Maria hatte kurz überlegt, aber sie würde die Fesseln des jungen Polizisten nicht lösen. Falls der noch irgendwelche Kräfte mobilisieren konnte, würde er sich vermutlich wehren und so begann sie langsam und genüsslich das Hemd aufzuschneiden, bis Ben nackt und bloß vor ihr lag. Absichtlich hatte sie die Schneide des kleinen, aber scharfen Messers manchmal ein wenig tiefer gleiten lassen, als nötig gewesen wäre, so dass einige blutende Kratzer auf Ben´s Armen zurück blieben. Das war einerseits eine kleine Warnung an ihn und andererseits erregte es die elegante Frau. Ben hatte die Luft angehalten, aber keinen Ton von sich gegeben. Er wusste, was die Verrückte jetzt von ihm erwartete, aber wenn er sie nicht zufrieden stellen würde, würde sie mit diesem Messer vielleicht Körperteile abschneiden, auf die er nicht verzichten wollte. Er überlegte fieberhaft, was er tun könnte, aber ihm fiel nichts ein.
Nun zog sich Maria auch schon komplett aus. Noch nie hatte eine nackte Frau Ben weniger interessiert als jetzt. Er war ja früher kein Kostverächter gewesen und manchmal sogar mit Zeuginnen oder Tatverdächtigen in die Kiste gesprungen. Semir hatte ihn deshalb in der Vergangenheit des Öfteren getadelt, aber seitdem er mit Sarah zusammen war, hatten ihn andere Frauen nicht mehr interessiert. Klar schaute er mit Wohlwollen auf hübsche weibliche Wesen, die seinem Beuteschema entsprachen, aber er hatte nie einen Gedanken daran verschwendet, fremd zu gehen-er hatte doch zuhause alles, was ein Mann begehrte. Seiner Sarah und ihm wurde im Bett-oder auch anderswo-nie langweilig, sie hatten Freude am gemeinsamen Sex und eigentlich hatte er sich für den Abend, an dem er entführt worden war, bereits wieder wunderbare Dinge ausgedacht.
Dass es jetzt so enden sollte, hätte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Alles vom Nabel abwärts war ein einziger Schmerz, es brannte und tat weh und er musste eigentlich dringend auf die Toilette, aber alles war zu geschwollen und empfindlich. Zofia hatte mehrfach in der Nacht das Handtuch unter seinem Unterleib erneuert und er hatte das Blut gesehen. Irgendetwas war dort ganz und gar nicht in Ordnung, außerdem fieberte er, ihm war immer wieder übel und sein Bauch tat von den Schlägen des Kolosses weh.
Nun wurde seine Aufmerksamkeit wieder auf Maria gelenkt, die voller Staunen und fasziniert die kleinen Blutströpfchen betrachtete, die aus den Kratzern an seinen Armen sickerten. Sie beugte sich über ihn und leckte ein wenig Blut ab. Ben sah voller Abscheu, wie sie verzückt davon kostete-na klar, sowas gefiel der Verrückten.
Fieberhaft dachte er nach, was er tun oder sagen sollte, um die Situation hier zu überleben, denn eines war sonnenklar-er konnte und wollte kein Kind mit dieser brutalen Frau zeugen. Er wusste, dass sie Maria hieß-der Behinderte hatte sie einmal so genannt. Anscheinend hatte sie diesmal nicht vor, ihm das Teufelszeug zu spritzen, das ihn bewegungsunfähig machte. Falls er sie dazu bringen könnte, ihn los zu machen, hätte er vielleicht, wenn er alle Kräfte mobilisierte, eine Chance sie k.o. zu schlagen. Immerhin war er in Selbstverteidigung ausgebildet und wusste, wie man mit Technik und wenig Kraft einen anderen Menschen ausschaltete. Beim letzten Mal hatte es nur nicht funktioniert, weil der Koloss über Kräfte verfügte, die fast unmenschlich waren.
So legte er nun alles Begehren in seine Stimme, das er aufbringen konnte. Wenn es nötig war verfügte er über Schauspielerqualitäten-und hier ging es um sein Leben! „Maria!“, sagte er. „Du bist so wunderschön, ich möchte dich gerne überall berühren!“, dabei stieß ihn nicht nur ihre Seele, sondern auch ihr Körper ab. Sie war zwar nicht dick, hatte aber keine Kurven wie seine Sarah, sondern wirkte irgendwie kantig und unweiblich, auch wenn er den Duft eines sicher teuren Parfums roch, die Muskeln vermutlich mit Trainingsgeräten fit gehalten wurden und ihr Gesicht auch beileibe nicht hässlich war. Aber wahre Schönheit kam eben von innen und er kannte Frauen, deren Körper war überhaupt nicht perfekt, aber dennoch waren sie hoch attraktiv, eben weil sie ein herzliches Lachen, strahlende Augen mit Lachfältchen, einen edlen Charakter oder sonstige Fähigkeiten hatten, die einen Mann genauso wie das Äußere ansprachen. Aber im Krieg und in der Liebe war alles erlaubt, sagte man-nun, er befand sich hier im Krieg und durfte deswegen lügen. Tatsächlich konnte er erkennen, dass Maria einen kurzen Augenblick überlegte. Dann aber zog ein verächtliches Grinsen über ihr Gesicht. „Du sollst mich nicht berühren, sondern ein Kind zeugen, das geht auch im Liegen!“, erwiderte sie hart und Ben atmete enttäuscht aus. Er musste gegen eine anflutende Übelkeitswelle ankämpfen, als er in ihrem Mundwinkel die Blutspur sah-sein Blut.
Maria´s Blick richtete sich auf seine Körpermitte. „Und-wird’s bald?“, blaffte sie und erst nach einer Weile begriff Ben, was sie erwartete-eine Erektion. „Tut mir leid, aber auf Knopfdruck kommt ein Mann nicht in Stimmung!“, versuchte Ben zu erklären, aber wieder lachte sie auf. „Da habe ich aber was ganz anderes gelesen-ihr braucht doch nur an ne Frau denken und schon wirds eng in eurer Hose. Hier ich bin nackt, das muss genügen-oder gefalle ich dir etwa nicht!?“, fügte sie drohend an und Ben in dessen Kopf es verzweifelt ratterte, beeilte sich zu versichern: „Nein, nein, du bist wunderschön-nur ich müsste erst mal dringend zur Toilette“, versuchte er eine Ausflucht, aber da fuhr ihm Maria sofort wieder in die Kandare. „Du hattest die ganze Nacht und den Morgen Zeit, um deine Bedürfnisse zu befriedigen, jetzt bin ich dran und wenn ich schwanger bin, was heute zu hundert Prozent passieren wird, kannst du meinetwegen aufs Klo, aber nicht vorher. Ich will dich jetzt sofort!“, presste sie hervor und bevor sich der dunkelhaarige Polizist versah, hatte sie sich schon rittlings auf ihn gesetzt. Nur-natürlich regte sich bei ihm gar nichts, im Gegenteil, der Schmerz und die Angst fluteten wie eine Welle über ihn hinweg und er erbrach sich aufs Kopfkissen.
„Was soll das-findest du mich etwa zum Kotzen!“, schrie nun Maria mit vor Zorn funkelnden Augen und verpasste ihm einen harten Schlag ins Gesicht, der seine Lippe aufplatzen ließ. Ben hatte es fast erwartet, als sie begonnen hatte, ihn zu schlagen, fand sie Gefallen daran und prügelte nun erst mal mit den Händen und Fäusten auf ihn ein, bis sie selber ganz außer Atem war. Ben hatte versucht mit dem Kopf auszuweichen und als sie seinen Bauch bearbeitete, hatte er die Muskeln angespannt, damit sie ihn nicht noch mehr verletzte, wobei das schweineweh tat-der Koloss gestern hatte ihn ordentlich erwischt und die Rippen schmerzten sowieso, als wenn er 15 Runden geboxt hätte.
Ben überlegte schon die ganze Zeit, während er den Kaskaden von Schlägen auszuweichen versuchte, was er sagen könnte, damit sie von ihm abließ. „Ich würde ja gerne mit dir schlafen, aber ich bin es gewohnt, oben zu liegen!“, schwindelte er, aber jetzt hatte er wahrlich zu dick aufgetragen. „Halt den Mund und tu, was von dir verlangt wird, sonst wirst du mich kennen lernen!“, brüllte Maria mit endloser Wut in der Stimme, schwang sich von ihm herunter und packte ihren Schal, den sie achtlos hatte zu Boden fallen lassen. Genüsslich schwenkte sie ihn vor seinen Augen: „Na warte-dir werde ich helfen, du wirst mir jetzt sofort deinen Samen geben, sonst hol ich mir den und ein falsches Wort, dann hast du einen Knebel im Mund!“, keifte sie und sah sich dann suchend im Zimmer um.
Semir hatte indessen voller Sorge und Abscheu auf dem Monitor verfolgt, was Maria mit seinem Freund anstellte. Dieter und Jenny waren inzwischen im Haus, Dieter passte in der Küche auf, dass die ältere Frau mit dem Kind nicht türmte und Jenny kam nun die Treppe nach oben, auf der Suche nach ihrem türkischen Kollegen. Sie meinte aus einem Zimmer Ben´s Stimme vernommen zu haben und wollte gerade eintreten, da stellte sich Semir, der mit Tränen in den Augen den Bildschirm beobachtete, ihr in den Weg. „Jenny-lass bitte Ben seine Würde-er wird gerade von einer Frau vergewaltigt und ich habe keine Ahnung wo er sich befindet-das ist eine Videoaufzeichnung. Hartmut ist unterwegs, er ist der einzige, der jetzt noch helfen kann, aber bitte bleib draußen-es ist schlimm genug, dass ich das mit ansehen muss, aber ich versuche aus den Bildern irgendeinen Hinweis zu bekommen, wo er sein könnte“, probierte er zu erklären. In diesem Moment hörte man einen markerschütternden Schrei, der in einem Gurgeln endete und Jenny gefror fast das Blut in den Adern, während Semir sie hinaus schob und die Tür hinter ihr schloss. Oh mein Gott-was hatte dieses Monster seinem Freund nur angetan?