Oh mein Gott-Campino was tust du? Wie soll ich jetzt die nächsten Stunden überstehen, bis das nächste Kapitel online ist? Und ich sage jetzt absichtlich Stunden, denn Tage halte ich nicht aus! Und bitte dann genau hier an dieser unheimlichen Stelle weiter-mich interessiert jetzt weder, ob Jenny bei dem Gewitter schlafen kann, was sich Semir und Andrea zu dem Ganzen denken-na höchstens ein Kevin-Kapitel könnte mich jetzt von dieser unerträglichen Spannung ablenken.
Ich musste ein wenig grinsen, als du den modernen Mann ohne Taschenlampe beschrieben hast , ich besitze noch so altmodische Dinger, natürlich inzwischen mit LED´s und man muss eines dazu sagen-die halten halt einfach länger als Handyakkus und das wird jetzt vermutlich Ben´s nächstes Problem sein-egal was er gerade Schreckliches gesehen hat-ich tippe mal auf einen ermordeten Hans und hoffe, dass Gabriel sich nicht Carina geschnappt und da irgendwo aufgehängt und ausgeweidet hat, aber wer Babys tötet, schreckt vor nichts zurück-gell Campino!
Toll beschrieben, ich habe immer noch Gänsehaut, obwohl bei mir gerade die Sonne vom Himmel brennt und mir eigentlich den Schweiß aus den Poren treibt!
Beiträge von susan
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Wenig später kam ein älterer Arzt zu Ben und stellte sich zunächst vor. Auch er hatte sich zuvor die mitgebrachten Unterlagen seines neuen Patienten durchgeschaut und mit der Schwester von vorhin gesprochen. In dieser Klinik waren Querschnittlähmungen an der Tagesordnung, also hatte man sehr viel Erfahrung damit, die geeigneten Pflegehilfsmittel, Geräte und Bewegungsbäder standen zur Verfügung und das Personal war speziell geschult. Auch Suizidversuche kamen in dieser Extremsituation häufiger vor-es war in den meisten Fällen für die Betroffenen der absolute Supergau, plötzlich zum Pflegefall zu werden. Deshalb waren hier auch fähige Psychologen angestellt, so dass nicht nur der Körper, sondern auch die Psyche systematisch wieder aufgebaut werden konnten, wenn sich der Patient darauf einließ. Und nicht zuletzt half es den Meisten, dass man hier nicht alleine betroffen war, sondern viele andere, denen es entweder schlechter ging als einem selber, oder die schon erstaunliche Fortschritte gemacht hatten, mit einem lebten und litten, sich plagten, aber auch mal Blödsinn machten. Gruppentherapien wurden deshalb genauso gemacht wie Einzelanwendungen und der Gesamtkomplex sorgte für die eigentliche Rehabilitation, aber das würde der gutaussehende junge Mann vor ihm schon am eigenen Leibe erfahren.
„Guten Tag Herr Jäger-ich habe gelesen, dass sie Polizist sind!“ begann er das Gespräch. „Ich habe mir ihre Unterlagen bereits durchgesehen und mit der Schwester gesprochen. Ich würde sie jetzt einfach einmal ärztlicherseits von Kopf bis Fuß durchchecken und dann werden wir im Team morgen gemeinsam mit dem Physiotherapeuten, der sie gleich nach dem Frühstück anschauen wird, einen Behandlungsplan für sie erstellen. Wenn irgendetwas nicht passt, bitte immer sofort melden, wir stehen für alle Fragen jederzeit zur Verfügung!“, erklärte er und begann dann mit geschulten Händen zunächst einmal Ben´s Kopf zu betasten, leuchtete ihm in die Augen, ließ ihn den Mund öffnen und widmete sein Hauptaugenmerk dann der Halswirbelsäule. „Hatten sie in diesem Bereich schon mal Probleme?“, fragte er, aber Ben verneinte. „Allerdings schlafen mir zur Zeit oft die Arme ein, wenn ich meinen Kopf dann anders hinlege, vergeht das wieder-der Physiotherapeut in Donauwörth meinte, da wären irgendwelche Blockaden drin!“, erzählte der jüngere Mann und der Arzt nickte. „Das ist ja auch nicht verwunderlich-wie ich gelesen habe, haben sie versucht sich zu strangulieren und waren auch kurz reanimationspflichtig. Sie haben sich da erstens alle Halsgefäße vorübergehend abgequetscht und dann wurden mit Sicherheit auch die Halswirbel, nachdem sie das Bewusstsein verloren hatten, auseinander gezogen und es kam zu kleinen Mikrorupturen in der Muskulatur, die jetzt den Hals nur schwer stabilisieren kann, aber keine Angst-das kriegen wir hin!“ informierte er Ben, hielt einen Moment mit der Untersuchung inne und sah ihm direkt in die Augen. „Wie sieht es jetzt gerade aus? Ich denke jeder kann nachvollziehen, warum sie versucht haben sich umzubringen und sie sind auch nicht der Einzige hier, der das schon versucht hat. Ich würde jetzt aber gerne von ihnen wissen, wie sie sich heute einschätzen-verschwenden sie da noch einen Gedanken daran, oder ist das gerade nicht aktuell?“, fragte er und Ben schluckte. „Ich habe in der letzten Sekunde als ich dachte, es wäre gleich vorbei, erst gemerkt, dass ich schon noch gerne lebe. Außerdem hätte ich meiner Familie-ich habe eine wunderbare Frau und zwei tolle Kinder-und meinen Freunden etwas Schreckliches damit angetan, das ist mir allerdings erst nach meiner Rettung dann klar geworden!“, beantwortete er leise die Frage des Arztes und wandte den Blick voller Scham ab. „Das wollte ich hören!“, sagte der zufrieden und fuhr mit der Untersuchung fort. Er besah sich Ben´s Oberkörper und die muskulösen Arme, die keinerlei Bewegungseinschränkung hatten und testete die Reflexe dort, die aber normal waren.„Vertragen sie das Essen und Trinken?“ fragte er und Ben nickte. „Nur scharfe Sachen und Fruchtsäuren tun mir noch an der Zunge weh, auf die ich mich während meines Krampfanfalls gebissen habe, wie mir gesagt wurde, aber sonst habe ich die Tage schon ganz normal gegessen“, gab er Auskunft und der Arzt sagte daraufhin: „Dann ziehen wir den Zugang nachher gleich noch raus-sie bekommen natürlich von uns noch Schmerzmittel solange sie sie brauchen, aber eben in Form von Tabletten oder Tropfen-jedes Plastik im Körper ist eine potentielle Infektionsquelle, das möchten wir gerne vermeiden. Der Blutdruck, den die Schwester vorher gemessen hat, war in Ordnung, Fieber haben sie auch keines, also raus damit, wie eben auch mit dem Katheter!“ informierte er den jungen Dunkelhaarigen und der nickte, während der Arzt nun den Bauch abtastete. „Ben spannte unwillkürlich die Muskulatur an, denn es tat natürlich noch ziemlich weh , immerhin war die Bauchoperation gerade mal eineinhalb Wochen her und der Arzt sagte mitfühlend: „Das glaube ich gerne, dass sie da noch Schmerzen haben-wir geben ihnen nachher gleich eine Tablette, sie haben ja auch zwei Riesen-OPs hinter sich, aber aus ärztlicher Sicht sieht das gut aus und da sie auch eine gute Bauchmuskulatur haben, die den Rücken stabilisieren kann, werden wir sie bald im Rollstuhl haben!“ gab er Auskunft und wie magisch wurde Ben´s Blick nun wieder von dem Gefährt in der Ecke angezogen. „Ich will aber wieder laufen können!“ sagte er leise und der Doktor sah ihn nun ernst und mitfühlend an. „Natürlich wäre das schön und wir werden alles versuchen, damit das für sie möglich wird, aber versprechen kann ihnen das niemand. Natürlich können sich der Körper und auch die Nerven wieder erholen, aber für eine spezielle Prognose ist es einfach noch zu früh, versteifen sie sich also nicht darauf. Sehen sie die kleinen Fortschritte, freuen sich darüber, wenn sie wieder mobil sind und sich komplett selber versorgen können, wenn auch im Rollstuhl-das ist unser Erstziel. Was danach noch wieder kommt ist ein Geschenk, aber versprechen kann ihnen niemand, dass sie ihr alte Leben wieder zurück bekommen, so sehr sie sich das auch wünschen.“, sprach er Klartext und Ben musste nun schlucken.
„Wie sieht es mit dem Stuhlgang aus-merken sie, wenn sie zur Toilette müssen?“ fragte der Arzt, aus den Unterlagen wusste er, dass Ben bereits abgeführt hatte, sonst hätte man ihn auch nicht verlegt, aber es war eben nicht zu erkennen, wie weit die Kontrolle des Schließmuskels fortgeschritten war. „Irgendwas merke ich, aber meistens, wenn es zu spät ist!“ antwortete Ben auf die Frage verlegen, das hatte ihm in Donauwörth sehr zugesetzt. „Auch das ist normal-es ist aber gut, wenn sie überhaupt ein Empfinden in diesem Bereich haben. Die versorgenden Nerven treten im Kreuzbeinbereich aus, also ziemlich weit unten, was erstens bedeutet, dass das Rückenmark nicht komplett geschädigt ist, sondern noch Nervenstränge durchgehen und außerdem ist dann auch die Blasenkontrolle mit ein bisschen Training vielleicht in kurzer Zeit wieder vorhanden, das Zielgebiet ist nämlich dasselbe!“ erklärte er. „Wir werden das auch intensiv trainieren, denn die Ausscheidungskontrolle ist ein großer Punkt in einem problemlosen Alltag!“, fügte er hinzu und Ben wurde es jetzt ein bisschen leichter ums Herz, anscheinend waren seine speziellen Probleme gar nicht so speziell und darum getraute er sich dem Arzt nun eine Frage zu stellen, die ihn die ganze Zeit schon sehr beschäftigte. „Wie sieht das eigentlich aus? Kann man als Querschnittgelähmter noch irgendwann wieder Sex haben und da auch was empfinden?“ fragte er voller Bangen und der Arzt sah ihn mit einem feinen Lächeln an: „Das kommt darauf an, wie sie Sex definieren, aber ich verspreche ihnen, sie werden-vielleicht auch mit Hilfsmitteln- mit ihrer Frau auch wieder im Bett glücklich sein, nur vielleicht anders als vorher-dazu haben wir aber auch einen Vortrag und spezielle Schulungen im Programm, das macht dann eine unserer Psychologinnen, die auch Sexualtherapeutin ist.“, klärte er ihn auf und Ben nickte.
Kurz musste er sich drehen und der Arzt besah sich seinen Rücken und das Gesäß. Nun betastete der Arzt noch die Beine und Füße, stellte mit Reflexhammer, Trockeneis und einer stumpfen Nadel fest, wie weit das Gefühl schon reichte und ob die Nerven dort gleichermaßen auf Druck, Schmerz, Wärme und Kälte reagierten, was verschiedene Nervenbahnen waren, aber er war sehr zufrieden mit seinen Untersuchungsergebnissen, obwohl aktuell der Achillessehnenreflex beidseits noch erloschen war, aber der Patellarsehnenreflex unterhalb der Kniescheibe war zwar abgeschwächt, aber beidseitig vorhanden. „Wie kommt das-dass ich innen zwar bis unterhalb der Knie schon was spüre, aber meine Oberschenkel außen völlig taub sind-das ist doch nicht logisch?“ fragte Ben nun und der Arzt sah ihn erstaunt an. „Hat ihnen das noch niemand erklärt? Entwicklungsphysiologisch entstehen Rückenmark und Nerven bei Embryos aus dem sogenannten Neuralrohr. Mit zunehmendem Wachstum differenzieren sich in der Frühschwangerschaft dann Arme und Beine und die Nerven wachsen da sozusagen mit. Allerdings treten die an verschiedenen Stellen aus dem Spinalkanal aus und so liegen die Versorgungsgebiete nach einem speziellen Schema angeordnet eher kreisförmig um die untere Körperhälfte. Man sagt da Dermatome dazu. So kann man auch bei Schmerzen oder Gefühlsstörungen anhand des Musters genau bestimmen, in welcher Etage das Problem liegt, was zum Beispiel bei Bandscheibenvorfällen wichtig ist. Ich gebe ihnen bei Gelegenheit dazu eine Tafel, oder noch besser-wir haben hier in der Klinik ja freies Internet-lassen sie sich ihr Tablet oder ihren Laptop bringen und schauen sie sich das selber an, dann haben sie es auch zuhause. Geben sie einfach „Dermatom“ als Suchbegriff ein, dann gibt es da mannigfaltige Abbildungen. Durch die Frakturen und Quetschungen der Nerven nach ihrem Sturz haben sie leider nicht nur in einer Etage Probleme, aber wenn es gut operiert ist, ist der knöcherne Anteil der Wirbelsäule stabil und die Nerven müssen sich erholen oder vielleicht auch neu einwachsen. Inwieweit das allerdings klappt wird die Zeit zeigen, sie müssen einfach Geduld haben!“ beendete er die Untersuchung und Ben seufzte auf-Geduld war noch nie seine Stärke gewesen!
Der Arzt desinfizierte seine Hände am Desinfektionsmittelspender und verließ dann nach einer freundlichen Verabschiedung seinen Patienten, der jetzt Viel zum Nachdenken hatte. Aber er fühlte sich in dieser Klinik schon mal gut aufgehoben und das war wichtig! -
Als Semir sich vor Angst fast in die Hosen macht, musste ich schmunzeln-ja Caro und Tammy haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Alex allerdings ist zwiegespalten-er ist verliebt, ohne sich das so richtig einzugestehen, aber Caro lässt tatsächlich seine körperliche Annäherung zu. Aber sie hat auch allen Grund sich Sorgen zu machen, denn soeben wurde ein zweiter Anschlag auf sie verübt. Ich darf gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn sie in ihren Wagen gesprungen wäre, um den Flüchtigen zu verfolgen!
Jetzt freue ich mich auf das Training! -
Atemlos habe ich die letzten drei Kapitel gelesen. Jetzt ist es also doch passiert-Jenny hat das Baby verloren und klar, die Statistiken haben Recht, in den ersten Monaten kommt es häufig zu Fehlgeburten. Man tröstet sich dann damit, dass wohl mit dem Kind was nicht in Ordnung war und die Natur das auf ihre Weise gelöst hat-ich spreche da aus Erfahrung, aber trotzdem bleibt ein Leben lang der Gedanke an genau dieses Kind-wie es wohl ausgesehen hätte, wie sein Charakter gewesen wäre, dafür gibt es einfach keinen Trost, nur die Zeit heilt die Wunden ein wenig. Jenny verarbeitet im Traum ihre zerplatzen Hoffnungen aber das wirklich Schlimme ist, dass eben Kevin, der Vater des Kindes, der ja soeben auch einen riesigen Verlust erlitten hat nicht bei ihr sein und das Schicksal mit ihr gemeinsam tragen kann. Ich hoffe ja immer noch, dass er lebt, aber auch dann funktioniert es nicht so nach dem Motto: Dann machen wir einfach ein Neues!
Ben ist ebenfalls sehr mitgenommen, wie eigentlich alle, die davon erfahren, aber ich finde Semir´s Idee, ihn in Urlaub zu schicken auch sehr gefährlich, aber noch ahnt ja niemand, dass Tobias nicht der kaltblütige Mörder war, für den ihn alle halten.
Du hast die Stimmung und die Gefühle wieder wahnsinnig realistisch beschrieben, großes Lob, Campino und wenn man das so liest könnte man meinen, du hättest diese Situation bereits selber erlebt-ich hoffe für dich, dass das nicht der Fall ist, aber inzwischen wissen wir ja, dass du dich extrem gut in andere Menschen hinein versetzen kannst und das auch super beschreibst, eines deiner Markenzeichen. -
Ich bin genauso geschockt wie Semir, aber auch ich bin der festen Überzeugung, das das hier ein Theaterstück war, das vom Buchhalter und Ben aufgeführt wurde, um Erik und die anderen von Ben´s absoluter Loyalität zu überzeugen. Wetten Hartmut findet heraus, dass das Blut nicht echt oder Tierblut ist und die Sache mit den Platzpatronen würde auch wunderbar passen. Was allerdings nicht dazu passt, ist, dass Ben sich vernachlässigt und einfach Sch...aussieht. Also nach wie vor bin ich unschlüssig, allerdings ist die Reaktion der Krüger auch ein wenig merkwürdig. Semir erzählt zwar nun Andrea zuhause was passiert ist und die ist genauso fassungslos wie wir alle hier, aber ich denke die hat ihn eher heim geschickt, um ihn aus der Sache raus zu haben. Semir allerdings lässt nicht locker-er will Ben finden und persönlich zur Rede stellen-genau das würde ich auch tun! Und trotz allem bleibt ein nagender Zweifel-sehr emotional beschrieben das Ganze, gerade auch Semir´s Reaktion und Fassungslosigkeit!
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Der Anwalt hatte ja Akteneinsicht und deshalb die Personalien aller Beteiligten. Klar war auch, dass er sich selber zwar die Finger nicht schmutzig machen, aber dennoch den Auftrag der Scheichs ausführen würde. Er ließ also seine Kontakte spielen und hatte binnen Kurzem einen willigen Helfershelfer gefunden, der ebenfalls aus dem Mittleren Osten stammte, perfekt Deutsch sprach und gegen Bezahlung keine Skrupel kannte. Bei einem Gespräch unter vier Augen wurden ihm die Adressen und Dienstgrade der drei beteiligten Polizisten mitgeteilt und ein Vorschuss bezahlt. Nach der Ausführung der Morde, die auftragsgemäß wie ein Unfall aussehen sollten, würde eine große Summe fließen, die den Auftragskiller die nächsten Jahre sorgenfrei machen sollten-er würde mit dem Geld in die Heimat reisen und dort galten eh andere Gesetze, da war er auch vor den Nachforschungen der deutschen Polizei sicher. Aber er war überzeugt davon, dass nicht der Hauch eines Verdachts auf ihn fallen würde, da er ja weder persönliche Verbindungen zu seinen Opfern hatte, noch sich dumm anstellen würde. Als er sich die erste Adresse ansah-ein wunderschönes kleines Gutshaus, malerisch gelegen unweit von Köln, stellte er nach kurzer Zeit fest, dass da augenblicklich niemand wohnte. Gut-er würde schon herausfinden wo dieser Ben Jäger steckte, vermutlich noch in irgendeinem Krankenhaus, aber er hatte ja noch zwei Opfer.
Als Nächstes observierte er die zweite Adresse-da wohnten eine Frau und zwei Kinder, aber von seiner nächsten Zielperson war auch nichts zu entdecken, an der Klingel stand Gerkhan und als er sich einem der Mädchen gegenüber, das im Garten spielte, als alter Bekannter ausgab und es über den Zaun fragte, wo denn der Papa sei, bekam er zur Antwort, dass der gerade verreist sei, aber es gleich die Mama holen würde. Bis Andrea zusammen mit Lilly wieder am Gartentürchen war, war da niemand mehr und Andrea sah verwundert, aber eigentlich nicht beunruhigt die Straße hinunter. Zu Semir kamen öfter mal alte Bekannte, meistens weil sie was brauchten, oder sich Hilfe bei einem Strafzettel erwarteten, der Mann würde schon wieder kommen, wenn es wichtig war.
Der nächste auf der Liste war ein gewisser Hartmut Freund und nach kurzer Zeit hatte der Auftragsmörder festgestellt, dass der einen Oldtimer fuhr, der aber in der Nacht ganz einfach auf der Straße geparkt war. Ein Lächeln zog über sein Gesicht-wenn so ein alter Schlitten versagte und der Fahrer bei dem Unfall zu Tode kam, würde niemand Verdacht schöpfen. In diesem Fahrzeug gab es noch keinen Airbag und so stand ziemlich schnell fest, wie Hartmut sterben würde und spät in der Nacht, als in der Seitenstraße, in der Hartmut wohnte und selig den Schlaf der Gerechten schlief, niemand mehr unterwegs war, kroch ein dunkel gekleideter Mann unter den Wagen und manipulierte daran herum. Er würde aus der Entfernung die Sache beobachten und im passenden Moment aufs Knöpfchen drücken, so dass dann die Bremsen versagten, seine Chance würde kommen-wenn nicht morgen, dann übermorgen oder in ein paar Tagen! Er legte sich noch ein paar Stunden ins Bett, um sich dann rechtzeitig mit einem gemieteten Fahrzeug, das von einem Verleih stammte, der es mit den Papieren nicht so genau nahm, auf die Lauer zu legen und Hartmut auf dem Weg zur Arbeit zu beschatten, der Vorteil war-er hatte Zeit, viel Zeit, wie ihm der Anwalt eingebläut hatte.
In der Rehaklinik sah Ben seine beiden Begleiter an. „Ihr habt ja gehört-ich werde jetzt dann vom Arzt und der Pflege untersucht und aufgenommen, ich denke alles Wichtige steht in den Unterlagen, oder ich kann es dem Personal hier mitteilen. Fahrt ihr jetzt nach Hause und Sarah, gib den Kindern einen Kuss von mir und streichle Lucky. Morgen kannst du mir ja dann die Sachen bringen, die auf der Liste stehen und frag mal, wann es denn sinnvoll ist, mit den Kindern hierher zu kommen-ich möchte sie unbedingt sehen, wenn auch vielleicht nicht lange. Du Semir richtest bitte Andrea einen lieben Gruß aus und drückst deine Töchter von mir-lange genug haben sie jetzt meinetwegen auf dich verzichten müssen! Und in der PASt grüßt du bitte auch alle ganz herzlich!“, bat er und Sarah und Semir sahen sich an. Das war sozusagen ein eindeutiger Rausschmiss, aber sie konnten Ben verstehen-er würde hier die nächsten Wochen, wenn nicht Monate verbringen und wollte nicht gleich mit Babysitter anrücken.
So verabschiedeten sie sich herzlich und als sie wieder im BMW saßen und die dreißig Kilometer bis Köln fuhren, hatte Semir mit Jenni telefoniert und ganz schnell heraus gefunden, dass Sarah´s Wagen jetzt auf dem Parkplatz der PASt stand-Jenni hatte ihn persönlich aus der Tiefgarage unter der Domplatte geholt und auf dem Gelände der Autobahnpolizei geparkt. Der Schlüssel und auch Sarah´s und Corinna´s Handys lagen in der Dienststelle und so führte der erste Weg direkt in die PASt, wo die Kollegen sofort zu ihnen stürmten und sich erkundigten, wie es Ben ging. „Und Herr Gerkhan-kann ich morgen wieder mit ihnen rechnen? Unsere Personaldecke ist sehr dünn?“, fragte die Chefin und Semir nickte. Irgendwann musste der Alltag ja wieder einkehren und Ben nahm gerade sein Leben selber in die Hand.In der Rehaklinik war inzwischen die nette Schwester zu ihm ins Zimmer gekommen. „So Herr Jäger, ich habe mir gerade die Diagnosen und den Pflegeverlegungsbericht aus Donauwörth durchgelesen, in einer Stunde kommt auch noch der Arzt zu ihnen, aber ich möchte sie mir jetzt erst einmal aus pflegerischer Sicht anschauen. Morgen haben sie gleich um neun einen Termin mit unserem Sportdirektor, der dann gemeinsam mit uns den Trainingsplan festlegen wird. Die Glocke haben sie ja sicher bereits gesehen, scheuen sie sich nicht zu läuten, wenn sie Hilfe brauchen!“, begann sie ihn aufzuklären, während sie die Decke bei Seite legte. Zunächst scannte sie ihn sozusagen mit ihren Blicken, als er vor ihr lag, sie beurteilte mit jahrelanger Erfahrung den Hautzustand, die Hautfarbe und den allgemeinen ersten Eindruck. Dann fragte sie: „Darf ich?“, und schob das Shirt nach oben. Die Bauchwunde war noch mit einem Klebepflaster verbunden, das sie nach Händedesinfektion und dem Anziehen von Einmalhandschuhen rasch und geschickt ablöste. „Die Klammern können wir am Freitag entfernen, habe ich nachgelesen, aber die Wundverhältnisse sind reizlos, wie die Kollegen geschrieben haben“, ließ sie ihn daran teilhaben, was sie feststellte. Den Hydrocollfilm der nach wie vor das abheilende Tracheostoma am Hals bedeckte, beließ sie, sah aber die Strangulationsstriemen. Im Geiste notierte sie, den Arzt dringend auf die psychologische Behandlung hinzuweisen. Ihr neuer Patient wirkte zwar ganz normal, aber er hatte erst vor einer Woche einen Suizidversuch unternommen, das musste dringend aufgearbeitet werden. Sie unterhielt sich mit Ben und versuchte heraus zu finden, ob er immer noch vorhatte, sich etwas anzutun, allerdings machte er gerade nicht den Eindruck. Und so grausam es klang-wenn jemand unbedingt sterben wollte, dann würde er es schaffen, man konnte niemanden rund um die Uhr bewachen, nicht einmal auf der Geschlossenen in der Psychiatrie.
Sie besah sich Ben´s Beine, die schlaff im Bett lagen, stellte aber mit geübten Griffen fest, wie weit die Lähmung aktuell ging. Als Ben ihr erzählte, dass er im Gegensatz zu direkt nach dem Unfall nun bereits wieder bis zu den Knien etwas spürte, wenn auch nicht gleichmäßig rund herum, lächelte sie ihn an: „Sie werden sehen Herr Jäger-da geht noch was und deswegen sind sie ja auch bei uns!“ teilte sie ihm mit und ihr Optimismus war sehr wohltuend für den dunkelhaarigen Polizisten. „Den Blasenkatheter werde ich jetzt dann gleich entfernen, der stört nur!“ sagte sie dann und Ben sah sie fragend an: „Aber ich spüre doch gar nicht, ob ich aufs Klo muss. In Donauwörth haben sie mir erklärt, dass die Blase platzen kann, weil ich nicht merke, wenn sie voll ist!“ protestierte er ein wenig ängstlich und die Schwester sah ihn direkt an. „Das ist richtig, aber sie werden von mir lernen sich selbst einmal zu kathetern. Das ist das kleinere Infektionsrisiko beim Mann. Ein liegender Dauerkatheter ist eine Eintrittspforte für Erreger, während eine sporadische Blasenentleerung unter hygienischen Bedingungen dem Normalzustand nahe kommt. Außerdem-wie sollen sie so Dinge wie die Blasenfüllung wahrnehmen, wenn keine vorliegt? Sie werden lernen zu tasten, wie hoch die Blase steht, um so den richtigen Zeitpunkt zum Kathetern heraus zu finden. Keine Angst-es kommt beim Querschnitt äußerst selten zu Spontanentleerungen, sie müssen also keine Windeln tragen. Die Stuhlentleerung fördern wir zu festen Zeiten mit einem Mikroklist, man kann seinen Darm regelrecht erziehen. Wenn sie sich jetzt bitte noch umdrehen-Moment, ich helfe ihnen ein wenig!“ sagte sie, während Ben schon nach dem Bettgitter griff und sich auf die Seite zog. Nun wurde noch sorgfältig der Verband am Rücken abgelöst, nachdem sie die kurze Hose nach unten geschoben hatte. „Auch diese Wunde sieht gut aus-morgen entfernen wir die Fäden-so haben die das in Donauwörth vorgeschlagen und dann beginnt unsere Ergotherapie auch schon mit der Narbenbehandlung, damit es keine Verwachsungen in die Tiefe gibt, die ihrerseits zu Problemen führen können!“ erklärte sie, während sie schon einen frischen Verband auf die Rückenwunde klebte. Ganz nebenbei registrierte sie, dass Ben keinen Dekubitus am Po hatte und auch fähig war, sich selber zu lagern, man musste ihn vielleicht nur dazu anhalten, das regelmäßig zu tun.Nachdem er sich dann zurück gedreht hatte, schob sie die Sporthose, durch deren weites Hosenbein Sarah den Katheterbeutel gefädelt hatte, vollends nach unten und jetzt errötete Ben doch ein wenig, wobei er sich einen Dummkopf schalt. Was diese Schwester hier tat war ihr Job, aber dennoch war es ihm unangenehm, als sie nun zu einer 10 ml Einmalspritze griff, rasch und geschickt den Blockungsballon entleerte und dann den Katheter einfach so heraus zog. Ein wenig spürte er etwas, aber es war nicht wie normal-ob er dieses aktuell nutzlose Anhängsel da unten wohl jemals wieder für seine vorgesehenen Zwecke verwenden konnte? Die Schwester entsorgte den Beutel in ihrem mitgebrachten Abwurf, zog die Handschuhe aus und half ihm die Hose wieder nach oben zu schieben. „Ich komme später wieder und dann haben sie die erste Lehrstunde, aber zunächst bekommen sie jetzt noch die ärztliche Untersuchung, ich erledige derweil den Schreibkram!“ sagte sie freundlich, deckte ihn wieder zu und verließ mit ihrem mitgebrachten Pflegewagen den Raum.
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Am nächsten Morgen fand nach der Morgentoilette und dem Frühstück die Abschlussuntersuchung statt. Der Professor war zufrieden, einer seiner Assistenten hatte bereits den Verlegungsbrief vorbereitet, dem man jetzt nur noch die Erkenntnisse des Professors hinzu fügte, den Brief dann ausdruckte und eintütete. Auch der Physiotherapeut hatte sich hingesetzt und separat seine Einschätzung und die durchgeführten Maßnahmen für die Kollegen dokumentiert und auch die Pflege fügte einen Pflegeverlegungsbericht hinzu. Zusammen mit den CDs der Röntgen-und CT-Bilder kam alles in einen dicken Umschlag, Sarah half Ben in eine kurze Jogginghose und ein Shirt, denn er wollte ungern im Flügelhemdchen anreisen und wenig später wurde er von zwei jüngeren Sanitätern, die sich auf einen geruhsamen Krankentransport freuten-mit der Hin- und Rückfahrt, wobei sie sich abwechseln würden, war ihre Schichtzeit von 12 Stunden ausgefüllt-auf eine Trage gepackt, zugedeckt und angeschnallt. „Hallo Herr Jäger, wir machen jetzt eine lange Fahrt zusammen, ich hoffe, sie werden nicht so leicht reisekrank!“, plapperte der eine, nachdem er sich vorgestellt hatte, aber Ben schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich bin diesbezüglich Kummer gewöhnt- der Fahrstil meines Kollegen hier, mit dem ich den halben Tag auf der Autobahn verbringe, ist auch nicht so gut, wenn man nen vollen Magen hat, ich bin da abgehärtet!“, sagte er mit einem Grinsen und Semir, der schon mit gepacktem BMW eingetroffen war, zog ein bitterböses Gesicht. „Pah-das stimmt überhaupt nicht, du solltest mal daneben sitzen, wenn du am Steuer bist, das ist noch viel schlimmer! Warte nur, ich werde gleich zu Frau Krüger sagen, dass du wegen Reisekrankheit leider nicht mehr im Außendienst arbeiten kannst!“ flachste er, aber jetzt zog ein Hauch des Kummers über Ben´s Gesicht, was Semir sofort dazu brachte, einzulenken. „Partner-ich habe es nicht so gemeint, ich bin mir ganz sicher, dass wir wieder gemeinsam über die Autobahn düsen und Verbrecher jagen werden!“, sagte er weich und nun glättete sich Ben´s gefurchte Stirn wieder.
Nach der Verabschiedung von den Schwestern und Pflegern, denen Sarah, wie auch der Intensiv, etwas in die Kaffeekasse gesteckt hatte, wurde noch das Lunchpaket für Ben eingepackt und dann starteten sie Richtung Köln. Der Krankenwagen wählte nicht die kürzere Strecke, die Semir immer gefahren war, sondern fuhr geradeaus über die B2 bis Nürnberg und von dort auf die A3, der man bis kurz vor dem Ziel folgen würde. Semir rollte hinter dem Fahrzeug drein, hatte aber mit dem Fahrer die Route vorher besprochen. Auch Sarah und er hatten allerhand Leckereien dabei, die Corinna ihnen eingepackt hatte. Sie würden auch mal an einer Raststätte anhalten, damit alle außer Ben zur Toilette gehen konnten und nach etwa drei Stunden würden sie gemeinsam den Imbiss einnehmen. Die Sanis hatten sich zuvor beim Bäcker eingedeckt und nach einer zügigen Fahrt mit wenig Stau machten sie kurz hinter Würzburg Rast und nahmen gemeinsam hinten im Sanka bei geöffneten Türen und einem wundervollen Blick auf die Residenz ein wohlschmeckendes Mahl ein. „Ich kann fast nicht glauben, dass es erst gute zwei Wochen her ist, als wir hier in der Gegenrichtung gefahren sind!“, bemerkte Ben nachdenklich und nun schwiegen alle-wie viel war seither geschehen, was vielleicht ihrer aller Leben komplett umkrempeln würde!Weitere zweieinhalb Stunden später kamen sie am frühen Nachmittag in der Rehaklinik an. Die lag in landschaftlich schöner Gegend an einen Berghang geschmiegt. Der moderne Bau passte sich hervorragend in die Landschaft ein und man konnte die gepflegten Außenanlagen erkennen. 250 Patienten fanden hier Platz und während der Sanka unter dem Vordach parkte und Ben auf seiner Trage ausgeladen wurde, ging Sarah gleich mit den Unterlagen zur Anmeldung, die eher der Rezeption in einem Hotel glich. Ben wurde zunächst einmal in ein bequemes Bett umgelagert und Semir beobachtete mit Argusaugen, dass da auch alles richtig lief. „Na Herr Jäger-sie haben ihren Polizeischutz ja gleich mitgebracht!“ lachte die Schwester, die ihn aufnahm freundlich. „Ich hoffe alles ist zu ihrer Zufriedenheit, nicht dass ich mich gleich im Knast wieder finde!“ sagte sie frech und Semir sah nun schuldbewusst zu Boden. Gerade wurde ihm wieder klar, warum Ben ihn oft spöttisch mit „Papa“, betitelte. Die Sanis hatten beiläufig erwähnt, dass Ben Polizist war und der kleine Türke sein Partner war und sein Blick hatte anscheinend soeben Bände gesprochen: „Niemand tut meinem Freund etwas, sonst bekommt er es mit mir zu tun!“, sagte der aus, aber die lockere Freundlichkeit, die hier herrschte, war richtiggehend wohltuend.
Die Sanitäter verabschiedeten sich-sie wollten wenn möglich den Stau rund um Nürnberg umgehen und brachen deshalb nach einem Kaffee aus dem Automaten sofort Richtung Heimat auf. So lief Semir nun neben dem Bett her, das ins Patientenzimmer gefahren wurde und kurze Zeit später stieß Sarah dazu. „Jetzt ruhen sie sich erst ein wenig aus, trinken etwas und dann machen wir die pflegerische Aufnahme. Später macht auch der Oberarzt noch die Aufnahmeuntersuchung und dann wird bereits der Trainingsplan für die nächsten Tage erstellt!“ erklärte die Schwester und Sarah beeilte sich zu versichern: „Ich fahre nachher auch noch zu uns nach Hause und bringe das ganze Sportzeug-wir haben leider gar kein Gepäck dabei!“, erklärte sie, aber die freundliche Schwester mit den strahlenden dunklen Augen schüttelte den Kopf. „Frau Jäger-machen sie sich keinen Stress. Wir haben schon gehört, was sie alles hinter sich haben-zur Not haben wir für die Nacht auch hier ein Krankenhaushemd, für die ersten Trainingseinheiten tut es das, was er anhat , also würde ich vorschlagen, sie fahren später nach Hause, ruhen sich selber aus und bringen morgen im Laufe des Tages das Gepäck-haben sie eine Liste erhalten?“, fragte sie und Sarah nickte-der Sozialdienst in Donauwörth, der die Anschlussheilbehandlung organisiert hatte, hatte ihr die ganzen Unterlagen gegeben, aber sie war doch seither nicht mehr zuhause gewesen!
Die Schwester ließ sie erst einmal alleine und Sarah, Ben und Semir konnten sich ein wenig umschauen und das freundliche Zimmer, das eher wie ein Hotelzimmer aussah, auf sich wirken lassen. Alles war groß und geräumig, helle Holzfarben herrschten vor und geschmackvolle Bilder und ein großer Flachbildfernseher zierten die weiß gestrichenen Wände. Ein kleiner Balkon lag vor dem Zimmer, nirgends gab es Schwellen, aber wie magisch wurden Ben´s Augen von dem Rollstuhl angezogen, der in der Ecke des Zimmers stand-würde der sein Schicksal in Zukunft bestimmen? -
Gerade analysiert Caro ihre Gefühle, wie das ja Alex auch ständig macht, aber bevor sie zu einem endgültigen Urteil kommt, wird sie mit ihrem Team zu einem Einsatz gerufen. Mann bin ich froh, dass Andrea nichts passiert ist, aber die Schrecksekunde war nicht schön, Valentina!
Das war wirklich ein richtiges Actionkapitel und sogar der liebe Oberstaatsanwalt mischt schon wieder mit-wird allerdings von Caro mal wieder in die Schranken gewiesen. Oh je, der wird bald vor lauter Zorn ungefähr so viel Druck drauf haben wie ein Schnellkochtopf-hoffentlich gibts da nicht in Kürze ne Detonation.
Während Semir mit seiner Noch-Frau nach Hause fährt, avisiert die Chefin eine gemeinsame Übung-au ja, die wird sicher lustig! -
In der Klinik verging das Wochenende. Ben war wieder in dem Zimmer auf der Normalstation, wo er versucht hatte, sich umzubringen. Ihm fiel durchaus auf, dass entweder Sarah oder Semir immer bei ihm waren und sozusagen Schicht schoben und ein furchtbar schlechtes Gewissen ihnen gegenüber bemächtigte sich seiner. Als er sich hatte davon stehlen wollen, war er von dem vordergründig so schlüssigen Gedanken beseelt gewesen, dass er seine Familie und seine Freunde von einer Last namens Ben befreien wollte, aber er hatte ja bereits im letzten Moment festgestellt, dass er durchaus leben wollte, aber wie sollte er ihnen das verklickern? Außerdem wurde er mit Hilfe des Physiotherapeuten und dessen sachkundiger Anleitung auch stündlich beweglicher und als Sarah das nächste Mal die Beininnenseiten massierte, wie der Krankengymnast das vorgeschlagen hatte, bemerkte er, dass er nun schon bis unters Knie spürte, wo Sarah hin fasste, die Ärzte und Therapeuten hatten also durchaus Recht! Der Transport nach Köln-natürlich liegend- war bereits für den Montag gegen zehn angeleiert und sie hatten besprochen, dass Semir am Morgen mit dem gepackten BMW zum Krankenhaus kommen und mit Sarah auf dem Beifahrersitz den Krankenwagen eskortieren würde. Er hatte schon einmal gesagt, dass sie sich keine Sorgen mehr machen sollten, er würde sich nichts mehr antun, aber irgendwie glaubten sie ihm nicht. Den Psychiater hatte er davon überzeugen können, aber bei den liebsten Menschen auf der Welt gelang ihm das nicht.
Sarah und Semir hatten auch keine konkreten Vorstellungen, wie es in der Reha weitergehen sollte und Semir hatte schon beschlossen wegen Gästezimmern nachzufragen und im Zweifelsfall zu behaupten, Ben stünde unter Personenschutz, wie er das allerdings alleine schaffen sollte, stand in den Sternen. Kein Polizist, der als Personenschützer eingeteilt war, hatte 24 Stunden, sieben Tage die Woche Dienst, wie sollte er das den Leitern der Klinik verklickern-und wie der Chefin in der PASt, die ja nichts davon erfahren sollte, denn so eine Reha konnte durchaus Monate dauern? Sarah musste dringend zu ihren Kindern und würde freilich ganz oft kommen, aber die ging vermutlich nicht als Bodyguard durch-eine verzwickte Situation!Ben konnte inzwischen schon wieder normale Sachen essen und trinken, sie durften nur nicht scharf gewürzt sein-die Zunge heilte, auch war es möglich, ohne dass ihm schwindlig wurde, das Kopfteil höher zu stellen, er übte wie verrückt mit dem flachen Gummiballon und konnte das Manometer spielend zum Ausschlagen bringen, ehrlich gesagt freute er sich auf die Reha, auch wenn er keine Ahnung davon hatte, was ihn dort erwarten würde, aber er würde mitmachen, das war klar! Vor der Verlegung auf die Station hatte man noch den ZVK und die Arterie entfernt. Lediglich einen peripheren Zugang hatte man für alle Fälle gelegt, aber abgestöpselt. Ben sollte auch seine Medikamente als Tabletten nehmen und weil die Entzündungswerte ebenfalls im Normbereich waren, hatte man auch das Antibiotikum abgesetzt. Nur der Blasenkatheter begleitete ihn noch, aber das nahm er hin, wie auch die Schmerzen, die er durchaus noch hatte, aber sie waren auszuhalten, anders als vor der zweiten OP und er bekam auch regelmäßig Schmerztabletten.
Am Sonntag kamen noch Corinna und Klaus um sich zu verabschieden, sie brachten einen weichen Käsekuchen mit und ein paar Becher Kaffee to go und verabschiedeten sich dann herzlich. „Ben-wir sind dir von Herzen dankbar. Du hast ohne auf dich selber Rücksicht zu nehmen als Polizist und Freund gehandelt, als Corinna entführt wurde und hast jetzt deshalb massive gesundheitliche Probleme. Wie das alles zusammenhing, war damals noch nicht abzusehen, aber du hast dein Bestes getan und mit Hilfe deiner Freunde und Kollegen sitzen jetzt die Übeltäter hinter Schloss und Riegel, die militärischen Geheimnisse sind wieder sicher-jetzt musst nur du wieder gesund werden. Wir drücken dir dafür die Daumen und Sarah wird uns auf dem Laufenden halten!“ sagte Klaus und hatte Tränen der Rührung in den Augen als er Ben die Hand drückte. Sie aßen und tranken gemeinsam und als die Besucher weg waren, fasste Ben sich ein Herz. Gerade waren Semir und Sarah gemeinsam im Zimmer, im Fernseher lief eine Sportsendung, aber jetzt schaltete Ben das Gerät entschlossen aus. „Sarah-Semir, ich muss mit euch reden!“ sagte er, denn gerade fiel ihm ein Spruch ein: „Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden“, und daran würde er sich jetzt halten. Seine Frau und sein bester Freund setzten sich an sein Bett und musterten ihn aufmerksam, was hatte Ben auf dem Herzen?
„Glaubt ihr, ich merke nicht, dass ihr mich nicht aus den Augen lasst? Seitdem ich versucht habe, mir etwas anzutun, habt ihr mich nicht mehr alleine gelassen und ich danke euch dafür!“, sagte er und hob die Hand, als Sarah etwas darauf erwidern wollte. „Schatz-lass mich ausreden, bitte! Inzwischen ist mir klar geworden, dass ich euch etwas Furchtbares angetan hätte, wenn mein Versuch erfolgreich gewesen wäre und dafür möchte ich mich bei euch entschuldigen. Sich einfach so davon stehlen ist egoistisch, wobei ich euch versichern kann, dass ich am Sonntag in der Nacht von dem Gedanken beseelt war, es wäre besser, die Welt wäre von einem Krüppel wie mir befreit. Da hat aber auch Selbstmitleid eine Rolle gespielt, das ist mir inzwischen klar geworden. So einige Ärzte und auch Pflegekräfte haben mir inzwischen deshalb mit Recht den Kopf gewaschen, nur ihr seid so mitfühlend und milde zu mir, dass ich mich damit gar nicht wohl fühle. Ich habe euch zwar schon gesagt, dass ich in letzter Sekunde dann doch nicht mehr sterben wollte und eigentlich nur durch dein beherztes Eingreifen, Sarah, gerettet werden konnte, aber das hätte ich mir ja auch durchaus vorher überlegen können. Ich finde ihr solltet mich jetzt alle beide ordentlich verhauen, dann wäre mir wohler und ich verspreche euch, auch wenn ihr mir vielleicht aktuell nichts mehr glaubt, dass ich mein Möglichstes tun werde, um wieder so fit wie möglich zu werden. Ich merke jeden Tag, wie es besser geht und auch wenn es vielleicht nie mehr so wie früher wird-ich bin bereit zu kämpfen, mich abzurackern und das Bestmögliche heraus zu holen. Aber das Wichtigste ist-ich werde mich nicht mehr versuchen umzubringen-glaubt mir das bitte und ich freue mich auf die Reha. Nur würde ich da ungern mit zwei Babysittern anrücken, ich mache mich ja vor meinen Mitpatienten und dem Personal lächerlich, bitte fahrt ihr morgen, wenn ihr mich sozusagen abgeliefert habt, nach Hause und besucht mich nur gelegentlich. Allerdings möchte ich dringend so bald wie möglich meine Kinder sehen, ich habe eine wahnsinnige Sehnsucht nach ihnen!“ schloss er seine Rede und nun überzog ein strahlendes Lächeln das Gesicht sowohl von Sarah als auch von Semir, der Ben auch gleich eine symbolische Backpfeife verpasste. „Normalerweise hätte ich dich jetzt in den Bauch geboxt, aber ausnahmsweise halte ich mich damit zurück, das würde vielleicht unter diesen Umständen zu sehr weh tun-nimm also das und jetzt sind wir quitt-du hast mich überzeugt!“ erwiderte er schlicht und Sarah küsste nun ihren Mann innig und hatte dabei Tränen in den Augen. „Was Schöneres hättest du uns jetzt nicht sagen können, ich liebe dich und vertraue dir!“ war alles, was sie nun heraus brachte, während ihr die Tränen der Rührung und der Erleichterung übers Gesicht liefen.
So kam es, dass Semir den Abend und die Nacht ruhig, nach Wurstsalat und Bier auf der Terrasse, in Mündling verbrachte und Sarah und Ben nach dem Durchgang der Nachtschwester noch eine Kuschelstunde in seinem Bett abhielten, obwohl das aus hygienischen Gründen nicht gerne gesehen wurde, aber das war ihnen schlichtweg egal.
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Am Nachmittag kam Ben tatsächlich auf die normale Station. Man hatte Sarah heute offiziell entlassen, denn man konnte der Krankenkasse schlecht einen so langen Aufenthalt verkaufen, ohne entsprechende Diagnostik-jetzt blieb einfach alles so wie es war, nur war Sarah jetzt wieder nur Begleitperson. Dadurch hatte sie mehr Freiheiten und getraute sich auch tatsächlich am Nachmittag ein wenig zu Corinna und Klaus zu fahren, während Semir bei Ben blieb. Semir würde nachts wieder bei dem jungen Paar schlafen, weil Ben ja dann Sarah an seiner Seite hatte. Stillschweigend waren sie überein gekommen, dass sie Ben bis zu seiner Verlegung einfach nicht alleine lassen würden, egal ob er protestierte oder nicht, zu tief saß noch der Schock über die Ereignisse der Nacht von Sonntag auf Montag.
Sarah und Corinna machten einen Waldspaziergang, Sarah telefonierte zuvor lange mit Hildegard, wobei sie es vermied mit Tim zu sprechen, weil er das letzte Mal danach lange nach der Mama geweint hatte. „Weisst du Corinna-ich vermisse meine Kinder so schmerzlich, obwohl ich sicher bin, dass die bei unserer Kinderfrau bestens versorgt sind, aber jetzt habe ich sie schon so lange nicht mehr gesehen, ich habe große Sehnsucht und freue mich auf Montag, wenn ich sie endlich wieder in meine Arme schließen kann, wenn alles planmäßig verläuft. Ich habe extra aus dem Internet gemeinsam mit der Frau vom Sozialdienst eine Rehaklinik ausgesucht, die möglichst nahe bei Köln ist, damit wir Ben immer besuchen können. Ich hoffe er ist jetzt vernünftig geworden, denn ich halte das nicht mehr aus, wenn er nochmals versucht, sich etwas anzutun, aber er hat uns hoch und heilig versprochen, dass er da keinen Gedanken mehr daran verschwendet, nur habe ich davon am Sonntag ja auch überhaupt nichts gemerkt und das macht mir ein bisschen Angst!“, vertraute sie ihrer Cousine an, während die beiden sich Bewegung verschafften. „Ich bin ja keine Fachfrau, aber ich denke, wenn jemand ernsthaft vorhat, sich umzubringen, dann wird er das auch schaffen-eine Kollegin von mir war in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie und hat es sogar dort gemacht. Aber du sagst ja, er übt wie verrückt, also denke ich einfach, er will jetzt doch leben und du musst deinem Mann auch irgendwann wieder vertrauen. Danke übrigens, dass du auch mir wieder vertraust-ich hatte schon Angst, dass du nach meiner blöden Aktion mit dem Handyfoto, das uns beinahe in einem Harem hätte verschwinden lassen, nichts mehr mit mir zu tun haben wolltest!“, sagte Corinna, während sie einen steilen Berg zügig hinauf wanderten. „Corinna ich war stocksauer auf dich, aber wir sind nun schon so viele Jahre, seitdem wir Kinder waren, miteinander verbunden, es ist ja nochmals gut raus gegangen, ich war zwar sauer auf dich, aber jetzt gibt es einfach wichtigere Dinge in unserem Leben, als miteinander zu streiten!“, beschied ihr Sarah, während sie ein wenig schwerer atmend die Anhöhe erklommen hatten und nun einen grandiosen Blick über das Ries hatten. „Danke!“, sagte Corinna nun einfach und drückte die Vertraute ihrer Kindertage ganz fest und Sarah erwiderte die Umarmung.Die beiden Scheichs saßen in Frankfurt in Untersuchungshaft. Dennoch hatten sie ja das Recht auf einen Anwalt und auch wenn sie gut Deutsch sprachen, verlangten sie einen, der ihre Sprache verstand und wenig später sprachen sie unabhängig voneinander mit einem Mann aus ihrer Heimat, der einer Frau zuliebe nach Deutschland ausgewandert war und hier eine florierende Kanzlei betrieb. Einer der Scheichs fand schnell heraus, dass dessen Familie noch in der Heimat war und er bekam das Messer auf die Brust gesetzt: „Ich verlange von dir zwei Dinge: Erstens sorgst du dafür, dass wir so schnell wie möglich nach Hause ausgeliefert werden und dann wollen wir Rache an den beiden Polizisten, die uns verhaftet haben und dem Typ, der dafür verantwortlich ist, dass wir aufgeflogen sind und das bisher anscheinend überlebt hat-immerhin lautet die Anklage bei ihm nicht auf Mord, sondern nur auf schwere Körperverletzung, wie uns mitgeteilt wurde. Finde heraus, wo die drei sich aufhalten und bestrafe sie mit dem Tod, am besten durch Unfall, ansonsten wird deine Familie ausgerottet, die Männer und Kinder werden getötet, die Frauen verschwinden im Harem und du weisst-ich habe die Macht dazu!“ drohte der Scheich und wenig später verließ ein zitternder Anwalt das Untersuchungsgefängnis-das Dumme war, er wusste, dass er tun musste, was der einflussreiche Scheich verlangte, sonst war seine Familie im mittleren Osten, die ihm viel bedeutete, verloren.
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Ben´s Genesung schritt zügig voran, am nächsten Tag bekam er schon milde Breikost zu essen, Semir übernachtete noch ein weiteres Mal bei ihm auf der Intensiv und weil der Hals nicht zu schwoll und Ben weiterhin außer Schmerzmitteln keine Medikamente mehr brauchte, wurde bei der Visite entschieden, dass er am Nachmittag-inzwischen war es Freitag geworden-auf die Normalstation verlegt werden konnte. „Wenn keine weiteren Komplikationen eintreten und sie auch nicht mehr auf die Idee kommen Blödsinn zu machen“, sagte der Professor mit vielsagendem Blick, woraufhin Ben verlegen weg sah, „können wir sie am Montag in die Rehaklinik zur Anschlussheilbehandlung verlegen. Ihre Frau hat ja bereits eine Klinik heraus gesucht, die nicht allzu weit vor den Toren Kölns liegt, so dass sie regelmäßig Besuch von ihren Angehörigen empfangen können. Die Einrichtung hat einen guten Ruf und es gibt auch Standards, die deutschlandweit in der Rehabilitation von Wirbelsäulenverletzten gleich sind, aber wenn nächste Woche ihre Schonzeit, die das Metall zum Einwachsen und das Gewebe zum Abschwellen gebraucht hat, vorbei ist, dann liegt es an ihnen, ihrer Motivation und ihrer Mitarbeit, wie fit sie letztendlich werden!“, bläute er ihm ein und der junge dunkelhaarige Polizist nickte. „Am Montagmorgen komme ich noch zur Abschlussuntersuchung zu ihnen auf die Station und dann werden meine Kollegen bei Köln die Weiterbehandlung übernehmen.
Ich weiss, es ist eine ganz schöne Strecke, aber ich würde mich sehr freuen, wenn sie in einigen Monaten, wenn sie selber wieder fahren können, zu einem Zwischencheck zu mir kommen würden-rufen sie einfach zuvor an und vereinbaren einen Termin. Nächstes Jahr kann man dann vermutlich das Metall entfernen-bis auf die Cages, die bleiben drin, aber ich würde ihnen raten, dann ebenfalls hierher zu kommen-es ist bei uns Knochenflickern wie am Bau-prinzipiell machen wir es schon ziemlich ähnlich, aber wer weiss, wo die Leitungen verlegt sind, ist klar im Vorteil!“, sagte er augenzwinkernd und nun stellte Ben die für ihn alles entscheidende Frage: „Wie sieht es aus-denken sie, ich kann jemals wieder laufen?“ fragte er, aber da zuckte der Arzt mit den Schultern: „Ich bin nicht der Herrgott, auch wenn ich versuche einen guten Draht nach oben zu pflegen!“, sagte er schmunzelnd und bekreuzigte sich-man sah schon, dass man im katholischen Bayern war. „Aber ob und wie Nervenbahnen sich erholen ist eine Frage der Zeit, der Stimulation und letztendlich auch von Glück. Meine Kollegen und ich haben unser Möglichstes getan, auf jeden Fall haben sie keine komplette Querschnittlähmung, aber was da noch kommt, kann aktuell Keiner voraussehen. Vertrauen sie auf sich und ihre Kraft-ihre Familie und ihre Freunde werden sie mit Sicherheit unterstützen und glauben sie mir, egal was auch geschehen wird-das Leben ist zu wertvoll, um es einfach weg zu werfen-was denken sie, warum ich mir sonst oft die Nächte um die Ohren schlage, um jungen wie alten Unfallopfern eine Chance zu geben? Sie können wieder glücklich sein-egal ob etwas zurück bleibt oder nicht-nehmen sie ihr Schicksal an und machen sie das Beste draus-ihre entzückenden Kinder werden es ihnen danken!“, befahl er regelrecht nach einem Blick aufs Nachtkästchen, wo ein Foto stand auf dem ihre ganze Familie drauf war. Es war an der Hochzeitsfeier geschossen worden und Corinna hatte es vorbei gebracht-ein Bild aus glücklichen Tagen, Ben auf seinen zwei Beinen mit Tim auf dem Arm und Sarah mit der in die Kamera strahlenden Mia-Sophie in ihrem weißen Kleidchen. „Ich werde mir Mühe geben!“, flüsterte Ben nun und das kam wirklich von Herzen.Nach der Visite kam wieder der Physiotherapeut und behandelte Ben, heute eine ganze Stunde lang. Diesmal durften Sarah und Semir die komplette Zeit dabei bleiben und beobachteten fasziniert, wie die riesigen Hände des kräftigen Mannes Ben ganz sanft berührten. Wieder begann er am Kopf, mobilisierte die Kiefergelenke und zeigte Ben auch gleich ein paar Übungen wie die Zunge weit heraus strecken, um die zu entspannen. Man sah wie die langsam heilte, aber wund war sie immer noch. Der Halswirbelsäule widmete er sich ebenfalls sorgfältig. „Durch die Strangulation ist es dort mit Sicherheit auch zu kleinen Gewebeschäden gekommen, schlafen ihnen nicht die Arme manchmal ein?“ fragte er, während er ans Kopfende des Bettes trat und Ben regelrecht lang zog, was augenblicklich einen Teil seiner Schmerzen verschwinden ließ. Ben nickte: „Wenn ich meinen Kopf dann anders hinlege verschwindet das wieder“, gab er Bescheid und der Physio nickte. „Wir müssen eine Narbenbildung in den Weichteilen dort unbedingt verhindern, ich werde das in den physiotherapeutischen Verlegungsbericht extra reinschreiben, nicht dass sich die Kollegen in Köln auf die untere Körperhälfte fokussieren. Ich komme übrigens morgen nochmals zu ihnen, eigentlich habe ich das Wochenende frei, aber ich muss eh mit meiner Frau zum Einkaufen in die Stadt und behandle sie dann morgen nochmals eine Stunde, das habe ich mit meinem Chef schon ausgemacht. Bis Montag ohne Physiotherapie ist in ihrem Fall zu lange und wir wollen doch nichts versäumen!“ gab er Bescheid und Sarah wunderte sich, wie flexibel das Personal hier war. Sowas würde an der Uniklinik in Köln keiner machen, entweder man hatte Dienst oder frei. Allerdings fiel ihr dann wieder ein, dass die Physios dort generell am Wochenende auch eine Notbesatzung fürs Haus stellten, die dann wahrscheinlich die wichtigen Fälle sieben Tage die Woche versorgten.
So sahen sie und Semir nun staunend zu, wie Ben von oben bis unten massiert, bewegt und stimuliert wurde und die manchmal doch auch kräftigen Berührungen und Manipulationen anscheinend schmerzfrei über sich ergehen ließ. Zum Schluss holte der große Mann noch eine Art stabilen, leicht aufgeblasenen Gummiballon heraus und legte den, indem er Ben, der nun eine Weile zur Rückenbehandlung auf dem Bauch gelegen hatte, darauf drehte, unter dessen Po. „Dort hinten kommt am Meisten, diese Nervenbahnen werden sich vollständig erholen, darum versuchen wir jetzt gleich die Piriformismuskeln, das sind diese ganz kleinen Muskeln, die zwischen den Wirbeln liegen, zu trainieren. Sie versuchen jetzt mit ganz kleinen Anspannungen diese Muskeln in Aktion zu setzen. Sehen sie-hier bekommen sie ein Manometer in die Hand, da haben sie die Eigenkontrolle. Wenn die Nadel ausschlägt haben sie es richtig gemacht!“, erklärte er und mit ein bisschen Übung schaffte Ben es tatsächlich seine Muskeln im unteren Rücken und am Gesäß so anzuspannen und zu entspannen, dass die Nadel ausschlug. „So-das machen sie jetzt noch zehn Minuten, dann Pause und heute über den Tag verteilt noch dreimal. Damit können sie auch am Wochenende alleine üben und wir sehen uns dann morgen!“ verabschiedete er sich, aber Ben hatte kaum Zeit dafür, denn voller Konzentration brachte er die Manometernadel ein ums andere Mal zum Ausschlagen, wobei ihn Sarah und Semir fast ein wenig belustigt betrachteten. Er sah gerade aus wie Tim, wenn der etwas Neues lernte, aber sie waren sich jetzt beide sehr sicher, dass Ben alle Kraft in seine Genesung stecken würde. -
Ja ich empfinde so Dudelmusik auch als Folter und kann das Alex nachvollziehen! Der fährt gemeinsam mit Semir zu Caro und Tammy ins Büro und die merkwürdigen Kollegen starten dort auch gleich eine Attacke auf Hildegard-wie gemein! Auch wenn die Beschreibung des knackigen Kollegen-der mich entfernt an jemanden erinnert
-Lust auf mehr macht, benimmt sich der nicht korrekt. Jetzt war Alex sozusagen noch am neuen Attentat beteiligt, da hilft es auch nicht die Knospen mit Tesa wieder anzukleben
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Aber was Caro sehr viel mehr wurmt ist, dass er hinter ihrem Rücken herum spioniert und das kann ich auch ein wenig nachvollziehen-dabei ist Alex zumindest ja heiss entflammt und wenn man Tammy´s Worten glauben darf, ist Caro auch nicht abgeneigt, jetzt müssen die beiden nur noch zusammen kommen! -
Semir ist schon kurz davor die Suche aufzugeben, da entdeckt er Ben-ja die Art sich zu bewegen macht jeden einzigartig-ich erkenne ohne Brille in der Sauna die Menschen auch nur an ihrem Gangwerk
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Zuvor wird er von der Krüger, der die Sache ebenfalls noch nahe geht, was sie sympathisch macht, darauf vorbereitet, dass er einen neuen Partner bekommen wird-Sch...gefühl, kann ich mir vorstellen!
Vermutlich ist das tatsächlich der Buchhalter, der jetzt "entsorgt" werden soll, aber ich bin ebenfalls gespannt, was Semir jetzt tun wird-ich würde die Truppe erst einmal beschatten und dann eingreifen, wenn es nötig wird, aber ich bin gespannt, was jetzt als Nächstes passiert-und muss mich immer zusammen reißen, um nicht auf einem anderen Portal weiter zu lesen! -
Oh Gott-was ist mit Jenny? Verliert sie jetzt das Kind? Ich habe ja immer noch ein bisschen Hoffnung, aber andererseits endet tatsächlich nicht jede Schwangerschaft mit einem gesunden Kind! Aber vielleicht hat sie ja auch nur eine akute Blinddarmentzündung!
Obwohl das auch nicht schön ist, aber das kann man überleben-als Mutter wie als Kind.
Einerseits bin ich froh, dass Semir und Ben sie noch erwischt haben, aber jetzt bleibt Kevin´s Schicksal vielleicht für immer ungeklärt und Ben wird von den Engeln ausgeweidet-auch keine schöne Vorstellung. -
Ben ist einerseits in Gefahr und andererseits hat er in Carina die Stütze, die er gerade so notwendig braucht-sehr sensibel geschrieben, großes Lob, aber das Drama geht weiter!
Jenny hat nämlich jetzt beschlossen, sich selber auf die Suche nach Kevin zu machen-verdammt! Ja ich sehe sie auch schon im Flieger sitzen und Semir und Ben hinterher! Immerhin ist Juan-wenn er schon selber nicht mitfliegt-wenigstens so fair, dass er wenigstens Semir verständigt.
Aber mir fällt gerade ein anderes Horrorszenario ein-Semir folgt Jenny alleine nach Südamerika und Ben, den man nicht erreichen konnte, weil er bei Carina war und sein Handyakku leer war, bleibt alleine mit den Engeln zurück!
Ja Campino-deine Signaturen passen immer perfekt auf meine aktuelle Lebenssituation-wie das nur kommt?
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Es dauerte nicht sehr lange, dann kam ein großer, kräftiger, sehr sympathisch wirkender Physiotherapeut zu Ben: „Herr Jäger, ich würde sie gerne passiv erst ein wenig durch bewegen und dabei auch versuchen, ihre beschädigten Nervenbahnen zu stimulieren. Ist das in Ordnung für sie?“ fragte er und bat dann Sarah und Semir: „Ich habe gehört, dass sie vom Fach sind, bzw. ein enger Freund, aber ich würde sie bitten, uns etwa 30 Minuten alleine zu lassen-zur Befunderhebung und damit mein Patient und ich uns kennen lernen können. Danach würde ich ihnen auch Übungen zeigen, die sie gemeinsam mit ihm machen können!“ bat er und nach einem kurzen Seitenblick auf Ben, der aber nickte, erhoben sich Sarah und Semir. „Wir gehen auf einen Kaffee in die Cafeteria-bis dann!“ sagte Sarah mit einem Lächeln und dann verließen sie und der kleine Türke das Zimmer. „Herr Jäger-ich habe schon gehört, was sie alles hinter sich haben und dass es für sie so schlimm war, dass sie keinen Ausweg mehr gesehen haben. Ich würde ihnen jetzt gerne dabei helfen körperlich wieder fit zu werden und das wird in den nächsten Wochen und Monaten für sie zwar viel Arbeit bedeuten, aber ich kann ihnen versprechen dass es sich lohnen wird, sich darauf einzulassen. Der Körper ist ein Wunderwerk der Regeneration und noch kann niemand sagen, wie ihre beschädigten Nervenbahnen heilen werden. Wir fangen hier langsam an und in der Reha wird das dann weiter geführt, darf ich sie aufdecken und mir ihren Körper ansehen?“, fragte er und Ben, dem der große Mann auf Anhieb sympathisch war, nickte. Der nahm erst die Decke beiseite, entfernte bis auf das kleine flache Kopfkissen alle Lagerungshilfen und zog Ben dann auch das Hemd aus, das er allerdings sorgfältig zusammen faltete und auf seinen Schambereich legte. Dann scannte er erst mit seinen Blicken den Patienten, nahm aber sofort seine großen warmen Hände dazu, deren Berührungen sehr angenehm waren. Er begann mit dem Kopf und bat Ben die Augen zu schließen. Vorsichtig und doch bestimmt, berührten die Hände den Kopf, die Stirn und die Kiefergelenke. Ben hatte durch den Schmerz im Mund unwillkürlich die Zähne fest aufeinander gebissen, aber als er jetzt gebeten wurde locker zu lassen und der Therapeut dabei nachdrücklich an den Kiefergelenken manipulierte, bemerkte er voller Erstaunen, wie der Schmerz weniger wurde. „Verspannung bedeutet Schmerz, Herr Jäger-ihre aktuelle Aufgabe, bevor man mit den großen Bewegungen anfangen kann ist jetzt, aktive Entspannungsübungen zu erlernen und bewusst Muskeln an- und entspannen und da fangen wir gleich mit der Kiefermuskulatur an“, erklärte er. Dann forschten die Hände weiter zum Nacken und auch dort zog der Mann sanft Ben´s Kopf nach oben, drückte hier, schob ein wenig da und schon fühlte der junge dunkelhaarige Polizist sich besser. Stück für Stück berührte der fremde Mann ihn, aber mit jeder Berührung und auch den sachlichen Erklärungen dazu wuchs Ben´s Vertrauen und erstaunt nahm er seinen Körper mit seinen ganzen Schmerzen und Verwundungen wieder wahr, den er irgendwie ausgeblendet hatte, als ob er nicht mehr zu ihm gehören wollte. Es waren ja tatsächlich Teile des Unterkörpers völlig sozusagen vom Netz, aber andere Nervenbahnen waren intakt und deren Verlauf ertastete der Physio, stellte die Grenzbereiche fest und fragte immer wieder: „Spüren sie das?“ und Ben fühlte in sich hinein und nickte entweder oder verneinte. Gerade die Innenseiten der Oberschenkel waren hoch sensibel und der große Mann mit den ebenfalls großen und doch so sanften Händen sagte: „Ich werde ihrer Frau nachher ein paar Übungen zeigen, denn sie kommen da durch die Operationswunde gerade nicht so gut ran, aber von da aus müssen wir arbeiten. Nerven haben Vernetzungen, es gehen Impulse durch den Rückenmarkskanal nach unten, so dass sie aktuell einen inkompletten Querschnitt haben, aber ich kann ihnen nur aus meiner langjährigen Erfahrung mit Traumapatienten sagen: Solange das Rückenmark nicht komplett durchtrennt ist, bestehen Chancen, ich kann natürlich keine Prognose abgeben, aber vielleicht können sie eines Tages doch wieder laufen, ich wünsche es ihnen!“ machte er Ben Hoffnung und der schöpfte gerade wieder neuen Mut.
Nun kamen auch schon Semir und Sarah zurück und wie versprochen, zeigte der Krankengymnast ihr noch, was sie an Ben´s Beinen machen sollte. „Stimulieren sie mehrmals täglich mit sanftem Druck die Nerven, streichen sie, reiben sie-immer sanft, es soll nicht weh tun- die Hautareale, aber das Gehirn muss die Beine wieder wahr nehmen-und viele andere Dinge auch, aber das kommt später!“ sagte er und breitete dann die Decke wieder über Ben und zog ihm geschickt das Hemd an, ohne ihn dabei zu entblößen, obwohl sich Ben gerade vor Sarah und Semir ja nicht geniert hätte. Aber es zeugte von Achtung vor dem Schamgefühl seines Patienten und als der Physio sich jetzt verabschiedete und während er seine Hände desinfizierte versprach, morgen wieder zu kommen, sagte Ben: „Dankeschön-ich freu mich drauf!“ und nun ging der Mann mit einem leisen Lächeln.
Als die Schwester wenig später ins Zimmer kam, sagte sie: „Und wie fühlen sie sich nach dem Besuch unseres Wunderheilers?“ und Ben sagte ohne nachzudenken: „Besser-viel besser!“ und es war wirklich eine Tatsache.Als allerdings nach einer kurzen Pause dann der Psychiater, der ihm auf den ersten Blick unsympathisch war, zu ihm kam, um das verlangte Konsil zu machen, wurde er ziemlich schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück geholt. Sarah und Semir wurden kurzerhand hinaus geschmissen-nicht wie vorhin freundlich zum Gehen aufgefordert- und eine halbe Stunde lang musste Ben sich wegen seines erneuten Suizidversuchs rechtfertigen und hatte die allergrößte Mühe den Arzt davon zu überzeugen, dass er seine Tat nicht wiederholen wollte. Nach diesem Gespräch lag er völlig erschöpft und voller Schmerzen in seinen Kissen, die Schwester gab ihm vorsichtig einen Schluck stilles Wasser mit einem Trinkhalm zu trinken, denn inzwischen klebte Ben´s wunde Zunge am Gaumen und sie sagte mitfühlend: „Lassen sie es sich nicht so zu Herzen gehen, es gibt Menschen, die wollen anderen helfen und welche, die das nicht können-wir können uns leider nicht aussuchen, welcher Arzt aus der Psychiatrie zum Konsil geschickt wird, aber auf diesen hier könnten wir alle verzichten. Aber das Wichtigste ist-er hat auf den Konsiliarschein geschrieben, dass er bei ihnen keine akute Suizidgefahr mehr sieht und so können sie, sobald es ihnen körperlich ein wenig besser geht, heimatnah in eine Rehaklinik verlegt werden!“ stellte sie Ben in Aussicht und darüber war er jetzt sehr froh und schlief dann vor Erschöpfung schon, als Sarah und Semir, die draußen ein wenig spazieren gegangen waren, zu ihm zurück kamen.
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Liebe Leser!
Nur eine kurze Info für euch-heute Nacht ist meine Mutter gestorben, ich habe neben meiner Trauer auch sehr viel zu erledigen. Das nächste Kapitel ist zwar schon fertig, ich werde aber erst weiter posten, wenn ich wieder ein wenig runter gekommen bin und der Alltag einkehrt-bis dann!
Eure susan -
Als die Nacht herein brach, befahl Semir, dass Sarah sich in ihrem Zimmer ins Bett legen sollte und schlafen. Er würde bei Ben bleiben und Sarah, die nicht schon wieder umfallen und allen Sorgen machen wollte, fügte sich. Die Nachtschwester brachte dann den bequemen Mobilisationsstuhl mit Kopfkissen und Decke für Semir und so schlief der neben seinem Freund und es wurde eine ruhige Nacht ohne irgendwelche besondere Vorkommnisse. Die Schwester hatte den Monitorbildschirm auf Privatmodus gestellt, was bedeutete, dass der im Zimmer dunkel war, aber man draußen an der Stationszentrale und von jedem anderen Monitor aus die Werte einsehen konnte. Sie wechselte noch die Infusionen und Perfusoren, so dass in nächster Zeit nichts leer werden und piepen würde und dann schloss sie die Schiebtür. Einmal in der Nacht kam sie leise herein, saugte Ben ab und bettete ihn mit Semir´s Hilfe, aber dann schliefen die beiden Freunde Seite an Seite wieder ein und auch der Krampfanfall wiederholte sich nicht.
Am Morgen lief die Morgenroutine an und wenig später kam auch schon Sarah, die gut geschlafen, bereits ihr Frühstück vertilgt hatte und wieder auf dem Damm war. Sie half ihren Mann zu waschen und jetzt war er so wach und fit, dass die Schwester der Frühschicht beschloss, ihn nicht mehr zu fixieren, denn er reagierte völlig adäquat. Sie nahm auch die Beatmungsmaschine, an der Ben schon völlig ohne Unterstützung in einem Spontanatemmodus geatmet hatte, weg und setzte nur ein sogenanntes T-Stück-einen Plastikaufsatz mit auswechselbarem Filter- auf die Trachealkanüle auf und gab ihm minimal Sauerstoff darüber. Bei der Visite waren alle sehr zufrieden, der Viszeralchirurg ordnete noch die Entfernung der letzten Easyflowdrainage aus der Bauchwunde an, was die Schwester umgehend erledigte und Ben einen Moment das Gesicht vor dem kurzen Schmerz verziehen ließ, aber dann wurde ein dicker Verband darauf gemacht und man ließ den Patienten mit seinen beiden Betreuern wieder alleine. Semir hatte sich ebenfalls kurz frisch gemacht und in der Cafeteria gefrühstückt.
„Nachher soll der HNO-Arzt nochmals in ihren Hals schauen, vielleicht können wir es heute wagen, die Kanüle zu entfernen!“, informierte ihn der Stationsarzt und tatsächlich-als wenig später der Facharzt in Ben´s Hals sah, nickte er zufrieden mit dem Kopf. Heute hütete er sich allerdings, die Zunge zu packen und heraus zu ziehen, sonst wäre Ben ihm vermutlich vor Schmerz an die Gurgel gegangen, denn er war durch den Zungenbiss übel verletzt „Das sieht gut aus im Rachen, Herr Jäger, wir geben ihnen noch ein wenig Cortison zur Abschwellung und eine halbe Stunde später werden sie ihr lästiges Anhängsel dann los!“, sagte er und wenig später spritzte die Intensivpflegekraft ihrem Patienten 250mg Prednisolon in den ZVK. Eine halbe Stunde später fuhr man den Notfallwagen ins Zimmer-der würde im Stand-By bleiben, bis Ben sicher gut Luft bekam-und dann schickte man Sarah und Semir kurz vor die Tür. Falls es nicht klappte und man Ben reintubieren musste, würde das eine blutige unschöne Sache werden, denn man fuhr in diesem Fall mit einem Spreizer in das Loch im Hals und stopfte regelrecht mit Gewalt eine dünnere Kanüle hinein und das war nicht schön anzusehen. Wenn Patienten längere Zeit tracheotomiert waren, wuchs ein dünnes Häutchen um die Wunde und kleidete das Tracheostoma aus. Dann war es problemlos möglich die Kanüle einfach so zu wechseln, aber bei Ben waren es gerade mal zweieinhalb Tage, da war das einfach eine frische Wunde am Hals.
Man saugte Ben ein letztes Mal ab, was ihn heftig zum Husten brachte, drehte den Sauerstoff für ein paar Minuten hoch, damit er gut aufgesättigt war und als der Stationsarzt das Kommando gab, entblockte die Schwester die Kanüle und der Arzt zog sie nun einfach mit derselben Drehbewegung, mit der er sie eingeführt hatte, heraus. Sofort wischte die Schwester den Hals mit einer trockenen sterilen Kompresse ab und klebte dann einen wasserdichten Hydrofilm darüber. Plötzlich ging die Luft wieder auf dem normalen Weg über Nase und Mund und Ben, der voller Angst die ganzen Manipulationen über sich hatte ergehen lassen, holte tief Luft. Man stülpte ihm noch eine Ohiomaske übers Gesicht und führte ihm kurzzeitig Sauerstoff in einer höheren Dosierung zu, aber das war gar nicht nötig, denn Ben bekam problemlos Luft, er hatte nur noch ein gewisses Kloßgefühl und natürlich Schmerzen am Hals. Allerdings tat das nicht so weh wie seine wunde Zunge-das war aktuell der Hauptschmerz, obwohl er ja durchaus ziemlich hoch dosiert Schmerzmittel bekam. „Na das hat ja wunderbar geklappt!“ freute sich der Stationsarzt und drehte den Sauerstoff auch schon runter. „Bitte mach mir doch in ein paar Minuten noch ein Blutgas!“, bat er die Schwester und zu Ben gewandt, sagte er: „Wenn sie auch nur irgendwie das Gefühl haben, sie bekommen schlecht Luft, oder ihr Hals schwillt zu, sagen sie bitte sofort Bescheid!“ und der krächzte nun: „Mach ich!“, was ein Lächeln auf dem Gesicht des Arztes erscheinen ließ. Na da war ihre nächtliche Aktion in seinem letzten Dienst ja sehr erfolgreich gewesen und wieder einmal hatten sie ein Leben gerettet. Außerdem wirkte der Patient überhaupt nicht mehr suizidal, aber trotzdem würde er jetzt den Psychiater verständigen, der ein längeres Gespräch mit ihm führen würde.Sarah und Semir waren wie zwei Tiger auf dem Flur vor der Intensivstation auf und abgelaufen. Einerseits verstanden sie ja warum-vor allem Sarah, die ja wusste, was bei einer Dekanülierung alles passieren konnte und warum man sie raus geschickt hatte- aber dennoch war es einfach schwer, Ben jetzt im Stich zu lassen. Beiden fiel ein Stein vom Herzen, als man sie etwa 15 Minuten später wieder herein holte und der Patient ganz zufrieden mit einer guten Sättigung und ohne Kanüle im Bett lag und das Ganze anscheinend gut überstanden hatte. „Schatz-wie wunderbar, ich liebe dich!“, flüsterte Sarah gerührt und nach einem kurzen Räuspern, denn ein wenig komisch war es schon noch und außerdem sprach es sich schwer mit einer wunden Zunge im Mund, antwortete Ben: „Ich liebe dich auch-und sorry, dass ich euch so viel Kummer gemacht habe!“ , und daraufhin schloss er die Augen und ruhte sich, mit Argusaugen bewacht von seinen beiden engsten Vertrauten, noch ein wenig aus.
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Ben war dagelegen und hatte die Gegenwart seiner Frau genossen, die an seinem Bett saß. Manchmal war es ganz gut, wenn man nicht sprechen konnte und sich deshalb auch nicht rechtfertigen musste! Er wollte ihr eigentlich dringend sagen, dass ihm schon exakt in dem Moment, als sich die Schlinge um seinen Hals zugezogen hatte, klar geworden war, dass er leben wollte und auch alles tun würde, um wieder so selbstständig wie möglich zu werden, aber trotzdem blieb das schlechte Gewissen, was er ihr angetan hatte. Aus den Gesprächen hatte er entnommen, dass Sarah ihn gefunden und dann gemeinsam mit dem Personal sein Leben gerettet hatte-er hätte ihr diese ganze Aufregung aber ersparen können, war sie durch ihre eigene Entführung und die Rettung in letzter Sekunde doch sowieso schon angeschlagen! Aber so musste er einfach warten, bis es ihm möglich war, sich zu verständigen. Dann überkam ihn plötzlich ein merkwürdiges Gefühl, er sah Lichtblitze und kniff die Augen zu, um ihnen zu entgehen, aber da wurden sie nur noch mehr. Voller Entsetzen merkte er, wie seine Muskeln sich kontrahierten und dann wusste er nichts mehr.
Irgendwann kam er langsam zu sich, er war furchtbar müde, sein Körper war schwer wie Blei und seine Gedanken schwappten träge in seinem Kopf. Dann spürte er, dass er sich anscheinend auf seine Zunge gebissen hatte-aua, tat das aber weh-und er hatte Muskelkater irgendwie am ganzen Körper. Er merkte, wie er herum gehoben und geschoben wurde-anscheinend war er in der Röntgenabteilung, aber ihm war einfach alles egal und so schloss er seine Augen erneut und ließ die Ärzte und Pfleger machen. Schon wieder fehlten ihm ein paar Stunden seiner Erinnerung und das war irgendwie beängstigend, aber die Müdigkeit ließ nicht zu, dass er sich größere Gedanken machte, darum schlief er einfach weiter. Dann hörte er Stimmen-aha anscheinend erstattete der Arzt gerade Sarah und Semir Bericht über seinen Gesundheitszustand und er versuchte, genau zuzuhören, was aber sehr schwierig war, denn irgendwie fehlte ihm der Zusammenhang. Dann aber hörte er die Schlagworte Krampfanfall, Gehirn und nun war ihm plötzlich klar, warum seine Zunge so schmerzte-er hatte anscheinend gekrampft und sich da drauf gebissen. Wenn er nur nicht so müde wäre-er musste seinen Angehörigen doch wissen lassen, dass er noch da war und sein Kopf auch funktionierte! Dann wurde es still im Zimmer und plötzlich fühlte Ben eine vertraute Berührung an seiner Hand, die immer noch angebunden war, wie er konstatierte. Semir sprach mit ihm und beschwor ihn wieder gesund zu werden und zum Zeichen, dass er ihn verstanden hatte, mobilisierte Ben alle Kraft und erwiderte den Händedruck, bevor er sich wieder seiner übergroßen Müdigkeit hin gab.
Als er das nächste Mal wach wurde, fühlte er sich schon besser und war auch munterer. Er öffnete die Augen und Semir, der ihn anscheinend gerade besorgt gemustert hatte, blickte ihn überrascht an, weil er ihn gleich fixierte. Dann wanderte Ben´s Blick suchend im Zimmer herum und seine Lippen formten eine tonlose Frage, die Semir aber sofort verstand: „Wo ist Sarah?“, sollte das heißen und er gab seinem Freund die ehrliche Antwort: „Ben-die liegt auf der Station in ihrem Bett und muss sich ein wenig ausruhen-das Ganze war wohl ein bisschen zu viel für sie, aber mach dir keine Sorgen, ihr fehlt nichts Ernstes und wenn ihr Kreislauf wieder mitspielt, wird sie dich sicher bald besuchen kommen!“, teilte er ihm mit und innerlich jubelte er-Ben war wieder da und reagierte nicht nur gezielt, nein er konnte sich sogar verständlich machen!
Wenig später wurde Ben von den Pflegekräften frisch gelagert, abgesaugt und Blutgase angefertigt und Semir nutzte die Gunst der Stunde, um zu Sarah zu eilen, die immer noch blass war, jetzt aber ziemlich viel getrunken hatte, unter anderem auch Cola, das ihr Corinna besorgt hatte und deren Kreislauf sich allmählich beruhigte. „Sarah-Ben ist wach und hat nach dir gefragt!“ sprudelte er regelrecht heraus und jetzt hielt Sarah nichts mehr in ihrem Bett. Sie bedankte sich bei Corinna, die ihr den ganzen Nachmittag zur Seite gestanden hatte und darüber selber sehr froh war-so hatte sie wenigstens das Gefühl, sich wegen ihres Fehlers ein bisschen revanchieren zu können. Sie hatten gemeinsam Hildegard angerufen und erfahren, dass es den Kindern und Lucky gut ging, allerdings fiel ihre Kinderfrau aus allen Wolken, hatte sie doch erst kurz zuvor einen Anruf erhalten, dass Ben über dem Berg war und jetzt war schon wieder alles anders mit dem Papa der ihr anvertrauten Kinder! Die Sorgen hörten einfach nicht auf und auch sie litt mit Sarah, die ihr sehr nahe stand, ziemlich mit. Sarah schickte ihre Cousine nun nach Hause, schlüpfte aus ihren Leggins und in die Jeans und machte sich im Badezimmer noch ein wenig frisch. Dann ging sie mit neuem Elan auf die Intensivstation und wurde von ihren Kollegen dort mit einem freundlichen: „Na geht’s wieder?“, begrüßt, was sie mit einem Nicken beantwortete. Wenig später neigte sie sich über Ben und küsste ihn und obwohl er noch ziemlich geplättet war, roch er ihren Duft-Corinna hatte Sarah gut ausgestattet und ihr wohlriechendes Deo und neben Kleidung auch Schminksachen gebracht-und dann zog ein Lächeln über sein Gesicht. Seine Lippen formten ein paar Worte und Sarah konnte sofort verstehen, was er sagen wollte: „Ich liebe dich!“, und plötzlich war sie sich ganz sicher-alles würde gut werden! -
Hallo Valentina!
Mann, bei euch hat das Unwetter ja ganz schön zugeschlagen, ich habe mit Schaudern gelesen, wie es euch erwischt hat-ich hoffe, die Lage beruhigt sich bald, aber gerade sieht es nicht so aus bei dem Starkregen , Sturm mit Tornados und den Gewittern hier bei uns in Bayern und vor allem in der Region, in der du lebst-halt die Ohren auf jeden Fall steif und danke, dass du uns trotzdem mit weiterem Lesestoff versorgst.Caro geht Alex einfach nicht aus dem Kopf! Er macht eine Riesensauerei auf seinem Schreibtisch, fixiert sein Handydisplay, ja ich würde sagen Alex ist schwer verliebt
und alle, sogar die Chefin kriegen das mit. Aber das macht nichts, denn dadurch, dass er Caro informiert, ist die auf Sander´s Angriff vorbereitet und mobilisiert alle höher gestellten Behörden, so dass der Staatsanwalt zu seinem großen Ärger erst einmal ruhig gestellt wird und der Fall bleibt wo er ist. Das Wortspiel mit Einstein war übrigens originell! Allerdings wäre es zu ihrem eigenen Schutz sehr sinnvoll, wenn Caro den Mitarbeitern der PASt vertrauen würde, aber sie ist ja gerade anderweitig beschäftigt-die gemeuchelte Pflanze muss beerdigt werden!
Gute Idee von Alex,da eine Neue zu spendieren-mit Blumen erobert man doch das Herz einer Frau!
Aber Semir hat Recht-ich bin mir auch ziemlich sicher, dass Caro und der Oberstaatsanwalt sich schon von früher kennen und nicht gut aufeinander zu sprechen sind-was da in München damals wohl vorgefallen ist?