"Semir, als mich die beiden Wrestler gekidnapped hatten, bin ich erst wieder so richtig zu mir gekommen, als ich in dieser Wohnung auf einem Bett lag. Sie hatten mich mit Handschellen an Hand- und Fußgelenken darauf gefesselt und als ich dann Estelle gesehen habe, war ich zunächst einmal sogar beruhigt. Ich konnte mir schon zusammen reimen, dass sie es auf mich abgesehen hatte, aber das ganze Ausmaß war mir da noch in keinster Weise bewusst. Sie hatten mich ja betäubt, ich kann mich nur noch nebulös daran erinnern, dass mich diese beiden Typen in einen Rollstuhl gesetzt haben, wäre da aber zu keiner Gegenwehr fähig gewesen. Dieses blöde Mistmedikament macht einen schläfrig und völlig willenlos, ich konnte kaum zwischendrin meine Augen kurz aufmachen.
Ich weiss nicht, wie lange ich da gelegen hatte, als ich jedenfalls richtig aufgewacht bin, habe ich Estelle im Nebenzimmer mit den beiden Männern lachen und scherzen gehört. Irgendwann zuvor haben sie mir noch diesen Schulterverband ausgezogen und die Drainage einfach raus gerissen, aber das habe ich nur am Rande mitgekriegt. Es waren Geräusche zu hören, als würden die gemeinsam essen und ich konnte auch Bruchstücke ihrer Unterhaltung verfolgen. Estelle hat mich allerdings den beiden Typen für die nächste Nacht versprochen und da ist mir ganz anders geworden, allerdings hatte ich vor Estelle keine große Angst-was sich im Nachhinein als großer Fehler heraus gestellt hat.“
Ben fasste nun kurz nach seinem Wasserglas und trank einen Schluck, bevor er sich wieder in sein Kissen zurück fallen ließ und langsam weiter sprach. Semir war immer noch wie ein Fels in der Brandung neben ihm und hörte einfach zu und irgendwie war das einfach in Ordnung so-Ben musste sich jetzt unbedingt seinen Kummer von der Seele reden, sonst würde er platzen!
„Als Estelle zu mir kam, habe ich mich erst mal schlafend gestellt, aber sie hat mir dann auf den Kopf zugesagt, dass das Betäubungsmittel jetzt nicht mehr wirkt und so habe ich getan, als würde ich gerade wach werden. Sie hat sich erst selber bis auf die Dessous ausgezogen und mir dann mit einem scharfen Messer die Kleider vom Leib geschnitten. Ich hatte mir dann überlegt, dass ich sie am besten mit Reden ablenken könnte, bis ihr mich gefunden habt und so habe ich ihr erklärt, dass ich zur Toilette müsse, was zwar auch gestimmt hat, aber noch nicht so dringend gewesen wäre. Sie hat dann einen ihrer Lakaien, die sich zuvor lautstark im Nebenzimmer vergnügt hatten, geholt und der hat mich aufs Klo gebracht und darin sogar alleine gelassen, was mir die Möglichkeit zur Flucht gegeben hat. Ich bin aus dem Fenster und habe verzweifelt versucht zu fliehen, aber sie haben mich kurz danach wieder eingefangen, k.o. geschlagen und als ich wieder zu mir gekommen bin, lag ich wieder im Streck auf dem Bett und hatte einen Knebel im Mund. Und dann hat mein persönliches Martyrium begonnen und Semir-wusstest du, dass man als Mann mit einer Spritze in sein bestes Stück gegen seinen Willen zum Verkehr gezwungen werden kann? Estelle hat unsägliche Dinge mit mir angestellt, mich mit ihren Händen, aber auch dem Sexspielzeug und der Peitsche traktiert und jede erdenkliche Perversion mit mir ausprobiert und ich lag nur da und musste es über mich ergehen lassen-etwas, was ich nie für möglich gehalten hätte!“ weinte Ben inzwischen und nun zog ihn Semir in seine Arme.
„Ben-du musst auch nicht in die Tiefe gehen, quäl dich nicht-wir haben deine und ihre DNA an den ganzen Dingen gefunden und das war sozusagen selbsterklärend, was sie alles mit dir angestellt hat, aber diese Details sind auch nicht wichtig, außer du möchtest mir die wirklich genau erzählen, wenn es dich erleichtert!“ beruhigte er seinen Freund, woraufhin der den Kopf schüttelte. „Diese Frau war einfach böse und pervers und hat ihre gerechte Strafe bekommen, wie alle anderen Beteiligten auch, aber du darfst dich jetzt von ihr nicht zerstören lassen. Lass sie nicht gewinnen und die Macht, die sie über dich haben wollte, über ihren Tod hinaus wirken, sondern biete ihr die Stirn und räche dich an ihr, indem du sie nicht dein weiteres Leben bestimmen lässt. Du bist stark und wirst mit meiner und der Psychologenhilfe da drüber hinweg kommen. Du wirst dein altes Leben mit deiner Familie, mit Sarah und den Kindern wieder leben, und daran auch Spaß haben. Du wirst mit mir über die Autobahn düsen und auf die Krüger schimpfen, Autos schrotten und mit Lucky über die Felder joggen, denn du bist stark und mein Freund-ich weiss das einfach!“ beschwor ihn Semir und nach einem schwachen: „Meinst du wirklich?“ schloss Ben nun die Augen, was Semir im Halbdunkel schwach erkennen konnte.
„Weisst du was-ich glaube uns beiden dürfte jetzt eine Mütze voll Schlaf ziemlich gut tun!“ offerierte Semir und Ben, der gerade dabei war, langsam ins Nirwana abzudriften, nickte müde. So stahl sich Semir wenig später in sein eigenes Bett und die tiefen Atemzüge seines Freundes verrieten ihm, dass er nun tatsächlich eingeschlafen war. Semir war überzeugt davon, dass es ein gutes Zeichen war, dass Ben über die schrecklichen Dinge jetzt sprechen wollte-es war zwar vielleicht nur ein kleiner Schritt, aber er ging in die richtige Richtung und Semir hoffte nichts mehr, als dass es ab sofort mit seinem Freund aufwärts ginge er hätte es nach dieser ganzen Sch… mehr als verdient!
Auch Sarah hatte eine gute Nacht und begann am nächsten Tag nach einer belebenden Dusche, bereits wieder im Haus herum zu wandern. Heute kam auch Hildegard, die schon die ganze Zeit ihre Hilfe angeboten hatte, aber Sarah hatte sie nicht anstecken wollen und außerdem waren ja die Kinder und sie durch die Afrikaner bestens versorgt gewesen. Nur Lucky freute sich unbändig als sein Hundefreund zum Spielen kam und die beiden tobten erst mal eine ganze Weile durch den Schnee, der immer noch im Garten lag. Auch Tim, der bereits den dritten Tag fieberfrei war, war nun nicht mehr zu halten und durfte warm eingepackt mit seiner Ziehoma einen Schneemann bauen. Sarah hatte am Morgen kurz mit Semir und dann mit Ben gesprochen. Ihr Mann machte heute einen wesentlich besseren Eindruck am Telefon als am Vortag und dass es den Kindern und ihr wieder besser ging, freute ihn wirklich, wie sie an seiner Stimme hörte. Am Nachmittag überlegte sie kurz, einfach in die Klinik zu fahren und mit Mundschutz Ben zu besuchen, aber Gott sei Dank rief sie zuvor noch Semir an. „Sarah-der Psychologe ist gerade bei Ben!“ teilte der ihr mit. „Ich denke nicht, dass es euch beiden schon was bringen würde, euch zu sehen-lass das den moderieren! Ich werde ihm nachher deine Nummer geben und ihn bitten, dich anzurufen!“ sagte Semir und tatsächlich bekam Sarah eine Stunde später einen Anruf von einem- auch am Telefon schon sehr sympathisch wirkenden- Mann.
„Frau Jäger-wir stecken gerade mitten in der heißen Phase der Therapie und ich rufe sie jetzt im Auftrag ihres Mannes an. Ich habe gehört, dass sie Krankenschwester sind und gerade als Fachfrau möchte ich sie bitten, sich noch ein wenig zu gedulden. Wenn ihr Mann ihren Besuch möchte und psychisch so weit ist, wird er sich mit ihnen in Verbindung setzen-ich denke auch nicht, dass das noch lange dauern wird, aber das Tempo gibt er vor und ich werde auch bei ihrem ersten Zusammentreffen dabei sein, das moderieren und bitte sie dann auch, sich darauf einzulassen. Denken sie daran-er ist schwer traumatisiert und wir müssen ihn im Augenblick behandeln wie ein rohes Ei, ansonsten ist ein Rückfall vorprogrammiert. Wenn sie ihn wirklich lieben-nehmen sie sich zurück und haben sie Geduld, dann wird alles wieder ins Lot kommen!“ beschwor er sie und Sarah willigte ein-anscheinend wusste dieser Therapeut sehr genau was er tat, auch sie konnte ihm vertrauen und das war gut so!