sie brauchten alle beide eine Weile um wieder einzuschlafen, denn Tim war ein unruhiger Schläfer und trat und boxte manchmal um sich, aber irgendwann übermannte sie alle der Schlaf, allerdings waren sie am Morgen als der Wecker klingelte wie gerädert. Die Sonne schien zum Fenster herein, das Haus und der Garten, der in spätherbstlicher Pracht vor ihnen lag, blitzten, denn in der Nacht war ein wenig Regen gefallen. „Ich weiss nicht, was Lucky und uns heute Nacht so beunruhigt hat?“ sagte Sarah verwundert, „hier ist es doch so schön und unschuldig-vermutlich haben wir uns nur noch nicht an die Landluft gewöhnt!“ sagte sie und als Ben die Terrassentür öffnete musste er ihr beipflichten und schloss sie schnell wieder. Der Bauer nebenan fuhr nämlich anscheinend schon in aller Herrgottsfrühe seine Jauche auf die abgeernteten Felder und ein intensiver Gestank durchzog die Luft.

    „Ist mit dir auch wirklich alles in Ordnung und ich kann zur Arbeit fahren?“ fragte Ben, der sich vorsichtshalber nochmals gründlich umgesehen hatte, aber überhaupt nichts Gefährliches hatte entdecken können. „Natürlich kannst du fahren-was uns da heute Nacht beunruhigt hat, waren vermutlich nur Hirngespinste-oder ein alter Gutsherr spukt des Nachts durch die Gemäuer!“ sagte Sarah lachend, aber Ben konnte das im Augenblick gar nicht lustig finden!

    Trotzdem machte er sich wenig später auf zur PASt, wo Semir schon vor ihm eingetroffen war, denn Ben schaffte es auch von seinem neuen Zuhause aus, immer auf den letzten Drücker loszufahren und gerade noch rechtzeitig vor einem Anschiss der Chefin einzutrudeln. Sie wurden zur Besprechung ins Büro bestellt und nachdem verschiedene unauffällige Testkäufe in den Geschäften auf der Liste nichts gebracht hatten, beschloss man nun, bei dem einen Computerfritzen, von dem sie die Raubkopien erworben hatten, eine Durchsuchung der Geschäftsräume und auch seiner Privatwohnung durch zu ziehen. Vielleicht würde der plaudern, wenn man ihm ein wenig auf den Zahn fühlte, Kim Krüger hatte schon den Durchsuchungsbeschluss vom Richter bekommen und so fuhren sie mit großem Polizeiaufgebot los. Auch Hartmut war mit von der Partie-sie würden sich jetzt nicht mehr verbergen, sondern Polizeipräsenz zeigen, damit der Typ möglichst eingeschüchtert wurde.

    Der rothaarige Kriminaltechniker fuhr bei Semir und Ben im Wagen mit und unterwegs fragte ihn der jüngere Polizist, ob er sich mit schleichenden Energieverlusten auskenne. „Weisst du Hartmut-ich habe in unserem neuen Haus eine Mega-Stromrechnung, irgendwie muss da was defekt sein, oder irgendein Gerät, das ich noch nicht gefunden habe, Strom ziehen! Vielleicht magst du dir das mal ansehen und bei der Gelegenheit gleich unser neues Heim besichtigen!“ lud Ben seinen Kollegen ein. „Zu essen und zu trinken gibt’s natürlich auch was und du muss das auch nicht umsonst machen!“ fügte er noch hinzu und nun war Hartmut fast beleidigt. „Also Ben hör mal-sowas ist ein Freundschaftsdienst, das kostet auch nichts, wenn ich mich da mal ein wenig bei euch umsehe. Ich bringe auch ein paar Messgeräte mit-vielleicht finde ich ja was raus!“ versprach er und so war das ausgemacht.
    „Allerdings nicht heute Abend-da muss ich nämlich mit Sarah zum Geburtsvorbereitungskurs mit Besichtigung des neuen Kreißsaals in der Uniklinik. Ich weiss zwar nicht was das soll, denn ich habe das Ganze ja schon mal hinter mir, aber Sarah besteht da drauf!“ sagte er und Semir musste lächeln. Andrea hatte die Geburten alleine durchstehen müssen, ihm wurde da nämlich schlecht und er war umgefallen, gut dass Susanne da gewesen war, um ihr beizustehen, aber Ben hatte das bravourös gemeistert und später sogar damit angegeben, dass er höchstpersönlich die Nabelschnur durchgeschnitten hatte. Aber schließlich war so eine Geburt schon ein Erlebnis und auch ein wichtiger Moment in der Bindung der Eltern zu den Kindern, Ben sollte da ruhig dabei sein und wenn es losging würde der dunkelhaarige Polizist sofort seinen dreiwöchigen Urlaub antreten und sich in der Zeit nur um seine Familie kümmern, egal was derweil in der PASt so anstand.

    Ja dieser Torres schreckt einfach vor nichts zurück und ermordet kaltblütig die Ermittler und ihre Familien, derer er habhaft werden kann. Auch Andrea weiss jetzt, um wen es sich handelt und ist-mit Recht-starr vor Angst!
    Wenigstens sieht Semir´s Prognose ganz gut aus, aber dass der sich nicht in einer Schutzwohnung verkriechen wird, war ja fast klar!
    So versuchen jetzt Alex, Ben und in Kürze Semir die Welt diesmal endgültig von Torres zu befreien-wenn das man gut geht! ;(

    Am nächsten Morgen läutete kurz nach dem Frühstück sein Telefon und Hartmut war dran. „Ben-tut mir leid, dass ich dich erst so spät informiere, aber ich muss gestehen, ich wollte nur ein kleines Päuschen machen, weil die Rückverfolgung der IP-Adresse doch länger gedauert hat als vermutet und bin dann einfach hier auf dem Boden eingeschlafen. Jetzt habe ich zwar den Inhalt der Mail, aber der Empfänger hat seine Identität sehr gut verborgen. Ich wurde über mehrere Proxi-Server in der ganzen Welt umgeleitet und kann einfach den Adressaten nicht herausfinden-das macht mich fast wahnsinnig!“ erklärte er erzürnt. „Und-was steht in der Mail?“ wollte Ben nun ungeduldig wissen: „Habe Ärger mit Kunden, die die Polizei einschalten wollen, sie haben den Verdacht geäußert, ich hätte ihnen Raubkopien verkauft-was soll ich tun?“ las Hartmut vor. „Und eine Antwort ist auch kurz darauf gekommen: „Ruhe bewahren-Ware wird abgeholt-der Mönch!“ fuhr er fort und nun lief Ben wieder ein eiskalter Schauer über den Rücken, als er bei der Erwähnung des Kuttenträgers an sein unheimliches Erlebnis vom Vorabend dachte.

    Allerdings packte er nun den Autoschlüssel, gab Sarah und Tim einen Kuss zum Abschied und machte sich dann schleunigst auf den Weg Richtung PASt. Sie mussten unbedingt den Laden observieren-vielleicht ging ihnen der Typ in die Falle-einer seiner Helfer, vielleicht sogar der einzige, war schließlich tot. Wenn sie Glück hatten, kam der Mönch persönlich und außerdem mussten sie auch noch das Wäldchen durchsuchen, wobei Ben da sein Gruseln vom Vortag inzwischen fast ein wenig peinlich war. Als ob da ein Mönch geschwebt wäre-er hatte wohl zu viele Gruselfilme gesehen-das Ganze musste eine natürliche Erklärung haben! Als er dann allerdings daran dachte, wie Lucky da in wilder Panik geflohen war, wurde er doch ein wenig unsicher. Es gab einfach mehr zwischen Himmel und Erde, als man sich vorstellen konnte und Tiere hatten da ein unertrügliches Gespür dafür, wann es besser war, die Flucht zu ergreifen. Allerdings war das schon merkwürdig, dass er gerade sozusagen von Mönchen verfolgt wurde-beruflich wie privat, ob da nicht ein Zusammenhang bestand?

    Wenig später trafen Semir und er fast gemeinsam in der PASt ein. Wenn sie jetzt natürlich Pech hatten, war die Ware in der Nacht bereits abgeholt worden, aber einen Versuch war es wert und so saßen nach einem kurzen Gespräch mit der Chefin wenig später Semir und Ben ein wenig abseits vor dem Computerladen im BMW, so dass sie den Eingang überwachen konnten. Ben hielt sich unauffällig zurück und hatte auch eine Schildmütze aufgesetzt und tief ins Gesicht gezogen-ihn kannte der Ladenbesitzer schließlich-aber Semir benahm sich völlig normal. Der Laden hatte nur diesen einen Eingang und zum Transport von einigen Computerspielen brauchte man ein Fahrzeug, also mussten sie hauptsächlich darauf achten. Während die Stunden vergingen, ohne dass etwas geschah, erzählte Ben seinem Partner von seiner unheimlichen Begegnung am Vorabend. „Ich weiss natürlich, dass das nicht möglich ist, aber stell dir vor-ich habe mir tatsächlich eingebildet, da wäre ein Mönch über dem Boden geschwebt. Aber die ganze Situation war so unwirklich-die Nebelschwaden, die Dämmerung, das Käuzchen-ich habe mich stark an so alte Edgar Wallace-Verfilmungen erinnert gefühlt, da hat auch immer der Nebel über der Themse gewabert, während unheimliche Gestalten böse Dinge getan haben. Erst kürzlich habe ich mit Sarah mal wieder: „Der schwarze Abt!“ angesehen und ein wohliges Gruseln hat uns da befallen!“ erzählte Ben und Semir lachte. „Na dann wissen wir ja schon, was bei dir solche Halluzinationen auslöst! Du beschäftigst dich einfach zur Zeit zu viel mit Mönchen, Äbten und so nem Scheiß, da kann man leicht mal ein wenig überschnappen!“ versuchte er seinen Freund zu erden, aber der bestand trotzdem darauf, dass sie später das Wäldchen durchsuchen sollten und Semir sagte ihm zu, das nach Feierabend mit ihm zu erledigen.

    Parallel hatte die Chefin Jenni und einen anderen jüngeren Kollegen in Zivil –Bonrath wäre da wohl nicht der Richtige dafür gewesen-ausgesandt, um weitere Testkäufe in einigen Computerläden zu machen, die auf der Liste standen, aber genau die Spiele nach denen sie fragten, waren angeblich aktuell ausverkauft, nicht lieferbar oder noch nie im Sortiment gewesen. „Ich befürchte, da hat jemand Lunte gerochen und ist uns einen Schritt voraus!“ sagte Semir enttäuscht, als er davon erfuhr. Letztendlich beorderten sie am Nachmittag Jenni und ihren aktuellen Partner noch zum von ihnen observierten Laden, aber auch da waren die Spiele angeblich ausverkauft, in den Geschäftsräumen standen keine Kartons herum und als Ben –während Jenni und ihr Kollege den Ladenbesitzer ablenkten-noch durchs Fenster ins Büro sah, war auch dort nichts gelagert. „So ein Mist-wir sind zu spät! Vermutlich hat der Ladenbesitzer seine Mails mit dem Handy abgerufen und ob er überhaupt einen Zusammenhang zwischen dem Diebstahl seines Laptops und den Spielen hergestellt hat, kann man so nicht sagen, das hier ist schließlich nicht Kölns beste Gegend und wenn er das Fenster aufgelassen hätte, könnte das auch ein Junkie oder so gewesen sein-immerhin war der Laptop dort hinten das einzig Wertvolle in dem Raum!“ überlegte Ben und mit Einverständnis der Chefin brachen sie nun die Observierung ab.

    Nachdem sie beide genügend Überstunden hatten, machten sie ein wenig früher Feierabend und fuhren nun zu Ben´s Landhaus. Sarah war gar nicht da und nun fiel Ben ein, dass sie gesagt hatte, dass sie Tim zu Hildegard bringen wollte und dann zur Schwangerschaftsgymnastik gehen würde. In der Küche lag ein Zettel: „Essen steht im Kühlschrank!“ aber das würde er später einnehmen, sie hatten sich mittags gut an einem Dönerstand versorgt und so hatte er noch gar keinen allzu großen Hunger, außerdem wollte Semir auch heim zu seiner Familie. Lucky war natürlich mit zu seinem Hundefreund Frederik gefahren und so machten sich Semir und Ben wenig später gemeinsam auf den Weg zum Wäldchen.
    Es war noch Tag, aber man merkte, dass der Herbst hereinbrach, denn die Blätter an den Laubbäumen hatten begonnen sich herbstlich zu färben. Sie schritten zügig aus und waren wenig später an ihrem Ziel angelangt. Ben blieb stehen. Irgendwie sah das Ganze bei Tageslicht ganz anders aus-das hier war einfach ein wunderschöner Wald mit Moospolstern, letzten Pilzen, die darauf standen, Laub-und Nadelbäumen, Baumstümpfen und Unterholz-einfach ein Wald wie jeder andere. Er versuchte den Platz zu finden, wo er gestern gestanden hatte, was aber gar nicht so einfach war. Auch die Entfernungen kamen ihm heute anders vor als gestern, aber nach einigem Überlegen deutete er auf ein Moospolster und sagte: „Da müsste der-äh Typ-gestanden haben!“ Als Semir und er sich nun aber dem Ort näherten schüttelte sein älterer Kollege den Kopf. „Ben das kann nicht sein-sieh mal, da ist völlig unversehrtes Moos mit allerlei empfindlichen Pflanzen-man müsste da noch Spuren sehen-das war nicht der Ort!“ und nun wurde Ben doch unsicher. Ziellos streiften sie kreuz und quer durch das Wäldchen, aber da war überhaupt nichts Unheimliches, nur Vögel zwitscherten, ein Eichhörnchen beäugte sie neugierig und dann scheuchten sie sogar einen Hasen auf. „Bist du dir ganz sicher, dass dir da deine Phantasie keinen Streich gespielt hat?“ fragte Semir nun seinen Freund, der immer unsicherer wurde. „Ich weiss nicht!“ murmelte er. „Das Ganze mit dem Umzug, der nahenden Geburt, dann noch der Film und die Story des Geschichtsprofessors-wahrscheinlich warst du einfach nur überreizt und müde und dein Unterbewusstsein wollte dich schnellstmöglich heim aufs Sofa schicken!“ sagte Semir und Ben nickte nun fast überzeugt. Bisher hatte er seinen fünf Sinnen immer trauen können, aber als Semir noch fragte: „Und hattest du vielleicht vor deinem Spaziergang noch das eine oder andere Bierchen?“ da musst er beschämt gestehen, dass er tatsächlich gestern etwas getrunken hatte. Verdammt erst jetzt fiel ihm ein, dass das wohl ganz schön blöd gewesen war. Wenn die Geburt in der Nacht begonnen hätte, hätte er gar nicht fahren können, ab sofort würde er, bis ihr zweites Kind geboren war, nichts mehr trinken-jetzt schalt er sich wegen seiner Fahrlässigkeit. Langsam gingen sie zurück zum Haus und als Semir sich wenig später von ihm verabschiedet hatte, aß Ben die vorbereitete Mahlzeit und kurz darauf kamen auch Sarah und Tim zurück.

    Obwohl Lucky mit seinem Freund gespielt hatte, machte Ben in der Dämmerung mit ihm noch eine kleine Runde über die Felder und dort trafen sie wieder auf Lucky´s neue Freundin, die kleine Rauhaardackelin. Während die Hunde begeistert tobten, erzählte der Geschichtsprofessor, der Ben freudig begrüßt hatte, weiter von der Geschichte dieser Gegend. „Dort drüben, wo jetzt das Wäldchen ist, stand früher die alte Abtei-dort war das Männerkloster, während die Nonnen mitten im Ort ihre Räumlichkeiten hatten. Als man die beiden Klöster 1806 geschleift hat, wurden neben den Mauern einige Babyskelette gefunden, wie die Aufzeichnungen belegen. So viel zu dem Thema Keuschheit-das ist einfach unnatürlich und die Kirche hat es sich immer schon leicht gemacht!“ schimpfte der Professor.
    „Ich war heute mit einem Kollegen in dem Wäldchen zum Pilzesammeln!“ erzählte Ben nun, ohne auf den wahren Grund einzugehen und das schien ein guter Vorwand, obwohl weder Semir noch er irgendeine Ahnung von Pilzen hatten. „Da hat man aber überhaupt keine Ruinen mehr gesehen!“ sagte er nachdenklich. „Ja zu dieser Zeit war Baumaterial begehrt und nachdem man die Mönche und Schwestern teilweise getötet oder davon gejagt hatte, hat die weltliche Macht sich alle Wertsachen einverleibt und dann wurde die Allgemeinbevölkerung aufgerufen, sich an dem zu bedienen, was noch übrig war. Viele Gebäude in unserem Dorf, wie ja auch ihr Haus, haben sozusagen historische Anteile, da blieb fast nichts übrig!“ erzählte der alte Professor. „Haben sie dann auch Pilze gefunden? Das müsste eigentlich ein guter Platz sein, denn die Dorfbevölkerung geht nicht so gerne in das Wäldchen, weil dort angeblich die ermordeten Mönche herum spuken!“ sagte er dann noch und nun verschlug es Ben für einen Augenblick die Sprache.

    Mit Mikael wird ein grausames Spiel getrieben. Jeder der ihm am Herzen liegt wird bedroht und ist in akuter Gefahr. Vermutlich ist wirklich sein ehemaliger Chef der Strippenzieher hinter Gittern und hat auch im Polizeidienst noch seine Helfershelfer, ich persönlich glaube aber, dass jetzt ein Anschlag auf Joshua geplant ist-hoffentlich kommen Semir und Ben nicht zu spät und Ben passiert ebenfalls nichts-na der ist immerhin um einen langweiligen Vortrag herum gekommen!

    Ja-ich habe auch gerade Kevin in seinen wilden Jahren gesehen. Jerry kennen wir ja auch schon aus einer deiner Geschichten, aber was das Alles mit einem neuen, aktuellen Fall zu tun hat, wirst du uns sicher bald erzählen-interessante Thematik übrigens, die linke und die rechte Szene.

    Nachdem ich allerdings gerade das Ende von "Komakinder" gelesen und ehrlich gesagt noch nicht verdaut habe, interessiert mich brennend: Spielt Ben wieder mit und war das wieder eine typische Campino-Finte in der letzten Story, oder hast du den echt rausgeschrieben? :(

    Campino!!!
    Du willst mir doch hier nicht mitteilen, dass du Ben gekillt hast? Da kommt man ein paar Tage nicht zum Lesen und dann so was! Die letzten Kapitel waren erste Sahne, aber wenn das nun das Ende von Ben sein sollte, dann heule ich! Mir hat nämlich ebenfalls die Kombination von Semir, Ben und Kevin total gut gefallen.
    Die Spannung war fast nicht zu überbieten bei den letzten Kapiteln und Ayda und vermutlich die anderen Komakinder konnten gerettet werden! Aber um welchen Preis? Ich bin immer noch ganz fassungslos, aber trotzdem schönen Urlaub!

    Als Ben zuhause angekommen war, musste er sofort mit seinem Sohn in die Sandkiste gehen-Tim bestand darauf! Er hatte nämlich von Hildegard, die nachmittags ein wenig vorbei gekommen war, ein neues Sandspielzeug bekommen. Wenn man den losen Sand da rein füllte, drehten sich Räder und ein einfacher Mechanismus kam in Gang. Tim war so fasziniert, dass er gerade gar nichts anderes mehr spielen wollte. Er belud das Ding mit seinem Schaufelbagger, benutzte Förmchen und Kinderschaufeln, um seine Phantasie auszuleben und Sarah sagte lächelnd zu Ben, während sie heute drinnen den Tisch deckte und das Abendbrot zubereitete, es wurde nämlich gerade kühl im Freien: „Das ist so toll mit dem Sand. Tim ist beschäftigt und ich kann auch nebenbei was machen-hoffentlich bleibt es noch ein Weilchen wenigstes untertags schön, denn langsam wird es abends jetzt draußen ungemütlich!“ was auch normal war, denn inzwischen war es Oktober geworden und der Herbst rückte näher. Nachdem man Tim ausgeredet hatte, dass er das neue Spielzeug mit ins Bett nahm, den jungen Mann kurz abgeduscht und in den Schlafanzug gesteckt hatte, aßen sie gemeinsam und Ben ging, als sein Sohn im Bett war, heute mal ein wenig später mit Lucky spazieren.

    Die Dämmerung war schon herein gebrochen und erste Nebelschwaden waberten durch die Rheinniederung. Ben fröstelte und zog seine Jacke ein wenig fester um sich. Etwa einen halben Kilometer von ihrem Haus entfernt war ein kleines Wäldchen und nachdem er eh kein Ziel hatte, ging er mit Lucky dorthin. Dem Hund war es egal wohin-er freute sich laufen zu können, roch interessiert an verschiedenen Spuren, die Artgenossen hinterlassen hatten und verschwand immer mal wieder kurz, wenn er einen Spurt hinlegte, aber Ben hatte keine Sorge, dass er ihn verlieren könnte, denn bei ihnen war es umgekehrt wie bei anderen Mensch-Hund-Konstellationen. Lucky hatte sich sein Herrchen ausgesucht, ihn mit seinem Leben gegen ein paar beisswütige Bestien verteidigt-er würde nicht weglaufen, sondern achtete im Gegenteil peinlich darauf, sein Herrchen nicht zu verlieren!
    Als sie sich dem Wäldchen näherten, verharrte der Hund, sträubte sein zotteliges graues Fell und knurrte. „Was ist denn, Lucky?“ fragte Ben verwundert, denn er konnte eigentlich kaum etwas erkennen, so dämmrig war es inzwischen geworden. Sie waren nun direkt vor der Ansammlung von Bäumen und Sträuchern angekommen. Ein breiter, hell geschotterter Weg schlängelte sich hinein, der sich gegen die Umgebung abhob, aber ansonsten war es nochmals dunkler geworden. Plötzlich war da eine Bewegung und nun sträubten sich plötzlich auch Ben´s Haare und ihn befiel ein ganz ungutes Gefühl. In einiger Entfernung rührte sich etwas und als Ben genauer hinsah, meinte er seinen Augen nicht zu trauen. Da war tatsächlich-in ein unwirkliches Licht getaucht- ein Mönch in dunkler Kutte. Die Kapuze ragte so in dessen Gesicht, dass man die Züge nicht erkennen konnte, nur die feingliedrigen Hände waren zu sehen. Er stand einfach so da und als Ben genauer hinsah, überkam ihn das Grauen-denn der Mönch stand da nicht-nein-er schwebte!

    In diesem Augenblick kannte Lucky kein Halten mehr. Er hatte bisher zitternd bei Herrchen verweilt, aber jetzt jaulte er auf, machte auf dem Absatz kehrt und rannte davon. Ben rief ihm hinterher: „Lucky!“ aber zum ersten Mal in seinem Leben, gehorchte der Hund nicht, sondern blieb in der Dunkelheit verschwunden. Als Ben, der ihm natürlich nachgeblickt hatte, sich nun wieder umwandte, war der Mönch ebenfalls weg und langsam glaubte Ben, dass er sich das nur eingebildet hatte, dass der geschwebt war. Er überlegte kurz, ob er nach dem unheimlichen Typen in seiner Kutte suchen sollte, aber er hatte weder eine Taschenlampe noch seine Waffe dabei und wenn er ehrlich war, gruselte es ihn immer noch ein wenig. Nun rief auch noch ein Käuzchen und so beschloss Ben sich jetzt doch zurück zu ziehen und seinen Hund zu verfolgen. Er rief immer wieder laut: „Lucky!“ und lockte ihn mit freundlichen Tönen, aber der blieb verschwunden.

    Plötzlich läutete Ben´s Handy-Sarah war dran und klang ganz aufgeregt: „Geht´s dir gut, Schatz?“ sprudelte sie nur so hervor. „Gerade ist Lucky nach Hause gekommen und hat winselnd und total verstört an der Haustür gekratzt, ich hatte solche Angst, dass dir was passiert ist!“ rief sie in den Hörer, aber Ben beruhigte sie: „Nein-mir geht’s gut, Lucky ist mir nur abgehauen!“ sagte er und beschloss im selben Augenblick, ihr von seiner unheimlichen Begegnung nichts zu erzählen. Da musste er sich erst morgen mit Semir darüber unterhalten und mit dem gemeinsam bei Tageslicht und bewaffnet in das Wäldchen gehen. So strebte Ben rasch nach Hause, allerdings sah er sich unbewusst ein paar Mal um, ob er verfolgt wurde, aber alles blieb ruhig. Als sie später ins Bett gingen, kontrollierte Ben noch unauffällig, ob wirklich alle Türen und Fenster gut verschlossen waren, aber dann fiel er doch in einen traumlosen Schlaf.

    Von unterwegs hatte Ben schon mal dem Kriminaltechniker sein Anliegen unterbreitet und der war Feuer und Flamme. „Au ja-das ist doch eine Tätigkeit so ganz nach meinem Geschmack!“ sagte er und machte sich ebenfalls von der KTU auf zur PASt. Dort trafen sie fast gemeinsam ein und nachdem sie kurz der Chefin Rapport erstattet hatten, machten sich Ben und Hartmut gemeinsam auf, um die erste Adresse abzuklappern. Semir setzte sich derweil aufseufzend an den Schreibtisch. „Ach Mann-und ich darf jetzt wieder Berichte schreiben!“ maulte er, aber klar war diese Vorgehensweise das Vernünftigste, was sie tun konnten. Die Chefin hatte ein kurzes Lob ausgesprochen, immerhin hatten sie binnen Kurzem den Toten identifiziert und ein mögliches Motiv, zumindest für den Diebstahl der Spiele und des Handys ermittelt. Wer allerdings die Täter waren, das stand bisher in den Sternen, aber klar war, dass da jemand am Werk war, der sich mit Computern und Überwachungsanlagen bestens auskannte. Hartmut hatte während ihrer Abwesenheit gründlich das Fahrzeug untersucht, aber keine weiteren Spuren entdeckt, danach hatte er sich wieder an den PC gesetzt und versucht heraus zu finden, wie es dem oder den Einbrechern gelungen war, unbemerkt in sein so sicher geglaubtes System einzudringen, aber er hatte es nicht nachvollziehen können.
    Der erste Laden war ein kleiner Gamer-Treffpunkt, nicht gerade in Kölns bester Gegend, aber kaum hatten Hartmut und Ben das Geschäft betreten, waren sie in ihrem Element. Für die Kunden standen einige Spielekonsolen zum Ausprobieren zur Verfügung, mehrere Jugendliche und Erwachsene nutzten dieses Angebot und nachdem Ben wenigstens fünf verschiedene Spiele bei seinem Blick in den Laderaum hatte identifizieren können, fragten sie gezielt nach denen und ließen sich da auch was demonstrieren. Der Besitzer des Ladens war ein Zocker, das konnte man gleich erkennen, aber binnen Kurzem waren die drei am Fachsimpeln und als sie wenig später den Laden verließen, hatten sie drei Spiele im Sonderangebot erstanden-Ben hatte seinen Geldbeutel gezückt- um erst einmal zu schauen, ob sie mit ihrer Vermutung richtig lagen. Kaum waren sie um die Ecke verschwunden, riss Hartmut die Zellophanverpackung des ersten Spiels auf und noch im Fahrzeug konnte er die Vermutung einer Raubkopie bestätigen. Trotzdem fuhren sie zur KTU und der Rothaarige erklärte Ben, woran er so sicher feststellen konnte, dass das keine Originalspiele waren.

    „Weisst du was-jetzt drehen wir den Spieß um!“ beschloss der dunkelhaarige Polizist und unterbreitete Hartmut seinen Plan. So standen sie einige Zeit später wieder in dem Laden und Ben hielt dem Verkäufer anklagend das Spiel entgegen: „Das läuft nicht rund-ich möchte sofort mein Geld zurück und werde den Hersteller kontaktieren. Mann das war zwar im Sonderangebot, aber trotzdem hat es noch einen Menge Geld gekostet!“ beschwerte er sich und der Verkäufer wurde blass. „Gib her und du kriegst entweder ein anderes oder natürlich das Geld wieder, wenn du möchtest!“ sagte er schnell. „Ich schicke das selber ein-immerhin hast du das Spiel im Fachhandel gekauft und ich hafte schließlich dafür. Wenn die anderen nicht richtig gehen, kannst du die natürlich auch zurück bringen!“ bot er an, aber Ben schüttelte den Kopf. „Die haben wir noch nicht ausprobiert, aber die sind von zwei ganz anderen Herstellern, das wäre schon ein blöder Zufall, wenn an denen auch was nicht in Ordnung wäre!“ behauptete er und nun wurde sein Gegenüber noch ein wenig blasser, besonders als Ben nun die Stirn runzelte und langsam, als wäre es ihm gerade erst eingefallen, eine Vermutung in den Raum schmiss. „Es sei denn, das wären gar keine Originalspiele-aber dann gehe ich zur Polizei, ich schwörs dir, denn mich linkst du nicht!“ sagte er zornig und Hartmut nickte bekräftigend. „Mann Jungs, jetzt regt euch doch nicht so auf-wisst ihr was-ich mache euch nen Vorschlag: Behaltet die Spiele, ich lege sogar noch ein paar drauf und das Geld kriegt ihr trotzdem zurück, geht nach Hause und vergesst da Ganze!“ schlug er vor und nach kurzer Überlegung willigte Ben pro forma ein. Er bekam sein Geld ausgehändigt, einige neuere Spiele dazu, sie verließen gemeinsam den Laden und als sie aus den Augenwinkeln den Geschäftinhaber in irgendwelchen Privaträumen hinter der Theke verschwinden sahen, drehte sich Ben blitzschnell um, hastete in das Geschäft zurück, in dem sie gerade zufällig die einzigen Kunden gewesen waren und verbarg sich hinter einem Verkaufsstand.

    Der Ladenbesitzer hatte anscheinend einen Sensor hinten angebracht, der ihm die Türöffnung anzeigte und kam sofort wieder heraus. Hartmut hatte sich gebückt und hielt fluchend den Autoschlüssel in die Höhe. „Mann ohne den kommen wir hier nicht weg!“ sagte er schnell und Ben hörte, wie der Mann erleichtert aufatmete, als Hartmut nun endgültig den Laden verließ. Erneut verschwand der Ladeninhaber in dem Raum und Ben schlich ihm leise wie eine Katze hinterher. Dort ging der Typ an einen Laptop und schrieb eine Nachricht, bis draußen erneut die Türglocke ging. Ben war fast unsichtbar hinter einem Vorhang verborgen und als sich der Verkäufer nun an ihm vorbei in den Verkaufsraum begeben hatte, ohne ihn zu bemerken, huschte er in das Büro, oder den Aufenthaltsraum, oder wie auch immer man zu diesem Ort sagen wollte, packte den Laptop, öffnete das Fenster und schwang sich katzengleich hinaus. Wenig später saß er bei Hartmut im Mercedes, der den Wagen derweil um die Ecke rangiert hatte und übergab dem den kleinen PC. „Na jetzt werden wir mal sehen, wem und was er da geschrieben hat-rutsch rüber, ich fahre!“ bestimmte Ben und steuerte die KTU an, denn Hartmut hatte den Kopf geschüttelt und: „So einfach geht das nicht!“ gemurmelt. Schon unterwegs begann Hartmut wie ein Wilder auf der Tastatur herum zu hämmern und beschied Ben. „Ich denke das dauert eine Weile, bis ich herausgefunden habe, an welche IT-Adresse er geschrieben hat und auch an den Inhalt der Mail komme ich nicht so einfach ran!“ erklärte er. „Aber du schaffst es?“ vergewisserte sich Ben und Hartmut nickte empört: „Natürlich, was denkst du denn?“ antwortete er und so ließ Ben Hartmut mit ihrer Beute aussteigen und beschloss nach einem Blick auf die Uhr für heute Feierabend zu machen. „Du rufst mich an, wenn du was rausgefunden hast?“ bat er Hartmut und der nickte- konzentriert war er gerade dabei, die angeblich so sichere DE-Mail, die der Verkäufer versendet hatte, zu knacken. Ben schloss sich telefonisch noch mit Semir kurz, der immer noch in der PASt hockte und erzählte ihm vom Fortgang der Ermittlungen. „Ich fahre jetzt trotzdem heim und werde Sarah ein wenig entlasten-die letzten Wochen vor der Geburt möchte ich eigentlich keine Überstunden machen!“ teilte er seinem Kollegen mit und der stimmte ihm zu. „Morgen ist auch noch ein Tag!“ sagte er und machte sich ebenfalls auf den Weg nach Hause zu Andrea und den Kindern.

    Ben trat an den schmutzigen Tisch und stellte da die Dose ab. Als er hinein fasste, war da als Erstes ein kleines Bündel Geldscheine. Als er es heraus nahm und zählte, waren da gerade mal 120€ in lauter Zwanzigern aufgerollt-also kein großes Vermögen. Allerdings war noch etwas in der Dose und zwar mehrere Din A 4-Zettel auf denen eng gedruckt viele Adressen in Köln und dem ganzen Westen standen. Als Semir und der gutaussehende dunkelhaarige Polizist die interessiert durchgingen, holte Ben dann sein Handy heraus und gab da hintereinander mehrere davon im Internet ein. Es handelte sich um überwiegend kleine Elektronikfachgeschäfte, Läden für gebrauchte Spielekonsolen oder ominöse Handelsgesellschaften. „Vielleicht sind das alles Abnehmer für die Computerspiele. Ich habe mir die leider nicht so genau angeschaut, aber eventuell waren das Raubkopien in dem Wagen und der Täter war deshalb so scharf darauf, sie wieder zu bekommen, damit wir ihm nicht auf die Schliche kommen! In der Herstellung kostet so eine DVD ja kaum was, ein leistungsstarker Drucker für die Cover und eine Foliermaschine, schon hast du da ein perfektes Duplikat, nur den Entwicklern dieser Spiele, die sich das einen Haufen Geld kosten lassen, entgeht da der Gewinn, aber wenn die Artikel gut gemacht sind, bemerkt der Käufer da nichts davon!“ erklärte er Semir und der sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Ist denn da so viel damit verdient, dass sich das lohnt?“ fragte er seinen Kollegen und der nickte: „So ein angesagtes Spiel kostet schon mal 50€, wenn du da sagen wir Herstellungs-und Vertriebskosten mit 10€ veranschlagst und du das Spiel 10€ billiger verkaufst als die Konkurrenz, bleiben dir immer noch 30€ pro Spiel-rechne das mal hoch, dann bleibt da ordentlich was hängen! Unsere Kollegen vom Zoll und ganze Spezialeinheiten, die sich ausschließlich mit Produktpiraterie befassen, wissen, was das für ein heißes Pflaster ist. Natürlich kommen sehr viele dieser illegalen Kopien aus Fernost, oft mit dem Schiff, aber diesen Tätern fehlen meist die Vertriebswege, die Kopien sind schlecht, so dass die Spiele nicht stabil laufen und sowas spricht sich in der Gamerszene sofort rum und dann kaufen die Leute lieber das Original. Wenn das nun irgendwo nur ein wenig billiger ist, kommt niemand drauf, dass es sich da um eine gut gemachte Raubkopie handelt und ich denke um genau das handelt es sich in diesem Fall. Am besten lassen wir jetzt die ganzen Adressen von Susanne überprüfen und statten der einen oder anderen da mal ganz unauffällig einen Besuch ab-ich denke da primär an Testkäufe, denn wenn wir davon ausgehen, dass unser Toter der Lieferant war und die Ladeninhaber sich da auf illegale Geschäftchen eingelassen haben, werden die uns keinen Ton sagen, wenn wir in offizieller Funktion kommen!“ erklärte Ben seinem Freund und der schüttelte den Kopf. „Oh Mann-das ist ja so gar nicht meine Welt!“ sagte er, aber Ben grinste: „Ich weiss auch schon, wen ich da als Testkäufer engagiere, denn du fliegst ja bereits nach fünf Minuten auf, so wenig Ahnung wie du hast-ich werde Hartmut mitnehmen!“ beschloss er und nun musste Semir ebenfalls lächeln. Ja-das war da genau der richtige Mann dafür und vermutlich würde es ihm auch noch Spaß machen, in dieser Szene zu ermitteln.

    Nun läutete Semir´s Handy, die Chefin war dran: „Ich habe den Durchsuchungsbefehl-wie viele Leute brauchen sie?“ fragte sie und Semir überlegte. „Schicken sie mal vier oder fünf, wir schauen inzwischen schon mal, ob wir über einen Nebeneingang ins Gebäude kommen!“ sagte er unschuldig und als eine Weile später die Verstärkung mit einem Mannschaftswagen in den Hof fuhr, hatten sie die Haustür von innen geöffnet. „Wir haben auch schon was gefunden!“ begrüßte Semir die Kollegen und überließ denen das Feld, während er und Ben sich noch kurz auf den Weg zu Ben nach Hause machten, bevor sie nach Köln zurückfahren würden. Ben hatte bereits mit dem Tablet die Listen fotografiert, die Fotos geschickt und Susanne überprüfte die angegebenen Adressen.
    Ben und Semir ekelte es dermaßen-sie hatten das Gefühl, dass der Schmutz überall an ihnen klebte und so sprangen sie kurz am Gutshaus, das nur zehn Kilometer von dem Haus des Toten entfernt war, unter die Dusche-gut dass auch Semir immer eine Plastiktüte mit Wechselklamotten im Kofferraum herum fuhr!
    Sarah hatte zufällig gerade das Mittagessen fertig, so dass sie sich gleich noch stärken konnten, obwohl der Kuchen ja noch gar nicht verdaut war, aber Ben konnte immer essen. Tim, der der Mama am Vormittag geschäftig im Garten geholfen hatte, die die letzten Spätsommertage ausnutzte, bevor der Herbst endgültig über sie hereinbrach, war sehr erfreut den Papa und auch Semir zu sehen, der ihm von klein auf sehr vertraut war. Er aß alleine Spaghetti mit Tomatensauce und danach mussten die beiden Männer lauthals lachen, denn er sah ein wenig aus wie ein Indianer danach. „Na kleine Rothaut!“ sagte Ben, während er vor dem Aufbruch seinem Sprössling noch Hände und Gesicht wusch, der sich danach sofort freiwillig zum Mittagsschlaf in sein Bettchen legte. „Seit wir umgezogen sind ist er durch die viele frische Luft immer so müde-ich werde mich auch gleich ein wenig mit hinlegen!“ sagte Sarah glücklich und Ben küsste sie zärtlich zum Abschied. „Pass auf dich auf-bis heute Abend!“ sagte er liebevoll, bevor er und Semir wieder in den BMW sprangen und zurück zur Dienststelle fuhren.

    „Wissen sie-begonnen hat das alles schon vor vielen Jahren. Früher hatte fast jeder hier im Dorf eine kleine Landwirtschaft. Köln war für uns-obwohl es ja nur ein paar Kilometer waren-weit weg. Man hatte ein paar Kühe, wenige Hektar Land, aber die Milch wurde gut bezahlt, man ernährte sich überwiegend von dem, was man selber erzeugte, schlachtete zwei Schweine im Jahr, hatte selber Hühner, einen großen Garten, dessen Früchte und Erträge man einkochte, die Kartoffeln wuchsen auf dem Feld und außerdem bekam man von der Regierung auch noch Subventionen. Uns Bauern gings also nicht schlecht-keinem von uns! Die mehr Land hatte waren wohlhabender, aber auch die mit wenig Fläche konnten davon leben. Dann hat sich die Struktur gewandelt, plötzlich sollte man sich spezialisieren, entweder Rinder, oder Schweine, oder Hühner und die althergebrachte Landwirtschaft warf nichts mehr ab, außerdem wuchsen auch die Ansprüche. Unsere Jungbauern gingen nebenbei arbeiten, man brauchte größere Traktoren, alles wurde auf Masse produziert und plötzlich konnten nur noch einige wenige Großbauern überleben. Uns allen blieb nichts anderes übrig als mit der Zeit zu gehen-die Kleinen haben dann ihre Äcker an die Großen verpachtet, wir z. B. haben damals zwar das Vieh weg, aber mein ältester Sohn, der den Hof übernommen hat, betreibt nach wie vor den Ackerbau weiter, was dank großer Maschinen auch ziemlich schnell geht und was er nebenberuflich stemmen kann-außerdem helfen wir Alten auch noch mit, so gut wir können.“ erklärte er.

    Ben warf Semir nun einen Blick zu-eigentlich wollte er jetzt erfahren, was mit Peter Fitz war, nicht die Geschichte der Landwirtschaft der letzten 50 Jahre hören, aber Semir, der interessiert zuhörte, bedeutete ihm mit einem Blick, geduldig zu sein. „Peters Vater war schon ein schwieriger Mensch, mit dem nicht gut auskommen war, aber Peter schlug den noch um Längen. Anstatt sich nach der Schule einen Job zu suchen, verdingte er sich als Gelegenheitsarbeiter, half wohl mal bei der Ernte, aber einer richtigen geregelten Arbeit ist er nie nachgegangen. Der Vater starb schon vor vielen Jahren und er hauste dann mit seiner Mutter weiter wie gleich nach dem Krieg. Sie wollten sich verwehren, als wir alle an die Kanalisation angeschlossen wurden-wenns nach Peter gegangen wäre, hätten wir wohl noch alle unser Toilettenhäuschen neben dem Misthaufen-versuchte er mit allen Mitteln das zu hintertreiben, na klar das musste man ja auch bezahlen und das war von der kleinen Bauernrente seiner Mutter fast nicht möglich. Ich habe ein paarmal mit ihm geredet und ihm angeboten, seinen Hof zu kaufen-der natürlich nur noch den Grundstückswert besitzt, sonst ist alles herunter gekommen und verfallen, aber er hat abgelehnt, allerdings so nach und nach die paar Felder, die sie hatten, nach dem Tod der Mutter verscherbelt, um zu überleben und die Beerdigung bezahlen zu können. Er hat immer Autos gebastelt, das konnte er gut, obwohl er es eigentlich nie gelernt hatte und als die Wende kam hatte er mal eine gute Phase, als er jedes Altauto hergerichtet und mit Gewinn in den Osten verkauft hat, aber die Kehrseite der Medaille war eben auch, dass er immer mehr Schrottfahrzeuge angesammelt hat und fast einen privaten Schrottplatz da drüben hatte. Als dann Öl im Grundwasser zu finden war, haben wir ihn angezeigt, weil er Gesprächen nicht zugänglich war und seit damals war die Feindschaft riesengroß. Wenn er unser nur ansichtig wurde, hat er Bösartigkeiten über den Hof geschrien. Er ist immer mehr herunter gekommen und auch der Bürgermeister konnte nichts ausrichten, obwohl der oft versucht hat, mit ihm zu reden.“ fuhr er fort.

    Nun allerdings hielt es Ben nicht mehr: „Wissen sie, das ist ja alles sehr nett zu erfahren, aber uns hätte jetzt interessiert, was sie in den letzten Tagen für Beobachtungen gemacht haben, wer auf dem Hof aus-und einging usw.“ wollte er wissen, aber der alte Bauer sagte in aller Seelenruhe: „Dazu komme ich gleich!“ und Semir musste jetzt schmunzeln-er hatte den Mann schon richtig eingeschätzt, den musste man reden lassen, der ließ sich nicht drängen-ein typischer rheinischer Bauer eben, mit einem Dickschädel, der dem Ben´s in nichts nachstand!
    „Vor drei oder vier Jahren hat Peter sich dann ein Unfallauto gekauft und her gerichtet, das trotzdem noch gut in Schuss war, so einen Peugeot mit Ladefläche, wo normalerweise eilige Arzneimittel transportiert werden. Kurz darauf habe ich ein paarmal in der Dämmerung einen Mann im langen schwarzen Umhang bei ihm ein und ausgehen sehen und seitdem ging es mit ihm ein wenig aufwärts. Er war wieder ordentlich angezogen und rasiert, fuhr oft mitten in der Nacht weg und war dann den ganzen Tag verschwunden, hatte nach seiner Rückkehr allerdings Einkäufe im Wagen, anscheinend hat er also irgendeinen Job gefunden. „Ist der Mann im Umhang öfter gekommen, oder hatte er sonst irgendwelchen Besuch?“ fragte nun Semir, aber der Bauer schüttelte den Kopf. „Das war nur damals-seitdem habe ich niemand Fremdes mehr auf dem Hof gesehen!“ sagte er bestimmt und seine Frau, die bisher schweigend zugehört hatte, stimmte ihm zu.
    Semir und Ben waren sich sicher, dass die beiden eine genaue Personenbeschreibung hätten liefern können, wenn sie den Besucher oder jemand anderen genau gesehen hätten, denn anscheinend waren die beiden alten Bauersleute mit einer gehörigen Portion Neugier ausgestattet. So aber mussten sie sich jetzt dringend auf dem Hof umsehen-vielleicht war da ein Hinweis zu finden, was das mit den Computerspielen und dem Job auf sich hatte.


    Die beiden Polizisten bedankten sich für die Auskunft, erfuhren noch, dass Peter Fitz am Donnerstag zum letzten Mal gesehen worden war und gingen dann zum Wagen, um zu erfahren, wie weit die Chefin mit dem Durchsuchungsbeschluss war. „Meine Herren-sie müssen noch ein wenig Geduld haben, Frau Schrankmann versucht gerade den Richter davon zu überzeugen, aber ohne Leiche glaubt der der Identifizierung nicht und ziert sich noch ein wenig!“ bekamen sie Auskunft. Semir und Ben sahen sich an, nachdem sie aufgelegt hatten. „Hmm-ich glaube ich habe da drin gerade nen Hilferuf gehört!“ sagte Ben grinsend und Semir antwortete: „Da muss ich dir zustimmen!“ und die beiden näherten sich der Haustür. Die war fest verschlossen und zwar mit einem modernen Sicherheitsschloss, was so ziemlich das Einzige Neue an diesem Haus mit den verfaulten Läden und der abblätternden Farbe war. Gerade musterte Ben die Tür, um sie aufzubrechen, da gebot ihm Semir Einhalt. „Diese Bauernhäuser haben doch alle einen zweiten Eingang!“ gab er zu bedenken und so betraten sie kurz darauf den ehemaligen Stall, der mit einer unglaublichen Menge an Schmutz, Müll und Gerümpel gefüllt war. Allerdings führte ein schmaler Durchgang tatsächlich zu einer zweiten Tür und binnen Kurzem hatte Ben das einfache Schloss mit seinem Dietrichsatz offen.

    Sie betraten die Wohnräume und mussten beinahe die Luft anhalten, so stank es hier nach Katzenkot, ungelüfteten Räumen und Armut. In der Küche stand überall verschimmeltes, schmutziges Geschirr in der Spüle und auf der Anrichte, auf dem alten Kochherd-von Elektroherd war hier keine Spur-waren Töpfe mit angebrannten Essensresten, im stinkenden Kühlschrank fanden sich ein paar Packungen abgelaufene Fertiggerichte und im Schlafzimmer sah es nicht besser aus. Überall lagen Kleider herum-ungewaschen und vor sich hin müffelnd, das Bett war zerwühlt und sicher schon lange nicht mehr frisch bezogen worden. Im Wohnzimmer stand ein großer Fernseher auf dem alten Wohnzimmerbüffet und auf einem durch gelegenen alten Sofa lagen ein Kopfkissen und eine Wolldecke. „Mein Gott-wie kann man nur so leben!“ sagte Ben erschüttert und auch Semir besah sich die Örtlichkeiten kopfschüttelnd. Allerdings war nirgendwo ein Computer, eine Spielekonsole oder etwas Ähnliches zu finden, auch Telefon-oder Internetanschluss gab es keinen, also für den Eigenbedarf hatte der Tote die Spiele nicht herumgefahren.
    „Wenn du hier etwas verstecken wolltest-wo würdest du das tun?“ fragte Semir und warf noch einen Blick in das Bad, das zwar neuer war, aber genauso schmutzig-allerdings stand darin eine relativ neue Waschmaschine und die Badewanne sah auch benutzt aus. Der Mann hatte auch nicht verwahrlost ausgesehen, als sie ihn angeschaut hatten-anscheinend war es ihm gelungen wenigstens nach außen hin noch einen Rest Normalität und Selbstachtung aufrecht zu erhalten.
    Ben ließ prüfend seinen Blick durch die Küche, in der sie nun wieder standen, gleiten. „Wo haben die alten Leute früher ihr Geld oder andere Wertsachen aufbewahrt?“ überlegte er. „Meine Großmutter in der Türkei hat das im Küchenschrank gemacht!“ sagte Semir und so öffneten sie die Türen des Küchenbüffets. Da war auch nicht so viel Staub wie überall sonst und nun fiel Ben´s Blick auf eine alte Kaffeedose und irgendwie wurde er von diesem Objekt magisch angezogen. Er zog Einmalhandschuhe, von denen er immer ein Paar in der Tasche hatte, heraus, zog sie an und griff nach der Dose, die genau in seiner Augenhöhe stand. Er öffnete sie und als er einen Blick hinein warf, zog ein Lächeln über sein Gesicht: „Bingo!“ rief er und nun war es an Semir ihn fragend zu mustern.

    Natürlich ist es immer möglich, das einmal Proben vertauscht werden, entweder aus Versehen, oder mit Absicht. Gerade weil Daten, die extern an Speziallabore verschickt werden oft aus Datenschutzgründen anonymisiert werden und nur noch aus einem Zahlencode bestehen, ist sowas immer möglich. Aber bevor man einem Patienten eine solche niederschmetternde Diagnose mitteilt und ihn dann sozusagen im Regen stehen lässt mit einem Termin beim Spezialisten in drei Wochen, wiederholt man eine solche Untersuchung, evtl. sogar in einem anderen Labor. Genau wie eine unklare Histologie-da werden Schnellschnitte eines Tumors oft bundesweit herumgereicht, um draufzukommen, ob der gut-oder bösartig ist.
    Semir hat in der Aufregung gar nicht genau aufgepasst, wie seine Erkrankung heisst, so dass seine Internetrecherchen momentan im Sande verlaufen.
    Ja gerade wenn man eine schreckliche Diagnose bekommt, bemerkt man erst, wie kostbar das Leben ist-und wie endlich! Semir´s Stimmung und Gedanken hast du sehr treffend beschrieben!

    Wenig später waren Semir und Ben bei der angegebenen Adresse angekommen. Mehrere gleichfarbige Fahrzeuge standen im Hof des Anwesens-überall mit einem Firmenaufdruck: „Steiner AG-eilige Arzneimitteltransporte“ war dort zu lesen. Gerade kam ein junger Mann heraus und schwang sich in eines der Autos. „Können sie uns helfen-wir suchen Walter Steiner?“ fragte Semir und der Mann zeigte auf ein unscheinbares Bürogebäude. „Der ist da drin!“ sagte er nur und fuhr dann zügig vom Hof. Als die beiden Polizisten das Gebäude betraten, stand ein etwa sechzigjähriger Mann, der hinter einem Schreibtisch am PC gesessen hatte, auf und kam verwundert auf sie zu. „Walter Steiner-wie kann ich ihnen helfen?“ fragte er und Semir kam gleich zur Sache: Wir sind von der Polizei!“ sagte er und zückte seinen Ausweis und Ben tat es ihm gleich. „Ein Fahrzeug, das vor zehn Jahren auf sie zugelassen worden ist, wurde in ein Verbrechen verwickelt-wir würden gerne wissen, was es damit auf sich hat!“ erklärte er und nun atmete Steiner tief durch und ging zu einem Ordner an der Wand, der den Aufdruck „Firmenfahrzeuge“ hatte. Dann hielt er einen Moment inne. „Was für ein Modell war es denn?“ und nun sagte ihm Ben den Typ und die Farbe-weiß, wie alle Fahrzeuge auf dem Hof übrigens und reichte ihm die Motorennummer auf einem Zettel, wo er sie notiert hatte.

    Steiner schlug den Ordner auf und begann zu erklären: „Ich kaufe immer so alle fünf bis sechs Jahre nagelneue Fahrzeuge. Wenn die eine gewisse Kilometerzahl erreicht haben, werden sie ungeachtet des Alters und Zustands weiter verkauft, denn in meinem Gewerbe ist Zuverlässigkeit und Schnelligkeit sehr wichtig. Die Fahrzeuge werden gut gewartet, aber auch aussortiert, wenn sie irgendwelche technischen Probleme machen. Ich kann mich da nicht mehr an jedes Einzelne erinnern, aber vielleicht finden wir ja heraus, um welchen Wagen es sich handelt!“ erklärte er und schlug die Seiten von vor zehn Jahren auf. „Hier werden der Fahrzeugbrief –jetzt natürlich nur noch als Kopie, denn der Wagen wurde ja verkauft-und alle anderen Unterlagen archiviert, ich hebe allerdings auch die Wartungspläne etc. noch eine Weile nach dem Verkauf auf-da habe ich nämlich schon die verrücktesten Dinge erlebt!“ sagte er, während er ein paar weitere Seiten aufschlug und Aufzeichnungen durchging.
    „Ah sehen sie-da haben wir es schon-ja jetzt erinnere ich mich. Das Auto wurde vor vier Jahren in einen Unfall verwickelt und es hat sich für uns nicht mehr gelohnt, es reparieren zu lassen, da es sowieso in Kürze abgestoßen worden wäre. Ich habe es für einen Appel und ein Ei an einen ehemaligen Schulkameraden aus der Grundschule verkauft, mit dem das Leben es nicht so gut gemeint hat. Der wohnt in einem total heruntergekommenen Bauernhaus ein paar Ortschaften weiter, war aber immer schon ein Autobastler und hat den wieder hergerichtet-ich habe ihn danach sogar noch ein paarmal fahren sehen-allerdings habe ich es ihm zur Auflage gemacht, meine Firmenaufschrift zu entfernen und das hat er auch gemacht!“ erklärte er und Semir und Ben wechselten einen Blick.

    Ben holte jetzt sein Handy heraus, worauf er das Foto des Toten gespeichert hatte. Das Alter könnte passen und als er nun das Bild dem Firmeninhaber zeigte, nickte der betroffen. „Ja das ist mein ehemaliger Schulkamerad Peter Fitz, dem ich den Wagen für 300€ verkauft habe, aber was ist mit ihm? Er sieht irgendwie so-äh tot aus!“ fragte er und Semir nickte. „Ja er ist auch verstorben, wir wissen allerdings noch nicht an was-auf jeden Fall waren wir Zeugen, als er auf der Autobahn mit diesem Wagen in die Leitplanke gerauscht ist und konnten ihn nur noch tot bergen!“ erklärte er kurz, ohne auf die näheren Umstände einzugehen. „Oh je-der hatte gar keine Angehörigen-er war immer alleine und ein Eigenbrötler, hat noch bis zu ihrem Tod vor einigen Jahren mit seiner Mutter zusammen gelebt, wie funktioniert denn das jetzt mit der Beerdigung?“ wollte der Mann wissen. „Bei uns ist es nämlich üblich, dass man da als ehemaliger Klassenkamerad hingeht!“ erklärte er, aber Semir ließ keine weiteren Informationen raus. „Das kann noch eine Weile dauern!“ wich er aus und Walter Steiner nickte. „Ich wäre ihnen sehr verbunden, wenn sie mich informieren würden, wenn sie etwa Näheres wissen!“ sagte er und hatte auch schon die Adresse von Peter Fitz auf einen Zettel geschrieben, den Ben dankend entgegen nahm. Zudem überreichte er noch eine Visitenkarte mit Firmen-und privater Handynummer und wenig später saßen Semir und Ben wieder im Wagen und hatten die angegebene Adresse im Navi eingegeben.

    „Der wirkte ganz ehrlich und zuvorkommend-ich glaube nicht, dass der irgendwie Dreck am Stecken hat!“ sagte Ben und Semir nickte. „Aber warten wir erst mal ab, bis wir den Fall gelöst haben und erlauben uns dann ein Urteil!“ sagte er weise und nun konnte ihm Ben nur zustimmen. Er gab auch gleich an Susanne den Namen Peter Fitz durch und wenig später hatte sie den Personalausweis abgeglichen und machte sich im Netz auf die Suche nach weiteren Informationen. „Immerhin wissen wir nun schon, wer der unbekannte Tote ist!“ sagte Semir, während er den BMW in den Hof des heruntergekommenen Bauerhauses lenkte, vor dem sich Gerümpel türmte. „Oh je-da kann man nicht von bester Wohnlage sprechen!“ sagte Ben, als er ausstieg und ihm sofort ein paar räudige Katzen um die Beine strichen. Sie sahen sich überall um, aber wie sie schon erwartet hatten, war die Tür verschlossen und niemand zuhause. „Wir werden erst mal in aller Ruhe einen Untersuchungsbefehl beantragen-so wahnsinnig eilig ist das ja nicht-und inzwischen befragen wir ein paar Nachbarn!“ beschloss Semir und bat via Funk die Chefin, das in die Wege zu leiten. Sie läuteten an mehreren Haustüren, aber nur wenige Nachbarn waren zuhause. Die waren abweisend, als sie den Namen Peter Fitz hörten. „Mit dem ist nicht gut Kirschen essen, seien sie vorsichtig!“ knarrte ein alter Bauer, ein direkter Nachbar, der gerade den sehr gepflegten Hof zusammen kehrte. Semir überlegte kurz und sagte dann: „Wir sind von der Polizei, mit uns würde er sich vermutlich nicht anlegen, aber der wird sie nicht mehr belästigen, er ist nämlich verstorben!“ sagte er und sofort erhellte sich das Gesicht des Bauern. „Na dann kommen sie mal rein in die gute Stube, das sind ja erfreuliche Nachrichten!“ sagte er und schrie über den Hof: „Frieda-stell dir vor, unser Sargnagel Peter ist tot-setz mal Kaffee auf, da sind ein paar nette Herren von der Polizei!“ rief er und wenig später saßen Semir und Ben in der gemütlichen, pikobello sauberen Küche des Hauses, tranken Kaffee und aßen dazu einen wundervollen frisch gebackenen Kuchen, während der alte Bauer zu erzählen begann.

    Ja dieser Torres muss ein schlimmer Finger sein, sonst würde Alex nicht plötzlich blass werden, als er den Namen hört. Und Hartmut ist ein wenig angesäuert, weil sein Kollege ihm erst nicht glaubt, aber jetzt eilt Alex zu Semir. Mann Alex-der ist frisch operiert, lass den in Ruhe seine Verletzungen auskurieren und beunruhige den nicht! Auch Ben kann da nur verwundert hinterherhetzen-er wurde ja bisher noch nicht eingeweiht, dieser Torres muss nach seiner Zeit aktiv gewesen sein! Aber jetzt bin ich auf Semir´s Reaktion gespannt!

    Ja Mikael kommt auch bei der Mordkommission nicht zur Ruhe! Als er seinen Namen und Rachedrohungen an der Wand liest, ist er sofort sicher, dass das wirklich ihm gilt-ich bin mir da eigentlich auch sicher! Nur wer das hingepinselt hat, steht in den Sternen und so wird Mikael mal fürs Erste vom Fall abgezogen-ach ja, da können ja jetzt Ben und Semir ermitteln-die sind doch eh grad in Finnland!

    Puh jetzt bin ich richtig betroffen!
    Nach einem entspannenden Tag im Freibad, wo die größten Probleme die pubertierenden Töchter sind, geht Semir am Montag ahnungslos zur Besprechung zum Arzt. Dort bekommt er eine Nachricht, die ihn umhaut-mich auch!
    Allerdings denke, nein hoffe ich jetzt, dass da wirklich Proben gefaked wurden-das deutet alles schon wieder auf die Krankenschwester hin! Aber erst mal wurde Semir eine schreckliche Diagnose um die Ohren gehauen und mit sowas muss man erst mal fertig werden. Wem er da wohl was davon erzählt?

    Ja jetzt bin ich auch überzeugt, dass Reuter tot ist! Beinahe hätte Semir ja das Gegenmittel gehabt, aber leider kommen Ben und Alex ein Minütchen zu früh!
    Allerdings bin ich froh, dass Cablonsky die Ampullen wenigstens nicht weggeschmissen hat, denn sonst wäre guter Rat teuer!
    Die Gespräche waren mal wieder sehr realitätsnah beschrieben, auch die Aktionen und Reaktionen der Akteure sind nachvollziehbar-gute spannende Geschichte!

    Alex fährt sicher privat nen Bus! :D Da ist das kein Problem!
    Die Kinder sind nach dem aufregenden Zootag fix und fertig. Semir bleibt bei Andrea über Nacht-na langsam kehren wieder normale Verhältnisse ein und als man am nächsten Tag gemeinsam ins Freibad geht, ist sogar Dana dabei und findet auch Ayda´s Bikini gut! Wenn ich mir diese langen Schlangen vor der Kasse vorstelle und dann zu liegen wie ne Ölsardine-du lieber Himmel, gerade ist mir eingefallen, warum ich schon jahrelang nicht mehr im Freibad war! ;( .
    Aber Ayda-du kannst doch nicht einfach ohne vorherige Abkühlung vom Dreier hüpfen-hoffentlich passiert da nichts! Und typisch Mann-Alex besitzt nur eine Badehose-mein Mann auch, er findet das genügt! ;)

    Als Ben nach Hause kam, war die Nachbarin weg und sie aßen noch alle zusammen Abendbrot. Tim´s Sprachentwicklung schritt gerade in Riesensätzen voran, sein Wortschatz vergrößerte sich ständig und Ben lachte Tränen, als ihm Sarah die neuesten Wortschöpfungen erzählte, die da waren „Briefmann“ für den Briefträger, der immer Lucky mit Leckerchen bestach und deshalb schon dessen bester Kumpel war, „Lappsappe“ für Waschlappen und als man Tim nun nach dem Essen noch kurz abduschte, denn sonst würde er kiloweise Sand mit ins Bett nehmen, schlang er seine kleinen Ärmchen danach um Ben´s Hals und sagte: „Papa lieb!“ als er ihn ins Bett brachte und Ben hatte Tränen der Rührung in den Augen. Wie schön war ein Leben mit Kindern und bald wären sie zu viert!

    Als sie danach in dem kuschligen Wohnzimmer auf den beiden Biedermeiersofas rumlagen, die Sarah beim Trödler gefunden und stilgerecht hatte neu aufpolstern lassen, erzählte Ben seiner Frau von seiner Begegnung mit dem pensionierten Professor. „Weisst du, was der gesagt hat? Hier standen ursprünglich zwei Klöster und vermutlich dürften Steine davon beim Bau unsere Hauses verwendet worden sein-wir leben hier in geschichtsträchtigen Mauern!“ erzählte er ihr und als Sarah nun ächzend aufstand, ein wenig herumlief und sich in den Rücken fasste, sprang er sofort auf und fragte besorgt: „Geht´s dir nicht gut?“ aber Sarah schüttelte den Kopf: „Geht schon-ich habe nur Senkwehen!“-immerhin waren es nur noch drei Wochen bis zum errechneten Geburtstermin und die Krankenhaustasche stand bereits gepackt im Schlafzimmer. Hildegard-Tim´s vertraute Betreuungsperson war jederzeit in Stand by und nun erzählte Sarah noch: „Du die neue Nachbarin hat mir angeboten, falls es nachts plötzlich losgeht, dass sie solange rüberkommt, bis Hildegard da ist und auf Tim aufpasst!“ und nun sagte Ben froh: „Irgendwie fühle ich mich hier total wohl, die Leute im Dorf sind richtig nett-wir haben hier jetzt schon mehr Kontakte zu den Nachbarn, wie die ganzen Jahre mitten in Köln!“ und da konnte Sarah ihm nur beipflichten.
    Wenig später lagen sie aneinander gekuschelt in dem großen Bett, das Sarah stilgerecht passend zum Haus mit einem angedeuteten Betthimmel aus leichtem weißen Nesselstoff überspannt hatte, Ben umfasste von hinten seine Frau und fühlte, wie seine Tochter in ihrem Bauch trat und boxte. „Verdammt-immer wenn ich schlafen will ist Madame munter!“ seufzte Sarah und verzog das Gesicht, als sie einen schmerzhaften Tritt in die Leber erhielt. „Hoffentlich ändert sich das, wenn sie mal auf der Welt ist-sonst sehe ich schwarz für unsere Nachtruhe!“ befürchtete sie. „Das kriegen wir schon mein Schatz!“ sagte Ben nun liebevoll, küsste sie in den Nacken und wenig später waren alle drei eingeschlafen, auch Lucky schnarchte in seinem Körbchen im Schlafzimmer vor sich hin.

    In der Nacht erwachte Ben, weil Lucky leise knurrte. Er hatte den Kopf gehoben, aber als Ben lauschte, konnte er nichts vernehmen. Leise-um Sarah nicht zu wecken-stand er auf und machte-gefolgt von seinem Hund- einen Kontrollgang durchs Haus. Es war nichts zu entdecken, alle Türen waren verschlossen, Tim schlief selig in seinem Kinderbett und wenig später hatte sich auch Lucky wieder beruhigt. „Na Junge-hier draußen sind doch andere Geräusche als in der Stadt, da müssen wir uns noch daran gewöhnen!“ sagte Ben und trank in der Küche ein Glas Wasser. In einiger Entfernung fuhr ein Auto langsam weg und ein Käuzchen rief. Ben sah auf die Uhr-es war gerade mal drei! Wenig später lagen er und sein Hund wieder und schliefen durch bis in der Früh.

    Als Semir und er sich am nächsten Morgen in der PASt trafen, wurden sie zur Chefin gerufen. Auch Hartmut war zu ihrer Überraschung da und so gingen sie zur aktuellen Fallbesprechung in Kim Krüger´s Büro. „Ich habe das Auto regelrecht auseinander genommen!“ berichtete der. „Fingerabdrücke waren nur von einer Person zu finden, dem toten Fahrer,“ denn natürlich hatte man die gleich abgenommen und durch den Rechner gejagt, ohne allerdings einen Treffer zu haben-der Mann war zumindest in Deutschland noch nie erkennungsdienstlich behandelt worden. „Mir ist es allerdings gelungen mit Säure“-gerade wollte er mit vielen Fremdworten den genauen Vorgang, wie er das fertig gebracht hatte schildern, da fiel ihm Semir ungeduldig ins Wort: „Ja Einstein, wir wollen jetzt nicht wissen, wie du das gemacht hast, sondern was du gefunden hast!“ und nun fuhr Hartmut nach einem wütenden Blick auf seinen Kollegen fort: „Mir ist es gelungen, die eigentlich ausgeschliffene Motorennummer wieder sichtbar zu machen. Laut Herstellerangaben ist der Peugeot zehn Jahre alt und war als Neuwagen an einen gewissen Walter Steiner verkauft worden-hier ist die Adresse!“ sagte er und reichte Semir einen Zettel. Der warf einen Blick drauf. „Oh Ben-das ist ja ganz in der Nähe von deinem neuen Wohnort!“ sagte er dann und die Chefin nickte ihnen zu. „Na dann fahren sie mal dahin und versuchen etwas rauszubringen!“ befahl sie und wenig später waren Semir und Ben auf dem Weg zu der angegebenen Adresse. „Dann können wir bei der Gelegenheit gleich bei dir nen Kaffee trinken!“ überlegte Semir und Ben nickte.