Beiträge von susan

    Das war mal ne super Idee, diese Verfolgungsjagd mit beiden Gerkhanschen Fahrzeugen!
    Ich konnte mir Semirs´s Verzweiflung wegen dem Fabia und auch seine Skrupel auf seinen Dienstwagen zu schießen bildlich vorstellen. Sowohl die Unterhaltung im Wagen, der Abflug von der Brücke bis zur Explosion waren so nahe an der Serie, dass man mitten drin war-bravo!
    Jetzt werden die Helden mal wieder von einer Druckwelle erfasst-ich hoffe ja, dass die Gangster den Aufprall nicht überlebt haben, denn Semir wird schon genug damit zu tun haben, Andrea zu besänftigen, der hat jetzt den Kopf nicht frei für die Verbrecherjagd! ;)

    Hab ichs doch geahnt-Gabriel fokussiert sich jetzt auf Ben, denn in seiner pseudochristlichen Lehre, die christliche Werte teilweise komplett umdreht und eigentlich selber ziemlich blasphemisch ist, sind ja Engel gottgleiche Wesen und wer denen ans Leder geht, muss vernichtet werden-uiuiui, ich habe gerade ein wenig Angst! Worüber ich mich gerade ziemlich amüsiert habe, war die Wortschöpfung Heiländer-ich musste da sofort an die-oder den Highlander denken :D . Ich glaube da gibts gar keinen Plural, oder wenn ja, dann vielleicht eher Heilande.
    Was ich ziemlich witzig fand war Semir´s Pech mit seinem BMW-und dann überlässt er großzügig Ben den durchweichten Fahrersitz, damit der wenigstens auch nen nassen Hintern kriegt! ^^ Dessen Meldung dazu war super! :thumbup:
    Aber das glaube ich, dass es beiden Helden schwer fällt, Dennis wegen seinem Bruder zu unterrichten und dann auch noch Jenny die Sache mit dem Handy beizubringen-ich möchte gerade nicht in der Haut der beiden stecken! ;(

    Gott sei Dank kann Ben seine Position innerhalb der Bande festigen und den Buchhalter überführen, sonst wäre er vermutlich selber dran gewesen. Aber das nächste Problem bahnt sich an-der Schuldige soll verhört, überführt und dann beseitigt werden und einen kaltblütigen Mord möchte Ben sicher auf gar keinen Fall begehen-egal ob er undercover ist, oder doch tatsächlich auf die schiefe Bahn geraten ist.
    Außerdem beunruhigt mich, wen Erik da sieht, als er aus dem Fenster schaut-ist da vielleicht Semir?
    Ja und mit dem Bart und den langen Haaren können wir Tom Beck-Fans uns nur zu gut vorstellen, wie Ben aussieht, Tom hatte ja mal so eine Phase....aber mir gefällt er anders auch besser, gell Trauerkloß! ;)

    Ben war durch das Valium eine Weile völlig ausgeknockt, außerdem war so ein Krampfanfall auch körperlich sehr anstrengend, weil es ja für die Muskeln schwere Arbeit bedeutete, sich zu verkrampfen. Man sah in seinen Mund, aber der Zungenbiss hatte inzwischen zu bluten aufgehört und musste auch nicht genäht werden, allerdings würde ihm das ganz schön weh tun, wenn er wieder erwachte. Der Neurologe kam, machte ein EEG und stellte anhand der Hirnströme zweifelsfrei fest, dass es ein Krampfanfall gewesen war, was der Stationsarzt ihm auch bestätigte und zudem die Art der Krämpfe schilderte, ohne dass der Facharzt sich wegen der Prognose festlegte. „Ich würde auch ein CCT vorschlagen, damit wir nicht zum Beispiel eine Blutung oder eine Ischämie übersehen. Falls die Entzündungswerte hoch gehen sollten oder sich das Ereignis wiederholt, schlage ich auch eine Lumbalpunktion vor, nicht dass die Ursache in einer Entzündung der Hirnhäute liegt, allerdings glaube ich das ehrlich gesagt nicht und das Antibiotikum, das er gegen den pulmonalen Infekt bekommt, müsste ihn eigentlich dagegen schützen. Jetzt hoffen wir einfach, dass es ein einmaliges Ereignis infolge des stattgehabten Sauerstoffmangels war und er keine weiteren neurologischen und intellektuellen Ausfälle durch die Strangulation hat!“, erklärte er, während er nochmals Ben´s ganzen Körper untersuchte und die unwillkürlichen Reflexe auslöste. „Übrigens kommt da schon mehr als bei meiner letzten Untersuchung, ich würde frühzeitig mit basaler Stimulation beginnen, da haben wir doch einige Physios im Haus, die das sehr gut machen. Ich weiss, dass die Wirbelsäulenchirurgen immer Angst davor haben, dass ihre Patienten zu früh zu viel bewegt werden, aber gerade die kleinen Reize sind in dieser Phase wichtig!“ dozierte er und der Stationsarzt nickte zustimmend mit dem Kopf-er würde nachher gleich eine Anforderung im PC eingeben. „Mit Antikonvulsiva würde ich warten und nur falls sich das Krampfereignis wiederholt, stellen wir ihn mit Keppra ein-ich würde dann zweimal täglich ein Gramm aktuell als Kurzinfusion geben und später oral, aber wie gesagt-zuwarten ist jetzt zunächst einmal angesagt!“ fügte der Neurologe noch an und verabschiedete sich dann, um seinen nächsten Patienten, der einen Schlaganfall erlitten hatte und wenige Zimmer weiter auf der Stroke Unit-Abteilung lag, zu besuchen.

    Semir, der zwar zunächst ein wenig bei Sarah geblieben war, den es dann aber wieder zurück zu seinem Freund getrieben hatte, was die vollste Zustimmung seiner Freundin fand, hatte aus der Zimmerecke beobachtet, was der Neurologe mit seinem Partner machte. Er hatte gesehen, wie der Arzt dessen Kopfhaut an mehreren Stellen befeuchtete und sogar einige wenige Haare abrasierte, damit er die EEG-Elektroden anbringen konnte. Das würde allerdings bei Ben´s vielen Haaren später überhaupt nicht auffallen und war aktuell das kleinste Problem. Gebannt lauschte er den Worten der beiden Ärzte, aber auch ihm entging es nicht, dass der Neurologe erstens die Sache mit dem Krampfanfall ziemlich unaufgeregt bewertete und dann auch eine Besserung der Lähmungen feststellte. Allerdings verstand er auch, dass sich im Moment niemand an eine Prognose wagte-man würde also trotzdem warten müssen, bis Ben wach war und wieder sprechen konnte, bevor man überhaupt beurteilen konnte, ob er ganz der Alte sein würde. Mit Schaudern erinnerte er sich an einen ehemaligen Kollegen, der bei einem Autounfall schwere Kopfverletzungen erlitten hatte. Der hatte zwar überlebt, war aber seitdem auf dem intellektuellen Stand eines Kleinkinds, musste gewindelt werden und konnte zwar laufen und essen, aber ansonsten war von der Person, die er einmal gewesen war, nicht mehr viel übrig-er wollte jetzt nicht daran denken, dass Ben so etwas auch blühen konnte!

    Der Stationsarzt hatte auch noch die Wirbelsäulenchirurgen angerufen und der Professor persönlich sah mit ernstem Gesicht vorbei. „Das ist jetzt nicht schön mit dem Krampfanfall, aber wir müssen Geduld haben. Wenn ihr sowieso schon mit ihm ins CT fahrt, würde ich vorschlagen, ihr schaut am Rückweg noch in der Röntgenabteilung vorbei und macht vorsichtshalber noch ein paar Aufnahmen der Wirbelsäule in zwei Ebenen, damit wir beurteilen können, ob da irgendwo Metall durch die Streckkrämpfe ausgerissen ist“, war seine Anordnung und während jetzt die Schwester den Transport vorbereitete, machte der Stationsarzt die Termine fest. Semir sah währenddessen noch kurz bei Sarah vorbei, die inzwischen Corinna hatte anrufen lassen, die auch sofort an ihre Seite geeilt war und sie tröstete und nicht alleine ließ. „Der Neurologe war da, er sieht die Sache nicht so dramatisch, Ben kriegt jetzt noch ein paar Untersuchungen, wo ich nicht mit kann, aber danach darf ich wieder zu ihm“, berichtete Semir und Sarah nickte. „Sobald mein Kreislauf mitspielt, komme ich auch nach, aber aktuell bin ich noch so wacklig-wenn mich Corinna nicht gerade auf die Toilette begleitet hätte, wäre ich gleich wieder umgefallen!“ erzählte Sarah und Semir griff nach ihrer Hand: „Sarah-ich bin da und bleibe auch bei Ben. Ich habe letzte Nacht im Gegensatz zu dir ausgeschlafen, ich denke das Ganze war jetzt einfach ein bisschen zu viel für dich. Ruh dich aus und wenn Ben wieder wach ist, hat er viel mehr von deinem Besuch“, sagte er und Sarah fügte noch leise hinzu: „Ja wenn er wieder wach wird!“

    Als die Untersuchungen beendet waren und Ben nach dem Intensivtransport quer durchs Haus und zweimaligem Umlagern, erst auf den CT-Tisch und dann noch auf den Röntgentisch, wieder zurück im Zimmer war, gab der Stationsarzt erst einmal Entwarnung. „Der Radiologe konnte in seinem Gehirn keine Auffälligkeiten feststellen-gut, man hätte jetzt auch nur eine Blutung, eine Hirnschwellung oder eine alte Ischämie gesehen, manche frische Defekte kann man nur im MRT erkennen, aber das geht leider im Augenblick wegen der Gefahr der Metalllockerung durch den Magneten nicht. Wir gehen jetzt aber davon aus, dass der Krampfanfall zwar durch den Sauerstoffmangel verursacht war, aber keine massiven Schäden vorliegen. Diesbezüglich können wir nur abwarten. Das Metall ist Gott sei Dank auch an Ort und Stelle-sowohl der Radiologe als auch der Professor haben sich die Bilder angesehen, ich gebe jetzt mal vorsichtige Entwarnung!“, teilte er Semir mit, der nun ans Bett seines Freundes trat und sanft seine Hand in die Seinige nahm. „Ben-reiß dich zusammen und werde einfach wieder ganz gesund!“ bat er ihn und merkte dann, wie Ben ganz schwach versuchte seinen Händedruck zu erwidern.

    Gabriel hat das Haus schon verlassen und wird, wie auch Ben, der den Jungen verfolgt, Zeuge eines schrecklichen Unfalls. Tobias dachte, er wäre unsterblich, aber die Realität hat ihn eingeholt! Ja so sehr mir der verblendete Junge leid tut, aber mein ganzes Mitgefühl gilt gerade dem Lokführer, das muss der Alptraum schlechthin sein, nicht bremsen können und da sozusagen Schicksal zu spielen, die entsetzten Blicke des Opfers-oh nein, gerade schüttelt es mich!
    Semir ist in den Teich geplumpst-na klar kann der schneller rennen als Ben und war deshalb Erster bei der Verfolgung!
    Was mir allerdings auch Sorgen bereitet ist die Tatsache, dass Gabriel Ben erkannt hat-hoffentlich gerät der jetzt nicht in den Fokus der Engel! =O

    Anne, ich mag deinen Humor! Semir rettet in letzter Sekunde seinen Partner vor den Verfolgern-ja ob er da ne Belobigung von Andrea kriegt, dass er den hochmodernen Vorhang zerschossen hat? Aber egal, Hauptsache Ben ist gerettet und wenn auch das Fluchtfahrzeug nicht ganz Semir´s Vorstellungen entspricht :D , bringen sie mit einer spannenden Verfolgungsjagd doch ein wenig Abstand zwischen sich und ihre Verfolger, obwohl Ben natürlich überhaupt nicht aufpasst, der arme kleine Skoda! Mann-Ben soll aufpassen, dass er den Caterer nicht beleidigt, sonst wirds nichts mit dem Abendimbiss nach den Dreharbeiten- :whistling: äh, ich glaube, da habe ich was durcheinander geschmissen! ;)
    Ja und was sieht jetzt Semir da heran nahen, was ihn so aufregt? Etwa Andrea in seinem BMW, die ihn wutentbrannt wegen dem Vorhang zur Rede stellen will? ^^

    Sarah war neben Ben´s Bett gesessen und hatte ihn angelächelt, als sein Blick plötzlich starr wurde und sie sofort wusste, dass jetzt gleich irgendetwas passieren würde. Da ging es auch schon los: Erst verkrampfte sich seine Kiefermuskulatur er biss sich auf die Zunge, die sofort massiv zu bluten anfing und dann begannen tonisch-klonische Krämpfe und Zuckungen seinen Körper zu schütteln. Sein Rücken bog sich durch und Sarah wollte schreien: „Nein, bitte nicht, der ist doch frisch operiert!“ aber Ben hatte ja keinerlei Kontrolle über seinen Körper mehr, seine Augen verdrehten sich nach oben, so dass man nur noch das Weiße sah und der Monitor und das Beatmungsgerät gaben schrille Alarmtöne von sich, die sofort die Kollegen und den Stationsarzt auf den Plan riefen, die in den Patientenzimmern, am Stationsarbeitsplatz und sogar im Aufenthaltsraum eine Anzeige auf den Kontrollmonitor bekamen.

    Sarah wusste eigentlich aus ihrer Berufserfahrung, dass sie jetzt gar nichts machen konnte und sollte, sondern die Abläufe des Anfalls ihre Eigendynamik hatten, die nur mit starken Medikamenten zu bekämpfen waren, oder aber auch von selber aufhören würden. Aber es war eben ein Riesenunterschied, ob da irgendein beliebiger fremder Patient krampfte, oder der Mann den man liebte und vor allem meldete sich in ihrem Kopf sofort die warnende Stimme, die wieder und wieder: „Hirnschaden, er hat sicher doch einen Hirnschaden!“, flüsterte.
    „Ich bringe schon das Diazepam!“, rief eine Schwester, die nach einem kurzen Blick zur Tür herein, sofort die eindeutige Diagnose gestellt hatte und der Stationsarzt nickte, stellte sich neben das Bett und machte eigentlich nichts weiter, als den Krampfanfall zu beobachten, um später dem Neurologen möglichst genau schildern zu können, um was für eine Art Anfall es sich gehandelt hatte. Man unterschied nämlich fokale Krampfanfälle, Absencen, tonische und klonische Krämpfe, wobei die Übergänge oft fließend waren, aber hier handelte es sich eindeutig um einen klassischen Grand-Mal-Anfall. Er hütete sich auch davor, irgendwas an Ben´s Mund zu manipulieren-früher hatte man nämlich sogar in der Erste-Hilfe-Kursen propagiert, den Patienten einen Beisskeil in den Mund zu schieben, aber davon war man abgekommen, denn ein Zungenbiss geschah meist gleich zu Anfang des Anfalls und war dann sowieso nicht mehr zu vermeiden und es hatte Fälle gegeben, wo wohlmeinende Helfer ein Fingerglied verloren hatten, oder es zu schweren Aspirationen gekommen war, weil ungeeignete Hilfsmittel von den Ersthelfern gewählt worden waren und die Patienten die dann eingeatmet hatten. Ben war durch die Tracheotomie ja vor einer Aspiration geschützt und ob man die Zunge nähen musste, würde man später nachschauen.

    Eine zweite Schwester war ins Zimmer geeilt, hatte das Bettgitter ganz hoch gemacht, damit Ben nicht heraus purzeln konnte und wenn er nicht durch die starken Handfixierungen fest gehalten worden wäre, hätte das durchaus geschehen können, so hoch warf es ihn im Bett. „Jetzt wird sich herausstellen, ob er gut operiert ist-nur gut, dass die Cages schon sitzen!“ meinte die Schwester, die inzwischen mit den 10mg Diazepam herbei geeilt war und das Medikament sofort in den ZVK spritzte. Langsam wurden die Krämpfe besser, der Arzt stellte den Sauerstoffgehalt der Beatmungsmaschine höher, denn aktuell war die Sättigung ziemlich abgesunken, aber Ben erholte sich schnell wieder und auch die leicht bläuliche Verfärbung der Gesichtshaut verschwand und wich einem zarten Rosaton, womit der Arzt und die Pflegekräfte zufrieden waren.

    Niemand hatte auf Sarah geachtet, die schreckensbleich zur Zimmertür zurück gewichen war und gerade alles, nur nicht Krankenschwester war, sondern ein geschockter, besorgter Angehöriger, wie jeder andere. Gut dass in diesem Augenblick Semir zur Tür herein kam und sie auffing, sonst wäre sie vermutlich mit voller Wucht auf den Boden geknallt, aber so stand Semir jetzt ebenfalls geschockt und hilflos da und hielt die ohnmächtige Sarah in seinen Armen. Erst als sie sich umdrehte, erfasste die Pflegekraft, dass Sarah kollabiert war und rief: „Ach du liebe Güte-Sarah, was machst du denn für Sachen!“, und warf sofort einen Deckenbezug aus dem Wäschewagen auf den Boden. „Legen sie sie hin!“ befahl sie Semir und nun hob man die Beine der jungen Frau, die genauso weiß wie das Laken war, nach oben, damit in ihrem Kopf wieder Blut ankam. Man maß den Blutdruck Sarah´s, die aber ziemlich schnell wieder zu sich kam und sie bekam jetzt die strenge Anordnung des Stationsarztes, sich sofort in ihr Bett auf der Station zu legen, sich aus zu ruhen und viel zu trinken. „Wenn du das nicht machst, Sarah, dann kriegst du wieder eine Infusion und ein Beruhigungsmittel gespritzt, du kannst hier und jetzt sowieso nichts machen!“ sagte die Pflegekraft und holte auch schon einen Rollstuhl.

    „Aber, aber ich muss doch bei Ben bleiben!“, flüsterte Sarah, doch der Stationsarzt schüttelte den Kopf. „Den haben wir gerade mit Benzos wieder schlafen gelegt. Er wird auch nach diesem Anfall eine ganze Weile komplett weg sein, was ja nicht ungewöhnlich ist. Ich rufe gleich den Neurologen an, der ist heute im Haus, er soll ein EEG machen und vielleicht veranlassen wir auch noch eine Bildgebung. Ich denke eigentlich nicht, dass da was herauskommt, aber sicher ist sicher. MRT können wir wegen des Metalls im Rücken keines machen, aber so ein CCT wäre vielleicht sinnvoll. Wir können jetzt nur abwarten, ob sich der Anfall wiederholt, oder ein einmaliges Ereignis bleibt. Momentan denke ich noch nicht über den Einsatz von Antikonvulsiva nach, das können wir gemeinsam mit dem Neurologen immer noch entscheiden. Nach einem solchen Ereignis mit einer temporären Mangelversorgung des Gehirns sind immer Anfälle möglich, das sollten sie eigentlich als Intensivschwester wissen, Frau Jäger, aber genaue Vorhersagen können wir erst treffen, wenn wir mit ihrem Mann normal kommunizieren können und ansonsten heißt es abwarten“, erklärte er und so begann für Semir und Sarah, die sich dann von ihrem Freund auf die Station bringen ließ und auch brav ins Bett legte, wieder ein banges Warten, was die Zukunft so bringen würde.

    Es dauerte eine Weile bis der Medikamentenbolus wieder so weit abgebaut war, dass Ben erneut aus den Tiefen der Bewusstlosigkeit an die Oberfläche schwimmen konnte. Diesmal aber war er zwar immer noch müde, aber schon lange bevor er die Augen aufschlug, hörte er zwei bekannte Stimmen, die sich beiläufig unterhielten. Semir hatte Sarah in ein Gespräch verwickelt, das sich um alles außer Katastrophen drehte, sondern hatte nette Dinge erzählt, die seine beiden Töchter angestellt hatten, als sie noch klein gewesen waren. Es gelang ihm, Sarah gut abzulenken und ihre Hysterie ein wenig runter zu drücken. Auch Begebenheiten, in denen Ben vorkam, der früher ja immer mal wieder als Babysitter engagiert worden war und eine sehr enge Beziehung zu Ayda und Lilly hatte, erzählte er, zum Beispiel, wie Ben von den Mädels nach allen Regeln der Kunst geschminkt und mit Haarspangen versehen worden war. Langsam löste sich Sarah´s Anspannung und sie musste sogar hin und wieder ein wenig lächeln, wenn sie sich das vorstellte. „Ja-sowas steht ihm mit Mia-Sophie vermutlich auch noch bevor. Tim hat zwar auch manchmal komische Einfälle, aber ich glaube, da sind Mädchen noch ein wenig einfallsreicher!“ setzte sie jetzt, ohne nach zu denken einfach voraus, dass Ben wieder im Kreise ihrer Familie leben würde und nun war Semir zufrieden, der außerdem bemerkte, dass die Augenlider seines Freundes zu flattern begannen.

    Darauf wurde nun auch Sarah aufmerksam und langsam begann sie wieder normal zu denken und vor allem professionell zu agieren. Sie nahm ganz fest die eine angebundene Hand ihres Mannes in die ihre und Semir machte dasselbe auf der anderen Seite. Eine Weile sprachen sie noch über Belanglosigkeiten, aber dann sagte Sarah ruhig, aber im Befehlston zu ihm: „Ben mach doch bitte mal die Augen auf!“ und nun runzelte der junge Polizist seine Stirn und obwohl anscheinend eine zentnerschwere Last auf seinen Lidern ruhte, gelang es ihm, sie zu öffnen und mit müdem Blick die Gesichter, die sich zu ihm beugten, wahr zu nehmen. Sein Herzschlag hatte sich nur ein wenig beschleunigt und bald fielen ihm die Augen von der Macht der Sedierungsmittel wieder zu, aber nun plumpste Sarah regelrecht ein Stein vom Herzen und als die Schwester wenig später ins Zimmer trat, sagte sie: „Er kann einfache Aufforderungen befolgen!“ und nun lächelte auch die Pflegekraft und stellte das Propofol jetzt ganz aus. Allerdings ließ sie das starke Opiat, das auch eine sedierende Wirkung hatte, noch weiter laufen und so wurde Ben zwar allmählich immer wacher, hatte aber keine Schmerzen und schwebte irgendwie immer noch auf Wolke sieben.

    Als der Arzt eine halbe Stunde später kam und ihn aufforderte, seine Hand zu drücken, konnte er auch das ausführen und jetzt schaltete der Doktor selber den Sufentaperfusor ebenfalls noch aus. „Er bekommt aber sofort ein Gramm Paracetamol als Kurzinfusion gegen die Schmerzen und wir geben noch Metamizol in die Infusion“, ordnete er an und sagte dann noch klar und deutlich zu seinem Patienten: „Herr Jäger, wir mussten bei ihnen einen Luftröhrenschnitt durchführen, sie haben eine Kanüle im Hals und es wird momentan schwierig sein zu sprechen, regen sie sich deswegen nicht auf!“, erklärte er und wenig später sah Ben die Menschen um sein Bett mit klaren Augen an. Er fixierte Sarah, verzog die Mundwinkel zu einem leisen Lächeln und bewegte die Lippen, aber da kam nichts raus-er war so froh sie zu sehen und nicht tot zu sein, an die Lähmung wollte er gerade nicht denken. Sarah erwiderte sein Lächeln und gab ihm einen liebevollen Kuss auf die Stirn, jetzt glaubte auch sie endlich, dass Ben ohne Hirnschaden überlebt hatte.
    Kurz darauf wurde er gebettet und als man seine Hände aus den fast unzerreißbaren Handfixierungen löste, passte Semir auf wie ein Schießhund, damit sein Freund nicht erneut einen Blödsinn anstellte, aber diesmal fasste er nicht nach oben, sondern ließ sich willig drehen, eincremen und lagern. Dann allerdings war er so erschöpft, dass er fast sofort einschlief und jetzt trauten sich Sarah und Semir doch abwechselnd einmal das Zimmer zu verlassen, um zur Toilette zu gehen und eine Kleinigkeit zu essen, immerhin war es inzwischen schon Mittagszeit.

    Am Nachmittag kam zunächst der HNO-Arzt zu Ben, der ihn mit dem Bett in Sitzposition brachte, das Tracheostoma gründlich abtastete, ihn bat, den Mund weit auf zu machen und ihm dann erst nur in den Hals leuchtete und dann mit einer Mullkompresse geschickt seine Zunge fasste und herauszog, um den Kehlkopf zu begutachten. Ben würgte zwar, ließ die Untersuchung aber widerstandslos über sich ergehen und der Arzt sagte dann, während er die Handschuhe auszog und seine Hände am Wandspender desinfizierte: „Leider sind der ganze Rachen und auch der Kehlkopf sehr verschwollen, die Trachealkanüle muss also unbedingt noch liegen bleiben, sonst hätten sie massive Atemnot, Herr Jäger!“ erklärte er und Ben nickte. Er hatte inzwischen erfasst, wie man ihn gerettet hatte und einerseits war es blöd nicht sprechen zu können, aber andererseits war er ganz froh, dass er Sarah jetzt nicht Rede und Antwort stehen musste, denn inzwischen hatte er ihr gegenüber ein furchtbar schlechtes Gewissen. Während Semir ziemlich normal wirkte, war Sarah nur ein Schatten ihrer selbst, mit tiefen dunklen Augenringen, die bei jedem Geräusch zusammen zuckte. Was hatte er ihr mit seiner blödsinnigen Aktion nur angetan? Vorsichtshalber ließ man seine Hände auch weiterhin in den Schlaufen-wenn eine Trachealkanüle längere Zeit lag, war es nicht mehr so schlimm, wenn sie heraus rutschte oder gezogen wurde, dann war das Loch in der Luftröhre weit genug, dass man zumindest eine dünnere wieder hinein bekam, aber bei Ben würde das schwierig werden und deshalb ließ man ihn fixiert, so schlimm es vielleicht auch für ihn war, aber immerhin hatte er schon einmal gezeigt, wozu er fähig war und bevor der Psychiater nicht grünes Licht gab und ihm keine Selbstmordgefährdung mehr attestierte, würde er angebunden bleiben. Damit das psychiatrische Gutachten stattfinden konnte, musste Ben aber sprechen können, denn das war ausschlaggebend für die Meinungsbildung und so würde das wohl noch eine Weile dauern.

    Semir hatte während einer kurzen Kaffeepause Andrea angerufen, dass Ben aufgewacht war, anscheinend keinen Hirnschaden hatte und sie das doch bitte den anderen auch mitteilen sollte, und die atmete voller Erleichterung auf. Sie verständigte auch Hildegard, denn irgendwie war Sarah heute zu gar nichts mehr in der Lage und Hartmut, der bei einem Abstecher in die PASt von Susanne die gute Nachricht erhielt, stieß mit ihr mit einer Dose Cola auf Ben´s Genesung an.

    Als Semir nun frohgemut auf die Intensiv zurück kehrte, wunderte er sich über den Menschenauflauf in Ben´s Zimmer. Als er neugierig näher trat, fiel ihm eine völlig fertige Sarah in die Arme, der sofort die Knie nachgaben: „Semir-er krampft!“ flüsterte sie noch schwach, bevor sie das Bewusstsein verlor.

    Schon wieder der gute Hartmut! Er lotst Semir und Ben zu der verlassenen Villa, wo sich Dennis versteckt und die beiden haben zweifelsfrei den Versammlungsort der Engel gefunden.
    Hui-ganz schön unheimlich dort, mir ist es beim Lesen echt kalt den Buckel runter gelaufen! ;( Aber da bin ich ja nicht alleine, auch Ben fühlt sich nicht sonderlich wohl, was ich mehr als verstehen kann!
    Und jetzt noch dieses Knacken-verflixt noch mal, was knackt da-mir ist gerade ganz schön mulmig und ich möchte dringend weiter lesen! :|

    Um Ben war alles dunkel. Er fühlte lange nichts, ohne irgendeine Art von Zeitgefühl zu haben. Dann drangen irgendwelche Geräusche in sein Bewusstsein, er fühlte sich aktuell wohl, alles war friedlich, bis langsam Geräusche in sein Bewusstsein drangen. Irgendwie waren die so vertraut und auch so fremd, aber er versuchte gerade einen klaren Gedanken zu fassen, sich zu erinnern, was geschehen war und wo er sich befand. Sein Bauch tat ziemlich weh, sein Rücken und sein Hals ebenfalls, aber warum war das so? Auf einmal sagte eine fremde Stimme etwas von Ärgern und dann manipulierte jemand an seinem Hals herum. Plötzlich bekam Ben erneute Panik, er kriegte keine Luft, um seinen Hals war es eng-nein es war ein Versehen, er wollte doch nicht sterben! Panisch riss er die Augen auf, ohne etwas wahr zu nehmen, wollte das Kabel um seinen Hals entfernen, aber er schaffte es zunächst nicht, seine Hände nach oben zu bringen-er würde sterben und wollte doch leben! Wie eine Kakophonie hörte er Geräusche-mehrere unangenehmen Alarmtöne direkt neben seinem Kopf, verschiedene Stimmen, die auf ihn ein sprachen, aber er war so panisch, dass er sich nicht darauf konzentrieren konnte-das Kabel-er musste das Kabel wegmachen, er bekam keine Luft! Mit Anspannung aller Muskelkraft hatte er auf einmal eine Hand frei und die war schon oben an seinem Hals, da schrie die fremde Stimme: „Vorsicht, die Trachealkanüle-schnell, wir müssen ihn wieder sedieren!“ und plötzlich hielt ihn jemand mit eisenhartem Griff fest, er hörte auf einmal auch bekannte Stimmen, die aufgeregt durcheinander riefen und sah nun Semir´s erschrockenes Gesicht ganz nah vor seinem, aber dann wurden seine Abwehrbewegungen langsamer, seine Augen fielen zu und er versank wieder in der gnädigen Bewusstlosigkeit.

    „Das war knapp-Dankeschön!“, sagte die Schwester, als der Propofolbolus angekommen war und Ben langsam erschlaffte. „Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn er sich die Trachealkanüle rausgerissen hätte! Immerhin ist der ganze Halsbereich noch ziemlich verschwollen. Mann dass er gleich so viel Kraft hat, dass er die Handfixies abreißt, hätte ich nicht gedacht!“, wunderte sie sich und musste nun mit dem Noradrenalin höher gehen, denn Ben´s Blutdruck, der momentan wegen dem Stress auf über 200 hoch geschossen war, rauschte nun wegen dem Propofol in den Keller und die nächsten paar Minuten hatten sie und der Stationsarzt, der auch noch hinzu gesprungen war, alle Hände voll zu tun, um den jungen Patienten wieder zu stabilisieren.

    Sarah stand schreckensbleich daneben, hatte wieder zu zittern begonnen und war völlig handlungsunfähig, während Semir geistesgegenwärtig die Hand seines Freundes gepackt hatte, aber alle Kraft gebraucht hatte, ihn nieder zu ringen. „Immerhin-er wird wach!“, hörte sich Semir sagen und Sarah faselte mit dünnem Stimmchen: „Aber warum hat er sich denn nicht beruhigen lassen, wir waren doch alle da? Er hat uns vermutlich nicht erkannt, weil nur noch der Körper da ist, aber mein Ben, so wie er war, nicht mehr existiert!“, schluchzte sie, aber der Stationsarzt, der seinen Patienten jetzt wieder stabil hatte, drehte sich nun zu Sarah um. „Frau Jäger-das kann wegen diesem kleinen Intermezzo doch niemand voraussagen-das ist jetzt genauso reine Spekulation, als wenn ich behaupte, er sei völlig wach und orientiert. Er hatte gerade eine Panikattacke, aber sie müssen sich auch überlegen, unter welchen Voraussetzungen er das Bewusstsein verloren hat. Das Kabel um seinen Hals hat sich enger und enger gezogen und ihn stranguliert-jetzt hat er vermutlich das Bändchen der Trachealkanüle gespürt und war wieder in derselben Situation. Durch das Absaugen wurde ihm die Luft knapp, vermutlich hatte er auch Schmerzen und der Erfolg war diese Aktion. Wir werden jetzt das Sufenta und das Propofol niedrig dosiert weiter laufen lassen und ihn so fixieren, dass er seine Hände nicht hoch bekommt, glauben sie mir, wir haben die geeigneten Materialien dafür!“, kündigte er an und die Schwester kam jetzt schon mit verstärkten Handfixierungen, wie sie in der Psychiatrie bei tobenden Patienten gebraucht wurden. Da musste man schon Supermann sein, um sie abzureißen, denn die zogen sich, wie eine Art Hundehalsband eher zu, wenn man dagegen zerrte. „Auf jeden Fall kommt da was in seinem Gehirn-wie viel und was können wir aktuell nicht voraussehen, aber jetzt lassen wir ihn ein zweites Mal, diesmal langsam, wach werden, sie sprechen bitte mit ihm, dass er ihre vertrauten Stimmen hört und dann sehen wir weiter!“, ordnete der Doktor in bestimmendem Ton an, denn die Frau seines Patienten war selber so an der Kante, dass er schon überlegte, sie raus zu schicken. Aber sie bekam noch eine weitere Chance und es war sicher gut, wenn jemand dabei war, den der junge Patient kannte, wobei ihm persönlich schon der andere Polizist gereicht hätte, der vielleicht gerade ein Debakel verhindert hatte-außerdem hatte das Pflegepersonal nicht so viel Zeit, um sich neben das Bett zu stellen.

    So saßen wenig später Semir und Sarah wieder auf beiden Seiten des Bettes, streichelten Ben, redeten in betont ruhigem Ton miteinander, der die junge Frau, die vor Sorgen fast umkam, alle Kraft kostete und warteten darauf, dass er ein zweites Mal wach wurde.

    Wie angeordnet, wurden um ein Uhr Nachts die Kühlmaßnahmen eingestellt. Man legte aber nur eine leichte Decke über Ben, da die Erwärmung ja langsam erfolgen sollte. Wenn das Temperaturregelzentrum im Gehirn keinen Schaden erlitten hatte, sollte es funktionieren, dass der Körper des jungen Polizisten sich langsam erwärmte und so war es auch. Sarah hatte tatsächlich zunächst ein wenig einschlafen können, aber um drei Uhr trieb es sie aus dem Bett und so schlich sie leise durch die menschenleeren Gänge auf die Intensivstation. „Kannst du nicht schlafen?“ fragte die Nachtschwester und Sarah nickte stumm. „Na komm, du kannst mir gleich helfen ihn zu betten!“ sagte ihre Kollegin und so hielt Sarah ihren immer noch tief schlafenden Mann fest, der sich schon ein wenig wärmer anfühlte, während dessen Rücken sorgfältig eingecremt wurde, sie half ihn zu lagern, sah zu, wie er abgesaugt wurde, ohne irgendeine Abwehrreaktion und hoffte nur, dass das nach dem Abschalten der Sedierung anders sein würde. Als man sie danach mit der Liebe ihres Lebens, dem Vater ihrer Kinder und dem besten Freund, den sie je gehabt hatte, alleine ließ, legte sie ihre Hand, wie schon so oft, auf seinen Brustkorb und fühlte die regelmäßigen Atemzüge. Wenn sie nicht vom Fach gewesen wäre, hätte sie sich jetzt keine Sorgen gemacht, denn der zunehmend wärmer werdende Körper wirkte wie immer, aber so wuchs ihre unermessliche Angst mehr und mehr, dass da vor ihr nur noch eine leere Hülle lag und der Ben, den sie kannte und liebte, mit all seinen Macken, seinen Ecken und Kanten, einfach nicht mehr da war.

    Semir war am frühen Abend bei Corinna und Klaus eingetroffen und wurde herzlich von ihnen begrüßt. „Komm, setz dich ein wenig zu uns auf die Terrasse, wir haben dir einen schönen bayerischen Wurstsalat aufgehoben, ich hol dir schnell ein Bier und dann versuchst du dich ein wenig zu entspannen!“ lockte Klaus, aber Semir lehnte dankend ab. „Ich möchte keinen Alkohol trinken, denn ich weiss nicht, ob ich nicht plötzlich einen Anruf kriege und mit wehenden Fahnen ins Krankenhaus kommen muss. Ich setze mich nachher gerne noch ein bisschen zu euch, aber zuerst möchte ich duschen und ich nehme euer Angebot mit der Wäsche dankend an, so wahnsinnig viele Klamotten habe ich nämlich nicht eingepackt, wer hätte auch gedacht, dass ich so lange bleibe-wenn ihr mir die Maschine erklärt, kann ich das aber durchaus auch selber machen!“ sagte er, aber Corinna hatte sich schon erhoben und lächelnd den Kopf geschüttelt. „Das macht jetzt wirklich keine Mühe-sieh mal, ich zeig dir, wo du im Bad die schmutzigen Sachen rein werfen kannst, ich mache dann gleich eine Maschine an und tu die später in den Trockner, damit du wieder was Frisches hast,“ sagte sie und Semir holte aus seinem Zimmer jetzt die beiden Leinenbeutel mit der verschwitzten Wäsche und warf sie, wie ihm Corinna zeigte, in die Klappe an der Badezimmerwand. Von dort fiel sie direkt in die Waschküche im Keller in einen bereit gestellten Wäschekorb. „Weisst du-wir habe das in anderen Häusern gesehen und wenn man schon neu baut, kann man sich solche kleinen Spielereien ja gönnen, so ist unser Bad immer aufgeräumt!“ erklärte die junge Frau und Semir bewunderte die raffinierte Erfindung. Allerdings überlegte er für sich, dass seine Kinder, vor allem Lilly, da vermutlich alles rein werfen würden, nur keine schmutzige Wäsche, aber das würden seine Gastgeber schon noch selber merken, wenn sie mal Nachwuchs hatten. So aber hörte er, als er endlich unter der Dusche stand und das warme Wasser auf seinen Körper prasseln ließ, wie Corinna unten schon die Waschmaschine anwarf. Ausnahmsweise wählte sie ein Schnellprogramm und als Semir zwei Stunden später nach intensiven Gesprächen bei Wasser und der bayerischen Spezialität in sein Zimmer ging, um sich zur Ruhe zu begeben, stand dort schon ein Wäschekorb mit trockener, sauber zusammen gelegter Wäsche davor-ach darum war Corinna zweimal für eine längere Zeit verschwunden gewesen!

    Obwohl er es nicht erwartet hatte, fiel Semir in einen tiefen traumlosen Schlaf und erwachte erst um kurz vor sechs, als sein Handywecker ihn mit türkischer Musik weckte. Semir trat, nachdem er eine schnelle Morgentoilette durchgeführt hatte, leise auf den Flur, er hatte vorgehabt unterwegs beim Bäcker kurz zu frühstücken, aber Corinna und Klaus waren ebenfalls schon aufgestanden und so tranken sie dann gemeinsam noch Kaffee und aßen Müsli. Semir´s Gedanken schweiften zu Ben-ob der wohl noch jemals mit ihm auf der Dienststelle Schokocroissants futtern würde, seinen BMW verkrümeln und überall seine Süßigkeitenverpackungen rumliegen lassen würde? Wie oft hatte er sich deswegen geärgert und seinen jungen Kollegen geschimpft, aber jetzt würde er keinen Pieps sagen, wenn der eine ganze Plastiktüte voller Müll auf seinem Schreibtisch ausleeren würde-Hauptsache er kam wieder zurück.

    Sarah war nochmals kurz in ihrem Zimmer gewesen, und hatte sich ebenfalls gewaschen und eine Jeans angezogen, aber dann hielt sie nichts mehr und sie war an Ben´s Seite, als man kurz nach der Übergabe die Sedierung ausschaltete, denn inzwischen hatte er wieder seine Normaltemperatur von aktuell 36,8°C erreicht. Essen konnte sie aktuell nichts, aber den Becher Kaffee, den ihre Kollegen ihr brachten, nahm sie dankend an. Kurz darauf kam auch Semir und so saßen die beiden gespannt an Ben´s Bett, dem man inzwischen die Hände angebunden hatte und warteten auf eine Reaktion. Irgendwie geschah lange gar nichts und Sarah bekam immer größere Angst, aber dann trat ihre Kollegin ein, die Ben schon die letzten Tage im Frühdienst betreut hatte und bemerkte: „Ich werde ihn jetzt ein wenig ärgern, so langsam müsste die Sedierung abgebaut sein!“ und griff auch schon zum Absauger. Sie zog Einmalhandschuhe an, hängte den Schlauch an das geschlossene Absaugsystem und führte dann den sterilen Sauger durch die Trachealkanüle in Ben´s Luftröhre ein. Plötzlich riss der die Augen auf, spannte mit aller Kraft gegen die Handfixierung und nun liefen Sarah erste Tränen der Erleichterung übers Gesicht.

    Semir gibt nicht auf! Jawohl, so kennen und lieben wir ihn, den türkischen Hengst! Er opfert sogar seine freien Nachmittage, um nach Ben zu suchen, nachdem er von seinem alten Freund Aladin einen Tipp bekommen hat. Aber gerade bin ich mir fast sicher, dass das tatsächlich Ben ist, der in der Bande der Sizilianer ist-und wetten, der wurde da doch eingeschleust, vermutlich von seiner alten Dienststelle im BKA. Ich kann einfach nicht glauben, dass Ben sich so verändert haben sollte! ;(

    Auf der Normalstation angekommen, standen zwei Frühstückstabletts im Zimmer und Sarah und Semir aßen und tranken zwar mit wenig Appetit, aber sie wussten, sie mussten ihre Körper am Laufen halten. Danach kam ein Internist zu Sarah, mit dem sie sich einigte, noch weiter als Patientin zu bleiben. So hatte sie ein Bett im Krankenhaus und wenn es ihr auch körperlich wieder gut ging, die seelische Erschütterung war ihr immer noch anzumerken. „Dann können wir ihnen auch zur Nacht Medikamente geben, damit sie schlafen können!“ erklärte ihr der Arzt und Sarah nickte, war sich dabei aber sicher, dass sie nichts mehr nehmen würde.

    Semir ging währenddessen kurz vors Krankenhaus, wo die Sonne von einem strahlend blauen Himmel schien und die Vögel um die Wette zwitscherten. Es hätte aber genauso gut aus Eimern schütten können, er hätte es nicht bemerkt, zu unwichtig war das nach den schrecklichen Geschehnissen der vergangenen Nacht. Semir verständigte erst Andrea, die aus allen Wolken fiel. „Oh Gott, das ist ja schrecklich, ich drücke die Daumen, dass Ben wieder völlig gesund wird, grüß mir Sarah ganz lieb und richte ihr aus, dass ich ganz fest an euch denke!“ sagte Andrea voller Mitgefühl. Auch Corinna und Klaus waren entsetzt, als ihnen Semir mitteilte, aus welchem Grund er in der Nacht das Haus verlassen hatte, sie waren am Morgen aufgewacht und hatten sich keinen Reim darauf machen können, wo ihr Gast steckte, aber der schwierigste Anruf war der in der PASt. Semir wollte Ben seine Zukunft-wenn es denn überhaupt noch eine für ihn gab, nicht versauen und so teilte er Susanne und Frau Krüger nur mit, dass es bei Ben Komplikationen gegeben habe, der wieder beatmet auf der Intensivstation liegen würde und er bis auf weiteres nicht nach Köln zurück kehren würde. Zuvor hatte er ja schon angedacht gehabt, wieder zu arbeiten, wenn Ben heimatnah verlegt war und ihn dann eben immer nach dem Dienst zu besuchen, das Ganze schien jetzt so fern, er würde wohl noch eine lange Zeit nicht nach Hause zurück kehren! Ihm war klar, dass Susanne von ihrer Freundin Andrea schon bald erfahren würde, wie die Komplikationen bei Ben aussahen, aber die konnte ebenfalls schweigen wie ein Grab.

    Als er dann auf die Station zurück kehrte, war eine attraktive Frau mittleren Alters mit sportlichem Kurzhaarschnitt und ganz normaler Kleidung bei Sarah, die sich als Klinikseelsorgerin vorstellte. Semir war erst ein wenig skeptisch, denn ehrlich gesagt hatten weder Sarah, noch Ben, noch er mit Kirche und Religion sonst etwas am Hut, aber als er herzlich zum Gespräch eingeladen wurde, kam er bald darauf, dass diese Frau weder frömmelte, noch sie irgendwie bekehren wollte, sondern mit ehrlichem Interesse, Mitgefühl und Empathie ihren Worten lauschte und als auch Semir nun aufgefordert wurde, zu erzählen, wie er die schlimmen Minuten letzte Nacht erlebt hatte, stellte er fest, dass es ihn irgendwie erleichterte, darüber zu sprechen. „Wenn sie möchten, komme ich noch ein wenig mit ihnen auf die Intensivstation zu ihrem Partner und Freund!“ bot sie an und so standen sie wenig später zu dritt vor Ben´s Bett, der völlig friedlich vor sich hin schlief. „Was für ein gut aussehender Mann, was muss in ihm vorgegangen sein, dass er seinem Leben ein Ende setzen wollte, er muss Schreckliches durchgemacht haben und so etwas durch zu ziehen, erfordert einen unglaublichen Mut-und dennoch kommt es ihnen als Angehörige so vor, als habe er sich heimlich davon stehlen wollen!“ fasste sie in Worte, was Sarah und Semir beiden schon durch den Kopf gegangen war. „Wenn sie nichts dagegen haben, würde ich ihn gerne segnen, denn er kann gerade jegliche Hilfe brauchen und glauben sie mir, es gibt mehr zwischen Himmel und Erde, als wir uns vorstellen können!“ sagte sie dann einfach und Sarah und Semir nickten, schaden konnte es ja nicht und so legte die Frau ihre Hand auf Ben´s Stirn, sprach einen einfachen Segenswunsch und als sie sich dann zum Gehen wandte, erklärte sie Sarah und Semir freundlich. „Ich schaue ab sofort jeden Tag nach ihnen und Herrn Jäger, sie können mich auch anrufen lassen, wenn sie Hilfe brauchen, einfach den Schwestern Bescheid sagen, die verständigen mich dann!“ teilte sie ihnen mit und irgendwie war das tröstlich, jemanden vor Ort zu haben, der einfach für sie da war.

    So verging der Tag-Sarah und Semir wechselten sich an Ben´s Bett teilweise ab, dann saßen sie wieder alle beide da. Sarah sagte auch von Semir´s Handy aus Hildegard Bescheid, die aus allen Wolken fiel, aber wenigstens ging es den Kindern gut und die brauchten davon nichts zu erfahren. Nachmittags kamen noch Klaus und Corinna vorbei, die aber nicht auf die Intensivstation durften, sie waren keine engen Angehörigen. Aber sie brachten Süßigkeiten für Sarah und etwas Deftiges für Semir und gaben dem auch einen Haustürschlüssel. „Semir-ich gehe ab morgen wieder arbeiten und Corinna ist auch nicht immer da-fühl dich bei uns wie zu Hause und du kannst deine Wäsche gerne in der Dusche in den Abwurf geben, wir machen die dir dann fertig!“ bot Klaus an und Semir sah ein wenig schuldbewusst an sich herunter-müffelte er vielleicht? Aber das wäre auch kein Wunder nach den ganzen Angstschweissausbrüchen , die er in der Nacht gehabt hatte!

    Am frühen Abend kam noch die Nachmittagsvisite zu Ben und da wurde die weitere Behandlungsstrategie abgesprochen. „Herr Jäger wird noch bis um ein Uhr heute Nacht gekühlt. Dann wärmen wir ihn langsam auf, nicht mehr als ein halbes Grad pro Stunde. So dürften wir bis zum Morgen seine Normaltemperatur erreicht haben. Dann schalten wir die Sedierungsperfusoren aus und warten ab was passiert. Ich würde vorschlagen, sie versuchen heute Nacht einmal zu schlafen, sie sehen nämlich alle beide ziemlich fertig aus. Wir verständigen sie, falls sich etwas verändert und morgen kann es sein, dass unser Patient dringend ihren Beistand und ihre Unterstützung brauchen kann!“ gab der Chefarzt der Anästhesie den weiteren Plan vor und Sarah und Semir nickten folgsam. Ja morgen war der entscheidende Tag, sie würden sich beide bemühen, bis dahin fit zu sein, um dann für Ben da sein zu können, falls er dann wach wurde. Semir glaubte fest daran und auch Sarah nickte tapfer, obwohl ihre Erfahrung als Intensivschwester ihr da manch anderes Schreckensszenario bot. Vielleicht stand morgen Abend schon fest, dass Ben einen dauerhaften, irreparablen Hirnschaden erlitten hatte, denn wenn er ohne Sedierung nicht wach wurde, konnte sein, dass er als Apalliker überlebte und das wäre sozusagen der Supergau! Aber so ging Sarah folgsam in ihr Bett auf der Normalstation und Semir griff nach seinem Autoschlüssel. „Sarah, ich fahre jetzt zu Corinna und Klaus, ich muss tatsächlich dringend duschen und dann zusehen, dass ich eine Mütze voll Schlaf kriege, morgen früh um sieben bin ich wieder da, außer du lässt mich vorher anrufen!“ erklärte Semir und verabschiedete sich von seiner Freundin. Als er durch die wunderschöne Landschaft nach Mündling fuhr, kam es ihm so unwirklich vor, dass sein Freund gerade ein paar Kilometer weiter um sein Leben kämpfte und die restliche Welt sich weiter drehte, als wenn nichts gewesen wäre.

    Hartmut hat zweifelsfrei bewiesen, dass es sich um Kevin´s Handy handelt und Semir sieht damit Kevin´s Tod als bewiesen an. Ben nicht-also ich bin auf der Seite von Ben! :D
    Allerdings ist das wirklich für alle eine schwierige Situation, ich hoffe, da gibt es eine erfreuliche Auflösung und Jenny ist später nicht sauer, dass man ihr noch ein paar Stunden Hoffnung gelassen hat.
    Dennis hat derweil Glück, dass Semir und Ben ihn im Krankenhaus vernehmen und Gott sei Dank schneller sind als Gabriel, der schon auf dem Weg ist, um den unvollendeten Mord zu vollenden. Mich beunruhigt es aber sehr, dass der Oberengel sich die Gesichter der Helden merkt. ;(
    Dass Afriel nicht gekillt, sondern geschützt wird, überrascht mich jetzt ebenfalls, aber vielleicht gibt es so eine Chance-vor allem auch, weil Dennis klar denkt, über Tobias an die Engelssekte ran zu kommen!
    Und da muss ich dir beipflichten, Campino-im Krankenhaus ist da keine so strenge Trennung zwischen du und sie, da duzt man nach Gefühl und auf diesen fahrenden Zug sind Semir und Ben einfach aufgesprungen. ;)

    Semir schreckte plötzlich hoch, anscheinend war er doch in seinem Stuhl ein wenig eingenickt. Er wusste sofort wieder was geschehen war und als er einen Blick auf das Bett warf, erschrak er erst einmal. Es war leer, aber da hörte er schon die Toilettenspülung aus der Nasszelle und dann das Wasser laufen. Sarah hatte sich leise aus dem Bett geschlichen und machte sich frisch. Als sie wenig später wieder zu ihm ins Zimmer trat, sagte sie schuldbewusst: „Das hat ziemlich unbequem ausgesehen!“ und Semir konnte ihr nicht widersprechen, er spürte jeden einzelnen Knochen im Leib. Es war sieben Uhr und vom Flur konnte man schon die geschäftigen Geräusche des Krankenhausbetriebs hören.
    „Hast du in der Nacht noch nach ihm gesehen?“ erkundigte sich Sarah und Semir nickte. „Es war so gegen drei-er war da stabil und hat auch wieder ganz normal ausgesehen!“ erzählte er und Sarah hörte ihm gebannt zu. „Ich muss jetzt aber dringend zu ihm, ich halte das sonst nicht aus“, erklärte sie und holte aus dem Schrank eine Jeans. Irgendwie wollte sie untertags nicht in Leggins oder Jogginghose herum laufen, sie hatte sich auch schon den Zugang entfernt, denn jetzt schämte sie sich regelrecht für ihren Zusammenbruch. Nun wurde auch an der Tür geklopft und die Schwester der Tagschicht, die für diesen Bereich zuständig war, trat ein. „ Guten Morgen, wie fühlen sie sich denn?“ erkundigte sie sich freundlich, um dann betroffen hinzu zu fügen: „Es tut mir sehr leid, was mit ihrem Mann geschehen ist, wir haben gerade auf der Intensiv angerufen, er ist stabil und wird noch bis heute Nacht weiter beatmet und gekühlt“ erklärte sie und Sarah bedankte sich für die Auskunft. „Der Internist sieht später nach ihnen und die Notfallseelsorgerin kommt dann auch noch, die wollte sie eigentlich heute Nacht schon besuchen, aber da haben sie ja dann geschlafen“ plauderte die Schwester und Sarah, die im einen Moment noch ziemlich gefasst gewirkt hatte, begann nun wie aus dem Nichts zu weinen, woraufhin Semir aufsprang und sie einfach in den Arm nahm. „Oh-habe ich jetzt irgendwas Falsches gesagt?“ fragte die junge Schwester erschrocken, aber Semir schüttelte den Kopf. „Das hat nichts mit ihnen zu tun, wir sind nur von der ganzen Situation ziemlich überfordert“, erklärte er und strich der schluchzenden Sarah über die blonden Haare. „Schsch, jetzt beruhige dich erst Mal und dann gehen wir zu Ben!“ flüsterte er und Sarah nickte, während ihre Schluchzer langsam versiegten. „Vielleicht sollten sie erst noch frühstücken und die Visite abwarten, die kommt so gegen neun“, versuchte die Schwester nochmals ihr Glück, aber Sarah schüttelte den Kopf. „Ich muss jetzt sofort zu meinem Mann, ich habe sonst keine ruhige Minute mehr, er braucht mich an seiner Seite!“ erklärte sie und suchte in der Jeans nach einem Tempotaschentuch, das sie auch fand und so ließen sie und Semir die junge Schwester einfach stehen und machten sich auf den Weg zur Intensiv.

    Dort angekommen läuteten sie und wurden auch gleich herein gebeten. „Wir haben euch schon erwartet-Sarah, wie geht es dir?“ fragte die Intensivpflegekraft herzlich, die Sarah in den letzten paar Tagen ja schon kennen gelernt hatte, legte den Arm um sie und führte sie in das Zimmer, in dem Ben ruhig schlafend im Bett lag. „Die Pupillen reagieren-zwar etwas verlangsamt, aber wie du ja weisst, ist das bei einer Hypothermiebehandlung und der tiefen Sedierung noch normal-viel schlimmer wäre es, wenn sie weit und lichtstarr wären, aber davon ist keine Rede und er hat auch nicht gekrampft!“ beruhigte sie ihre Kollegin und stellte sich dabei vor, was sie in so einer furchtbaren Situation wohl hören wollte. Auf gar keinen Fall irgendwelche Lügen oder falsche Hoffnungsparolen, einfach die Wahrheit und es war eine Tatsache-zum momentanen Zeitpunkt konnte niemand vorhersagen, welche Schäden Herr Jäger erlitten hatte, das würde man am nächsten Morgen sehen, wenn man ihn erwärmt hatte und die Sedierung ausschaltete.

    Sarah nickte, trat an das Bett und strich ihrem geliebten Mann unendlich zärtlich über die eiskalten Wangen und gab ihm einen liebevollen Kuss auf die Stirn. „Du kannst mich und die Kinder doch nicht einfach alleine lassen! Was ist denn letzte Nacht nur in dir vorgegangen?“ schalt sie ihn ein wenig, aber wie zu erwarten war, kam keine Reaktion von dem sedierten Patienten. Der Herzschlag war regelmäßig, das Beatmungsgerät blies rhythmisch Luft in die Trachealkanüle und so ließ man Sarah und Semir, nachdem man ihnen zwei Stühle hergestellt hatte, ein wenig mit Ben alleine. Auch Semir saß nun schweigend da und hatte unter der Decke, die sich immer noch durch den Luftzug nach oben wölbte, nach Ben´s Hand gegriffen, die nicht einmal angebunden war. Semir versuchte ihm durch den Körperkontakt Stärke und Zuversicht zu übermitteln und als wenig später der Professor und der Viszeralchirurg zur Visite kamen, begrüßten sie zunächst einmal voller Betroffenheit die Ehefrau und den Freund ihres Patienten.
    „Es ist schrecklich, was heute Nacht geschehen ist, wir beten mit ihnen, dass er seinen Suizidversuch folgenlos übersteht, wir sind aus allen Wolken gefallen, als wir das heute Morgen erfahren haben!“ fasste der Professor in Worte, was auch ihn bewegte. Man nahm die Decke beiseite, kontrollierte erst die Bauchwunde und dann wurde Ben noch kurz gedreht und der Professor beurteilte die Rückenwunde, die aber, wie der Bauch, reizlos und trocken war. „Der Heilungsverlauf ist sehr zufrieden stellend, wir von unserer Seite her, sehen ganz zuversichtlich in die Zukunft, aber ihr Mann war da anscheinend anderer Ansicht!“ sagte der Professor ein wenig hilflos, während er sich die Hände desinfizierte und die Schwester ein neues Pflaster auf Ben´s Rücken befestigte, während Sarah ihn in Seitenlage stabilisierte. „Wie gesagt-ich werde für ihn beten!“ bekräftigte der Professor nochmals seine Worte und Semir war ziemlich überrascht, dass dieser so taff wirkende Mann anscheinend tief gläubig war. Aber es war kein Fehler-Ben konnte gerade jegliche himmlische Unterstützung gebrauchen, egal wie der Helfer hieß, ob Jahwe oder Allah!

    Die Schwester legte das Kaltluftgebläse wieder über Ben, aktuell hatte er keine zusätzlichen Kühlkompressen gebraucht, aber das war die Kunst, mittels physikalischer Methoden die Körpertemperatur im angestrebten Bereich zu halten und bei ihm funktionierte das aktuell sehr gut, denn bei zu tiefen Körperkerntemperaturen drohten sonst Herzrhythmusstörungen. Er musste auch wirklich tief sediert sein, ansonsten würde sein Körper mittels Schüttelfrost versuchen, die Temperatur zu erhöhen und es gab Fälle, da musste man sogar Eiswasser in die Magensonde füllen, um die Temperatur herunter zu bringen, aber auf eine Sonde hatte man bei Ben aktuell verzichtet-wenn alles gut war und er morgen erwachte, brauchte er sowas nicht und ansonsten musste man ihm sowieso eine Ernährungssonde legen.
    Als die Visite wieder weg war, kam Ben´s betreuende Schwester wieder zu ihnen. „Die Station hat gerade angerufen, drüben steht Frühstück für euch bereit und der Internist möchte auch nach dir sehen, Sarah, immerhin bist du aktuell selber noch Patientin. Ich verspreche euch, gut auf ihn aufzupassen und sofort anzurufen, wenn sich etwas verändert, egal ob zum Positiven oder zum Negativen. Stärkt euch, ihr werdet eure Kraft noch brauchen!“ gab sie zum Anstoß und so erhoben sich Sarah und Semir und machten sich auf den Weg auf die Normalstation. Semir hatte sein Handy stumm geschaltet, aber als er nun beiläufig darauf sah, waren mehrere Anrufe darauf, einer von Andrea, einer von Susanne und mehrere von Klaus und Corinna und aufseufzend konstatierte er, dass er wohl oder übel jetzt Bescheid sagen musste und das fiel ihm unheimlich schwer.

    Der Anführer der Engel über Gabriel hält sich anscheinend selber für Gott, wenn ich sein Gespräch richtig analysiere-na klasse, wie viele springen denn da noch rum, die einen an der Klatsche haben? =O
    Aber auf jeden Fall steht Dennis weiter auf der Todesliste, ich hoffe nur, der Polizei ist das auch bewusst! Anscheinend will Gabriel sich jetzt persönlich um das Problem kümmern-ach du liebe Güte!

    Anscheinend konnte Dennis sogar noch eine Aussage machen, bevor er operiert wurde, aber er hat seinen Bruder nicht verraten! Immerhin haben Semir und Ben da gleich einen Zusammenhang zwischen den Fällen festgestellt-na Gott sei Dank, wenigstens bei der Aufklärung der Engelgeschichte geht was voran!
    Hartmut allerdings hat Neuigkeiten und ich würde da mit Ben konform gehen und Jenny davon informieren, dass es neue Erkenntnisse bezüglich Kevin gibt, aber Semir, der es sicher nur gut meint, setzt sich durch. Jenny wird momentan dumm gehalten und jetzt bin ich ja gespannt, was Hartmut da aus den Trümmern des Handys für wichtige Informationen rausholen konnte!
    Ach ja, Campino, du bist ( noch) nicht Papa, sonst wüsstest du, dass Kaffee in der Schwangerschaft verpönt ist, weil das Koffein die Gefäße eng stellt und die Durchblutung der Plazenta vermindert, lass doch Jenny einfach Tee trinken, dann würde ich mich wohler fühlen! ;)

    Semir kann es nicht glauben! Wie Susanne, anscheinend aber auch Kim Krüger, prüft er nochmals nach, ob die Beweise gegen Ben echt sind-nichts anderes habe ich von ihm erwartet! Aber auch er kommt zu keinem anderen Schluss, was ihn aber nicht daran hindert, nach seinem Freund zu suchen. So kennt man Semir-nur wenn jemand Sch...gebaut hat, kündigt man dem ja nicht die Freundschaft, aber Ben hat seine Wohnung anscheinend tatsächlich seit der Prügelattacke nicht mehr betreten! Ich finde es gut, dass Semir die Spurensicherung verständigt, vielleicht findet man Hinweise auf die Männer, die Ben so zugerichtet haben und er kommt ihm so auf die Spur. Denn ein persönliches Gespräch muss dringend statt finden und vielleicht gibt es ja doch eine Erklärung für das Ganze, an die wir im Augenblick nicht zu denken wagen. Und wenn nicht, dann ist Ben auf jeden Fall süchtig-ob nach Alkohol oder Glücksspiel ist egal, das ist eine anerkannte Krankheit und kann therapiert werden, aber dazu muss Ben erst einmal gefunden werden! ;(

    Zu Sarah, die immer noch stocksteif und zusammen gerollt wie ein Igel im Bett lag und keinen klaren Gedanken fassen konnte, sogar ihre Tränen waren versiegt, kam nach kurzer Zeit der internistische Assistenzarzt, den die Nachtschwester verständigt hatte. Er versuchte einen Zugang zu ihr zu finden, aber Sarah war momentan nicht ansprechbar, darum wurde sie kurzerhand stationär aufgenommen, man nahm ihr Blut ab, maß den Blutdruck, der ganz schön im Keller war und dann bekam sie erstens eine Infusion gegen den Schock und dann noch eine Ampulle Tavor, deren Wirkung sie sich nur zu gerne überließ, die Augen schloss und sich dem Vergessen hingab-die Realität war gerade zu grausam, als dass sie sie hätte ertragen können.

    Semir hatte, während Sarah behandelt wurde, kurz vor dem Zimmer gewartet und die Nachtschwester, die selber nach der ganzen Aufregung ganz schön fertig war, brachte ihm eine Tasse heißen, dampfenden Kaffee, den er dankend entgegen nahm. „Sie sollte im Moment nicht alleine bleiben!“ sagte die Pflegerin zu ihm und Semir nickte. Das war ihm klar-Ben hatte aktuell nichts davon, wenn er an seinem Bett saß, er würde sich zwar später natürlich danach erkundigen, wie es ihm ging, aber momentan brauchte Sarah, die den Schock ihres Lebens erlitten hatte, ihn nötiger. „Ich bringe ihnen nachher einen bequemen Stuhl und danke, dass sie da bleiben!“ sagte die Schwester, die damit eine Verantwortung weniger hatte und Semir nickte. So saß er wenig später in einem bequemen gepolsterten Stuhl neben Sarah, die zu schlafen schien und hing im gedämpften Licht des Zimmers seinen Gedanken nach. Hätte er bemerken müssen, was in Ben vorging? Eigentlich ja, schalt er sich. Dessen gute Stimmung, die nicht echt gewesen war, wie er inzwischen wusste, hatte ihn gestern zwar irritiert, aber er hatte das Gefühl nicht greifen können, dabei hatte sein Freund sicher eindeutige Signale ausgesandt und wenn er sich da näher damit befasst hätte, wäre es nicht zu diesem schrecklichen Suizidversuch gekommen. Was wäre, wenn Ben das Ganze zwar überleben würde, aber sein Hirn irreparabel geschädigt war? Dann konnte man eigentlich nur hoffen, dass die Natur in diesem Fall gnädig war und ihn nicht mehr aufwachen ließ. Sarah würde es nicht schaffen, einen gelähmten Vollpflegefall und dazu zwei kleine Kinder zu betreuen und so würde Ben dann in einem Heim vielleicht viele Jahre vor sich hin vegetieren, ohne jemanden zu erkennen-oder noch schlimmer, vielleicht doch etwas mitkriegen, aber sich nicht äußern können!
    Immer wieder sah Semir das bläulich verfärbte Gesicht mit der heraus hängenden Zunge vor sich. Sicher hatten die Ärzte und Schwestern alles nur Menschenmögliche getan und machten das immer noch, aber ob Ben mit seiner Tat letztendlich nicht doch erfolgreich gewesen war und es den Ben, den sie kannten und liebten nicht mehr gab, nur noch seine leere Hülle, das konnte man zum augenblicklichen Zeitpunkt einfach nicht sagen.

    Sarah´s Atemzüge waren nun ruhiger geworden, sie schien tatsächlich eingeschlafen zu sein und nun trieb es Semir zu seinem Freund, er musste ihn sehen und einfach wissen, wie es ausschaute. Inzwischen war es drei Uhr geworden und Semir trat leise auf den Flur und wartete, bis die Nachtschwester, die gerade ihren dritten Durchgang machte, aus einem Zimmer trat. „Ich gehe kurz rüber auf die Intensiv, ich muss jetzt wissen, was mit meinem Freund ist!“ teilte er ihr mit und sie nickte und versprach, derweil nach Sarah zu sehen.
    Als Semir draußen an der Station läutete, wurde er auch gleich herein gelassen und stand wenig später vor Ben´s Bett, der darin mit entspanntem Gesichtsausdruck, bis zum Hals zugedeckt mit einer Papierdecke, die sich vom Luftzug des Kühlgebläses wölbte, lag und tief zu schlafen schien. Inzwischen war die Zunge so abgeschwollen, dass sie wieder Platz in der Mundhöhle fand, das Gesicht hatte eine normale Farbe, zwar blass, aber ansonsten sah sein Freund aus wie sonst. „Wie geht es ihm?“ wollte Semir wissen und die betreuende Schwester zuckte mit den Schultern. „Er ist tief sediert, wird für 24 Stunden gekühlt und ist unter einer Spur Katecholamine stabil. Ich denke, sein Körper wird das überleben, aber wie es mit seinem Gehirn aussieht, kann nur die Zeit zeigen!“ sagte sie leise und Semir nickte erschüttert. Er trat zu seinem Freund, strich ihm unendlich zärtlich über die Wange und sagte, auch wenn der das nicht verstehen konnte-vielleicht nie mehr etwas verstehen konnte: „Was ist dir denn da für ein Blödsinn eingefallen? Das Leben ist zu kostbar, um es einfach weg zu werfen, auch wenn man vielleicht nicht mehr laufen kann. Jetzt sieh zu, dass du wieder aufwachst, alles andere werden wir gemeinsam schaffen!“ aber als er kurz darauf die Intensiv wieder verließ und wie ein geprügelter Hund zurück auf die Normalstation zu Sarah schlich, bahnte sich die eine oder andere Träne ihren Weg, auch er schaffte es nicht, immer nur stark zu sein!

    Um Himmels Willen =O ! Jetzt wiegst du uns erst in Friede-Freude-Eierkuchenstimmung, Anne. Ben ist fürs Erste gerettet, Semir hat ihn mit zu sich nach Hause genommen, er hat die Wirkung der Tranquilizer ausgeschlafen, er weiss wer und wo er ist und stürzt sich heisshungrig aufs Frühstück ( ja das ist er unser Ben) , da schlagen auf einmal die Kugeln aus den MGs um ihn herum ein! Gott sei Dank hat Semir die Attentäter einen Ticken früher wahrgenommen, sonst wäre Ben vermutlich schon durchsiebt, aber auch jetzt sieht die Situation nicht viel besser aus, denn Semir steht da mutterseelenallein mit seiner Pistole und seine Gegner sind zu zweit und wesentlich besser bewaffnet-ach du liebe Güte! ;(
    Vielleicht kann Andrea da helfen und zumindest die Verstärkung anfordern, wenn sie denn gerade zurück kommt? 8o Aber das war auch wieder typisch Mann-Semir fährt jede Strecke mit dem Auto, auch wenn er zu Fuß schneller wäre! ;)