Beiträge von susan

    Abends wurde Ben wieder mit dem Rollbrett auf die Thekla,den Mobilisationsstuhl gezogen und diesmal klappte es schon viel besser mit der Rumpfstabilität.Der Klettgurt wurde wieder um seinen Oberkörper geschlungen und da man das Rückenteil so kippte,dass er von hinten gestützt wurde,tat es auch nicht mehr so weh auf der Brust. Ein Tisch wurde vorne an den Stuhl angesteckt,der ihn zusätzlich stützte und dann bekam er einen Kartoffelbrei mit Sauce zu essen.Das erste annähernd richtige Essen seit Wochen! Obwohl das Geschmackserlebnis nicht gerade erste Sahne war,schluckte Ben trotzdem den Brei mit Genuss-das war einfach ein Stück Normalität und man beschloss,am nächsten Tag die Ernährungssonde zu entfernen.Wieder versuchte Ben selber zu essen und wie mittags war es noch nicht so ganz unproblematisch,aber sogar die Hand-Mundkoordination wurde immer besser.Auch die Zunge tat ihm deutlich weniger weh und die Ganzkörperschmerzen,die ihn doch sehr geplagt hatten,waren verschwunden.Nach einer halben Stunde putzte man ihm im Sitzen noch mit einer milden Zahnpasta die Zähne und heute konnte er den Schaum schon ausspucken,der an den letzten Tagen immer mit dem Sauger entfernt worden war.Das frische Gefühl in seinem Mund war einfach göttlich und Ben war sehr zufrieden,als er kurz danach wieder in sein Bett gebracht wurde.Er schaffte es auch schon selber,sich zur Seite zu drehen und als Semir noch eine kurze Runde mit dem Gehwagen durchs Zimmer lief,blieb er ein wenig bei ihm stehen und lächelte ihn zuversichtlich an. „In ein paar Tagen marschierst du mit diesem Fahrzeug rum,da bin ich mir ganz sicher!“ beschwor er seinen Freund und der nickte überzeugt.Das wäre doch gelacht,wenn das nicht klappen würde!

    Noch zweimal am Abend wurde er ans T-Stück gehängt und jedesmal fiel es ihm leichter.Nach diesem für ihn ereignisreichen Tag schlief er wie ein Stein und auch Semir tat das Gleiche.Der war mit der Zeitschrift in der Hand bei Licht eingeschlafen und die Nachtschwester nahm ihm die lächelnd aus der Hand und löschte die Bettlampe.

    Am nächsten Morgen wurde nach dem Waschen bei Semir eine Röntgenaufnahme im Bett gemacht und als die gut aussah,beschloss man,später die Thoraxdrainage zu entfernen.Bei Ben wurde gleich wieder die Spülung vorgenommen und wie an den vergangenen Tagen stand ihm Semir bei.Es tat Ben trotz peripherer Schmerzmittel sehr weh und er klammerte sich an Semirs Hand fest,dass die Handknöchel weiss hervortraten.Aber auch da war der Arzt sehr zufrieden. „Herr Jäger,das sieht schon ziemlich sauber aus.Das Fieber ist auch stark gesunken und die Temperatur nur noch leicht erhöht.Wenn heute die Entzündungswerte noch gefallen sind,werden wir die Drainagen morgen entfernen!“ kündigte er an,während noch ein Klebeverband befestigt wurde.Ben lockerte den Griff um Semirs Hand und der rieb sich anschliessend dieselbe-er fand es im Moment nicht so sonderlich gut,dass Ben schon wieder soviel Kraft hatte.Die Ernährungssonde wurde einfach so herausgezogen und Ben,der sich schon Wunder was dabei vorgestellt hatte,musste zwar kurz würgen,als sie an seinem Rachen vorbeiglitt,aber das wars auch schon.Was für ein schönes Gefühl,wenn nichts mehr in der Nase drückte und im Rachen kein Fremdkörper mehr war!

    Heute sass Ben schon viel länger in seinem Mobilisationsstuhl und genoss seinen Kaffee aus dem Schnabelbecher und eine Portion Griessbrei.Der umgehängte Latz war zwar noch nötig,aber Ben war dermassen konzentriert bei der Sache,dass das Meiste doch in seinem Mund landete.Semir,der gleichzeitig sein Marmeladenbrötchen vertilgte,musste schmunzeln,als er Bens Bemühungen,sauber zu essen und trinken,sah.Das war wichtig für seinen Kollegen,dass das mit dem Essen wieder klappte.Der war doch normalerweise ständig am Futtern und er hatte durch die schwere Erkrankung auch stark abgenommen.Dringend nötig,dass er wieder ein bisschen Fleisch auf die Rippen bekam.
    Man liess Ben noch draussen sitzen,hängte ihn ans T-Stück und als wenig später der Arzt zu Semir kam und ankündigte,die Thoraxdrainage zu entfernen,bat er die Schwester pantomimisch,den Stuhl ein wenig näher zu Semirs Bett zu fahren und diesmal nahm er die Hand seines Freundes,der ihn überrascht ansah.
    Als der Klebeverband an der Thoraxdrainage entfernt wurde,verzog Semir schon das Gesicht.Jede Manipulation an dem dicken Schlauch tat ihm schweineweh und als man dann erst desinfizierte,dann die Fäden löste und danach die Drainage langsam und vorsichtig zwischen seinen Rippen herauszog,war es diesmal Semir,der laut brüllte und beinahe Bens Hand zerquetschte.Nachdem er noch verbunden war-man hatte eine luftdichte Hautschutzplatte über den Einstich geklebt und einen Verband darübergemacht-blieb Semir schweratmend auf dem Rücken liegen und erholte sich von dem Eingriff,während Ben weiter seine Hand festhielt und ihn dadurch tröstete.

    Als wenig später Ben wieder zurückgefahren und ins Bett gebracht wurde,drehte sich Semir zu ihm um und sagte gerührt: „Danke Mann,das war sehr nett von dir!“ und diesmal lächelte Ben in sich hinein. „Na ja,eine Hand wäscht die andere!“ dachte er und rollte sich dann zufrieden unter seiner Decke zusammen.

    Na ja-wenn zu mir jemand sagen würde: Hey,du bist launisch und arrogant!-dann würde ich das nicht kommentieren.Das ist ja immer die Wahrnehmung anderer-so wirkt man auf die,ob man möchte,oder nicht.Entweder es stimmt nicht,dann kann ich nur versuchen,die anderen vom Gegenteil zu überzeugen und besonders freundlich und kollegial sein,oder es stimmt,dann ist mir das egal,denn dann fühle ich mich den anderen ja überlegen.
    Manchmal passt ein Mensch halt einfach nicht in ein spezielles Team und da die Macher von Cobra bei Action Concept ja schon viele Jahre eng zusammenarbeiten,muss man sicher besonders teamfähig sein,um da reinzukommen.

    Das ist aber nett von Thure,das Frühstück mit in die PASt zu bringen-Semir und Tom sind jedenfalls dankbare Abnehmer.
    Aha,jetzt wissen wir auch,dass das Ding,das Tom und Semir aus der KTU entwendet haben,war ein Schwangerschaftstest und nachdem die beiden ja doch auch Detektive sind,haben sie natürlich haarscharf kombiniert,wie alles zusammenhängt!
    Allerdings verhält sich Thure ganz gentlemanlike und überlässt es Anna selbst,ihre beiden Kommissare darüber aufzuklären.Und Hartmut ist immer noch sauer-na ja,Hauptsache er hat bewiesen,dass jemand an Annas Garagenschloss war. ;)

    Also Elli-das hast du richtig gut gemacht,Semirs Therapie-genau so würde man auch vorgehen.Erst mal Intensivstation,Stabilisierung,Antibiose und später dann OP.Hey-und ich glaube,Semir hat heute von dir seinen ersten Katheter bekommen-die werden uns verfluchen,die Jungs :D
    Aber wie man sieht,kann auch ein übermüdeter Arzt gute Medizin machen (bei uns gibts am Wochenende noch 24 Stundendienste,übrigens!)

    Endlich darf Andrea jetzt zu Semir und Margot fährt nach Hause,um ihr den Rücken freizuhalten.Ah-jetzt wissen wir auch,dass Margot und Ben sich schon länger duzen-na klar,wieviel die in Ellis Storys zusammen mitgemacht haben,war das schon lange fällig!

    Ja das wäre auch realistisch,dass man Kollegen nicht so einfach zu den Patienten lässt-die bedeuten nämlich meistens eher Stress,wobei das bei Semir sicher nicht so wäre!

    Als Konrad im Wagen sass,um schnurstracks zu Julia zu fahren,dachte er an die vergangene Nacht.Irgendwie waren ihm die Geschehnisse des Tages,Bens Krampfanfall,die Standpauke von Bens Chefin und nicht zuletzt Julias Anruf am Abend,die ihn schwer enttäuscht beschuldigt hatte,sie wissentlich falsch über Bens Befinden informiert zu haben.Dieses Gespräch hatte darin gegipfelt,dass Julia sich verbeten hatte,dass er momentan mit ihr Kontakt aufnahm-zu enttäuscht war sie gewesen!
    Er hatte noch ein paar Gläser Kognak getrunken und drei Zigarren geraucht und war dann ins Bett gegangen.Dort hatten ihn Alpträume heimgesucht und gegen Mitternacht war er aufgewacht und hatte gedacht,eine eiserne Klammer würde sich um seine Brust schliessen.Der Schweiss war ihm ausgebrochen und er hatte gemeint,hier und jetzt sterben zu müssen.Er hatte seinen Ärztefreund angerufen und der war kurze Zeit später-er wohnte ganz in der Nähe-mit Arztkoffer und tragbarem EKG angerückt.Immerhin hatte Konrad schon mal einen Infarkt gehabt und so war jeder bereit,sofort zu springen,wenn er irgendwas am Herzen spürte.Er hatte ihn gründlich untersucht,ein EKG geschrieben und einen Troponinschnelltest gemacht,der einen Infarkt angezeigt hätte.Als ausser einem erhöhtem Blutdruck nichts festzustellen gewesen war,hatte er ihm ein Spray in den Mund gesprüht,das den Druck senken und das Herz entlasten sollte,ihm eine Schlaftablette verpasst und war bei ihm geblieben,bis es ihm wieder besser ging.Sie hatten über Ben und Julia gesprochen und sein Freund hatte ihm ins Gewissen geredet.Ausserdem hatte er ihm regelrecht verboten,am nächsten Tag in die Firma zu gehen,sondern ihm dringend geraten,die Sache mit seinen Kindern ins Reine zu bringen,denn sonst wäre der nächste Infarkt vorprogrammiert.

    Als er alleine gewesen war,hatte er überlegt,was wohl gewesen wäre und vor allem geblieben,wenn er vorhin einfach gestorben wäre.Er hatte vermutet,dass die Firma weiterlaufen würde,aber seine Kinder,die ihm ja trotzdem sehr wichtig waren,würden wenig gute Erinnerungen an ihn haben.Deshalb würde er versuchen die Prioritäten in seinem Leben neu zu setzen.Mit diesem Vorsatz war er jetzt bei Ben gewesen und war nun auf dem Weg zu Julia.

    Obwohl Ben tief und fest geschlafen hatte,hatte man die Beatmungsform nicht umstellen müssen.Langsam kräftigte sich die Atemmuskulatur und als die Schwester und der Arzt gemeinsam zur kleinen Nachmittagsvisite kamen,beschlossen sie,einen T-Stück-Versuch zu wagen.Ben wurde im Bett aufgesetzt.Die Schwester holte einen grünen Sauerstoffschlauch an dem lediglich ein Filter und ein Aufsatz für die Trachealkanüle daran waren und der Arzt nahm den Beatmungsschlauch von der Kanüle ab und die Schwester steckte dafür den Sauerstoff auf. Die Maschine,die natürlich heftig protestierte und laut „Leckage!“ anzeigte,wurde in Standby geschaltet und Ben aufgefordert,ruhig durch die Kanüle zu atmen.Zuerst hatte er schreckliche Angst zu ersticken.Es ging so schwer und war so ungewohnt,ohne Hilfe der Maschine Luft zu holen,aber als er sich ein wenig beruhigt hatte,gewöhnte er sich daran.Ausser dem Zischen des Sauerstoffs war es jetzt ganz ruhig im Zimmer und Semir sah gebannt zu seinem Freund hinüber.Er hatte schon das Gefühl,dass das jetzt ein wichtiger Moment war.Nach etwa 5 Minuten war Ben sehr erschöpft.Der Schweiss brach ihm aus und er begann zu hecheln,also flache,kurze,unproduktive Atemzüge zu machen.Nun wurde die Maschine wieder angeschlossen und Ben war redlich froh,dass er wieder genügend Luft bekam. „Herr Jäger,ein Anfang ist gemacht.Wir werden jetzt immer wieder die Maschine wegnehmen und so versuchen,ihre Atemmuskulatur zu trainieren.Wenn sie mehrere Stunden am T-Stück schaffen,dann sind wir soweit,dass wir die Trachealkanüle entfernen können.So zwei bis drei Tage dauert das erfahrungsgemäss,aber sie sind auf einem guten Weg!“ munterte ihn der Arzt auf und Ben sah ihn ganz zufrieden an.Das wäre toll,wenn er diesen ganzen Maschinenkram nicht mehr brauchen würde!
    Als er zu Semir hinübersah,hatte der ein breites Grinsen im Gesicht und hob den Daumen.Ben grinste zurück und machte das Gleiche.

    So war es auch.Die zierliche kleine Frau kam eine halbe Stunde später und räumte erst einmal das komplette Bett aus.Alle Kissen und andere Lagerungshilfsmittel legte sie weg und begann dann intensiv mit Ben zu üben.Erst bewegte sie von oben bis unten passiv alle grösseren Gelenke durch und dann begann sie Ben zum An-und Abspannen bestimmter Muskelgruppen aufzufordern.Auch daran erkannte man,dass er wieder völlig klar war,denn so komplexe Aufforderungen befolgen,war in verwirrtem Zustand nicht möglich.Nach kurzer Zeit brach Ben der Schweiss aus.Himmel,so anstrengend war es ja in der Muckibude,die er regelmässig besuchte, nicht! Manche Körperteile taten weh,wenn man sie bewegte,wie das rechte Hüftgelenk und das Knie,weil da die Drainagen ziepten,aber Ben ertrug es tapfer,denn er wollte so schnell,wie möglich hier raus.Zuletzt kamen noch Atemübungen,dass die Maschine pfiff und er merkte selber,wie auch dort die Kraft ein wenig zurückkehrte.
    Nach einer halben Stunde kam sich Ben vor,als wäre er beim New York-Marathon mitgelaufen und endlich war die Trainingseinheit beendet.Ausser einem Kopfkissen und dem Laken als Zudecke bekam Ben keine Lagerungshilfsmittel mehr. „Versuchen sie sich selber soviel wie möglich im Bett zu bewegen,drehen sie sich zum Beispiel zur Seite-keine Sorge,die Kabel halten schon!“ forderte sie ihn auf und ging dann zum nächsten immobilen Patienten.Ben griff als sie weg war,wie in Zeitlupe nach dem Bettgitter und schaffte es tatsächlich,sich ein klein wenig zur Seite zu ziehen.Triumphierend sah er Semir an,der daraufhin ein Händeklatschen andeutete. „Bravo,Ben,jetzt müssten wir uns nur noch unterhalten können!“ sagte er und Ben nickte ein wenig betrübt.Nun war er allerdings so erschöpft,dass er sofort einschlief und sich von den Strapazen erholte.

    Semir sah auf die Uhr.Ah,bald war Besuchszeit.Er wusste,auch ohne dass sie sich abgesprochen hatten,dass Andrea auf jeden Fall versuchen würde,ihn zu besuchen und so war es auch.Gleich als die Besuchszeit begann,stand sie mit roten Bäckchen vor ihrem Mann und zeigte ihm auf der Digicam ein paar Fotos,auf denen seine Mädchen im Ballettdress zu sehen waren.Semir war ganz gerührt,als er die kleine Lilly in einem rosaroten Tutu posieren sah,die sah so süss aus! Ayda war natürlich ernster-sie tanzte ja schliesslich schon länger- und ein paar Fotos von ihr an der Stange und auf Spitze nötigten ihm ehrlichen Respekt ab. „Frau Neumann sagt,sie macht sich sehr,sehr gut und die Hauptrolle in der Weihnachtssoiree hat sie sicher“ erzählte ihm Andrea und Semir bekam grosse Sehnsucht,seine Kinder mal wieder in die Arme zu schliessen.

    Während sie über dies und das sprachen,hatten sie fast nicht bemerkt,wie Konrad langsam ins Zimmer getreten war.Gerade wollte Semir etwas zu ihm sagen,da hob Konrad die Hand und sagte leise:„Ich weiss,ich habe einen Fehler gemacht und es tut mir auch sehr leid.Meine Kinder sind das Wichtigste in meinem Leben und immer wieder vergesse ich es und gebe der Firma den Vorrang.Julia hat mich gestern noch angerufen und mich zur Schnecke gemacht.Ich habe heute alle Zeit der Welt mitgebracht und möchte mich nur still an Bens Bett setzen und ihm beim Schlafen zusehen.“Mit diesen Worten zog er einen Besucherklappstuhl näher und setzte sich wirklich einfach nur an das Bett seines Sohnes,der friedlich schlief.Irgendwann begann er selbstvergessen,dessen Hand zu berühren und anscheinend war das Ben angenehm,denn er drehte sich seinem Vater im Schlaf noch ein wenig mehr entgegen.So sass Konrad noch da und streichelte die Hand mit dem Daumen,als 20 Minuten später Ben die Augen öffnete.
    Ben war langsam aus seinen Träumen aufgewacht.Sie waren friedlich gewesen und die körperliche Bewegung hatte ihm gutgetan.Er spürte ein sanftes Streicheln an seiner Hand.War das Julia? Nein,das war eine Männerhand,die ihn friedvoll berührte.Erst dachte er,es sei Semir,aber dann bemerkte er,dass die Hand viel grösser war.Nun nahm seine Neugier überhand, er öffnete langsam die Augen und war überrascht. Papa sass da ganz ruhig,ohne gehetzt auf die Uhr zu sehen und hielt seine Hand.Er sah ihn fragend an und Konrad sagte,als er Bens Erwachen bemerkte: „Hallo Junior!“ Ben bewegte die Lippen zu einem stummen Hallo und war überrascht,als er sah,dass die Augen seines Vaters feucht wurden.Eine ganze Weile sahen sie sich nur an und Ben,der zwar undeutliche Erinnerungen an die gestrige Situation hatte,aber nicht mehr unterscheiden konnte,was Realität und was Alptraum gewesen war,schloss beruhigt wieder die Augen und döste ein wenig vor sich hin.

    Als die Schwester wenig später das Ende der Besuchszeit ankündigte,sagte Konrad zu seinem Sohn. „Gute Besserung,Ben!“ und erhob sich von seinem Stuhl.Ben lächelte noch ein wenig und blickte seinem Vater nach,wie der langsam aus dem Zimmer ging. Auch Semir sah ihm verwundert nach.Was wohl in Konrad gefahren war? So kannte er ihn ja gar nicht!
    Andrea,die mit ihm im Aufzug hinunterfuhr sagte anerkennend zu ihm:“Herr Jäger,ich glaube ihr heutiger Besuch hat-im Gegensatz zum gestrigen-Ben sehr gutgetan.Er ist doch gerade dabei wieder gesund zu werden und kann dabei jede Unterstützung brauchen!“ Konrad nickte gedankenverloren,verabschiedete sich von Andrea und ging auf den Parkplatz,auf dem sein Jaguar stand,der inzwischen wieder von ihm ausgelöst worden war.

    Hey,das Marien ist aber schlecht organisiert! Da müssen die Ärzte ihre Patienten gleich selber vom Parkplatz holen-bei uns machen das Schwestern und Pfleger! Aber egal wer ihn reinholt,wenigstens ist Semir jetzt im Krankenhaus und wird professionell versorgt.
    Ben denkt auch daran,sofort Andrea zu verständigen,aber Margots Einfall,dass Ayda auf ihre beiden kleineren Geschwister aufpassen soll,finde ich nicht gut! Wenigstens ist ihnen dann die Idee mit der Nachbarin noch gekommen-jetzt bin ich wieder zufrieden!
    Hoffentlich kriegt Semir jetzt bald nen Wundabstrich und Antibiotika,damit man die Sepsis eindämmen kann.Aber ich denke,auch Andrea wird für ihn wichtig sein und ihm die Kraft zum Gesundwerden geben!

    Jetzt haben es Tom und Semir aber richtig darauf angelegt,Petersen zu ärgern.Und gegen die freche Klappe der zwei ist der dann relativ hilflos.
    Wenigstens hilft Hartmut-wenn auch wenig begeistert-mal die Spuren in Annas Garage zu sichern,hoffentlich findet er entlastende Beweise!
    Ja,wir wissen ja,warum Thure so vergnügt ist,bin gespannt,ob und wann Semir und Tom auch den Grund dafür erfahren!

    Endlich hat Ben seinen Freund gefunden und alles andere ist ihm erst einmal egal.Es ist jetzt aber für Semir wirklich kurz vor knapp und ob ihm dieses Versteckspiel so gutgetan hat,bleibt abzuwarten.Auf jeden Fall soll die Chefin jetzt schauen,dass sie auf die Tube drückt und schnellstmöglich in die nächste Notaufnahme kommt,damit Semir professionell versorgt werden kann.
    Gut,Darcies Einwände sind berechtigt,aber ich traue das Ben und auch Kim durchaus zu,dass sie in so einer Situation unlogisch und emotional reagieren und nur dran denken,Semir schnellstmöglich ins Krankenhaus zu bringen!
    Oh,da steht Ben aber noch was bevor,wenn er einen zornbebenden Ferres zum Feind hat! Allerdings muss man dem auch sagen,dass ein Menschenleben wichtiger ist,als die Überführung eines Drogendealers.Immerhin ist der V-Mann ja auch noch undercover,da wirds schon ne neue Möglichkeit geben!

    Wenig später kam der Kardiologe mit dem Ultraschallgerät zu Semir. „Herr Gerkan,nachdem aus der Perikarddrainage nichts Nenneswertes mehr geflossen ist,möchte ich noch einen Herzultraschall machen und wenn der in Ordnung ist,die Drainage entfernen!“ kündigte er an.Semir nickte und während das Zimmer schon verdunkelt wurde,schob der Internist das Hemd hoch und entfernte erst den Verband am Brustbein.Dann gab er grosszügig Ultraschallgel auf Semirs Brustkorb und schallte dann gründlich das Herz von allen Seiten. „Das sieht sehr gut aus!-und nachdem seitdem keine EKG-Veränderungen mehr aufgetreten sind,kann ich ruhigen Gewissens die Drainage entfernen.Das tut auch nicht weh,sondern zwickt höchstens ein bisschen!“ kündigte er an und die Schwester erhellte das Zimmer wieder,indem sie die speziellen Verdunklungsvorhänge hochzog und fuhr dann einen Abwurf her,holte Desinfektionsmittel,sterile Kompressen und eine sterile Schere und Pinzette und sprühte das Desinfektionsmittel grosszügig auf die Drainageneinstichstelle.

    Der Arzt zog unsterile Handschuhe an,legte den leeren Ablaufbeutel schon mal in den Abfalleimer und begann dann die Fäden mit Schere und Pinzette zu entfernen.Das ziepte zwar,aber nachdem das nicht die ersten Fäden waren,die bei Semir gezogen werden mussten,störte ihn das weniger.Er sah zur Decke und hatte einfach Angst davor,was passieren würde,wenn man die Drainage aus seinem Herzen zog.Ihm wurde ganz anders,als er sich vorstellte,was sein würde,wenn sein Herz nun deswegen einfach zu Schlagen aufhören würde.Eigentlich war er ja schon robust und die Schmerzen waren nicht das,was ihm zu schaffen machte,sondern die Vorstellung,wo diese Drainage lag und was da passieren könnte.Nicht einmal den Notfallwagen hatten sie bereitgestellt!-dachte er tadelnd,denn soviel wusste er inzwischen auch schon von Intensivmedizin,dass dieses Ding bei allen gefährlichen Eingriffen im Standby war.Während er noch die ganze Zeit darüber nachdachte,was da wohl alles passieren könnte,hatte der Arzt langsam und vorsichtig an der Drainage gezogen und sie vollständig entfernt.Das Desinfektionsmittel auf der Einstichstelle brannte und als Semir seinen Blick nach unten schweifen liess,stellte er erschrocken fest,dass da schon nichts mehr aus seiner Brust ragte,sondern der Arzt eine sterile Kompresse auf die Einstichstelle drückte und das Schläuchlein,das er zuvor auf Vollständigkeit geprüft hatte,schon im Abfall lag. „War´s schlimm?“ wollte der Internist noch wissen,aber Semir schüttelte nur stumm und fassungslos den Kopf.Er hatte gar nichts gemerkt.Die Brustwunde wurde noch mit einem Klebeverband versorgt und dann liess man auch Semir wieder bis zum Mittagessen in Ruhe.

    Ben erwachte,als die Schwester ihn vorsichtig ein wenig schüttelte. „Hat ihr Ausflug sie heute morgen so fertig gemacht,dass sie jetzt nur noch schlafen wollen?“ fragte sie ihn lächelnd und Ben sah sie ganz erstaunt an.Was,schon Mittag? Das hätte er gar nicht erwartet.Er musterte vorsichtig seine Umgebung.Nirgendwo stieg blauer Rauch auf und erleichtert atmete er aus.Er fühlte sich eigentlich ziemlich wohl und die Schwester erklärte ihm,während sie sein Bett hochfuhr und ihm wieder ein Handtuch als Latz umhängte,was sie mit ihm vorhatte. „Ich habe hier ein Naturjoghurt.Das werde ich ihnen jetzt eingeben.Leider kann ich ihnen im Moment noch kein Fruchtjoghurt anbieten,denn wenn man mit essen wieder anfängt,sollte die Masse die selbe Konsistenz haben,ohne Körner oder Bröckchen.Ausserdem würde die wunde Zunge vermutlich von allem brennen,was mit Fruchtsäure zu tun hat!“
    Ben nickte,er mochte eigentlich Naturjoghurt ganz gerne und immerhin war es etwas zwischen den Kiemen.Es funktionierte schon viel besser,als heute Morgen.Ohne dass ihm irgendwas aus dem Mund lief,konnte er die ersten Löffel schlucken.Dann nahm die Schwester seine Hand und legte den Löffel hinein.Gemeinsam holten sie das Joghurt aus dem Becher und jonglierten es zum Mund.Die Schwester führte seine Hand und liess ihn nach drei Versuchen alleine probieren.Es ging sehr schwer und er hatte Mühe die Feinmotorik seiner rechten Hand zu kontrollieren und den Mund zu treffen.Nun war es doch gut,dass er ein Lätzchen umhatte, denn es landete nicht alles dort,wo er geplant hatte,aber immerhin,ein Anfang war gemacht.

    Semir,der inzwischen sein Mittagessen mit Genuss vertilgt hatte,sah schmunzelnd zu seinem Freund.Als der fertig war und stolz den Löffel sinken liess,sagte er respektlos: „Hey,du erinnerst mich an Lilly bei ihren esten Essversuchen.Sei froh,dass das keine Tomatensosse war!“ feixte er.Ben hob die Hand mit dem Löffel und versuchte ihn nach seinem Freund zu werfen.Er flog zwar nicht weit,aber sowohl Semir,als auch die Schwester mussten herzlich lachen.Es ging aufwärts mit ihnen beiden und sehnsüchtig dachte Ben an sein altes Leben.Ob es wohl jemals wieder so werden würde wie früher? Trotzdem liess er sich beruhigt von der Pflegerin wieder flach hinlegen,die den erneuten Besuch der Krankengymnastin in Kürze ankündigte.

    Ben erwachte,als die Schwester von vorhin und eine zierliche Krankengymnastin mit einem grossen,fahrbaren Stuhl vor ihm standen. „So,Herr Jäger,wir beide werden sie jetzt mal in den Stuhl setzen!“ kündigte die kleine Frau an.Ben beäugte sie misstrauisch.Dieses zarte Persönchen sollte ihn stützen? Er wog um die 80kg und die beiden Frauen wirkten nicht besonders kräftig.Ben wollte gerne raus vom Bett,denn langsam begann vor allem sein Rücken vom Liegen zu schmerzen.Diese Ganzkörperschmerzen vom Vortag waren zwar nicht mehr so stark,aber trotzdem zuckte er bei festen Berührungen immer noch zurück.Es war,als wäre einfach sein Nervensystem überreizt.Er wusste zwar inzwischen wieder,wo er war und so in Fetzen,was passiert war,obwohl er die schrecklichen Momente,als Karl ihn gefoltert hatte,lieber vergessen würde,aber so ganz Herr seiner Sinne war er immer noch nicht.Manchmal,wenn er die Augen öffnete,sah er irgendwo blauen Rauch aufsteigen,aber er hatte inzwischen gelernt,das es vernünftiger war,sich nicht hysterisch bemerkbar zu machen,dass es vermutlich brannte,sondern erst mal die Augen nochmals zuzumachen und erneut zu kucken.Bisher war die Sache,die er da gesehen hatte,dann immer verschwunden gewesen,also gaukelte ihm sein Gehirn schon noch Dinge vor,die gar nicht da waren.

    Immer wieder rief er sich selbst zur Ordnung,nicht panisch zu werden,denn das waren anscheinend echte Halluzinationen.Er wusste jetzt,wie es den Menschen in der Wüste ging,die kurz vor dem Verdursten irgendwo eine Oase sahen.Das war für die vermutlich genauso real,wie für ihn der blaue Rauch.Dabei sagte ihm sein Verstand,der sich langsam wieder klärte,dass bestimmte Dinge einfach nicht möglich waren,während er bei anderen nicht so sicher war.Wenn er zweifelte,warf er immer einen verstohlenen Blick zu Semir,aber wenn der ruhig in der Zeitung las,anstatt: „Hilfe,Feuer !“ zu rufen,dann schlussfolgere er daraus,dass der Rauch wirklich nur in seinem Hirn existierte.Du lieber Gott,hoffentlich ging das wieder weg! Wenn er jetzt noch begann,Stimmen zu hören,dann war er wohl endgültig reif für die Klapse.Gestern hatte er gemeint,Julia zu sehen und zu hören,aber das konnte fast nicht sein.Er kannte doch ihre Abneigung vor Krankenhäusern und wie ihr beim kleinsten bisschen Blut sofort schlecht wurde.Die war doch schwanger und würde sich sicher nicht trauen,ihn zu besuchen und wenn,dann hätte sie entweder Papa oder Peter als Beschützer dabeigehabt! Ach ja,Papa…

    Gerade als er in seinen Tagträumen versinken wollte,holte ihn die Stimme der Krankengymnastin in die Wirklichkeit zurück.Während er seinen Gedanken nachgehangen hatte,waren die beiden nämlich nicht untätig gewesen.Die Schwester hatte seine Decke weggenommen und ihm ein Hemd übergelegt-in einen Ärmel war sie sogar hineingeschlüpft,am anderen war der arterielle Zugang,da hatte sie es nur darübergelegt.Alle Infusionskabel und den Beatmungsschlauch,der sozusagen ein Schlauch-in Schlauch-System war,damit eben nur ein einziger langer Kunststoffschlauch von ihm wegführte,anstatt zwei,hatte man gelockert und so positioniert,dass man nichts herausziehen konnte.Sein Bett war ganz flachgestellt worden und die Krankengymnastin hatte auch mittels einer Fernbedienung mehrere Elektromotoren am Stuhl,wie man hören konnte,in Betrieb gesetzt und der war jetzt ganz flach,wie ein zweites Bett.Der Liegestuhl wurde,nachdem man noch die Bettgitter abgesenkt hatte,direkt neben das Bett gefahren und dort arretiert.Man hatte ein Leintuch über den abwaschbaren Kunstlederbezug gelegt und nun holte die Schwester ein komisches Ding,das aussah,wie eine flache Matte mit Nylonbezug,hervor.Ben wollte gerne mithelfen,aber er hatte wirklich keinen Peil,wie er jetzt da in diesen Liegestuhl kommen sollte,denn er hatte noch überhaupt keine Kraft,vor allem nicht in den Beinen.Er hatte schon versucht,sie kontrolliert zu bewegen,aber sie gehorchtem ihm einfach noch nicht.

    „Herr Jäger,wir drehen sie jetzt ein wenig zur Seite und ziehen sie dann mit dem Rollbrett auf den Stuhl hinüber!“ erklärte ihm die Schwester.Ja prima,wenn er nun noch gewusst hätte,was das war und wie das funktionieren sollte,wäre es nett gewesen.Er wurde mitsamt seiner Safetexunterlage zur Seite gedreht und dieses komische Nylonding unter seinen Rücken geschoben.Dann drehte man ihn wieder zurück und die Krankengymnastin,die auf der Stuhlseite stand,zog am Safetex an und schwupp,begann er über dieses komische Ding hinüberzugleiten.Er war fast panisch,weil er Angst hatte zu fallen,aber die beiden Frauen redeten ihm gut zu und beruhigten ihn und bevor er sich versah,lag er komplett auf dem Stuhl.

    Man fuhr das Bett ein wenig zur Seite,drehte ihn leicht an und holte das Rollbrett wieder unter ihm hervor und dann wurde der Stuhl langsam mit den Motoren in Sitzposition gebracht.Man kippte die Sitzfläche immer wieder ein wenig ab und kurz darauf war Ben in sitzender Stellung.Er hatte hilfesuchend nach den Armlehnen gegriffen und versucht sich festzuhalten.Er merkte aber schon nach kurzem,dass das eine sichere Sache war und er nicht herausfallen konnte.Allerdings hatte er grosse Mühe,seinen Oberkörper aufrecht zu halten.Die Physiotherapeutin stand vor ihm und korrigierte ihn immer wieder,wenn er zur Seite einknicken wollte,in eine aufrechte Sitzposition. „Sie haben momentan noch keine Rumpfstabilität,aber das kommt bald wieder,keine Sorge,Herr Jäger,deswegen üben wir ja!“ erklärte sie ihm.Als er eine perfekte Haltung erreicht hatte,schlang man einen schwarzen breiten Klettgurt um seinen Oberkörper,um ihn stabil zu halten.Nun musste Ben allerdings stark das Gesicht verziehen,so schmerzten die vernähten Wunden auf seiner Brust,die ihm Karl als Andenken hinterlassen hatte.Locker schloss man den Gurt und tröstete ihn. „Nur fünf Minuten,Herr Jäger,dann dürfen sie wieder in ihr Bett!“ Er nickte leicht,zum Zeichen,dass er verstanden hatte und drehte dann den Kopf zu seinem Freund.

    Semir,der gebannt beobachtet hatte,was mit Ben gemacht wurde,grinste ihn an und sagte: „Aber holla,das hätte ich nicht gedacht,dass du heute das Bett schon verlassen kannst.Geh nur nicht ohne mich nach Hause!“ Nun musste auch Ben lachen und hob langsam den Daumen,zum Zeichen,dass alles o.k. war.
    Allerdings begann es ihm dann etwas schwindlig zu werden und die Schwester und die Krankengymnastin,die ihn aufmerksam beobachtet hatten,sahen,wie ihm der Schweiss ausbrach und er blass und blasser wurde.Auch der Blutdruck sank in dem Maße,wie Ben an Farbe verlor und so entfernte man den Klett,machte den Stuhl wieder flach und wiederholte die Sache mit dem Rollbrett in umgekehrter Richtung.Wenig später lag Ben mit einem kühlen,feuchten Waschlappen auf der Stirn wieder bequem in seinem Bett,dessen Fussteil man etwas angehoben hatte,damit das Blut ins Gehirn zurückfloss und erholte sich von der Anstrengung.
    „Das ging schon ganz gut,heute Nachmittag machen wir das Gleiche wieder!“ kündigte die Schwester an und verliess dann mit der Thekla,die sie noch mit einem Desinfektionstuch abgewischt hatte,das Zimmer.Ben hörte davon allerdings nichts mehr,denn er war schon eingeschlafen.

    Endlich ist es soweit und der Drogendeal geht endlich über die Bühne!
    Mann und bei Semir ist es wirklich kurz vor knapp,aber er hält trotzdem lieber Schmerzen aus,anstatt sich weiter unter Drogen setzen zu lassen.Ich denke,das wird ihm vielleicht das Leben retten!
    Und Ben gerät zwar schon wieder mit dem arroganten Ferres aneinander,aber als er das Wohnmobil erkennt,in dem er zu Recht Semir vermutet,sieht die Sache plötzlich ganz anders aus.Jetzt können wir nur hoffen,dass Ben wirklich eine Möglichkeit findet,Semir heil da rauszubringen,denn diesem Drogencop traue ich auch nicht über den Weg.Und wer wohl sein V-Mann ist? Sehr spannend,Elli.

    Oh mein Gott!
    Jetzt habe ich mich gerade noch gefreut,dass Semir und Ben den Einsturz des Hauses anscheinend überlebt haben und jetzt das!
    Semir ist selber schwer verletzt,aber unter Auferbietung aller seiner Kräfte befreit er Ben von den Trümmern und jetzt hat Ben eine Pfählungsverletzung,die sofort operativ versorgt werden muss.
    Ob das Handy wohl nach diesem Einsturz noch funktioniert? Ausserdem wissen wir ja auch nicht,wie tief unter dem ganzen Schutt die Helden begraben sind und dann schlagen auch noch Funken aus abgerissenen Stromkabeln!
    Meisterhaft,Kathrin,wie du mit wenigen Sätzen eine Megageschichte erzählst und die Spannung auf die Höhe treibst-trau mich schon bald nicht mehr bitten,aber schreib bitte bald weiter,sonst kann ich nachts nicht mehr schlafen!

    Bevor ich jetzt in den Spätdienst gehe und mir neue Inspirationen für neue Storys hole (hey,so kann man sich Arbeit schönreden!),möchte ich nur kurz Darcies Frage beantworten.
    Die Flüssigkeit läuft in den meisten Fällen anfangs noch teilweise raus,weil einfach auch so Dinge,wie das Verschliessen der Lippen nach einer Langzeitbeatmung erst wieder gelernt werden müssen.Bei Ben ist das nicht ganz so schlimm,wie bei manchen anderen,denn er ist jung,war vorher gesund und die Beatmungsdauer hielt sich noch einigermassen in Grenzen.
    Nach mehrmonatigen Beatmungen gehört zu den Folgen einer Sepsis oft die sogenannte critical illness,wo die Patienten überhaupt keinen Bezug mehr zu ihrem Körper haben und nicht einmal mehr Schmerzen oder Berührungen richtig verarbeiten können.Da dauert es oft sehr sehr lange,bis wir die Leute wieder soweit haben,bis sie in Reha können.Aber häufig werden die trotzdem wieder völlig gesund,man kann sich das oft nicht vorstellen.
    Wie überall in der Medizin wird Bewegung und Frühmobilisierung heute sehr propagiert,weil man weiss,dass Bewegungsreize das Hirn stimulieren und die Heilung fördern.
    Ich wünsche euch noch einen schönen Tag und freue mich,dass ihr immer noch so grosses Interesse an meiner Story habt,obwohl die Krimiszenen ja mit dem Tod Karls ein Ende gefunden haben.Also geniesst die Sonne-geht raus,soweit möglich und stimuliert dadurch euer Gehirn! :D Morgen folgt wie gewohnt das nächste Kapitel.
    Eure susan

    Mann,jetzt gehts Semir aber richtig schlecht! Gut,dass die Gangster ihn wenigstens zwingen zu trinken,sonst wäre er vermutlich schon tot!
    Und Ben hat mit seinem neuen Einsatzleiter gleich mal ein kleines Scharmützel? Na das kann ja heiter werden!

    Am nächsten Früh war Semir überrascht,dass es schon Morgen war.Obwohl auf einer Intensivstation immer ein gewisser Geräuschpegel herrschte,hatte er gut geschlafen und fühlte sich richtig erholt.Als er zu Ben hinübersah,war der auch noch im Tiefschlaf-ja so kannte er seinen Freund! Der war ein Morgenmuffel und brachte da kaum einen Ton heraus,im Gegensatz zu ihm,der immer vor Tau und Tag schon fit und gesprächig war.Abends sah die Sache dann anders aus! Während Semir nur an eine Sache denken konnte,nämlich seine Nachtruhe,lief Ben da immer zu Höchstform auf.Alleine deshalb schon,ergänzten sie sich so gut.

    Als die Schwester ihm half,aus dem Bett zu kommen und ihn zum Waschbecken führte,wobei die grössere Schwierigkeit seine ganzen „Anhängsel“ waren,verzog sein Freund nur unwillig das Gesicht,als die Schwester munter die Waschschüssel auf sein Nachtkästchen stellte,um ihn ebenfalls frisch zu machen.Semir der den Gesichtsausdruck richtig gedeutet hatte,fragte sich,ob die Schwester nicht vielleicht sogar Glück hatte,dass sie sich die Kommentare seines Freundes nicht anhören musste.Er würde vermutlich nicht weniger maulen,wie wenn er ihn morgens zur Arbeit abholte und Ben die halbe Nacht unterwegs gewesen war.
    Zur Nacht war Bens Beatmungsmodus wieder auf mehr Maschinentätigkeit umgestellt gewesen,jetzt veränderte die Schwester die Einstellungen wieder Richtung Spontanatmung,um die Atemmuskulatur zu trainieren.Ben musste sich wirklich anstrengen,um Dinge,die sonst selbstverständlich abliefen,wie das Ein-und Ausatmen,wieder zu üben.Anscheinend war er ja deutlich klarer,denn er zeigte weder Angst noch Aggressivität beim Waschen.Für die Rückseite und das Bettbeziehen holte sich die Schwester einen zweiten Mann und kaum waren sie fertig,kam auch schon der Stationsarzt und bot an,die Wunden sofort zu spülen.

    Während die Schwester alles vorbereitete,fragte Semir,der Bens hilfesuchenden Blick in seine Richtung bemerkt hatte,ob er ihn wieder unterstützen dürfe,was ihm sofort erlaubt wurde.Semir nahm also wieder an Bens Kopfteil Platz und hielt dessen Hände fest.Das war auch dringend nötig,denn die Spülung war sichtlich alles andere als angenehm.Ben verzog stark das Gesicht und biss sich auf die Lippen,als er die schmerzhaften Manipulationen an seinem Bauch und Oberschenkel spürte.Wenn Semir seine Hände nicht festgehalten hätte,hätte er sicher nach den Verursachern seiner Schmerzen geschlagen,aber so erduldete er das Martyrium und war nur froh,als es endlich vorbei war und der frische Verband sass.Der Arzt beugte sich noch über ihn und sagte: „Herr Jäger,dass sieht schon viel besser aus!“ und Ben nickte leicht.

    Anscheinend war er ziemlich klar und deshalb machte die Schwester auch seine Hände nicht mehr fest.Als sich Semir vergewissert hatte,dass Ben nun ohne ihn zurechtkam,setzte er sich an seinen Bettrand und begann zu frühstücken.Als Ben nun sehnsüchtig zu ihm herübersah,wusste Semir,was er meinte.Er fragte ihn: „Hast du Hunger?“ Ben schüttelte den Kopf-immerhin lief rund um die Uhr ja Sondennahrung in seinen Magen und versorgte ihn optimal.Nun fragte Semir,der ja Bens Vorliebe für Kaffee kannte: „Hättest du gerne einen Kaffee?“ woraufhin Ben heftig nickte.Die Schwester,die gerade etwas auf der Kurve am Fussende des Bettes notiert hatte,musste beinahe lachen,als sie den sehnsüchtigen Gesichtsausdruck ihres jungen Patienten sah. „Na,da können wir abhelfen!“ sagte sie lächelnd und verliess den Raum.Ben sah seinen Freund fragend an.Was hatte die Pflegerin wohl damit gemeint?

    Als die wenige Minuten später mit einem Schnabelbecher wiederkam und Ben fragte: „Mit allem?“ und der nur sprachlos nickte,begann sie zu erklären,während sie Milch und Zucker in den Kaffee rührte. „Nachdem ihre Trachealkanüle ja die Luftröhre schützt,werden wir gleich mal einen sogenannten Schluckversuch machen.Sie probieren einfach,sich auf das Schlucken zu konzentrieren.Das fühlt sich vielleicht ein wenig anders an,als sie es gewohnt sind,aber es geht.Allerdings wird das Geschmackserleben nicht besonders toll sein,weil die Aromastoffe des Kaffees nicht nur über die Zunge geschmeckt werden,sondern normalerweise über den Luftstrom an den Geschmacksknospen vorbeistreichen,was im Moment ja wegfällt.Aber ein wenig werden sie schon schmecken!“
    Die Schwester erhöhte noch die Blockung der Kanüle,damit auch wirklich kein Kaffee in die Lunge laufen konnte,fuhr das Bettkopfteil hoch und deckte Bens Brust mit einem Handtuch,wie ein Lätzchen ab.Nachdem er selber noch nicht die Kraft aufgebracht hätte,den Becher zu halten,setzte sie ihm den Schnabelbecher an die Lippen und gab ihm vorsichtig einen kleinen Schluck Kaffee ein.Es war zwar eine Mordssauerei,weil ein Teil des Kaffees wieder aus Bens Mundwinkel lief,aber nach ein paar Versuchen,klappte es ganz gut.Die Schwester kommandierte auch zunächst: „So,jetzt die Zunge an den Gaumen drücken und jetzt schlucken!“-dabei massierte sie dann immer mit einer Hand unterhalb des Kinns,damit die Nervenenden stimuliert wurden und der doch komplizierte Schluckakt wieder ins Gedächtnis gerufen wurde,aber nach ein paar Versuchen,klappte es schon gut.Bens verletzte Zunge brannte zwar etwas,aber es war auszuhalten.

    Semir probierte unbewusst das Ganze mit seinem Kaffee mit und stellte ebenfalls erstaunt fest,dass das gar keine so selbstverständliche Sache war,mit dem Trinken.Als Bens Becher leer war,grinste der ganz stolz und liess sich dann noch das Gesicht abwischen und das Bett flachstellen.Die Schwester räumte gleich Semirs inzwischen geleertes Frühstückstablett mit ab und kündigte an: „Herr Jäger,nachdem das so gut geklappt hat,bekommen sie mittags schon einen Joghurt und später werden wir sie mit der Krankengymnastik aus dem Bett mobilisieren.Sprachlos starrte Ben sie an.Irgendwie begann er gerade wieder zu leben.Auch Semir legte sich nun wieder ein wenig zurück und wenig später verrieten ruhige Atemzüge,dass die beiden Helden sich ein kleines Vormittagsschläfchen gönnten.

    Oh je,jetzt setzen die Verbrecher Semir noch unter Drogen,damit er nicht mehr mitkriegt,wie schlecht es ihm eigentlich geht! Aber wie Darcie schon richtig bemerkt hat-die Sepsis wird weiter fortschreiten und wenn Semir kein Antibiotikum bekommt,wird er in Kürze sehr schwer krank sein!
    Ich kann Andrea so gut verstehen,dass sie so fertig ist-auch wenn ihre Mutter sie unterstützt,aber diese Ungewissheit ist einfach schrecklich.Gut,dass wenigstens Ben nicht aufgibt!

    Kaum waren die Besucher weg,wurde Ben wieder gelagert,man kontrollierte die Blutgase und weil die Werte besser waren,konnte man die Beatmung wieder in Richtung Spontanatmung verändern.Semir bekam ein wenig später seinen Gehwagen und drehte die nächste Runde schon auf dem Flur draussen.Bei der Gelegenheit fragte er die Schwester gleich,ob Herr Thompson noch auf Intensiv war,aber die schüttelte den Kopf und informierte ihn,dass der schon eine ganze Weile auf der Normalstation lag,weil es ihm zügig besser gegangen war.Das bedeutete,dass die Therapie wohl tatsächlich gegen diese blöden Keime effektiv war und Semir war wieder eine Ecke positiver gestimmt,als er ins Zimmer zurückfuhr.Bevor er wieder am Bett verkabelt wurde,trat er zu seinem Freund und berührte ihn ganz sanft.Er hatte einfach das Gefühl,dass das jetzt angebracht war und tatsächlich öffnete Ben ganz langsam die Augen und sah ihn zwar müde,aber in keiner Weise verwirrt an. „Ben,du wirst bald wieder gesund!“ beschwor er ihn. „Ich weiss es!“ und der nickte tatsächlich mit dem Kopf.

    Wenig später kam Semirs Abendessen und das konnte er jetzt mit Appetit verdrücken,denn er hatte ein gutes Gefühl,sowohl was seinen,als auch Bens Gesundheitszustand anging.Gegen 18.30 stand plötzlich jemand im Zimmer,mit dem Semir nicht mehr gerechnet hätte.Eine sichtlich blasse,angegriffen wirkende Julia kam zu Besuch. „Julia,wie geht’s dir denn?“ fragte Semir überrascht.Sie schüttelte entschlossen den Kopf. „Geht schon,ich muss halt immer kotzen,aber das haben eben manche Frauen in der Schwangerschaft.Papa und Peter haben mich eingelullt und mir immer versichert,wie gut es Ben schon wieder ginge und ich hatte wirklich keine Lust auf Fernsehen oder Radio.Vorher gings mir besser und da war ich im Internet und was muss ich da sehen? Überall seid ihr die Schlagzeile des Tages und niemand hat mir etwas davon gesagt.Nachdem Peter und Papa mir eh nicht die Wahrheit sagen,habe ich eine Freundin angerufen,die jetzt mit mir hergefahren ist.Semir,wie geht es Ben-und dir natürlich auch?“ setzte sie noch nach.Irgendwie fiel es ihr diesmal leichter,als bei ihrem letzten Besuch,weil man nichts sehen konnte,was nach Blut aussah.

    Semir überlegte kurz,beschloss aber dann,dass die Wahrheit wohl von ihr schon zu verkraften war,immerhin hatte sie selbstständig den Weg hierher gefunden.In kurzen Zügen erklärte er ihr,was die letzten Tage geschehen war.Julia war völlig entsetzt,aber sie zog sich nun einen Stuhl an Bens Bett und sah ihn unverwandt an.Der war zwar immer noch im Halbdämmer und konnte rational noch nicht erfassen,was gesprochen wurde,aber Semirs ruhige Stimme und auch die seiner Schwester erkannte er.Er machte die Augen auf und versuchte sie zu fixieren,was ihm nach einer Weile auch gelang.Julia nahm seine Hand in die Ihre und drückte sie fest. „Bruderherz,du schaffst das.Dein Neffe will dich doch auch kennenlernen,also streng dich gefälligst an!“ spornte sie ihn an und war glücklich,als Ben den Druck ihrer Hand erwiderte.Still sass sie noch eine ganze Weile an seinem Bett und hielt nur seine Hand,bis die Schwester sie gegen 19.00 freundlich aufforderte zu gehen,da die Besuchszeit jetzt beendet wäre.Julia nickte,stand auf und gab ihrem Bruder einen zarten Kuss auf die Stirn. „Ich komme wieder!“ sagte sie mit fester Stimme und Ben nickte fast unmerklich.
    Julia verabschiedete sich auch noch von Semir,der ihr lächelnd die Hand schüttelte. „Julia,ich glaube das hat Ben sehr gutgetan,dass du dawarst.Die Unterstützung seiner Familie ist ihm denke ich,in diesem Zustand sehr wichtig und dein Vater ist da leider nicht so gut zu gebrauchen dafür!“ umschrieb er es grosszügig.Julia nickte mit einem schiefen Grinsen-sie wusste,was Semir meinte,obwohl er ihr von der nachmittäglichen Eskalation gar nichts erzählt hatte und versprach bald wiederzukommen.Dann winkte sie noch im Hinausgehen und ging zu ihrer wartenden Freundin,um von der wieder nach Hause gebracht zu werden.
    Die beiden Polizisten wurden noch für die Nacht fertiggemacht und Semir hoffte,dass die ruhiger werden würde,wie die vorherige.

    Auch Ayda und Lilly waren im Ballett gewesen und es hatte ihnen unbändig Spass gemacht.Frau Neumann unterrichtete Ayda und Lilly war bei der netten jungen Lehrerin,die eine spielerische Einführung ins Tanzen mit den kleinsten Ballettratten machte und während Andrea sich bei einer Tasse Kaffee im Aufenthaltsraum erholte,dachte sie darüber nach,wie sich Semir wohl fühlen würde,wenn er zum ersten Mal nach seiner Genesung dieses Gebäude wieder betrat.Ob er das überhaupt noch könnte,nach den schrecklichen Dingen,die ihm hier widerfahren waren? Gut,das würde sich zeigen,aber inzwischen war sie fest davon überzeugt,dass das wieder werden würde.Ihr Mann war ein Kämpfer und Ben und er,sie würden das beide schaffen und alles würde wieder werden wie früher!-hoffte sie wenigstens.

    Nachdem ihr die aufgeregten,aber glücklichen und ausgepowerten Kinder nach der Stunde von ihren Erlebnissen erzählt hatten,machte sie ihnen noch Abendbrot und nach einer kurzen Spieleeinheit brachte sie die Mädchen ins Bett,die auch sofort einschliefen.Andrea entspannte sich noch bei einem Glas Rotwein vor dem Fernseher und ging danach einigermassen zuversichtlich ins Bett.

    Na ja,ich denke die momentanen Einschaltquoten sind weit davon entfernt,von einem Fall ins Verderben zu sprechen.Ich wenn Verantwortlicher bei RTL wäre,würde genauso weiterproduzieren,wie es gerade geschieht,denn es bringt ja Zuschauer und damit Werbeeinnahmen.
    Was ich erstaunlich finde,ist dass die Quoten nach dem zugegebenermassen schwachen Mentalisten ja sogar gestiegen sind und nachdem nicht nur kritische Fanclubmitglieder zukucken,sondern schon noch Millionen anderer Zuseher,geht der Trend anscheinend in die richtige Richtung.
    Die habe vermutlich jetzt eine Scheissangst,dass die Einschaltquoten in der Nach-Beck-Ära wieder zurückgehen könnten,ich bin ja gespannt,wie die sich dann tatsächlich entwickeln!Für RTL ist Cobra eines der Zugpferde und ich hoffe für meinen Teil,dass das auch noch lange so bleibt und mein geliebter Donnerstagabend gerettet ist.