Semir hat alles versucht, aber an der Haltestelle verläuft sich Sophie´s Spur. Was sie wohl zu Tina gesagt hat, warum sie zwei Stationen zu früh aussteigt? Und wo waren die Mädchen davor, denn sie sind doch schon vor zehn von der Party verschwunden-haben die unterwegs noch jemanden getroffen?
Nun wird die Sache durch die Anzeige offiziell-na auch wenn Sophie tatsächlich bei nem Typen übernachtet, schadet es nicht, wenn die Polizei nach ihr sucht und sie einen gehörigen Schrecken kriegt. Aber irgendwie passt das nicht zu ihr!
Beiträge von susan
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Bei Mikael geht es nur langsam vorwärts und er ist deswegen mega genervt. Ja das kann jeder nachvollziehen, der schon einmal länger krank war, aber Antti hat Recht-noch ist es zu früh, um nach Hause zu gehen, sonst hat Eva ein Baby und nen Pflegefall daheim und bei Mikael geht da auch nichts mehr voran, ohne spezielle Förderung. Auch ist sein sonst so kluger Kopf auch noch nicht in Höchstform und er hat auch an Veikko´s Verhalten nichts bemerkt, obwohl der ja-wie wir wissen- da schon Sorgen hatte.
Am Heimweg entdeckt Antti dann Veikko´s Mountainbike und eine Spritze-hoffentlich findet die Spurensicherung einen Hinweis, denn Ben und Veikko brauchen dringend Hilfe. Semir-wo bleibst du? -
Die syrischen Flüchtlinge waren noch am Vorabend ausgeladen worden und gingen unter der Führung des einen Schleusers los in die kalte, feindliche Bergwelt. Auch sie nutzten die Wege der Schwabenkinder und ihre Ausrüstung unterschied sich nicht maßgeblich von der der Kinder, die dort über hunderte von Jahren gelaufen waren. Es war glatt, rutschig und gefährlich und die einzige Sicherung die sie hatten, war ein langes Seil, an dem man wenigstens die Kinder anband, damit sie nicht so einfach in die Schluchten stürzen konnten. Ihr Schuhwerk war nicht geeignet sie froren und kamen nur äußerst langsam voran. Als die Nacht hereinbrach, setzte sich der Schleuser, der sich der Wege nun doch nicht mehr so sicher war-in der Dämmerung sah es hier irgendwie überall gleich aus und die letzten Gruppen hatte er hier immer im Sommer hinüber begleitet- mit seinem einheimischen Verbindungsmann in Verbindung. Der kam erst ein Stück mit einem Schneemobil, aber als die Wege für das dann nicht mehr passierbar waren, zu Fuß und führte sie zu einem Biwak, das hier oben als Zwischenstation für Hochgebirgstouren und die Bergsteiger, die im Sommer rege die Fernwanderwege über die Alpen nutzten, eingerichtet war.
Es war mehr oder minder eine natürliche Höhle an die man eine Tür gebaut hatte, damit der Schnee nicht herein blies. Darin befand sich ein Gasbrenner mit Ersatzkartuschen, den man zum Heizen und für die Beleuchtung verwenden konnte. Ein Paar Skier mit Stöcken standen bereit, es waren einige Decken, Planen und Schlafsäcke hier, zwar eigentlich viel zu wenige für die vielen Leute, allerdings hatten die Tee im Gepäck, es gab Töpfe, Verpflegungspackungen des Bundesheeres und Suppengrundlage und so konnten sie sich aus geschmolzenem Schnee eine warme Suppe und Tee kochen und die Notrationen knabbern und als alle eng zusammen rückten, wurde es doch ein wenig wärmer. Nach Absprache mit dem einheimischen Bergführer wurde ausgemacht, dass sie am nächsten Tag langsam weiter gehen sollten und dass der Mann mit den verschlagenen Augen, der erst noch einen anderen Auftrag von ihrem gemeinsamen Arbeitgeber erledigen musste, danach ihre Führung über die Allgäuer Hochalpenwege übernehmen würde. Es gab noch weitere Biwaks und er würde sich später auch darum kümmern, dass die wieder so hinterlassen wurden, wie sie sie vorgefunden hatten, incl. frischer Gaskartuschen und Proviant-das war in den Bergen so üblich.Eines der größeren Kinder hatte einen fürchterlichen Husten und bekam in der Nacht hohes Fieber, so dass das am nächsten Tag, als sie aufbrachen, getragen werden musste und sie deswegen nur sehr langsam voran kamen. Hoffentlich würde der einheimische Bergführer, der, nachdem er ihnen das Biwak gezeigt hatte, wieder abgestiegen und mit seinem Schneemobil durch die mondhelle Nacht ins Tal gebraust war, bald kommen, denn die beiden Schleuser waren Türken aus dem Flachland und deshalb mit den Bergen auch nicht vertraut. Der eine war mit dem 7,5-Tonner durchs Lechtal ins Tannheimer Tal gefahren und hatte dort in einem Gasthof übernachtet. In zwei Tagen etwa würde er die Truppe im Kleinwalsertal wieder aufnehmen. Er war sich sicher, dass er bis dahin noch mehrfach kontrolliert werden würde, aber man würde nicht mehr als einige Planen und Taschen auf seiner Ladefläche finden, so dass man ihn dann wahrscheinlich unbehelligt ausreisen und auf die A7 fahren ließ. Auch hatte er den Verdacht, dass da einige Zollbeamte und Polizisten, die die Schleierfahndung im Grenzgebiet machten, ebenfalls von ihrem Chef, dessen Identität ihm aber nicht bekannt war, geschmiert wurden-anders war es nicht erklärlich, dass sie nur immer dann kontrolliert wurden, wenn die Flüchtlinge gerade nicht im Fahrzeug waren. Sie mussten alle paar Stunden ihre Position durchgeben und bekamen manchmal auch kurzfristige Routenänderungen mitgeteilt. Erst wenn sie ihre Fuhre in Köln bei ihren dortigen Verbindungsleuten abgeliefert hatten, würden sie ihr Geld bekommen, denn sie waren bloß zwei Mitarbeiter eines riesigen Schleuserrings, der die Menschen gut organisiert von überall her in den Kölner Raum brachte. Allerdings hatten sie ein regelmäßiges Einkommen und für Nachschub war immer gesorgt. Via Handy war er mit seinem Kollegen in Verbindung, allerdings mussten sie Akku sparen, da der ja unterwegs keine Möglichkeit hatte sein Handy aufzuladen und nicht überall in dem Bergmassiv hatte man überhaupt ein Netz.
Semir kam langsam wieder zu sich. Reflexartig hatte er sich zusammen gerollt, als das Schneebrett sie erfasst und mit in die Tiefe gerissen hatte. Seine Welt verschwand in wirbelndem Weiß, er merkte wie er mit Macht abwärts gezogen wurde, irgendwann prallte er gegen irgendetwas und dann gingen ihm die Lichter aus. Als er zu sich kam, wusste er erst überhaupt nicht, wo er sich befand und was eigentlich los war, aber als er dann um sich tastete, wusste er sehr schnell wieder, was geschehen war. Dadurch dass er sich instinktiv zusammen gerollt hatte, hatte er erstens eine Kammer mit Luft zum Atmen und auch wenigstens ein bisschen Platz, sich zu bewegen. Er atmete ruhig und versuchte zu überlegen, was er über Lawinenunglücke wusste. Momentan war alles schwarz um ihn, aber als er seinen Handschuh auszog und die Augen vom Schnee befreite, konnte er doch ein bisschen was sehen-und zwar rund herum helles Weiß. Das bedeutete allerdings, dass er nicht sehr weit unter der Schneedecke begraben sein konnte, denn ansonsten wäre es ja stockfinster gewesen. Allerdings hatte er gerade keine Ahnung wo oben und unten war, so zusammengerollt, wie er in seinem eisigen Gefängnis lag. Die Panik wollte von ihm Besitz ergreifen, aber mit ruhigem Atmen brachte er sich selber wieder herunter. Wenn er sich, Ben und Knut, die hoffentlich auch noch lebten, befreien wollte, dann musste er Ruhe bewahren und logisch denken und vorgehen. Die Schwerkraft war sein einziger Anhaltspunkt und so schloss er die Augen wieder und versuchte herauszufinden, wie er im Raum lag. Eigentlich müsste sein Po der tiefste Punkt sein, wenn er das so analysierte und deshalb begann er jetzt erst mit minimalen Bewegungen und dann immer heftiger nach oben zu graben. Die Richtung stimmte, denn es wurde immer heller, allerdings wurde ihm jetzt sehr heiß und das Blut dröhnte in seinen Ohren. Vermutlich wurde der Sauerstoff gerade knapp und er erinnerte sich, einmal gelesen zu haben, dass man einfach still liegen bleiben sollte, bis die Retter eintrafen, denn die Lawinenrettung in den Bergen war sehr gut organisiert.
Allerdings war der einzige, der wusste, dass sie verschüttet waren, der Bergführer und Semir war sich zwar nicht völlig sicher, aber er hatte das Gefühl, dass der die Lawine erst losgetreten hatte-ob mit Absicht, oder aus Versehen, konnte man gerade so nicht sagen. Normalerweise müsste der jetzt sofort einen Notruf absetzen und dann wären binnen Kurzem die Helfer mit dem Hubschrauber da, aber draußen war alles ruhig und die Sache mit den Handys war zweimal komisch. Warum hatte der ihnen unter dem Vorwand des Filmens alle Smartphones abgenommen-nein, das war kein Zufall!
Inzwischen war Semir, der nun bereits ziemlich erschöpft war und nur langsam weiter grub, auf die gute Idee gekommen, seinen einen Schneeschuh dazu zu nehmen, dessen Bindung sich beim Absturz nicht gelöst hatte, aus dem er sich aber problemlos befreien konnte. Die scharfen Aluprofile fraßen sich durch den Schnee und plötzlich bekam Semir wieder Luft und eine große Erleichterung ergriff von ihm Besitz. Bisher hatte er es vermieden, darauf zu achten, wie schwer er wohl verletzt war, aber jetzt stellte er fest, dass er zwar sozusagen Ganzkörperschmerzen hatte, aber kein Körperteil sonderlich weh tat. Nach einer kurzen Verschnaufpause grub er weiter und kam so langsam an die Oberfläche. Als er aus seiner künstlichen Höhle gekrochen war, sackte er erst einmal vor Erschöpfung zusammen, aber dann konnte er sich endlich orientieren. Er war am Fuße des Steilhangs, den sie vorhin überquert hatten, etwa 200 Meter unterhalb der Absturzstelle. Einige Felsen hatten den Abrutsch des Schnees gebremst, allerdings ging es danach weiter endlos in die Tiefe-wer dort hinunter gesegelt war, hatte keine Chance. Hektisch blickte Semir um sich, auf der Suche nach seinem besten Freund. Dann lief es ihm eiskalt über den Rücken. Nur wenige Meter entfernt ragte eine leblose, bläulich verfärbte Hand aus dem Schnee und voller Panik robbte Semir darauf zu. -
Semir ermittelt weiter in Sachen Sophie und befragt die Busfahrer. Echt-in Köln werden die Busse videoüberwacht? Bei uns in der Provinz ist das noch nicht so!
Jetzt verstehe ich doppelt, dass die jungen Leute auf Marcel´s Geburtstagsfeier komisch geschaut haben, wenn er noch seinen Anzug anhatte. Ich glaube,nachdem er ja schon die unbequemen Schuhe aus hatte und die Anzugjacke aufgehängt hatte- da wäre er lieber schnell in ne bequeme Jeans und seine Stiefel geschlüpft, da hätte er sich wohler gefühlt. Aber ich hoffe, er findet Sophie, auch wenn ich immer weniger daran glaube! -
Oh je-jetzt hat Annie es aus dem Mund eines Neo-Nazis erfahren müssen, dass Kevin Polizist ist. Ich muss da Trauerkloß zustimmen, das wäre in hundert Jahren nichts mehr geworden mit den beiden, aber jetzt hat er seine ehemaligen Weggefährten auch noch als Feinde. Langsam wird es eng für ihn, ob er das allerdings so weiß?
Semir-auch wenn du gerade selber genügend Ärger an der Backe hast-pass bitte gut auf Kevin auf, der schwebt in höchster Gefahr! -
Am nächsten Morgen versammelten sich die drei Schneeschuhwanderer nach einem ausgiebigen Frühstück vor dem Hotel. Sie hatten Funktionsunterwäsche an und darüber Schneehosen, ein Langarmshirt und Anoraks, dazu Mützen, Sonnenbrille und Handschuhe. Vom Hotel bekamen sie Schneeschuhe mit griffigem Alurahmen und Stöcke mit scharfen Spitzen, die auch auf Eis einen Halt boten. Das Schuhwerk waren wasserdichte Trekkingstiefel eine Nummer größer als sonst, mit zwei Paar Socken darin, während ihr Führer richtige eisenbeschlagene Bergstiefel anhatte. Semir musterte die hochwertigen Schneeschuhe, als man sie ihm anpasste-mit so etwas war er auch noch nie gelaufen, aber er freute sich auf die Tour in der eiskalten, klaren Bergluft. Jeder bekam noch einen Rucksack mit einem Lunchpaket und Getränken vom Hotel, darin hatten sie noch je ein T-Shirt zum Wechseln und Ersatzwandersocken verstaut, denn sie würden schwitzen-so viel hatte ihnen der Hotelbesitzer versichert. „Aber sie werden sehen-die grandiosen Ausblicke werden sie für die Mühen entschädigen!“ versicherte er seinen Gästen und die bestätigten alle, dass sie durchaus fit seien und sich gerne ein wenig plagen würden.
Der Führer musterte seine Truppe und nickte zufrieden. Dann bat er sie in den Kleinbus des Hotels, mit dem sie zum Ausgangs- und Endpunkt der Wanderung fahren würden, die von Warth aus beginnen würde. Noch war das Hochgebirgstal ein wenig finster, denn die Sonne musste erst einen gewissen Stand am Firmament erreichen, um ihre Strahlen dort hinein zu schicken und so stiegen sie am Parkplatz aus, schlüpften in die extra für sie eingestellten Bindungen der Schneeschuhe und schon liefen sie los. Der dritte Mitwanderer hieß Knut und kam aus Hamburg, aber auch er wirkte fit und trainiert und so begannen sie in gleichmäßigem Tempo hinan zu steigen.Anfangs war es etwas ungewohnt, denn die Schneeschuhe wogen gute zwei Kilo, aber als sie die Technik dann heraus hatten, kamen sie zügig voran. Durch die scharfen Alurahmen, die wie Steigeisen wirkten, hatten sie auf Eis, aber auch Fels einen exzellenten Halt, die Stöcke verliehen ihnen zusätzliche Sicherheit und als sie die ersten Schneefelder überwanden, wurden ihnen die Vorteile der Schneeschuhe erst so richtig bewusst. Da der Schnee hier oben in manchen Passagen meterhoch lag, würde man normalerweise einsinken und käme im weichen Neuschnee nur mühsam voran. Weil aber durch die Schneeschuhe die Oberfläche vergrößert wurde, sanken sie nicht ein und bewegten sich so sicher über den Schnee. Der Schweiß begann zu fließen und Ben, der ja durchaus fit war, bewunderte den Bergführer, der katzengleich über den Schnee schnürte und anscheinend keine Müdigkeit kannte.
Nach einer guten Stunde machten sie die erste Rast, tranken im Stehen etwas und genau da brach die Sonne über die Berggipfel und flutete das zurückliegende Tal mit ihren hellen Strahlen. Es war, als wenn man das Licht angeknipst hätte und die Wanderer sahen staunend auf die Häuser und Autos unter ihnen, die sich dort wie in einem Spielzeugland fortbewegten. Menschen wirkten wie Ameisen und Ben kam sich plötzlich angesichts dieser wilden, grandiosen Bergwelt ziemlich klein und unbedeutend vor. Ja so ein Erlebnis war sicher gut, um zu begreifen wie unwichtig eigentlich ein Einzelner war! So eine Wanderung würde so Manchem gut tun, z.B. dem Polizeipräsidenten, oder manchmal der Chefin, oder der Schrankmann. Als er Semir seine Überlegungen mitteilte, musste der herzhaft lachen. „Na dann schlag das denen doch mal vor, vielleicht bringts ja was!“ spöttelte er und nun musste Ben bei der Vorstellung grinsen, wie der etwas übergewichtige und nicht mehr ganz junge Polizeipräsident hier wie eine Dampflok herauf schnaufen würde.Dann gingen sie weiter und ihr Führer berichtete immer mal wieder an bestimmten Passagen, wo man uralte Wege erahnen konnte: „Seit dem Mittelalter bis etwa zum zweiten Weltkrieg wurden auf diesen und natürlich auch anderen Wegen im März die Bauernkinder der bitterarmen Familien in den Dienst in der Landwirtschaft oder in Haushalte nach Oberschwaben, die Städte im Allgäu und Bayern geschickt. Zu Josefi am 19. März gab es dort regelrechte Kindermärkte, auf denen die Dienstboten für die Saison, die bis Martini am 11. November ging, vermittelt wurden. Meist wurden die Bauernkinder zwischen sieben und vierzehn Jahren von einem Pfarrer begleitet, der auch die Vermittlung als Hütebuben, Helfer in der Landwirtschaft oder als Dienstmädchen übernahm. Mit schlechtester Ausrüstung überquerten die auf den Wegen, die wir gerade gehen, mitten im Winter die Alpen, manche kamen sogar bis aus Südtirol, aber da die Böden in den kargen Alpentälern nicht so viel Erträge abwarfen, dass man alle Kinder satt brachte, war das für viele Familien die einzige Möglichkeit zu überleben. Sie wurden dafür im neunzehnten Jahrhundert sogar von der Schulpflicht befreit und für Ausländer gab es in Deutschland ebenfalls keine Schulpflicht. So wurden hier ungebildete Arbeitssklaven herangezogen, die in ihrem Leben nichts als Heimweh, Hunger und Entbehrungen kannten und meist früh starben.“ berichtete er, aber den Zuhörern, denen bei der Vorstellung richtig schlecht wurde, denn sie waren ja alle Familienväter und konnten sich nicht vorstellen, wie man Kindern so etwas antun konnten, fiel auf, dass diese Erklärungen wie auswendig gelernt klangen. Keine Emotionen und kein Mitleid schwangen in der Stimme des Bergführers und so wanderten sie schweigend weiter.
Nachdem ihr Ziel ja nicht die Gipfel waren, sondern die Wege an sich, durchwanderten sie Felsspalten, passierten hoch gelegene Schneefelder und ließen sich dann auf einer Anhöhe zur Mittagsrast nieder. Übereinstimmend sagten sie, dass das eine wunderbare Idee gewesen war mit dieser Wanderung, auch wenn der Führer jetzt recht einsilbig geworden war und einfach stur vorne weg schnürte und immer wieder die Hänge über ihnen musterte. Ben sah bedauernd den Tiefschnee an, auf dem von den vorangegangenen Schneefällen eine dicke Schicht Pulverschnee war. Hui-das wären Tiefschneeabfahrten, aber leider hatten sie ja keine Skier dabei und Semir würde das sowieso überfordern. Immer mal wieder hatten sie eine Pinkelpause gemacht, aber Ben hatte zwar das Gefühl zu müssen, aber auch wenn er presste, kamen bei ihm nicht mehr als ein paar trübe Tropfen. Oh je-hatte Sarah vielleicht doch Recht gehabt mit ihrer Blasenentzündung, aber noch ging es ihm ansonsten gut. So liefen sie einfach weiter und langsam begannen sie ihre Muskeln zu spüren und zu ermüden, während der Bergführer immer noch in gleichmäßigem Tempo weiter lief.
Ben sah auf die Uhr. „Sollten wir nicht langsam umdrehen?“ fragte er, denn inzwischen war es fast drei geworden und die Nacht in den Bergen fiel ja genauso schnell, wie die Sonne aufging. Außerdem hatte der zuvor strahlend blaue Himmel sich jetzt begonnen zuzuziehen und ein Wettersturz war das Allerletzte, was sie jetzt brauchen konnten. „Nur noch ein kurzes Stück-dort vorne ist ein genialer Aussichtspunkt-wenn sie wollen, mache ich dann mit ihren Handys Fotos!“ beruhigte sie der Führer und so händigten ihm alle drei ihre Mobiltelefone aus, damit er sie von vorne knipsen konnte. Er machte ein paar Bilder und sagte dann: „Ich steige jetzt ein wenig nach oben, wegen der Perspektive. Wenn ich ihnen ein Zeichen gebe, überqueren sie miteinander diesen Hang und ich filme sie dann von oben. Man sieht dahinter die Wolkenformationen und das Bergmassiv, das werden klasse Aufnahmen und dann gehen wir zurück!“ redete er ihnen voller Begeisterung zu und begann selber flink wie eine Gämse nach oben zu steigen. Semir und Ben sahen sich an, so hoch wie der Typ inzwischen war, brauchte er ja ein Teleobjektiv, um da ordentliche Aufnahmen zu machen, aber egal-diese letzte Erinnerung noch und dann freuten sie sich auf das Hotel.„Heute Abend gehe ich noch in die Sauna zum Entspannen!“ beschloss Ben und die beiden anderen schlossen sich an. „Morgen ist dann das Silvesterdinner-da freue ich mich schon drauf!“ plapperte Knut und die beiden anderen, die inzwischen vom Warten begannen kalte Füße zu kriegen, stimmten ihm zu. „Ja mein erstes Silvester in den Bergen!“ sinnierte Semir-„bisher war ich da immer in der Stadt, manchmal habe ich auch gearbeitet, da ist das jetzt mal was ganz Besonderes!“ und kaum hatte er das gesagt, winkte ihnen der Führer, der sich mit dem ersten Handy oben positioniert hatte, zu. Sie begannen im Gänsemarsch das Schneefeld zu überqueren und waren kaum in der Mitte, da überkam Ben plötzlich ein ungutes Gefühl und gleichzeitig war so ein Tosen und Rauschen in der Luft und dann löste sich die Welt um sie herum auf und das los getretene Schneebrett riss sie mit in die Tiefe.
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Marcel traut sich vielleicht was! Wenn bei mir die Kripo in der Tür stünde, wäre ich erst mal ganz klein mit Hut, aber vielleicht wirkt das cool vor den Freunden, wenn man da, gerade mal volljährig, ne kesse Lippe riskiert? Allerdings geben sich die jungen Leute dann doch Mühe, Semir eine Auskunft zu erteilen und so hat er jetzt eine neue Spur- Tina, die Freundin mit der Sophie die Party vor zehn verlassen hat.
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Ja der Zweikampf zwischen dem alten und dem neuen Kevin tobt! Allerdings gewinnt zumindest in dieser Runde das neue Leben, Jenny, die bürgerliche Existenz gegen die alte Punker-Liebe. Ja Annie-ich würde sagen, auch wenns Kevin schwer fällt-diese Chance ist vertan, allerdings hoffe ich ja jetzt, dass Jenny nicht aus unerfindlichen Gründen Zeugin dieser Szene wurde, denn sie würde sie unweigerlich falsch interpretieren! Ich würde sagen, Kevin ist gerade dabei erwachsen zu werden-schön geschrieben!
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Ben macht sich Gedanken um Mikael. Niemand hätte sich vorgestellt, dass es ein so beschwerlicher und langer Weg zurück ins Leben werden würde-ja wer sowas noch nicht erlebt hat, tut sich schwer damit, aber es kann gelingen! Gut beschrieben übrigens, man merkt, dass du da einschlägige Erfahrungen hast, harukaflower!
Ich denke allerdings schon, dass Mikael Veikko vermisst-er kann vielleicht nicht genau sagen, wann der das letzte Mal da war, aber bemerken wird er es und das hoffentlich dann auch weitergeben-obwohl, Antti ist ja auch gerade dabei das raus zu finden!
Ben kriegt derweil Aufstiegschancen in der Sekte versprochen-na da kann er vermutlich dankend darauf verzichten, vor allem, weil er dadurch auch in den Genuss kommen soll, der nächsten Teufelsaustreibung bei Veikko bei zu wohnen! Enni betet ihn an-na welches weibliche Wesen kann denn seinem Charme überhaupt widerstehen-aber er weist sie vorsichtig zurück-ja das hätte ich auch getan, sie wird mit Sicherheit nicht seine Frau fürs Leben!
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Der nächste Tag verlief ähnlich wie der Vorherige, nur dass am Nachmittag starke Schneefälle einsetzten, so dass man die Hand nicht mehr vor den Augen sah. So verließ auch Ben die Piste, gefolgt von Estelle, die wieder wie eine Klette an ihm geklebt hatte, obwohl er mit ihr nicht mehr als einige höfliche Worte gewechselt hatte. Inzwischen nervte sie ihn ganz gehörig und er wusste gar nicht mehr, warum sie ihn bei ihrer ersten Begegnung so beeindruckt hatte. Vermutlich war es dieser südländische Ausdruck gewesen, der so exotisch gewirkt hatte und so ganz anders als der seiner dunkelblonden Sarah war, die ihre sicher nordischen Vorfahren nicht verleugnen konnte. Nun aber waren ihm ihre offensichtlichen Anbiederungsversuche, ihr Augenzwinkern wenn er sie ansah, die lasziven Bewegungen, wenn sie die Sonnenbrille in ihre dunkle Mähne schob, fast ein wenig zuwider.
Beim Nachmittagskaffee hatte er mit Sarah Klartext geredet: „Hör mal Sarah-diese Frau Winkler-ich hatte zwar beruflich mit der zu tun, aber ich kann auch nichts dafür, dass die mich immer so ansieht. Ich habe ihr gesagt, dass ich verheiratet bin-sie ist es ja auch-aber sie versucht trotzdem immer mit mir zu flirten. Nur damit du es weisst-ich will nichts von der, du bist die Liebe meines Lebens und bei uns drängt sich keiner dazwischen!“ hatte er ihr versichert und Sarah hatte genickt, aber ein kleiner Stachel des Zweifels war doch in ihrem Herzen zurück geblieben.
Den Restnachmittag verbrachten sie komplett im Wellnessbereich des Hotels, die Kinder waren teilweise im Kinderparadies beschäftigt worden, die Größeren probten kleine Theaterstücke, die sie den Eltern vor dem Abendessen noch vorführten und Tim hatte einen gleichaltrigen Freund gefunden mit dem er selbstvergessen mit kleinen Autos spielte, wenn er nicht ebenfalls im Wasser planschte. Mia-Sophie war glücklich, wenn sie in ihrer Schwimmwindel mit Mama und Papa im warmen Wasser baden durfte und die anderen Hotelgäste bewunderten das entzückende Baby, dessen tiefblaue Augen jeden anstrahlten und dem bereits kleine blonde Löckchen zu wachsen begannen, während Tim ein kleines Ebenbild seines Vaters war, mit seinen haselnussbraunen Augen und den dunklen, ebenfalls leicht gelockten Haaren. Estelle heuchelte Zuneigung und bewunderte wie die anderen Gäste ebenfalls die Kinder, während sie ihren perfekt trainierten und makellos gebräunten Luxuskörper im Designerbadeanzug zur Schau stellte und an den Liegen im Ruhebereich vorbei zu ihrem Mann ging, der in der Ecke mit einer Zeitschrift lag und die Szene mit gerunzelter Stirn betrachtete. Sarah hätte sie am liebsten angesprungen und gekeift: „Hände weg von meinem Mann und meinen Kindern!“ aber sie hielt dann doch wohlerzogen die Klappe, immerhin hatte die fremde Frau ja gar nichts gesagt oder getan, was sie bemänteln konnte. Sie rief sich selber zur Ordnung, aber Eifersucht war etwas Schreckliches und wütete in ihr wie ein böses wildes Tier und als Sarah an sich herunter sah und ihren Bauch betrachtete, der von den erst kurz zurückliegenden zwei Schwangerschaften immer noch nicht wieder so flach und fest war, wie der ihrer Rivalin, musste sie schlucken.
Herr Winkler hatte ebenfalls bemerkt, mit welchen hungrigen Augen Estelle den dunkelhaarigen, gut aussehenden Mann musterte-verdammt, er musste den beiseiteschaffen, ansonsten würde sie keine Ruhe mehr geben. Er hatte auch schon die beiden Fahrzeuge mit Düsseldorfer Firmenlogo draußen begutachtet und das Bauunternehmen Jäger gegoogelt-das war anscheinend der Juniorchef, aber Düsseldorf lag viel zu nah an seinem Wohnort Köln-er kannte Estelle-die würde Mittel und Wege finden da ein Verhältnis mit diesem Mann anzufangen und aufrecht zu erhalten. Deshalb zückte er ein wenig später sein Handy und nach dem Abendbuffet trat sein einheimischer Kontaktmann zum Wirt des Hotels und unterhielt sich mit dem, woraufhin der Wirt wenig später an den Tisch der Familien Gerkhan und Jäger trat und denen einen Vorschlag unterbreitete. „Gerade war ein Bergführer aus der Gemeinde bei mir und hat gefragt, ob hier im Hotel jemand Interesse an einer Schneeschuhwanderung hätte. Der Wetterbericht sagt für morgen wieder bestes Wetter und wir haben hier in Richtung des Kleinwalsertals einige wundervolle Höhentouren. Das ist allerdings schon anstrengend und ein wenig anspruchsvoll, man muss auch schwindelfrei sein, aber die Ausblicke sind einfach phantastisch!“ pries er an und Semir und Ben wechselten einen Blick. Sarah wehrte ab: „Ich bin zwar schwindelfrei, aber ich kann wegen dem Baby nicht so lange weg!“ und Andrea fügte hinzu: „Und ich bin raus, weil mir schwindlig wird, wenn ich runter schauen muss!“ und damit blieben nur die beiden Männer übrig. Allerdings hatten die große Lust dazu, denn sonst würden sie doch die letzten Urlaubstage immer nur dasselbe machen und so eine Höhentour klang überaus reizvoll. Ein weiterer Familienvater aus dem Hotel war auch noch dabei und so verabredeten sie sich mit dem Einheimischen am nächsten Tag nach dem Frühstück in der Hotellobby.
Ben hatte zwar durchaus konstatiert, dass der Bergführer der Mann war, der von Winkler den Umschlag mit dem Bargeld entgegen genommen hatte, aber das war ihm jetzt egal-es ging ihn nichts an und so konnte er auch mal einen Tag den Nachstellungen der südamerikanischen Schönheit entkommen.
Am Abend übernahmen Andrea und Semir mal für eine Weile das Jäger´sche Babyphon, so dass Ben und Sarah zusammen in die Sauna konnten und sie genossen das zunächst beide sehr, bis Estelle wie Gott sie schuf, wie ein Model ins Dampfbad trat und Sarah sofort ihren Bauch einzog und zickig wurde. So beendeten sie bald ihre Saunagänge, setzten sich wieder zu ihren Freunden und tranken noch etwas miteinander.Zu seiner Überraschung hatte sich Ben´s Blasenentzündung nicht verschlimmert, es kam zwar immer noch manchmal Blut beim Pinkeln, aber das Brennen hatte aufgehört und der Rest würde sich sicher auch wieder beruhigen. Er freute sich jetzt auf die Tour am nächsten Tag und als sie ein wenig später als sonst zu Bett gingen, trat Ben noch einen Moment auf den Balkon ihrer Suite und bewunderte den Mond, der hell über der imposanten Bergwelt thronte und den frisch gefallenen Schnee in ein unwirkliches Licht tauchte. Die Schneefälle hatten aufgehört und in der eisigen Luft war kein Ton zu hören. Sarah schmiegte sich an ihn und sagte: „Es ist einfach wundervoll hier!“ und Ben nickte. So standen sie Arm in Arm noch eine ganze Weile draußen, bis sie zu frösteln begannen und dann ins Bett gingen und sofort einschliefen.
Der LKW mit der syrischen Flüchtlingsfamilie war nach dem Fernpass ins Inntal eingebogen. Die Straße folgte dem Verlauf des reißenden Gebirgsflusses, bis sie am Arlberg ankamen und den bekannten Skiort St. Anton hinter sich ließen. Nun schraubte sich der kleine LKW die schneebedeckten Serpentinen hinauf, durchquerte Zürs, dann Lech und erreichte schließlich Warth. Dann allerdings stand ein Schild auf der Straße: „Schröckenpass wegen Lawinenabgangs gesperrt“. Fluchend stieg der LKW-Fahrer aus. Normalerweise wäre er jetzt über den Bregenzerwald zum Bodensee gefahren und dort hätten die Flüchtlinge wieder zu Fuß die Grenze nach Deutschland überquert, danach hätte man sie erneut aufgeladen und sie wären noch am selben Tag an ihrem Zielort Köln angekommen. So aber musste Plan B herhalten und wie schon einige Gruppen vor ihnen, würden sie zu Fuß die Allgäuer Alpen überqueren, auf Wegen, die schon vor hunderten von Jahren die sogenannten „Schwabenkinder“ benutzt hatten und dann über das Kleinwalsertal, eine österreichische Enklave, die ansonsten nur über Deutschland zu erreichen war, in die Bundesrepublik einreisen. Der Vorteil war, dass niemand damit rechnete, dass aus diesem Tal jemand kam, der es nicht von Oy-Mittelberg aus, wo auch die Autobahn endete, betreten hatte und deshalb eigentlich überhaupt nicht kontrolliert wurde, während alle anderen Grenzübergänge ja wegen der Flüchtlingsproblematik vermehrt von der Bundespolizei überwacht wurden, so dass sich die Schleuser ständig etwas Neues einfallen lassen mussten. Das Wetter war zwar nicht ideal und die Ausrüstung der Flüchtlinge ließ auch zu wünschen übrig, aber da konnte man nichts machen-Hauptsache die Kohle stimmte!
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Na ob ich das so als klassischen Ausklang eines Hochzeitstages haben wollte, kann ich mir nicht vorstellen. Aber Semir ist viel zuviel Polizist, als dass er die Sache jetzt an die Uniformierten übergeben und sich dann ruhig mit Andrea ins Bett legen könnte-immerhin könnte das verschwundene Mädchen ja auch Dana sein! Gut finde ich, dass Andrea das jetzt auch fatalistisch sieht-früher hätte sie da vielleicht anders reagiert, aber jetzt weiss sie, dass sie Semir genau so haben wollte, wie er eben ist und der legt eben seinen Beruf und sein Verantwortungsgefühl nicht an der Pforte ab!
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Am nächsten Morgen traf Ben beim Frühstücksbuffet wieder auf Estelle, die ihm einen verführerischen Blick zuwarf. Ben grüßte allerdings nur freundlich und beeilte sich mit seinem gefüllten Teller an ihren großen Tisch zurück zu kommen. Sarah, die gerade Tim in seinem Hochstuhl ein wenig beim Essen half, hatte den Blick genauso gesehen wie Estelle´s Mann, der daraufhin ein wenig die Augenbrauen hoch zog. Sarah fragte mit eisiger Miene: „Kennst du die Frau?“ und nachdem Ben einen Blick mit Semir gewechselt hatte, sagte er: „Ja-dienstlich!“ ohne weiter darauf einzugehen. Sarah antwortete nur „Aha!“ und Ben widmete sich jetzt intensiv dem Rührei mit Bacon auf seinem Teller und vermied es, nur in die Richtung zu kucken, wo die rassige Schönheit mit ihrem Mann saß und neben schwarzem Kaffee nur ein wenig Obst und Orangensaft zu sich nahm.
„Fahren wir heute Morgen wieder zusammen?“ fragte Ben seine Frau und Sarah nickte. „Ich habe gestern noch ein paar tolle Abfahrten entdeckt, die muss ich dir zeigen!“ plauderte er betont gleichgültig und sah so nicht den stechenden Blick, den Herr Winkler ihm zu warf.Nach dem Frühstück beschlossen Andrea und Semir es heute mal mit dem Langlaufen zu probieren, die Kinder wurden von den Kinderskilehrern abgeholt und auf ihre Gruppen verteilt und Mia-Sophie kam wieder in die Obhut der jungen Frau, einer Erzieherin im Mutterschutz, die sich durch die Betreuung der Säuglinge im Hotel, die ja nicht der Regelfall waren, ein paar Euro dazu verdiente und ihre eigene Tochter dabei mitbringen durfte, was den beiden etwa gleichaltrigen Babys gut gefiel. Mia-Sophie fremdelte Gott sei Dank noch überhaupt nicht und so schlüpfte Sarah, nachdem sie ihre Tochter frisch gestillt hatte, ohne schlechtes Gewissen in ihre Skiklamotten und wenig später ließen Ben und sie sich bei eiskalter und klarer Bergluft unter strahlend blauem Himmel in der Kabinenbahn nach oben tragen. An der Bergstation waren die verschiedenen Pisten nach Schwierigkeitsgrad angeschrieben und Sarah und Ben als geübte Skifahrer wählten ohne Zögern die schwarze Piste, während Estelle und ihr Mann, die ebenfalls in der Gondel gesessen hatten, die blaue Piste-die einfachste Variation- nahmen.
Nachdem Ben ja gestern gemeinsam mit der rassigen Schönheit mehrere schwarze Pisten bewältigt hatte, war das wohl Winkler, der nicht so gut fuhr und darauf bestand, dass seine Frau mit ihm gemeinsam gemütlich ins Tal wedelte, während Ben und Sarah gerade in den vereisten Steilpassagen all ihr fahrerisches Können brauchten, um heil unten anzukommen. Allerdings strahlte Sarah und war bedenkenlos der Ideallinie, die Ben vorgab, gefolgt. „Das war mal eine Abfahrt!“ sagte sie glücklich und nachdem sie noch eine zweite zusammen bewältigt hatten, kehrte Sarah wieder alleine ins Hotel zurück, während Ben noch eine weitere vor dem Mittagessen mitnahm.Als Sarah ins Hotel kam und Mia-Sophie sofort stillte, die inzwischen ganz schön Kohldampf geschoben hatte, hatte sie beim Hinaufgehen gesehen, dass Winkler in der Hotellobby ohne seine rassige Frau saß und anscheinend auf jemanden wartete. Als Ben mit geröteten Wangen und blitzenden Augen glücklich ein wenig später zum Mittagessen eintrudelte, sah er gerade noch, wie Winkler einem muskulösen Mann mit verschlagenem Gesichtsausdruck einen Briefumschlag überreichte, der dann um die Ecke verschwand und ohne dass Winkler es sah, dann anscheinend Geld zählte, das sich in dem Umschlag befand. Ben runzelte die Stirn-was wurde denn heute noch bar bezahlt? Aber dann dachte er nicht mehr daran und aß mit seiner Familie und seinen Freunden zu Mittag, lauschte den einfachen Sätzen von Tim, die aus zwei bis drei Wörtern bestanden und manchmal mit selbst erfundenen Vokabeln aufgefüllt wurden, aber durchaus flüssig und verständlich waren und freute sich an den Erzählungen von Lilly und Ayda, die den Skiurlaub sehr genossen und sich schon wieder auf das nachmittägliche Schneeabenteuer freuten. Ayda würde mit ihrer Gruppe heute zum ersten Mal mit dem großen Lift ein Stück nach oben fahren und eine richtige blaue Piste hinunterrutschen und Ben versprach, ihr dabei zuzusehen. Sarah konnte leider nicht mit, denn Tim fielen schon wieder die Augen zu und er musste dringend seinen Mittagsschlaf machen und auch sie genoss es, sich mit den Kleinen ein wenig hin zu legen, etwas zu lesen oder einfach vor sich hin zu träumen, denn zuhause nutzte sie diese Zeit meistens für den Haushalt.
Andrea und Semir waren ein wenig lang gelaufen und das funktionierte jetzt tatsächlich besser als das Abfahrtsskifahren, aber den Nachmittag würden sie trotzdem wieder im Hotel im Wellnessbereich verbringen. Semir hatte noch einige moderne Fitnessgeräte entdeckt und Ben versprach, heute auch eher als gestern zu ihnen zu stoßen. Als er zwischendurch mal zur Toilette ging, brannte es und es kam ein wenig Blut-oh je, hatte Sarah wohl Recht gehabt, er hätte die Badehose doch wechseln sollen, aber nachdem er sich ansonsten wohl fühlte, maß er dem keine Bedeutung bei und schlüpfte später wieder voller Begeisterung in seine Skiklamotten.
Wie versprochen sah er Ayda bei ihrer ersten richtigen Abfahrt zu, wedelte daneben her und lobte sie, als sie überglücklich im Tal ankam, wie gut sie das machte. „Ayda-du wirst mal eine richtig tolle Skifahrerin, wenn du so weiter machst!“ sagte er und während die Gruppe Kinder zurück ins Hotel ging, stieg Ben wieder in die Gondel und sah sich unversehens Estelle gegenüber, die ab sofort an ihm hing wie eine Klette. Heute war das Ganze nicht mehr so unbeschwert und Ben fühlte sich regelrecht belästigt, als sie ständig dort fuhr, wo er auch unterwegs war, sich in der Gondel eng an ihn drängte und ihn versuchte in Gespräche zu verwickeln. „Frau Winkler!“ sagte er deshalb nach einer Weile-obwohl sie sich gestern geduzt hatten. „Ich bin verheiratet und möchte mit meiner Familie meinen Urlaub genießen, nicht mehr!“ aber sie hörte deshalb nicht auf und so beschloss er, nun doch zurück ins Hotel zu gehen. Sarah und seine Freunde freuten sich, dass er schon zurück war und nachdem es draußen nun auch zu schneien begann, trafen sie sich bald alle miteinander im Wellnessbereich, schwammen, testeten die Fitnessgeräte, spielten mit ihren Kindern und unterhielten sich, während Estelle mit einem Cocktail in der Ecke saß und Ben mit hungrigen Augen musterte.
Als nach einer Weile ihr Mann zu ihr stieß, bemerkte er durchaus die Blicke, mit denen seine Frau Ben und seinen durchtrainierten schlanken Körper in den-diesmal trockenen- Badeshorts betrachtete und sein Gesichtsausdruck wurde eisig. „Komm mit!“ sagte er grob, aber als er sie regelrecht aus dem Wellnessbereich zerren musste und sie wieder und wieder zurück sah, überkam ihn eine große Wut. Er musste etwas unternehmen, sowas ließ er sich nicht bieten! Estelle war sein Eigentum und als er sie im Zimmer nun zum Verkehr regelrecht zwang, sah sie teilnahmslos an die Decke und als er sie danach mit unterdrückter Wut in der Stimme fragte: „Denkst du gerade an den dunkelhaarigen Schönling, anstatt mir dankbar zu sein, dass ich dich aus der Scheiße gezogen habe und dir ein Leben in Luxus biete?“ gab sie keine Antwort und das war ihm Aussage genug. Er würde diesen Typen abservieren, der seiner Frau schöne Augen machte und den sie anscheinend hoch attraktiv fand. Er hatte sie schließlich aus diesem Stripclub geholt, ihr Manieren beigebracht, ihr Deutschunterricht erteilen und sie von den besten Schneidern einkleiden lassen, nachdem sie vor sechs Jahren illegal aus Südamerika ins gelobte Deutschland gekommen war. Nur durch ihre Heirat hatte sie ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik, ansonsten wäre sie sofort wieder abgeschoben worden und er hatte eine Menge Geld an den Clubbesitzer für sie bezahlt, aber bisher war sie es wert gewesen. Als sie jetzt wortlos unter die Dusche ging und ihm dabei einen hasserfüllten Blick zu warf, bemerkte er das durchaus, zündete sich aber dennoch befriedigt eine Zigarette an, obwohl das Rauchen im Hotelzimmer eigentlich verboten war. Er saß am längeren Hebel und das würde sie schon noch merken!Ben sauste derweil ziemlich häufig auf die Toilette, aber als sie zu Abend gegessen hatten, sprach er dem Weizenbier zu, dem wurde bei Blasenentzündung eine heilende Wirkung nachgesagt und als er- heute ohne Saunabesuch- neben seiner Frau im Bett lag, schnarchte er zunächst, bis Sarah ihm genervt die Nase zuhielt und er sich daraufhin umdrehte und endlich Ruhe einkehrte.
Die syrische Großfamilie war derweil nach Slowenien eingereist und weil die Hauptroute durch den Karawankentunnel gerade streng kontrolliert wurde, bog der LKW nun Richtung Triest ab und so ging die Route auf verschlungenen Wegen, wieder mit einer Grenzüberquerung nach Italien zu Fuß, Richtung Bozen und Venedig zum Fernpass, denn der Brenner wurde gerade ebenfalls auf illegale Einwanderer nach Österreich geprüft und jeder LKW musste seine Ladung zeigen, obwohl das kilometerlange Staus nach sich zog. Ein gewiefter Schleuserring hatte aber Alternativrouten und für genügend Geld kam jeder nach Deutschland!
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Oh-kaum kommt Semir von der Feier nach Hause, hat ihn schon die Arbeit wieder! So geht mir das auch oft, denn jeder braucht immer mal nen Polizisten-oder ne Krankenschwester-oder, oder, oder!
Jeder macht sich ja Sorgen und sucht nach seiner Tochter, wenn die mitten in der Nacht verschwunden ist, aber jetzt hält gleich mal die Polizei Ausschau nach Sophie, das ist gut und ich hoffe jetzt sehr, dass dem Mädchen nichts passiert ist-eine schreckliche Vorstellung wenn man Kinder hat!
Bei uns ist erst die Mutter eines Mädchens gestorben, das vor 28 Jahren verschwunden ist und deren Verbleib nie aufgeklärt wurde. Das Fahrrad und die Kleidung hat man gefunden-sie kam auch von ner Party und war gerade sechzehn-aber man hat nie mehr eine Spur, auch keine Leiche gefunden. Die Familie und deren Gesundheit ist daran zerbrochen, einfach schrecklich! -
Immerhin wird Veikko nun wenigstens vermisst. Antti kümmert sich persönlich darum und inspiziert sogar dessen Wohnung, als er ihn nicht antrifft. Ich bin mir jetzt nicht so sicher, ob mir das normalerweise gefallen würde, wenn ein Arbeitskollege einfach so bei mir reinspaziert, aber ich denke Veikko fände jetzt alles gut, was seine Kollegen auf seine Spur bringt und so sein Leben rettet. Wenn das Mountainbike jetzt noch an der Klinik gefunden wird, dann steht immerhin fest, dass Veikko schon seit dem Vortag verschwunden ist. Beeil dich Antti!
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Kevin geht zurück in die Halle, um etwas über die Sturmfront heraus zu finden. Statt dessen wird er erst freundlich begrüßt und wartet dann wie in alten Zeiten auf Annie. Anstatt sie dann aber einem Verhör zu unterziehen, tauchen sie ein in alte Zeiten, schwelgen in Erinnerungen und Annie möchte wissen, ob es vielleicht für sie beide eine gemeinsame Zukunft gibt. Kevin erlebt zwar seine Vergangenheit im Geiste nochmals intensiv, aber er schenkt Annie reinen Wein ein-er hat einen Job und eine Freundin, obwohl er sich gerade nicht sicher ist, ob das Alles so erstrebenswert ist. Respekt Kevin, dass du ne klare Ansage machst. Allerdings ist Annie darüber natürlich nicht erfreut-ob sie ihm jetzt noch was über die Sturmfront erzählt, oder sich beleidigt zurück zieht?
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Am nächsten Morgen wachten die Urlauber gut erholt auf und nach einem herrlichen Frühstück am Buffet, bei dem Ben sich beherrschen musste, nicht so viel zu essen, dass er sich nicht mehr bewegen konnte, wurden die Skiausrüstungen angepasst. Extra für die Babybetreuung war eine junge Mutter aus der Gemeinde angestellt, die die frisch gestillte Mia-Sophie übernahm, für alle Fälle ein Teefläschchen bereit hielt, aber normalerweise hielt die morgens locker drei bis vier Stunden durch und diese Zeit wollte Sarah nutzen, um endlich mal wieder Ski zu fahren. Sie hatte –wie Ben-mehrere Skikurse belegt und der hatte mit Vater und Schwester jeden Winter zwei Wochen in einem Luxushotel verbracht und war da früher viel gefahren. So gingen die beiden alleine los und nachdem direkt beim Hotel ein Skilift vorbei ging, waren sie in kürzester Zeit auf der Piste und rauschten gemeinsam eine schwierige Abfahrt hinunter.
Die Kinder kamen in die Zwergerlskischule und lernten spielerisch Bögen und Schneepflug und auch der kleine Tim rutschte voller Freude den Hang hinunter. Ayda wurde dann einer Gruppe älterer Kinder zugesellt, wo die Technik bereits unterrichtet wurde, während bei Tim und Lilly das Spiel im Schnee im Vordergrund stand. Die Kinder waren mit Begeisterung bei der Sache, zwischendurch gab es warmen Tee und Brötchen und die Betreuer kümmerten sich so um die Kids, dass die ihre Eltern keine Sekunde vermissten.
Andrea und Semir bekamen einen eigenen Skilehrer und übten fast ein wenig verschämt anfangs ebenfalls am Zwergerlhang und beobachteten neidvoll aus der Entfernung mit welcher Selbstverständlichkeit ihre Kinder den Hügel hinunterrutschten und binnen Kurzem sicher auf den Brettern standen, während sie beide sich anstellten, wie die letzten Menschen. Andrea sagte einmal atemlos zu Semir, nachdem sie sich gerade wieder aus dem Schnee gewühlt hatte: „Ich dachte das heisst Skifahren und nicht Skifallen?“ und so sehr sie sich auch bemühten-der richtige Spaß an der Sache wollte sich nicht einstellen. Nach drei Stunden, in denen der Skilehrer sich wirklich alle Mühe gab, schaffte Semir, der körperlich einfach auch gewandter als seine Frau war, es eine kleine Abfahrt im Schuss hinunter zu sausen, aber das mit dem Bremsen funktionierte nicht so toll, so dass er statt einem eleganten Schwung wie die geübten Skifahrer, irgendwie die Bretter verkantete und schon wieder auf dem Hosenboden saß. Sie lachten zwar viel, stellten nach drei Stunden aber übereinstimmend fest, dass Skifahren wohl nie ihr großes Hobby werden würde. „Vielen Dank-wir haben es probiert, aber ich glaube wir lassen das einfach!“erklärte Andrea dem ein wenig frustrierten, aber trotzdem immer freundlichen Skilehrer und der empfahl ihnen dann, doch einfach auch mal zu rodeln, oder Schneeschuhwanderungen zu machen. Auch Langlaufen könnten sie noch versuchen und so kamen sie zur Mittagessenszeit wieder im Hotel an.
Ihre Kinder waren glücklich und berichteten aufgeregt von ihren Erlebnissen auf der Piste, Sarah war mit geröteten Wangen und ebenfalls zufrieden gerade dabei ihre Tochter zu versorgen, die sehr brav gewesen war und als Letzter kam Ben, der sich nur mühsam hatte losreißen können, denn der Rausch der Geschwindigkeit auf den wundervoll präparierten Pisten hatte ihn voll erfasst. Das war einfach seins, da elegant ins Tal zu fahren und obwohl er auch schon länger nicht mehr auf den Brettern gestanden hatte, hatte er sich sofort wieder zuhause gefühlt und konnte gar nicht verstehen, dass seine Freunde nicht ebenso begeistert waren, wie er.„Wir werden es uns nachmittags im Hotel gut gehen lassen, vielleicht noch ein wenig spazieren gehen, aber das mit den Abfahrtsskiern-das wars!“ erklärten Andrea und Semir übereinstimmend und Sarah sagte: „Es war wunderschön mal wieder zu fahren, aber für heute habe ich genug und bleibe ebenfalls im Hotel-morgen früh gehe ich wieder auf die Piste!“ und so trennten sich am Nachmittag die Wege. Andrea und Semir buchten gleich mal eine Ganzkörpermassage und ließen sich verwöhnen, Sarah machte mit Tim und dem Baby ein Mittagsschläfchen, Ayda und Lilly gingen sofort nachmittags wieder raus in den Schnee, wohin ihnen Tim folgte, sobald er ausgeschlafen hatte und dann machten sich die Erwachsenen einen gemütlichen Nachmittag mit Schwimmen, Lesen und Ausruhen.
Ben allerdings zog es mit Macht wieder auf die Skier. Wenn er schon in den Bergen war, wollte er es ausnützen! Als er gerade ziemlich riskant auf einer schwarzen Piste einen vereisten Steilhang hinunter preschte, wäre er beinahe mit einer Skifahrerin kollidiert. Sie konnten beide zwar einen Zusammenprall vermeiden, aber trotzdem landeten sie mehr oder weniger unsanft auf dem Hosenboden. Ben, der genau wusste, dass er der Frau sozusagen die Vorfahrt genommen hatte, denn auch auf den Skipisten gab es strenge Regeln wie im Straßenverkehr, entschuldigte sich und half ihr hoch, nachdem er selber gewandt aufgestanden war. Als er sie unter Helm und Brille ansah, durchfuhr es ihn wie ein Blitz-das war doch die Raserin im gelben Ferrari, die sie vor einigen Wochen aufgehalten hatten! Auch sie erkannte ihn sofort und sagte mit tiefer gurrender Stimme: „Na-Herr Wachtmeister-auch nicht immer vorschriftsmäßig unterwegs?“ und er errötete, ohne dagegen etwas machen zu können. Nach einem kurzen Lachen fuhren sie gemeinsam ins Tal und an fahrerischem Können stand ihm Estelle Winkler in nichts nach. Sie ließen sich wieder gemeinsam im Sessellift nach oben ziehen und wie schon bei ihrer ersten Begegnung verdrehte die attraktive Frau ihm erneut den Kopf. Bei angeregtem Geplauder und rasanten Abfahrten verging der Nachmittag und als es langsam dämmrig wurde, stellten sie überrascht fest, dass sie im selben Hotel Quartier bezogen hatten. „Wir haben zwar keine gemeinsamen Kinder, aber mein Mann ist dort schon seit vielen Jahren Stammgast!“ erzählte sie ihm und Ben gab sich nun einen Ruck und sagte: „Meine Frau und ich haben zwei Kinder, zwei Jahre und drei Monate alt-für uns ist das ideal!“ und Estelle flüsterte ihm nun provokant ins Ohr: „Ein Partner ist ein Grund, aber kein Hindernis!“ und zwinkerte ihm verschwörerisch zu-aber das war ihm jetzt doch unangenehm, diese offensichtliche Anmache.
Er wartete kurz, bevor er das Hotel betrat und nachdem er im Skikeller seine Ausrüstung abgelegt, seine Familie begrüßt hatte und noch schnell unter die Dusche gesprungen war, trafen sich alle beim abendlichen Buffet. Tim aß mit Appetit, aber danach fielen ihm sofort die Augen zu und als Sarah die Kinder ins Bett brachte, ließ Ben seine Blicke durch den Speisesaal schweifen und entdeckte auch bald Estelle und ihren Mann, der in echt noch wesentlich unangenehmer aussah, als auf der Internetseite. Semir war seinem Blick gefolgt und sagte überrascht: „Wen haben wir denn da? Ist das nicht unsere Raserin im gelben Ferrari?“ und Ben nickte, ohne zu erwähnen, dass er das durchaus schon wusste. Andrea hatte auch die Mädchen zu Bett gebracht und so gönnten sich Semir und Ben an der Bar noch einen kleinen Drink, bevor ihre Frauen, bewaffnet mit den Babyphones, wieder zu ihnen stießen. Bei angeregtem Geplauder verging der Abend, allerdings hatte Ben dann doch noch Lust einen kleinen Saunagang zu unternehmen, denn die Saunen waren bis Mitternacht geöffnet.
„Beim besten Willen-ich habe heute keine Lust mehr zu schwitzen!“ sagte Semir und die anderen pflichteten ihm bei und so zog Ben alleine los, entledigte sich in der Umkleide seiner Klamotten und betrat, das Handtuch über dem Arm, die schummrige finnische Sauna. Gerade hatte er auf der obersten Ebene zu schwitzen begonnen-die Sauna gehörte ihm aktuell ganz alleine-da öffnete sich die Tür und Estelle schlüpfte-ebenfalls splitterfasernackt herein. Ben versteifte sich innerlich, als sie ihn im Halbdunkel provokant musterte, den Blick zwischen seinen Beinen kurz verweilen ließ und dabei ihren Luxuskörper betont zur Schau stellte und sich wie unbewusst an den Busen fasst und sich dort ein wenig rieb. Verdammt-was sollte er machen? Klar war diese Frau attraktiv, aber er liebte Sarah und noch vor einigen Jahren hätte er vermutlich nichts gegen eine kleine Affäre einzuwenden gehabt, aber heute sah die Sache anders aus. Gott sei Dank betrat nun Estelle´s Mann, der einen deutlichen Schmerbauch und teigige Haut hatte, nach ihr die Sauna, sie breiteten beide ihre Handtücher auf der unteren Ebene aus und als Ben noch eine kurze Zeit gewartet hatte, beließ er es bei diesem einen Saunagang, wälzte sich zur Abkühlung einmal draußen im Schnee und zog sich nach einer kurzen Dusche wieder an.
Als er wenig später neben Sarah ins Bett schlüpfte, küsste er sie in den Nacken und sie drückte sich daraufhin im Halbschlaf an ihn. Er streichelte sie ein bisschen, wobei das mit dem Sex jetzt ungünstig war, weil die Kinder neben ihnen schliefen, aber trotzdem erkundete er mit den Händen ihren Körper, wo die leergetrunkenen Brüste gerade ein wenig hingen, der Bauch von der Schwangerschaft noch ein wenig gewölbt und nicht so straff war-aber Sarah sah so aus, weil sie die Mutter seiner Kinder war, die ihn von Herzen liebte-und er sie auch-und so schliefen sie wenig später nach ein wenig Küssen und Streicheln ein.Die syrische Großfamilie war inzwischen auf verschlungenen Wegen auf dem LKW über Ankara nach Istanbul gereist. Dort fuhren sie mit einem Schiff über den Bosporus und wurden drüben von einem anderen Schleuser in Empfang genommen, von wo die Reise über Bulgarien nach Serbien weiter ging. Einmal mussten sie aussteigen und sich verstecken, während bosnische Zöllner das Fahrzeug durchsuchten, aber nach einem Fußmarsch mit Führer durch die Wildnis konnten sie nach einigen Kilometern in Bosnien ihr Fahrzeug wieder besteigen und die Reise ging weiter.
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Also hat es Semir bei dem Konzert durchaus gefallen! Ich höre häufig Klassik-geht ja gar nicht anders, wenn man nen Bruder hat der Musikprofessor ist und einem ständig neue CD´s schenkt
, aber ich denke, es kommt eben auf die richtige Musikauswahl an und da hatte Andrea anscheinend gut ausgesucht!
Der Restabend verläuft ganz zufriedenstellend, auch wenn auf dem Heimweg böse Erinnerungen wach werden, aber schön, dass es Sascha wieder gut geht!
Der ständige Szenenwechsel ließ sich reizvoll lesen-ja während die einen feiern, ist der Tod woanders immer gegenwärtig! Aber ob die Toten tatsächlich alles Angler waren, die einfach so ertrunken sind?Na wir werdens sicher bald erfahren!
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Am nächsten Tag, dem zweiten Weihnachtsfeiertag packten beide Familien ihre Koffer. Lucky wurde zu Hildegard gebracht, denn Hunde waren zwar generell im Hotel erlaubt, durften aber weder ins Kinderparadies noch den Wellnessbereich und auf die Piste konnte man sie auch nicht mitnehmen. Da Ben ja kein Interesse am Langlaufen hatte, wo er ihn vielleicht noch hätte mitnehmen können, hatten sie beschlossen, ihn zu ihrer zuverlässigen Kinderfrau zu geben. Die hatte einen Golden Retriever und der und Lucky waren die besten Freunde, so dass es für den Deerhound nicht schlimm war, wenn er mal ein paar Tage nicht bei seiner Familie war. Sie gingen erst mit Hildegard gemeinsam zum Essen zu einem noblen Italiener, brachten ihr gleich noch ihr Weihnachtsgeschenk und verabschiedeten sich dann von ihr. „Am dritten Januar würden wir Lucky dann wieder abholen!“ informierte Ben sie und Hildegard winkte ab. „Macht euch deswegen keine Sorgen- der stört ja nicht und Frederik freut sich immer riesig, wenn sein Kumpel zu Besuch ist. Ich wünsche euch einen schönen Urlaub und freue mich, wenn meine beiden Goldstücke“ -und damit bedachte sie Tim und Mia-Sophie mit einem liebevollen Lächeln- „bald wieder bei mir zu Besuch sind.“
Am Rückweg sammelten sie noch Semir auf und nahmen ihn zum Platz mit, wo die frisch aufgetankten und sauber geputzten Geländewagen für sie bereit standen, damit man die gleich mit dem Gepäck beladen konnte und nachdem die beiden Kisten abfahrtbereit waren, legten sich Semir und Ben, die es sich nicht nehmen ließen die ganze Strecke zu fahren, aufs Ohr, damit sie in der Nacht ausgeruht waren.Um Mitternacht trugen alle ihre schlafenden Kinder in die Fahrzeuge und bei ekligem kalten Nieselregen in Köln und Temperaturen kurz über dem Gefrierpunkt ging die Reise los. Man fuhr Convoi, obwohl natürlich jeder Wagen mit Navi ausgestattet war und die Schneeketten im Kofferraum bereit lagen, aber so machten sie an den selben Raststätten Pause, Sarah stillte dort und als die Kinder sich am Morgen zu regen begannen, sahen sie ungläubig aus dem Fenster, denn inzwischen waren sie im Allgäu angelangt, neben den Straßen türmten sich Schneeberge und ansonsten war alles weiß und als die Sonne über die ersten Alpengipfel spitzelte, waren die Städter entzückt von dem wundervollen Bergpanorama, dem strahlend blauen Himmel und einer Landschaft wie aus dem Prospekt.
Sie hielten hinter Schongau an einem kleinen Gasthof an, nahmen dort ein wunderbares Frühstück ein, die Kleinen wurden gewickelt und Ayda, Lilly und Tim wollten am liebsten gleich statt ihren Jogginganzügen ihre Schneeanzüge anziehen und im Schnee toben, den sie in Köln ja nicht so sehr häufig hatten, vor allem nicht in den Weihnachtsferien. Sie wurden noch ein wenig vertröstet, aber eine kleine Schneeballschlacht ging trotzdem und so hielten sich die Fragen: „Sind wir bald da?“ dann doch in Grenzen-außerdem wären sie tatsächlich in guten zwei Stunden am Ziel und das war auszuhalten.
Man fuhr an den Königsschlössern vorbei und während Tim noch ein Morgenschläfchen hielt, erzählte Andrea den Mädchen, die gebannt lauschten, Geschichten von König Ludwig dem Zweiten, der dort gelebt hatte und so verging die Zeit wie im Flug. Semir lobte im Geist Ben´s Voraussicht mit den Geländewagen-ohne Allrad hätten sie Schneeketten aufziehen müssen, aber so pflügten die schweren Fahrzeuge mit der Firmenaufschrift sicher über die schneebedeckten Fahrbahnen und schraubten sich nach einer wundervollen Strecke durch das Tiroler Lechtal entlang des Gebirgsflusses, den man auch mehrmals überquerte, die Serpentinen hoch, bis sie kurz vor dem Hochgebirgsort Lech abbogen und ihr Ziel erreichten.Das Hotel war die Wucht und obwohl sie sogar ein wenig zu früh waren, konnten sie ihre Zimmer doch gleich beziehen, denn die vorigen Gäste waren bereits zeitig abgereist-die hatten eine lange Heimreise vor sich. Endlich steckte man die Kinder, die es schon kaum mehr erwarten konnten, in ihre Schneeanzüge und wenig später tobten die auf dem hoteleigenen Spielplatz, der auch gut eingezäunt war, damit so Zwerge wie Tim nicht verloren gingen. Semir und Ben waren mit den Kids draußen und Andrea und Sarah räumten derweil das Gepäck in die Schränke, dann ging man zum Mittagsbüffet, das einfach wunderbar war und auch viele Speisen für Kinder, wie Pommes, Spaghetti und Schnitzel bot und danach wurden die Kleinen, außer Mia-Sophie, den professionellen Betreuern anvertraut, die einen vertrauenerweckenden Eindruck machten und die Kinder sofort in ihren Bann zogen.
Aufatmend traf man sich im gut beheizten Wellnessbereich, schwamm ein wenig im großen Pool, setzte sich in den warmen Whirlpool, in den auch das Baby mit einer Schwimmwindel mitdurfte und dann entspannten die Urlauber auf den bequemen Liegen, das wunderbare Bergpanorama, die Lifte und die Pisten vor sich, während die Kleine zufrieden auf einer Decke vor sich hinstrampelte und gluckste und mit den Händen nach ihren kleinen Füßen griff. Sarah ermahnte Ben: „Zieh eine trockene Badehose an, damit du dich nicht erkältest“, denn sie hatte schon einen frischen Badeanzug an, aber Ben lachte sie nur aus. „Früher hatte ich nur eine einzige Badehose dabei, wenn wir schwimmen waren-wir Männer sind da nicht so empfindlich wie ihr Frauen!“ behauptete er und so hielt Sarah die Klappe-das musste er selber wissen, er war schließlich erwachsen.Am nächsten Tag sollte es für alle auf die Piste gehen, die Ausrüstung würden sie sich im Hotel leihen und die Kinder würden am sogenannten „Zwergerlhügel“ gleich mal einen Kinderskikurs kriegen, auch Tim, der ein kleiner Kamikaze war und vor nichts Angst hatte. Sarah und Ben waren geübte Skifahrer, wobei Sarah nur eine kurze Abfahrt machen würde, weil sie dann zurück zu ihrem Baby gehen würde und Andrea und Semir sollten auch die ersten Schritte auf Skiern unter Anleitung eines Skilehrers probieren. „Wenn euch das nicht gefällt, kann man hier auch wunderbar langlaufen, aber ihr müsst das wirklich mal probieren!“ bestärkte Ben sie und Andrea und Semir wechselten einen Blick-mal sehen ob ihnen das taugte! Aber wenn nicht, war das auch egal-hier konnte man sich auf jeden Fall erholen!
Als die Kinder mit geröteten Bäckchen zu ihnen stießen und auch noch kurz schwimmen durften, bevor man zu Abend aß und die Zwerge dann todmüde ins Bett fielen, während sich die Erwachsenen-bewaffnet mit jeweils einem Babyphon je Suite-zu einem abendlichen Umtrunk trafen, stellten sie übereinstimmend fest, dass trotz der anstrengenden Anfahrt der erste Tag schon sehr erholsam gewesen war. Das würde eine tolle Woche werden!Das Familienoberhaupt der Familie Kesenci hatte alles vorbereitet. Sie würden nun aus ihrer Heimat fliehen und ihr Glück im fernen Deutschland suchen. Einige Glaubensbrüder der syrisch-orthodoxen christlichen Minderheit hatten dort eine neue Heimat gefunden und würden ihnen beim Neuanfang zur Seite stehen. Sie mussten hier weg, denn ihr Dorf, das kurz vor der Stadt Aleppo gewesen war, war vor wenigen Tagen von den Milizen der IS dem Erdboden gleichgemacht worden. Das seit dem arabischen Frühling von 2010/2011 im Chaos versunkene Syrien war für sie nicht mehr tragbar, obwohl sie die Heimat nur ungern verließen. Die IS-Milizen hatten die Frauen vergewaltigt, einige Brüder und Söhne umgebracht und sie waren ihres Lebens nicht mehr sicher. Sie hatten alles verloren, nur die Papiere und Bargeld, sowie das, was sie am Leibe trugen, hatten sie retten können. Ein professioneller Schleuser hatte versprochen, sie nach Köln zu bringen und ihnen dafür einen Großteil ihres Geldes abgeknöpft und so begann die lange Flucht über die türkische Grenze auf einem LKW mit Planenverdeck. Wenn alles gut ging, würden sie in etwa einer Woche in ihrer neuen Heimat sein, aber der Weg dahin würde kalt und beschwerlich werden.
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Immer auf den letzten Drücker-ja ich kann mir die Szenen im Hause Gerkhan lebhaft vorstellen. Semir quetscht sich auf die Schnelle in seinen Anzug und geht Andrea zuliebe mit ins Symphoniekonzert. Der Spruch mit dem "Sie stimmen schon!" hat auch mein Humorzentrum getroffen!
Ja und wen ein Hund im Haus am liebsten mag, das ist meistens der, der mit ihm am meisten macht und diesen Part hatte halt Semir am Anfang! -
Auf was wartet Veikko? Er hat doch eigentlich schon versucht zu fliehen, nur hat er es alleine nicht in den Wald geschafft. Mit Ben´s Hilfe könnte es klappen und jetzt glaubt er, dass sie keine Chance haben? Gut-wer so eine Tortur hinter sich hat, ist vermutlich nicht bei völlig klarem Verstand, aber ich stimme Ben da zu-er muss versuchen Veikko da raus zu bringen, sonst ist der bald tot. Das ist gefährliche Körperverletzung was die da bei ihm machen und auch wenn er zuvor herzgesund war-wenn dieses Zeug dermaßen kardiotoxisch ist, dass er jetzt schon Herzstolpern hat, dann wird er das nicht mehr oft durchstehen können. Es ist auch schlimm, zuzusehen, wie jemand gequält wird, den man kennt, also ist Ben jetzt auch runter mit den Nerven. Und irgendwie finde ich es rührend, dass es Veikko unangenehm ist, als Ben ihn waschen will-ja die verflixte Selbstachtung!