Beiträge von susan

    Auch die beiden Ärzte hatten gesehen, was Semir fast das Herz zu Eis gefrieren ließ. „Verdammter Mist!“ fluchte der eine und befahl den Feuerwehrleuten, die Arbeit einzustellen, damit man erstens sehen konnte, wie stark es blutete und zweitens auch die Situation überhaupt einschätzen konnte. Während der Rettungsassistent eine weitere Infusion vorbereitete, die man im Schuss über den relativ großen Zugang am Hals verabreichen konnte, begann auch schon Ben´s Blutdruck zu sinken und der Herzschlag sich zu beschleunigen, was ein Zeichen für einen beginnenden Schock war. Ben begann kalt zu schwitzen und während man zusehen konnte, wie er immer blasser wurde, floss das Blut in Strömen aus seinem Rücken und beschmutzte das Betonkunstwerk. Allerdings getraute sich der Künstler, der zwar auch noch in der Nähe stand, sich aber dann ruhig verhalten hatte, keinen Ton zu sagen-zu sehr hatten ihn die Eröffnungen der Staatsanwältin erschüttert.

    Der eine Notarzt fragte die Feuerwehrleute: „Wie lange brauchen sie noch, um das Betonstück abzuschneiden?“ und der eine Feuerwehrmann schätzte in Anbetracht des bisherigen Fortschritts: „Schon noch etwa 15 Minuten!“ woraufhin der Hubschraubernotarzt den Kopf schüttelte. „Die Zeit haben wir leider nicht mehr! Vermutlich ist jetzt ein großes Gefäß eröffnet, er verblutet uns unter den Händen, wenn wir jetzt nicht schnell eine Entscheidung treffen!“
    Kurz beratschlagten sich die beiden erfahrenen Ärzte im Flüsterton, um sich dann knapp an ihre Assistenten zu wenden. „Den Hubschrauber in Stand by!“ befahlen sie und der Pilot, der auch bei den Rettungskräften gestanden hatte, setzte seinen Helm auf und machte sich sofort auf den Weg zu seinem Fluggerät, um den Rotor anzulassen und den Abflug vorzubereiten. Man holte aus dem RTW eine große Menge steril verpackter grüner Bauchtücher aus Baumwolle, bereitete nebenbei alles zum Intubieren vor und die beiden Ärzte zogen dann sterile Handschuhe an. Der Rettungsassistent legte noch einige steril einzeln eingeschweißte Instrumente bereit, die Trage vom Hubschrauber wurde direkt neben Ben auf den Boden gestellt und mit wenigen Worten erklärte der Hubschraubernotarzt, was sie vorhatten.
    „Wir nehmen ihn jetzt trotzdem von der Spitze runter und versuchen dann vor Ort eine Blutstillung, oder zumindest ein Packing vorzunehmen. Sobald wir das haben, intubieren wir ihn und bringen wir ihn dann so schnell wie möglich in die Uniklinik. Wir können dort auf dem Dach landen und werden organisieren, dass ein OP-Team gewaschen bereitsteht, sobald wir ihn dort haben!“

    Sarah streichelte immer noch liebevoll Ben´s Gesicht, der zwar nicht so richtig bei sich war, aber trotzdem die Unruhe um sich herum spürte und außerdem wohl merkte, wie es ihm von Sekunde zu Sekunde schlechter ging. Er hatte die Augen wieder weit geöffnet und fixierte Sarah, der ein schrecklicher Kloß im Hals steckte. „Kann er zuvor nochmals ein wenig Ketanest haben?“ fragte sie, ohne ihren Freund dabei aus den Augen zu lassen, aber eigentlich wusste sie die Antwort schon vorher. „Nein, das würde sein Kreislauf nicht packen! Wir hätten ihn ja schon lange intubiert und voll absediert, aber wir brauchten bis jetzt eine gewisse Menge körpereigenes Adrenalin, um die Körperspannung nicht absinken zu lassen. Allerdings ist jetzt das passiert, was wir von Anfang an befürchtet haben-die Tamponade, die das Betonstück bisher auf die Blutgefäße ausgeübt hat, ist nicht mehr wirksam, vermutlich durch seinen Aufstehversuch vorhin. Jetzt zählt die Zeit, bis wir ihn im OP haben!“ sagte der zweite Notarzt und nickte seinen Helfern zu, die wussten, was sie zu tun hatten. Man hatte Ben nun auch den Helm und den Gehörschutz abgenommen, den brauchte er jetzt nicht mehr.

    Auch Semir war voller Entsetzen einen Schritt nähergetreten. Oh Gott! Hoffentlich ging das gut raus, er würde es nicht verkraften können, wenn sein Freund jetzt vor seinen Augen sterben würde! Bis er sich versah, lief die abgesprochene Aktion der Rettungskräfte an und würde Semir vermutlich noch lange in seine Träume verfolgen!

    Gott sei Dank!
    Auf jeden Fall von mir auf diesem Wege Gute Besserung für ihn und ich hoffe, dass er da ohne Folgeschäden davonkommt und auch den Mut für seinen Beruf, der speziell uns Cobrafans soviel tolle Actionszenen beschert, nicht verliert!

    Oh Mann, Ben-den möchte man wirklich am liebsten schütteln! der zerfliesst vor Selbstmitleid. Von wegen kein Sport-der soll mal beim Rollstuhlrugby zuschauen, wo ein Bekannter von mir mitspielt, der mit Ende 20 bei nem Badeunfall nen hohen Querschnitt erlitten hat-das ist echter Leistungssport und da gehts ordentlich zur Sache! Aber Ben ist vermutlich noch nicht so weit, dass er sich über Perspektiven auch nur Gedanken machen möchte-aber immerhin frühstückt er dank Lasse-sehr gut!


    Aber der Nächste, der an der Situation heftig zu knabbern hat, ist Semir. Alex kommt aber sehr nett auf ihn zu-mal sehen, ob er das im wirklichen Cobraleben auch ist!

    Jetzt wurde also der Corsa gefunden und der Ex-Mann der Diebin verständigt und gleich zur Identifikation mitgenommen. Allerdings steckt der anscheinend genauso in der Sache drin, wenn er als erstes daran denkt, Leo zu verständigen! Da ist wirklich ne gut organisierte Diebesbande am Werk!
    Hoffentlich kann Semir die bald auffliegen lassen, ich denke aber, bei der Charity-Veranstaltung, bei der Ben spielt, wird noch was passieren! Freu mich schon drauf!

    Oh ne-Hackepeterle-und das, wo ich meine jüngste Katze, Schnucki, 1 Jahr alt, heute vor dem Frühdienst schon verzweifelt gesucht habe-aber der ist wieder da!

    Der Maschinenführer setzte vorsichtig etwa 20cm von Ben´s Rücken entfernt seine Flex an. Ein zweiter Mann, ebenfalls mit Helm und Gehörschutz hatte den Schlauch in der Hand und während sich unter Getöse die riesige, diamantenbesetze Steinscheibe in den Beton fraß, kühlte er kontinuierlich mit Wasser, das in alle Richtungen spritzte, die Arbeitsumgebung. Binnen kurzem war Ben am Rücken tropfnass und zusammen mit dem Schmerz und dem Lärm brachte es ihn dazu, weit und verständnislos die Augen aufzureißen. Gerade war er nach der Injektion des Arztes wieder in einen wohltuenden, schmerzfreien Schlaf gefallen, als er unsanft durch die Manipulationen geweckt wurde. Er wusste überhaupt nicht, was los war, nur war es furchtbar laut und nass und sein verwirrter Verstand befahl ihm, sofort aufzuspringen und wegzurennen. Semir und Sarah die wenige Meter neben den arbeitenden Männern standen, sahen als Erstes, dass Ben alle Muskeln anspannte und wie auf Kommando stürzten sie beide nach vorne und warfen sich auf ihren Freund.

    Die beiden Ärzte hätten nicht schnell genug reagiert und so war Ben zwar ein wenig hochgegangen, aber immerhin war er nicht komplett aufgesprungen und hatte sich das Betonstück so aus den Eingeweiden gerissen. Während Sarah und Semir den, sich nun wehrenden Ben niederdrückten, der überhaupt nicht wusste, was los war und meinte in einen Kampf verwickelt zu sein, überlegten die Notärzte fieberhaft, was sie ihm zum Sedieren geben sollten. „Ich denke Tavor!“ sagte der eine Notarzt und während der andere zustimmend nickte, holte der Rettungsassistent schon eine Ampulle aus der kleinen batteriegetriebenen Ampullenkühltasche seines Notfallkoffers. Die 2mg wurden in Windeseile aufgezogen und dann gab man ihm erst einmal die Hälfte und als er sich nicht merklich beruhigte, auch noch den Rest.
    Semir und Sarah hatten inzwischen alle Hände voll zu tun, um Ben niederzuringen, der nun auch noch begonnen hatte, um sich zu schlagen und zu treten. Zwei der Sanitäter sprangen jetzt noch hinzu und halfen ihn festzuhalten, bis seine Bewegungen langsam erlahmten. Er blieb mit weitgeöffneten Augen liegen und nahm gezielt nun überhaupt nichts mehr wahr, während Sarah nun vor Schreck und Aufregung das Herz bis zum Hals schlug. Als er einigermaßen ruhig war, beschloss man, seine Freunde, die ihn vielleicht am ehesten beruhigen konnten, nahe bei ihm zu lassen, vielleicht hatte es ja einen Wert. Während Semir nun weiter Ben´s Hände hielt und Sarah sein Gesicht streichelte, was ganz schön eng wurde, weil ja die Feuerwehrleute auch Platz zum Arbeiten brauchten, begann die laute Maschine wieder zu laufen und fraß sich ein kleines Stück weiter in den Beton.

    Plötzlich wurde eines der weißen Tücher beiseite gerissen und ein völlig empörter Mann mit wallendem grauen Langhaar schrie: „Stop! Sofort aufhören!“ und stürzte sich nun seinerseits auf die Männer mit der Maschine, die sich gerade weiter in das Mauerwerk gefressen hatte. Direkt hinter ihm schlüpfte der Kulturreferent Weidenhiller durch die Lücke und begehrte ebenfalls zu wissen, warum man gerade dabei war, das wertvolle Kunstwerk zu zerstören. Semir ließ in dem Tumult Ben´s Hände los, der Gott sei Dank nun Sarah wahrgenommen hatte und die nun unverwandt ansah und dabei ruhig blieb und packte nun grob im Polizeigriff den empörten Künstler und zog ihn ein Stück zur Seite, woraufhin die Chefin und Frau Schrankmann gleich näherkamen und wissen wollten, was denn los sei. Sie waren ein ganzes Stück weggegangen, um die Rettungsarbeiten nicht zu behindern und hatten sich telefonisch bei Susanne gerade über den Stand der Hausdurchsuchung und der Fahndung nach Sharpov erkundigt.

    Der Künstler tobte in Semir´s Griff und schrie empört: „Waldemar Sharpov wird ihnen schon zeigen, was es bedeutet, ein von mir geschaffenes und von ihm gesponsertes Kunstwerk zu zerstören! Sie, sie werden schon sehen, was passiert, wenn er böse wird! Es ist eine Unverschämtheit, da einfach Hand anzulegen, die ganze Symphonie wird dadurch verunstaltet, ich verlange, dass sie sofort mit der Verstümmelung aufhören!“ kreischte er und wurde erst ruhiger, als die Chefin und die Staatsanwältin ihn mit kühlem Blick musterten. „Im Moment ist das kein Kunstwerk, sondern ein Tatort. Hier hat ein Mordversuch stattgefunden und wenn sie weiter die Rettungsarbeiten behindern, lasse ich sie vorrübergehend in Haft nehmen. Außerdem ist ihr tolles Kunstwerk ein Drogenumschlagplatz und deshalb so wie es ist, im Moment beschlagnahmt!“ erklärte die Staatsanwältin und nun blieb sogar Ingo von Krottenthal der Mund offenstehen. Semir konnte nun den Polizeigriff lockern und als der Mann ruhig blieb, ließ er ihn sogar ganz los. Der war nun ganz blass geworden und im Augenblick hatte es ihm die Sprache verschlagen.

    Semir sah aus dem Augenwinkel den Kulturreferenten, der ebenfalls blass geworden war und nun unauffällig versuchte, das Weite zu suchen. Ben hatte ihm aber erzählt, dass er den auffällig oft am Neumarkt getroffen hatte und jetzt benahm er sich ebenfalls nicht normal. „Dieter, würdest du bitte den Herrn Kulturreferenten zu einem Fahrzeug bringen? Die sollen ihn in die PASt zum Verhör bringen, ich denke, Herr Weidenhiller kann uns vielleicht etwas zur Sache erzählen!“ forderte er seinen Kollegen auf, der das auch sofort ausführte.
    Aufatmend wandte er nun seinen Blick zu Ben, bei dem die Steinscheibe wieder ihr Werk aufgenommen hatte. Allerdings blieb ihm fast das Herz stehen-am Kustwerk herunter lief jetzt nicht nur Spülwasser, sondern eindeutig Blut-und zwar viel Blut!

    Jetzt ist Semir durch Susanne erst mal auf Leo Kunze aufmerksam geworden. Als er nun noch Konrad Jäger auf der Gästeliste sieht und liest, dass Ben die musikalische Untermalung der Charity-Veranstaltung übernimmt, steht vermutlich sein Entschluss fest, da auch ein Stündchen aufzukreuzen.
    Hoffentlich bringt ihn das weiter in dem Fall!-freu mich schon auf das Wiedersehen von Ben und Semir!

    Semir kann nur an Ben denken und jetzt setzt ihm die Chefin da einfach einen neuen Partner an die Seite. Da kann ich seine Gefühle durchaus nachvollziehen. Er ist wütend und traurig, wobei er aber weiss, dass es notwendig ist. Allerdings denke ich, er hat am allermeisten Angst davor, wie Ben reagieren wird, wenn er es erfährt. Der hat sich ja eh schon aufgegeben und wenn er nun diesen Schlag auch noch verkraften muss, dann wird er in noch tiefere Depressionen verfallen.

    Inzwischen war die Besatzung des Hubschraubers ebenfalls bei ihrem Patienten angekommen und der eine Notarzt erzählte dem anderen den Unfallhergang, wie er ihn von Sarah inzwischen genauestens erfahren hatte. „Herr Jäger ist aus etwa drei Meter Höhe abgestürzt und auf diesem Betonvorsprung gelandet. Er ist Polizist und wurde zuvor von einem Verbrecher an der Hüfte angeschossen!“ erklärte er und hob die Kompressen, die sie momentan nur lose über den Streifschuss gelegt hatten, ein wenig an, was Ben ein Stirnrunzeln entlockte. Der Hubschraubernotarzt besah sich ebenfalls die Schusswunde und stellte fest, dass sie relativ oberflächlich war. Natürlich blutete sie und musste zu einem späteren Zeitpunkt auch operativ versorgt werden, aber momentan war sie zu vernachlässigen und so wurden die Kompressen wieder draufgelegt und mit einem Pflaster lose befestigt. Man hatte an Ben´s Jeans dazu nur den Reissverschluss geöffnet und die Hose ein wenig zur Seite geschoben, sonst hatte man ihn wegen der Wärmeisolierung völlig angezogen gelassen.

    Inzwischen hatten die Einsatzkräfte aus Tüchern einen Sichtschutz hergestellt und Ben war zwischen den weißen Tüchern, die von Polizisten, die ihn mitleidig ansahen, hochgehalten wurden, wenigstens vor den Blicken Schaulustiger geschützt. Außer von denjenigen, die in den umliegenden Häusern, die allerdings schon ein Stück entfernt waren, an den Fenstern hingen, wurde Ben nun von niemandem mehr aus Sensationslust begafft und gerade Sarah empfand das als sehr wohltuend.
    „Ich habe ihm Ketanest bis zur Schmerzfreiheit hochtitriert, der Kreislauf ist momentan stabil-anscheinend komprimiert der Fremdkörper die Gefäße-und ich konnte keine Motorik-oder Sensibilitätsstörungen in den Beinen feststellen, also ist vermutlich die Wirbelsäule nicht betroffen.“ erklärte der Notarzt und der Hubschrauberarzt nickte. In diesem Moment musste Ben wieder husten und außer, dass er dabei wieder schmerzvoll das Gesicht verzog, kam wieder ein wenig Blut aus seinem Mund, das von Sarah sofort fürsorglich abgewischt wurde. Der Hubschrauberarzt nahm sein Stethoskop aus der Tasche und begann Ben´s Lunge gründlich abzuhören. Er schob dazu Ben´s Shirt nach oben und unten und betastete dann noch vorsichtig den Bauch. Ihm lief es kalt den Rücken herunter, als er die etwas stumpfe Spitze des Betonteils vorne, direkt unter der Haut, spüren konnte. Verdammt, das hatte die Leber mit Sicherheit durchdrungen und er wollte sich das gar nicht vorstellen, welche Schäden es dabei angerichtet hatte. Eines war klar. Die Leber war ein dermaßen blutgefülltes Organ, wenn das Teil entfernt wurde, würde es zu massiven Blutungen kommen, also musste man zumindest versuchen, es solange drinzulassen, bis er im OP in Narkose unter kontrollierten Bedingungen revidiert werden konnte.

    „Ich vermute eine Lungenkontusion, das würde den blutigen Auswurf erklären!“ sagte er zu seinem Kollegen, der bestätigend nickte. „Es hört sich aber nicht nach einem Pneu an, dazu ist die Sättigung auch zu gut!“ sagte er nach einem Blick auf den Monitor. Inzwischen war der Feuerwehrkommandant hinzugetreten und sah die beiden Ärzte fragend an. „Können wir versuchen, diesen Betonkonus abzusägen oder flexen und ihn mit ins Krankenhaus zu nehmen?“ fragte der Notarzt und der Kommandant ließ sich nun ebenfalls auf den Knien nieder und besah sich das aus der Nähe. „Das wird sehr schwer werden, weil wir eine große Fläche haben, aber wir können´s versuchen!“ sagte er und ging dann zum Einsatzfahrzeug, um das zu koordinieren. Natürlich hatte routinemäßig das Fahrzeug kein Steinschneidewerkzeug dabei, aber wenig später war aus einem Gerätefundus das passende Werkzeug angefordert und wurde dann auch von einem Feuerwehr-PKW mit Blaulicht geliefert.

    Zusätzlich wurde, während man wartete, vom nächsten Hydranten eine Schlauchleitung hergelegt und als Sarah die Männer fragend ansah, wurde ihr erklärt, dass man beim Stein-oder Betonsägen immer mit Wasser kühlen musste, da sonst die Schneidescheiben zu heiß würden. Bei Ben hatte inzwischen die Ketanestwirkung wieder ein wenig nachgelassen und er sah jetzt um sich und versuchte sich ein wenig zu orientieren. „Herr Jäger, wir versuchen jetzt das Betonstück, das in ihnen steckt, abzuschneiden, das könnte ein wenig unangenehm werden. Auf jeden Fall wird es feucht, weil wir immer mit Wasser kühlen müssen!“ erklärte der Feuerwehrkommandant, der inzwischen mit einem für dieses Gerät eingewiesenen Mann nähergekommen war. Die beiden Ärzte wechselten einen Blick. Unangenehm war vermutlich etwas untertrieben, sie mussten ihm natürlich wieder eine Dosis Schmerzmittel geben, allerdings waren die lauten Geräusche, die es jetzt geben würde, sehr schlecht mit der Ketanestwirkung zu vereinbaren, da das schwere Halluzinationen hervorrufen konnte. Normalerweise versuchte man beim Einsatz dieses Mittels eine ruhige Atmosphäre herzustellen, aber das war wohl jetzt nicht mehr möglich. Also bekam Ben nochmals eine Ration gespritzt, der Hubschraubernotarzt legte an seinem Hals in die vena jugularis externa eine weitere dicke Venenverweilkanüle, damit man ihm forciert Volumen zukommen lassen konnte, wenn es nötig wurde, man setzte ihm einen Gehörschutz und einen Helm auf, schickte Sarah zur Seite und dann wurde das große Gerät angelassen.

    Am liebsten würde ich Konrad eine reinhauen!
    Nicht nur, dass er Ben erst am nächsten Tag und nicht sofort besucht, er versucht auch-sogar in dieser beschissenen Situation-seinen Kopf durchzusetzen und Ben vom Polizeidienst wegzubringen! Der ist sicher auf seinen Vater und dessen Mildtätigkeit nicht angewiesen, denn das war ein Unfall im Dienst, da ist der Staat dazu verpflichtet, seinen Beamten zu versorgen, aber Konrad versucht trotzdem, ihn zu einer Mitarbeit in der Firma zu überreden-vielleicht wäre ihm ein abhängiger Sohn im Rollstuhl sogar tausendmal lieber, als ein selbstständiger Querdenker, mit dem Konrad ja noch nie so richtig klar kam!
    Ein Lob der Krankenschwester! Bens Kopf verweigert das Essen, aber sein Körper braucht die Energie, um wieder gesundzuwerden! :thumbup:

    Oh ja, das glaube ich, dass Alex da ein wenig unverständlich in den Hörer nuschelt-der Arme! :S
    Semir gibt sogar persönlich, zusammen mit dem Kollegen vom Innenstadtrevier, die Handtasche zurück, ohne dabei aber neue Erkenntnisse zu gewinnen.
    Ja, bin wie Elli gespannt, was als Nächstes kommt!

    Hab ich doch gesagt, dass es noch ein paar Kapitel dauern wird, bis er auf der Intensiv landet! :D
    Übrigens ist dieser Fall voll aus der Realität gegriffen-auch wenn man es kaum glauben mag. Wir hatten vor einigen Jahren einen Patienten, der beim Kirschenpflücken vom Baum gefallen und-so wie Ben in der Story-auf einem betonierten Stück Gartenmauer gelandet ist, das oben eigentlich noch mit Ziegeln verkleidet werden sollte und daher ebenfalls ziemlich spitz in die Luft ragte. Eigentlich beschreibe ich euch jetzt dessen Leidensweg und ich sage euch jetzt mal lieber nicht, wie lange es gedauert hat, bis der Rettungsdienst ihn da runter hatte!
    Hmm,Elli-immerhin hat Ben bei mir ja seine Freundin bei sich und ausreichend Ketanest, also wenn ich mir das so überlege, doch ich kann das als Krankenschwester vertreten, was ich gerade mit ihm anstelle! ;)

    Auch Hundeführer der Polizei wurden eingesetzt und systematisch begannen die Einsatzkräfte von außen nach innen, von allen Seiten her, die Menschen wegzuschicken. Wer sich zierte, dem wurde mit einer Anzeige gedroht und wenn dann so ein Schutzhund drohend vor einem stand, überlegte sich doch so mancher, dass er doch noch woanders Besseres zu tun hätte. Die Menge lichtete sich und allmählich konnte die Feuerwehr mit ihrem Fahrzeug immer näher fahren. Der Einsatzleiter der Polizei koordinierte und forderte auch mit Lautsprechereinsatz immer wieder die Menschen zum Verlassen des Neumarkts auf, um die Rettungskräfte nicht zu behindern. Sobald die Menschen weniger wurden, überlegte, ohne den Schutz der Menge, so mancher ein wenig schuldbewusst, was jetzt eigentlich so interessant sein sollte und als immer wieder mitgeteilt wurde, dass jedem eine Anzeige drohte, der jetzt nicht sofort ruhig den Neumarkt verließ, löste sich der Spuk schneller als erwartet auf. Die Kinder wurden wieder von den Schultern gehoben und endlich konnte das Feuerwehrfahrzeug mit blinkendem Blaulicht näher heranfahren, verfolgt vom enttäuschten Blick so manches Jungen, der zu gerne einen Einsatz beobachtet hätte.
    Hartmut und Dieter waren, sobald der Druck der Menge nachließ, zu Ben geeilt und hatten vorsichtig Semir unterstützt, der inzwischen völlig verkrampft, selber mit schmerzverzerrtem Gesicht, unter Ben kauerte. Alle, einschließlich der RTW-Besatzung atmeten auf, als sie endlich Luft bekamen und das rote Fahrzeug im Zeitlupentempo näherrollen sahen. Jeder einzelne hatte eine Massenpanik befürchtet und um sein eigenes Leben Angst bekommen, so im Zentrum eines Pulks, der plötzlich nicht mehr aus einzelnen Menschen zu bestehen, sondern eine eigene, angsteinflößende Kreatur zu sein schien, die nur ihren eigenen Gesetzen folgte.

    Semir kroch nun vorsichtig unter seinem Freund heraus, er hätte keine Sekunde länger ausgehalten und streckte die schmerzenden Glieder. Die Feuerwehrleute sprangen aus dem Fahrzeug und nach einer kurzen Orientierung brachten sie aufblasbare Spezialkissen mit, die normalerweise bei der Bergung mit der Rettungsschere zum Einsatz kamen und unterbauten damit Ben´s untere Hälfte, so dass jetzt auch Hartmut und Dieter wieder frei waren.
    Die Chefin und die Staatsanwältin waren ebenfalls näher getreten und sahen völlig schockiert auf den schrecklichen Anblick, der sich ihnen bot. Sarah hatte wieder Ben´s Kopf auf ihrem Schoss, nur musste sie nicht mehr sein Körpergewicht stützen, das übernahm die Vakuummatratze. Sie hatte die Ohiomaske etwas angehoben und den Blutfaden, der aus Ben´s Mund gelaufen war, mit einem Papiertaschentuch abgewischt. Sie hatte die Umwelt völlig ausgeblendet und war nur auf ihren Freund konzentriert, der die Augen wieder geschlossen hatte.

    Der Autoverkehr am Neumarkt war immer noch abgeriegelt und während die Polizisten nun eine großräumige Absperrung errichteten, durften die Straßenbahnen weiterfahren und endlich war auch genügend Platz für den Hubschrauber zum Landen gegeben, der während der Aktion über dem Gebiet gekreist war.
    Als Semir sah, dass nun genügend professionelle Helfer bei seinem Freund waren und er ja Sarah zum Beistand hatte, konnte er an das Nächstliegende denken: Wo war Sharpov? Gemeinsam mit Dieter trat er zur Chefin und schilderte kurz, was passiert war. Die verkniff sich in Anblick der Situation jegliche Kritik, das hätte Ben jetzt auch nichts geholfen und dass Semir sich sowieso die allergrößten Vorwürfe machte, wegen dieses eigenmächtigen Einsatzes mit Folgen, war ihm deutlich anzusehen. Er wirkte in der kurzen Zeit um Jahre gealtert und die bange Sorge um seinen Freund und Kollegen war ihm stark anzumerken. Sie gab sofort eine Fahndung nach Sharpov und seinen beiden Bodyguards heraus und gleichzeitig wurde eine Hausdurchsuchung in dessen Villa von der Schrankmann angeleiert. Die Spurensicherung wurde noch angefordert, um die Luxuslimousine näher zu untersuchen und gerade als Semir begann sich nach Hartmut umzusehen, kam der mit einer sich heftig sträubenden Irina aus dem Betonkunstwerk, die noch eine Spur weißes Pulver unter der Nase kleben hatte.

    Zielsicher war er dort hineingegangen, als seine Hilfe bei Ben nicht mehr vonnöten war und hatte sie gerade dabei ertappt, wie sie sich auf einem kleinen Handspiegel, mithilfe eines 5€-Scheins, eine Linie gezogen hatte. Ihm war klar gewesen, dass die nicht ohne Stoff abhauen würde und so waren wenigstens die beiden Frauen in Sicherheit. Hartmut würde sich die interessante Konstruktion im Inneren der Betonsymphonie später näher anschauen, aber jetzt musste erst einmal Ben geborgen werden.

    Ja, das war jetzt ein versöhnliches Ende, das hoffnungsvoll in die Zukunft blicken lässt. Ben und auch Semir können mit der Vergangenheit abschliessen und ihren Alltag geniessen.
    Wenn jemand psychisch so krank ist, wie Siedner, kann man ihn nicht mit normalen Maßstäben messen und eine Schuldfrage stellt sich eigentlich auch nicht-der gehört einfach medikamentös ruhiggestellt in die geschlossene Psychiatrie! Da soll Ben mal keinen Gedanken daran verschwenden-er hat mit Sicherheit keine Schuld-weder früher, noch jetzt!

    Ja Desiree, ich habe deine Geschichte wirklich mit Genuss gelesen und freue mich auf viele Weitere. Das einzige, was mich gestört hat, waren die teilweise langen Pausen zwischen den Kapiteln! Mach weiter so, ich werde auch deine kommenden Geschichten mit Freude verschlingen!

    Jetzt haben sie immerhin schon mal einen Namen! Leo wird Augen machen, wenn er feststellen muss, dass er zumindest schon mal in Verdacht geraten ist-mal sehen, was ihm einfällt, wenn er von Semir zur Rede gestellt wird!
    Und die Überlegungen, wo der vermisste Opel eventuell zu finden ist, sind ja absolut zutreffend-es schreitet voran!
    Ach über den Loriot-Sketch habe ich schon wieder Tränen gelacht! Ich kenne die alle, aber das ist so schön, wenn die im Gedächtnis wieder aufgerufen werden!

    Oh nein-jetzt lässt du Ben noch mehr quälen, Elli!
    Aber Konrad könnte ich gerade würgen! Da tönt er, er hätte aus seinen Fehlern gelernt und würde:"so bald wie möglich" seinen Sohn besuchen. Mann Konrad-was gibt es Wichtigeres als seine Kinder? Ich denke jeder von uns würde sofort alles stehen und liegen lassen und zu seinem Kind eilen-egal wie alt es ist, wenn er so eine Nachricht kriegen würde, aber bei Konrad kommt halt erst die Firma und dann lange nichts!

    Semir hat inzwischen Andrea auch mitgeteilt, was geschehen ist und die st zwar genauso entsetzt, wie ihr Mann, aber sie versucht einfach aus der Situation das Beste zu machen und zu helfen und zu trösten-Recht so!

    Immer mehr Menschen scharten sich um die Unfallstelle. Die Neugierigen zog es aus allen Richtungen, so dass die Rettungskräfte sich fast nicht bewegen konnten. Mütter hoben ihre Kinder hoch, damit die besser sehen konnten und mittendrin versuchten der Arzt, der Rettungsassistent und der Sanitäter mithilfe der Vakuummatratze und mehrerer anderer Gerätschaften aus dem RTW, die stützenden Menschen zu ersetzen. Sarah wollte zwar eigentlich nicht weg von Ben, so tröstlich war es auch für sie, ihn auf dem Schoss zu haben, aber es war auch klar, dass es so nicht möglich war, ihn zu befreien und so rutschte sie doch widerwillig heraus, als sein Oberkörper stabilisiert war.

    Nun endlich waren die ersten Polizisten eingetroffen und mit Megaphonen versuchten sie die Menge auseinander zu treiben, doch immer mehr Menschen strömten aus den U-Bahnschächten und traten neugierig näher, inzwischen wurde schon um die besten Plätze gestritten. Semir, für den man leider noch keinen Ersatz gefunden hatte und der immer noch unter seinem Freund kauerte, erfasste eine unbändige Wut und er hätte am liebsten die Gaffer persönlich angegriffen, die nun schrittweise näher rückten.
    Es artete fast in eine Straßenschlacht aus, als die Polizeikräfte versuchten, die Menge wegzudrängen. Verstärkung wurde angefordert und es war inzwischen so eng in der Gruppe der Neugierigen, dass auch da die ersten Verletzten zu beklagen waren, denn wer stürzte, hatte kaum eine Chance mehr, hochzukommen.

    Frau Krüger, die fast gleichzeitig mit Frau Schrankmann, die sie entsetzt verständigt hatte, eintraf, musste, ebenso wie die, fast zwei Querstraßen weiter ihr Auto mitten auf der Straße stehenlassen, denn der Verkehr rund um den Neumarkt war zum Erliegen gekommen. Der Einsatzwagen der Feuerwehr stand etwa einen halben Kilometer vom Neumarkt entfernt und kam nicht durch und auch der Hubschrauber kreiste bereits über der Unfallstelle, ohne auch nur die geringste Möglichkeit zum Landen zu haben.
    Nachdem es nun noch eine Weile dauern würde, bis die Einsatzgruppe der Bereitschaftspolizei eintraf, versuchte die Chefin sich via Handy mit Hartmut in Verbindung zu setzen und sich so wenigstens ein Bild der Lage zu verschaffen. Inzwischen hatten sie noch das drohende Problem einer Massenpanik und als wenig später ein geschulter Einsatzleiter der Polizei in ihrer Nähe eintraf, ging Frau Krüger zu ihm und gab ihm ihr Handy, damit er sich mit Hartmut verständigen konnte, der ja im Zentrum des Geschehens war.
    Der lockerte kurz den Griff um Irina´s Arm und bis er sich versah, war die in der Menge verschwunden, von der sofort nachgerückt und ihr Platz eingenommen wurde. Allerdings war sich Hartmut ziemlich klar, wo er sie später finden würde, aber im Augenblick hatten sie wirklich ernsthaftere Probleme.

    Dieter blieb auch nichts anderes über, um seine Verdächtigen nicht zu gefährden, als die Waffe wegzustecken und die beiden auf die Beine zu ziehen, damit sie nicht zertrampelt wurden. Das Betonkunstwerk war inzwischen von mehreren Schaulustigen erklommen worden, die sich so einen besseren Ausblick verschafften und es war nur eine Frage der Zeit, bis da der nächste abrutschen würde. Auch die beiden Bodyguards mit ihren auf den Rücken gefesselten Händen, verschwanden in der Menge, ohne dass irgendwer sie aufhalten konnte.
    Inzwischen waren die Gaffer so nahe zu Ben und seinen Ersthelfern aufgerückt, dass man Angst haben musste, jemand würde auf ihn stürzen und ihm so eventuell den Todesstoß versetzen. Semir, dem der Schweiß auf der Stirn stand, schrie die Näherstehenden an, sie sollten sich gefälligst verpissen, aber die Sache hatte inzwischen eine schreckliche Eigendynamik entwickelt.
    Der Einsatzleiter der Polizei ließ nun als erstes die U-Bahnen durch den Neumarkt durchfahren, ohne anzuhalten, damit wenigstens nicht noch mehr Menschen dazu strömten. Die Türen der inzwischen in langen Reihen wartenden Straßenbahnen blieben geschlossen und als endlich die mobile Einsatztruppe der Polizei eintraf, begann die systematisch von außen her, die Passanten vom Neumarkt wegzutreiben.

    Die Chefin, die eng bei Frau Schrankmann stand, bat den Einsatzleiter, ihr nur kurz Hartmut zu geben- er würde das Handy sofort zurückerhalten-aber sie musste jetzt einfach wissen, wie es Ben ging. „Hartmut, wie geht es ihm?“ fragte sie angstvoll und der sagte ernst: „Er ist immer noch aufgespießt wie ein Käfer, aber um ihn herum ist alles so eng, dass niemand im Augenblick an ihm was machen kann. Semir stützt ihn immer noch von unten, aber ich komme auch nicht ran, um ihn abzulösen. Es sieht nicht gut aus!“ erklärte er und gerade begann Ben sich wieder zu regen und die Augen, die er momentan geschlossen hatte, aufzumachen. Entsetzt sah er die ganzen Menschen an, die sich um ihn geschart hatten und als er schmerzhaft husten musste, lief danach ein kleiner Blutfaden aus seinem Mundwinkel.

    Endlich ist Ben völlig aufgewacht und obwohl er momentan noch nicht so gut sprechen kann, sieht man hoffnungsvoll in die Zukunft und prophezeit ihm eine völlige Genesung, die ja dann auch eintritt.
    Die Krankenhausszenen waren sehr rührend und haben wieder die tiefe Freundschaft der beiden Polizisten betont.
    Nun ist endlich der Prozess und so schwer es Semir , wie vermutlich jedem anderen fällt, der die brutalen Taten in den Akten nachlesen muss-weil Ben als Zeuge aussagt, entschliesst sich Siedner detailgetreu zu gestehen und kommt nun dorthin, wo er schon lange hingehört hätte-in die Geschlossene!
    Die Szene vor dem Gerichtsgebäude, an der auch Andrea beteiligt ist, hast du auch wunderbar beschrieben. Ich musste mir fast ein Tränchen der Rührung verdrücken!

    Ja Semir, gut gemacht! Wegen mir hättest du diesen blöden Geier krankenhausreif schlagen können! Toll auch, dass die Chefin da die Augen zumacht! Super-die wird mir immer sympathischer.
    Nun wissen Bens Freunde und Kollegen in der PASt Bescheid und natürlich sind alle hochmotiviert, Ben zu unterstützen! Semir macht sich zwar Vorwürfe-wie üblich-aber das war ja wirklich nicht zu erwarten, was da geschehen ist, das braucht er nicht!
    Jetzt hoffen wir, dass alle miteinander Ben motivieren können zu kämpfen, dann packt er das!